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DAS SCHWARZE BARETT NR.41 25 Von Matthias Knabe M it der deutschen Wiedervereini- gung verfügte das Heer über 5.200 Kampfpanzer. Im Heer der Zukunft werden es mit 350 weniger als 7 Prozent davon sein. Das berechtigt zu fragen, wie diese Zahl abgeleitet wurde und ob sie immer noch zu hoch oder nach den jüngsten Erkenntnissen sogar schon zu gering ist. Hat der Kampfpanzer nach dem Ende der Blockkonfrontation ausgedient oder kann er auch in Zukunft noch einen Beitrag zum Fähigkeitsspektrum der Streit- kräfte leisten? Bietet er vielleicht sogar we- sentliche, für aktuelle und zukünftige Auf- gaben unentbehrliche Fähigkeiten und wel- che Anpassungen sind erforderlich, um sie bestmöglich zur Wirkung bringen zu kön- nen? [Bild 1] Die Erkenntnis, dass wir uns gegen einen massiven Angriff aus dem Osten nicht mehr wappnen müssen, ist längst Allge- meingut geworden. Die Reduzierung me- chanisierter Großverbände war eine logi- sche Konsequenz dieser Entwicklung. Dass die Risiken und Gefahren für die Sicherheit global geworden sind, ist zwar ebenfalls eine Binsenweisheit, jedoch tritt diese nur allmählich zutage. Was weltumfassende Unsicherheit bedeutet, hat der 11. Septem- ber 2001 überdeutlich offenbart: Im fernen AFGHANISTAN ausgebildete und von einem internationalen Netzwerk gesteuer- te und finanzierte Terroristen führten einen militärischen Schlag gegen das politische und finanzielle Zentrum der westlichen Welt. Spätestens jetzt war es unübersehbar, dass nicht nur Wirtschaft, Kapital und Kommunikation global operieren, son- dern eben auch organisierte Kriminalität und Terror. Geografie bietet keinen Schutz mehr. Was in den Krisengebieten dieser Welt geschieht, kann Europa und die Bun- desrepublik Deutschland genauso unmit- telbar berühren, wie es das bisher als unver- wundbar geltende Amerika schockiert hat. Die deutsche Sicherheitspolitik hat sich dar- auf eingestellt und erkannt, dass Deutsch- land eben „auch am Hindukusch“ vertei- digt werden muss; will heißen: dort, von wo aus Risiken und Gefahren für die Sicher- heit zu erwarten sind. Die verteidigungspolitischen Richtlinien aus dem Jahr 2003 wurden an diese neuen Risiken angepasst und zielen auf die Vor- beugung und Begrenzung von Krisen und Konflikten am Entstehungsort ab. Dies ließ die Verlegbarkeit von Kräften und leichte Waffen in den Fokus des Interesses rücken. In der Annahme, mit leichten Kräf- ten möglichst flexibel auf Krisen und Konflikte reagieren zu können, flossen Rüstungsgelder und vor allem Schöpfungs- geist in ihre Entwicklung. Die Komplexi- tät möglicher Szenarien und die in unter- schiedlichen Intensitäten ablaufenden Ge- fechtshandlungen innerhalb eines Einsat- zes sind hingegen unzureichend betrachtet worden, obwohl es bereits Erfahrungen unserer alliierten Freunde, u.a. in MOGA- DISHU, gab, die den Einsatz von nur leich- ten Kräften in Frage stellten. Überdeutlich wurden die tatsächlichen Anforderungen an die Streitkräfte dann im IRAK-Krieg, in dem die mechanisierten Verbände, also Kampf- und Schützenpanzer, sowohl in der Anfangsoperation wie auch in der nach- folgenden Stabilisierungsoperation eine Hauptlast der Gefechte zu tragen hatten und haben. Ihr Schutz, ihre Beweglichkeit und ihre überlegene Feuerkraft erwiesen sich als unverzichtbare Komponenten. Mit den „neuen Kriegen“ änderte sich auch das Einsatzumfeld grundlegend. War es in der Vergangenheit das bewegungsgünstige Gelände, fernab von Bebauung und Be- wuchs, so lässt sich seit Jahren zunehmend feststellen, dass den Operationen in urba- nem Umfeld eine immer größer werdende Bedeutung zukommt. Untersuchungen zur demografischen Entwicklung prognos- tizieren, dass bis zum Jahr 2020 bis zu 75% Einsatz des Kampfpanzers LEOPARD 2 im gesamten Aufgabenspektrum Fähigkeiten und Forderungen der Panzertruppe Bild 1 GESAMTES AUFGABENSPEKTRUM

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DAS SCHWARZE BARETT NR.41 25

Von Matthias Knabe

Mit der deutschen Wiedervereini-gung verfügte das Heer über5.200 Kampfpanzer. Im Heer

der Zukunft werden es mit 350 weniger als7 Prozent davon sein. Das berechtigt zufragen, wie diese Zahl abgeleitet wurde undob sie immer noch zu hoch oder nach denjüngsten Erkenntnissen sogar schon zugering ist. Hat der Kampfpanzer nach demEnde der Blockkonfrontation ausgedientoder kann er auch in Zukunft noch einenBeitrag zum Fähigkeitsspektrum der Streit-kräfte leisten? Bietet er vielleicht sogar we-sentliche, für aktuelle und zukünftige Auf-gaben unentbehrliche Fähigkeiten und wel-che Anpassungen sind erforderlich, um siebestmöglich zur Wirkung bringen zu kön-nen? [Bild 1]Die Erkenntnis, dass wir uns gegen einenmassiven Angriff aus dem Osten nichtmehr wappnen müssen, ist längst Allge-meingut geworden. Die Reduzierung me-chanisierter Großverbände war eine logi-sche Konsequenz dieser Entwicklung. Dassdie Risiken und Gefahren für die Sicherheitglobal geworden sind, ist zwar ebenfallseine Binsenweisheit, jedoch tritt diese nurallmählich zutage. Was weltumfassendeUnsicherheit bedeutet, hat der 11. Septem-ber 2001 überdeutlich offenbart: Im fernenAFGHANISTAN ausgebildete und von

einem internationalen Netzwerk gesteuer-te und finanzierte Terroristen führten einenmilitärischen Schlag gegen das politischeund finanzielle Zentrum der westlichenWelt. Spätestens jetzt war es unübersehbar,dass nicht nur Wirtschaft, Kapital undKommunikation global operieren, son-dern eben auch organisierte Kriminalitätund Terror. Geografie bietet keinen Schutzmehr. Was in den Krisengebieten dieserWelt geschieht, kann Europa und die Bun-desrepublik Deutschland genauso unmit-telbar berühren, wie es das bisher als unver-wundbar geltende Amerika schockiert hat.Die deutsche Sicherheitspolitik hat sich dar-auf eingestellt und erkannt, dass Deutsch-land eben „auch am Hindukusch“ vertei-digt werden muss; will heißen: dort, vonwo aus Risiken und Gefahren für die Sicher-heit zu erwarten sind.Die verteidigungspolitischen Richtlinienaus dem Jahr 2003 wurden an diese neuenRisiken angepasst und zielen auf die Vor-beugung und Begrenzung von Krisen undKonflikten am Entstehungsort ab. Diesließ die Verlegbarkeit von Kräften undleichte Waffen in den Fokus des Interessesrücken. In der Annahme, mit leichten Kräf-ten möglichst flexibel auf Krisen undKonflikte reagieren zu können, flossen

Rüstungsgelder und vor allem Schöpfungs-geist in ihre Entwicklung. Die Komplexi-tät möglicher Szenarien und die in unter-schiedlichen Intensitäten ablaufenden Ge-fechtshandlungen innerhalb eines Einsat-zes sind hingegen unzureichend betrachtetworden, obwohl es bereits Erfahrungenunserer alliierten Freunde, u.a. in MOGA-DISHU, gab, die den Einsatz von nur leich-ten Kräften in Frage stellten. Überdeutlichwurden die tatsächlichen Anforderungenan die Streitkräfte dann im IRAK-Krieg, indem die mechanisierten Verbände, alsoKampf- und Schützenpanzer, sowohl inder Anfangsoperation wie auch in der nach-folgenden Stabilisierungsoperation eineHauptlast der Gefechte zu tragen hattenund haben. Ihr Schutz, ihre Beweglichkeitund ihre überlegene Feuerkraft erwiesen sichals unverzichtbare Komponenten.Mit den „neuen Kriegen“ änderte sich auchdas Einsatzumfeld grundlegend. War es inder Vergangenheit das bewegungsgünstigeGelände, fernab von Bebauung und Be-wuchs, so lässt sich seit Jahren zunehmendfeststellen, dass den Operationen in urba-nem Umfeld eine immer größer werdendeBedeutung zukommt. Untersuchungenzur demografischen Entwicklung prognos-tizieren, dass bis zum Jahr 2020 bis zu 75%

Einsatz des Kampfpanzers LEOPARD 2im gesamten AufgabenspektrumFähigkeiten und Forderungen der Panzertruppe

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der Weltbevölkerung in Städten leben wird.Auch die politischen, kulturellen und wirt-schaftlichen Zentren von Staaten konzent-rieren sich in urbanem Umfeld. Das extre-me Bevölkerungswachstum, insbesonderein ressourcenschwachen und wirtschaftlichwenig entwickelten Gebieten, sowie die all-gemeine Abkehr von der traditionellenAgrarwirtschaft bei gleichzeitig zunehmen-der Industrialisierung und Migration derLandbevölkerung in urbane Ballungsräu-me birgt ein Konfliktpotential, welchesOperationen in urbanem Umfeld immerwahrscheinlicher macht. [Bild 2]Das urbane Umfeld unterscheidet sich je-doch augenfällig vom einst klassischemGefechtsfeld. Es reicht von Metropolenmit hoch entwickelter und vernetzter Infra-struktur bis hin zu ausgedehnten, extremunübersichtlichen Elendsvierteln mit ho-her Bevölkerungsdichte und nur rudimen-tär vorhandener Infrastruktur. Das urbaneUmfeld besitzt auch für bodengebundeneKräfte eine dreidimensionale Charakteristik.Die geringen Sichtstrecken sowie eine er-schwerte Aufklärung und Identifizierungdes Gegners führen zu geringen Reaktions-zeiten, insbesondere in Duellsituationen.Darüber hinaus ist hier Zivilbevölkerungaller kultureller, ethnischer und sozialerGruppen anzutreffen, die nicht Ziel eigenerOperationsführung ist. Dies und die oftunübersichtliche Informationsinfrastruk-tur erhöhen die Gefahr von Kollateralschä-den. Die Bedrohungslage in urbanemUmfeld ist häufig von asymmetrisch kämp-fenden Gegnern geprägt, die mit Handwaf-fen und Panzerabwehrhandwaffen, Minenund Sprengfallen sowie terroristischen Sa-botageakten wirken. In urbanem Umfeldfinden sie Deckung, Untertauchmöglichkei-ten und optimale Kampfentfernungen fürihre Hauptwaffensysteme. Nicht zu ver-

nachlässigen ist auch die Bedrohung, dievon biologischen und chemischen Stoffenausgehen kann, insbesondere im Umfeldindustrieller Produktionsanlagen oderdurch den Ausbruch von Krankheiten undSeuchen.Obwohl jahrzehntelang nahezu ausgeblen-det, ist der Einsatz von Streitkräften in ur-banem Umfeld nicht neu. Bereits 1944 ent-wickelten die amerikanischen Streitkräfteeinen „Leitfaden MOUT“ (Military Opera-tions in Urban Terrain), der die Erfahrun-gen der Gefechte um die Stadt AACHENzusammenfasste. Ähnliche Leitfäden wur-den auch während des KOREA-Krieges(SEOUL, 1951) und des VIETNAM-Krie-ges (HUE, 1968) erstellt. Den hier genann-ten Konflikten ist gemein, dass urbaneOperationen die Ausnahme der Gefechts-handlungen darstellten. Waren sie dennochnötig, bewährten sich die Taktiken undTechniken der sonst vorherrschendenKampfweise (z.B. Dschungelkampf) nicht,so dass reagiert werden musste. Immer hatsich dabei ein enges Zusammenwirken

zwischen Panzertruppen und Infanterie-kräften als besonders zweckmäßig heraus-gestellt. Jedoch fanden diese Einsatz-grundsätze für urbane Operationen nieEingang in die Führungsvorschriften derStreitkräfte. Auch andere Armeen machtenin der Vergangenheit Erfahrungen mit mi-litärischen Operationen in urbanem Um-feld. So hat sich für die israelischen Streit-kräfte, u.a. in GAZA, gezeigt, dass die In-tensität der Auseinandersetzungen in urba-nem Umfeld von einer auf die andere Se-kunde wechseln kann. Auch ISRAEL setztseine Panzertruppen in urbanen Operatio-nen ein und hat den MERKAVA, dasHauptwaffensystem der israelischen Pan-zertruppe, seit 1990 gezielt auf die beson-deren Gefährdungen und Risiken in urba-nen Konflikten optimiert. Weitere Beispie-le kennen wir aus GROSNY, aus den jün-geren Konflikten im IRAK, in AFGHA-NISTAN und auch die Bundeswehr setzteden Kampfpanzer bereits in Stabilisie-rungsoperationen (KFOR) ein. [Bild 3]Bei konsequenter Auswertung aller Erfah-rungswerte aus urbanen Operationen wirdüberdeutlich, dass Panzertruppen in urba-nem Umfeld einen wesentlichen Beitragzum Gelingen von Operationen jedwederIntensität leisten können und beimKampf in und um Städte und Ortschaftenunverzichtbar sind. Ein Einsatz von nurleichten Kräften in urbanem Umfeld wür-de ohne Unterstützung durch Panzertrup-pen, wie in MOGADISHU, verlustreichund nicht Erfolg versprechend sein. Er istdeshalb grundsätzlich auszuschließen.Die Panzertruppe als Teil der Panzertrup-pen (Panzer- /Panzergrenadiertruppe)muss als Hauptträger des beweglich geführ-ten Gefechts ihre Fähigkeit zur Landes- undBündnisverteidigung erhalten. Das wahr-scheinlichere Einsatzspektrum in der ab-Bild 2

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sehbaren Zukunft reicht jedoch von Hilf-seinsätzen über Friedensmissionen mitunterschiedlicher Bedrohungs- und Konf-liktintensität bis hin zu friedenserzwingen-den Maßnahmen im weltweiten Einsatz,auch unter schwierigen Gelände-, Sicht- undKlimabedingungen. Die hohe Überlebens-fähigkeit der Besatzung und die Durchset-zungsfähigkeit des Kampfpanzers gegen-über modernen gegnerischen Waffensyste-men ist dabei neben der psychologisch er-heblich einzuschätzenden Abschreckungs-wirkung im Vorfeld von Konflikten eineentscheidende Voraussetzung für dieschnelle Konfliktbewältigung und – been-digung. Der Auftrag der Panzertruppe indiesen Einsätzen ist es, friedenskonsolidie-rende Maßnahmen eskalationsfähig durch-zusetzen. Mit dem Kampfpanzer LEO-PARD 2 verfügt der militärische Führer vorOrt über ein überaus leistungsfähiges undabschreckendes Mittel zur Erhaltung undWiedergewinnung seiner Handlungsfrei-heit unter bestmöglichem Schutz der Be-satzung. Seine elementaren Stärken: Schutz,Feuerkraft und Beweglichkeit, waren bisherauf Stoßkraft und Durchsetzungsfähigkeitim Kampf gegen feindliche Kampfpanzerausgerichtet. Vor dem Hintergrund der be-schriebenen hauptsächlich zu erwartendenEinsatzszenarien in überwiegend bebau-tem und bewohntem Gebiet sind seineFähigkeiten in den Kategorien Überlebens-fähigkeit und Schutz, Wirksamkeit im Ein-satz, Führungsfähigkeit, Unterstützungund Durchhaltefähigkeit, Mobilität sowieNachrichtengewinnung und Aufklärung

jedoch eingehend zu prüfen und etwaigeFähigkeitslücken zu schließen. Die sichdaraus ableitbaren Kernforderungen für dietechnische Weiterentwicklung des Kampf-panzers LEOPARD 2 sollen nachfolgenderläutert werden. Ein durch die FirmaKRAUSS-MAFFEI WEGMANN gebau-ter Demonstrator des Kampfpanzers LE-OPARD 2 PSO (Peace Support Opera-tions), der bereits viele der gefordertenFunktionalitäten erfüllt, wurde erstmalsam 19. und 20. Juni 2007 in MUNSTERwährend der Informationslehrübung „DasHeer im Einsatz“ dem Verteidigungsaus-schuss des Deutschen Bundestages und dernationalen Presse vorgestellt. [Bild 4]

Überlebensfähigkeit und Schutz von ei-genen Kräften haben in den Einsätzen derBundeswehr höchste Priorität. Die Panze-rung des Kampfpanzers LEOPARD 2wurde frontal am stärksten ausgelegt undist gegen die Bedrohung durch feindlicheKampfpanzer optimiert worden. Sie um-fasst derzeit ausschließlich passive Maßnah-men. Darüber hinaus ist der KampfpanzerLEOPARD 2 in der Version A6M auf denSchutz gegen Minen im Wannenbereichoptimiert worden. Gegen die horizontaleund dreidimensionale Bedrohung in urba-nem Umfeld, z.B. durch Richtminen, Pan-zerabwehrhandwaffen, Sprengfallen (Im-provised Explosive Devices/IED) oderScharfschützen ist der Kampfpanzer mitseiner unterschiedlich starken Panzerung(geringerer Seiten-, Dach- und Heckschutz)bei langsamen Bewegungen oder im stati-

schen Einsatz derzeit nicht optimal gepan-zert, um das Leben der Besatzung wir-kungsvoll vor der Wirkung dieser Waffenzu schützen. Das Niveau der Seiten- undHeckpanzerung sowie, in einem zweitenSchritt, des Dachschutzes, muss deshalbmit höchster Priorität angepasst werden.Für diesen Zweck kommen passive undaktive Systeme in Betracht, wobei zurzeitallerdings nur der passive Schutz serienreifist. Neue Technologien der aktiven Syste-me, die sich derzeit noch im Entwicklungs-stadium befinden, könnten jedoch vor al-lem aufgrund des im Gegensatz zu passi-ven Systemen geringen Gewichtsaufwuch-ses entscheidende Vorteile bringen.Darüber hinaus müssen die durch gegneri-sche Scharfschützen bzw. Splitter leicht zubeschädigenden Optiken besser geschütztwerden. Weiterhin muss die Besatzungbefähigt werden, aus dem gepanzertenKampfraum heraus eine wirkungsvolle Se-kundärbewaffnung zum Einsatz bringenzu können, die auch in höher gelegeneStockwerke sowie in den toten Winkel derHauptwaffe wirken kann. Dieses könntedurch eine Ladeschützenwaffenstation, dieunabhängig von der Hauptbewaffnungdurch den Ladeschützen bedienbar ist, er-möglicht werden. Die bereits querschnitt-lich qualifizierten Waffenstationen für ge-schützte Transportfahrzeuge eignen sich alsBasis und bedürfen lediglich einer Anpas-sung an das System. Eine permanenteRundumsicht ist in urbanen Einsätzenanzustreben, um die vorhandenen totenBereiche von Optiken und Winkelspiegelnabzudecken. Um „Friendly Fire“ zu vermei-den ist eine automatische ZielerkennungFreund/Feind (ZEFF) zu integrieren. Umden zunehmend zu verzeichnenden Ein-satz von Lasern auf dem Gefechtsfeld zubegegnen, ist die Integration einer War-nungs- und Richtungsanzeige erforderlich.Die Zuverlässigkeit der Warnung vor ABC-Stoffen ist zu erhöhen. [Bild 5]Bei allen Überlegungen zur Verbesserungdes Panzerschutzes darf die persönlicheAusrüstung der Besatzung nicht unberück-sichtigt bleiben. Da auch die Verwendungmodernster Sensorik und Kamerasystemeden Blick ins Gelände nicht ersetzen kön-nen aber und auch aufgrund der Bestrebun-gen, mit der Zivilbevölkerung in Kontaktzu treten, wird es immer wieder notwen-dig werden, dass Kommandant und/oderLadeschütze sich über Luke exponieren.Die mehr als 20 Jahre alte und von denPanzerbesatzungen ungeliebte Sprechhau-be bietet dabei weder ausreichenden Schutznoch Tragekomfort. Höchste Priorität hat

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deshalb die Ausstattung der Panzerbesat-zungen mit ballistischen Helmen undSchutzkragen. Modelle dafür sind bereitsvorhanden und werden zurzeit auf Taug-lichkeit überprüft.

Die Wirksamkeit im Einsatz umfasstBewaffnung, Wirkmittel und Mittel zurZielaufklärung. Die Hauptbewaffnung desKampfpanzers ist optimiert auf denKampf gegen feindliche Kampfpanzermodernster Bauart. Der Einsatz des Blen-denmaschinengewehrs ist gegen weicheund leicht oder ungepanzerte Ziele, derEinsatz des Fliegerabwehrmaschinenge-wehrs gegen Flugziele und Bodenziele imNahbereich vorgesehen. Ziele in urbanemUmfeld, die sich in Häuserzeilen, z.B. inhöher gelegenen Stockwerken aufhaltenkönnen, kann der Kampfpanzer aufgrundder eingeschränkten Elevierbarkeit mit sei-nen derzeit verfügbaren Waffen unterSchutz allerdings nicht wirkungsvoll undabgestuft bekämpfen. Für den Einsatz inurbanem Umfeld fehlen dem Kampfpan-zer Waffen und Wirkmittel, die unter Lukein alle Richtungen bei Tag und Nacht abge-stuft von letal bis nichtletal eingesetzt wer-den können. Die bereits in der Fähigkeits-kategorie Überlebensfähigkeit und Schutzangesprochene Ladeschützenwaffenstationist natürlich auch hier zu berücksichtigen.Es ist anzustreben, verschiedene Waffen fürdiese Waffenstation verfügbar zu machen,die vom Maschinengewehr bis hin zurAbschusseinrichtung für nichtletale Wirk-mittel reichen können. Für die Bordkano-ne wird an der Einführung einer HE-Mu-nition (High Explosive) 120 mm festgehal-ten, um u.a. wirkungsvoll gegen Infrastruk-

tur wirken zu können. [Bild 6]Um der Bedrohung von allen Seiten in ur-banem Umfeld gerecht zu werden und z.B.die Ladeschützenwaffenstation zeitgerechtzum Einsatz bringen zu können, ist, wiebereits erwähnt, eine permanente Rund-umsicht erforderlich. Ziel ist es, die Besat-zung durch elektronische Hilfsmittel beiihrem Auftrag zu entlasten und frühzeiti-gen Ermüdungserscheinungen vorzubeu-gen. Die Minimierung der Reaktionszeitund damit der Zeit bis zur Bekämpfungdes Ziels trägt auch wesentlich zum Schutzder Besatzung bei. Für eine permanenteÜberwachung des Ortsbereiches wird des-halb eine weitgehend automatisierte Ziel-erkennung und –verfolgung angestrebt.Ein erster Schritt für die Fähigkeit, Perso-nen und Waffen im Orts- und Nächstbe-reich bei Tag, Nacht und eingeschränkterSicht automatisch zu identifizieren ist mitdem Studienprojekt AZEV (automatischeZielerkennung und –verfolgung), welchessich auch außerhalb der Panzertruppe quer-

schnittlich mit der Thematik befasst, bereitsgemacht. Eine Weiterentwicklung derbisher verwendeten Wärmebildgeräte ersterGeneration, die von der Auflösung zu grobsind, um Fahrzeuge auf weite Entfernungund Personen im Nahbereich eindeutigidentifizieren zu können, rundet den For-derungskatalog im Bereich Wirksamkeit imEinsatz ab.

Die Führungsfähigkeit umfasst alle Mit-tel zur Informationsversorgung und Hilfs-mittel zur Führung und Feuerleitung desKampfpanzers. Die Führung gleichzeitigerOperationen unterschiedlicher Intensitätsowie das verzugslose und präzise Zusam-menwirken insbesondere mit abgesesse-nen Kräften und anderen Gefechtsfahrzeu-gen, aber auch mit anderen militärischenOrganisationsbereichen sowie mit alliiertenKräften kennzeichnen künftige Einsätze.Führungsorganisationen, Führungsver-fahren und insbesondere Führungsmittelmüssen danach ausgerichtet sein. Für dieEffektivität der Panzertruppe im Einsatzist eine bedarfsgerechte Informationsver-sorgung in nahezu Echtzeit vor allem aufder untersten Führungsebene bzw. die In-formationsvermittlung in entgegengesetz-ter Richtung erforderlich. Uneingeschränk-te Orientierungsfähigkeit, die Feststellungund Übermittlung von Standort- undZielkoordinaten parallel zum Sprechfunk-betrieb, die Übermittlung von Daten zurOrtung und Identifizierung eigener undgegnerischer Kräfte sowie Hilfsmittel zurAutomatisierung von Bedienungsabläufenist zur Führung aller eingesetzten Kräfte,ob im Verbund oder als Einzelpanzer, so-wie zur Vermeidung von „Friendly Fire“zwingende Voraussetzung. Darüber hinauskommt in den zukünftig wahrscheinlichenEinsätzen der Kommunikation zwischenauf- und abgesessenen Kräften aufgrunderhöhter Information und des gemeinsa-

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men Vorgehens in einer Feuereinheit einesehr hohe Bedeutung zu.Die derzeit vorhandenen Informations-mittel sind auf den Informationsaustauschmit anderen, vor allem mechanisierten,Kräften und Gefechtsständen ausgelegt.Diese werden den zukünftig zu erwarten-den Erfordernissen unter Berücksichtigungeiner vernetzten Operationsführung inüberdehnten Einsatzräumen nicht mehrgerecht. Für die Kommunikation zwischenPanzerbesatzungen und Infanteriekräften(z.B. IdZ) stehen keine geeigneten inter-operablen Mittel zur Informationsübertra-gung am und im Kampfpanzer zur Verfü-gung. Die erforderliche Schnittstelle ist soauszulegen, dass abgesessene Kräfte beideren Nutzung lageabhängig den Kampf-panzer zum eigenen Schutz nutzen kön-nen.Um Wirkungsüberlegenheit zu erreichenund „Friendly Fire“ zu vermeiden ist dieAnbindung der Gefechtsstände und derGefechtsfahrzeuge an ein netzwerkgestütz-tes Informationssystem für einen ge-schützten Datenaustausch mittels Füh-rungs- und Waffeneinsatzsysteme innahezu Echtzeit, parallel zum Sprechfunk,erforderlich. Zum einen soll das enge Zu-sammenwirken mit anderen (besondersabgesessenen) Kräften in urbanem Um-feld, aber auch im Verbund von Aufklä-rung und Wirkung auf weite Kampfent-fernungen sowie der Zugriff auf Daten-banken ermöglicht werden. Hierzu müssensowohl die auf diesen Führungsebeneneingesetzten Informationssysteme (FüIn-foSys H, Fü(W)ES) als auch die genutztenFernmeldemittel eine verzugsarme Verar-beitung bzw. Übertragung von Daten ge-währleisten und auch zur Verfügung ste-hen. Die derzeitige Funkgerätegenerationist dazu nur sehr eingeschränkt bis gar nichtin der Lage. Die erforderlichen Anpassun-

gen der Mittel zur Führungsunterstützungsollen mit der Realisierung der noch in derErarbeitung befindlichen Projekte „Inte-griertes Führungs- und Waffeneinsatzsys-tem der Kampftruppen / IFIS“ und einerleistungsfähigen IP-gestützten (InternetProtocol) Funkanlage (z.B. Streitkräftege-meinsame Verbundfähige Funkgeräteaus-stattung / SVFuA) erfolgen. [Bild 7]

Geräusche des Kampfpanzers, Gefechts-lärm und Umwelteinflüsse beeinträchtigendie Besatzung bei der Führung und Bedie-nung des Kampfpanzers. Daher sind be-stehende Hilfsmittel zur Reduzierung die-ser Beeinträchtigungen durch neue Techno-logien (z.B. Geräuschunterdrückung in derSprechfunk- /Bordverständigungs-Anla-ge) zu optimieren. Die in urbanem Umfeldanzunehmende dreidimensionale 360° Be-drohung sowie die Möglichkeit simultanerBedrohung aus mehreren Richtungen er-fordern einen höheren Überwachungsauf-wand der Besatzung. Um diese nicht zuüberfordern, sind technische Hilfsmittelvorzusehen, die die Besatzung durch Au-tomatisierung der Beobachtung sowie Ein-leitung der Bekämpfung unterstützen (z.B.Zieltracker). Alle Hilfsmittel zur Führungund Feuerleitung des Kampfpanzers müs-sen grundsätzlich bei Tag, Nacht und ein-geschränkter Sicht nutzbar sein.

Voraussetzung für die Unterstützung undDurchhaltefähigkeit und den Erfolg al-ler Kräfte im Einsatz ist eine zeitgerechteBereitstellung von Kräften und Mitteln inerforderlichem Umfang sowie die Fähig-keit, für eine längere Zeitdauer auch unterABC-Schutz und akuter Minenbedrohungsowie erschwerten klimatischen Bedingun-gen eingesetzt werden zu können. Darüberhinaus sind benötigte Wasservorräte, basie-rend auf der Teilkonzeption Wasserversor-

gung im Einsatz, sowie benötigte Utensi-lien zur Verrichtung der Notdurft und derKörperpflege bereitzustellen. Ein Verstau-raum hierfür auf Basis der für die Panzer-truppe erforderlichen Durchhaltefähigkeitvon 48 Stunden ist auszuweisen. DerKampfpanzer LEOPARD 2 ist für die ge-mäßigten Klimazonen ausgelegt. Einsätzein heißen Klimazonen werden für die Be-satzung bei Innentemperaturen bis über60°C unmöglich. Der Verbesserung der kli-matischen Verhältnisse im Kampfpanzerkommt daher eine besondere Bedeutungzu, um die Einsatzbereitschaft der Besat-zung zu verlängern und technische Ausfäl-le zu vermeiden. Die Bundeswehr wird mitdem Projekt Energie- und Kampfraum-kühlanlage (EKKA) eine leistungsfähigeKühlung der Besatzung realisieren.Weiterhin soll mit der separaten Energie-versorgung die Voraussetzung für weitereAdaptionen geschaffen werden. Bis zurImplementierung dieser Systeme könnenKühlanzüge, wie sie z.B. KANADA fürseine Panzerbesatzungen in AFGHANIS-TAN beschafft hat, eine Übergangslösungdarstellen. Darüber hinaus zeigen Untersu-chungen, dass mit modernen Tarnkits ne-ben einer optimalen Signaturreduzierungebenfalls eine vorteilhafte Isolierung gegenWärmeeinstrahlung erreicht werden kann.Doch nicht nur die Wärmereduzierung isteine Herausforderung in heißen Klimazo-nen. Die Erfahrungen zeigen, dass die Be-satzungen während des Einsatzes in heißenKlimazonen einen vielfach höheren Was-serbedarf haben, so dass über neue Ver-staukonzepte im Kampfraum nachgedachtwerden muss, um dieses Wasser transpor-tieren zu können. [Bild 8]In den zukünftig zu erwartenden Einsatz-szenarien erhält die Einsatzunterstützungaufgrund• überdehnter Einsatzräume,• Eigenständigkeit in der Sicherung,• urbaner Einsatzräume der zu versor-

genden Truppe und der z.T. bestehen-den Parallelität im „Three Block War“und

• neben der Versorgung eigener Kräfteeventuell die Versorgung von Zivilbe-völkerung in einem noch nicht befrie-deten Bereich einen erweiterten Aufga-benbereich unter gleichzeitiger Erhö-hung der Bedrohung. Für die Panzer-truppe steht für die Versorgungsdiens-te der Bataillone kein geschützter Trans-portraum in erforderlichem Umfangzur Verfügung, um ununterbrochenden Versorgungsbedarf zu decken.

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Den hohen Ansprüchen von taktischerBeweglichkeit am Boden im Rahmen derMobilität genügt die Panzertruppe mitihrem Hauptwaffensystem bis heute. Dietaktische Beweglichkeit des Kampfpanzersist eine seiner wesentlichen Stärken, die ent-scheidend zur Überlebensfähigkeit der Be-satzung beiträgt. Aufgrund seines gewalti-gen Aufwuchspotentials, das im wesentli-chen auf dem exzellenten Triebwerk in Ver-bindung mit dem bewährten Fahrwerkberuht, wurde der Kampfpanzer LEO-PARD 2 immer wieder an neue Erforder-nisse angepasst. Die Adaptierung vonSchutz- und Wirkkomponenten am KPzhat jedoch zur Gewichtserhöhung und da-mit zum Erreichen der Gewichtsobergren-ze in der MLC 70 geführt. Die taktischeBeweglichkeit des KPz ist eine wesentlicheStärke und trägt entscheidend zur Überle-bensfähigkeit bei. Die Adaptierung vonSchutz- und Wirkkomponenten am KPzdarf nicht zu Einschränkungen der strate-gischen und operativen Verlegefähigkeitsowie der taktischen Beweglichkeit führen.Die derzeit vorhandene Lufttransportfä-higkeit des KPz LEOPARD 2 (z.B. mitAntonov AN-124-100 oder Galaxy) mussbeibehalten werden. Dies muss schon beider Entwicklung berücksichtigt werden.Ein modulartiger Aufbau mit adaptierba-ren Einzelkomponenten scheint ein erfolg-versprechender Ansatz zu sein.In urbanen Operationen können unter an-derem Barrikaden, Trümmer oder einge-stürzte Häuser die taktische Beweglichkeitdes Kampfpanzers einschränken. Deshalbist die Fähigkeit zum Räumen von Hinder-nissen, z.B. durch die Adaptierung einesRäumschildes, herzustellen. Dabei ist dieFähigkeit zum selbstständigen Räumenvon Barrikaden und Hindernissen

keineswegs reiner Selbstzweck, sondernkombiniert im Kampfpanzer LEOPARD2 UrbOp Waffenwirkung mit Mobilität.Dies wiederum ermöglicht nachfolgendenKräften erst das Vorgehen mit Panzerun-terstützung, da derzeit noch keine minen-geschützte Räumkapazität zur Verfügungsteht.Die vorhandene Tag-Rückfahrsicht desKraftfahrers ist auch für den Einsatz beieingeschränkter Sicht zu ergänzen.Seine strategische Verlegefähigkeit hat derKampfpanzer LEOPARD 2 A6M bereitsmehrfach bewiesen. Sowohl KANADA alsauch DÄNEMARK nutzen das Waffensys-tem in AFGHANISTAN, wohin es mit derauch von DEUTSCHLAND nutzbarenAntonov AN 124-100 im Lufttransportverlegt wurde. [Bild 9]Im Rahmen der Nachrichtengewinnungund Aufklärung (NG&A) ist die Errin-gung eigener Informationsüberlegenheit

Voraussetzung für den erfolgreichen Ein-satz der Panzertruppe. Sie ist entscheiden-der Faktor sowohl zur Erreichung vonFührungs- und Wirkungsüberlegenheit fürdie eigene Truppengattung als auch im Ver-bund mit anderen Kräften. Die Aufklä-rungsfähigkeit und der Schutz vor feindli-cher Aufklärung müssen dieser Forderungkünftig gerecht werden. Für die Weiterent-wicklung des Kampfpanzers ist die weitereVerbesserung der vorhandenen eigenenZielaufklärungsfähigkeit bei Tag, Nacht undeingeschränkter Sicht sowie die Einführungzusätzlicher Beobachtungs- bzw. Zielauf-klärungsmittel (z.B. Aufzeichnungsmög-lichkeit im friedensstabilisierenden Ein-satz) erforderlich. Künftig müssen leis-tungsfähige Sensoren und Detektoren so-wohl die Panzerbesatzung als auch denVerbund im Falle feindlicher Aufklärungoder vor Beschuss, z.B. durch Scharfschüt-zen, warnen. Darüber hinaus kommt esdarauf an, dass alle Aufklärungsergebnisseaus dem Verantwortungs- und Interes-sensbereich, die von dritter Stelle gewonnenwerden, den Panzerbesatzungen echtzeit-nah zur Verfügung gestellt werden können.Um bei den erforderlichen Anpassungendie größtmögliche Flexibilität gewährleistenzu können und somit den KPz den Erfor-dernissen des jeweiligen Einsatzes anpas-sen zu können, soll ein modulares Kon-zept der Türme und / oder einzelnerKomponenten dienen.Hierbei werden zwei Lösungsansätze imRahmen weiterer Untersuchungen verfolgt,auf Grundlage derer dann eine Auswahl-entscheidung herbeigeführt werden soll.Beide Lösungsansätze beinhalten als ge-meinsame Schnittstelle das Fahrgestell mitdem höchsten Schutzniveaus, das desA6M, das entsprechend mit einem Rund-umschutz gegen PzAbwH und IED aus-zustatten ist. Bei den Türmen gibt es zweiMöglichkeiten der Anpassung dieser an dieUrbOp-Fähigkeiten:Um die exzellenten, auf Duellfähigkeit ge-gen feindliche Kampfpanzer optimiertenTürme des A6M nicht verändern zu müs-sen, könnte man extra füfür diesen Zweckbereitstehende Türme des KPz LEOPARD2 A4 („großmodulare Lösung“) umrüs-ten und somit zwei Türme für den Kampf-panzer zur Verfügung stellen. Einen Ur-bOpTurm und den duellfähigen A6MTurm. [Bild 10]

Die zweite Möglichkeit würde die Adapti-on einzelner Module („kleinmodulareLösung“) an den Turm A 6M vorsehen.Generell soll die Umrüstung der KPz LE-

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BLICKRICHTUNG ZUKUNFT

Page 7: Einsatz des Kampfpanzers LEOPARD 2 im gesamten ... · PDF fileDAS SCHWARZE BARETT NR.41 25 Von Matthias Knabe M it der deutschen Wiedervereini-gung verfügte das Heer über 5.200 Kampfpanzer

DAS SCHWARZE BARETT NR.41 31

OPARD 2 A6M zum KPz LEOPARD 2UrbOp und umgekehrt im Einsatzlandmit Truppenmitteln erfolgen können.Insgesamt würde der Kampfpanzer mitden beschriebenen Adaptierungen bei Er-halt seiner klassischen Stärken Schutz,Durchsetzungsfähigkeit und Mobilität,evolutionär weiterentwickelt werden. Diesbefähigt die Panzertruppe in besondererWeise zu einem flexiblen Einsatz im ge-samten Aufgabenspektrum bis hin zur ro-busten Mandatsdurchsetzung, auch in ur-banem Umfeld. Der Panzertruppe kommtsomit in beiden Kräftekategorien, den Ein-greif- und Stabilisierungskräften, auch inZukunft eine besondere Bedeutung zu. Siebleibt nach wie vor Träger von beweglichgeführten Operationen im gesamten Ein-satzspektrum. Die im Hinblick auf dieKomplexität von Operationen in urbanemUmfeld und der damit verbundenen drei-dimensionalen, asymmetrischen Bedro-hung aufgezeigten Fähigkeitslücken müs-sen kurz- und mittelfristig technisch kom-pensiert werden. Mittel- und langfristigmüssen die technischen Veränderungenund Weiterentwicklungen aber auch dazugenutzt werden, Einzelfähigkeiten derWaffensysteme zu trennen und ein modu-lar aufgebautes, mehrrollenfähiges undvernetztes „Neues Gefechtssystem/SystemKampf“ zu konzipieren. Dies könnte miteinem ballistischen Grundschutz modularso ausgelegt werden, dass in einem erstenSchritt neueste Technologien aus Sensoren(Optiken/Optroniken), Effektoren (Waf-

fen- und Wirksysteme), Antriebskonzepteund Führungsmittel in bestehende Fahr-zeuge integriert und die erforderlichenSchutzstufen im Einsatzland gegen jedeForm der Bedrohung bei gleichzeitiger stra-tegischer Verlegefähigkeit erreicht werden.In einem zweiten Schritt könnte dann dieBildung eines Netzwerkes aus Systemenund Robotern erfolgen, welche die erfor-derlichen Aufgaben autonom, teilauto-nom oder ferngesteuert erfüllen können.Der Panzersoldat der Zukunft (PdZ) ge-winnt dadurch Freiräume, um als Ent-scheider vor Ort und Koordinator inner-

halb dieses Netzwerkes zu fungieren undden Verbund von Aufklärung und Wir-kung zum Einsatz zu bringen. Soldatenwerden dann nur noch dort eingesetzt, woes unbedingt erforderlich ist. [Bild 11]

Bis dahin, und wir sprechen vom Jahr 2030ff, bleibt die Panzertruppe mit demKampfpanzer LEOPARD 2 Träger einesjeden beweglich geführten Gefechts amBoden.Damit ist die Frage nach der Zukunftsfä-higkeit der Panzertruppen bzw. desKampfpanzers beantwortet.

Major Matthias Knabe war vom 01.04.07– 31. 03.2008 als PzOffz und AusbOffz imDez Ausb des Ber WEntwg am AusbZPzTr (AusbZ MUNSTER) eingesetzt. Erwirkte als Dezernent bei der Bearbeitungvon Ausbildungsgrundlagen, Weisungenund Vorschriften der Panzertruppe mitund war CUA -Beauftragter AusbZMUNSTER, Delegierter des Heeres in derMaster Gunner Conference und SekretärLEOBEN AG Weiterentwicklung.Seit dem 01.04.2008 ist Major Knabe imLehrgang Generalstabs / Admiralstabs-dienst National (LGAN 2008) an der Füh-rungsakademie der Bundeswehr.

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GESAMTES AUFGABENSPEKTRUM