Upload
dangthien
View
216
Download
1
Embed Size (px)
Citation preview
Investitionsrechnung 1 Entscheidungsbaumverfahren
Entscheidungsbaumverfahren
• Verfahren zur Berücksichtigung der Unsicherheit bei Investitionseinzelentscheidungen
• Grundidee: für Beginn eines Planungszeitraums optimale Handlungsalternative ermitteln, wobei
zukünftige, ihrem Wesen nach auch unterschiedliche mögliche Umweltzustände mit ihren jewei-
ligen Eintrittswahrscheinlichkeiten berücksichtigt werden, außerdem werden dabei Folgeent-
scheidungen (= mehrstufiges Entscheidungsproblem) beachtet, die zu treffen sind, falls ein be-
stimmter Umweltzustand eingetreten ist
• Ziel: Auswahl einer optimalen Folge von Investitionen im Zeitablauf (=sequentielle Investitions-
entscheidungen)
• Formalstruktur:
Zur Abbildung der Struktur eines mehrstufigen Entscheidungsproblems ist der Entscheidungs-
baum geeignet (ungerichteter Graph)
• Die unterschiedlichen Kanten und Knoten des Graphen lassen sich wie folgt beschreiben:
E Entscheidungsknoten, d.h. Knoten, der ein Entscheidungsereignis charakterisiert,
e Kante, die eine Entscheidungsalternative repräsentiert,
Z Zufallsknoten, d.h. Knoten, der ein Zufallsereignis kennzeichnet,
z Kante, die einen aus dem Eintritt eines Zufallsereignisses resultierenden Umweltzustand
beschreibt,
R Ergebnisknoten, d.h. Knoten, der die mit bestimmten Entscheidungsalternativen und
Umweltzuständen verbundenen Ergebnisse angibt, sowie
R/E Knoten, der darstellt, dass ein Ergebnis vorliegt und eine Entscheidung zu fällen ist.
Investitionsrechnung 2 Entscheidungsbaumverfahren
Schrittfolge zur Lösung sequentieller Investitionsentscheidungen:
1. Festlegung der Struktur des Entscheidungsbaumes
• Bestimmung des Planungszeitraumes und seiner Untergliederung (d.h. wie groß sind die Ab-
stände zwischen den äquidistanten Betrachtungszeitpunkten?)
• Bestimmung der Entscheidungsalternativen
• Bestimmung der möglichen Umweltzustände in den einzelnen Zeitpunkten
2. Ermittlung weiterer entscheidungsrelevanter Daten
• Optimierung z.B. mit dem Kapitalwertmodell
⇒ Zielgröße: Erwartungswert des Kapitalwertes
⇒ optimal ist die zustandsabhängige Entscheidungsfolge, die den maximalen Erwartungswert
des Kapitalwertes aufweist
3. Rechnerische Lösung des Entscheidungsproblems mit Hilfe des Rollback-Verfahrens
• rekursive Optimierungstechnik durch sukzessive Generierung einstufiger Entscheidungspro-
bleme
• bei zeitlich am Ende liegenden Entscheidungen beginnen und prüfen, welche Alternative in
bezug auf den letzten Entscheidungszeitpunkt unter Berücksichtigung der möglichen
Umweltentwicklungen die beste ist
• anschließend Entscheidungsalternativen betrachten, die im vorletzten Entscheidungszeitpunkt
relevant sind, d.h. in den Folgeperioden jeweils nur die zuvor ermittelten besten
Entscheidungen berücksichtigen
• schrittweise Optimierung fortsetzen bis die für den Beginn des Planungszeitraumes optimale
Alternative ermittelt ist
Wichtig: Optimale Entscheidung gilt nur für den Beginn des Planungszeitraumes (in späteren
Perioden u.U. andere Infos!
Investitionsrechnung 3 Entscheidungsbaumverfahren
Fallbeispiel 1: Entscheidungsbaumverfahren
Ein Unternehmen hat im Entscheidungszeitpunkt t = 0 die Wahl zwischen der Durchführung einer
großen Investition, der Realisation einer kleinen Investition sowie dem Verzicht auf Investitionen
(Unterlassensalternative).
Mit der großen Investition wird bei einer Anschaffungsauszahlung von 500.000 GE eine Kapazität
geschaffen, die für die Herstellung von 30.000 ME eines Produkts ausreicht. Mit der kleinen
Investition wird bei einer Anschaffungsauszahlung von 400.000 GE eine Kapazität von 25.000 ME
des Produkts geschaffen. Falls eine der Investitionen realisiert wird, sind im Folgenden keine
weiteren Investitionen möglich.
Wird in t = 0 auf eine Investition verzichtet, dann kann in t = 1 eine Investition realisiert werden, die bei einer
Anschaffungsauszahlung von 420.000 GE eine Kapazität von 30.000 ME des Produktes erzeugt. In späteren
Zeitpunkten sind keine Investitionen möglich.
Der Planungszeitraum beträgt drei Perioden. Bezüglich der zukünftigen Entwicklung der Absatzmengen besteht
Unsicherheit. So wird in der ersten Periode mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% eine maximale Absatzmenge von
25.000 ME erwartet, mit der Wahrscheinlichkeit von 40% eine maximale Absatzmenge von 30.000 ME:
Falls in der ersten Periode eine maximale Absatzmenge von 30.000 ME auftritt, wird diese mit einer Wahrscheinlichkeit
von 70% auf diesem Niveau bleiben, mit der Gegenwahrscheinlichkeit von 30% in den beiden letzten Perioden des
Planungszeitraums auf jeweils 33.000 ME ansteigen.
Tritt in der ersten Periode eine maximale Absatzmenge von 25.000 ME auf, dann wird prognostiziert, dass diese mit
einer Wahrscheinlichkeit von 50% auf dem gleichen Niveau bleibt und mit der Gegenwahrscheinlichkeit in den beiden
letzten Perioden des Planungszeitraums auf jeweils 28.000 ME ansteigt.
Die Informationen zur Entwicklung der Absatzmenge liegen in t = 1 auch vor, falls das Unternehmen in t = 0 nicht
investiert.
Die Verkaufspreise pro ME werden mit Sicherheit in allen Perioden des Planungszeitraums 30 GE
betragen, die mengenabhängigen Auszahlungen pro Stück jeweils 20 GE. Die laufenden Ein- und
Auszahlungen fallen jeweils am Periodenende an.
Weitere Ein- und Auszahlungen sind nicht zu berücksichtigen. Die Liquidationserlöse am Ende des Planungszeitraums
betragen 100.000 GE bei großer Investition in t = 0, 80.000 GE bei kleiner Investition in t = 0 und 120.000 GE bei
Investition in t = 1. Der Kalkulationszinssatz beträgt 10%.
a) Stellen Sie das Entscheidungsproblem in Form eines Entscheidungsbaumes graphisch dar.
b) Bestimmen Sie die für t = 0 optimale Entscheidungsalternative und geben Sie die
Erwartungswerte des Kapitalwerts aller Alternativen dieses Zeitpunkts an. Geben Sie auch
an, welche erwarteten Kapitalwerte durch die optimalen Folgealternativen jeweils erzielt
werden und welche Folgealternativen jeweils optimal sind.
Investitionsrechnung 4 Entscheidungsbaumverfahren
Fallbeispiel 2: Entscheidungsbaumverfahren
Die INVEST GmbH will das Produkt X herstellen, das zu einem Preis von 30 GE/ME abgesetzt
werden kann. Die Produktion kann alternativ auf einer Fertigungsanlage des Typs A oder einer
Anlage des Typs B erfolgen. Ermitteln Sie, welche der beiden Anlagen zum Entscheidungszeitpunkt
t=0 angeschafft werden sollte und welche Nutzungsdauer- und Ersatzpolitik innerhalb des drei-
jährigen Planungszeitraums unter Berücksichtigung unsicherer Umweltentwicklungen in der ersten
Planungsperiode zu verfolgen ist.
Die folgende Tabelle enthält Daten zur Charakterisierung der beiden Anlagentypen:
Anlage A Anlage B
Anschaffungsauszahlung [GE]: 60.000 80.000
maximale Fertigungskapazität [ME/Periode]: 3.000 5.000
mengenabhängige Auszahlungen [GE/ME]: 20 17
mengenunabhängige Auszahlungen [GE/Periode]: 9.000 4.000
Anlagen des Typs A können ausschließlich zum Zeitpunkt t=0 beschafft werden. Die
nutzungsdauerabhängigen Liquidationserlöse sind in ihrer Höhe bekannt und betragen:
t 1 2 3 4 5
LAt [TGE] 50 40 30 20 10
Der Anlagentyp B ist eine technologische Neuentwicklung, die zum Entscheidungszeitpunkt t=0
erstmals auf dem Markt erhältlich ist. Aus diesem Grund sind die Daten bezüglich der zeitlichen
Entwicklung der Liquidationserlöse in Abhängigkeit von der Nutzungsdauer in der ersten
Planungsperiode nicht genau zu prognostizieren. Die Entwickler der Anlage B gehen davon aus,
dass im Falle einer günstigen Entwicklung (w = 40%) 10% höhere Liquidationserlöse im Vergleich
zu den für eine adäquate Anlage C erzielbaren Werten realisiert werden können. Sollte die
Entwicklung eher ungünstig verlaufen (w = 60%), betragen die erzielbaren Liquidationserlöse nur
80% der entsprechenden Werte.
Die nutzungsdauerabhängigen Liquidationserlöse für die Vergleichsanlage C betragen:
t 1 2 3
LCt [TGE] 60 45 35
Die INVEST GmbH kann die Fertigungsanlage vom Typ B darüber hinaus zu Beginn der zweiten
Planungsperiode erwerben. Diese Entscheidung steht jedoch nur an, wenn in t=0 Anlage A gekauft
wurde und sich die Liquidationserlöse für Typ B günstig entwickeln. Da das Investitionsbudget
beschränkt ist, muss die in t=0 beschaffte Anlage vom Typ A dann allerdings verkauft werden.
Investitionsrechnung 5 Entscheidungsbaumverfahren
In den Planungszeitpunkten t=2 und t=3 sind keine weiteren Kaufentscheidungen zu treffen. Zum
Ende des Planungszeitraums werden die in Periode drei genutzten Produktionsanlagen verkauft.
Eine zweite unsichere Umweltkomponente in der ersten Planungsperiode ist die Produktnachfrage.
Unter günstigen Bedingungen (w = 30%) beträgt die maximal abzusetzende Menge des Produktes
4.000 ME pro Periode. Im Falle einer ungünstigen Nachfrageentwicklung (w = 70%) ist ein Absatz
von 3.000 ME zu erwarten. In den Planungsperioden zwei und drei verbleibt die Nachfrage auf dem
in Periode eins angenommenen Niveau.
Der Kalkulationszinssatz beträgt 10%.
a) Veranschaulichen Sie graphisch das zu lösende Entscheidungsproblem. Achten Sie dabei auf
eine genaue Beschriftung der Kanten und Knoten.
b) Ermitteln Sie die optimale Nutzungsdauer- und Ersatzpolitik für den dreijährigen Planungs-
zeitraum, wenn der Erwartungswert des Kapitalwertes maximiert werden soll.