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ERDGAS IST DER IDEALE ENERGIETRÄGER, file6 7 Als eines der weltweit größten Energieunternehmen ver-folgt Gazprom nicht nur das Ziel, eine möglichst hohe Produktions-effizienz zu

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ERDGAS IST DER IDEALE ENERGIETRÄGER,UM DIE ENTWICKLUNG ERNEUERBARERENERGIEN ZU FLANKIEREN UND MACHTDEN BAU VON HÄUSERN MIT GERINGEREMENERGIEVERBRACH MÖGLICHMarc Florette. Direktor der Abteilung für Forschung und Eutwicklung GAZ DE FRANCE

NEUE WACHSTUMSCHANCENFÜR STATOILHYDROMargareth Øvrum. Mitglied des Vorstands, verantwortlich für den Geschäftsbereich Technologie und neue Energien

ERDGAS UND SEINE GEOPOLITISCHE BEDEUTUNG FÜR EUROPAPhillippe Copinschi. Französischer Experte

DIE OSTSEE:ÖKOSYSTEM IN GEFAHRProfessor Olof Lindén, Schweden

DIE FINANZKRISE UND IHRE AUSWIRKUNG AUF DEN ENERGIEMARKTCoby van der Linde. Clingendael Internationales Energieprogramm (CIEP), Holland

ITALIEN: UM DIE 570.000 GASFAHRZEUGEIM JAHR 2008 – EIN EUROPÄISCHERREKORD AUF DEM GASFAHRZEUGMARKT,DER 2009–2010 WEITER AUSGEBAUT WIRD Sergio A. Rossi. Italienischer Analytiker

WARUM STELLEN VIELE AUTOFAHRER IN ITALIEN AUF GAS UM?Angelantonio Rosato. Italienischer Journalist

ERDÖL- UND ERDGASGEWINNUNGIN DER ARKTIS UNTER ÖKOLOGISCHENGESICHTSPUNKTEN Anatolij Dmitriewskij. Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAW), Direktor des Instituts für Erdöl und Erdgas der RAW

Wjatscheslaw Maximow. Stellv. Direktor des Instituts für Erdöl und Erdgas der RAW

INHALT

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FÜR UNS IST UMWELTSCHUTZEINE PRIORITÄTAlexey Miller. Vorstandsvorsitzender Gazprom AG

FÜR EINE ZUVERLÄSSIGE UND “GRÜNE”VERSORGUNG MIT DEM “BLAUENBRENNSTOFF”Alexander Medvedev. Stellv. Vorstandsvorsitzender der Gazprom AG und Generaldirektor von Gazprom export

DIE GAZPROM-GRUPPE SORGT SICHUM DIE UMWELTAlexander Ischkov. Prof. Dr. chem., Stellv. Leiter des Departements für Transport,

Untergrundspeicherung und Nutzung von Erdgas, Chef der Verwaltung Energieeinsparung und Umwelt der Gazprom AG

DER HANDEL MIT CO2-ZERTIFIKATENALS ANREIZ FÜR CO2-REDUKTIONUND DIE ROLLE VON GM&TVitaliy Wassiliev. Generaldirektor der Gazprom Marketing & Trading Ltd. London

KLIMAPOLITIK IST WIRTSCHAFTS-STRUKTURPOLITIKKlaus Töpfer. Prof. Dr. Dr. h.c. mult.

FURUNS ISTUMWELT-SCHUTZEINEPRIORITAT

Alexey MillerVorstandsvorsitzender Gazprom AG

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Als eines der weltweit größten Energieunternehmen ver-folgt Gazprom nicht nur das Ziel, eine möglichst hohe Produktions-effizienz zu erreichen, sondern ist auch daran interessiert, die lang-fristige Umweltverträglichkeit unserer Tätigkeit zu gewährleisten. Der Umweltschutz ist eine Priorität für Gazprom, und wir verfolgen breitgefächerte Zielsetzungen in diesem Bereich. Dies schließt die effiziente und kluge Nutzung der von uns geförderten Naturschätze ein, sowie die besondere Rücksichtnahme auf die Umwelt an allen Standorten, an denen wir präsent sind. Wir arbeiten hart daran, hohe Umweltstandards entlang unserer Wertschöpfungskette umzuset-zen, einschließlich bei der Förderung und Verarbeitung sowie bei Transport und Lagerung von Erdgas. Darüber hinaus sehen wir es als eine Priorität an, ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld für unse-re Mitarbeiter zu schaffen.

Da Erdgas der ökologisch verträglichste aller verfügba-ren fossilen Brennstoffe ist, laßt sich die durch Gazprom verursachte Umweltbelastung bereits als geringfügig bezeichnen. Dennoch setzen wir alles daran, die Auswirkungen unserer Tätigkeit auf die Umwelt wei-ter zu minimieren. Jedes Jahr führen wir neue umweltschonende und energiesparende Technologien ein, und verbessern unser Umweltma-nagementsystem.

Für diese Aufgaben stellen wir erhebliche finanzielle Mit-tel bereit. Im Jahr 2007 hat Gazprom insgesamt über 12 Milliarden Rubel für den Umweltschutz ausgegeben, und gleichzeitig “grüne” Investitionen im Wert von 1,5 Milliarden Rubel getätigt. Diese ernst zu nehmenden Ausgaben erlauben es, unsere kurz- und langfristigen Umweltziele auf effiziente Weise zu erreichen und alle international an-erkannten Regeln und Standarts für Umweltschutz und Ressourcen-management einzuhalten.

Das Umweltmanagementsystem von Gazprom ist über viele Jahre gereift. Mittlerweise verbindet es über 2000 Umweltspezia-listen in praktisch allen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Um das System weiter zu verbessern, hat Gazprom im Jahr 2007 ein Team von Umweltinspektoren sowie einen Koordinierungsausschuss für Um-weltfragen eingerichtet. Eine unabhängige, ebenfalls im Jahr 2007 durchgeführte Überprüfung unseres Umweltmanagementsystems hat die Effektivität unserer umfangreichen Maßnahmen zur Einhaltung von Umweltauflagen bestätigt. In Anbetracht dieser positiven Ergebnisse arbeitet Gazprom nun daran, eine ISO14001-Zertifizierung für unser Umweltmanagementsystem zu erhalten.

Die Umweltschutzmaßnahmen von Gazprom werden durch ein spezielles Umweltkontrollsystem für industrielle Prozesse über-wacht. Messgeräte an Abgasquellen zeichnen sämtliche unserer Emis-sionen auf und gleichen diese Informationen dann mit Daten der öko-logischen Umgebung unserer Arbeitsstandorte ab. Dadurch können wir mit hoher Genauigkeit die Quellen und Ursachen von ungewöhnlichen Verschmutzungsaufkommen identifizieren.

Das Bestreben, flächendeckend Energie einzusparen ge-hört zur allgemeinen Firmenpolitik von Gazprom. Eine Steigerung der Effizienz bei der Nutzung von Erdgas, Elektrizität, Wärme und unter-schiedlichen Kraftstoffen, die für Gasversorgung benötigt werden, hilft zuverlässig Energie einzusparen. Energieeinsparungen sind vor allem wegen des hohen Kraftstoffverbrauchs wichtig, der bei der Gewinnung, dem Transport, sowie der Verarbeitung und Speicherung von Erdgas anfällt. Die Tatsache, dass unsere Erdgasförderung in immer entlege-nere Regionen verlagert werden muss, die weit von unseren Endkunden entfernt liegen, verleiht der Frage der Energieeffizienz zusätzliche Be-deutung. Energieeinsparungen, insbesondere durch die Senkung des Erdgasverbrauches und -verlustes in der Förderung, können erheblich dazu beitragen, globale Emissionen zu reduzieren.

Ein Zeichen für die Wichtigkeit, die unser Unternehmen dem Faktor Umwelt beimisst, ist das “Gazprom-Energieeinsparungs-programm 2007-2010”. Dieses Programm soll uns dazu verhelfen, in drei Jahren 9,3 Milliarden Kubikmeter Erdgas, 1 175 Millionen Kilo-wattstunden Strom und 1 294 000 Gigakalorien Wärmeenergie einzu-sparen. Die Umsetzung des Programms wird uns 8,5 Milliarden Rubel kosten, wobei wir von möglichen Einsparungen in Höhe von 16,4 Mil-liarden Rubel ausgehen.

Kraftfahrzeuge sind mit als die größten Umweltverschmut-zer bekannt. Es wäre falsch, wenn Gazprom als Lieferant des emissi-onsärmsten Treibstoffs dieses Thema missachten und nicht ansprechen würde. Schließlich ist Erdgas gegenwärtig der Treibstoff, der am ehes-ten gebrauchsfertig dazu in der Lage ist, Motortreibstoffe auf Erdölbasis zu ersetzen. Im direkten Vergleich mit Benzin hat Erdgas eine Reihe von entscheidenden Vorteilen – vor allem, dass es emmissionsärmer ver-brennt und preiswerter ist.

Heute fahren über 9,5 Millionen Kraftfahrzeuge mit Erdgas. Bezogen auf die Gesamtmenge ist das jedoch noch ein verschwindend geringer Anteil. Gazprom arbeitet konzentriert dar-

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an, dass dieser Anteil wächst, unter anderem im Rahmen des Pro-grammes “Entwicklung des Erdgastankstellennetzes und erdgasbe-triebener Fahrzeuge 2007-2015”. Das Projekt sieht unter anderem vor, an allen Autobahnen und Bundesstraßen in Russland 200 Erd-gastankstellen zu errichten, die dabei helfen sollen, den Ausstoß von umweltschädlichem Kohlendioxid um 960 000 Tonnen jährlich zu senken. Natürlich begrüßen wir in diesem Zusammenhang auch internationale Bemühungen, wie beispielsweise das Projekt “Blauer Korridor” der UN-Wirtschaftskommission für Europa. Das Projekt ist dazu ausgelegt, den Güterverkehr in Europa überwiegend auf Erd-gasfahrzeuge umzustellen.

Bei Umweltbelangen ist es wichtig, dass sich Fachleute mit ihnen befassen, wie in anderen Bereichen auch. Manager und Spezialisten müssen systematisch geschult werden, um die nötige Expertise zu erlangen. Um die nötigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, haben wir Weiterbildungs- und Umschulungslehrgänge zum Themenschwerpunkt Umweltschutz eingerichtet. Gazproms laufende Ausbildungsverfahren finden im Forschungsinstitut für Weiterbildung an der Staatlichen Russischen Gubkin-Universität für Erdöl und Erdgas in Moskau, im Ausbildungszentrum für industriel-le Forschung und Entwicklung in Kaliningrad, und im firmeneigenen Institut statt.

Gazpom versucht sich beim Umgang mit dem Umwelt-schutz nicht abzuschotten. Wir sind bereit, unser Wissen und unsere Erfahrungen mit allen interessierten Kreisen zu teilen. Wir sind aktive Teilnehmer an nationalen und internationalen Foren, Konferenzen und Ausstellungen, auf denen wir die Umweltaspekte unserer Arbeit vor-stellen und versuchen, das Beste von dem zu übernehmen, was unsere Kollegen präsentieren.

Als eines der ersten russischen Unternehmen haben wir 1995 eine eigene Umweltpolitik formuliert, die im Jahr 2008 erweitert und erneuert wurde. In dem Maße, in dem Gazprom zu einem glo-balen Energiekonzern heranwächst, wächst auch die Verantwortung unseres Unternehmens dafür, die Umwelt zu schützen, umweltver-träglich zu produzieren und unsere ökologischen und sozialen Ver-pflichtungen einzuhalten. Das stabile Wachstum unseres Konzerns ist untrennbar mit der Frage verbunden, unsere Ressourcen so effi-zient wie möglich zu nutzen und die Umwelt für kommende Genera-tionen zu erhalten.

FUR EINEZUVERLAS-SIGE UND “GRUNE”VERSORGUNG MIT DEM “BLAUEN BRENNSTOFF”Alexander Medvedev Stellv. Vorstandsvorsitzender der Gazprom AGund Generaldirektor von Gazprom export

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Erdgas ist der sauberste aller heute bekannten fossilen Brennstoffe. Wir alle, die wir im Gazprom – Konzern arbeiten, sind verpflichtet, Erdgas möglichst umweltfreundlich und vor allem zu-verlässig zu fördern und zu transportieren. Seit nunmehr 40 Jahren lassen wir uns in unserem tagtäglichen Geschäft von dieser Prämis-se leiten, und das vor allem auch bei der Verwirklichung unseres langfristigen Ziels – der Sicherung der globalen Energieversorgung und dem Erhalt unserer Umwelt.

Laut Angaben der Internationalen Energieagentur IEA soll der europäische “Erdgasimport unaufhaltsam anwachsen und sich bis zum Jahr 2030 um mehr als zwei Drittel erhöhen”. Für die Vereinigten Staaten von Amerika stellt das Energieministerium die Prognose auf, dass der Verbrauch von Erdgas in den USA von 634 Milliarden Kubikmetern in 2004 auf 733 Milliarden Kubikmeter in 2015 ansteigen, also um mehr als 15% in die Höhe schießen könnte.

Unser Konzern ist bereit, diese steigende Nachfrage zu befriedigen. Auf Rußland entfallen ein Drittel aller weltweit bekann-ten Erdgasreserven und zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Viertel der weltweiten Erdgasförderung. Gazprom ist der größte russische Konzern auf dem Erdgassektor und verfügt über 60% der erwiese-nen russischen Erdgasvorräte. Dabei fördert Gazprom 85% des rus-sischen Erdgases und kontrolliert 98% des russischen Erdgastrans-portnetzes. Nach russischem Gesetz hat ausschließlich Gazprom das Recht, Erdgas auszuführen, und so sind wir für ein Viertel der weltweiten Erdgasexporte verantwortlich.

Während wir Erdgas fördern und an die Kunden in über 20 Ländern exportieren, setzen wir alles daran, unseren Umwelt-schutzverpflichtungen gerecht zu werden. Das wesentliche strate-gische Ziel von Gazprom ist es, ein stabiles Wachstum zu sichern und gleichzeitig die Umwelt an all unseren Standorten zu schützen. Dabei werten wir kontinuierlich aus, wie sich unsere Projekte auf die Umwelt auswirken.

Im Jahr 2007 gab Gazprom über 12 Milliarden Rubel, das sind 8,4% mehr als 2006, für den Naturschutz aus. Wir haben einen Koordinationsausschuss für Umweltschutz ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, in allen zur Gazprom-Gruppe gehörenden Unter-nehmen die Effizienz zu steigen und somit ihren Kohlendioxidaus-stoß zu verringern. 2007 konnten der Wasserverbrauch sowie die Abwasser- und Abfallmengen bei unseren Tochterfirmen um 2% bis

3% reduziert werden. Der Ausstoß von Schadstoffen ist geringfügig um 1,6% angestiegen, gleichzeitig aber wurden die grenzwertüber-schreitenden Emissionen um 70% gesenkt.

Unsere Arbeit geht allerdings weit darüber hinaus. Wäh-rend Gazprom neue Märkte erschließt und seine Geschäftsfelder erweitert, bleibt eine zuverlässige Belieferung mit Erdgas unsere höchste Priorität und dass der blaue Brennstoff so “grün” wie mög-lich ist.

DIEGAZPROM- GRUPPE SORGTSICH UMDIEUMWELTAlexander IschkovProf. Dr chem., Stellv. Leiter des Departements Transport, Untergrundspeicherung und Nutzung von Erdgas, Chef der Verwaltung Energieeinsparung und Umwelt der Gazprom AG

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Im September 2008 hat der Vorstand der Gazprom AG eine neue Umweltpolitik für das Unternehmen festgelegt.

Tatsächlich hat Gazprom schon immer zur Verbesserung der ökologischen Situation nicht nur in Russland, sondern auch in ande-ren europäischen Ländern beigetragen. Bereits in den 80er Jahren erleb-te Moskau als große Metropole und eine des wichtigsten Industriestädte Russlands eine spürbare Verbesserung durch den Übergang ihrer Ener-gieversorgung von Kohle und Heizöl auf Erdgas.

Die ersten Lieferungen von Erdgas nach Deutschland führten zu einer bemerkenswerten Reduzierung schädlicher Emissio-nen aus Wärmekraftwerken und trugen in der Folge zu einem vermin-derten Ausstoß von Treibhausgasen bei. Es fällt schwer, sich heutzu-tage die sehr lebenswerten Städte in Deutschland, Österreich, Italien und anderswo in Europa ohne russisches Gas vorzustellen. Wir haben uns immer nicht allein als Energielieferant betrachtet, sondern auch als Lieferant sauberer Luft. Das ist der Grund, weswegen Gazprom das Prinzip nachhaltiger Entwicklung zum Grundprinzip seiner Aktivitäten erklärt hat.

Die Grundlage der Strategie unseres Unternehmens läßt sich vielleicht so zusammenfassen: Eine dynamische Wirtschaftsent-wicklung bei optimaler und vernünftiger Nutzung der natürlichen Res-sourcen und die Erhaltung einer gesunden Umwelt für zukünftige Ge-nerationen.

Kosteneffiziente Ressourcennutzung und Energieeffizienz sind die wesentlichen Komponenten der Umweltpolitik unseres Unter-nehmens. Gazprom verringert jährlich den eigenen Verbrauch von Erd-gas für den internen technischen Bedarf um 3–5%. Um den gleichen Pro-zentsatz wird jährlich der Verlust von Erdgas bei Förderung und Transport verringert. Nach der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls war Gazprom eines der ersten russischen Unternehmen, das eine Bestandsaufnahme des eigenen Ausstoßes von Treibhausgasen durchgeführt hat. Wir haben damals ein Aktionsprogramm zur Energieeinsparung verabschiedet, das uns in die Lage versetzen wird, bis zum Jahr 2012 unsere Treibhausgase-mission auf 165 Mio. Tonnen zu verringern.

Ein strategisches Projekt von Gazprom ist die Nordeuropäi-sche Erdgaspipeline, die über den Grund der Ostsee führt (Nord Stream).

Nord Stream wird es möglich machen, pro Jahr zusätzliche 55 Mrd Kubikmeter russischen Erdgases nach Europa zu exportieren, was den Erdgasanteil in der Energiebilanz vergrößern wird, und somit Eu-ropa helfen wird, die Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll zu erfül-len. Nord Stream ist die umweltfreundlichste Option für den Transport von russischem Erdgas. Bei einer Beförderung von Erdgas auf dem Landweg nach Deutschland würden 2,06 Mio Tonnen CO

2 entstehen, befördert als

Flüssiggas wären es 14,48 Mio Tonnen, und durch eine Pipeline auf dem Meeresboden sind es nur 1,47 Mio Tonnen.*

Ähnliche ökologische Kennziffern gelten auch für die geplan-te South Stream Pipeline. Neben erneuerbaren Energien ist russisches Gas, das durch dieses weitverzweigte Pipelinesystem geliefert wird, der einzig realistische Weg zur Verwirklichung aller ehrgeizigen Pläne für die Verminderung von Treibhausgasemissionen in Europa bis 2020.

Neben dem Energiesektor wird auch die ökologische Situation in vielerlei Hinsicht vom Transport bestimmt. Die Gazprom-Gruppe arbeitet zielgerichtet auf die Umstellung verschiedener Verkehrsmittel auf Erdgas hin. In Russland ist der Preis für Gas, mit dem Kraftfahrzeuge betankt werden kön-nen, 2–2,5 mal niedriger, als der für Benzin. Gazprom’s Planungen beinhalten den Bau von 200 Gastankstellen in Russland, was den Ausstoß von giftigen Emissionen um fast 1,5 Mio Tonnen verringern würde. Fahrzeuge, die Erdgas tanken, würden den Ausstoß von Treibhausgas sogar um 25% reduzieren.

Alexey Miller, der Vorstandsvorsitzende von Gazprom, hat im Juni 2008 den europäischen Aktionären von Gazprom den Vorschlag unterbreitet, ein großflächiges Netzwerk von Gastankstellen für Kraft-fahrzeuge in Europa zu schaffen. Die erste Phase dieses Plans könnte das Projekt “Blauer Korridor” von Rom bis Helsinki sein, durch den Erd-gas verbreitet werden soll (siehe Karte).

In der Zukunft wird es möglich sein, ähnliche solche “Korrido-re” entlang den europäischen Autobahnen zu schaffen. Dies könnte somit ein weiterer Faktor werden, um den europäischen Transport umweltfreundli-cher zu gestalten, in erster Linie im Hinblick auf Lastkraftwagen und Busse.

* Bei einer Betriebsdauer von 50 Jahren würde die Unterseeroute unter anderem eine Reduzierung der CO

2-Emission um 200 Mio. Tonnen gegenüber der Uberlandroute bedeuten.

Quelle: Wintershall, 2009, Nord Stream Eco-Efficiency Analisis, January 2009, S.12

18 19

Durch die Realisierung der ökologischen Strategie verrin-gern wir ständig die negative Einwirkung aller Faktoren der wirtschaftli-chen Tätigkeit auf die Umwelt. Die Gazprom AG ist der Vorreiter bei der Verwirklichung ökologischer Programme in Russland.

Die jährlichen Aufwendungen für Umweltschutzmaßnahmen im Bereich der Förderung und Beförderung von Erdgas erreichen rund 250 Mio. Euro. Bei neuen Projekten bilden die Umweltschutzmaßnahmen bis zu 5% der Gesamtkosten.

Die großflächigen Programme zur Gasversorgung Ostsibiri-ens und des Fernen Ostens werden den Verbrauch von Heizöl und Diesel in diesen Regionen sowie den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 auf 25–30 Mio. Tonnen verringern. Die geplante Reduzierung giftiger Schad-stoffemissionen ist auch für die verwundbaren und einzigartigen Ökosys-teme Sibiriens und des Fernen Ostens von größter Bedeutung.

Bis 2011 werden die Gazprom AG und die mit ihr verbunde-nen Unternehmen (in erster Linie die Tochtergesellschaft Gazprom Neft) die Nutzung von Erdöl- und Niederdruckgas auf 95% steigern, um end-lich das Abfackeln dieses Gases überflüssig zu machen.

Die Gazprom-Gruppe hat eine eigene Firma für die Entga-sung der Kohlevorkommen im Kusnezker Becken gegründet. Damit kann die ökologische Situation in diesem Gebiet wesentlich verbessert wer-den, weil das abgesaugte Gas zur öffentlichen Gasversorgung und im Transport genutzt werden kann.

Bei Gazprom arbeiten viele Fachökologen. Wir messen der Zusammenarbeit mit russischen und internationalen Nichtregierungsor-ganisationen eine hohe Bedeutung zu. Alle Projekte der Gazprom-Gruppe durchlaufen öffentliche Kosultationen auf verschiedenen Ebenen. Schon im Anfangsstadium des Projektmanagements werden die Meinungen in-ternationaler und regionaler Umweltorganisationen berücksichtigt.

Durch die Verbindung der mit dem Erdgas verbundenen ökonomischen und ökologischen Vorteile will Gazprom nicht nur ein in-ternationales Energieunternehmen werden, sondern auch ein Vorreiter im Streben nach nachhaltiger Entwicklung.

MUNCHEN

HELSINKI

KALININGRAD

WARSCHAU

ROM

FLORENZ

BERLINMINSK

MOSKAU

ST. PETERSBURG

DER HANDEL MIT CO2-ZERTIFIKATEN ALS ANREIZFUR CO2-REDUKTIONUNDDIE ROLLEVON GM&T

Vitaliy Wassiliev,Generaldirektor der Gazprom Marketing & Trading Ltd. London

2322

DER EU-EMISSIONSHANDEL UND DER ELEKTRIZITÄTSSEKTOR

Der Hauptantrieb für die Nachfrage nach Emissions-rechten ist das europäische Emissionshandelssystem (EU ETS), das weltweit größte Handelssystem dieser Art. Ein großer Anteil der Installationen mit dem größten CO

2-Ausstoss – das sind Anlagen,

deren CO2-Emissionen einem Anteil von 45% aller CO

2-Emissionen

in der EU entsprechen- haben ihre Emissionsrechte frei zugeteilt bekommen. Die Zuteilung einer begrenzten Anzahl an Emissions-rechten deckelt konsequenterweise die Menge der CO

2-Emissio-

nen, die in die Atmosphäre gelangen würden. Wenn man bedenkt, dass Energieproduktion und -verbrauch etwas über 80% aller Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union (EU25) aus-machen, ist der Elektrizitätssektor der Sektor mit dem höchsten Reduktionspotential. Dazu gibt es dann verschiedene Möglichkei-ten: Umstellen auf Brennstoffe mit einem niedrigeren CO

2-Gehalt,

wie beispielsweise Erdgas, oder energieeffizienzfördernde Maß-nahmen an den Installationen durchzuführen, um den Verbrauch zu senken, und damit eben auch die CO

2-Emissionen, die in die

Atmosphäre gelangen.

Alternativ müssten Teilnehmer des EU ETS zusätzliche Emissionszertifikate kaufen, bis zu einer Grenze, die vom jeweili-gen Mitgliedstaat festgesetzt ist. Im Allgemeinen beeinflusst der Preis von CO

2-Rechten die Investitionsentscheidungen der Elekt-

rizitätsproduzenten, in der Hinsicht sauberen Brennstoff effizient zu verbrennen, und die verwendeten Technologien breiter zu fä-chern.

RUSSLAND UND DAS KYOTO-PROTOKOLL

Russlands Ratifizierung des Kyoto-Protokolls war der bisher wichtigste Meilenstein im weltweiten Vorgehen gegen den Klimawandel und ist bei weitem die wichtigste Errungenschaft heu-tiger Umweltpolitik, Wirtschaft und Umweltgesetzgebung. Um in Kraft zu treten, musste Kyoto von einer Anzahl von entwickelten Ländern ratifiziert werden, die für mindestens 55% der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Nachdem die USA aber vom Kyoto-Protokoll zurückgetreten waren, konnte diese Zahl nur mit der Unterstützung Russlands erreicht werden, nachdem Russland für 17% der weltweiten Treibhausgasemissionen verant-

Eine steigende Anzahl wissenschaftlicher Studien belegt den Einfluss menschlichen Handelns auf den Klimawandel, genauso wie den hohen wirtschaftlichen Preis, den unsere Gesellschaften bei Untä-tigkeit bezahlen müssen. Das hat Regierungen dazu gezwungen mit ei-nem internationalen Vorgehen aufzuwarten mit dem Ziel, die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen. Die daraus resultieren-den Handelsaktivitäten mit CO

2-Emissionsrechtezertifikaten wurden zu

Begründern eines neuen ökologischen Marktes, von dem erwartet wird, dass er bis 2012 ein Volumen von €400 Milliarden erreicht.

Das Kyoto-Protokoll, das die Regeln für diesen Markt aufgestellt hat, ist im Februar 2005 in Kraft getreten. Die wichtigste Funktion des Protokolls besteht darin, dass es für alle unterzeichnen-den Staaten verbindliche Emissionsziele festsetzt, die in verschiede-nen Ländern von -8% bis zu +10% der Emissionsmessungen von 1990 reichen. Während des ersten Verpflichtungszeitraums von 2008–2012 sollen diese Ziele dazu führen, die Gesamtemissionen um 5,2% des Niveaus von 1990 zu senken.

Das Kyoto-Protokoll enthält drei Marktmechanismen mit dem Ziel, flexible Hilfsmittel bereitzustellen, um die CO

2-Reduktionszie-

le zu erreichen. Die drei Marktmechanismen heißen: i) Internationaler Emissionsrechtehandel, ii) der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (Clean Development Mechanism, kurz: CDM) und iii) Ge-meinschaftsreduktion (Joint Implementation, kurz: JI). Diese Mecha-nismen wurden entwickelt, um die kostengünstigsten Möglichkeiten zur Verringerung von Emissionen zu identifizieren, indem Investitionen in den Ländern ermöglicht werden, in denen die Kosten für das Ver-meiden einer Tonne von CO

2-Emissionen geringer als in den Industrie-

ländern sind.

Der CDM-Mechanismus unterstützt Entwicklungsländer in ihrer nachhaltigen Entwicklung, indem er Industrieländern erlaubt, Projekte zur Verminderung von Emissionen in Entwicklungsländern zu finanzieren. Der JI-Mechanismus funktioniert ähnlich, mit dem Unter-schied, dass hier Investitionen in Ländern gewährt werden, die bereits feste Emissionsreduktionsziele haben. Zusätzlich müssen JI-Länder, die am Handel mit CO

2-Emissionsrechtezertifikaten teilnehmen wollen,

bestimmte Auswahlkriterien erfüllen, um die genaue Berechnung und Erfassung aller CO

2-Emissionsverminderungen zu gewährleisten. Die

entsprechenden Berechnungseinheiten werden in jedem Land in einem nationalen Register gespeichert und von den zugeteilten Einheiten (As-signed Amount Units, kurz: AAUs) des JI-Landes abgezogen.

24 25

wortlich ist. Daher war die Ratifizierung durch Russland entschei-dend dafür verantwortlich, dem Kyoto Protokoll und seinem Inhalt Rechtskraft zu verleihen.

Die individuelle Zielsetzung für Russland im Rahmen des Kyoto-Protokolls besteht darin, Treibhausgasemissionen auf dem Niveau des Jahres 1990 bis in das Jahr 2012 zu halten. Aller-dings muss man berücksichtigen, dass Jahre des wirtschaftlichen Verfalls und des Untergangs der Sowjetunion dazu geführt haben, dass das heutige Emissionsniveau niedriger als das von 1990 ist, wodurch Russland ein Überschuss von Emissionszertifikaten bleibt, besser bekannt unter dem Namen “heiße Luft”.

Ohne weitere Maßnahmen oder politischen Einfluss

liegt Russlands Überschuss an Zertifikaten im Geltungszeitraum von Kyoto bei 5.4Gt. Das bedeutet, dass Russland, sollte es in Zukunft mehr Treibhausgase emittieren als heutzutage, es wahr-scheinlich auch noch 2012 mit dem Treibhausgasniveau von 1990 im Einklang sein wird. Aber genauso könnte der Überschuss an Zertifikaten schnell “aufgefressen werden” durch die wachsende Wirtschaft, was keinen Handlungsspielraum für die Zukunft lassen würde. In Anbetracht dessen, dass der Energieverbrauch pro Ein-heit des Bruttoinlandsproduktes in Russland ungefähr dreimal so hoch ist wie in der EU-15, sollte Russland Energieeinsparungen fördern und ökomische Anreize für russische Firmen entwickeln, um die Verschwendung von Energieressourcen zu verhindern. In-folge dessen sollten sich im Rahmen der JI Finanzinvestoren von Russland angezogen fühlen, da sie hier die Implementierung von Technologien mit niedrigem CO

2-Auststoß und von umweltfreund-

lichen Industrietechnologien voranbringen würden.

DIE RUSSISCHEN JI-PROJEKTE

Am 28. Mai 2007 hat die russische Regierung eine ers-te Reihe von Verordnungen verabschiedet, die die Bewilligung von JI-Projekten und den Handel mit Emissionszertifikaten möglich ma-chen. Doch diese Verordnungen sind bisher nicht umgesetzt wor-den, nachdem die russische Regierung bisher noch kein einziges JI-Projekt genehmigt hat. Ab dem 20. Juni 2008 hat Russland die Berechtigungskriterien für den Handel mit CO

2-Emissionszertifika-

ten erfüllt. Aber ohne ein funktionsfähiges Genehmigungssystem können bisher keine Handelsverträge abgeschlossen werden.

Ungeachtet dieser Hindernisse, kann Russland mit 84 Projekten aufwarten, von denen erwartet wird, Emissionen von 135 Millionen t CO

2 bis 2012 zu reduzieren. In Anbetracht der Rolle

Russlands als führender weltweiter Gaslieferant, ist es kein Zufall, dass die Mehrheit der Projekte, sowohl nach Zahl als auch nach Um-fang, mit Gas zu tun haben. Die Vermeidung von Methanverlusten in den Verteilungspipelines führt die Liste an mit anderen Plänen, wie das Verbrennen von Erdölgas, der Brennstoffwechsel von Koh-le zu Erdgas und Energieeffizienzprojekte, die zur Modernisierung der Infrastruktur beitragen und zur Förderung von Technologien zur Energieeinsparung.

Wenn 1.5 Milliarden t CO2 von projektbasierten Emissi-

onsverminderungen auf dem internationalen CO2-Zertifikatemarkt

gehandelt würden, könnte die russische Industrie bis zu 30 Milli-arden Euro einnehmen. Die Marktteilnehmer des CO

2-Zertifikate-

marktes, GM&T eingerechnet, beobachten genau die Entwicklung des JI-Marktes in Russland. Wir sind uns sicher, dass die russische Regierung Kapital aus den Möglichkeiten, die der JI-Mechanismus bietet, schlagen wird und alle notwendigen Schritte unternehmen wird, um diesen neu entstehenden Markt zu unterstützen und zu pflegen.

DIE ROLLE VON GM&TIM CO

2-ZERTIFIKATEMARKT

Als Handelsarm von Gazprom strebt GM&T danach, den Wert des Angebots durch die Lieferung von konkurrenzfähigen und innovativen Produkten an unsere Energiekunden in liberalisier-ten Märkten zu maximieren. Durch unser britisches Einzelhandels-geschäft waren wir das erste Unternehmen, das unseren Kunden CO

2-neutrales Erdgas anbieten konnte. Die Stärke unseres Fun-

daments im Gasgeschäftsbereich ist für uns die Plattform für den Handel mit allen möglichen anderen Energiegütern. Wir setzen den Aufbau eines Handelsplatzes mit multiplen Produkten fort, an dem wir Gas, LNG, Elektrizität, CO

2 und Erdöl anbieten. Das wird unsere

Konkurrenzfähigkeit weiter erhöhen.

GM&T ist in der einzigartigen Lage, die Brücke zwi-schen der CO

2-Lage seiner Kunden in Westeuropa und CDM-und

JI-Projektmöglichkeiten im Upstreambereich zu bilden. GM&T kann an diese Projektmöglichkeiten über den Bestand an CO

2-Projekten

26

der Gazprom-Gruppe und durch die Geschäftspartner von Gazprom auf der ganzen Welt gelangen. Die Kombination seiner natürlichen Lage auf dem größten JI-Markt, zusammen mit gut entwickelten Kundennetzwerken in den Ländern, die sich hohe Ziele für Kyoto gesteckt haben, bringt GM&T in eine vorteilhafte Startposition zum weltweit führenden Händler von CO

2-Zertifikaten zu werden.

Wir erachten die Entwicklung der Verhandlungen für die Zeit nach 2012 für entscheidend, mit der festen Annahme, dass ein Konsens zwischen der entwickelten und sich entwickelnden Welt gefunden werden kann um eine nachhaltige Zukunft für kommende Generationen möglich zu machen.

KLIMA-POLITIKIST WIRT-SCHAFTS-STRUKTUR-POLITIKKlaus TöpferProf. Dr. Dr. h.c. mult.

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1. Die Umweltpolitik, besonders die Verantwortung für eine mit konkreten, übergreifenden Zielen und einem wirksamen Maß-nahmenbündel verbundene Politik gegen den Klimawandel – sie ist endlich dort angekommen, wo sie bereits lange Zeit hingehört hätte: in die Verhandlungen und Entscheidungen der Staats- und Regierungs-chefs. Was wurde in den letzten Jahren in Deutschland nicht alles zur “Chefsache” erklärt! Die Rentenentwicklung und die Kosten des Ge-sundheitssystems, die Mindestlöhne und die Krippenplätze. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Sicherlich alles wichtige, für die Zukunft bedeutsame Herausforderungen einer immer älter werdenden, gleich-zeitig zahlenmäßig schrumpfenden Wohlstandsgesellschaft, die auch immer bunter wird als Konsequenz der Globalisierung und der weltwei-ten Migrationsbewegungen.

Klimapolitik? Bestenfalls ein Top-Thema für Umweltminis-ter und wissenschaftliche Experten. Immer argwöhnisch begleitet vom Wirtschaftsminister, von der Wirtschaft und auch den Gewerkschaften. Wird nicht, so wird immer wieder direkt oder indirekt gefragt, durch Klimapolitik die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes verschlechtert? Macht das nicht Einschränkungen, gar Verzicht der Bundesbürger er-forderlich? Zumindest aber die Forderung: Erst dann handeln heißt die Devise, wenn alle weltweit in gleicher Weise eingebunden sind. Gänzlich unabhängig von den drastisch unterschiedlichen Ausgangsbedingun-gen. Jedes Land, so die populistische Forderung, bestens vertretbar an den Stammtischen der Nation, muss in gleicher Weise das Klimagas CO

2 vermeiden – unabhängig davon, ob das eine Land bereits über viele

Jahre und Jahrzehnte hinweg massiv CO2 in die Atmosphäre kostenlos

entlassen hat und gegenwärtig über 20 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr

emittiert – das andere Land erst in jüngster Vergangenheit gut 3 Tonnen pro Kopf und Jahr emittiert und das dritte nur etwa 1 Tonne pro Kopf und Jahr der Atmosphäre zumutet. Dies sind aber genau die Fakten für die USA, für China und für Indien. So ist es nachvollziehbar, dass gera-de die Entwicklungsländer, so auch Indien und China, immer wieder auf die bereits auf dem Erdgipfel in Rio de Janeiro 1992 akzeptierte Maxi-me verweisen: “A common, but differentiated responsibility”. Also eine für die globale Staatengemeinschaft gemeinsame, aber eben aufgrund der Unterschiede im Entwicklungsprozess der einzelnen Länder unter-schiedliche Verantwortung der Nationen für den globalen Einsatz gegen den Klimawandel.

2. Die Argumentation der hoch entwickelten Länder ist durch die Ergebnisse des Weltklima-Rates (IPCC) sehr brutal zerstört worden. Dieses allen Wissenschaftlern weltweit offene Forschungs-

bündnis zur Erforschung der Ursachen und Wirkungen der Klima-veränderungen hat erdrückende wissenschaftliche Nachweise dafür geliefert, dass Kohlendioxid und Methan, dass Lachgas und andere Spurengase als Täter für die steigenden Temperaturen dingfest ge-macht werden müssen. Gegenwärtig wird bereits ein Anstieg der glo-balen Mitteltemperaturen um etwa 0,8°C gemessen. Die Auswirkun-gen dieser noch vergleichsweise geringen Temperaturerhöhung sind bereits weltweit unübersehbar und konkret nachweisbar. Sie lassen er-ahnen, welche gravierenden Veränderungen der Lebensbedingungen für die Menschen auf dieser Welt eintreten, wenn dieser Klimaprozess nicht spätestens bei einem Anstieg der Temperatur von 2°C gestoppt werden kann. Das Abschmelzen der Gletscher weltweit, die drastische Verminderung des Polareises, die Veränderung der Vegetationsvor-aussetzungen, das Voranschreiten von Wüstenbildungen, drastische Wetterereignisse, die in Zahl und Ausmaß zunehmen – alles bereits nachweisbare, messbare Auswirkungen eines Klimawandels, der von den Menschen verursacht wird.

3. Darüber hinaus belegen die neuesten wissenschaftli-chen Erkenntnisse, dass der gegenwärtig messbare Temperaturanstieg den bereits durch Klimagase verursachten Klimawandel deutlich un-terschätzt. So ist die Tatsache, dass insbesondere die Luftbelastungen durch Partikel und Aerosole vornehmlich in Asien, in China und Indien vor allem, zu einer Abbremsung des Klimaeffekts führen. Eine erfolgreiche, für die menschliche Gesundheit in diesen Regionen zwingend notwendi-ge Luftreinhaltepolitik wird somit gleichzeitig einen beschleunigten Tem-peratureffekt mit sich bringen. Berechnet man diesen Effekt, so zeigt sich sehr klar: Bereits gegenwärtig ist die Welt konfrontiert mit einer Belas-tung durch Klimagase, die einen Temperaturanstieg von knapp über 2°C begründet.

4. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse machen eindeutig klar: Die Zeit der “Drei-D-Strategie” ist als völlig unverantwortlich entlarvt.

Fakten nicht beachten – “Deny”,

Handlungen und Maßnahmen auf die lange Bank schieben – “Delay”,

und folglich nichts tun – “Do nothing”:

Diese “Strategie” kann von den Menschen weltweit nicht mehr hingenommen werden. Eine derartige “Strategie” führt dazu, dass Klimaentwicklungen aus der Dimension heraus wachsen, in der

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sie von der Menschheit noch mit vertretbaren Kosten und mit techni-schen Möglichkeiten in den Griff bekommen werden können. Der ehe-malige Chefökonom der Weltbank, Sir Nicholas Stern, hat in seiner, von der britischen Regierung in Auftrag gegebenen detaillierten Stu-die die dramatischen Kosten eines aus der Kontrolle geratenen Klima-wandels vorgerechnet. Dabei muss jedoch auch klargestellt werden: Der bereits gegenwärtig nicht mehr gänzlich vermeidbare Klimawan-del muss durch Maßnahmen zur Anpassung aufgefangen werden. Die Entwicklungsländer, die unter diesem nicht mehr vermeidbaren Klima-wandel besonders leiden und weder finanzielle noch technische Mög-lichkeiten zur Anpassung haben, erwarten zu Recht die Unterstützung durch die hoch entwickelten Länder.

5. Es ist somit absolut klar: Eine wirksame Klimapolitik kann nicht mehr aufgeschoben werden. Es gibt keine wie auch im-mer geartete wirtschaftliche Kalamität, die als Begründung für eine Verschiebung oder eine signifikante Abschwächung der Klimapoli-tik angegeben werden kann. Wirtschaftliche Krisen und Umbrüche, wie tief greifend diese auch immer sein mögen, sind stets korri-gierbar, wenn auch oft mit erheblichen negativen Konsequenzen für viele Menschen. Ein fast mutwillig ruiniertes globales Finanz-system kann, wie gegenwärtig demonstriert wird, mit Garantien von dreistelligen Milliardenbeträgen vor der Kernschmelze gerettet werden. Ein ruinierter Planet, ein aus dem Ruder laufender Klima-prozess kann aber nicht mehr in den Griff bekommen werden, wenn erst einmal “Tipping Points” des Klimaanstiegs überschritten sind. Die Konsequenzen für kommende Generationen und für viele Men-schen in den Regionen, die den Klimafolgen in ganz besonderer Weise ausgesetzt sind, werden dann nicht mehr kalkulierbar sein. Der Klimaprozess wird dann auch zu einer massiven Destabilisie-rung von Gesellschaften und zu erheblichen Migrationsströmen in dieser Welt führen. Vor diesem Hintergrund ist eine erfolgreiche, glaubwürdige Klimapolitik eine der entscheidenden friedenssi-chernden Maßnahmen unserer Zeit.

6. Erfolgreiche, konsequente Klimapolitik ist somit als Sicherung der Lebensbedingungen der Menschen und für deren friedliche Zukunft unumgänglich notwendig. Eine der Klimapolitik hilfreiche Energiepolitik ist aber auch gleichzeitig eine wirtschaftlich hoch rentierliche Zukunftsinvestition. Die weiterhin deutlich steigende Energienachfrage einer zahlenmäßig wachsenden Weltbevölkerung, auch einer Weltwirtschaft, die für die Überwindung von Armut in den Entwicklungsländern zwingend wirtschaftliche Entwicklung realisieren

muss, kann nicht mehr allein mit den fossilen Energieträgern Kohle, Mineralöl und Gas alleine befriedigt werden. Dies ist gegenwärtig je-doch der Fall, da über 70% der globalen Energienachfrage auf diese fossilen Energieträger entfällt.

Bereits in den vergangenen Jahren hat sich zunehmend gezeigt, dass die Nachfrage nach Energie deutlich schneller ansteigt, als das Angebot folgen kann. Die aktuellen Preisentwicklungen für fos-sile Energien können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich diese Angebots-Nachfrage-Situation in Zukunft eher noch weiter verschär-fen wird. Erhebliche Konsequenzen für die Versorgungssicherheit und für die Wettbewerbsfähigkeit der Energieversorgung der verschie-denen Volkswirtschaften sind die Folgen. Weiteres wirtschaftliches Wachstum im globalen Maßstab setzt deswegen voraus, dass das Angebot von Energien erweitert wird und dass in besonderer Weise die Energieeffizienz geradezu revolutionär erhöht wird. Beide Hand-lungsfelder sind nur erfolgreich zu bearbeiten, wenn technologische Fortschritte mit Durchbrüchen auf den Energiemärkten verwirklicht werden können. Es ist daher ein zwingendes Gebot jeder Klimapolitik, die Investitionen in die Erforschung und die Anwendung nicht fossi-ler Energieträger, vor allem in die erneuerbaren Energien massiv zu erhöhen. Dies gilt in gleichem Maße für die breite Erforschung einer Erhöhung der Energieeffizienz.

Dieser Forschungsschwerpunkt muss auch den Trans-port von Energie, insbesondere von Strom, umfassen. Neue techno-logische Lösungen etwa in der Hochspannungs-Gleichstrom-Techno-logie eröffnen neue Perspektiven für einen weit gehend verlustarmen Transport von Strom über weite Entfernungen. Eine stärker auf de-zentrale Erzeugung ausgerichtete Stromproduktion macht andere An-forderungen an die Leitungsnetze erforderlich als diejenigen, die mit dem gegenwärtigen Netz sichergestellt werden müssen. Erforderlich wird auch eine massive Stärkung der Forschung im Bereich der Spei-cherung von Energie, insbesondere bei Batterien und bei der Erzeu-gung, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff. Darüber hinaus wird es notwendig sein, durch eine intelligente Einbindung der IT-Techno-logie eine direkte Verbindung zwischen Verbraucher und Erzeuger von Energie herzustellen. Die unter dem Stichwort “Smart Grid” erfassten Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen haben höchste Priorität. Diese sind bereits gegenwärtig technologisch soweit verfügbar, dass umfassende Pilotverfahren in Angriff genommen worden sind. Die flächendeckende Realisierung spart Energie und Kosten und schafft gleichzeitig neue Chancen für die Arbeitsmärkte.

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7. Ein klimafreundliches, CO2-ärmeres Energieange-

bot und eine die Effizienz entscheidend steigernde Energienachfra-ge eröffnen große Perspektiven für den Standort Deutschland. Die Marktdurchdringung mit neuen Energieträgern und eine technolo-gische Führungsrolle bei der Energieeffizienz werden in der Zukunft verstärkt neue Produktionslinien eröffnen und damit Arbeitsplätze schaffen. Die Förderung dieser energiepolitischen Neujustierung auf der Angebots- und der Nachfrageseite des Energiemarktes erweist sich damit als wirksames Instrument zur Überwindung von wirtschaftlichen Krisensituationen. Dies ist auch von entscheiden-der Bedeutung im globalen Zuschnitt. Es ist unübersehbar, dass diese Welt noch dramatisch geteilt ist mit Blick auf das Wohlstands-niveau der Menschen. Bereits auf dem Erdgipfel 1992 in Rio de Janeiro ist in den “Rio Principles” das “Recht auf Entwicklung” al-ler Nationen und aller Menschen auf dieser Welt festgeschrieben worden. Die gegebenen großen Unterschiede im Wohlstand müs-sen beseitigt werden, Armut muss überwunden werden – wenn ein friedlicher Entwicklungsprozess dieser Welt gewährleistet werden soll. “Entwicklung ist der neue Begriff für Frieden” – dies hat bereits Papst Paul VI in seiner Enzyklika “Populorum Progressio” visionär herausgestellt.

Zu Recht haben die Nobelpreisträger, die von Prof. Dr. Schellnhuber nach Potsdam in das Potsdam-Institut für Klimafolgen-forschung (PIK) eingeladen worden sind, auf diese doppelte Heraus-forderung mit besonderem Nachdruck hingewiesen. Der Klimawandel ist zu vermeiden, ohne dass dadurch die Unterentwicklung des über-wältigenden Teils der Weltbevölkerung festgeschrieben werden muss. Beide Ziele miteinander zu verbinden, ist somit die große Herausfor-derung dieser Welt.

8. In dem Übergangsprozess von einer Energieversor-gungsstruktur, die weltweit auf weit über 70% fossiler Energieträger aufbaut, zu einer kohlenstoffärmeren Energieversorgung müssen die einzelnen Energieträger unterschiedliche Beiträge leisten. Es ist gänzlich unstrittig, dass von den drei fossilen Energieträgern das Gas die günstigsten Voraussetzungen mit Blick auf die mit der Energie-erzeugung verbundenen CO

2-Emissionen aufweist. Daher ist rational

zu klären, inwieweit gezielte Minderung der CO2-Emissionen dadurch

möglich werden, dass Gas in hoch effizienten Anlagen für die Ener-gieversorgung genutzt wird. Dabei ist eine sehr enge Zusammenar-beit mit der Kraftwerkswirtschaft und den Kraftwerksbauern unum-gänglich erforderlich. Neue Dimensionen des Wirkungsgrades sind

bereits realisiert worden. Der Wirkungsgrad wird technologisch weiter zu erhöhen sein, vornehmlich durch die konsequente Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung.

Zu unterstreichen ist auch, dass Gas in der stofflichen Nutzung vor allem in der Chemieindustrie eine hohe Wertschöpfung hat. Investitionen in eine gesicherte Gasversorgung und in die Effizi-enz in der Energienutzung sowohl energetisch als auch stofflich ha-ben daher für die Klimapolitik gerade in der Übergangsphase zu ei-ner wirklich nachhaltigen Versorgungsstruktur höchste Bedeutung. Dabei kann Gas sicherlich auch bei einer Perspektive für die “Clean Coal”-Technologie umfassende Bedeutung gewinnen. Die saubere Nutzung der Kohle wird allein aus Gründen der Verfügbarkeit von Kohle in schnell wachsenden Entwicklungsländern intensive For-schungsbemühungen und entsprechende Anwendungstechnologien in den hoch entwickelten Ländern zwingend erforderlich machen. Wiederum kann eine intensive Nutzung der verschiedenen fossilen Energieträger einen wichtigen Beitrag zu einer Übergangsphase der Klimapolitik und zur Sicherung wirtschaftlicher Stabilität in dieser Welt leisten.

ERDGASIST DER IDEALE ENERGIETRAGER,UM DIE ENTWICKLUNG ERNEUERBARER ENERGIEN ZU FLANKIEREN UND MACHT DEN BAU VON HAUSERN MIT GERINGEREM ENERGIEVERBRACH MOGLICH

Marc FloretteDirektor der Abteilung für Forschung und Erneuerung GAZ DE FRANCE

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In Frankreich verbrauchen Gebäude 42,5% der ge-samten Energie und produzieren 23% aller ausgestoßenen Treib-hausgase. Der Wohnungsbausektor eröffnet ein riesiges Potential, den Verbauch zu ökonomisieren, und die Politik strengt sich an, die Nachfrage nach Energie zu bändigen um Faktor 4 möglich zu ma-chen. Während Neubauten mit immer strengeren Anforderungen im Wärmebereich reguliert werden, werden diese Regelungen erst seit kurzer Zeit auch bei Altbauten angewendet. Dem Renovierungsmarkt kommt dabei besondere Bedeutung zu, weil er 99% des gesamten Gebäudebestands darstellt, 3/4 der Gebäude sind dabei bereits mit-eingeschlossen. Dabei sind die technischen Anforderungen bei be-reits bestehenden Objekten besonders hoch, weil es bei ihnen nicht nur um den Austausch von Systemen geht, sondern auch um eine bessere Wärmeisolierung der Gebäude bei der gleichzeitigen Erhal-tung guter Belüftung.

Die Energieeffizienz von Gebäuden zu erhöhen, erfordert ein globales Konzept als Wegbereiter für Neubauten und Modernisie-rungen. In diesem Zusammenhang befürwortet das Unternehmen Gaz de France ein bioklimatisches Konzept, das ein Gebäude optimal an seine Umwelt anpaßt und dazu beiträgt, den Verbrauch von Heizmitteln zu senken und in der warmen Jahreszeit für angenehm kühle Wohntem-peraturen zu sorgen.

Dieses umfassende Konzept verlangt eine dauern-de Wechselwirkung aller Faktoren des Häuserbaus, wie es sie bis heute noch nicht gegeben hat. Die Lage wird auch dadurch nicht einfacher, daß zunehmend unterschiedliche Energiequellen Einzug in unsere Häuser halten: der Bedarf an Wärme wird nicht mehr al-lein durch Gas und Strom gedeckt, sondern zunehmend auch durch Sonnenwärmeenergie und Photovoltaiktechnologie für die Stromer-zeugung. Diese unterschiedlichen Energiequellen sollten nebenein-ander existieren. Sie sollen die Investitionskosten senken und sich schnell bezahlt machen, was heute trotz rapider Entwicklung noch nicht immer der Fall ist. Während im Moment der Bau eines Hauses mit sehr hoher Energieeffizienz dazu führt, daß er 10 bis 15% teurer wird, kann ein Teil dieser Kosten abgezogen werden, wenn man die gesamte Lebensdauer berücksichigt, vom Bau über die Nutzung bis zum Abriss.

Ein Haus, das bioklimatischen Anforderungen genügt, das gut isoliert und mit einer hocheffektiven und mit erneuerbaren Energien ergänzten Gasheizung ausgerüstet ist – ein solch vorteilhaf-

tes Trio bietet eine Antwort auf die Veränderungen, die Frankreichs Energiepolitik bevorstehen, wie sie auf dem Umweltgipfel von Grenelle verkündet worden sind.

DIE VORSCHLÄGE DES UMWELTGIPFELS VON GRENELLE SIND EIN DURCHBRUCH FÜR NEUBAUTEN UND FORMULIEREN NEUE DIMENSIONEN IN DER WÄRMEISOLIERUNG VON ALTBAUTEN

Die relativ ehrgeizigen Vorschläge, die der Umweltgipfel von Grenelle im Bereich der Energieeinsparung in Gebäuden vorgestellt hat, sollten so realisiert werden, daß Komfort und Luftqualität im Innern des Gebäudes gewährleistet bleiben. Das zu erreichen wird möglich sein, wenn eine effektive Durchlüftung, unter anderem durch ein duales Lüf-tungssystem, bei der die Abluftwärme zurückgeführt wird und die akus-tischen Eigenschaften des Hauses erhalten bleiben. Außerdem müssen die Bewohner einfach zu bedienende Mittel in die Hand bekommen, mit denen sie ihre Betriebskosten kontrollieren und optimieren können.

Um die Bemühungen der Akteure zu unterstützen, wurden weitere Forderungen formuliert: Der Regierungserlass zu Wärmerichtlinien für Altbauten soll offiziell ab April 2008 in Kraft treten, und zwar für Flächen über 1000 m2, und wenn Modernisierungsarbeiten in einem Umfang an-fallen, die 25% der Gesamtkosten für das Gebäude übersteigen. Bis jetzt ist derselbe Erlaß seit Juli 2007 nur auf den Austausch von Heizungsan-lagen angewendet worden. Dazu kommt die Energieeinspardiagnose bei Verkauf oder Vermietung von Immobilien: So soll der Vermieter angehalten und in die Lage versetzt werden, sein Haus nach dem Energieverbrauch zu bewerten. Gleichzeitig kann damit überprüft werden, wie weit sich jemand an die gesetzlichen Bau- und Modernisierungsvorgaben hält. Daran sind wiederum zwei Bedingungen geknüpft: Die Kontrollmittel müssen so weit erneuert werden, daß sie dem neuesten Stand der Wissenschaft entspre-chen, um die verschiedenen Energiesysteme realistisch auf ihre Effektivität hin überprüfen zu können, und die Nutzer entsprechend zu schulen.

ERDGAS IST, WAS DEN CO2-AUSSTOß ANGEHT, DIE EFFIZIENTESTE DER NICHT ERNEUERBAREN ENERGIEQUELLEN

In diesem Zusammenhang bietet Erdgas einen Effizienzgrad der aus mehrfacher Hinsicht benötigt wird.

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Zunächst einmal produziert Erdgas weitaus weniger Treib-hausgase als alle anderen fossilen Brennstoffe und kann der für Heiz-zwecke genutzten Elektroenergie direkt angepasst werden. Tatsächlich werden in gasbetriebenen Heizanlagen weniger Treibhausgase freige-setzt als in Heizanlagen, die mit elektrischem Strom betrieben werden. Bei der Erzeugung der entsprechenden Menge elektrischen Stroms in französischen oder europäischen Wärmekraftwerken entstehen gewal-tige Mengen von Kohlendioxyd, nämlich von 400 Gramm pro Kilowatt-stunde (die effektivsten Kraftwerke mit kombiniertem Gaskreislauf) bis zu 1000 Gramm bei Kohlekraftwerken.

Der Gehalt an Kohlendioxyd pro Kilowattstunde elek-trischen Stroms, der produziert werden muß, um anschließend elektrische Heizanlagen betreiben zu können, entspricht einer Größenordnung von etwa 600 Gramm CO

2 pro kWh. Zum Vergleich

läßt sich anführen, dass direkt zum Heizen verbranntes Erdgas nur etwa 230 Gramm CO

2 pro kWh freisetzt. Des weiteren ermöglicht

Erdgas evolutionäre Lösungen, die in Zukunft unterschiedlich aus-sehen können: Kondensatorkessel und gemischte Systeme, bei denen Sonnenenergie und Erdgas zusammen genutzt werden, sind heute schon verbreitet auf dem französischen Markt; kombinierte Heizanlagen aus Stromgeneratoren und Wärmepumpen mit Gas-motorantrieb bergen innovative Lösungen bei spürbar verbesserter Energieeinsparung. Diese Lösungen sollen der effizienten Deckung des Energiebedarfs von Altbauten dienen und bieten zugleich neue Antworten auf die ehrgeizigen, auf Energieeffizienz ausgerichteten Ziele und Beschlüsse, die auf dem Umweltgipfel von Grenelle for-muliert wurden.

DER KONDENSATORKESSEL IST SCHON HEUTEEINE HOCHEFFEKTIVE LÖSUNG FÜR DIE AUFGABEDES ERHALTES UNSERER UMWELT

Die Kondensatortechnik gewährleistet einen um 10 bis 20% höheren Nutzeffekt als die klassische Kesseltechnik und er-laubt es, einen sehr hohen Grad nach HPE Standards (Hohe Ener-gieeffizienz), THPE Standards (Sehr Hohe Energieeffizienz), und selbst nach BBC Standards (Niedriger Energieverbrauch) zu erzie-len. Letzter formuliert das vom Umweltgipfel von Grenelle bis 2012 gesetzte Ziel von 50 kWh pro beheiztem Quadratmeter im Jahr. Wir haben hier eine Technologie vor uns, deren Marktanteil von Jahr zu Jahr kontinuierlich steigt und den gestiegenen Anforderungen von

Verbrauchern gerecht wird, die inzwischen für die Problematik des Umweltschutzes sensibilisiert sind. Die Entwicklung dieser Techno-logie dürfte auch in den kommenden Jahren nicht langsamer voran-schreiten, besonders wenn man den Kondensatorkessel mit indivi-duellen, solarzellenbetriebenen Wassererhitzern (CESI) kombiniert, die heißes Wasser für den sanitären Bereich (ECS) produzieren. Tatsächlich läßt sich die Kondensation ideal mit erneuerbaren Ener-giequellen verbinden, besonders mit Sonnenenergie. Entsprechen-de technische Lösungen sind heute schon auf dem Markt erhältlich. 2006 sind bereits über 300000 m2 solar-thermische Anlagen montiert worden, 220000 davon in Frankreich. Im Vergleich mit 2005 entspricht das einem Wachstum von 83% (Quelle: “EU-Observer”), und bestätigt die dynamische Entwicklung in diesem Sektor.

Obwohl die Kondensationstechnologie heute schon weit fortgeschritten ist, läßt sie sich in zwei wesentlichen Aspekten technisch noch perfektionieren. Einerseits gibt es das Konzept eines modulierten Brenners mit geringerer Kapazität, um den Energieverbrauch in Gebäu-den zu senken, andererseits geht es um die Perfektion technischer Lö-sungen für Verbrennungsprodukte in gemeinschaftlich genutzten Neu-bauten und Altbauten.

DAS BLOCKHEIZKRAFTWERK KOMMT BALDIN DEN EINZELHANDEL

Die Entwicklung technischer Lösungen unter Verwendung von Erdgas wird den Bau von Niedrigenergiehäusern deutlich voran-bringen. Das Blockheizkraftwerk ist eine hocheffiziente Heizung die gleichzeitig Strom produziert und damit ein konkretes Beispiel für eine Produktion, die sich in den nächsten Jahren noch weiter entwickeln wird. Das für den privaten Markt vorgesehene Blockheizkraftwerk mit Stirlingmotor erzeugt 1 Kilowatt elektrischer Energie auf 14 oder 28 Kilowatt Wärme und deckt damit 100% des Bedarfs an Heizwärme und heißem Wasser und einen Teil des Elektrizitätsbedarfes eines Stan-dardwohnhauses.

Diese Heizungen können an der Wand oder im Fußboden montiert werden und helfen Verbrauchern signifikant Kosten einzu-sparen, weil sie 10 bis 15% weniger für Energie aufwenden müssen. Blockheizkraftwerke haben einen hervorragenden Nutzungsgrad, ohne den Rahmen herkömmlicher Tarife und Meßwerte zu sprengen. Zur weiteren Effizienzsteigerung kann man für die Erzeugung von

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heißem Brauchwasser auch Solaranlagen zuschalten. Inzwischen gibt es zwei oder drei Produktionsfirmen für Blockheizkraftwerke. Sie haben ihre Modelle bei der Internationalen Klimamesse Intercli-ma 2008 vorgestellt, bevor sie 2009 mit ihnen auf den französischen, deutschen und holländischen Markt gehen. Gaz de France will diese Technologie nachdrücklich unterstützen und führt inzwischen De-monstrationsveranstaltungen durch. Von den 40 Modulen, die im Winterzeitraum 2007–2008 für praktische Tests vorgesehen waren, konnten bereits 8 zur vollen Zufriedenheit ihrer Kunden in Betrieb genommen werden. Langfristig könnten diese Heizmodule auch mit Brennstoffelementen ausgerüstet werden. Was Kosten und Lebens-dauer angeht, ist diese hocheffiziente Technologie allerdings noch nicht voll ausgereift.

WÄRMEPUMPEN MIT GASANTRIEB:SYSTEME, DIE KOSTENLOSE ENERGIEAUS DER UMWELT NUTZEN

Die Wärmepumpe mit Gasantrieb (PAC gaz) ist eine Heiz-lösung, die eine behagliche Raumtemperatur liefert, indem sie teilweise kostenlos zur Verfügung stehende Energie nutzt, gewonnen aus ihrer Umgebung. Dieser Vorteil verleiht ihr eine erstklassige Energieeffizienz mit einem hohem Wirkungsgrad von 1,2 bis 1,6 im Primärenergiever-brauch. Damit entspricht sie einem Wirkungsgrad von 3,1 bis 4,2 ver-gleichbarer elektrizitätsbetriebener Wärmepumpen. Im Rahmen tech-nischer Lösungen zu effizienter Energienutzung werden sie auch in Zukunft eine Rolle spielen.

Auf dem Markt für öffentliche Gebäude sind Wärmepum-pen mit Gasantrieb bereits erhätlich, ebenso für den Dienstleistungsbe-reich und den Wohnungsbau. Ihre Leistung liegt zwischen 20 und 80 kW. Normalerweise sind diese Wärmepumpen reversiv angelegt, d. h. in der heißen Jahreszeit können sie für angenehm kühle Raumtemperaturen sorgen. Bei der Optimierung der Gebäudekonzeption soll natürlich be-rücksichtigt werden, inwieweit sie sich integrieren lassen.

Was die Verwendung von Wärmepumpen mit Gasantrieb für den privaten Hausgebrauch angeht, so befinden sich die entspre-chenden Exemplare mit einer Leistung bis 10 kWh im Entwicklungs-stadium. Im Vergleich zum Kondensatorkessel sparen sie noch einmal 20 bis 30% Energie ein. Einige Produzenten kündigen die industrielle Produktion dieser Wärmepumpen für 2010 an, und Gaz de France wird

versuchen, das Produkt so schnell wie möglich auf den französischen Markt zu bringen.

Leider wird viel zu selten erwähnt, dass Forschungen im Be-reich der traditionellen Energiequellen, wie Energieingenieure und Anla-genbauer sie betreiben, die Effizienz von Energiesystemen in Gebäuden, sowie deren Wirtschaftlichkeit für die Kunden ganz beträchtlich steigern. Im Besonderen erlauben diese Forschungen der Erdgastechnologie, den größten Nutzen aus der Umweltverträglichkeit einer Energieform zu zie-hen, die in großer Menge zur Verfügung steht.

Dieser kurze Überblick über Technologien für den Häuser-bau soll die Vielfalt der Lösungsansätze demonstrieren, die es für die Nutzung von Erdgas gibt – auf jeder einzelnen Stufe des Kampfes gegen den Klimawandel, den Frankreich und die Europäische Union aufgenom-men haben.

NEUE WACHSTUMS-CHANCEN FURSTATOIL-HYDRO

Margareth Øvrum, Mitglied des Vorstands, verantwortlich für den Geschäftsbereich Technologie und neue Energien

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die Sorgen um die Versorgungssicherheit. Obwohl die erneuerbaren Energiequellen immer noch nur einen kleinen Anteil des globalen Ener-giemixes ausmachen, stellen sie eine schnell wachsende Industrie dar, mit einer bedeutenden Wertentwicklung für Kapitalanleger, und gewähr-leisten auch einen immer wichtigeren Beitrag im Kampf gegen den Kli-mawandel.

Einige der Antriebsfaktoren für neue Energiequellen – der Kli-mawandel, die Versorgungssicherheit und lokale Umweltverschmutzung – sind auch Herausforderungen für die Öl- und Gasaktivitäten von StatoilHydro. Wir wünschen uns eine stark aufgestellte Firma, sowohl für die zukünftige Er-schließung wesentlicher Öl- und Gaslagerstätten, als auch für die Zunahme erneuerbarer Energien als einem neuen Wachstumsgebiet. Damit schaffen wir Werte für unsere Aktionäre.

KÖNNEN DIE ERNEUERBAREN ENERGIEN FOSSILE BRENNSTOFFE VERDRÄNGEN?

Fast alle neuen Energiequellen benötigen einen gewissen Aufschlag oder Anreize, um für heutige Verbraucher konkurrenzfähig zu sein. Die am weitesten entwickelten Formen erneuerbarer Energien je-doch, wie im Inland gewonnene Windenergie oder Elektrizitätsgewinnung aus Biomasse, sind bereits in vielen Regionen konkurrenzfähig mit Elekt-rizitätsgewinnung aus Kohle und Erdgas.

Es ist die Frage gestellt worden, ob ein “subventionierter” Markt von Natur aus ineffizient ist. Es ist wichtig, diese Zweifel in Betracht zu ziehen aber meistens ist die Frage nur, wie viel Zeit man braucht, um neue Technologi-en in eine kommerziell wettbewerbsfähige Marktposition zu bringen. Dadurch, dass die Technologie weiterentwickelt wird und die Marktvolumen sich aus-dehnen, haben wir bereits einschneidende Kostensenkungen erreicht, sowohl bei der Windenergie, der Energie aus Biomasse als auch der Sonnenenergie. Wie für fast alle anderen Industriesektoren auch, war auch für die erneuerba-ren Energien ein gewisser Innovationsanreiz von Nöten. Es ist wahrscheinlich überflüssig zu erwähnen, dass auch die Kosten von CO

2 einen Einfluss auf die

relative Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energie haben werden.

Die Länder, die sich heute am meisten um die erneuerbaren Energien bemühen sind die Länder der Europäischen Union und die Verei-nigten Staaten, mit einer Kombination von starken politischen Ambitionen, verpflichtenden Zielen und einer Reihe von Regierungsanreizen, die Alterna-tiven zu fossilen Brennstoffen vorwärts zu bringen.

StatoilHydro hat sich dazu entschlossen, seine Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien weiter auszubauen. Schon heute sehen wir unsere Position im Erdgassektor als eine wichtige Brücke, eine sauberere Energiezukunft zu sichern. Beim Einstieg in den Sektor der erneuerbaren Energien besteht das Hauptziel darin, die Wachstumsam-bitionen von StatoilHydro durch die Entwicklung eines profitablen und wachstumsfähigen Geschäftsbereichs zu unterstützen.

Solche Anstrengungen bringen nicht nur unsere Kompeten-zen und Position im Öl- und Gassektor wirksam zum Einsatz, sondern brin-gen auch Mehrwert für unsere Position im Öl- und Gassektor, indem sie unsere Marktpräsenz als Energieproduzenten in entscheidenden Verbrau-cherregionen erweitern und vertiefen.

Die Entwicklung der erneuerbaren Energien sollte nicht als eine Defensivmaßnahme gewertet werden, sondern als Geschäftschance, die durch die Herausforderung des Klimawandels noch vergrößert wird. Es ist ebenso eine Tatsache, dass über die letzten fünf Jahre das Wachstum im Sektor erneuerbare Energien die Öl- und Gasbestände übertroffen hat.

Das Engagement von StatoilHydro im Bereich der erneuerba-ren Energien kann in folgende Hauptkategorien gegliedert werden:

Elektrizitätsproduktion aus erneuerbaren Energien Nachhaltige Kraftstoffproduktion

Unser Schwerpunkt liegt in folgenden Bereichen: Windenergie und erneuerbare Energie auf hoher See Nachhaltiger Biokraftstoff

Das aufstrebende Wesen vieler neuer Möglichkeiten für die Energieproduktion macht es schwierig, “die Sieger” der Zukunft auszuwäh-len. Um unsere Kompetenzen und ein langfristiges Portfolio auszubauen, entwickeln wir auch einige Optionen auf anderen ausgewählten Gebieten, wie Wasserstoff- und Sonnenenergie und geothermische Energie.

WARUM MACHT ES SINN,SICH AUF ERNEUERBARE ENERGIEN ZU KONZENTRIEREN?

Die Attraktivität der Industrie für erneuerbare Energien nimmt wegen ihres großen Wachstumspotenzials zu, dazu kommen die Sorgen um die Umwelt (besonders um die Herausforderung des Klimawandels und die lokale Luftqualität), der hohe Preis fossiler Energieträger, sowie

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Es sollte hierbei erwähnt werden, dass die Märkte für fossile Brennstoffe durch starke regionale Subventionen beim Verbraucher auf-recht erhalten werden. Doch um die Lücke zwischen den Kosten der auf fossilen Energieträgern basierenden Energie und erneuerbarer Energie zu schließen, müssen erneuerbare Energien weniger kapitalintensiv und kosteneffizienter werden (Die Energiekosten selbst sind dagegen norma-lerweise kostenfrei!). Der Fokus wird deshalb darauf gerichtet sein, Grö-ßenvorteile und Technologieverbesserungen zu erreichen, die Kapazitäten der Installationen zu vergrößern, sowie Lösungen für Betrieb und Wartung weiter zu entwickeln.

ÜBERLEGUNGEN ZUR ELEKTRIZITÄTSGEWINNUNGAUS ERNEUERBAREN ENERGIEN

Es wird angenommen, dass die globale Nachfrage für Energie weiter steigen wird. Der Energiesektor wird allgemein als der Sektor mit den größten Chancen betrachtet, um Treibhausgasemissio-nen zu niedrigstmöglichen Kosten zu senken, hauptsächlich wegen der großen einzelnen Produzenten von CO

2, die sowohl Potenzial für eine

größere Energieeffizienz haben, als auch für die Einführung erneuerba-rer Energien.

Einige der Hauptüberlegungen für die Einführung von erneu-erbaren Energiequellen im Elektrizitätssektor sind, welche erneuerbaren Energiequellen lokal verfügbar sind – z.B. Wind, Sonne, geothermische oder andere Quellen? Andere wichtige Fragen, die in Betracht gezogen werden müssen, sind, ob die erneuerbaren Quellen Grundlast- oder Spit-zenenergie zur Verfügung stellen, ob die Netzkapazitäten ausreichen und zu welchem Preis die erneuerbare Quelle langsam mit dem Energieangebot abgestimmt werden kann. Es gibt massive Unterschiede bei Quellen und Potenzial und heute können wir Länder wie Dänemark oder Spanien sehen, die mit mehr als 15–20% erneuerbarer Energie von der Inlandswindproduk-tion versorgt werden während andere Länder, wie Großbritannien oder die Vereinigten Staaten, starke Wachstumsambitionen bei einer viel kleineren Ausgangsposition im Bereich erneuerbare Energien haben.

Windenergie auf dem Meer hat ein großes Potenzial und ist ein rapide wachsendes Geschäftsfeld. Es wird erwartet, dass es eines der wichtigsten Mittel sein wird, um Europas Ziele bei der CO

2-

Reduktion im Elektrizitätssektor zu erreichen. Die größte Herausfo derung für die Produktion von Windenergieproduktion auf hoher See ist, die Kosten zu senken.

StatoilHydro hat die Ambition ein führender Elektrizitätsver-sorger von auf hoher See gewonnener Windenergie, aufbauend auf unserer einzigartigen Technologieposition, zu werden. Die Produktion von Elektrizität auf hoher See basiert auf unserer großen Kompetenz für Energiegewinnung auf hoher See.

NACHHALTIGE BIO-KRAFTSTOFF-PRODUKTION

Der Transportsektor ist einer der größten CO2-Emittenten

und er enthält wenige Alternativen, außer eben das Fahren zu reduzie-ren. Es gibt einen politischen Anstoß für alternative Kraftstoffe, zum Teil von Klimasorgen getrieben, aber doch in erheblicherem Maße von einem Wunsch nach Energiesicherheit und der Unterstützung der regionalen Agrarindustrie.

StatoilHydro hat sich zum Ziel gesetzt, den Bereich nach-haltige Bio-Kraftstoff-Produktion aufzubauen. Gleichzeitig möchten wir uns auf langfristigeres Wachstum im Bereich der weniger kostenintensi-ven zukünftigen Generationen der Bio-Kraftstoff-Technologie sowie Was-serstofftechnologie für den Transportsektor positionieren.

Bio-Kraftstoff stellt eine attraktive Chance für ein Geschäfts-wachstum dar, das auf eine große politische Nachfrage nach Bio-Kraftstoff für den Transportsektor zurückgeht. Bio-Kraftstoffe, die auf entsprechen-den Rohstoffen basieren, bieten auch die Möglichkeit für eine bedeutende CO

2-Reduktion innerhalb des Transportsektors, die kurz- bis mittelfristig

erreichbar ist.

Ethanol, der aus tropischem Zucker erzeugt wird, hat Pro-duktionskosten, die mit denen von Benzin konkurrenzfähig sind. Jedoch sind tarifäre Handelshemmnisse, die landwirtschaftliche Interessen der Vereinigten Staaten und der EU schützen, eine echte wirtschaftliche He-rausforderung dabei, diese Produkte auf den Markt zu bringen.

Eine nicht zu unterschätzende Kritik wurde bezüglich der Nachhaltigkeit von Bio-Kraftstoffen erhoben. Diese Skepsis ist eine He-rausforderung für das Bio-Kraftstoffgeschäft. StatoilHydro hat als Ant-wort interne Richtlinien für die Suche und Produktion von Bio-Kraftstoffen entwickelt, um auf diese Sorgen einzugehen und hat das klare Ziel, nur nachhaltige Bio-Kraftstoff-Produktion zu betreiben. Auch von der Ent-wicklung von neuen Generationen von Bio-Kraftstofftechnologien wird erwartet, dass sie diese Kritikpunkte weiter entschärfen.

ERDGASUND SEINEGEOPOLI-TISCHE BEDEUTUNG FUREUROPA

Phillippe CopinschiFranzösischer Experte

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ERDGAS, DIE ENERGIE DER ZUKUNFT

Obwohl Erdgas als Energieträger in der Vergangen-heit weit weniger Beachtung fand als Erdöl und Kohle, weil Erdgas schwerer zu lagern ist und wegen der hohen Transportkosten, hat es inzwischen seinen Zenit erreicht. Obgleich Erdgas auch weiter-hin mit anderen Energiequellen in Konkurrenz steht, verzeichnet der weltweite Verbrauch in den letzten 30 Jahren ein stetiges Wachs-tum. Gegenwärtig deckt Erdgas 20% des weltweiten Primärenergie-verbrauchs ab, im Vergleich zu 16% im Jahre 1973. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) wird der Anteil von Erdgas weiter steigen und im Jahr 2030 24% erreichen. In Europa ist die-ser Trend sogar noch deutlicher, weil Erdgas neben erneuerbaren Energieträgern eine Energiequelle darstellt, deren Gebrauch von al-len am stärksten ansteigt: In den vergangenen 30 Jahren hat sich der europäische Erdgasverbrauch verdoppelt, während im gleichen Zeitraum der Verbrauch von Erdöl praktisch stagnierte. Erdgas wird im wesentlichen zur Produktion von Wärmeenergie verwendet: In der Wohnungswirtschaft und im Handel, zur Beheizung von Räum-lichkeiten und zum Kochen, in der Industrie und in der Strompro-duktion.

Die momentan ansteigende Nachfrage nach Erdgas läßt sich durch verschiedene Vorteile dieser Energiequelle erklären. Erstens sind die weltweiten Erdgasreserven bedeutend größer als die entsprechenden Erdölreserven: Legt man die heutige Förderung zugrunde, so verfügt die Menschheit mindestens für die kommen-den 60 Jahre über ausreichende Erdgasreserven. Über Erdöl läßt sich Vergleichbares nur für in etwa die nächsten 40 Jahre voraus-sagen. Zweitens ist Erdgas eine die Umwelt weitaus weniger belas-tende Energiequelle als andere fossile Brennstoffe, weil bei seiner Verbrennung weder Staub noch Schwefeloxyde anfallen und, was noch weitaus wichtiger ist, weil Erdgas erheblich weniger Treibhaus-gase erzeugt als Kohle oder Erdöl. Drittens ist Erdgas hervorragend geeignet für die Kraft-Wärme-Kopplung: Die Energeieffizienz von Gaskraftwerken bei Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung liegt mit 60% bedeutend höher als bei konventionellen Kohlekraftwer-ken, die bestenfalls 45%, oder bei Atomkraftwerken 35% erreichen. Diese Relation kann bis zu 90% bei Kraftwerken betragen, die bei-des erzeugen, in denen also aus Erdgas sowohl Elektrizität als auch Wärme gewonnen wird. Viertens sind die Baukosten für Gaskraft-werke (pro Kilowatt) verhältnismäßig niedrig, wenn man sie mit den Baukosten für Kraftwerke anderen Typs vergleicht. Schließlich und

endlich erlaubt die Gasverflüssigungstechnologie (LNG) heutzuta-ge, verflüssigtes Erdgas auf Tanker zu verladen und über weite Ent-fernungen zu transportieren. Somit trägt es ganz im Sinne sowohl der Produzenten als auch der Verbraucher zu einer Diversifizierung der Märkte bei.

EUROPA UND RUSSLAND: HISTORISCHE UND PRIVILEGIERTE PARTNER

Aus all den genannten Gründen ist Erdgas eine Energie-quelle, die man in Europa in immer größeren Mengen brauchen wird, will man die sich gesteckten politischen, wirtschaftlichen und öko-logischen Ziele weiterhin erreichen: den Ausstoß von Treibhausga-sen verringern, gleichzeitig aber auch zuverlässige und bezahlbare Energielieferungen für die eigene Wirtschaft sichern. Verschiedene Länder der Europäischen Union fördern Erdgas auf ihren eigenen Territorien, wie zum Beispiel die Niederlande, Großbritannien und Dänemark, um die drei Exportländer zu nennen, daneben aber auch Italien und Frankreich. Die Erdgasproduktion innerhalb der Europä-ischen Union deckt etwa 45% des Eigenbedarfs ab. Der Rest wird importiert, vorwiegend aus Rußland, Norwegen und Nordafrika, im besonderen aus Algerien und Lybien.

Rußland hat die größten Erdgasvorräte der Erde (etwa 30% der weltweiten Reserven) und ist aus naheliegenden geogra-fischen Gründen der historische Vorzugslieferant für Europa. Trotz zunehmender Konkurrenz durch andere an Europa grenzende Lie-feranten wie Algerien, Lybien oder auch Norwegen, von denen al-lerdings kein einziger über bedeutendere Reserven verfügt, sind energiewirtschaftliche Beziehungen zwischen Europa und Russ-land für beide Partner von strategischer Bedeutung. Basierend auf langfristig ausgerichteten vertraglichen Beziehungen sind die russi-schen Erdgaslieferungen nach Europa zu keiner Zeit unterbrochen worden, nicht einmal während des Kalten Krieges. Im Gegenzug er-hielt Russland aus dem Erdgasverkauf nach Europa das für seine Wirtschaftsentwicklung erforderliche Kapital.

Die allmähliche Erschöpfung der Erdgasvorräte in der Nordsee zwingt die Europäer zur Erschließung neuer Versorgungs-routen. Für den Transport von Erdgas muß schließlich auch die ent-sprechende Infrastruktur geschaffen werden, sei es in Form von Pipelines, sei es in Form von Gasverflüssigungsanlagen in den För-

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derländern oder von Anlagen für die Regasifizierung in den Einfuhr-ländern, um Flüssiggas (LNG) transportieren zu können. Zur Zeit werden in allen größeren europäischen Ländern (Großbritannien, Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland, u.a.) viele neue Erdgas-terminals gebaut. Sie sollen dazu dienen, mit der Zeit Erdgas aus noch weiter entfernt gelegenen Ländern wie Qatar oder aus afri-kanischen Ländern südlich der Sahara zu importieren. Mit der Zeit werden 25% des nach Europa eingeführten Erdgases in verflüssig-ter Form bereit gestellt werden.

Die für eine zukünftige europäische Gasversorgung strategisch bedeutsamsten Projekte – North Stream und South Stream bestehen jedoch im Bau neuer Pipelines, durch die Gas nach Europa geliefert werden kann. Diese beiden Projekte sind au-ßerordentlich wichtig für eine zuverlässige, langfristige Versorgung Europas, dessen eigene Resourcen, vor allem in der Nordsee, bald erschöpft sein werden. Für Europa ist es zwingend erforderlich, den Bau dieser Infrastrukturprojekte zu unterstützen, weil sie den Euro-päern die Garantie bieten werden, dass das in Russland und in Zent-ralasien geförderte Erdgas langfristig für Europa bestimmt sein wird. Tatsächlich kann eine Infrastruktur diesen Typs beide Seiten in einen Zustand der gegenseitigen Abhängigkeit versetzen. Auf der anderen Seite ist das genau das Verhältnis, welches bereits zwischen Russ-land und Europa besteht: Während 25% des in Europa verbrauchten Gases aus Russland eingeführt wird, stellt dasselbe nach Europa ausgeführte Erdgas 75% des russischen Erdgasexports dar. Unter solchen Bedingungen ist jede Seite daran interessiert, ihre vertrag-lichen Verpflichtungen einzuhalten, so wie es zwischen Europa und Russland auch immer gehalten worden ist.

DIE OSTSEE:OKOSYSTEM IN GEFAHROlof LindénProfessor, Schweden

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Miesmuschel (mytilus edulis) bedecken praktisch alle festen Oberflächen in den Küstenregionen der Ostsee.

DER FAKTOR MENSCH

Das räumliche Einzugsgebiet der Ostsee umfaßt 1,72 Mio km2 mit einer Bevölkerung von 85 Millionen Menschen. Etwa die Hälfte dieser Bevölkerung lebt in Polen. Der Urbanisierungsgrad ist verhältnis-mäßig hoch, besonders in Dänemark, Schweden und Deutschland, wo über 80% der Bewohner dieses Einzugsgebietes in urbanen Regionen leben. Die Bevölkerung ist vorwiegend in Siedlungsräumen entlang der Küstenlinie konzentriert. Die Bevölkerungsdichte im gesamten Einzugs-gebiet der Ostsee variiert sehr stark: Während in den urbanen Regionen Polens, Deutschlands und Dänemarks 500 und mehr Menschen auf ei-nem Quadratkilometer leben, sind es im Norden Finnlands und Schwe-dens 10 und weniger Menschen, die sich einen Quadratkilometer teilen. Alle Ostsee-Anrainerstaaten gelten als Industrieländer, und in den letzten 10 Jahren hat der Industriesektor besonders in den Ländern des ehe-maligen Ostblocks ein erhebliches Wachstum zu verzeichnen. Industrie-anlagen mit dem schädlichsten Einfluß auf das Ökosystem der Ostsee umfassen die Papier- und Zelluloseproduktion, chemische Industrie, die Bergbauindustrie und die Nahrungsmittelindustrie. Allerdings sind be-trächtliche Unterschiede in der technologischen Entwicklung der Ostsee-Anrainerstaaten zu verzeichnen, die sich wiederum im Ausmaß, in dem der industrielle Sektor auf das Ökosystem einwirkt, widerspiegeln.

Im Gegensatz zum Industriesektor ist die landwirtschaftliche Produktion in den zurückliegenden Jahrzehnten deutlich zurückgegan-gen. Der Anteil landwirtschaftlich genutzter Flächen schwankt zwischen 60% und mehr in Polen und 7% und weniger in Finnland. Eine weite Flä-chen umfassende Verschmutzung in Form von Nährstoffen und organi-schen Stoffen, wie sie im Verlauf landwirtschaftlicher Bewirtschaftung auftreten, übt immensen Einfluß auf das Ökosystem der Ostsee aus.

Es steht außer Zweifel, daß die menschliche Aktivität auf die Qualität der Ostsee einwirkt. Einige menschliche Einflüsse auf die Ostsee sind jedoch eher scheinbarer als realer Natur: Sie sind entweder lokal eng begrenzt oder sonst von verschwindend geringer Bedeutung. Andere Eingriffe dagegen beeinflussen die Produktivität der Ökosysteme und ihren wertvollen Einfluß auf den Menschen unmittelbar, indem sie die Existenz einzelner Arten gefährden und eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen.

DIE GESCHICHTE DER OSTSEE

Die Ostsee stellt einen verhältnismäßig jungen Abschnitt des Atlantischen Ozeans dar. Im Verlauf der letzten Eiszeit, die erst vor 15000 Jahren endete, wurde die baltische Senke von einem massigen Eisgletscher bedeckt. Während der darauf folgenden 5000 bis 8000 Jahre hat das Gebiet der heutigen Ostsee mehrere Entwicklungsphasen durchlaufen. Typisch für diesen Prozeß war, daß sich Süßwasserphasen mit rein maritimen Phasen, unterbrochen von kurzen Brackwasserperi-oden, abwechselten. Die Ostsee, wie wir sie heute kennen, ist das Er-gebnis dieser dramatischen Veränderungen. Was wir verstehen müssen, ist, daß diese Veränderungen anhalten. Wir müssen ein Verständnis dafür entwickeln, daß einige Veränderungen, die wir heute beobachten, eine Erscheinungsform dieser fortwährenden, geologischen, nacheiszeitli-chen Prozesse sind.

DIE OSTSEE HEUTE

Das Ökosystem der heutigen Ostsee wird vornehmlich durch das Brackwasser bestimmt. Dieser eine Faktor unter vielen sorgt dafür, daß die Ostsee unter den Randmeeren dieser Welt einen Einzel-fall darstellt. Der Salzgehalt der Ostsee beträgt 8‰ im Süden und 6‰ im Norden. Das entspricht einem Fünftel des für atlantische Gewässer üblichen Salzgehalts. Weiter nördlich, im Bottnischen Meerbusen und weiter bis an die Nordküste, fällt der Salzgehalt auf 2 bis 3‰ ab. Der Salzgehalt ist ein wichtiger Umweltfaktor und wirkt sich als solcher auf die Verteilung von Pflanzen und Tieren im Meer aus. Die meisten Wasseror-ganismen sind entweder ozeanischen oder limnischen Ursprungs, d. h. sie stammen aus Binnengewässern. Nur wenige Organismen haben sich an die Überlebensbedingungen im Brackwasser angepaßt. Ein Ergebnis dessen ist die relative Verarmung des Ökosystems mit einer begrenzten Anzahl verbliebener biologischer Arten sowohl maritimer wie limnischer Herkunft. Im Skagerrak beispielsweise leben um die 130 Fischarten, eini-ge Tausend Wirbelloser und mehrere hundert Arten von Wasserpflanzen. In der Ostsee dagegen hat nur noch ein unbedeutender Teil dieser Ar-tenvielfalt überlebt, nämlich insgesamt etwa 70 Arten – Fische, (Makro-) Meereswirbellose und Algen miteingerechnet. Während die Artenvielfalt der in der Ostsee lebenden Organismen relativ gering ist, sind einzelne Angehörige dieser Arten wiederum äußerst zahlreich vertreten. Pflanzen-arten wie etwa der Blasentang (fucus vesiculosus) und das Seegras (zos-tera marina) bilden dichte, monospezifische Teppiche, die an seichteren Stellen weite Teile des Meeresbodens bedecken. Oder Tierarten wie die

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Im Folgenden werde ich die gravierendsten Probleme unter-suchen, die einen massiven Eingriff in das Ökosystem der Ostsee darstel-len, weil sie einige biologische Arten in der Ostsee in ihrer Reproduktion beeinträchtigen und somit in ihrer Existenz gefährden. Zu dieser Katego-rie zähle ich das Problem der Eutrophierung, den Auswurf chemischer Verbindungen und größerer Mengen von Öl. Eine akute Gefährdung des Artenbestands geht auch von der Überfischung aus, die dem Ökosystem der Ostsee irreparablen Schaden zufügt.

DIE EUTROPHIERUNG

Dieser Begriff beschreibt den Einfluß einer unkontrollierten Menge von Nährstoffen auf das Ökosystem. Eine hohe Nährstoffkon-zentration führt zu einer übermäßigen Vermehrung von Planktonalgen. Sobald diese Überfülle pflanzlichen Materials abstirbt, absinkt und den Meeresboden erreicht, verschlingt der Zersetzungsprozeß den im Wasser vorhandenen Sauerstoff, und damit treten anoxische Bedingungen auf. Sobald der Sauerstoffgehalt im Wasser gegen Null strebt, können höhere Lebensformen nicht überleben. Mittlerweile haben wir eine Lage, in der ein Drittel bis 50% des Tiefseeraums der Ostsee ganz ohne Sauerstoff sind. Das hat zu einer Entstehung von weiten Flächen toten Meeresbo-dens geführt, die sich von Gotland aus nach Osten, Süden und strecken-weise nach Westen, ins Becken von Gdansk und weiter südlich um die Insel Bornholm herum ausdehnen. Die Eutrophierung stellt zweifellos die größte Bedrohung für die Ostsee dar. Das ganze Ökosystem wird in Mit-leidenschaft gezogen und die Folgen liegen offen zutage. Die zur Eutro-phierung führenden Faktoren sind nicht auf einen übermäßigen Ausstoß von Nährstoffen beschränkt. Meeresablagerungen auf dem Boden der Ostsee zeigen, daß es schon Perioden mit anoxischen Bedingungen gab, lange bevor der Mensch zu irgendwelchen nennenswerten Emissionen von Nährstoffen beigetragen hatte. Daneben gibt es eindeutige Beweise dafür, dass die heutige Situation durch organische und Nährstoffe verur-sacht worden ist, die vor längerer Zeit ausgeworfen worden sind. Die ext-rem langsam verlaufende Erneuerung des Wassers in der Ostsee und der Umstand, dass ein beträchtlicher Teil der Nährstoffe, die das Ökosystem beeinträchtigen, von Prozessen der Remineralisierung herrühren, führen in der Konsequenz dazu, dass alle Versuche, die Emission von Nährstof-fen einzuschränken, kosmetischer Natur sind.

CHEMISCHE VERBINDUNGEN

Der Einfluß chemischer Verbindungen, wie Polychlorierte Biphenyle (PCB), diverse agrochemische Stoffe und metallorganische Stoffe (in erster Linie Quecksilber und Blei), auf das Ökosystem sowie auf die biologische Artenvielfalt der Ostsee ist Grund für ernsthafte Besorgnis. Darüber hinaus stellen einige dieser Stoffe eine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar. Glücklicherweise ist die Konzentrati-on einiger Stoffe, die in den letzten 30 bis 40 Jahren bei Seehunden und Seeadlern zu ernsthaften physiologischen Veränderungen geführt haben, inzwischen wieder zurückgegangen. Für eine Entwarnung ist es allerdings noch zu früh. Im Ökosystem der Ostsee gibt es heute immer noch Stoffe in viel zu hoher Konzentration, wie etwa Organozinnverbin-dungen. Außerdem beunruhigt Toxikologen, dass neue, derzeit noch nicht definierte Stoffe im Umlauf sind, die sich auf verschiedene Teile des Ökosystems nachteilig auswirken.

ÖLVERKLAPPUNG

Alljährlich kommt es in der Ostsee zu Hunderten gering-fügiger Verklappungen von Schweröl. Einbringungen dieser Art töten jeden Winter zwischen 100000 und 200000 Seevögel. Potentiell noch gefährlicher für die Ostsee sind Einleitungen größerer Mengen von Öl. Bei einer Verklappung von 10000 bis 50000 Tonnen Öl müssen wir für verschiedene Populationen von Seevögeln in der Ostsee dramatische Folgen erwarten. Bei einigen dieser Vogelarten kann sogar die gesam-te weltweite Population, oder ein beträchtlicher Teil davon, gefährdet sein. Darüber hinaus verschmutzt das Öl weite Teile der Küstenlinie, die nur mit sehr hohen Kosten wieder gereinigt werden können.

ÜBERFISCHUNG

Die moderne Fischerei ist ein zusätzlicher, vom Men-schen verursachter Faktor, der zu stärksten Umweltschäden führt. In-tensive Befischung im industriellen Maßstab, insbesondere in Hinsicht auf Dorsch, hat zu einer Verringerung der Dorschbestände auf einen unbedeutenden Restbestand im Vergleich zu den Mengen geführt, in denen er noch in den 1950er Jahren vorkam. Der Dorsch ist der wich-tigste höhere Raubfisch in der Ostsee, und seine übermäßige Befi-schung hat zu solchen ökologischen Folgen geführt wie dem Ausblü-hen von Wasserpflanzen über weite Flächen, wie es inzwischen jeden Sommer beobachtet werden kann. Einige Fangmethoden wirken sich

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ebenfalls zerstörerisch auf die Meeresumwelt aus. Das gilt besonders für die Schleppnetzfischerei, bei der das Netz über den Meeresgrund gezogen wird.

Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Faktoren, von denen jeder für sich genommen das Ökosystem der Ostsee auf dra-matische Weise belastet, gibt es Formen menschlicher Tätigkeit, die in ökologischer Hinsicht nur eingeschränkte oder gar keine Wirkung ha-ben. Dafür liefern sie umso mehr Zündstoff für heiße Debatten, die auch schon einmal sehr emotional geführt werden können. Zu diesen Formen der Tätigkeit zählen wir das Ausbaggern des Meeresbodens an einigen Stellen, um off-shore Windkraftanlagen zu installieren. Auch die im Rah-men des Nordstream-Projekts geplante Pipeline sorgt für polemische Auseinandersetzungen, bei denen es nicht um wirkliche, sondern um Scheinprobleme geht. Ausgehend von Erfahrungen in anderen Meeren, in denen Erdöl und Erdgas durch Pipelines am Meeresgrund gepumpt werden, läßt sich feststellen, daß es allenfalls im Verlauf der Verlege-arbeiten an der Rohrleitung auf dem Meeresboden zu zeitweiligen und örtlich begrenzten Beeinträchtigungen kommen kann. Als Folge der Wassereintrübung sind gewisse Störungen zu erwarten. Nur sind Fol-gen dieser Art zeitlich und räumlich begrenzt. Beobachtungen in der Nordsee oder im Golf von Mexico geben Anlaß zu der Überzeugung, daß es in der Betriebsphase keine wesentlichen Einwirkungen der Pipe-line auf den Meeresboden der Ostsee geben wird.

ZUSÄTZLICHE INFORMATIONENZU FRAGEN DER OSTSEE – ÖKOLOGIE:

auf der Webseite der Helsinki – Kommission findet man eine ausführli-che Liste von Veröffentlichungen zur ökologischen Situation in der Ostsee (http://www.helcom.fi/publications)

Die Ostsee: eine regionale Bewertung der 17 GIWA (Lääne, Kraav, Titova). UNEP, Nairobi. (www.unep.org/dewa/giwa/publications/r17.asp)

Veränderungen unter der Oberfläche (Barnes) Schwedische Naturschutz-Agentur (Swedish Environmental Protection Agency), (www.naturvardsverket.se/bokhandeln)

DIEFINANZ-KRISE UND IHRE AUS-WIRKUNG AUFDENENERGIE-MARKT

Coby van der LindeClingendael Internationales Energieprogramm (CIEP), Holland

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Während die Krise noch auf den internationalen Finanz-märkten wütet, sind bereits erste Auswirkungen im Energiesektor zu spüren. Internationale Ölkonzerne (IOC’s) haben die Entwicklung weni-ger rentabler Erdöl- und Erdgasprojekte vorerst aufgeschoben, andere Projekte werden sicherlich folgen. Die Kosteninflation der letzten Jah-re kommt zu einem zeitweiligen Ende und die Preise für so gut wie alle Waren und Dienstleistungen, außer vielleicht für Kredite, fallen. Firmen sind daher bestrebt, die Verträge mit ihren Zulieferern neu zu verhandeln, um ihre eigenen Entwicklungskosten mit der neuen Preisrealität auf dem Markt in Übereinklang zu bringen. Es läßt sich nur schwer sagen, ob die gegenwärtigen Preise für Erdöl und Erdgas ein neues Gleichgewicht zwi-schen Angebot und Nachfrage widerspiegeln, oder ob es sich um einen Ausdruck des momentanen allgemeinen Mißtrauens und des Zweifels an der Zahlungsfähigkeit der Geschäftspartner handelt, an der Auswirkung auf die Realwirtschaft und damit den Energiebedarf.

Die jetzige dramatische Neuordnung der Weltwirtschaft vollzieht sich in einer außerordentlich schwierigen Zeit für die internati-onale Öl- und Gasindustrie. Auch wenn einige Verbraucherländer die in Folge einer Verknappung auf den Märkten für Erdöl, Erdgas und Kohle gesunkenen Preise für Energieträger begrüßen mögen, so kündigt der aktuelle Preissturz nur die nächsten Preissteigerungen an, weil sich not-wenige Investitionen in die Energiewertschöpfungskette entscheidend verzögern. Die spürbare Preissenkung in den Verbraucherländern kann sich als sehr kurzfristig herausstellen, besonders wenn Investitionen in neue Förderkapazitäten nicht stattfinden. In Zukunft werden Sorgen um die Energiesicherheit wieder zunehmen, während die Chancen, sie zu zerstreuen, schwinden werden, weil viel Zeit erforderlich sein wird, um das Angebot wieder an die Nachfrage anzupassen.

Viel wird davon abhängen, ob Konzerne und Regierungen imstande sein werden, dem Problem der aufgeschobenen Investitionen abzuhelfen. Die Regierungen einiger Erzeugerländer könnten sich dazu entscheiden, die Höhe der Investitionen beizubehalten, indem sie diese aus ihren Strukturfonds finanzieren. Aber ein solcher Kurs bietet keine langfristige Sicherheit. Die Einbindung anderer Wirtschaftsbereiche in die internationalen Finanzmärkte führt vermehrt dazu, daß diese ihre Regie-rungen um Hilfe ersuchen und, ungeachtet der langfristigen Bedeutung des Energiesektors für ihre Volkswirtschaft, gelten Prioritäten sozialer und wirtschaftlicher Stabilität auch in den Förderländern. Die Finanzkrise mischt die Karten in der weltweiten Energiewirtschaft neu. Das kann sich auf die Energiediplomatie der nächsten Jahre negativ auswirken, sollte die Welt nicht dazu in der Lage sein, auf sie mit einem kühlen Kopf zu reagieren.

ITALIEN:UM DIE 570.000GASFAHRZEUGEIM JAHR 2008 – EIN EUROPAISCHERREKORD AUF DEMGASFAHRZEUG-MARKT, DER2009–2010WEITERAUSGEBAUTWIRD

Sergio A. RossiItalienischer Analytiker

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Gemessen an der Anzahl von Gasfahrzeugen (GFZ) ist Italien heute der größte europäische Markt für GFZ. Bis Ende 2008 hat die italieni-sche GFZ-Flotte etwa 570.000 Fahrzeuge gezählt, mit einem Tankstellen-netz von ungefähr 780 Tankstellen im ganzen Land. Im Vergleich dazu gibt es in Russland gerade um die 100.000 Fahrzeuge, in Deutschland 70.000, in Schweden 16.000 und in Frankreich 11.000 Gasfahrzeuge.

Es ist zwar richtig, dass Italien auf einer weltweiten Ska-la der Gesamtzahl von GFZ nur den 6. Platz nach Argentinien, Pakistan, Brasilien, dem Iran und Indien, und vor China einnimmt, aber nach der Anzahl von erdgasbetriebenen Personenkraftwagen übertrifft es auch In-dien, und kommt in dieser Kategorie auf den 5. Platz. Außerdem haben die meisten dieser Länder entweder spezielle lokale Bedingungen und spezialisierte Einrichtungen, wie Argentinien und Brasilien in Südameri-ka, oder unterscheiden sich ausdrücklich von Italien durch eine größere Bevölkerung und ein niedrigeres Entwicklungsniveau der Wirtschaft, zu-sammen mit einer bedeutsam niedrigeren Kaufkraft ihrer Durchschnitts-verbraucher.

Es gibt mindestens drei Gründe, warum Italien an der Spit-ze der Industrieländer, was GFZ angeht, steht. Nach der Untersuchung einiger Experten (zum Beispiel Pierre Fischer vom Unternehmen Swa-gelok) besteht der erste Grund darin, dass “die italienische Gasindustrie

am meisten aus dem einfacheren Zugang zu Erdgas gemacht hat. Dank einer Pipeline, die von Nordafrika durch Italien läuft, sahen Gasgesell-schaften eine ‘natürliche’ Chance, Erdgas zu verkaufen und haben sie genutzt”. Das erste tiefe Methanfeld in Westeuropa wurde sogar von Eni, der staatlichen italienischen Öl- und Gasgesellschaft, im Juni 1959 in der Nähe von Lodi in der Lombardei (in Norditalien) entdeckt, während das zweite Feld im Adriatischen Meer nicht weit von Ravenna entdeckt wurde. Heutzutage gibt es Offshore-Plattformen im Ionischen Meer in der Nähe von Crotone (Calabrien), mit denen Eni 15% des nationalen Erdgasver-brauchs gewinnt, sowohl für den Verbrauch von Haushalten, als auch für industrielle Nutzung, während die übrigen 75%, größtenteils von Russ-land und Algerien, importiert werden.

Die Top 10 Länder mit den meisten

Gasfahrzeugen (GFZ)

Quellen: ngvgroup.com, federmetano.it, ilsole24ore.com, Oktober 2008.

Argentinien 1721,1

Pakistan 1658

Brasilien 1155,8

Iran 826,6

Indien 821,8

Italien 570

China 336

Kolumbien 261,4

Bangladesch 180

Ukraine 120

– GFZs in Tausend

Anzahl von Gasfahrzeugen (GFZ) in den Top 10 Ländern

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1 Argentina 1,721.1 1,721.1 1,784 n.a. 227,6

2 Pakistan 1,658.0 1,599.9 1,923 200 n.a.

3 Brazil 1,155.8 1.155.8 1,654 n.a. 222,6

4 Iran 826.6 823.9 519 680 n.a.

5 India 821.8 315.2 325 60 52,

6 Italy 570.0 566.5 700 80 49,0

7 China 336,0 95.5 561 n.a. 193.3

8 Colombia 261.4 179.3 377 n.a. 45

9 Bangladesh 180.0 46.6 229 13 21,3

10 Ukraine 120.0 7.0 224 n.a. 46,0

Quellen: ngvgroup.com, federmetano.it, ilsole24ore.com, Oktober 2008.

Der zweite Grund besteht darin, dass die italienische Gas-industrie sehr bald mit der Produktion von Methangas- und Autogas- (GPL) -Tanks, -Ausrüstung und -Einbausätzen begann, so dass sogar Privatpersonen, neben kleinen PKW-Dienstleistern und Reparatur-werkstätten, diese in Autos mit Benzinmotoren installieren konnten, um sie so in GFZ umzuwandeln. Und das mit beträchtlichen Ersparnissen gemessen am gegenwärtigen Preis von Benzin. Auch die italienische Autoindustrie folgte der Nachfrage, wenn sie auch mit einer gewissen Verzögerung die Produktion der ersten spezialisierten Erdgas-, Flüs-

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siggas- (LPG) und Methanautos begann. Und, was im Moment sehr im Trend liegt, sie begann Kraftstoff anpassungsfähige Fahrzeuge (die so-wohl mit Benzin als auch mit Erdgas betankt werden können) zu bauen, die mit sofortiger Wirkung von einem Kraftstofftyp zum anderen, und umgekehrt geschaltet werden können. 86% der neuen mit Methan an-getriebenen Autos werden in Italien von der Firma Fiat in Turin produ-ziert, unter denen besonders die Erdgas-Version des kleinen Panda-Modells populär geworden ist. Allein im Jahr 2007 wurden mehr als 40.000 der mit Erdgas angetriebenen Pandas verkauft. Zusätzlich zu neu verkauften GFZs muss betont werden, dass die Zahl der Umrüstun-gen von Gebrauchtwagen von Benzin auf Methan 2006 bei 38.400 und im Jahr 2007 schon bei über 40.000 lag.

Was besondere Einsparmöglichkeiten angeht: Gemäß Daten von Federmetano (des italienischen Verbandes für Vertrieb und Transport von Methangas), kann heute in Italien für den gleichen Ki-lometerbetrag, den ein normales mit Benzin angetriebenes Auto zu-rücklegt, bei einem mit Methan angetriebenen Auto bis zu 65% gespart werden, wohingegen die Einsparungen bei bis zu 45% im Vergleich zu Autogas und bei bis zu 50% im Vergleich zu Dieselmotoren liegen.

Ein dritter und sehr wichtiger Grund ist eine ganze Rei-he von staatlichen und regionalen Anreizmechanismen für Fahrer, die vorziehen GFZ zu kaufen. Und das liegt daran, dass man mit Methan angetriebene Autos heute für den umweltverträglichsten Fahrzeugtyp hält, mit der Ausnahme von Elektroautos. Zu den momentanen ge-setzlichen Anreizen in Italien für den Kauf von mit Methan angetrie-benen Autos zählt ein Zuschuss von 2.000 Euro für Autos, die weniger als 120 Gramm pro Kilometer an CO

2-Emissionen ausstoßen. Diese

Summe wird auf 1.500 Euro gesenkt, wenn die Autoemissionen höher liegen als das oben erwähnte Niveau. Zusätzlich dazu gibt es regio-nale Gesetze, zum Beispiel im Piemont, die mit Methan angetriebene Fahrzeuge von der Euro-Kategorien 2,3 und 4 von der Kraftfahrzeug-steuer für eine Fünf-Jahres-Periode befreien, während “umgerüstete” oder “umgebaute” Fahrzeuge für einen Zeitraum von 3 Jahren steu-erfrei sind. Dieser Anreiz ist auf Autos mit Motoren bis zu 100 Kilowatt (136 Ps) beschränkt, aber er wird für Autoeigentümer bereit gestellt, die die Erdgasausrüstung seit dem November 2006 installiert und be-scheinigt haben.

Ein weiterer Grund für die Umrüstung von Benzin auf Methan besteht darin, dass dieser Typ von Fahrzeugen zurzeit und auch in Zu-kunft von mehreren Energieeinsparungs- und ökologischen Maßnahmen

befreit wird, die häufig von föderalen und Regionalbehörden verhängt werden, wie Sonntagsfahrverbote in Metropolen oder Stadtzentren oder Wochentagsfahrerlaubnisse für abwechselnd gerade und ungerade Kfz-Kennzeichen, oder ähnlichen Verordnungen.

Das immer noch unzulängliche nationale Tankstellennetz bleibt in Italien ein zu lösendes Problem für die weitere Entwicklung von GFZ. Während man ungefähr vier Jahrzehnte gebraucht hat, um in Italien die etwa 700 jetzt betriebenen Tankstellen zu bauen, hat Deutschland in weniger als drei Jahren 800 Tankstellen (Stand Okto-ber 2008) auf seinem Gebiet errichtet, die eine Flotte von Gasfahrzeu-gen bedienen, die achtmal kleiner als die italienische ist. Außerdem ist das gegenwärtige Netz von Tankstellen für GFZ nicht gleichmäßig über Italien verteilt, und es ist zu mehr als 51% in Norditalien konzen-triert, hauptsächlich in den Regionen Emilia-Romagna (Bologna), der Lombardei (Mailand), dem Veneto (Venedig, Triest) und dem Piemont (Turin), gegenüber von 31% in Zentralitalien, größtenteils in den Mar-chen (Ancona), der Toskana (Florenz) und Lazio (Rom). Nur 18% der Tankstellen sind im Süden, hauptsächlich in Campania (Neapel), Sizi-lien und Puglia (Bari).

Seit 2007 jedoch, angetrieben vom neuen Boom der GFZ-Verkäufe, ist der Bau von neuen Tankstellen etwas beschleunigt worden. Laut Federmetano wurden im Jahr 2008 zwei neue Tankstel-len pro Woche gebaut.

PERSPEKTIVEN

Perspektiven eines weiteren Wachstums des GFZ-Mark-tes in Italien scheinen vielversprechend. Eine erste Bestätigung ist, dass 2008, im Jahr weltweiter und europäischer Wirtschafts- und Fi-nanzprobleme, während sich die gesamten Autoverkäufe in den ersten 9 Monaten in Italien um ungefähr 10% verringerten, die Verkäufe von GFZ sich, ganz im Gegenteil, um ungefähr 30% erhöhten mit spezi-fischen Verkäufen von erdgasbetriebenen Nutzfahrzeugen, die mehr als 50% anstiegen.

Mitte Oktober 2008 hat Fiat den Grande Punto Natural Po-wer eingeführt, ein neues an den Kraftstoff anpassungsfähiges Fahrzeug (Benzin und Erdgas), mit einer 1.4 Liter 8v Fire unit, das der Euronorm 5 entspricht. Die Entfernungsradius von seinem 84-Liter-Erdgas-Tank ist 310 km (192 Meilen), aber der 45-Liter-(12-Gallone-) -Benzintank erwei-

74 75

ber 2008, bei einem gesamten italienischen GFZ-Umsatz von ungefähr 74–75,000 neuen GFZ. Aber was das Jahr 2009 angeht, sind die Vorher-sagen von Fiat bereits ungefähr 100.000 GFZ zu verkaufen, was mehr als 110–115,000 Fahrzeuge im italienischen Gesamtverkauf bedeutet. Auf diese Weise wird Italien das Ziel schnell erreichen oder sogar übertreffen, das bei der II. Weltmesse von GFZ als nationales Ziel gesetzt wurde, dem gemäß umweltfreundliche Brennstoffe am Gesamtkraftstoffmarkt 6% betragen sollen. Das Ziel ist hoch genug, um Gas als einen traditionellen und nicht als alternativen Brennstoff zu werten. Tatsächlich sollte der An-teil von GFZ in Italien bereits im Jahr 2008 (neue Verkäufe plus umgerüs-tete Fahrzeuge) zum ersten Mal mindestens 5.3–5.4% der Gesamtzahl an Autos, mit einem Anteil von etwa 53,3% von Benzin- und 41,3% von Dieselautos, erreichen.

Anzahl von Gasfahrzeugen (GFZ) –

Top 20 der europäischen Länder

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1 Italy 580,000 576,500 2,234 1,166 – 700 80 49,00 Oct. 08

2 Ukraine 120,000 7,000 30,500 29,500 59,000 224 n,a. 46,00 Dec. 07

3 Armenia 101,352 69,971 9,831 19,626 1,924 214 8 23,80 Mar. 08

4 Russia 95,000 18,000 8,000 35,000 34,000 222 5 24,00 Dec. 07

5 Germany 64,454 50,620 1,444 11,900 490 804 n.a. 10,76 Sept. 08

6 Bulgaria 40,255 40,000 200 20 35 56 15 7,00 Dec. 07

7 Sweden 15,474 14,278 808 388 – 118 n.a. 4,90 June 08

8 France 10,150 7,500 2,000 650 – 125 15 n.a. Mar. 07

9 Switzerland 5,830 5,638 138 54 – 97 6 0,66 Dec. 07

10 Belarus 5,500 5,500 – – – 25 n.a. 3,00 Dec. 07

11 Moldova 5,000 5,000 – – – 14 n.a 1,00 Dec. 07

12 Turkey 3,056 2,564 492 – – 9 1 0,40 July 08

13 Georgia 3,000 3,000 – – – 4 n.a. n.a Dec. 07

14 Austria 2,980 2,950 25 5 – 164 35 1,00 July 08

15 Spain 1,846 200 845 758 43 42 n.a 2,00 July 08

16 Poland 1,470 800 240 430 – 28 5 0,76 Dec. 07

17 Czech Republic 1,153 880 215 35 23 33 8 0,31 Aug. 08

18 Netherlands 858 740 95 15 8 16 10 n.a June 08

19 Latvia 500 30 10 187 273 4 n.a n.a Dec. 07

20 Greece 416 0 416 0 n.a. 1 n.a. n.a. Dec. 07

Quellen: ngvgroup.com, federmetano.it, ilsole24ore.com, Oktober 2008

tert den Radius auf insgesamt mehr als 1.000 km (620 Meilen). Bei Erd-gas liegt der Kraftstoffverbrauch bei 6.4 m3/100km mit CO

2 Emissionen

von 115 g/km. Bei Erdgasbetrieb ist die Abgabeleistung 70 Ps (51 Kilo-watt), und die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 156 km/h (97 Meilen pro Stunde), im Gegensatz zu 77 Ps und 162 km/h (100 Meilen pro Stunde) bei Benzinbetrieb.

Gemäß Firmenquellen hat Fiat während der Zeit von Janu-ar bis August 2008 etwa 43.000 Gasfahrzeuge in Italien verkauft im Ver-gleich zu 33.000 während derselben Periode 2007. Das bedeutet bei Fiat ein veranschlagtes Verkaufsniveau von ungefähr 64.000 GFZ bis Dezem-

WARUM STELLEN VIELEAUTO-FAHRER IN ITALIEN AUF GAS UM?

Angelantonio RosatoItalienischer Journalist

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PERSÖNLICHE ERFAHRUNGEN

Schon seit mehreren Jahren fahre ich ein “bi-fuel-Fahrzeug”, das sowohl mit Benzin als auch mit Methan fährt. Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass ich auf mehrfache Weise davon profitiere. Vor allem wirt-schaftlich, da ich beträchtlich Treibstoff spare. Außerdem kann ich frei durch Italiens Großstädte fahren, beispielsweise durch die Stadt, in der ich lebe, Rom, wo das Fahren von mit Benzin angetriebenen Autos stark erschwert ist. Für Gas-Fahrzeuge ist das Fahren sogar bei häufig verhängten Fahrbe-schränkungen und sogenannten autofreien Sonntagen erlaubt, während an-deren Autos das Fahren gänzlich verboten wird.

Es gibt Leute, die behaupten, dass alle diese Vorteile durch die niedrige Effizienz der Methan-Fahrzeuge, vor allem im Winter, minimiert werden. Als Verbraucher kann ich jedoch bezeugen, dass der Unterschied in der Leistung von Gas- und Benzin angetriebenenen Autos minimal ist, besonders vor dem Hintergrund der wesentlichen Ersparnisse beim Kauf des Treibstoffes.

Was den Winter angeht, glauben einige, dass Methan-Fahr-zeuge wegen der niedrigeren Temperaturen während der kalten Jahreszeit schlecht laufen würden. Dieser Verdacht ist unbegründet, was jeder Auto-fahrer bestätigen kann, der im Winter in Italien ein Methan-Fahrzeug fährt, wo bekanntlich ein milderes Klima herrscht. Außerdem erfolgt die Zündung in den “bi-fuel-Modellen”, die mit Benzin und Methan fahren, (was die beliebtesten Modelle in Italien sind), mit Benzineinspritzung, wodurch auch bei niedrigen Temperaturen, (die in Italien sowieso relativ selten sind), keine größeren Pro-bleme auftreten. Wenn der Motor sich ausreichend aufgewärmt hat, erfolgt dann der automatische Übergang von Benzin auf Methan.

Das größte Klischee ist, dass die mit Methan fahrenden Fahr-zeuge wegen angeblicher Explosionsgefahr “bewegliche Bomben” seien. Wenn auch wirtschaftlich und ökologisch unbedenklich, denken manche, dass Methan erhebliche Probleme bereite, weil es besonders gelagert wer-den müsse. Deswegen, so glaubt man, wird ein unter der Sonne stehendes Fahrzeug zu einer Bombe. Außerdem müsse Erdgas wieder besonders auf-bewahrt werden, mit spürbaren Nebenkosten, einige glauben sogar, dass Methan-Fahrzeuge nicht in Tiefgaragen abgestellt werden dürfen.

In der Tat gibt es keine besonderen Unterschiede zwischen Fahrzeugen, die mit Methan fahren, und “normalen” Benzinern, selbst denen, die mit Katalysator ausgestattet sind. Außerdem werden Methan-Fahrzeuge seit mehreren Jahren schon in Tiefgaragen und auf Fähren zugelassen.

Man muss wissen, dass Methan leichter als Luft ist und sich bei Lecks in belüfteten Räumen, z.B. Garagen oder Fähren, ohne Bildung explo-sionsgefährlicher Gemische verteilt. Die Lagerung von Methan erfolgt in Fla-schen aus Stahl, die leicht legiert sind. Der Maximaldruck bei der Abffüllung beträgt etwa 200 atm, wobei die Flaschen selbst alle fünf Jahre unter weit grö-ßerem Druck getestet werden. Dementsprechend erwärmt sich das Methan, wenn es im Fahrzeug brennt und der Druck steigt, aber der Zylinder verhin-dert, dass das Gas explodiert. Außerdem schließt sich das Ventil automatisch sobald man den Motor abstellt. Zu guter Letzt kann man sagen, dass Methan nicht nur wirtschaftlicher und umweltfreundlicher ist, sondern italienischen Autofahrern mehr Sicherheit garantiert.

In Italien stieg die Anmeldung von Methan-Fahrzeugen inner-halb der ersten fünf Monate des Jahres 2008 um 26,5% an im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr. Wie kann eine derartige Erfolgsgeschichte erklärt werden? Warum gehen immer mehr italienische Autofahrer zu Gas über?

Ein wesentlicher Grund liegt in den Preisnachlässen und Ver-günstigungen für italienische Autokäufer: Staatliche Vergünstigungen bei Er-werb und Verschrottung von Methan-Fahrzeugen und Rabatte von Seiten der Händler, bei denen sich bis zu 30% der üblichen Kosten einsparen lassen.

Nicht allein die Vergünstigungen sind ein Grund für den steti-gen Boom von Methanautos, sagt ein Bericht im italienischen Methanauto-magazin. In einer Liste anderer Vorteile, die Verbraucher anführen, stechen im besonderen zwei heraus. Der erste ist, dass Methan der billigste von den vor-handenen Treibstoffen ist. Unbestreitbar ein Schlüsselfaktor, wenn man sich die steigenden Preise für Benzin und Diesel vor Augen hält. Der zweite Grund liegt darin, dass Methan sehr umweltfreundlich ist, ein Vorteil nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die Autofahrer selbst, wenn sie beispielsweise trotz Fahrbeschränkungen in Italien fahren können.

Es folgt die Darstellung der Anreize für 2008

Laut Finanzministerium (Gesetz über die Vorbilanz des italienischen Staates) haben natürliche und ju-ristische Personen, die ihre Fahrzeuge innerhalb von drei Jahren nach Anmeldung auf Flüssiggas, bzw. Methan umstellen, seit dem 1. Januar 2007 Anspruch auf einen Zuschuss von 650 Euro: Dieser Rabatt wird unmittelbar in der Rechnung der Werkstatt bzw. des Konzessionshändlers erfasst. Darunter fallen auch bei Konzessionshändlern erworbene Neufahrzeuge mit Flüssiggas oder Methan, die von den Her-stellern noch nicht als Gasfahrzeuge genehmigt worden waren. Seit dem 12. Januar 2007 ist es möglich, staatliche Zuschüsse zu erhalten, die vom Finanzministerium für die Umstellung von Fahrzeugen auf Flüssiggas oder Methan vorgesehen sind. Der Zuschuss beträgt 350 Euro für jede Umstellung auf Gas. Beide Zuschüsse, 650 und 350 Euro, können bis zur Erschöpfung aller zur Verfügung stehenden Mittel, die sich für 2007 auf 52 Mio Euro belaufen, ausgezahlt werden. Um in den Genuss der Zuschüsse zu

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gelangen, ist ein Antrag an die Werkstatt bzw. den Konzessionshändler zu richten, die an der Maßnah-me teilnehmen. Sie übernehmen das bürokratische Verfahren (der Antragssteller selbst füllt nur zwei Antragsbögen aus). Die Liste kann in “Ecogaz” (Grün-Nummer 800 500 501) angefordert werden. Was fabrikneue Fahrzeuge, PKWs oder LKWs, angeht, die zusätzlich oder ausschließlich mit Flüssiggas bzw. Methan ausgestattet sind, so gilt: Der Kunde erhält beim Kauf unmittelbar 1 500 Euro vom Autohänd-ler. Dieser Betrag steigt auf 2 000 Euro, wenn das Fahrzeug unter 120 g/km CO

2 produziert. Derartige

Nachlässe sind für Verträge vom 03.10.2006 bis zum 31.12.2009 mit Anmeldung bis zum 31.03.2010 gültig. Der Zuschuss von 650 Euro für die Umstellung und 1 500 Euro beim Kauf sind unter Vorlage der jeweiligen Angaben mit einer Verschrottungszulage vereinbar.

Unten lege ich ein Beispiel für eine Werbung einer Autofirma bei, die in Italien die Vorteile eines ihrer Gas-Modelle wie folgt anpreist (Preise für heute): Fahrzeug XXXXXX (Methan): Dies ist eine Mitteilung für kluge Reisende: es gibt heute XXXXXX für alle, die sparen und ohne Fahreinschränkungen fahren wollen. Durch Methantanks unter der Karosserie gibt es mehr Platz im Koffer-raum. Der doppelte Benzin-Methan-Antrieb ermöglicht erstklassige Reichweiten ohne auftanken zu müssen (310 km außerhalb der Stadt bei vollem Methantank). Außerdem schont ein solches Fahrzeug die Umwelt, denn die Schadstoffemissi-onen sinken um 23%. Sie sparen zusätzlich durch niedrige Methanpreise. Also, denken Sie nach, wäre es nicht schade, so ein Auto nicht zu kaufen?

METHAN-FAHRZEUGE

FAHRZEUGE Preis (Euro)

Mercedes E 200 NGT Bi-Power Classic 47.301

Mercedes E 200 NGT Bi-Power Elegance 49.218

Mercedes E 200 NGT Bi-Power Avantgarde 51.561

Opel Combo 1.6 CNG Metano Club 17.868

Opel Combo 1.6 CNG Metano Enjoy 18.948

Opel Zafira 1.6 16V ecoM Club 21.701

Opel Zafira 1.6 16V ecoM Enjoy 23.601

Opel Zafira 1.6 16V ecoM Cosmo 26.081

Renault Kangoo 1.6 16V Comfort B/M 18.206

Renault Kangoo 1.6 16V Luxe B/M 19.276

Tata Indica 1.4 GLX Bi Fuel Metano 11.149

FAHRZEUGE Preis (Euro)

Citroen Berlingo 1.4 Multispace Metano 18.711

Citroen C3 Elegance Bi Energy M 16.801

DR Motor Company Dr5 1.6 16V (Preis beim Händler) 17.051

Fiat Panda 1.2 Natural Power Dynamic 13.861

Fiat Panda 1.2 Natural Power Climbing 15.651

Fiat Punto 1.2 Natural Power 5P 15.361

Fiat Dobl 1.6 16V Natural Power Active 17.471

Fiat Multipla 1.6 Natural Power Active 22.171

Fiat Multipla 1.6 Natural Power Dynamic 24.321

Fiat Multipla 1.6 Natural Power Emotion 25.631

METHAN- UND BENZIN-FAHRZEUGE

Nissan Qashqai+2, neu, groß, 7 Sitze www.nissan.it/Qashqai

Die Anzahl der Modelle mag nicht so hoch scheinen, aber sie umfasst fast die gesante Produktpallette von Kleinfahrzeugen bis zu Einvolumenfahrzeugen. Fiat steht an der Spitze, gefolgt von Tata und Volks-wagen. Die Preise bewegen sich zwischen 11 000 Euro (Tata Indica), 28 000 Euro (Volkswagen Touran Highline) und 50 000 Euro für die Mercedes E-Klasse.

TECHNISCHE DATEN / Zylindervolumen 1242 cm3 / Umweltschutzniveau: Euro 4 /

Maximalleistung СЕ:

Benzin 44 kW (60 P.S.) bei 5000 U/min Methan 38 kW (52 P.S.) bei 5000 U/min

Maximales Drehmoment СЕ:

Benzin 102 Nm (10,4 kgm) bei 2500 U/min Methan 88 Nm (9,0 kgm) bei 3000 U/min

Maximalgeschwindigkeit:

Benzin 148 km/S Methan 140 km/S

Treibstoffverbrauch, СЕ-Vorschrift: Benzin (l/100 km) Methan (kg/100 km)

Stadtverkehr 7,9 / Außerstädtisch 5,2 Stadtverkehr 5,3 /Außerstädtisch 3,5

kombiniert 6,2 kombiniert 4,2*

СO2-Emission:

Benzin 146 g/km Methan 114 g/km

* – Fahrbereich 270 km

Preis (Grundausstattung) schlüsselfertig: 13.910,00 Euro (mit Nebelscheinwerfern,Klimaanlage usw.: 14.810,00 Euro) + IPT (Lokalsteuern) = 196,00 Euro

Insgesamt: 15.006,00 Euro

Der Endpreis versteht sich abzüglich des staatlichen Zuschusses für Methan-Fahrzeuge von 2 000,00 Euro.

Liste der Methanfahrzeuge,die in Italien gekauft werden können

(sind die “bi-fuel-Modelle” nicht erfasst,die mit Flüssiggas fahren)

Tata Indigo 1.4 GLX Bi Fuel Metano 15.163

Volkswagen Caddy Life 2.0 Ecofuel 21.304

Volkswagen Touran 2.0 Conceptline Ecofuel 23.751

Volkswagen Touran 2.0 Trendline Ecofuel 26.076

Volkswagen Touran 2.0 Highline Ecofuel 27.826

ERDOL-UND ERD-GASGEWIN-NUNG IN DERARKTIS UNTER OKO-LOGISCHENGESICHTS-PUNKTEN

Anatolij Dmitriewskij Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAW) und Direktor des Instituts für Erdöl und Erdgas der RAW

Wjatscheslaw Maximov Stellv. Direktor des Instituts für Erdöl und Erdgas der RAW

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Erforschung an Land, über Wasser, unter Wasser und unter der Erde findet auf Referenzgebieten statt, wobei ihre Ergebnisse der Überprüfung der Ferninformationen dienen.

Diese neuen theoretischen, methodischen, planmäßigen und technologischen Entwicklungen bilden die Grundlage des geoökologischen Monitorings und gewährleisten die operative Aufnahme repräsentativer und zuverlässiger Informationen über alle bedeutsamen Veränderungen der beobachteten Objekte. Systematische Organisation und minimaler Ar-beitsaufwand unterstützen die Senkung des Gesamtaufwands an Zeit und Mitteln bei ihrer Durchführung und gewährleisten die effiziente Sammlung aussagekräftiger Daten.

Grundlage für die ökologische Kontrolle der Meeresumge-bung sollen dynamische ökologische Modelle werden, die die verschie-denen Einflussfaktoren auf ihre Wechselbeziehungen registrieren und Spätfolgen von Einwirkungen im Rahmen bestehender wissenschaftlicher Erkenntnisse berücksichtigen. Für die Konstruktion solcher Modelle ist eine Echtzeit-Beobachtung der vielen sie beeinflussenden Faktoren notwendig, ein eingehendes Verständnis der biologischen Prozesse und ein integrier-ter Ansatz, was das Ökosystem angeht. In der Praxis hat sich gezeigt, daß Prospektierung und Ausbeutung von Erdgasvorkommen auf dem Fest-landsockel die Entwicklung und Bildung regionaler Systeme ökologischen Monitorings bedingen, welche die Besonderheiten der gegebenen Region berücksichtigen. Deshalb brauchen wir umfangreiche Datenbanken über die konkreten Regionen, sowie entsprechende Forschungstechnologien und Ausrüstung.

Der hier vorgeschlagene Ansatz ermöglicht auf Grund der Nutzung einer neuen Technologie des permanenten geoökologischen Mo-nitorings der Wasserflächen und durch Ergebnisse mathematischer Model-le, den Zustand des ökologischen Systems bei der Entwicklung des Erdöl- und Erdgaskomplexes zu bewerten, eine Analyse des ökologischen Risikos durchzuführen und seine Dynamik zu errechnen.

Auf Grund ihrer umfangreichen submarinen Permafrostzone belegen das Nordpolarmeer und sein arktischer Festlandsockel einen be-sonderen Platz unter den Ozeanen der Erde, wofür es hauptsächlich zwei Gründe gibt: die Minustemperaturen der bodennahen Wasserschichten (neuzeitige Bedingungen) und der im Lauf geologischer Zeitalter entstande-ne tiefe Frostboden (Paläobedingungen). Nach ihrem physischen Zustand präsentiert sich die Permafrostzone sowohl hartgefroren (eishaltig) als auch durch abgekühltes mineralisiertes Wasser und Gestein ungefroren.

Das Wort “Arktis” weckt in letzter Zeit bei allen Mitarbeitern der Energiein-dustrie, die mit der Gewinnung von Erdöl und Erdgas zu tun haben, einen zwar zurückhaltenden, dafür aber stabilen Optimismus, da es eine mögli-che Richtung in der Entwicklung dieses Industriezweiges beschreibt.

Gleichzeitig übersieht niemand in Russland die objektiven Schwierigkeiten bei der Entwicklung des enormen natürlichen Reichtums in dieser unberührten Region sowie die potentiellen Risiken für die Umwelt. Gazprom setzt sich aktiv mit diesen Problemen auseinander und stimmt sei-ne Pläne mit Empfehlungen der akademischen Wissenschaft ab.

Wir stellen eine kurze Übersicht über die ökologische Kom-ponente in der Erdöl- und Erdgasgewinnung in der Arktis vor, die von zwei führenden russischen Wissenschaftlern erarbeitet wurde, die sich vorrangig mit dieser Problematik beschäftigen.

Die Entwicklung der Zivilisation wird unvermeidlich mit einem intensiveren Vordringen in die Wasserwelt der Meere und Ozeane einher-gehen. Die Ausbeutung von Lagerstätten für Erdöl und Erdgas wird sich dabei besonders stark entwickeln. Auf die Meeresvorkommen entfallen 35% der Erdölgewinnung und 32% der Erdgasgewinnung weltweit. Und dieser Anteil wird wachsen.

Dabei ist eine negative, vom Menschen selbst erzeugte Ein-wirkung auf die Wasserumwelt auf Grund von Unfällen nicht auszuschließen: als Folge nicht beachteter technischer Vorschriften, durch organisatorische Unstimmigkeiten oder als Ergebnis eines natürlichen Risikos bei Beschädi-gung der Ausrüstung bei der Erforschung, der Prospektierung, dem Abbau von Erdöl und Erdgas, bei Transport und der Verarbeitung der Rohstoffe.

Auch natürliche Phänomene erhöhen das ökologische Risiko. In diesem Zusammenhang ist es nötig, die Geodynamik der Regionen zu berücksichtigen und angesichts erhöhter Lawinengefahr Flächen mit wenig verdichteten Sedimenten zu bestimmen.

Es ist vorgesehen, ein Einheitssystem für geoökologisches Monitoring aufzubauen, bei dem gleichzeitig Arbeiten unter Wasser, un-ter der Erde, auf dem Land, über Wasser und auf einer Erdumlaufbahn im Weltraum stattfinden sollen. Solches Monitoring kann durch Technik durchgeführt werden, welche von hoch-, mittel- und niederorbitalen, hohen-, mittelhohen und Hubschrauber-Komplexen bis zu Sensoren an Land, über Wasser, unter Wasser sowie unter der Erde reichen. Die Masse der Informationen wird von den Raumfahrtsystemen aufgenommen. Die

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Die abgekühlten Ablagerungen nehmen die zentralen, nörd-lichen und südöstlichen Abschnitte des an Nowaja Semlja grenzenden Meeres ein. Die Konturen dieser Zone stimmen mit der Nullisotherme der durchschnittlichen Jahresbodentemperatur fast völlig überein. Die Stok-man – Lagerstätte liegt wie viele andere in der Verbreitungszone von Bo-densedimenten mit Minustemperaturen.

In der Petschorasee kann die submarine Permafrostzone mit den Überresten eines verfallenden, mehrjährigen Frostbodens in Tiefen von 40–100 m unter dem Meeresgrund zusammentreffen. Der Frostboden weist hier eine durchbrochene Struktur auf.

In technisch-geologischer Hinsicht stellen die hartgefrorenen und gashydrattragenden Ablagerungen nach Zustand und Eigenschaften eine besondere Gesteinskategorie dar und erfordern ein spezielles Heran-gehen bei der Aneignung der Erdöl- und Erdgasressourcen in diesen arkti-schen Wasserflächen. Gerade diese Besonderheiten gilt es bei der Lösung solcher in praktischer Hinsicht wichtigen Fragen, wie dem Bau von festen, eisresistenten Plattformen auf dem arktischen Festlandsockel, dem Bau und dem Betrieb von Rohrleitungen und anderer Einrichtungen zu berück-sichtigen. Genau so notwendig ist es, mögliche Verletzungen des natürli-chen thermischen Ablaufs im oberen Sedimentmantel bei Bohrung und Be-trieb der Bohrlöcher einzubeziehen.

Ein möglicher Risikofaktor und eine negative Folge der För-derung von Erdgas ist die Absenkung der Erdoberfläche über der Lager-stätte, weil der anfängliche Schichtendruck in den produktiven Schichten abfällt und sich diese verformen, was in der weltweiten Praxis hinreichend bekannt ist. Auch durch das Auftauen bodennaher Gashydrate ist eine Ab-senkung möglich.

Es ist besonders wichtig, das Ausmaß der Absenkung des Meeresgrundes einzuschätzen, da an Meereslagerstätten härtere An-forderungen in Bezug auf den Schutz von Lagerstätten, die Funktionssi-cherheit von Bohrlöchern, Meeresplattformen und Unterwassermodulen gestellt werden.

Das alles diktiert die Notwendigkeit eines gründlichen Stu-diums und der Prognostizierung möglicher vom Menschen selbst ver-ursachter Komplikationen unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit von maritimen Förderobjekten über dem Festlandsockel der Arktis. Damit setzen sich russische Wissenschaftler und technische Fachkräfte aktiv auseinander.

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