1
Klinische Studien und translational ausgerichtete Forschung sind die we- sentlichen Grundlagen des Fort- schritts bei der Entwicklung neuer Therapien und Diagnostika und damit auch der Behandlung von Krebspati- enten. Viele Studien und Untersu- chungen greifen dabei auf das Tumor- gewebe (Biopsien oder Operations- präparate) zurück, das zu diagnosti- schen oder therapeutischen Zwecken gewonnen wurde. Bei klinischen Stu- dien wird das Tumorgewebe meist für eine studienspezifische Zweitbegut- achtung, studienbegleitende For- schung oder die Prüfung zur Studien- einschleusung von Patienten benutzt. Stellungnahme soll Planung und Bearbeitung von Studien erleichtern In diesem Problemfeld ist der Patho- loge Treuhänder des Patientenmate- rials. Er hat die Aufgabe und Verant- wortung, die Interessen von Patien- ten, Studie, Standortforschung und seiner eigener Einrichtung sachge- recht zu beurteilen und zu wahren. Erhebungen haben gezeigt, dass die Mehrzahl dieser Studienkonzepte und Untersuchungen nicht oder nicht in vollem Umfang den erforderlichen Anforderungen an Information, Qua- lität und Aufwanderstattung gerecht wird. Die Folgen können fehlerhafte Untersuchungsergebnisse, mangel- hafte Befolgung geltender Regularien und fehlende Kooperation der betei- ligten Pathologien sein. Um dieses Defizit zu beheben, hat eine Exper- tenkommission der Deutschen Ge- sellschaft für Pathologie (DGP) unter Leitung von Prof. Dr. Christoph Rö- cken (Kiel) auf Basis einer genauen Bestandsanalyse eine Stellungnahme zur Durchführung klinischer Studien und wissenschaftlicher Untersuchun- gen mit Patientengeweben erarbeitet. Diese Analyse präzisiert die Quali- tätsanforderungen und das Vorgehen und gewährleistet damit die Verfah- renssicherheit für alle Beteiligten wie Studienplaner, Projektleiter, beteilig- te Pathologen und natürlich auch die betroffenen Patienten. Die Stellung- nahme soll die Planung und Bearbei- tung von Studien erheblich erleich- tern. Im Einzelnen werden in der Stellungnahme folgende Aspekte ge- nauer erläutert: Anforderungen im ethisch-recht- lichen Bereich bzw. Forschung mit Geweben (Einverständnis, Eigen- tumsfragen, Datenschutz), Information der beteiligten Patho- logen, Umgang und spezifische Evaluation der Gewebe, Fragen der Sammlung bzw. Rückführung der Gewebe, Aufwandentschädigung für studienspezifische Leistungen, Beteiligung der Pathologie an den Studienergebnissen. Die Stellungnahme wurde über die beteiligten Fachgesellschaften und über die Arbeitsgemeinschaft Onkolo- gische Pathologie (AOP) der Deut- schen Krebsgesellschaft verbreitet. Sie wird ergänzt durch eine übersicht- liche Checkliste, die sich bereits als außerordentlich hilfreich erwiesen hat. Die Stellungnahme soll regelmä- ßig an die kommenden Entwicklun- gen angepasst und auch international publik gemacht werden. Es ist zu hof- fen, dass sie die erforderliche Berück- sichtigung bei der Planung neuer Stu- dien erfährt und somit die interdiszi- plinäre Zusammenarbeit weiter ver- bessert. Mehr Informationen unter http://www.dgp-berlin.de Einsatz von Tumorgewebe neu geregelt VON PROF. DR. PETER SCHIRMACHER Eine neue Experten- stellungnahme schafft Verfahrenssicherheit im Umgang mit Gewebe bei der Planung und Durchführung klinischer Studien. Patientenmaterial spielt bei klinischen Studien zur Zweitbegutachtung, studienbegleitenden Forschung oder für die Prüfung zur Studieneinschleusung eine wichtige Rolle. © SPRINGER VERLAG GMBH Veranstaltung „Tumorbanken in Zeiten personalisierter Medizin“ Mittwoch, der 19. Februar, 9:45 bis 10:45, Raum 4.1 e Vorsitz: G. Reifenberger (Düssel- dorf), M. Neumaier (Mannheim) Prof. Dr. Peter Schirmacher, Direktor des Pathologischen Instituts der Universität Heidel- berg und Vorsitzender der Deut- schen Gesellschaft für Pathologie 31. Deutscher Krebskongress 2014

Einsatz von Tumorgewebe neu geregelt · webeproben aus der Pathologie für die Forschung in früheren Jahren stets den Nachteil einer mangelnden Fülle an klinischen Informationen

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Klinische Studien und translationalausgerichtete Forschung sind die we-sentlichen Grundlagen des Fort-schritts bei der Entwicklung neuerTherapien und Diagnostika und damitauch der Behandlung von Krebspati-enten. Viele Studien und Untersu-chungen greifen dabei auf das Tumor-gewebe (Biopsien oder Operations-präparate) zurück, das zu diagnosti-schen oder therapeutischen Zweckengewonnen wurde. Bei klinischen Stu-dien wird das Tumorgewebe meist füreine studienspezifische Zweitbegut-achtung, studienbegleitende For-schung oder die Prüfung zur Studien-einschleusung von Patienten benutzt.

Stellungnahme soll Planung undBearbeitung von Studien erleichtern

In diesem Problemfeld ist der Patho-loge Treuhänder des Patientenmate-rials. Er hat die Aufgabe und Verant-wortung, die Interessen von Patien-ten, Studie, Standortforschung undseiner eigener Einrichtung sachge-recht zu beurteilen und zu wahren.Erhebungen haben gezeigt, dass dieMehrzahl dieser Studienkonzepteund Untersuchungen nicht oder nichtin vollem Umfang den erforderlichenAnforderungen an Information, Qua-lität und Aufwanderstattung gerechtwird. Die Folgen können fehlerhafteUntersuchungsergebnisse, mangel-hafte Befolgung geltender Regularienund fehlende Kooperation der betei-

ligten Pathologien sein. Um diesesDefizit zu beheben, hat eine Exper-tenkommission der Deutschen Ge-sellschaft für Pathologie (DGP) unterLeitung von Prof. Dr. Christoph Rö-cken (Kiel) auf Basis einer genauenBestandsanalyse eine Stellungnahmezur Durchführung klinischer Studienund wissenschaftlicher Untersuchun-gen mit Patientengeweben erarbeitet.

Diese Analyse präzisiert die Quali-tätsanforderungen und das Vorgehenund gewährleistet damit die Verfah-renssicherheit für alle Beteiligten wieStudienplaner, Projektleiter, beteilig-te Pathologen und natürlich auch diebetroffenen Patienten. Die Stellung-nahme soll die Planung und Bearbei-tung von Studien erheblich erleich-tern. Im Einzelnen werden in derStellungnahme folgende Aspekte ge-nauer erläutert:

Anforderungen im ethisch-recht-lichen Bereich bzw. Forschung mitGeweben (Einverständnis, Eigen-tumsfragen, Datenschutz),Information der beteiligten Patho-logen,

Umgang und spezifische Evaluationder Gewebe,Fragen der Sammlung bzw.Rückführung der Gewebe,Aufwandentschädigung fürstudienspezifische Leistungen,Beteiligung der Pathologiean den Studienergebnissen.Die Stellungnahme wurde über die

beteiligten Fachgesellschaften undüber die Arbeitsgemeinschaft Onkolo-gische Pathologie (AOP) der Deut-schen Krebsgesellschaft verbreitet.Sie wird ergänzt durch eine übersicht-liche Checkliste, die sich bereits alsaußerordentlich hilfreich erwiesenhat. Die Stellungnahme soll regelmä-ßig an die kommenden Entwicklun-gen angepasst und auch internationalpublik gemacht werden. Es ist zu hof-fen, dass sie die erforderliche Berück-sichtigung bei der Planung neuer Stu-dien erfährt und somit die interdiszi-plinäre Zusammenarbeit weiter ver-bessert.

Mehr Informationen unterhttp://www.dgp-berlin.de

Einsatz von Tumorgewebeneu geregelt

VON PROF. DR. PETER SCHIRMACHER

Eine neue Experten-stellungnahme schafftVerfahrenssicherheit imUmgang mit Gewebe bei derPlanung und Durchführungklinischer Studien.

Patientenmaterial spielt bei klinischen Studien zur Zweitbegutachtung, studienbegleitenden Forschung oder für die Prüfungzur Studieneinschleusung eine wichtige Rolle. © SPRINGER VERLAG GMBH

Veranstaltung„Tumorbanken in Zeitenpersonalisierter Medizin“

Mittwoch, der 19. Februar,9:45 bis 10:45, Raum 4.1 e

Vorsitz: G. Reifenberger (Düssel-dorf), M. Neumaier (Mannheim)

Prof. Dr. Peter Schirmacher,Direktor des PathologischenInstituts der Universität Heidel-berg und Vorsitzender der Deut-schen Gesellschaft für Pathologie

Der Einsatz von Gewebeproben ausder Krankenversorgung für die For-schung ist keine neue Idee. Schon seitJahrzehnten werden Proben, die austherapeutischen oder diagnostischenGründen entnommen werden, sehrerfolgreich für die Gewinnung neuerErkenntnisse über die verschiedens-ten Erkrankungen eingesetzt. Dafürist es von enormem Vorteil, dass dieGewebeproben nach der Befundungdurch den Pathologen meist nichtentsorgt werden, sondern in zum Teilriesigen Archiven gut sortiert aufbe-wahrt werden. Diese Gewebearchivehaben zwar ihre Daseinsberechtigungprimär aus Gründen der Krankenver-sorgung (Nachuntersuchungen, Ver-laufsuntersuchungen, Qualitätssiche-rung, usw.), aber ihre zusätzliche Ver-wendung für die Krebsforschung ist

eine überaus wichtige Aufgabe vonzentraler Bedeutung. Die duale Ver-wendung von Gewebebanken für Dia-gnostik und Forschung erscheint aufden ersten Blick als Widerspruch, dabeide Bereiche auf die gleichen Pro-ben zugreifen. Bei klaren Regelungender Zugriffe auf die Gewebeproben er-geben sich jedoch für beide Anwen-dungsgebiete große Vorteile.

Gewebebanken für Diagnostikund Forschung

Der Zugriff für die Forschung sollteim Rahmen einer gut organisiertenBiobank erfolgen, über die auch ethi-sche und rechtliche Aspekte (insbe-sondere Patienteneinwilligung) ge-klärt sind. Der Zugriff für die Kran-kenversorgung muss jederzeit undohne Einschränkungen möglich sein.Diese duale Verwendung setzt aberauch voraus, dass Forschungsprojektedas Gewebematerial nicht vollständigverwenden, sodass noch ausreichendMaterial für diagnostische Nachun-tersuchungen vorhanden ist.

Während die Verwendung von Ge-webeproben aus der Pathologie fürdie Forschung in früheren Jahrenstets den Nachteil einer mangelndenFülle an klinischen Informationenaufwies, ergeben sich heutzutagedurch die elektronische Verknüpfung

der verschiedenen Datenquellen (Pa-thologiesysteme, Klinik-IT-Systeme,Tumordokumentationsdatenbanken,etc.) enorme Möglichkeiten, die Ge-webedaten zu bereichern. Damit wer-den die Gewebebiobanken zukünftigimmer wertvoller. Darüber hinauswerden im Rahmen der molekularpa-thologischen Diagnostik immer mehrgenomische Veränderungen erfasst,sodass für Forschungsprojekte immerbesser vorcharakterisierte Kollektivebereitgestellt werden können, die zu-sammen mit den Forschungsdatendeutlich präzisere Aussagen erlauben.

Die Gewebeproben stellen sowohlals Formalin-fixierte, in Paraffin ein-gebettete, als auch als tiefgefroreneMaterialen eine enorm wertvolle Res-source für die Forschung dar. DieseMaterialien können für alle erdenkli-chen molekularen Methoden verwen-det werden. Trotz der Fragmentie-rung der Nukleinsäuren lässt sichselbst mit den Formalin-fixierten Ge-webeproben eine breite Palette vonmolekularen Verfahren durchführen.Dadurch können Untersuchungen angroßen Fallzahlen durchgeführt wer-den, die zur Aufdeckung krankheits-bezogener molekularer Alterationenoder zur Validierung von therapie-relevanten Veränderungen führen.Ohne die Gewebebiobanken wären

sehr viele wichtige Erkenntnissenicht möglich gewesen. Die Bedeu-tung der Gewebebiobanken wird inder Zukunft noch stark zunehmen.Dies ist insbesondere im Licht der zu-nehmenden molekularen Untertei-lung der verschiedenen Krankheitenzu sehen.

Gewebe zeigen Hinweise aufmolekulare Veränderungen

Ein Beispiel stellt hier das Lungen-karzinom dar, dessen therapierele-vante molekulare Unterteilung im-mer weiter fortschreitet. Um Klarheitüber die Häufigkeit der Verteilungvon molekularen Veränderungen in-nerhalb einer Krankheitsentität zugewinnen, müssen bei den häufig nurin geringen Prozentsätzen vorkom-menden molekularen Veränderungenzahlreiche Gewebeproben untersuchtwerden.

Hierbei haben neue Techniken wiedas „Next Generation Sequencing“Einzug in die Untersuchung vonGewebeproben gehalten, die bereitseinen gigantischen Wissens- und In-formationszuwachs gebracht habenund in der Zukunft noch weiter brin-gen werden. Wir dürfen gespanntsein, welche „Geheimnisse“ sich nochaus den Gewebebiobanken lüften las-sen.

Gewebebanken wichtig für KrebsforschungPathologische Gewebe-banken werden in Zukunftzunehmend an Bedeutunggewinnen und weitereErkenntnisse überKrankheiten liefern.

VON PROF. DR. MICHAEL HUMMEL

Genetische Tumormarker spielenzunehmend eine wichtige Rolle beider Therapieplanung in der Onko-logie. Ebenso steigt die Zahl derprognostisch und therapeutisch re-levanten tumorspezifischen Muta-tionen kontinuierlich an. Im Rah-men der durchgeführten Machbar-keitsstudie haben wir ein moleku-largenetisches Tumorboard aus Pa-thologen, Onkologen und Geneti-kern eingerichtet. Mittels Next-

Generation-Sequencing wurdenTumorproben aus Kryogewebeoder FFPE-Material von 52 Patien-ten im Hinblick auf somatischeMutationen analysiert. Verwendetwurde hierzu entweder ein 48-Gen(Hotspots) oder ein 182-Gen Panel(komplette Gensequenz) mit Fokusauf prognostisch oder therapeu-tisch relevante genetische Biomar-ker. Wann immer möglich, wurdeeine Vergleichsprobe, in der RegelBlut, als Kontrolle parallel analy-siert. Bei über 70% der Patientenkonnten somatische Mutationenwie z.B. in KRAS, TP53, CTNNB1,PIK3CA und ERBB2 detektiertwerden. Die Analyse inklusive derErstellung eines wissenschaftli-chen Befundberichts dauerte zweiWochen. Dass auch Keimbahnver-änderungen von Bedeutung sind,wurde durch vier Patienten belegt,die Träger einer Mutation in denGenen APC, MET, TP53 oderMSH2 waren. Zumindest für zweidieser Veränderungen war eindeutlich erhöhtes Risiko für ein ko-lorektales Karzinom in der Litera-tur beschrieben. Mutationen indiesen Genen sind somit nicht nurfür die Vorsorge der Indexpatien-ten von Relevanz, sondern auch fürweitere Angehörige. Eine geneti-sche Beratung wurde in diesen Fäl-len angeboten. Zusammenfassendlässt sich sagen, dass die Detektionsomatischer Mutationen technischgut realisierbar ist. Jedoch bleibtdie Umsetzung der somatischenund familiären (Keimbahn-) Muta-tionen in Therapie- bzw. Vorsorge-empfehlungen komplex und erfor-dert ein interdisziplinäres Teamsowie weitere klinische Studien.

Eine Studie untersuchteper Next-Generation-Se-quencing Blutproben aufsomatische Mutationen.

VON DR. CHRISTOPH SCHROEDER

SomatischeMutationenim Fokus

Dr. Christoph Schroeder, Institut für Medizinische Genetik undAngewandte Genomik in Tübingen

● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

Veranstaltung„Best of Abstracts: Detection of so-matic mutations by next-generationsequencing in a clinical setting“

Mittwoch, der 19. Februar 10:45bis 11:15, Saal New York 3

Vorsitz: A. Tannapfel (Bochum), M. Ebert (Mannheim)

31. Deutscher Krebskongress 2014 Mittwoch, 19. Februar 2014 Nr. 110