111
Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

  • Upload
    serge

  • View
    38

  • Download
    0

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB. Sprachwissenschaft. Phonetik Phonologie Morphologie Syntax Semantik (Pragmatik). Phonetik. beobachtbare, messbare Eigenschaften von Sprachlauten - artikulatorisch - akustisch - auditiv. Phonologie. - PowerPoint PPT Presentation

Citation preview

Page 1: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft

Renate Raffelsiefen, FUB

Page 2: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Sprachwissenschaft

• Phonetik• Phonologie • Morphologie • Syntax• Semantik• (Pragmatik)

Page 3: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Phonetik beobachtbare, messbare Eigenschaften von

Sprachlauten- artikulatorisch- akustisch- auditiv

Page 4: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Phonologie

• -bedeutungsunterscheidende Funktion von SprachlautenBeispiel [t] - [th]Khmer: [t]u: ‘Kiste’ - [th]u: ‘entspannt’Deutsch: S[t]au ‘Stau’ - [th]au ‘Tau’ - Kombinatorik: [pr]eis ‘Preis’, [pl]an ‘Plan’ *[pt] (Russ. [ptits\] ‘Vogel’

Page 5: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Morphologie

• bedeutungstragende sprachliche EinheitenBeispiel: erblich ‘hereditary’ -erblich ‘paled’[[erb]STAMM[lich]SUFFIX]

[[er]PRÄFIX[blich]STAMM]

Page 6: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Morphologie

• bedeutungstragende sprachliche EinheitenBeispiel: erblich ‘hereditary’ -erblich ‘paled’[[erb]STAMM[lich]SUFFIX]

[[er]PRÄFIX[blich]STAMM]

[[er]PRÄFIX[örter]STAMM]

Page 7: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Syntax

• Kombinatorik von Wörtern zur Bildung von Phrasen und Sätzen

Page 8: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Syntax

Beispiel: Maria kennt den Lehrer. Den Lehrer kennt Maria. Kennt Maria den Lehrer?Englisch: Mary knows the teacher. The teacher knows Mary. *Knows Mary the teacher?

Page 9: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Semantik/Pragmatik

• “Es ist kalt hier”• Semantische Paraphrase: “Die Temperatur in diesem Raum ist niedrig”

Page 10: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Semantik/Pragmatik

“Es ist kalt hier” Pragmatische Paraphrase:“Mach die Heizung an” “Mach das Fenster zu”“Gehen wir in die Küche”“Du hast schon wieder vergessen zu heizen”

Page 11: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Semantik/Pragmatik

fressen / \ / \ ‘agent’ ‘patient’ Vogel Wurm

Page 12: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Semantik/Pragmatik

fressen / \ / \ ‘agent’ ‘patient’ Vogel Wurm

(1) Der Vogel frisst einen Wurm.

Page 13: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Semantik/Pragmatik

fressen / \ / \ ‘agent’ ‘patient’ Vogel Wurm

(1) Der Vogel frisst einen Wurm.

(2) (2) Der Wurm wird von einem Vogel gefressen.

Page 14: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Wortsemantik

• SemasiologieUntersuchung von Wortbedeutung und Bedeutungswandel -Ausgangspunkt:

Lautgestalt eines Wortes

• OnomasiologieBezeichnungslehreAusgangspunkt: Dinge, Geschehnisse

Page 15: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Sprachwissenschaft

• synchron Deskriptive Linguistik Untersuchung von

Sprache zu einer gegebenen Zeit in einem bestimmten Raum

• Diachron Historische Linguistik Untersuchung von

Ursachen und Wirkungen des Sprachwandels

Page 16: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Sprachwissenschaft

• Theoretisch - Erkenntnisgewinn

• Angewandt-Fremsprachenunterricht-Literaturstudium-Sprachheilkunde

Page 17: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Was ist der Gegenstand der Geschichte der

Sprachwissenschaft?• 1. Nur “Vorläufer” heutiger Auffassungen und Theorien? 2. Alle Überlieferungen, die sich

wissenschaftlich mit Sprache und/oder Kommunikation befassen?

Page 18: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Was ist der Gegenstand der Geschichte der

Sprachwissenschaft?• “internalistische” Herangehensweise:

ausschließliche Berücksichtigung von Texten, die Reflexionen über Sprache enthalten.

Page 19: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Was ist der Gegenstand der Geschichte der

Sprachwissenschaft?• “externalistische” Herangehensweise:

zudem Berücksichtigung der biographischen, gesellschaftlichen, der gesamten geistes- und zivilisationsgeschichtlichen Entstehungsbedingungen.

- Interessengeleitetheit sprachwissenschaftlicher Produktion

Page 20: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Motiv: möglichst wortgetreue Sicherung heiliger oder

klassischer Texte • Konfuzianische Texte in China• Homerische Epen in Griechenland• Vedische Texte in Indien• Koran in arabischen Ländern• Sagas in Island• Traditionelle Bardenpoesie in Irland

Page 21: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Frage nach dem Urheber sprachwissenschaftlicher Texte

• Externalistisch: Frage ist von großem

Interesse. Anfertigung detaillierter Biographien von Wissenschaftlern samt deren geistes- und kulturgeschichtliche Einbettung

• Internalistisch: Frage nahezu

irrelevant. Berücksichtigt wird lediglich die Beeinflussung eines Autors durch andere Autoren.

Page 22: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Externe versus interne Sicht

• Extern: rein empirische Sicht

der beobachteten akustisch oder visuell wahrnehmbaren Daten.

(Bloomfield, Amerik. Strukturalismus)

• Intern: Kenntnis der eigenen

Sprache, Intuitionen, Sprachgefühl.

(Chomsky, Generative Grammatik)

Page 23: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Interne Sicht (Mentalismus):

• “Eine linguistische Beschreibung einer natürlichen Sprache ist der Versuch, aufzudecken, was der flüssigen Beherrschung einer Muttersprache zugrunde liegt.” (Katz/Postal 1964)

Page 24: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Externe versus interne Sicht

• Externe Sicht: Material: Sprachen aus

aller Welt, insbesondere “exotische” Sprachen

• Interne Sicht: Material: jeweilige

Muttersprache

Page 25: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Warum die Beschäftigung mit der Geschichte der

Sprachwissenschaft • 2. Teil der allgemeinen

Geschichtsschreibung menschlicher Tätigkeiten und Erkenntnisinteressen

=> allgemeinmenschliche Bedürfnis, zu wissen, was früher gewesen ist.

Page 26: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Warum die Beschäftigung mit der Geschichte der

Sprachwissenschaft • 1. Systematische Kenntnisnahme von

Forschungsergebnissen anderer, die auf Erkenntnisgewinn im gleichen Bereich aus waren. => Bestreben, einmal akkumuliertes Wissen verfügbar zu halten (z.B.1966. Chomsky.Cartesian Linguistics )

Page 27: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Tatsächliche Geschichte der Sprachwissenschaft

• Nicht unbedingt kumulativ• Nicht unbedingt kontinuierlicher Fortschritt

Page 28: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Sprachwissenschaft in der Antike

• Theoretisch - Erkenntnisgewinn

• Angewandt-Fremsprachenunterricht-Literaturstudium-Sprachheilkunde

Page 29: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Ursprünge (angewandt)

• Entwicklung der Schrift• 1. 2000 - 1000 v. Chr. “Linear B” (Repräsentation von Silben und Wörtern)2. Nach 1000 v. Chr. < Phöniziern (Repräsentation von Sprachlauten)grammatikós ‘einer der lesen und schreiben

kann’, grámmata ‘Buchstabe’

Page 30: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Sprachwissenschaft in der Antike

• Externe Sicht< LiteraturwissenschaftBewahrung der “echten”klassischen Sprache Homers

• Interne Sicht< Philosophie Interesse gilt der

Beziehung zwischen der formalen Strutur des Satzes und der logischen Struktur der Proposition

Page 31: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Antike; externe Sicht

• Aristarch (2. Jhdt v. Chr.)• Dionysios Thrax (1. Jhdt v. Chr.)“Grammatik ist die auf Erfahrung beruhende

Kenntnis dessen, was meistens von den Dichtern und Prosaschriftstellern gesagt wird.”

Page 32: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Antike; interne Sicht

• Aristoteles (384 - 322 v. Chr) “Rede ist die Darstellung der Erfahrungen

des Geistes, und die Schrift ist die Darstellung von Rede”

Primär: geistige Vorstellungen des einzelnen Sprechers

Page 33: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Stoa

• Zenon (ca. 350 - 260 v. Chr.)• Kleanthes von Assos (311 - 232 v. Chr.)• Chrysipp (280 - ca. 205 v. Chr.)

Page 34: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Stoische Philosophie

• Physik: Welt, die unserer Erfahrung zugänglich ist Logik: Art und Weise, wie wir Erkenntnisse gewinnen und mitteilen Ethik: Bewertung der Erkenntnisse von Physik und Logik für die Prinzipien einer

vernunftgemäßen Lebensführung

Page 35: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Logik

• Rhetorik Gegenstand : gutes

und wirkungsvolles Sprechen

• Dialektik Gegenstand:

allgemeine Verwendungsweisen von Sprache

Page 36: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Kontroversen in der Antike I:Natur vs. Konvention (nómos)

• Natur (ph´ysis)Beziehung zwischenLautgestalt und Bedeutung eines Wortes ist naturgegeben.Basis: LautmalereiLautsymbolismus

• Konvention (nómos)Beziehung zwischenLautgestalt und Bedeutung eines Wortes ist beliebig

(konventionell).

Page 37: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Lautmalerei

• D. kikeriki• E. cockadoodledoo• Dän. kykeliky• Fr. cocorico• Lit. kakaríeku• Finn. kukku kiekuu

Page 38: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Konvention

• [erwachsen, weiblich]-D. Frau-E. woman-S. kvinnaMhd. wi:p .> Nhd. Frau

Page 39: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Natur vs. Konvention

Natur:StoikerUrsprung: lautmalerisch, konventionell nur als Ergebnis historischer Modifikationen

Konvention:Aristoteles

Page 40: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Kontroversen in der Antike II:Analogie versus Anomalie

• Aristoteles:AnalogieDominantes Prinzip:Proportionale Analogie

• Stoiker (Chrysipp)• Anomalie

Page 41: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Proportionale Analogie

• lachen : lachte = machen : X

Page 42: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Proportionale Analogie

• lachen : lachte = machen : X X = machte

Page 43: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Proportionale Analogie

• lachen : lachte = backen : X X =

Page 44: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Proportionale Analogie

• lachen : lachte = backen : X X = backte

Page 45: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Proportionale Analogie

• lachen : lachte = backen : X X = backte

Historisch belegt:• lachen : lachte = backen : buk

Page 46: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Anomalie

• true - truth• happy - happiness• possible - possibility• free - freedom• hot - heat------------• true : truth = free : X

Page 47: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Anomalie: Wichtigkeit von Kollokation

Bedeutung des englischen Adjektivs flatflat boxflat tireflat beerflat feeflat refusal

Einsicht: box: flat box ≠ fee : flat fee

Page 48: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Anomalie: Mangelnde Übereinstimmung zwischen

Form und BedeutungErwartet:Privative Bedeutung - Komplexe Form

ohne Ziel ziel+los nicht fein un+fein

Page 49: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Anomalie: Mangelnde Übereinstimmung zwischen

Form und BedeutungAber oft: privative Bedeutung, einfache Form

nicht sehend blind nicht hörend taub

Page 50: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Anomalie: Mangelnde Übereinstimmung zwischen

Form und BedeutungErwartet: positive Bedeutung - einfache Form mit Freude froh

Aber oft: positive Bedeutung, komplexe Form ewig lebend unsterblich

Page 51: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Anomalie: Mangelnde Übereinstimmung zwischen

Form und BedeutungErwartet: weibliches Geschlecht - die FrauAber: weibliches Geschlecht - das Weib

Page 52: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Anomalie: Mangelnde Übereinstimmung zwischen

Form und Bedeutung Pluralbildung

das Bett - die Xdas Brett - die Xdas Fett - die X

Page 53: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Anomalie: Mangelnde Übereinstimmung zwischen

Form und BedeutungPluralbildung:

das Bett - die Bettendas Brett - die Bretterdas Fett - die Fette

Page 54: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Analogie: Entdeckung von Regelmäßigkeiten

Pluralbildung:

die Xe - die Xen

Page 55: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Analogie: Entdeckung von Regelmäßigkeiten

Pluralbildung:

die Wiese - die Wiesendie Fahne - die Fahnen

Page 56: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Analogie: Entdeckung von Regelmäßigkeiten

i a u finden fand gefunden sinken sank gesunken

e a owerfen warf geworfenhelfen half geholfen

Page 57: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Analogie: Entdeckung von Regelmäßigkeiten

iNC a ufinden fand gefunden sinken sank gesunken

eLC a obergen barg geborgenhelfen half geholfen

Page 58: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Analogie: Entdeckung von Regelmäßigkeiten

• Mittel: immer genauere Erforschung sprachlicher Formen

• Ergebnis: Ausbildung der beschreibenden Grammatik

Page 59: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Wichtigste Interessen der antiken Sprachwissenschaftler

• Etymologie (Wissenschaft von der Herkunft und Geschichte der Wörter und ihrer

Bedeutungen)-Phonetik (Aussprache)-Grammatik

Page 60: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Etymologie

teilweise beherrscht von der Natur-versus-Konvention Kontroverse

=> “Etymogeleien”

Page 61: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Phonetik

Basis: das griechische Alphabet• Beginn einer artikulatorischen

Klassifikation Plato: Vokale vs. Konsonanten; Plosive vs. Frikative• Einführung der Silbe

Page 62: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Stoische Phonetik

• Unterscheidung von 3 Aspekten eines Buchstaben:

- der phonetische Wert [b]- die geschriebene Form <b>- Der Name “be”

Page 63: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Stoische Phonetik

• Unterscheidung von 3 phonotaktischen Möglichkeiten:

- Das Vorkommen einer Sequenz als Wort in der Sprache (d. blau)

- Das zufällige Nicht-Vorkommen einer Sequenz als Wort in der Sprache (d. plau)

- Das systematische Nicht-Vorkommen einer Sequenz als Wort in der Sprache (d. bnau)

Page 64: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Griechisch-römische Phonetik

• Schwächen: impressionistische akustische BeschreibungSehr viel wichtiger für die Phonetik des 19.

Jhdts. : altindische Phonetik Panini (ca. 450 v. Chr.) arabische Phonetik

Page 65: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Griechisch-römische Phonetik

• Schwächen: impressionistische akustische BeschreibungBeispiele: Thrax:[p], [t], [k] ‘sanft’[ph], [th], [kh] ‘rau’[b], [d], [g] ‘mittel’

Page 66: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Griechisch-römische Phonetik

• Schwächen: impressionistische akustische BeschreibungBeispiele: Thrax:[l], [r], [m], [n] ‘liquid’---------------------------[l], [r] ‘Liquidä’ (Engl. ‘liquids’)

Page 67: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Grammatik

• Wichtige und bleibende Beiträge zur deskriptiven Linguistik: “Wort- und Paradigmenmodell”

Page 68: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Vergleich der Modelle

• Wort- und Paradigmenmodell

Dritte Ps. Zweite PsSingular SingularPräsens Präsens Xt -> Xst

• Morphemmodell [geh]Verbstamm

[st] 2.Ps.Sg

[t] 3.Ps. Sg.

[e] 1.Ps. Sg.

[geh]+[st] 2.Ps.Sg

Page 69: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Vergleich der Modelle

• Wort- und Paradigmenmodell

Dritte Ps. Zweite PsSingular SingularPräsens Präsens geht gehst

• Morphemmodell

[geh]Verbstamm

[st] 2.Ps.Sg

[t] 3.Ps. Sg.

[geh]+[st] 2.Ps.Sg

Page 70: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Vergleich der Modelle

• Wort- und Paradigmenmodell

Dritte Ps. Zweite PsSingular SingularPräsens Präsens nimmt nimmst

• Morphemmodell [nehm], [nimm] [st] 2.Ps.Sg

[t] 3.Ps. Sg.

[e] 1.Ps. Sg.

!![nehm]+[st] 2.Ps.Sg

Page 71: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Wort- und Paradigmenmodell

PräsensInfinitivAktiv

X ->

Erste Ps.SingularImperfektKonjunktivXm

Page 72: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Wort- und ParadigmenmodellPriscianische Regeln

vocáre -> monére ->péllere ->ésse ->

vocáremmonérempéllereméssem

Page 73: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Wichtige Beiträge zur Grammatik

• Die beiden fundamentalen Einheiten der grammatischen Beschreibung:

(1) obere Grenze: der Satz “Ausdruck eines vollständigen Gedankens”

(2) Untere Grenze: das Wort (nicht: das “Morphem”)

Page 74: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Imperativbildung im Finnischen

Infinitiv ImperativSingular

anta/a ‘geben’ anna[÷]

sulke/a ‘schließen’ sulje[÷]

juos/ta ‘rennen’ juokse[÷]

tavat/a ‘finden’ tapaa[÷]

Page 75: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Imperativbildung im FinnischenAbondolo (1998)

Infinitiv ImperativSingular

anta/a ‘geben’ anna[÷]

tavat/a ‘finden’ tapaa[÷]

Page 76: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Imperativbildung im Finnischen

Infinitiv 1. Ps. Sg.2. Präsens

ImperativSingular

anta/a ‘geben’ annan anna[÷]

sulke/a ‘schließen’ suljen sulje[÷]

juos/ta ‘rennen’ juoksen juokse[÷]

tavat/a ‘finden’ tapaan tapaa[÷]

Page 77: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Imperativbildung im FinnischenKarlsson (2000)

1. Ps. Sg.Präsens

X[n] ->

ImperativSingular

X[÷]

Page 78: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Imperativbildung im FinnischenKarlsson (2000)

1. Ps. Sg.Präsens

anna[n] ->

ImperativSingular

anna[÷] ‘Gib!’

Page 79: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Imperativbildung im FinnischenKarlsson (2000)

1. Ps. Sg.Präsens

tee[n] ->

ImperativSingular

tee[÷] ‘Mach!’

Page 80: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Wichtige Beiträge zur Grammatik

• Zwei Grundeinheiten: Satz, Wort• Primat des Satzes (Aristoteles) => Wörter haben sekundären Status: sie sind

nur aus ihrer jeweiligen Funktion als Bestandteile von Sätzen zu konstruieren.

Page 81: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Schöpfung linguistischer Terminologie

• Seit PlatoFundamentale Zweiteilung des Satzes in

ónoma + rhêmaUrspr. ‘Name’ ‘Prädikat’nominale Komponente verbale Komponente

Page 82: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Schöpfung linguistischer Terminologie: ‘ptôsis’ (‘Fall’)

• Aristoteles:‘ptôsis’: ‘Abwandlung’(Flexion) außerGenus bei Substantiven

• Stoiker:‘klísis’: Flexion ‘ptôsis’: Kasus 1. ‘aufrechte Fall’ 2. ‘Herkunftsfall’ 3. ‘Gebefall’ 4. ‘Verursachungsfall’

Page 83: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Schöpfung linguistischer Terminologie

Stoiker: Kasusflexion:Nominativ versus oblique Kasus- Nominative markiert das Subjekt- Die Wahl der obliquen Kasus hängt von

Verben oder Präpositionen ab.Folge: Substantive/Adjektive versus Verben

Page 84: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Schöpfung linguistischer Terminologie

Stoiker: Verbflexion

Tempus| Gegenwart VergangenheitAspekt |-----------------------------------------------------------unvollendet | Präsens Imperfekt vollendet | Perfekt Plusquamperfekt

Page 85: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax (100 v. Chr.)(1. abendländische Grammatik)

(Arens 1955: 19-25)

Page 86: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax (100 v. Chr.)(1. abendländische Grammatik)

-Phonologie (Richtige Aussprache)-Morphologie (Analogie)-keine Syntax

Page 87: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax (100 v. Chr.)(1. abendländische Grammatik)

-Phonologie (Richtige Aussprache)-Morphologie (Analogie)-keine Syntax erst Apollonios Dyskolos (2. Jhdt)

Page 88: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax Wortklassifizierung

8 Klassen {Nomen, Verb, Partizip, Artikel, Pronomen, Präposition, Adverb, Konjunktion}

Page 89: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax Wortklassifizierung

Nomen / | \ Eigenname Substantiv Adjektiv | | | ‘Sokrates’ ‘Pferd’ ‘schnell’

Page 90: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax Wortklassifizierung

Nomen / | \ Eigenname Substantiv Adjektiv | | | ‘Sokrates’ ‘Pferd’ ‘schnell’ [+ Kasus] [+Kasus] [+Kasus]

Page 91: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax Wortklassifizierung

Verb | Partizip | | ‘backen’ ‘gebacken’

Page 92: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax Wortklassifizierung

Verb | Partizip | | ‘backen’ ‘gebacken’ [+Tempus] [+Kasus]

Page 93: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax Wortklassifizierung

Verb | Partizip | Nomen | | | ‘backen’ ‘gebacken’ ‘schnell’ [+Kasus] [+Kasus]

Page 94: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Dionysios Thrax Wortklassifizierung

Verb | Partizip | Nomen | | | ‘backen’ ‘gebacken’ ‘schnell’ [+Kasus] [+Kasus] [+Tempus] [+Tempus]

Page 95: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Wortklassifizierung

Thrax (1. Jhdt v. Chr)NomenVerbPartizipArtikelPronomenPräpositionAdverbKonjunktion

Priscian (5. Jhdt.)NomenVerbPartizip> InterjektionPronomenPräpositionAdverbKonjunktion

Page 96: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Interjektion

-syntaktisch unabhängig vom Verb-zeigt ein Gefühl oder Geisteszustand an

oh, ah, pscht,

Page 97: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Römische Grammatiker

• Varro (116-27 v. Chr.)De lingua Latina (25 Bände, 5-10 erhalten)- Etymologie- Morphologie- Syntax

Page 98: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Mögliche Ursachen für Form-Bedeutung Entsprechungen in 2

Sprachen1. Genetische

Verwandtschaft: [Wort] / \ / \ [Wort A] [Wort B] Sprache X Sprache Y

2. Entlehnung

[Wort A] -> [Wort B]Sprache X Sprache Y

Page 99: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Mögliche Ursachen für Form-Bedeutung Entsprechungen in 2

Sprachen1. Genetische

Verwandtschaft:[t]ooth - [ts]ahn[t]wo - [ts]wei[t]ongue - [ts]unge

Englisch Deutsch

2. Entlehnung

[t]icket - [t]icket[t]ake-off - [t]ake-off[t]alk-show - [t]alk-show

Englisch Deutsch

Page 100: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Mögliche Ursachen für Form-Bedeutung Entsprechungen in 2

Sprachen1. Genetische

Verwandtschaft: [t]anthuz / \ / \[t]ooth - [ts]ahnEnglisch Deutsch

Page 101: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Mögliche Ursachen für Form-Bedeutung Entsprechungen in 2

Sprachen1. Genetische

Verwandtschaft: [t]anthuz / \ / \[t]ooth - [ts]ahnEnglisch Deutsch

2. Entlehnung

[t]icket > [t]icket[t]ake-off > [t]ake-off[t]alk-show >[t]alk-show

Englisch Deutsch

Page 102: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Varro: Flexion vs. Derivation

Flexion:“ declinatio naturalis”Aufgrund einerWortform können alle übrigen erschlossenwerdenbacken> backst, backe

Page 103: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Varro: Flexion vs. Derivation

Flexion:“ declinatio naturalis”Aufgrund einerWortform können alle übrigen erschlossenwerdenbacken> backst, backe

Derivation:“ declinatio voluntaria”

Milch - milchigWasser - wässrigSaft - saftig (*säftig)Wein - ?

Page 104: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Varro: Wortklassifikation

Page 105: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Varro: Wortklassifikation

KASUS TEMPUS

Nomen + -Verb - +Partizip + +Adverb - -

Page 106: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Wortklassifizierung

Thrax (1. Jhdt v. Chr)Nomen: -kasusflektiert-bezeichnet Person oder

Sache

Priscian (5. Jhdt.)Nomen:-bezeichnet Substanz

oder Qualität-weist jeder Person

oder Sache eine allgemeine oder bestimmte Qualität zu

Page 107: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Priscian (5. Jhdt)

• 18bändige Grammatik (1000 Seiten)- enge Anlehnung an die griechische

Grammatik von Dionysios Thrax

Page 108: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Priscian (5. Jhdt)

• 18bändige Grammatik (1000 Seiten)- enge Anlehnung an die griechische

Grammatik von Dionysios Thrax- sehr detaillierte morphologische

Beschreibung- zwei Syntax-Bände

Page 109: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Priscian (5. Jhdt)

• 800 Jahre: Basis von Grammatiktheorie• Bis jetzt: Basis von Latein-Lehrbüchern-------------------------------------------Präsens Erste Ps. Sg.Infinitiv Imperfekt Aktiv Konjunktiv

X -> Xm

Page 110: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Plan

• Chronologische Entwicklung (Schwerpunkt Deutschland)

-

Page 111: Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft Renate Raffelsiefen, FUB

Plan

• Themen-Geschichte der Semasiologie-Syntax 1955 -1975-Pragmatik-Phonologie (20. Jhdt.)-Geschichte der Schrift