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Acta anuesth. Scmdinav. 1962, Supplementum XII, 56-57. ERFAHRUNGEN MIT DEM INHALATIONS- NARKOTIKUM PENTHRAN UNTER BESONDERER BERUCKSICHTIGUNG INTRAKRANIELLER EINGRIFFE H. G. FISCHER, H. J. MOOTSCHALL & J. STOFFREGEN, Gijttingen, Deutschland Seit Herbst 1961 wurde Penthran bei 200 Narkosen unter anderem bei neurochirurgischen Eingriffen, Hirntumoren, Operationen an den peri- pheren Nerven, beim Bandscheibenvorfall sowie Eingriffen am Ruckenmark venvendet. Die Narkose wurde im halbgeschlossenen System bei Spontan- atmung wie unter maschineller Wechseldruckbeatmung durchgefiihrt. Die Narkosedauer lag bei 2 bis 4 Stunden, der Penthranverbrauch bei 5 ml pro Narkosestunde entsprechend einer durchschnittlichen Narkosegaskonzentration von 1,0 bis 1,5 Volumenprozent. Die Narkosefuhrung war angenehm und die Kreislaufverhaltnisse vor allem unter Spontanatmung sehr stabil. Unter maschineller Beatmung reagierte der Blutdruck dagegen rasch und teilweise ausgepragt auf iiberhohte Narkosegas- konzentrationen. Narkosemittelbedingte Rlutdruckabfalle liessen sich aber aus- nahmslos ohne Kreislaufmittel (Arterenol) oder Infusionen durch Wegnahme des Penthran und Zufuhr reinen Sauerstoffs in wenigen Minuten aus- gleichen. Herzrhythmusstorungen beobachteten wir nicht. Ohne Kombination mit Barbituraten oder Halothane war die Einleitungs- phase verlangert, Operabilitat nicht vor 15 bis 20 Minuten zu erreichen. Die schnellste und angenehmste Narkoseeinfuhrung gelang unter Barbiturat - Relaxantieneinleitung und sofortigem Obergang auf maschinelle Beatmung. Die Aufwachphase war ebenfalls stark verlangert, dauerte teilweise Stunden und war in ihrer Dauer nicht annahernd vorhersehbar. Die Schutzreflex kehrten dagegen relativ schnell nach Narkoseende wieder, so dass bei einiger Erfahrung die Patienten bei Operationsende planmassig extubiert werden konnten. Penthran hat sich uns im Rahmen der Allgemeinchirurgie als gut ver- tragliches und vollwertiges Inhalationsnarkotikum mit grosser Narkosebreite erwiesen. Der Wert eines Narkotikums fur die Anaesthesie bei neurochirur- gischen Eingriffen wird aber auch durch den postnarkotischen Verlauf be-

ERFAHRUNGEN MIT DEM INHALATIONS-NARKOTIKUM PENTHRAN UNTER BESONDERER BERÜCKSIGHTIGUNG INTRAKRANIELLER EINGRIFFE

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Acta anuesth. Scmdinav. 1962, Supplementum XII, 56-57.

ERFAHRUNGEN M I T DEM INHALATIONS- N A R K O T I K U M PENTHRAN U N T E R

BESONDERER BERUCKSICHTIGUNG INTRAKRANIELLER EINGRIFFE

H. G. FISCHER, H. J. MOOTSCHALL & J. STOFFREGEN, Gijttingen, Deutschland

Seit Herbst 1961 wurde Penthran bei 200 Narkosen unter anderem bei neurochirurgischen Eingriffen, Hirntumoren, Operationen an den peri- pheren Nerven, beim Bandscheibenvorfall sowie Eingriffen am Ruckenmark venvendet. Die Narkose wurde im halbgeschlossenen System bei Spontan- atmung wie unter maschineller Wechseldruckbeatmung durchgefiihrt. Die Narkosedauer lag bei 2 bis 4 Stunden, der Penthranverbrauch bei 5 ml pro Narkosestunde entsprechend einer durchschnittlichen Narkosegaskonzentration von 1,0 bis 1,5 Volumenprozent.

Die Narkosefuhrung war angenehm und die Kreislaufverhaltnisse vor allem unter Spontanatmung sehr stabil. Unter maschineller Beatmung reagierte der Blutdruck dagegen rasch und teilweise ausgepragt auf iiberhohte Narkosegas- konzentrationen. Narkosemittelbedingte Rlutdruckabfalle liessen sich aber aus- nahmslos ohne Kreislaufmittel (Arterenol) oder Infusionen durch Wegnahme des Penthran und Zufuhr reinen Sauerstoffs in wenigen Minuten aus- gleichen. Herzrhythmusstorungen beobachteten wir nicht.

Ohne Kombination mit Barbituraten oder Halothane war die Einleitungs- phase verlangert, Operabilitat nicht vor 15 bis 20 Minuten zu erreichen. Die schnellste und angenehmste Narkoseeinfuhrung gelang unter Barbiturat - Relaxantieneinleitung und sofortigem Obergang auf maschinelle Beatmung. Die Aufwachphase war ebenfalls stark verlangert, dauerte teilweise Stunden und war in ihrer Dauer nicht annahernd vorhersehbar. Die Schutzreflex kehrten dagegen relativ schnell nach Narkoseende wieder, so dass bei einiger Erfahrung die Patienten bei Operationsende planmassig extubiert werden konn ten.

Penthran hat sich uns im Rahmen der Allgemeinchirurgie als gut ver- tragliches und vollwertiges Inhalationsnarkotikum mit grosser Narkosebreite erwiesen. Der Wert eines Narkotikums fur die Anaesthesie bei neurochirur- gischen Eingriffen wird aber auch durch den postnarkotischen Verlauf be-

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stimmt. Wir halten es fur wichtig, dass der Patient am Ende neurochirurgischer Operationen wach und reaktionsfahig ist, um vor Einsetzen des zwangslaufigen postoperativen Hirntidems Auskunft iiber die Nervenfunktion und eventuelle Nervenausfalle zu bekommen. Dieses Ziel ist mit Penthran wegen des ausgepragten Nachschlafs nicht zu erreichen. Auch machten wir die Erfahrung, dass gerade nach intrakraniellen Eingriffen haufiger als gewohnt Brechreiz und Erbrechen sowie postnarkotische Erregungszustande auftraten. Die Halothan- Beatmungsnarkose in automatischer Wechseldruckbeatmung hat diese Nach- teile nicht und erfullt die gestellten Forderungen besser. L h t man dagegen den Patienten spontan atmen, so ist Penthran moglicherweise wegen der geringeren Atemdepression von Vorteil gegenuber der sogenannten Kombi- nationsnarkose. Unsere eigenen Untersuchungen an Hand von pH-Messungen scheinen diese Feststellung anderer Autoren zu bestatigen, sind aber zahlen- massig zu gering, um diese Frage eindeutig beantworten zu konnen, da wir unsere Patienten fast ausnahmslos automatisch mit Wechseldruck beatmen.