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DEUTSCHLANDFUNK Sendung: Feature Dienstag, 31.03.2009 Redaktion: Karin Beindorff 19.15 - 20.00 Uhr Gazprom Weltmacht aus der Pipeline Von Ulli Wendelmann Co-Produktion WDR/DLF/NDR/SR URHEBERRECHTLICHER HINWEIS Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. Deutschlandradio - Unkorrigiertes Manuskript - Atmo-O-Ton-Montage aus Nachrichten vom 19./20. Januar 2009 und davor Ukraine Gasstopp Es ist 8 Uhr. Der russische ... Sprecher 1: 20. Januar 2009. Ein Politpoker geht zu ende. Moskauer Drohungen, hitzige Debatten in Kiew, Brüssel und Berlin, frostige Wohnungstemperaturen und Kältetote in Slowenien und Bulgarien bestimmten wochenlang die Schlagzeilen.

Gazprom Weltmacht aus der Pipeline Von Ulli Wendelmann · 3 "Gazprom versorgt eigentlich auch den russischen Sozialstaat mit den notwendigen Petrodollars oder Rubel. Gazprom ist die

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DEUTSCHLANDFUNK Sendung: Feature Dienstag, 31.03.2009 Redaktion: Karin Beindorff 19.15 - 20.00 Uhr

Gazprom

Weltmacht aus der Pipeline

Von Ulli Wendelmann

Co-Produktion WDR/DLF/NDR/SR

URHEBERRECHTLICHER HINWEIS Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Jede Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 45 bis 63 Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. � Deutschlandradio - Unkorrigiertes Manuskript -

Atmo-O-Ton-Montage aus Nachrichten vom 19./20. Janu ar 2009 und davor

Ukraine Gasstopp

Es ist 8 Uhr. Der russische ...

Sprecher 1:

20. Januar 2009. Ein Politpoker geht zu ende. Moskauer Drohungen, hitzige

Debatten in Kiew, Brüssel und Berlin, frostige Wohnungstemperaturen und Kältetote

in Slowenien und Bulgarien bestimmten wochenlang die Schlagzeilen.

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Ansage

Gazprom

Weltmacht aus der Pipeline

Ein Feature von Ulli Wendelmann

O-Ton: Alexander Rahr, Deutsche Gesellschaft f. aus wärtige Politik

"Das 21. Jahrhundert wird bedauerlicherweise immer stärker von Ressourcenkriegen

betroffen sein. Möglicherweise war der Gasstreit zwischen Kiew und Moskau der

Beginn solcher Energiekriege oder Auseinandersetzung um Ressourcen. Nach

meiner Einschätzung betreten wir jetzt das neue historische Zeitalter der

Renaissance der Ressourcen. Wir sehen, dass es neue Bündnisse auf dieser Welt

geben wird, die alle im Zeichen der Energie gebildet werden."

Sprecher 2:

Alexander Rahr, Programmdirektor Russland, der Deutschen Gesellschaft für

Auswärtige Politik. Rahr ist in Russland aufgewachsen und ein international

anerkannter Politikberater. Er kennt viele Spitzenmanager und Politiker an der

Moskwa persönlich und ist Ehrenprofessor an der Moskauer Staatsuniversität für

internationale Beziehungen.

O-Ton: Alexander Rahr

"Gazprom ist kein gewöhnlicher Gaskonzern. Gazprom ist ein Imperium für sich in

Russland. Gazprom füllt die russische Staatskasse: Gazprom betreibt in Russland

auch Politik".

Sprecher 1:

Ein "Great Game" ist im Gang, es geht um die neue Aufteilung globaler Macht und

Einflusssphären. Der Rohstoff für Energie ist die entscheidende Trumpfkarte. In

diesem Poker soll Gazprom Russland ganz weit nach vorne bringen.

O-Ton: Alexander Rahr

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"Gazprom versorgt eigentlich auch den russischen Sozialstaat mit den notwendigen

Petrodollars oder Rubel. Gazprom ist die Geldbörse des russischen Staates heute.

Russland ist gleich Gazprom."

O-Ton: Waleri Panjuschkin-Übersetzung

"Außer Gas, Öl und Stahl wird in Russland nichts produziert was Geld bringt. Wenn

man das mit einem menschlichen Körper vergleicht, dann sind Gas und Öl wie Herz

und Leber. Und im Norden, den riesigen Gebieten hinter dem Ural, gibt es nur

Gazprom, hier hängt buchstäblich alles von dem Gasunternehmen ab, sonst gibt es

hier nichts. "

Sprecher 2:

Waleri Panjuschkin ist Journalist und schreibt seit Jahren für angesehene Moskauer

Tageszeitungen wie Kommersant und Wedomosti. 2004 wurde der 39-Jährige mit

dem renommierten russischen Journalistenpreis, der "Goldenen Feder",

ausgezeichnet.

Gazprom sorgt für sechzig Prozent der gesamten Außenhandelseinnahmen. Die

Steuerabgaben finanzieren mehr als ein Drittel des russischen Staatshaushaltes.

Sprecher 1:

Waren es die im Quartalstakt steigenden Gasrechnungen oder Meldungen über

einen neuen Job für Altkanzler Schröder in einer Gazpromfiliale?

Meine Neugier hatte der russische Energieriese schon lange vor dem spektakulären

Lieferstreik im Januar 2009 geweckt.

Atmo: Stadion FC Schalke ... Fangesänge ... .

Sprecher 1:

Wenn mich nicht alles täuscht, war es die Sportschau, die den Ausschlag gab.

Plötzlich war der Schriftzug Gazprom auf der Brust von Kevin Kuranyi und

tausendfach auf den Fantrikots der Königsblauen zu lesen. Was wollte der russische

Energieriese "auf Schalke", beim FC-04, meinem Lieblingsverein? Sicher war zum

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Saisonauftakt 2007 nur Eines: Gazprom hatte jede Menge Kohle locker gemacht, um

als Sponsor des FC Schalke 04 aufzutreten.

Atmo: Trainingsgelände Schalke 04, Spielerrufe, Fan s diskutieren:

Sprecher 1:

Auf dem Trainingsgelände des FC-04 schieben sich Westermann, Bordon und Co

beim vier gegen vier die Bälle zu. Zweihundert Kiebitze verfolgen das Treiben ihrer

Lieblinge. Es gibt Bier und Würstchen und Gazprom.

O-Ton: drei Fans

"Andere Vereine würden sich doch belecken, wenn sie die Einnahmen hätten, ist mir

doch egal, wie der heißt, was die machen, und was für eine Politik. Wichtig ist, dass

der Verein davon gut lebt und der lebt davon gut. Wir wollen den Erfolg für Schalke

und den garantieren die uns mit ihrem Geld."

Sprecher 2 :

Das russische Wort Gazprom steht für Gasindustrie. Gazprom ist einer der größten

Energiekonzerne der Welt, denn Russland verfügt über die größten Erdgasvor-

kommen der Welt. Gazprom hat ein staatliches Fördermonopol. Über 400 000

Mitarbeiter sorgten allein im ersten Quartal 2008 für einen Gewinn von fast 11

Milliarden Dollar. Westeuropa bezieht mehr als vierzig Prozent seiner

Erdgaslieferungen von dem russischen Monopolisten.

Sprecher 1:

Die Konzernzentrale im Moskauer Süden. Ein wuchtiger Büroturm, mehr als dreißig

Stockwerke hoch, in einem weitläufigen Gebäude- und Parkkomplex: Gazprom-City.

Bei Nacht leuchtet der angestrahlte Bau aus weißem Basalt und blau getöntem Glas

wie eine stilisierte Gasflamme.

Atmo Musik

Sprecher 1:

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Gern hätte ich mit einem Verantwortlichen des Konzerns gesprochen. "Keine

Termine frei", lautet die lapidare Antwort. Was mir verwehrt bleibt, konnte Waleri

Panjuschkin aus erster Hand erfahren.

O-Ton: Waleri Panjuschkin - Übersetzung

"Das Erste, was einem auffällt, ist dieser überflüssige Luxus und Reichtum. Zum

Beispiel liegt im Vorzimmer von Gazpromchef Miller ein prächtiger, seidener Teppich,

der einfach nur teuer und exklusiv aussieht. Das kann man im Schlafzimmer machen,

aber was hat der in einem Vorzimmer zu suchen, wo viele Leute kommen und

gehen? In jedem Zimmer hängen Bilder von Putin. Überall hängen Portraits der

Direktoren als große Ölgemälde. Man hat den Eindruck, hier wird Geschichte

gemacht, und nicht vom Staat."

Atmo: Musikausschnitt "La nuit de la Saint Barthele my/G.Bregovic

Sprecher 2:

Gazprom ist ein Imperium: mit Geldinstitut - die Gazprombank ist die drittgrößte

Russlands -, einer Lebensversicherung - die in der ganzen Föderation Kunden hat -,

mit Zeitungen wie der traditionsreichen Iswestija, einem landesweit ausstrahlenden

Fernsehsender und dem Radiosender "Echo Moskau". Kontrolliert durch

Gazprommedia.

O-Ton: Alexander Rahr

"Gazprom ist der Porsche, auf dem die Kremlführung fährt. Es ist das Prunkstück der

Putinschen Modernisierungspolitik. Die Ziele der russischen Führung sind ganz klar:

aus Russland ein Energieimperium zu machen. Wir haben die Güter, die Ware, die

alle Welt von uns möchte, das sind unsere Gasvorkommen und die werden wir

strategisch einsetzen. Nicht nur um Geld zu verdienen, sondern um uns wieder

aufzurichten, als die Größe, die wir einst gewesen sind. In diese Richtung läuft das."

Atmo/O-Ton: Geschäftsstelle Schalke 04, Telefonzent rale

"Schalke 04, Achim Wetter Guten Tag ... gibt es, ja ... das weiß ich nicht, wie lange

da die Kontingente reichen werden ...

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Sprecher 1:

Gleich neben dem gepflegten Trainingsgelände die Geschäftstelle des

Traditionsvereins. In der Führungsetage die obligatorische Pokalvitrine, Bilder

ruhmreicher Vergangenheit. Das Logo des neuen Sponsors springt den Besucher als

Muster auf dem Teppichboden an.

O-Ton: Peter Peters, Schalke 04

"Für Schalke 04 war ein Kriterium, wo kommt Schalke 04 her. Schalke 04 ist auf

Kohle geboren. Schalke 04 war Energieversorgung, Ruhrgebiet.

Sprecher 2:

Schalke-Geschäftsführer, Peter Peters, ehemaliger Sportjournalist.

O-Ton: Peter Peters, Schalke 04

Wir haben immer gesagt, Energiefirmen sind für den FC-Schalke 04 eigentlich

geborene, gelebte Partner.

Sprecher 2:

Zum Zeitpunkt der Verhandlungen über den Sponsorenvertrag ist Schalke 04 hoch

verschuldet.

Sprecher 1:

Dass Gazprom 125 Millionen Euro für einen Fünfjahresvertrag zahlt, will Peter Peters

nicht bestätigen. Richtig Kasse mache man nur, wenn Schalke große Titel holt.

Gazprom auf Schalke - für die Medien war das eine Steilvorlage: Die traditionsreiche

Fußballdiva aus dem Revier und der Konzern, den die englische Sunday Times als

"den gruseligsten der Welt" bezeichnete.

Sprecher 2:

Im Oktober 2006 - kurz nach dem Mord an der regierungskritischen Journalistin Anna

Politkowskaja - wird der Sponsorenvertrag beim Besuch des russischen Präsidenten

Wladimir Putin in Dresden besiegelt.

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Sprecher 1:

Für Peter Peters war das Ganze:

O-Ton: Peter Peters, Schalke 04

"Hochpolitisch ... ."

Sprecher 1:

... als er und ein paar Andere nach Dresden flogen, um alles unter Dach und Fach

zu bringen.

O-Ton: Peter Peters, Schalke 04

Da fragte mich mal irgendeiner hier bei uns, sag mal, habt ihr den Vertrag schon

unterschrieben? Da sag ich, wie den Vertrag unterschrieben, dafür fliegen wir doch

hin. Ja, aber das kannste doch nicht machen. Da sag ich, wie kannste nicht machen?

Ja, du musst doch wenigstens drei Wochen vorher alles unterschrieben haben. Und

das zeigt mir dieses Missverhältnis. Wir Deutschen, kein Vertrauen und ängstlich und

sagen ooh, wer weiß, was der mit uns macht und da der Russe, wir haben doch alles

geregelt, wieso fragst du, glaubst du uns etwa nicht? Da war ich beschämt."

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

"Als wir begonnen haben, da hatten wir eine ganze Reihe von Begründungen, das

passt von der Farbe, das ist eine bodenständige Region, die machen auch Bergbau

und Gaswirtschaft, das sind ja so gesehen auch Bergleute. Also wir hatten

unheimlich viel Aspekte, die auf Anhieb passten."

Sprecher 1:

Eine schöne Geschichte von irgendwie gemeinsamer Kumpeltradition und "wir

gehören zusammen" Gefühl. Für Claus Bergschneider, den Generalbevollmächtigen

von Gazprom "Germania", ist Schalke 04 der ideale Partner.

Atmo

Sprecher 1:

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Tatsächlich reichen die Beziehungen zwischen dem Revier und der russischen

Gaswirtschaft bis weit in die fünfziger Jahre zurück. Industrielle der Schwerindustrie,

allen voran Kruppchef Bertold Beitz, wollen billige Energie aus Russland beziehen.

Im Gegenzug will Krupp Großrohre für den Pipelinebau liefern und Devisenkredite

zur Verfügung stellen.

O-Ton: Karsten Rudolph, Historiker

"Es wurde im Bundestag ja nicht nur zum Westen geguckt, es wurde ja auch gegen

den Osten geschossen und man hat vielen Unternehmern, beispielsweise Berthold

Beitz, mehr als einmal Vaterlandsverrat vorgeworfen und den Vorwurf gemacht, sie

würden die Außenpolitik, der damals CDU geführten Bundesregierung

konterkarieren"...

Sprecher 2

Karsten Rudolph ist Historiker für neue Geschichte und hat sich intensiv mit der

Ostpolitik der westdeutschen Industrie beschäftigt. Er ist Landtagsabgeordneter der

SPD und lehrt als Privatdozent an der Universität Bochum.

Sprecher 1

Im Klima des Kalten Krieges stießen die Verhandlungen "Gas gegen Röhren"

zunächst auf Vorbehalte. Gewerkschafter und SPD-Politiker aus dem Ruhrgebiet

unterstützen die Initiative.

O-Ton: Karsten Rudolph

"Wichtig ist, dass es auch persönliche Kontakte gab, und da stellt man eben fest,

dass ein Teil der Nomenklatura die eigenen Söhne oder Schwiegersöhne in wichtige

außenwirtschaftlichen Positionen untergebracht hatte. Man lernte auf einmal den

Sohn von Breschnew kennen, weil der in der Wirtschaftsadministration saß, oder den

Schwiegersohn von Kossygin."

Musik/Atmo

Sprecher 2:

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Mitten im Kalten Krieg und dem ideologischen Kampf der Systeme wird ein Netzwerk

von Beziehungen geknüpft. Gegenseitiges Vertrauen und eine Tradition von

Geschäftsverbindungen entstehen, die bis heute wirken..

Sprecher 1

Für die Kooperation mit Schalke 04 ist die Deutschlandzentrale des russischen

Unternehmens in Berlin zuständig. Im Gegensatz zu dem repräsentativen Bau von

Gazprom in Moskau könnte man das schlichte Bürogebäude in der Nähe des

Gendarmenmarktes glatt übersehen, würden nicht LED-Strahler den

Eingangsbereich in gleißend blau-weißes Licht tauchen.

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

"Früher war das für die Leute doch etwas vollkommen unbekanntes. Ja, wer ist denn

die Gazprom? Und dann hat man so die Vorstellung, das sind son paar, die kommen

mit ner Fellmütze des Weges."

Sprecher 2:

Gazprom verlost Eintrittskarten für die Schalke Arena, Gazprom lädt Fangruppen aus

Gelsenkirchen zu Spielen von "Zenit Sankt Petersburg" ein.

O-Ton: Claus Bergschneider

"Ich bin mit 120 Schalkefans, bin ich nach Sankt Petersburg geflogen, haben da ein

Spiel von Zenit angeguckt. Anschließend haben wir mit Zenitfans gemeinsam gefeiert

und friedlich gefeiert, auch feucht-fröhlich gefeiert."

Sprecher 2:

Gazprom tourt mit den Schalker Altstars Olaf Thon und Klaus Fischer durch

Russland, spielt Fußball in Usbekistan, wo das russische Unternehmen ein

Gasförderungsprojekt betreibt.

Sprecher1

Claus Bergschneider, der junge Manager bei Gazprom "Germania", ist immer dabei.

O-Ton: Claus Bergschneider

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"Fragen Sie mal die Schalkefans, was sie von dieser Reise halten. Die erzählen auch

heute noch begeistert davon und die wollen so schnell wie möglich wieder da hin".

Sprecher 1:

Auf der Internetseite von Schalke 04 wird die Diplomatie in kurzen Hosen ausführlich

mit Filmclips und Fotoserien vorgestellt. Tausendfach wird die deutsch-russische

Freundschaftswerbung von Fans hier abgerufen.

Atmo/ Musik

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

"Wenn man irgendwann den Endkunden beliefern möchte, dann muss der einen

natürlich erstmal kennen, dann muss er einen auch mögen und schließlich wenn er

einen genug mag und von dem Produktangebot überzeugt ist, dann hat er auch eine

Kaufbereitschaft."

O-Ton: Waleri Panjuschkin - Übersetzung

"Als Putin an die Macht kam, verfügte er über keine Hausmacht. Gazprom gehörte

dem Staat und das war ein Glück für ihn. Putin hat Gazprom zu einem Hebel der

Macht gemacht. Er hat die Manager ausgetauscht. Die neuen waren seine Leute aus

dem Geheimdienst. So war ihm die Unterstützung von Gazprom sicher. Sonst wäre

er wahrscheinlich eine Marionette der Oligarchen geworden, die ihm zur Macht

verholfen haben. Erst als Putin die Kontrolle über Gazprom bekam, hatte er wirklich

Macht. Erst diese Macht hat ihm auch die Kontrolle über Medien und Banken

verschafft."

Sprecher 1:

Putin und Gazprom, eine Zufallsbegegnung war das nicht.

Sprecher 2

1997 hatte Wladimir Putin eine 218-Seiten starke Doktorarbeit geschrieben. Thema:

"Die staatliche Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen". Zwischen 1985 und 1989

war er als KGB-Agent in der DDR tätig.

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Sprecher 1

Putin beobachtet ostdeutsche Industriebetriebe und westliche Konzerne, die sich auf

der Leipziger Messe präsentieren.

Aus erster Hand erfährt Putin wie multinationale Großkonzerne in der Welt der Politik

agieren. Dass wirtschaftliche Macht mehr bewirkt als Militärparaden und

Raketenarsenale, ist dem KGB-Major spätestens beim Sturm der Demonstranten auf

seinen Dresdener Dienstsitz im November 1989 klar.

Sprecher 2

Bis Ende der achtziger Jahre ist die russische Gasindustrie Teil des staatlichen

Energie- und Erdölministeriums, das Viktor Tschernomyrdin führt.

Sprecher 1

Doch Gorbatschows Perestroika, die offene Grenzen und Marktkonkurrenz

bedeutete, stürzt die staatliche Kommandowirtschaft in ein Chaos. Mitte der

neunziger Jahre stehen die riesigen Kombinate, die für Transport, Versorgung und

Energie sorgten, vor dem Bankrott. Um diese Schlüsselbereiche zu modernisieren,

kennen Berater aus dem Westen nur ein Heilmittel: Privatisierung.

Sprecher 2 :

Banken, Öl- und Handelsgesellschaften mit westlichem Know-how und Kapital

entstehen. Die russische Erdgasindustrie wird in eine Aktiengesellschaft

umgewandelt und erhält den Namen: Gazprom.

O-Ton: Waleri Panjuschkin - Übersetzung

"In den neunziger Jahren hat in Russland kaum jemand Steuern gezahlt. Weder

Firmen noch Privatpersonen. Der Staatshaushalt bestand praktisch aus den

Einnahmen von Gazprom und den Einnahmen einiger Ölfirmen."

Sprecher 1:

Präsident Putin sorgt dafür, dass der Staat Hauptaktionär des neuen Unternehmens

Gazprom bleibt. Ausländische Investoren haben keine Chance.

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Sprecher 2:

Einnahmen aus Gasexporten, die Dollars aus dem Westen, retten das Überleben von

Firma und Staat. Viktor Tschernomyrdin, der Gazprom als Engergieminister durch die

Perestroikaturbulenzen führte, wird 1992 Ministerpräsident und Chef des russischen

Parlaments.

O-Ton: Alexander Rahr

"Über Gazprom herrscht eine Clique von alten Funktionären. Gazprom war praktisch

eine Art Schatztruhe des Premiers Tschernomyrdin, der seine Freunde an der Spitze

dieses Monopolisten hatte. Es wurden Filialen und andere kleinere Ölgesellschaften

gegründet, wo sehr viel Geld am Staat vorbei aus der Gaswirtschaft in andere

Taschen sickerte."

Atmo/Musik

Sprecher 1

Konzerne und Produkte, die strategisch wichtig sind, haben nationalen Interessen zu

dienen und erst dann irgendwelchen Aktionären. Das ist das politische Credo von

Wladimir Putin. Nach seiner Wahl zum Regierungschef geht er systematisch daran,

die Macht der Oligarchen zu brechen und die Ausplünderung von Gazprom zu

stoppen. Zielstrebig besetzt er Führungspositionen bei Gazprom mit seinen Leuten.

Zu Ihnen gehört auch ein Mann namens Dimitri Medwedjew. Der Wirtschaftsexperte

ist seit 2008 Russlands Staatspräsident. Mit ihm hatte Putin bereits in Sankt

Petersburg zusammengearbeitet.

Sprecher 1:

Systematisch wird in Moskau an der Vision vom russischen Energieimperium

gearbeitet. Gazprom fungiert dabei als eine Art Außenministerium.

Waleri Panjuschkin:

O-Ton: Waleri Panjuschkin - Übersetzung

"Der Kreml hat Gazprom zu einer politischen Waffe gemacht, gerade wenn es um

außenpolitische Dinge geht. Die Ukraine schuldete Gazprom viel Geld. Doch man

hatte viel Geduld mit der Zahlung. Man wollte, dass der russlandfreundliche

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Januskowitsch Präsident bleibt. Solange er an der Macht war, musste Gazprom

liefern ohne Geld zu sehen. Sobald der westlich orientierte Viktor Juschtschenko

gewählt war, forderte Gazprom die Schuldenzahlung und drohte mit einem

Lieferungsstopp".

Atmo /Musik

Sprecher 2:

Sylvester 2005: ein Manager von Gazprom legt, von Fernsehkameras begleitet, den

Hebel eines Gasverteilers Richtung Ukraine um.

O-Ton: Peter Peters, Geschäftsführer, Schalke 04

"Wir mussten ein Jahr lang, mittlerweile ist es ja ab geebbt, ein Jahr lang permanent

Fragen beantworten, ja aber die kaufen euch doch eh, denen könnt ihr doch eh nicht

trauen ...

Sprecher 2:

Schalke Geschäftsführer Peter Peters

O-Ton: Peter Peters, Geschäftsführer, Schalke 04

Mit jeder Störung einer Gaslieferung und wo eine Pipeline mal wieder umstritten war,

wurden wir dann gefragt, aber bei euch ist doch auch alles nicht koscher? Und ich

sage nein, Entschuldigung, ich kann nicht sagen wie die Gaslieferungen der Welt

passieren, das ist auch nicht mein Bier. Ich weiß nur, die Zusammenarbeit zwischen

Schalke und Gazprom war von Anfang an ehrlich und vertrauensvoll."

O-Ton: Alexander Rahr

"Man hat im Kreml gesehen, dass die Ukraine drauf und dran war der Nato

beizutreten.

Sprecher 2:

Alexander Rahr, Programmdirektor Russland der deutschen Gesellschaft für

Auswärtige Politik

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O-Ton: Alexander Rahr

Besondere strategische Partnerschaften militärischer Art mit dem Westen

einzugehen. Die Ukraine in einem fremden, vielleicht antirussischem

Verteidigungsbündnis, das hat in Russland die Alarmglocken läuten lassen. Und

dann ist man politisch auch gegen die Ukraine vorgegangen. Man hat über die

Gasschraube klar gemacht, diesem Land, dass es die Wahl treffen muss."

Atmo/ Musik

Sprecher 1:

Anfang 2009 verschärft Gazprom seine Gangart gegenüber dem Nachbarn.

O-Ton: Peter Peters, Geschäftsführer Schalke 04

"Als wir in Moskau saßen, hat uns Fursenko noch mal deutlich gesagt: wir möchten

fünf Jahre und er hat es auch begründet. Er hat gesagt: Gazprom gilt in Deutschland

als unzuverlässig.

Sprecher 1

Schon lange vor dem spektakulären Lieferstopp wissen die Russen um ihren Ruf.

O-Ton: Peter Peters, Geschäftsführer Schalke 04

Gazprom gilt in Deutschland als: 'musste drauf aufpassen'. Wenn wir heute einen

Vertrag machen über zwei Jahre, dann wird jeder sagen, ja, sie kommen und sie

gehen. Wir wollen aber heute schon klarmachen, wir sind Partner von Schalke, wir

sind Partner von Deutschland. Und deswegen war die Laufzeit für Gazprom auch

eine Botschaft, ganz bewusst überlegt: Die wollten eine lange Laufzeit, um diese

Botschaft der Zuverlässigkeit auch zum Ausdruck zu bringen"

Sprecher 1:

Für das Weltunternehmen sind vertrauensbildende Maßnahmen wichtiger denn je.

Eine Mischung aus Drohung und Bestechung soll die einstigen Bruderländer im

Westen auf Linie bringen. Weißrussland, wo mit Lukaschenko der "letzte Diktator

Europas" - wie er sich selbst nennt - an der Macht ist, erhält eine Sonderbehandlung

und billige Gas- und Öllieferungen, Schulden werden gestundet.

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O-Ton: Alexander Rahr

"Mit einem Mann wie Lukaschenko kann Russland durchaus leben. Es ist derjenige,

der auf postsowjetischem Raum, der sein Land niemals in die Nato oder die

Europäische Union führen wird."

Atmo/Musik

Sprecher 2:

Nach der Jahrtausendwende schießt der Börsenkurs von Gazprom explosionsartig in

die Höhe.

Sprecher 1

Verantwortlich sind die rasant steigenden Energiepreise. Ein Unternehmenswert von

einer Billion Dollar sei keine Utopie, verkündet die Chefetage. Der Westen staunt.

O-Ton: Alexander Rahr

"Man kauft heute - und über das Geld verfügt man - heute die Gasreserven und Gas

aus den zentralasiatischen Ländern auf, pumpt dieses Gas in die russischen

Pipelines und exportiert und verkauft dieses zentralasiatische Gas schließlich als

russisches Gas nach Westen."

Sprecher 2

Turkmenistan, Aserbeidschan und Usbekistan, die ehemaligen Sowjetrepubliken,

verfügen über enorme Erdgasvorkommen.

O-Ton: Alexander Rahr

"Natürlich läuft die russische Strategie darauf hinaus, eine Monopolstellung für die

Belieferung des Westens, der europäischen Union, mit Öl und Gas beizubehalten,

sie zu festigen sogar."

Sprecher 2:

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Über 80 Prozent der Erdgasströme nach Westeuropa fließen durch die Pipelines von

Gazprom.

Sprecher 1

Seit Jahren plant ein Konsortium europäischer Firmen, darunter auch die Rheinisch-

Westfälischen Elektrizitätswerke aus Essen, den Bau einer eigenen Pipeline

Richtung Zentralasien. Sie soll für mehr Markt und Wettbewerb im Energiebereich

sorgen und Alternativen zum Liefermonopol der Russen schaffen.

Sprecher 2

Ab 2013 soll die neue Pipeline Gas u.a. aus Turkmenistan und Aserbeidschan in den

Westen liefern,

Sprecher 1

direkt: unter Umgehung Russlands.

Sprecher 2

- 3300 Kilometer lang soll sie sein, in der Türkei beginnen, enden in Österreich. -

Sprecher 1

Nicht zufällig wählte man die Verdioper Nabucco zum Namensgeber. In dem

Musikdrama geht es um die Befreiung aus babylonischer Gefangenschaft.

O-Ton: Alexander Rahr

"Russland hat jetzt den Krieg um Südossetien gegen die angreifenden Georgier,

muss man sagen, nicht um Energie, um Öl und Gas geführt, aber man hat natürlich

seine Hausaufgaben mit erledigt. Man hat natürlich erstmal gezeigt, dass man im

Südkaukasus den größeren Einfluss genießt. Man hat natürlich auch Signale

Richtung möglicher potentieller Investoren aus dem Westen geschickt, das ein Land

wie Georgien so fragil ist, dass man dort keine Pipelines bauen sollte."

Sprecher 1:

Vereint mit dem Kreml will Gazprom das "Nabuccoprojekt" mit einer eigenen Pipeline

torpedieren. Die mächtige "Southstream" soll Gas über den Kaukasus durchs

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Schwarze Meer nach Griechenland leiten und von hier in die Netze des Westens

führen.

Atmo: Foyer, EU-Kommission für Verkehr und Energie, Brüssel

Sprecher 2:

Gazprom versorgt Finnland und Polen zu fast hundert Prozent. Italien und

Deutschland zu vierzig Prozent.

Sprecher 1

Bei der EU-Kommission für Energie und Verkehr in Brüssel ist das Projekt seit

langem ein Thema. Nabucco, die Hoffnung der Europäischen Union!

O-Ton: Heinz Hilbrecht, EU Kommission Verkehr u. En ergie

"Weil sie eine Alternative bietet zu den herkömmlichen Lieferquellen.

2. Sprecher:

Heinz Hilbrecht ,Generaldirektor der EU-Behörde für Energie und Verkehr

O-Ton: Heinz Hilbrecht, EU Kommission Verkehr u. En ergie

Weil sie es uns ermöglicht auch an Lieferländer heranzukommen, die bisher noch

nicht Gas nach Europa geliefert haben, insbesondere Turkmenistan."

2. Sprecher

In Turkmenistan und Usbekistan wurden 2005 Aufstände gegen die Willkür der

Staatsmacht blutig niedergeschlagen.

O-Ton: Heinz Hilbrecht, EU Kommission Verkehr u. En ergie

"Die letzten Schätzungen der turkmenischen Gasreserven sind erheblich positiver als

das, was wir noch vor einigen Monaten geglaubt haben. Es sind bis zu 14 Trillionen

Kubikmeter Gas"

Atmo /Musik

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Sprecher 1

Anfang 2009 ließ die Demonstration russischer Energiemacht die Aktien für das

Nabuccoprojekt rapide steigen. Ende Januar dann der Dämpfer: Nur wenn die EU

ihre Beitrittsverhandlungen mit der Türkei forciert, ist Ankara dabei. Will man

Russland umgehen, braucht man das Land am Bosporus.

"Politische Erpressung" im Great Game um die Energieströme!

2. Sprecher

1998 liberalisierte das Europäische Parlament den Energiemarkt und viele

Mitgliedsstaaten privatisierten die Energieversorgung.

Sprecher 1

Der Rückzug staatlicher Fürsorge wird den Bürgern als Chance für mehr Markt und

sinkende Preise verkauft. Doch statt Wettbewerb von vielen, fördert die

Liberalisierung große Champions, die teilen den Markt unter sich auf und diktieren

die Preise.

Sprecher 2:

2005 betreibt Gazprom den Einstieg beim größten britischen Versorger Centrica.

Sprecher 1

Im Straßburger Parlament löst dies hektische Aktivitäten aus.

O-Ton: Heinz Hilbrecht, EU Kommission Verkehr u. En ergie

"Deswegen haben wir uns überlegt, ob wir da nicht etwas stärkere Vorschriften

einführen müssen, falls ein ausländisches, also nicht EU-Unternehmen Kontrolle an

den Gasversorgungsleitungen innerhalb der EU hat."

Sprecher 1

Die EU-Politiker hatten nicht bedacht, dass die Privatisierung des Energiemarktes für

den Kremlkonzern eine Einladung sein könnte, elementare Lebensbereiche ganzer

Staaten zu kontrollieren. Eine so genannte Gazpromklausel der Brüsseler

Kommission soll nun verhindern, dass Unternehmen aus Drittstaaten Strom- und

Gasnetze regionaler Betriebe aufkaufen können. Denn würde der Superkonzern

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Gazprom nationale Grundversorger mehrheitlich übernehmen, wären Produktion und

Vertrieb in einer Hand. Markt und Verbraucher hätten keine Chance.

Sprecher 2:

Der Versuch des Gazprom-Konzerns, bei der britischen Centrica einzusteigen,

misslingt.

Sprecher 1

Auf die Eroberung des deutschen Marktes sind die Moskauer besser vorbereitet.

Sprecher 2

1993 kauft sich Gazprom bei der WINGAS GmbH ein, einer Tochter der BASF-

Gruppe. WINGAS verfügt über ein zweitausend Kilometer langes Pipelinenetz und

liefert russisches Erdgas an Industriekunden und Stadtwerke.

Seit April 2006 hält Gazprom fünfzig Prozent minus eine Aktie an der WINGAS

GmbH in Kassel.

Sprecher 1

2007 betrug der Umsatz der Firma WINGAS rund 6.1 Milliarden Euro.

Sprecher 2

1991 stieg Gazprom bei der "Verbundnetz Gas AG" in Leipzig ein. Die VNG versorgt

traditionell ostdeutsche Kommunen. Das Handels- und Transportunternehmen ist

über Beteiligungen und Kooperationen auch in Ost-, Mittel- und Südeuropa aktiv.

Sprecher 1

Diese Beteiligungen passen perfekt zur Strategie der Russen, die Energie selbst bis

in die Wohnzimmer und Küchen zu bringen. Ein Großteil der Gewinne geht an

Transitländer, Pipelinebetreiber und Zwischenhändler bis hin zu den Stadtwerken.

O-Ton: Waleri Panjuschkin - Übersetzung

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"Gas kostet innerhalb Russlands bis zur russischen Grenze einhundert Dollar. Wird

es bis zur deutschen Grenze gebracht, von einem deutschen Versorger übernommen

und ins Haus geliefert, kostet es schon 500 Dollar.

Natürlich will Gazprom den großen Schnitt machen."

Sprecher 2

E.ON-Ruhrgas, RWE, Vattenfall und EnBW nehmen siebzig Prozent des gesamten

russischen Gasexports ab und geben ihn über ihre eigenen Pipelines weiter.

Sprecher1

Die vier größten Versorger haben Deutschland in "Hoheitsgebiete" aufgeteilt.

Sprecher 2:

Claudia Kemfert beobachtet für das Deutsche Institut der Wirtschaftsforschung seit

Jahren die Entwicklung auf dem Gasmarkt und berät als Energie-und Klimaexpertin

Jose Manuel Barroso, den Präsidenten der Europäischen Union.

O-Ton: Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirt schaftsforschung

"Das ist genau die Diskussion, die wir auch vom Strommarkt kennen, dass

diejenigen, denen das Netz gehört und gleichzeitig die Bezieher von Gas in diesem

Fall, beides kontrollieren können. Und dass das natürlich dazu führt, dass die Preise

höher sind, als wenn sie einen freien Zugang haben. Beispielsweise Stadtwerk XY,

dass es direkt nach Norwegen gehen kann und sagen kann, ich möchte von euch

jetzt Gas beziehen. In dem Moment, wo sie Unternehmen haben, die das

Pipelinenetz kontrollieren und hohe Preise verlangen, dann ist das erst mal ein

Instrument, was man ja auch vom Strommarkt gesehen hat, um sich Konkurrenz vom

Hals zu halten."

Sprecher 1:

Trennung von Versorgern und Netzbetreiben - die entscheidende Voraussetzung, um

das Kartell der Großen auf zu weichen!

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

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"Wenn man jetzt hergeht und schreibt den Unternehmen vor, dass sie diese Anteile

abgeben müssen, dann ist das ein Eingriff in die Eigentumsrechte.

Sprecher 2:

Claus Bergschneider, der Generalbevollmächtige von Gazprom-Germania

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

Und wenn man an einer Ecke damit mal anfängt, ja dann können wir die

Eigentumsrechte irgendwann mal auch komplett vergessen".

Sprecher 1:

Eigentum! - In den letzten Jahren hat Gazprom immer wieder versucht, sich bei

deutschen Stadtwerken einzukaufen.

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom-Germania

"Das ist erklärte Strategie und am Ende dieser Kette steht so gesehen der kleinste

Kunde, um den man sich natürlich dann besonders bemühen muss, und das ist der

sogenannte Endverbraucher oder Endkunde und der steht auch auf dem Programm."

Sprecher 1:

Gazprom hat einen langen Atem und wirbt um Vertrauen. Für die Partnerwerbung ist

die deutsche Vertretung von Gazprom-"Germania" in Berlin zuständig.

Geschäftsführer ist Hans-Joachim Gornig.

Sprecher 2

Seit 1967 war Gornig leitender Mitarbeiter und Stellvertretender Generaldirektor in

Unternehmen der Erdöl- und Gaswirtschaft der DDR, sowie Regierungsbeauftragter

der DDR für den Erdgasleitungsbau in der UdSSR.

Sprecher 1

Zwei enge Mitarbeiter Gornigs, Finanzchef Felix Strehober und Personalchef Hans

Uwe Kreher, waren inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit.

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

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"Dazu gibt es auch Akten, das lässt sich nicht einfach weg reden. Das sind Fakten

so. Aber das ist jetzt natürlich auch schon sehr lange her und strafrechtlich ist es

nicht relevant."

Sprecher 1:

Trotz langfristiger Terminanfrage ist Hans-Joachim Gornig für ein Gespräch nicht zu

gewinnen und schickt Claus Bergschneider, den Generalbevollmächtigen des

Unternehmens vor.

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

"Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass diejenigen, seitdem sie hier im

Unternehmen arbeiten, solide Arbeit machen und sich auch korrekt verhalten. Das

klingt jetzt etwas seltsam, aber das sind ganz normale nette Kollegen wie andere

auch."

O-Ton: Waleri Panjuschkin - Übersetzung

"Bei Gazprom in Russland arbeiten so viele Leute, die auf diese oder jene Weise in

Verbindung mit dem Geheimdienst stehen. Wenn man dann irgendwo eine Filiale

aufmacht, ist es doch einfach nur logisch, sich an die Leute zu wenden, die man dort

kennt. Man wendet sich an Leute, mit denen man eine Sprache spricht, mit denen

man zusammengearbeitet hat, eine gemeinsame Vergangenheit und ein Gefühl der

Zugehörigkeit hat".

Sprecher 2:

Wiktor Iljuschin ist heute in der Geschäftsführung von Gazprom in Moskau, in den

achtziger Jahren war er Verbindungsmann der Partei zum KGB, Vizegeschäftsführer

Walerij Golubjow war zwölf Jahre beim KGB, danach mit Putin in der Petersburger

Stadtverwaltung aktiv.

Sprecher 1:

In einer Broschüre von Gazprom Germania zu den Sponseringaktivitäten des

Unternehmens gelobt Geschäftsführer Hans-Joachim Gornig:

Sprecher 2:

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"Wir wollen uns damit gleichzeitig der Öffentlichkeit stellen, Transparenz beweisen,

Vorbehalte abbauen und Vertrauen gewinnen".

Atmo

Sprecher 1:

Vertrauen gewinnen! Auch mit Hilfe von Schalke. Wie verhält sich dieses Ziel zu

dem, was der Spiegel berichtete? Danach soll Hans-Joachim Gornig zusammen mit

einem Staatssekretär aus gemeinsamen DDR-Zeiten an eigenen Firmen, die im

Gasgeschäft aktiv sind, beteiligt sein.

Sprecher 2

Ab 1992 betrieben die beiden die Firma DAGA, die als Zwischenhändler bei

Gaslieferungen von Russland nach Bulgarien diente. 2004 wurden diese Aktivitäten

eingestellt. Die DAGA benannte sich um in Fortis Consulting GmbH, Geschäftsführer

wurde Gornigs Sohn Mika.

Gornig selbst blieb mit 60 Prozent Miteigentümer der Fortis Consulting und beteiligt

sich zudem an der Firma Gasconsult GmbH, von der wiederum achtzig Prozent der

Fortis Consulting gehören. Auftraggeber für die Gasconsult GmbH ist Gazprom-

Germania.

Laut Rechnungsbelegen vom 31.12.2007 erarbeitet die Gasconsult GmbH

gaswirtschaftliche "Analysen, Expertisen und Studien" und ist im Kommunikations-

und Informationsmanagement für die Germania tätig.

Sprecher 1

Diese Fakten enthüllte der "Spiegel" in seiner Ausgabe vom 25. August 2008. Ein

Jahr zuvor hatte Gazprom durch die Nürnberger "Gesellschaft für Konsumforschung"

nach den Imagewerten des Konzerns fragen lassen.

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

"Die richtige Sympathie hatten wir zu Beginn eben nicht, das konnten wir in der

Marktforschung feststellen. Beim Thema Vertrauen können wir noch einiges leisten,

das ist effektiv so. Aber ich bin da gar nicht mal traurig drum. Wenn die Werte alle

schon Klasse wären, ja dann hätten wir gar keine Arbeit."

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Atmo /Musik

Sprecher 1:

Für Gazprom ist der wichtigste Kooperationspartner in Deutschland die E.ON-

Ruhrgas AG. Der Essener Konzern ist Europas größter Energieversorger. Er nimmt

den Löwenanteil des russischen Gases ab.

Im Herbst 2008 feiern Gazprom und die E.ON-Ruhrgas AG ein außergewöhnliches

Jubiläum: Die deutsch-russische Energiefreundschaft hat eine 35-jährige Tradition.

Atmo: Empfang, Festessen, Reden EON-Gazpromjubiläum sfeier

Sprecher 1:

Auf dem festlichen Empfang zur Jubiläumsfeier von E.ON und Gazprom stoßen die

Manager auf eine neue Etappe der traditionsreichen Partnerschaft an.

Sprecher 2

2005 hatte Gazprom E.ON eine Beteiligung an der geplanten Nord Stream, der

Ostseepipeline eingeräumt. Die Energietrasse soll die russische Ostseeküste bei

Wyborg durch eine Unterwasserleitung direkt mit der deutschen Küste bei Greifswald

verbinden, unter Umgehung der bisherigen Transitländer Weißrussland und Polen.

Die Nord Stream soll das zwölftausend Kilometer lange Pipelinenetz, das E.ON in

Deutschland und Westeuropa unterhält, mit Gas versorgen.

O-Ton: Bernhard Reutersberg, E.ON-Ruhrgas

"Über die neue Leitung sollen ab 2011 rund 27 Milliarden Kubikmeter Erdgas im Jahr

fließen. Wir wollen und werden gemeinsam mit diesem Projekt die Versorgung nach

Europa nach vorne bringen.

Sprecher2

Bernhard Reutersberg, Chef der E.ON-Ruhrgas AG und Mitglied des

Aktionärsausschusses der North European Gas Pipeline Company von Gazprom

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O-Ton: Bernhard Reutersberg, E.ON-Ruhrgas

Gazprom wird langfristig als eines der größten fördernden Unternehmen weltweit und

als großer Energielieferant von Gas eine zentrale Rolle für E.ON Ruhrgas und den

europäischen Gasmarkt spielen. Russland ist und bleibt ein Eckpfeiler der

europäischen Energieversorgung "

Atmo /Musik

O-Ton Claudia Kemfert

"Die Ostseepipeline war ja eigentlich das, was die Energiewirtschaft als Lösung

angeboten hat.

Sprecher 2:

Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung

O-Ton Claudia Kemfert

Es ist natürlich keine wirkliche Lösung, weil man damit die Abhängigkeit von

russischen Gaslieferungen noch erhöht. Denn in der Zukunft nimmt norwegisches,

niederländisches Gas ab. Das heißt der Anteil von russischen Gaslieferungen nach

Deutschland steigt von heute knapp 40 auf dann 60 Prozent. Und damit hat man

nicht wirklich viel gewonnen."

Sprecher 2:

Zehn Tage vor der Bundestagswahl 2005 war Präsident Putin bei Bundeskanzler

Gerhard Schröder zu Besuch und unterzeichnete eine Vereinbarung über den Bau

der neuen deutsch-russischen Energietrasse. Der interministerielle Ausschuss des

Parlaments hatte noch in seinen letzten Amtsmonaten eine Bundesbürgschaft in

Höhe von 900 Millionen Euro bewilligt. Die Öffentlichkeit erfuhr davon erst im April

2006.

Sprecher 1

Da hatte der Ex-Kanzler schon seinen neuen Job im Aktionärsausschuss der "North

European Gas Pipeline Company" angetreten. Das Unternehmen, bei dem Gazprom

die Mehrheit hält, ist für das Ostseeprojekt zuständig.

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Für Gazprom hat die Ostseepipeline große strategische Bedeutung. In Deutschland

sind die zahlungskräftigsten Kunden und wichtigsten Partner: E.ON, WINGAS, RWE

oder die VNG. Sie erfüllen eine wichtige Drehscheibenfunktion, um russische Energie

in Europa zu verteilen. Russland braucht die Milliardeneinnahmen aus dem Westen.

Noch.

Atmo /Musik

Sprecher 2

Die Erdgasfelder der Zukunft liegen in der Arktis und Ostsibirien, weit weg von

Europa. Alexander Rahr, Programmdirektor Russland der Deutschen Gesellschaft für

Auswärtige Politik

O-Ton: Alexander Rahr

"China und Indien sind sehr daran interessiert russische Rohstoffe zu bekommen,

inzwischen machen diese Länder beide Druck auf Russland, weil Russland zögert.

Russland spielt natürlich Asien gegen Europa, Europa gegen Asien aus. Inzwischen

bauen die Chinesen ihre Pipelines aus Turkmenistan, Usbekistan und Kasachstan

ins eigene Land auch unter Umgehung Russlands, und deshalb sieht sich Russland

auch unter Druck."

O-Ton: Kirsten Westphal, Stiftung Wissenschaft und Politik

"Was man jetzt an der russischen Politik beobachten kann, und was auch russische

Kollegen zur Sorge veranlasst, ist, dass ein Großteil der Investitionen der Gazprom in

strategische Pipelineprojekte fließt, die ja wirklich extrem teuer sind. Es gibt

russische Experten, die von einer Gaslücke sprechen, das heißt, dass in ein paar

Jahren das Gas fehlt, um tatsächlich die Lieferverträge zu erfüllen".

Sprecher 2:

Kirsten Westphal ist bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik. Sie ist zuständig für

internationale Energiepolitik und Energiesicherheit. Die Berliner Stiftung berät

Parlament und Bundesregierung in allen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik.

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O-Ton: Kirsten Westphal, Stiftung Wissenschaft u. P olitik

"Werden die Felder erschlossen und werden sie rechtzeitig erschlossen?- das ist

tatsächlich die Frage. Werden die Investitionen, die notwendig sind getätigt?"

Sprecher 1:

Nach Schätzungen der internationalen Gasagentur in Paris könnte die drohende

Gaslücke für Westeuropa schon im Jahr 2010 100 Milliarden Kubikmeter betragen.

Um die Vertragsverpflichtungen einzuhalten und um die notwendigen Einnahmen für

Konzern und Staat zu erzielen, hat der Export höchste Priorität. Doch auch der

einheimische Gasverbrauch wächst rasant.

O-Ton: Kirsten Westphal, Stiftung Wissenschaft und Politik

"Dass in Russland verstärkt Kohlekraftwerke gebaut werden, man wieder die

Kernenergie ausweiten will, einfach um ein Mehr an Gas zu haben, um es nach

Europa zu exportieren. Das ist natürlich, wenn man sich das globale Bild anschaut

und den Klimafaktor reinbringt, eine fatale Entwicklung."

Sprecher 2:

Die Essener E.ON-Ruhrgas AG ist Europas größter Erdgashändler. Mit Gazprom hat

sie Lieferverträge über große Mengen bis 2036 abgeschlossen.

Sprecher 1

Auch andere Versorger haben langfristige Verträge. Dies wird Verbrauchern immer

wieder als Versorgungssicherheit verkauft, doch schafft die traditionelle deutsch-

russische Energiepartnerschaft auch fatale Abhängigkeiten und verhindert die

rechtzeitige Suche nach alternativen Energiequellen und Anbietern.

O-Ton: Alexander Rahr, Deutsche Gesellschaft für au sw. Politik

"Der Versuch Russlands in den nächsten Monaten eine Gas-Opec zu schaffen mit

Ländern wie Venezuela, Algerien, Katar und natürlich den zentralasiatischen

Ländern. Das sind alles Dinge, die man als Vorläufer eines größeren

Energiekonfliktes sehen könnte."

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O-Ton: Claudia Kemfert, Deutsches Institut für Wirt schaftsforschung

"Mit allen Ländern, wo Europa hingeht und versucht bilateral in Kontakt zu treten, war

Russland schon vorher da und hat mit denen Abkommen geschlossen, genau mit

dieser Motivation, ein Kartell zu gründen, was sie auch öffentlich nicht bestreiten, um

die Preise nach oben zu treiben."

Atmo: Schalke 04, Trainingsgelände

Sprecher 1:

In Gelsenkirchen, am Ernst Kuzorra-Weg ist man mit dem nächsten Spiel und dem

nächsten Gegner beschäftigt. In Sachen Sponsoring sind auf beiden Seiten nach

knapp einem Jahr keine Wünsche offen.

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

"Dass wir mit Schalke zusammen arbeiten, das war nicht nur eine grandiose

Entscheidung, das war für uns einfach ein Glücksfall. Wir haben

Aufmerksamkeitswerte erzielt, die grandios sind und das schon nach ganz kurzer

Zeit der Präsens."

Sprecher 1

Claus Bergschneider, Vizechef "Gazprom-Germania

O-Ton: Claus Bergschneider, Gazprom Germania

"Und um da noch einen kleinen drauf zu setzen. Wir sind auch auf Schalke vertreten

und zwar nicht in den offiziellen Geschäftsräumen von Schalke, sondern in den

Büros des Dachverbandes der Fanclubs. Und wenn man da angekommen ist, dann

ist man im Herzen von Schalke angekommen."

Atmo: Trainingsgelände Schalke /Musikausschnitt "Gl avna tema" G.Bregovic

O-Ton: Schalke 04, Fan

"Ich sage einfach, Geld stinkt nicht."

Absage:

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Gazprom

Weltmacht aus der Pipeline

Ein Feature von Ulli Wendelmann

Es sprachen:

Matthias Ponnier

Stephan Schad

und

Sigrid Burkholder

Technische Realisation:

Patrick Huth und Sebastian Nohl

Musik:

Dirk Leyers

Regieassistenz:

Sascha von Donat

Regie:

Nikolai von Koslowski

Redaktion:

Dorothea Runge

Eine Produktion des Westdeutschen Rundfunks mit dem Saarländischen Rundfunk,

dem Deutschlandfunk und dem Norddeutschen Rundfunk 2009.