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24 11.2017 Der mittelständische Marktführer Ma- schinenbau Top GmbH mit Flottenmana- ger Rolf Geschick hat sich für Gabelstapler eines renommierten Premiumherstellers entschieden. Rolf ist für eine Flotte von 45 Gabelstaplern verantwortlich. Wöchent- lich prüft er den Nutzungsstatus seiner Stapler über die Fleet Management-App. Die Customer Journey ist ein viel zitiertes Bild, die Notwendigkeit ihrer kontinuierli- chen Optimierung „common sense“. Und so kann eine solche Customer Journey aus- sehen, wenn sie während eines Design Thin- king Workshops an der Uni St. Gallen von Syskoplan Reply gemeinsam mit Industrie- partnern entwickelt wurde. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie das Internet of Things (IoT) und Big Data sowohl den Herstellern als auch den Nutzern von Ga- belstaplern helfen kann. In einer kreativen Atmosphäre konnten neue Ideenräume er- schlossen und weiterentwickelt werden. Cha- rakteristisches Kennzeichen der Design Thin- king-Methode ist die Berücksichtigung des Blickwinkels von späteren Kunden. In einem interdisziplinären Team aus Automobilinge- nieuren, Verkäufern, IT-Fachleuten und IoT- Spezialisten entstanden zahlreiche Impulse, wie etwa im Bereich eines IoT- beziehungsweise Telematik-basierten Flottenmanagements. IoT-Daten als Grundlage Bestehende Tele- matik-Lösungen übertragen nur wenige Da- ten und stellen diese zur Verfügung. Folglich stand das Ausloten des Potenzials aktueller Technologien ganz weit oben auf der Tages- ordnung. Nachdem klargeworden war, dass aus den bestehenden, konventionell erhobe- nen Datenbeständen noch kein vollständi- ges Bild über die Stapler gewonnen werden kann, wurden im Rahmen der Prototypen- entwicklung zwei Stapler mit Open Source- Hardware ausgestattet. Sämtliche Daten der weit über 100 Sensoren wurden übertragen und gespeichert. Diese Datenbasis wurde von Data Scientists der Syskoplan Reply auf Entwicklung neuer Servicekonzepte Wie kann das Flottenmanagement eines Mittelständlers effizient und mithilfe aktueller Technologien optimiert werden? Und was, wenn es dabei um Gabelstapler statt Dienstwagen geht? Das Beispiel der Maschinenbau Top GmbH und ihres Flottenmanagers Rolf Geschick zeigt anschaulich, wie das geht. Muster und Korrelationen explorativ unter- sucht. Aus der Kombination verschiedener Sensoren, wie der Positions-, Last- und Ge- schwindigkeitsdaten, können so zum Beispiel Nutzfahrten von Leerfahrten unterschieden und ein Fahrprofil in einer Karte angezeigt werden. Das nützt auch Flottenmanager Rolf: Diese Woche erkennt Rolf Geschick bei einem Stapler einen negativen Trend in der Fahrzeugnutzung und ruft die detail- lierte Analyse auf. Die Detailansicht des Staplers zeigt, dass sich der Nutz- und Leerfahrtenindikator negativ verändert hat. Ein Blick in die Fahrtdaten des Stap- lers in der Kartenansicht macht deutlich, dass der Stapler oftmals in einer anderen Halle eingesetzt wird. Auf der Basis der IoT-Daten werden Ver- änderungen in der Nutzung automatisch erkannt. Flottenmanager können am Ar- beitsplatz oder auch mobil auf verschiedene Visualisierungen der Daten zugreifen und schnell ein Bild über die Veränderungen gewinnen. Für die Interpretation der Da- ten bedarf es häufig noch Spezialisten und Hintergrundinformationen über den Kon- text des Einsatzes. Optimierungspotenziale nutzen Rolf hält Rücksprache mit dem Fahrer des Staplers und erfährt, dass in dieser Halle häufig ungeplante Arbeiten anfallen. An- hand des Einsatzprofiles in der Halle ist es sinnvoller, einen kleinen zusätzlichen Stapler einzusetzen. Auf Basis dieses Nut- zungsprofils und Einsatzortes kann Rolf gemeinsam mit seinem Ansprechpartner beim Stapler-Hersteller den Flottenein- satz optimieren. Dieses Szenario wäre auch noch anders vor- stellbar: So könnte der Vertriebsmitarbeiter eines Gabelstapler-Händlers nach der Da- tenauswertung mit seinem Kunden sprechen und ihn auf das am besten geeignete Mo- Informationstechnologie p Auf der Basis der IoT-Daten werden Veränderungen in der Nutzung von Gabelstaplern auto- matisch erkannt. Flottenmanager können auf verschiedene Visualisierungen der Daten zugreifen und schnell ein Bild über die Veränderungen gewinnen (Foto: Martin Hüdepohl)

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Der mittelständische Marktführer Ma-schinenbau Top GmbH mit Flottenmana-ger Rolf Geschick hat sich für Gabelstapler eines renommierten Premiumherstellers entschieden. Rolf ist für eine Flotte von 45 Gabelstaplern verantwortlich. Wöchent-lich prüft er den Nutzungsstatus seiner Stapler über die Fleet Management-App.

Die Customer Journey ist ein viel zitiertes Bild, die Notwendigkeit ihrer kontinuierli-chen Optimierung „common sense“. Und so kann eine solche Customer Journey aus-sehen, wenn sie während eines Design Thin-king Workshops an der Uni St. Gallen von Syskoplan Reply gemeinsam mit Industrie-partnern entwickelt wurde.

Im Mittelpunkt stand die Frage, wie das Internet of Things (IoT) und Big Data sowohl den Herstellern als auch den Nutzern von Ga-belstaplern helfen kann. In einer kreativen Atmosphäre konnten neue Ideenräume er-schlossen und weiterentwickelt werden. Cha-rakteristisches Kennzeichen der Design Thin-king-Methode ist die Berücksichtigung des Blickwinkels von späteren Kunden. In einem interdisziplinären Team aus Automobilinge-nieuren, Verkäufern, IT-Fachleuten und IoT-Spezialisten entstanden zahlreiche Impulse, wie etwa im Bereich eines IoT- beziehungsweise Telematik-basierten Flottenmanagements.

IoT-Daten als Grundlage Bestehende Tele-matik-Lösungen übertragen nur wenige Da-ten und stellen diese zur Verfügung. Folglich stand das Ausloten des Potenzials aktueller Technologien ganz weit oben auf der Tages-ordnung. Nachdem klargeworden war, dass aus den bestehenden, konventionell erhobe-nen Datenbeständen noch kein vollständi-ges Bild über die Stapler gewonnen werden kann, wurden im Rahmen der Prototypen-entwicklung zwei Stapler mit Open Source-Hardware ausgestattet. Sämtliche Daten der weit über 100 Sensoren wurden übertragen und gespeichert. Diese Datenbasis wurde von Data Scientists der Syskoplan Reply auf

Entwicklung neuer ServicekonzepteWie kann das Flottenmanagement eines Mittelständlers effizient und mithilfe aktueller Technologien optimiert werden? Und was, wenn es dabei um Gabelstapler statt Dienstwagen geht? Das Beispiel der Maschinenbau Top GmbH und ihres Flottenmanagers Rolf Geschick zeigt anschaulich, wie das geht.

Muster und Korrelationen explorativ unter-sucht. Aus der Kombination verschiedener Sensoren, wie der Positions-, Last- und Ge-schwindigkeitsdaten, können so zum Beispiel Nutzfahrten von Leerfahrten unterschieden und ein Fahrprofil in einer Karte angezeigt werden. Das nützt auch Flottenmanager Rolf:

Diese Woche erkennt Rolf Geschick bei einem Stapler einen negativen Trend in der Fahrzeugnutzung und ruft die detail-lierte Analyse auf. Die Detailansicht des Staplers zeigt, dass sich der Nutz- und Leerfahrtenindikator negativ verändert hat. Ein Blick in die Fahrtdaten des Stap-lers in der Kartenansicht macht deutlich, dass der Stapler oftmals in einer anderen Halle eingesetzt wird.

Auf der Basis der IoT-Daten werden Ver-änderungen in der Nutzung automatisch erkannt. Flottenmanager können am Ar-beitsplatz oder auch mobil auf verschiedene Visualisierungen der Daten zugreifen und

schnell ein Bild über die Veränderungen gewinnen. Für die Interpretation der Da-ten bedarf es häufig noch Spezialisten und Hintergrundinformationen über den Kon-text des Einsatzes.

Optimierungspotenziale nutzen Rolf hält Rücksprache mit dem Fahrer des Staplers und erfährt, dass in dieser Halle häufig ungeplante Arbeiten anfallen. An-hand des Einsatzprofiles in der Halle ist es sinnvoller, einen kleinen zusätzlichen Stapler einzusetzen. Auf Basis dieses Nut-zungsprofils und Einsatzortes kann Rolf gemeinsam mit seinem Ansprechpartner beim Stapler-Hersteller den Flottenein-satz optimieren.

Dieses Szenario wäre auch noch anders vor-stellbar: So könnte der Vertriebsmitarbeiter eines Gabelstapler-Händlers nach der Da-tenauswertung mit seinem Kunden sprechen und ihn auf das am besten geeignete Mo-

Informationstechnologie

p Auf der Basis der IoT-Daten werden Veränderungen in der Nutzung von Gabelstaplern auto-matisch erkannt. Flottenmanager können auf verschiedene Visualisierungen der Daten zugreifen und schnell ein Bild über die Veränderungen gewinnen (Foto: Martin Hüdepohl)

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dell hinweisen. Pay per Use lautet das Stich-wort. Entsprechende Modelle sind jedoch erst auf Basis der Daten möglich. Hierbei erhalten die Kunden das für den jeweiligen Bereich beste Fahrzeugmodell und bezah-len entsprechend der Nutzung. So würde der Betrieb auf einem rauen Außengelän-de zum Beispiel teurer als die Nutzung in einer trockenen Halle mit glattem Boden. Der Serviceanbieter kann seinerseits die Wartungsintervalle optimal aufeinander abstimmen und Fehler frühzeitig erken-nen, um so die Verfügbarkeit der Flotte zu erhöhen, bei geringeren Kosten. So profi-tieren beide Seiten vom Einsatz der neuen Technologien.

Übersicht und Transparenz für Flotten-manager Eines der wesentlichen Ziele ei-nes Flottenmanagers ist es, die entsprechen-den Transportkapazitäten kos-tengünstig bereitzustellen und flexibel auf die Anforderungen seiner internen Kunden zu re-agieren. Dabei kann er die tat-sächliche Verwendung der Fahr-zeuge nicht persönlich überwa-chen und zum Beispiel auf neue Bedürfnisse reagieren. Auf der Basis von Nut-zenprofilen, die er mit den internen Nutzern wie zum Beispiel der Produktion abstimmt, werden Abweichungen erkannt. Wird ein Stapler zum Beispiel für größere Lasten oder im Außeneinsatz eingesetzt, kann der Flot-tenmanager diesen gegen eine robustere oder größere Maschine eintauschen und somit der Produktionslogistik helfen. Im Zusammen-hang mit Serviceverträgen kann er auch die vereinbarungsgerechte Nutzung der Stapler gegenüber dem Servicepartner sicherstel-

len. Das reduziert mögliche Streitpunkte im Servicefall.

Durch das Aufsetzen eines Benchmar-king zwischen unterschiedlichen Bereichen eines Unternehmens können „Best Practices“ für die Intralogistik gefunden und die Leis-tung der Gesamtflotte kann kontinuierlich gesteigert werden. Durch die Integration von Planungsdaten wie zum Beispiel einem Auftragszuwachs ist eine frühzeitige Reak-tion auf Engpässe in bestimmten Bereichen der Logistikkette möglich. Mithilfe einer Flottenmanagement-App kann der Flotten-manager, also beispielsweise Rolf Geschick, verschiedene Szenarien wie etwa Vertrags-modelle durchspielen und die optimale Lö-sung finden.

Verbessertes Energiemanagement Ein weiteres Gebiet, das vom IoT-Einsatz pro-

fitiert, ist die Ladesteuerung von E-Staplern. So können optimierte Ladezyklen berechnet werden, die bei Schonung der Akkus die ma-ximale Einsetzbarkeit der Stapler gewährleis-ten. Die Stapler werden dann geladen, wenn sie nicht im Einsatz sind. Für die neue Gene-ration von Lithium-Ionen Staplern kann eine Überlastung der Werksnetze vermieden und es können günstige Tarife genutzt werden.

Predictive Maintenance Mithilfe der IoT-Daten zur konkreten Nutzung werden War-

„Rolf ist für eine Flotte von 45 Gabel­staplern verantwortlich. Wöchentlich

prüft er den Nutzungsstatus der Stapler über die Fleet Management­App“

Informationstechnologie

tungsintervalle individuell für jeden Stapler berechnet und untereinander abgestimmt, um Kosten zu sparen, ohne die Zuverlässig-keit der Maschinen zu beeinträchtigen. Ano-malien in den Sensordaten führen zur auto-matischen Erzeugung von Diagnose-Tickets im Servicemanagement. Techniker können eine Remote-Diagnose durchführen und den Reparatur- und Wartungseinsatz zielgenau planen. Das hilft, die First-Fix-Rate zu erhö-hen, Servicemitarbeiter zu entlasten sowie die Ausfallzeiten zu minimieren.

Nahezu endlose Möglichkeiten Entschei-dend für die Effizienz von Gabelstaplern sind natürlich die Fahrer. Ein genaues Feedback zu seiner Arbeitsweise und damit seinem Ef-fizienzgrad gibt jedem Staplerfahrer die Auf-arbeitung der Sensordaten, die mithilfe von Second Screens wie Smartphones oder Tab-

lets genutzt werden. Das Ganze funktioniert wie ein „virtueller Coach“, der zur Arbeitseffizienz und Sicherheit beiträgt. Gerade in Gefahrbereichen können dar-über hinaus virtuelle Geschwin-digkeitszonen definiert werden, in denen die Maximalgeschwin-

digkeit des Staplers gedrosselt wird.Mit den gewonnenen Erfahrungen zum

Einsatz von IoT- beziehungsweise Telema-tik-Daten im Logistik-Umfeld können in der Zukunft zahllose weitere Ideen entwickelt und umgesetzt werden. Es ist davon auszu-gehen, dass die neuen Technologien in den nächsten Jahren in allen Logistikbereichen adaptiert werden. Der Logistiker von mor-gen wird massiv von dem Einsatz von IoT-Daten profitieren, so wie Flottenmanager Rolf Geschick. u www.reply.com

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