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Erfahrungsbericht über das Auslandsstudium an der Kyoto Universität, Japan Wintersemester 2015/16 Kai Gruber Bewerbung und Formalitäten Die Bewerbung für den Austausch verlief im Großen und Ganzen ohne großen Schwierigkeiten ab. Es gab zwar Phasen von Orientierungslosigkeit, aber sofern man kommunikationswillig und geduldig ist, kommt man leicht durch. Für die Studenten läuft der Prozess in zwei Stufen ab. Die erste Stufe ist der Nominierungsprozess an der Universität Frankfurt. Auch wenn es technisch gesehen nur eine Nominierung ist, muss man an die Partneruniversität kein zweites mal Motivationsschreiben oder ähnliches übermitteln, um endgültig anerkannt zu werden. Stattdessen muss man in der zweiten Phase mit Kyoto kommunizieren um Genehmigungen, Anmeldungen und andere Formalitäten zu klären. Es wurde uns früh erklärt, dass nach der Nominierung seitens der Frankfurter Universität die Verantwortung für den weiteren Prozess bei den jeweiligen Studenten und der Japanischen Fakultät liegt. In unserem Fall mussten wir, da wir nicht wirklich informiert wurden wie der Prozess weitergeht, lange auf eine Antwort von Seiten der Japanischen Fakultät warten bzw. sie selber anschreiben. Da die verantwortlichen Dozenten und Sekretäre Englisch beherrschen, war die Kommunikation kein Problem. Die Prozedur lief aber nicht reibungslos ab. Dokumente mussten mehrfach geschickt werden und wichtige Anforderungen wurden uns erst kurz vor deren Fristende mitgeteilt. In dem Moment mag das etwas stressig gewesen sein, aber Rückblickend waren alle kooperativ und lösungsorientiert. Meine Empfehlung ist es also: kommuniziert früh und viel und lasst euch nicht verrückt machen. Insbesondere in Hinblick auf die Kommilitonen, die zur Keio Universität in Tokyo gehen. Deren Fristen und Anforderungen sind anders, also wundert euch nicht, wenn deren Timing sich stark unterscheidet. Ein paar Bemerkungen zu den Dokumenten, die man nach Kyoto übermitteln muss. Es wird ein sogenanntes “Health Certificate” verlangt. In meinen Fall wurde mir kein Formular geschickt oder mitgeteilt wie so etwas auszusehen hat. Ich habe deswegen eine Version aus dem Internet heruntergeladen. Achtet darauf, dass es auf Englisch ist. Für die Anmeldung der Wohnheime gab es acht Möglichkeiten. Ich wurde auf die Yoshida International Guesthouse zugeteilt, was sich als Glückstreffer erwies. Dieser Wohnheim ist zwar der (bei weitem) teuerste, aber bietet eine sehr gute Lage und Ausstattung. Ich werde nichts über die anderen Wohnheime sagen, weil ich es lieber denen überlassen, die dort gelebt haben. Aber ich würde trotzdem empfehlen nicht die Mizuki- oder Uji- Dormitory zu wählen. Die negativ Erfahrungen über Mizuki, die ich bei anderen gehört habe, sprechen eine eindeutige Sprache und Uji ist einfach zu weit weg. Ich empfehle außerdem einen Härteanfall beim Studentenwerk einzureichen, um die Beiträge für das RMV-AStA-Semesterticket erstatten zu lassen. Die Prozedur dafür ist ziemlich unkompliziert. Man füllt ein Formular aus und schickt ihnen ein Nachweis, in der bestätigt wird, dass man sich in dem Semester an einer ausländischen Universität befindet. Ich durfte diesen Nachweis sogar aus Japan per email nachschicken. Wohnheim, Leben in Kyoto und Empfehlungen Der Einzug selbst verlief einfach und ohne Probleme, dank der freundlichen Angestellten. Der früheste Einzugstermin war der 28.9. Diejenigen, die nur für ein Semester angemeldet sind, mussten spätestens am 23.3 ausziehen. Eine Verlängerung der Unterkunft bzw. für das Zimmer ist meines Wissens nicht möglich. Solltet ihr euch also entscheiden länger als geplant zu bleiben, müsst ihr euch (soweit ich weiß alleine) um ein neue Unterkunft kümmern. Die Miete der Yoshida Unterkunft belief sich auf ungefähr 40000¥ und ist damit doppelt so hoch wie die Mieter der anderen Unterkünfte. Hinzu kamen noch monatliche Stromkosten von 2000-5000¥. In Japan gibt es keine Zentralheizung, also wird der Raum über Strom beheizt (ein AirCon, also Klimaanlage). Das Wasser ist in Yoshida kostenlos und Gas wird nicht verwendet. Die Stromkosten sind die einzigen Nebenkosten, die man an das Wohnheim zu bezahlen hat. Eine kleine Warnung: Lasst euch nicht vom heißen Septemberwetter irren, denn Kyoto

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Erfahrungsbericht über das Auslandsstudium an der Kyoto

Universität, Japan

Wintersemester 2015/16

Kai Gruber

Bewerbung und Formalitäten

Die Bewerbung für den Austausch verlief im Großen und Ganzen ohne großen Schwierigkeiten ab. Es gab zwar Phasen von Orientierungslosigkeit, aber sofern man kommunikationswillig und geduldig ist, kommt man leicht durch. Für die Studenten läuft der Prozess in zwei Stufen ab. Die erste Stufe ist der Nominierungsprozess an der Universität Frankfurt. Auch wenn es technisch gesehen nur eine Nominierung ist, muss man an die Partneruniversität kein zweites mal Motivationsschreiben oder ähnliches übermitteln, um endgültig anerkannt zu werden. Stattdessen muss man in der zweiten Phase mit Kyoto kommunizieren um Genehmigungen, Anmeldungen und andere Formalitäten zu klären. Es wurde uns früh erklärt, dass nach der Nominierung seitens der Frankfurter Universität die Verantwortung für den weiteren Prozess bei den jeweiligen Studenten und der Japanischen Fakultät liegt. In unserem Fall mussten wir, da wir nicht wirklich informiert wurden wie der Prozess weitergeht, lange auf eine Antwort von Seiten der Japanischen Fakultät warten bzw. sie selber anschreiben. Da die verantwortlichen Dozenten und Sekretäre Englisch beherrschen, war die Kommunikation kein Problem. Die Prozedur lief aber nicht reibungslos ab. Dokumente mussten mehrfach geschickt werden und wichtige Anforderungen wurden uns erst kurz vor deren Fristende mitgeteilt. In dem Moment mag das etwas stressig gewesen sein, aber Rückblickend waren alle kooperativ und lösungsorientiert. Meine Empfehlung ist es also: kommuniziert früh und viel und lasst euch nicht verrückt machen. Insbesondere in Hinblick auf die Kommilitonen, die zur Keio Universität in Tokyo gehen. Deren Fristen und Anforderungen sind anders, also wundert euch nicht, wenn deren Timing sich stark unterscheidet.

Ein paar Bemerkungen zu den Dokumenten, die man nach Kyoto übermitteln muss. Es wird ein sogenanntes “Health Certificate” verlangt. In meinen Fall wurde mir kein Formular geschickt oder mitgeteilt wie so etwas auszusehen hat. Ich habe deswegen eine Version aus dem Internet heruntergeladen. Achtet darauf, dass es auf Englisch ist. Für die Anmeldung der Wohnheime gab es acht Möglichkeiten. Ich wurde auf die Yoshida International Guesthouse zugeteilt, was sich als Glückstreffer erwies. Dieser Wohnheim ist zwar der (bei weitem) teuerste, aber bietet eine sehr gute Lage und Ausstattung. Ich werde nichts über die anderen Wohnheime sagen, weil ich es lieber denen überlassen, die dort gelebt haben. Aber ich würde trotzdem empfehlen nicht die Mizuki- oder Uji-Dormitory zu wählen. Die negativ Erfahrungen über Mizuki, die ich bei anderen gehört habe, sprechen eine eindeutige Sprache und Uji ist einfach zu weit weg.

Ich empfehle außerdem einen Härteanfall beim Studentenwerk einzureichen, um die Beiträge für das RMV-AStA-Semesterticket erstatten zu lassen. Die Prozedur dafür ist ziemlich unkompliziert. Man füllt ein Formular aus und schickt ihnen ein Nachweis, in der bestätigt wird, dass man sich in dem Semester an einer ausländischen Universität befindet. Ich durfte diesen Nachweis sogar aus Japan per email nachschicken.

Wohnheim, Leben in Kyoto und Empfehlungen

Der Einzug selbst verlief einfach und ohne Probleme, dank der freundlichen Angestellten. Der früheste Einzugstermin war der 28.9. Diejenigen, die nur für ein Semester angemeldet sind, mussten spätestens am 23.3 ausziehen. Eine Verlängerung der Unterkunft bzw. für das Zimmer ist meines Wissens nicht möglich. Solltet ihr euch also entscheiden länger als geplant zu bleiben, müsst ihr euch (soweit ich weiß alleine) um ein neue Unterkunft kümmern. Die Miete der Yoshida Unterkunft belief sich auf ungefähr 40000¥ und ist damit doppelt so hoch wie die Mieter der anderen Unterkünfte. Hinzu kamen noch monatliche Stromkosten von 2000-5000¥. In Japan gibt es keine Zentralheizung, also wird der Raum über Strom beheizt (ein AirCon, also Klimaanlage). Das Wasser ist in Yoshida kostenlos und Gas wird nicht verwendet. Die Stromkosten sind die einzigen Nebenkosten, die man an das Wohnheim zu bezahlen hat. Eine kleine Warnung: Lasst euch nicht vom heißen Septemberwetter irren, denn Kyoto

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ist im Winter sehr kalt. Die Stadt befindet sich von Bergen umzingelt in einem Tal. Man hat zwar eine super Aussicht auf die Berge, wenn man aus dem Fenster rausschaut, aber die kalte Luft wirkt so, als ob sie in der Stadt hängen bleibt. Wenn man die Stromkosten also niedrig halten will, muss man relativ viel mit dem Ein- und Ausschalten der Klimaanlage jonglieren. Andere Studenten versuchten Strom zu sparen, in der sie mehre Kleiderstücke übereinander trugen.

Der im Vergleich stolze Mietpreis erklärt sich durch die Lage und Ausstattung. Das Wohnheim befindet sich im Süd-Campus der Universität und ist Wortwörtlich im selben Gebäude, in der der Sprachunterricht

stattfindet. An der 5 Minuten entfernten Hyakumanben-Kreuzung (百万遍) befinden sich mehrere

Restaurants, die 24/7 geöffnet haben. Das Stadtzentrum ist zudem nur 15min mit dem Fahrrad entfernt. Das Gebäude selbst wurde erst vor ein paar Jahren fertiggestellt. Dementsprechend ist die Einrichtung der Räume relativ modern und unbenutzt. Man hat ein eigenes Bad, eine kleine Küche und ein durchaus gemütliches (westliches) Bett. Allerdings fand ich es amüsant, dass die Universität es nötig fand eine beheizbare Toilette und eine sich selbst regulierende Badewanne mit Sprechanlage zu installieren, aber nicht daran dachte genügend Platz für Kleider oder Küchenutensilien mit einzuplanen. Die Angestellten des Wohnheims sind sehr nett und hilfsbereit. Man merkt deren Erfahrung im Umgang mit internationalen Studenten, die Japan noch nicht kennen.

Wenn ich Schwächen des Wohnheims aufzählen müsste, dann wären das wohl die mangelnde Gemeinschaftsküche und die Anweisung alles wegzuschmeißen, wenn man auszieht. Es gibt theoretisch einen Gemeinschaftsraum, allerdings war es offiziell nicht erlaubt die Küche zu benutzen. Eine Regel, die keiner von uns Bewohnern verstanden hat (und später aufgelockert wurde) und leider dazu führte, dass der Raum am Anfang kaum benutzt wurde. Das machte es schwieriger andere Mitbewohner kennenzulernen und es dauerte länger bis sich ein richtiges Gemeinschaftsgefühl entwickelte. Falls ihr also in Yoshida unterkommen solltet, geht ruhig früh und aktiv zu den anderen hin, um sie kennenzulernen. Denn die Bekanntschaften die man dort knüpft, sind meiner Meinung nach die wichtigste und wertvollste Erfahrung, die man in dieser Zeit macht. Das Zweite, was ich nicht verstehen konnte war die Regel, dass alles nach dem Auszug weggeschmissen wurde was nicht mitgenommen werden konnte. So muss jede neue Generation immer wieder dasselbe Zeug kaufen, weil man in ein komplett leeren Raum einzieht. Andere Wohnheime hatten z.B. ein Bazar eingerichtet in der man die ersten Sachen billiger kaufen konnte.

Kyoto ist eine Fahrradstadt. Nicht, weil es eine gute Infrastruktur für Fahrradfahrer hat, sondern weil es für die Meisten praktischer ist, als die Alternativen. Im Gegensatz zu Tokyo hat Kyoto kein ausgebautes U-Bahn Netzwerk. Das öffentliche Verkehrssystem besteht hauptsächlich aus Bussen, die meistens pünktlich sind, aber an Feiertagen und Wochenenden wegen der Masse an Passagieren einfach unzuverlässig werden. Ich empfehle für den Aufenthalt ein Fahrrad zu kaufen. Es gibt genügend kleine Fahrradgeschäfte, die bereits auf die internationale Studenten eingerichtet sind. In meinem Fall konnte ich ein neues Fahrrad für 13000¥ kaufen, mit der Garantie, dass sie es wieder für 5000¥ abkaufen, wenn ich es innerhalb eines halben Jahres zurückgebe. Wenn man sich auf die Straße begibt, findet man einen Kleinkrieg zwischen Fußgänger und Fahrradfahrer. Von Fahrradwegen scheint die Stadtverwaltung nicht wirklich gehört zu haben. Öffentliche Parkplätze gibt es kaum oder wenn überhaupt nur in kostenpflichtigen Parkanlagen im Stadtzentrum. Dennoch überwiegen die Vorteile. Im Prinzip ist alles wesentliche in Kyoto mit dem Fahrrad erreichbar. Man ist zeitlich unabhängiger und flexibler, weil schon relativ früh in der Nacht kein Bus mehr fährt und man spart sich die Transportkosten. Je nach Wohnheim kann es sich dennoch lohnen ein Studententicket für Bus oder U-Bahn über die Universität zu beantragen.

Einer meiner ersten Einkäufe war eine SIM Karte für mein Smartphone. Auch wenn es freies Wi-Fi auf den Campus und den Convenience Stores gibt, macht mobiles Internet das Leben in Japan um einiges einfacher. Die Gebühr ist auch relativ niedrig. Für weniger als 1000¥ im Monat bekam man bereits eine SIM Karte mit 3GB (ohne Rufnummer), was in Deutschland meiner Meinung nach sehr billig wäre.

Was das Preisniveau angeht, muss man keine zu großen Ausgaben erwarten. Große Ausnahme sind Obst, Käse und Fleischprodukte. Wenn man soviel kocht, wie ich, muss man sich daran gewöhnen weniger Fleisch zu benutzen. Obst habe ich früh angefangen auf ein Minimum zu reduzieren (es gibt natürlich Ausnahmen). Interessanterweise sind die Restaurants hingegen viel günstiger als in Deutschland. Man bekommt in normalen Restaurants bereits für 600-1000¥ größere Portionen, die meiner Meinung nach auch von guter Qualität sind.

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Die ersten Tage

In den ersten paar Tagen nach meiner Ankunft in Kyoto war ich schon wieder etwas orientierungslos. Ähnlich wie zu Beginn des Jahres, als ich auf die Informationen der Japanischen Fakultät wartete, wusste ich nicht so ganz was als nächstes passieren sollte. Die Orientierungsveranstaltung der Fakultät war für Tage später angesetzt, aber Austauschstudenten von anderen Programmen besuchten bereits ihre ersten Kurse, während ich nicht mal wusste wo die Fakultät überhaupt ist. Zeitweise zweifelte ich sogar, ob ich eine wichtige Nachricht verpasst hätte. Ein Besuch im Sekretariat klärte aber alles auf. Nein, ich habe nichts verpasst. Alle Fragen würden in der Orientierungsveranstaltung geklärt werden. Bis dahin konnte ich mich um andere Formalitäten kümmern, z.B. den Eignungstest für die Sprachkurse belegen. Der Test war Pflicht, um an einem Sprachkurs teilzunehmen, und prüfte das komplette Spektrum von JLPT N5 bis N1. Es gab mehrere Termine zur Auswahl, doch fanden sie alle nur ein paar Tage nach dem Einzugsdatum statt. Also wer seine Kanjis auffrischen möchte, sollte es vor der Anreise tun.

Man darf nicht verpassen sich innerhalb der ersten zwei Wochen im “Ward Office” (役所) registrieren

zu lassen. Sofern man kein Japanisch kann, sollte man sich am besten einer der Gruppen anschließen, die von Japanisch sprechenden Studenten begleitet werden. Die meisten Japaner können nämlich kaum Englisch sprechen. Selbst ich, der Japanisch auf Konversationslevel sprechen kann, konnte die Beamten mit ihren Fachvokabular über Pension, Krankenversicherung etc. nicht vollständig folgen. Aber glücklicherweise sind sie sehr hilfsbereit und geduldig. Vergisst nur nicht alle Informationen und Dokumente mitzubringen. Am besten schreibt ihr euch die Adresse und Telefonnummer eurer Unterkunft auf. Ihr werdet sie immer wieder für diverse Registrierungen brauchen. Die Krankenversicherung ist ebenfalls Pflicht und kostet ungefähr 1000¥ im Monat, die man Bar an einem Convinience Store bezahlen kann. Sie deckt den Großteil der Behandlungskosten, d.h. für einen kompletten Versicherungsschutz braucht man noch eine deutsche Auslandsversicherung. Als ich zum Beispiel wegen Ohrenschmerzen zum Ohrenarzt musste, kostete mich die Behandlung nur 1500¥, die ich später in Deutschland zurückerstatten konnte.

Kurswahl und akademisches Leben

Als Austauschstudent der Frankfurter Universität wurde ich als “Special Auditor” (特別聴講) bei der

Graduate School of Economics eingeschrieben. Die Unterrichtssprache war Englisch, weil unser Programm an internationale Studenten ausgerichtet war. Die Kurswahl gestaltete sich zu beginn etwas chaotisch für mich. Ich hatte keine Informationen über potentielle Kurse. Manche hatten sogar schon begonnen bevor die Einführungsveranstaltung stattfand. Wir bekamen schließlich eine Kursliste mit der Aufforderung, dass wir uns innherhalb sieben Tagen zu entscheiden haben. Für mich kam der Prozess etwas undurchdacht vor. Man sollte sich entscheiden welche Kurse man belegen will ohne zu wissen, was deren Inhalt ist? Das Programm ist ein Fan von “intensive courses”. Kurse die nur für wenige Wochen und nicht das ganze Semester laufen, aber dafür mehr Anwesenheit pro Woche verlangen. Diese “intensive courses” fingen natürlich erst nach der ersten Woche an, also musste ich mich etwas blind entscheiden.

Aber letztendlich war die Sorge überflüssig. Denn die Themenauswahl war breit gefächert und die Art wie der Unterricht gehalten wurde, war sehr angenehm. Relativ kleine Kurse mit Studenten aus unterschiedlichen kulturellen Hintergründen sorgten immer für gute Diskussionsatmosphäre. Kontakt mit anderen japanischen Studenten fällt zu Beginn leider etwas schwer, vor allem wenn man kein Japanisch kennt. Es bietet sich an einem Club oder “Circle” beizutreten. Man findet nicht nur Clubs über alle möglichen Sportarten, sondern auch Nichen, wie der „Bar-Circle“ oder Photoshop club. Der Beitritt kostetet meistens eine kleine Gebühr und die Japaner könnten zu Beginn etwas schüchtern sein (sie waren es bei mir), aber mit etwas Geduld bricht man irgendwann das Eis.

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Die Stadt Kyoto

Verglichen zu Tokyo ist Kyoto eine Oase der Ruhe. Als die kulturelle Hauptstadt Japans ist Kyoto regelrecht mit tausenden Tempeln und Schreinen übersät. Die Bergketten im Hintergrund bieten immer eine tolle Aussicht und Gelegenheit zum Wandern. Die Innenstadt bietet auch Einkaufsmöglichkeiten und Entertainment, aber das nur im begrenzten Maße. Für sowas sollte man nach Osaka fahren, was ungefähr eine Stunde mit der Bahn dauert. Für ein noch größeres Großstadtfeeling muss man nach Tokyo. Für einen schnellen Trip muss man schon mehr als 10000¥ hinblättern. Günstiger wäre ein Nachtbus, die man schon ab 3000¥ reservieren kann.

Einer der ersten Sachen, die man als Deutscher in Japan bemerkt ist das Gefühl der “Sicherheit ”. Japaner lassen in Starbucks ihre Smartphones auf den Tisch als Platzhalter liegen, wenn sie aufs Klo gehen. Eine Freundin hat ihr iPad dreimal vergessen und jedes mal zurückbekommen. Kellner rennen einem hinterher, wenn man zu viel im Restaurant bezahlt hat (es gibt kein Trinkgeld in Japan). Ich habe Tüten voller Einkäufe unbeaufsichtigt im Fahrrad gelassen, weil ich wusste, dass es nicht gestohlen wird. Dieses Gefühl von Vertrauen war sehr angenehm zu erfahren.

Fazit

Die Zeit an der Kyoto Universität war eine großartige Erfahrung und eine gute Gelegenheit meinen eigenen Horizont zu erweitern. Es gab natürlich kleinere Stolpersteine im Anmeldungsprozess aber sie reflektieren eher organisatorische Schwächen, als fundamentale Probleme. Sofern man etwas Selbständigkeit und Eigeninitiative zeigt, kommt man in Kyoto sehr leicht durch. Ich hatte zwar Momente von Ungewissheit, aber Rückblickend konnte ich immer auf die Hilfe von Anderen vertrauen. Wenn man auf diese Stolpersteine vorbereitet ist, sollte der Auslandsaufenthalt eine reine positive Erfahrung werden.

Ich hatte eine gute Zeit neue sozialen Netzwerke aufzubauen und Freundschaften zu schließen, die auch nach dem Aufenthalt bestehen bleiben. Man lernt so viele unterschiedliche Personen und Kulturen kennen. Es gab keinen Moment in der ich mich gelangweilt habe. Es gab immer etwas zu erkunden oder zu lernen.

Japan besitzt unheimlich

viele Facetten und Orte zu

erkunden.

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Erfahrungsbericht über das Auslandsstudium an der Kyoto University, Japan Wintersemester 2015/16 Von Hans Hideki Weller, [email protected] Über mich Schon zu Beginn meines Studiums an der Goethe Universität in Frankfurt informierte ich mich über die vielfältigen Austauschprogramme der Universität, besuchte Informationsveranstaltungen und formte schon früh den Wunsch ein Semester im Ausland zu verbringen. Die Wahl der Universität war bei mir jedoch eventuell ein wenig einfacher als für manch andere: Durch meine japanischen Wurzeln wuchs ich stets mit zwei Kulturen auf. Ich besuchte neun Jahre lang jeden Samstag die japanische Schule in Frankfurt, und engagiere mich nach wie vor ehrenamtlich bei einer Deutsch-Japanischen Gesellschaft. Dennoch hatte ich nie die Gelegenheit eine längere Zeit als ein paar Wochen in Japan zu verbringen, da ich gänzlich in Deutschland geboren und aufgewachsen bin. Daher sah ich an einem Auslandsaufenthalt in Japan die perfekte Möglichkeit, neben Auslandserfahrung auch in stückweit meine eigenen Wurzeln zu erkunden. Für Kyoto entschied ich mich, da meine Verwandtschaft in Japan zum größten Teil in Tokyo wohnt und ich daher einen anderen Teil von Japan näher kennenlernen wollte. Bewerbung und Formalitäten Die Bewerbung an dem Fachbereich in Frankfurt verlief ohne Probleme, ich reichte mein Motivationsschreiben und alle weiteren erforderlichen Unterlagen fristgerecht bis Ende Oktober ein und erhielt zeitglich mit allen anderen Bewerbern Mitte/Ende Dezember eine Rückmeldung, dass ich von Seiten der Universität in Frankfurt nominiert worden bin. Allerdings wurde es dann ein wenig verwirrend mit dem weiteren Verlauf für die Bewerbung in Kyoto: Die Universität in Japan hatte gerade in diesem Jahr die Bewerbungsformalitäten komplett umgestellt, und daher war anfangs nicht gänzlich klar welche Unterlagen bis wann wo eingereicht werden müssen. Nach Austausch einiger Mails und einem kurzen Anruf nach Japan war allerdings alles geklärt, am Ende verlief sowohl die Bewerbung für das Visum sowie alle weiteren Formalitäten ohne Probleme ab. Allerdings sollte man sich hier nicht verrückt machen lassen, die Fristen der Universität in Kyoto waren deutlich später als die anderer Universitäten, was einen ein wenig verunsichern kann wenn die Kommilitonen die an eine andere Partneruniversität gehen schon alle Kurse gewählt haben und man selbst noch nichts eingereicht hat. An der Stelle ein paar weitere hilfreiche Hinweise für die Bewerbung: Japanische Passfotos haben ein anderes Format als in Deutschland! Am besten die Fotos machen lassen bevor man das erste Mal zum Konsulat geht – was übrigens mittags geschlossen hat (Öffnungszeiten beachten). Zudem braucht man ein sogenanntes „Health Certificate“ welches auf der Homepage der Universität Kyoto heruntergeladen werden kann – mit diesem Formular muss man dann zu seinem Hausarzt gehen welcher einem unterschreibt dass man gesundheitlich in der Lage ist das Auslandssemster anzutreten. Dies ist schnell erledigt und es bedarf keinen Bluttests. Erste Tage und Wohnsituation Nachdem ich bereits Anfang September nach Japan reiste um Verwandte und Freunde zu besuchen, kam ich Ende September in Kyoto an. Zu dieser Zeit ist es durchaus noch äußerst sommerlich in

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Japan, weshalb man definitiv auch an Sommerkleidung denken sollte. Ich zog sogleich in mein internationales Wohnheim ein (Shugakuin), welches relativ weit im Norden liegt. Das Wohnheim liegt etwa 10 Minuten mit dem Fahrrad von der Uni entfernt, zum Stadtzentrum ist es jedoch ein bisschen weiter (etwa 30min mit dem Fahrrad/20min mit den öffentlichen Verkehrsmitteln). Dennoch ist das Wohnheim absolut zu empfehlen: es wurde Anfang 2015 renoviert und ist sehr geräumig und modern, zudem ist es äußerst preiswert (unter 200€ pro Monat). Die gemeinsame Küche und Aufenthaltsräume ermöglichen es zudem schnell erste Kontakte zu knüpfen. Ein absolutes Muss in Kyoto ist jedoch der Kauf eines Fahrrads, in der Nähe der Universität gibt es dafür zahlreiche Fahrradgeschäfte. In einem ist es möglich ein neues Fahrrad für ca. 100€ zu kaufen und nach einem halben Jahr wieder für 50€ zu verkaufen, welches sehr viele Austauschstudenten wahrnehmen. Man sollte das Fahrrad jedoch nie für länger als eine Stunde an einem Ort abstellen wo es nicht erlaubt ist Fahrräder abzustellen: „Falschparker“ werden systematisch abgeschleppt und ist recht aufwendig und teuer das Fahrrad wiederzubekommen. Die Stadt Kyoto Kyoto ist die antike Hauptstadt Japans und hat daher geschichtlich und kulturell mit seiner unzähligen Anzahl an Schreinen, Tempeln und Zen Gärten unglaublich viel zu bieten: selbst nach fast einem halben Jahr hat man bei weitem noch nicht alles gesehen und erlebt was die Stadt zu bieten hat. Wenn man Interesse an Land, Leute, Religion und der traditionellen Kultur Japans hat wird Langeweile in Kyoto definitiv ein Fremdwort sein. Nichtsdestotrotz verkörpert die Innenstadt auch das moderne Japan, und wenn einem doch einmal der Sinn nach Großstadtatmosphäre steht, ist die zweitgrößte Stadt Japans – Osaka – nur eine Stunde mit der Bahn entfernt. Auch Naturfreunde werden voll auf ihre Kosten in Kyoto kommen: Die Stadt liegt in einem Tal, und daher fehlt es nicht an Bergen und entsprechenden Wanderwegen. Vor allem zu empfehlen sind dabei Arashiyama im Südwesten der Stadt, Hieizan im Norden und der Daimonji in der Nähe der Uni um die vielfältige Natur zu erkunden. Erste Eindrücke an der Universität und Formalitäten vor Ort Die ersten zwei Wochen an der Universität waren tatsächlich sehr stark geprägt von allen möglichen Formalitäten, wobei man sich auf dem schier riesigen Campus auch schnell verirren kann und nicht immer klar war wann man wo sein muss und was man wo einreichen muss. Allerdings sind alle Leute äußerst hilfsbereit und daher sollte es keinerlei Probleme geben wenn man ein wenig Gelassenheit und Kontaktfreudigkeit mitbringt. Neben den Formalitäten an der Universität müssen jedoch auch noch andere Dinge erledigt werden, zum Beispiel der Gang zum Ward Office oder das Eröffnen eines Bankkontos. Viele Banken in Japan sind dabei äußerst umständlich für Austauschstudenten, da alle Formalitäten auf Japanisch sind und es häufig auch nicht möglich ist Geld direkt aus dem Ausland zu transferieren. Die einzige Bank die dies ohne weiteres anbietet ist die Shinsei Bank in Downtown Kyoto, welche daher sehr zu empfehlen ist. Kurswahl und akademische Betreuung Ich habe in meinem Auslandssemster ausschließlich Kurse am Wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereich belegt sowie ein paar Japanisch Kurse (Intermediate und Advanced). Die englischsprachigen Kurse der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sind dabei alle aus der Graduate School und somit aus dem Masterprogramm der Universität. Dadurch ist die Anzahl der Kursteilnehmer eher klein, meist saß ich mit 15 bis 30 anderen Studenten im Unterricht. Dies war am Anfang ein wenig gewöhnungsbedürftig wenn man die großen Vorlesungen der Goethe Universität gewohnt ist, ist jedoch auch eine interessante Abwechslung. Viele Kursteilnehmer sind dabei nicht aus Japan sondern aus Südostasien oder aus anderen Regionen der Welt. Daher kamen durch diese Diversität und kleine Kursteilnehmerzahl stets sehr rege Diskussionen zustande. Anzumerken ist zudem noch, dass man nicht wie die meisten Austauschstudenten der Universität die man kennenlernen wird ein KUINEP Student ist, sondern ein „Special Auditor“. Damit genießt man mehr Vorteile gegenüber den anderen Austauschstudenten, und man könnte theoretisch auch Kurse von anderen Fachbereichen und Kurse auf Japanisch belegen wenn man dies denn möchte. Für das Erlernen der Sprache bietet die Uni zahlreiche (kostenlose) Japanisch Kurse an: Jemanden der bereits auf einem Intermediate/Fortgeschrittenen Level in der Japanischen Sprache ist sind die

Japanisch Kurse bei 藤井先生 (Fujii Sensei) sehr zu empfehlen, sowie der Kurs über 敬語(honorifics).

Allerdings ist auch für Beginner der Sprache etwas dabei: Die Anfängerkurse (3-mal wöchentlich) waren ebenfalls sehr beliebt. Allgemein würde ich das Erlernen der Sprache (falls nicht bereits begonnen) äußerst ans Herz legen, da das Englisch Niveau der normalen japanischen Bevölkerung recht begrenzt ist und daher vieles nicht auf Englisch verfügbar oder machbar ist. Außerdem

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erschließen sich viele kulturelle und historische Dinge erst über die Sprache, weshalb das Besichtigen von Sehenswürdigkeiten dann umso mehr Freude bereitet. Lebenshaltungskosten Bis auf ein paar Ausnahmen und Abweichungen ist das allgemeine Preisniveau in Japan dem in Deutschland sehr ähnlich. Wenn man in einem Wohnheim unterkommt bezahlt man vermutlich sogar weniger Miete als in Deutschland, und Essen gehen ist ebenfalls eine der besagter Abweichungen: Abends im Restaurant zu essen kostet mitunter weniger als 10€ (wobei darunter keineswegs die Qualität des Essens leidet!). Ich würde dennoch mit etwa 1000€ im Monat rechnen, da man von Natur aus mehr Geld ausgeben wird als in Deutschland (Eintritt zu Sehenswürdigkeiten ist eigentlich niemals kostenlos, es gibt fast nie Studentenrabatte und man hat kein Semesterticket für Bus und Bahn) Reisen in Japan und der näheren Umgebung In Kyoto an sich gibt es unglaublich viel zu erkunden und zu sehen, allerdings sollte man es sich keinesfalls entgehen lassen auch andere Orte Japans zu bereisen wenn man schon mal dort ist: Ein offensichtliches Reiseziel ist dabei Tokyo, eine der faszinierendsten Metropolen der Welt. Hier sieht man alle möglichen Gegensätze, und man bekommt nochmals einen ganz anderen Eindruck von dem Japan was man in Kyoto sieht und erlebt. Von Kyoto aus gibt es dabei drei Möglichkeiten nach Tokyo zu gelangen: Der Shinkansen(ICE), mit dem Flugzeug von Osaka aus oder mit dem Nachtbus. Der Shinkansen ist die angenehmste, schnellste, aber auch teuerste Variante (ca. 100€). Der Nachtbus ist je nach Saison sehr günstig (ab 30€), dafür ist man jedoch die ganze Nacht unterwegs und kommt morgens um 6 Uhr in Tokyo an. Aber auch in der näheren Umgebung gibt es genug sehenswerte Reiseziele. Osaka bietet einem zwar nicht ganz das gleiche Großstadtfeeling wie Tokyo, kommt dem aber recht nahe. Nara und Kobe sind jeweils für einen Tagestrip zu empfehlen, Hiroshima und Miyajima eignen sich perfekt für einen kombinierten Wochenendtrip. Nachdem die Letzen Klausuren und Hausarbeiten geschrieben waren machte ich persönlich nochmals einen Trip in den Norden Japans nach Hokkaido. Für Ski und Snowboarder ein Eldorado (gilt als eine der besten Plätze der Welt für Wintersport), aber auch für Anfänger wie mich definitiv eine Reise wert! Fazit Ich hatte eine fantastische Zeit in Kyoto: Das Leben an der Universität in einer der meiner Meinung nach schönsten Städte der Welt war ein wunderbare Erfahrung. Neben dem neuen Dingen die man durch die Diskussionen und Unterricht an der Uni lernt, habe ich auch gleichzeitig mein Japanisch und mein Englisch enorm verbessern können. Zudem war es mir möglich in kurzer Zeit unglaublich viele Freundschaften mit Studenten aus aller Welt zu schließen. Das halbe Jahr ging gefühlt unglaublich schnell vorbei, doch wenn ich an all jene Sachen denke die ich in dieser kurzen Zeit erlebt und gelernt habe war es eine sehr gut investierte Zeit, die mich nicht nur fachlich, sondern auch persönlich unglaublich weiter gebracht habe. Ich würde mich jederzeit wieder für ein Auslandssemster an der Kyoto Universität entscheiden.

Bambuswald in Arashiyama

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Geishas im Luxusviertel Gion

Männer in traditioneller Kleidung beim alljährlichen Feuerfest

Blick über die Stadt von einem Wanderweg im Südwesten der Stadt

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Das Hauptgebäude der Universität

Die ersten Kirschblüten bei meiner Abreise aus Kyoto im Februar

Erfahrungsbericht über das Auslandsstudium an der Kyoto

University (京都大学), Japan

Wintersemester 2015/16

Marvin Rust, [email protected]

Du bist interessiert an einem Auslandssemester an der Kyoto University in Japan? Dann versuche ich Dir nun sämtliche Informationen und Erfahrungen zukommen zu lassen, die ich in dem letzten halben Jahr erlebt habe. Bewerbung und Vorbereitung Allerhand Vorbereitungen müssen getroffen werden. Wenn du ein Auslandssemester über die Goethe Universität machen willst, musst du ein Motivationsschreiben verfassen, gute Noten vorweisen können und einige Grundkenntnisse in der japanischen Sprache haben. Zuerst etwas zum Motivationsschreiben. „Was motiviert mich nach Japan an die Kyoto University zu gehen?“ Schwierige Frage und nun bitte zwei DIN A4 Seiten auf Englisch dazu. Was mich motivierte ein Auslandssemester in Japan zu machen war es die Kultur, die Sprache und die Menschen näher kennenzulernen, da ich bereits zwei Urlaube in Tokyo erlebt habe und Japan mich fasziniert hat. Japan ist wirtschaftlich und strukturell gesehen Deutschland sehr ähnlich, jedoch werden unzählige Dinge anders gehandhabt. Die Gesellschaft zeichnet eine „einer für alle, alle für einen“ Mentalität aus, was Japan zu einem der sichersten Länder unserer Erde macht. Dieser Aspekt ist mir am deutlichsten aufgefallen. Egal zu

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welcher Tages- oder Nachtzeit, egal an welchem Ort man sich aufhält, ich wurde nicht ein einziges Mal Zeuge von Auseinandersetzungen, nicht einmal in den Partyvierteln der Stadt. Zweitens, gute Noten zu haben versteht sich von selbst, ist allerdings relativ zu betrachten, da es immer darauf ankommt wie viele Mitbewerber du hast und natürlich wird das „Gesamtpaket“ bewertet, sprich: Motivationsschreiben, Noten und Sprachkenntnisse. Wobei wir beim dritten Punkt angelangt wären, die Sprachkenntnisse. Die Kurse an der Kyoto University finden auf Englisch statt und sind häufig Graduate-Module. Das Niveau variiert von Kurs zu Kurs, da viel diskutiert wird und es daher sehr von den Kommilitonen abhängt. Einige Kurse hatten aufgrund von englischen „Native-Speakern“ ein sehr hohes Niveau, andere Kurse, bei denen keine Muttersprachler involviert waren ein eher durchschnittliches (B1/B2 nach europäischem Referenzrahmen). Im Wohnheim wirst du dich ebenfalls auf Englisch verständigen, da ein Großteil der Austauschstudenten keine umfangreichen japanischen Kenntnisse beherrscht. Jedoch, solltest du dich mit der japanischen Silbenschrift (Hiragana & Katakana) im Vorfeld auseinandersetzen und auch einige Phrasen wie „Entschuldigen Sie“, „Guten Tag“, „Danke“, „Bitte“ etc. lernen, da im Alltag viele Hürden auf Dich warten werden. Falls du Materialien zum Erlernen der Sprache benötigst, zögere nicht mich zu kontaktieren! Erste Tage Meine ersten Tage in Japan waren sehr turbulent und herausfordernd. Ich landete spät abends am Osaka Airport und war in der glücklichen Lage Yuta auf dem Flug kennengelernt zu haben, da er mir anfangs sehr geholfen hatte. Er wartete auf mich hinter der Passkontrolle, welche ein wenig dauerte, denn nach Vorlage des „Certificate of Eligability“ und des Visums bekommt man eine „Residence Card“ ausgehändigt, mit der du dich jederzeit in Japan ausweisen kannst. Dann nahmen wir gemeinsam den Bus in die Innenstadt von Osaka. Dort ging er in einen Convenience Store (Family Mart, Lawson, 7Eleven), druckte eine Karte mit der Adresse meines Ziels aus und half mir einem Taxifahrer zu erklären wohin ich müsste. Meine erste Nacht verbrachte ich in einer über Airbnb gefundene Wohnung. EJ, mein Gastgeber, half mir die Koffer reinzutragen, bot mir noch ein Bier an, wir unterhielten uns und dann schlief ich meine erste Nacht in einer Art (Capsule) in Japan. Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg nach Kyoto. EJ erklärte mir den Weg und los gings. Tipp: Informiere dich im Vorfeld über die Bahnen, die du nehmen musst und schaue über Google Street View wo sich dein Wohnheim befindet und wie es aussieht. Du wirst nämlich kein Internet auf deinem Smartphone haben, außer du gehst in einen der Convenience Stores, die haben in der Regel Free Wi-Fi. Als ich dann in meinem Wohnheim (Satsuki-Dormitory) ankam zeigte mir die Caretakerin mein Zimmer und erklärte mir alles auf Japanisch, was sehr unpraktisch war, da ich nicht alles verstand. Das war auch ein großer Nachteil für die kommenden Wochen, da die Angestellten des Wohnheims für „internationale“ Studenten sehr schlecht Englisch sprachen. Jedoch lebten einige „Resident Assistants“ im Wohnheim, das waren Japaner mit guten Englisch Kenntnissen, die mir in vielen Situation weiterhelfen konnten.

Zimmer im Wohnheim

Nachdem ich mein Zimmer bezogen hatte, machte ich mich auf den Weg die Stadt zu erkunden und schaute wo sich die Uni befand. Das Wetter war sehr gut (Oktober), ich lief durch den Imperial Palace, was eine riesige Parkanlage des ehemaligen Kaisers ist, ging über den Fluss und wusste sofort, dass ich mich hier die nächsten Monate sehr wohl fühlen werde. Schließlich erreichte ich die Kyoto University und war beeindruckt vom Erscheinungsbild und meinem zukünftigen „Schulweg“.

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Imperial Palace

Kyoto University

Nächsten Tag hatte ich einige Einführungsveranstaltungen, bei dem mir alle Professoren vorgestellt wurden, die ein kurzes Outline zu Ihren Kursen gaben. Dies war sehr überraschend, da man normalerweise ja eher wenig Kontakt zu seinen Professoren hat. Ich unterhielt mich mit einigen und stellte Fragen zu Kursstruktur und Kursschwerpunkt. Alle Informationen zu den Kursen sind auch online auf der Homepage der Uni einsehbar. Nachdem die Veranstaltung endete musste ich einige administrative Dinge klären. Ich organisierte mir ein Fahrrad, da der Weg zu Fuß etwa 30 – 40 Minuten betrug. Es ist empfehlenswert nicht das erstbeste

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Rad zu kaufen, sondern sich einen Fahrradladen auszusuchen, die ihre Fahrräder mit Rückkaufoption anbieten. Gesagt getan, ich kaufte ein neues Rad für 12.000¥ und konnte es innerhalb von 6 Monaten für 5000¥ wieder am gleichen Ort verkaufen. Außerdem empfehle ich ein Rad mit Korb zu besorgen, da es sich für Einkäufe als sehr nützlich darstellt. Mein Einkaufsverhalten hat sich aufgrund dessen, dass alle Convenience Stores und sogar Supermärkte 24/7 geöffnet haben drastisch geändert. Ich kaufte nicht mehr so viel auf einmal, sondern immer mal, wenn ich etwas benötigte, da die Dichte der Stores so hoch ist und man überall immer alles bekommt. Jedoch ist mein Tipp um Geld zu sparen, seine Einkäufe bei Fresco zu tätigen, da diese Supermarktkette mit Abstand die günstigste ist. Solltest Du die größte Auswahl bevorzugen, gehe zu

Izumiya (イズミヤ), allerdings zahlst du hier auch etwas mehr. Es lohnt sich ebenfalls auf japanisches

Essen umzusteigen, da westliches Essen meist teurer ist. Falls dir das japanische Essen anfangs zu viel Umstellung bedeutet, gibt es auch sämtliche aus Deutschland bekannte Fast-Food-Ketten. Kurswahl und Uni-Alltag Nach Absprache mit dem Prüfungsamt, welche Kurse anrechenbar sind, wählte ich die Kurse, die sich mit meinem Studieninteresse und -schwerpunkt deckten und reichte ein Formular im International Office der Kyoto University ein. Dieses Formular beinhaltet alle gewählten Kurse mit den Unterschriften der jeweiligen Professoren. Die erste Woche konnte dazu genutzt werden einen Einblick in sämtliche Kurse zu erhalten. Ich belegte 8 Kurse, da die dortigen Kurse 2CP bringen und man mit 16CP die volle Workload von 30 ECTS in Frankfurt erreicht. Zugegeben, durch die Wahl von 8 Kursen war leider keine Zeit um die dort angebotenen Japanisch Kurse zu belegen, aber mir war das Erreichen aller Creditpunkte wichtiger, da ich die Sprache aus Interesse nebenbei erlerne. Zum Ende des Semesters (Dezember/Januar) wurde es dann vergleichbar mit der Klausurenphase in Frankfurt. Ich hielt Präsentationen, schrieb Klausuren und musste Term Paper einreichen. Dennoch bleibt trotz voller Workload genug Zeit für Ausflüge, da Kyoto flächenmäßig nicht sehr groß ist und mit dem Rad vieles schnell erreichbar ist. Sehenswürdigkeiten Kyoto ist nicht umsonst bekannt als die Kulturhauptstadt Japans, denn um alle Tempel der Stadt zu sehen bräuchte man wahrscheinlich eine Ewigkeit (1600 Tempel). Die für mich eindrucksvollsten Tempel und Sehenswürdigkeiten der Stadt, die du dir nicht entgehen lassen solltest sind: Kinkaku-ji (Goldener Pavillon), Ginkaku-ji (Silberner Pavillon), Kyomizu-dera, Fushimi Inari-Taisha, Kyoto Hauptbahnhof, Kyoto University, Nishiki Market, Gion und vieles mehr. Auf der Homepage japan-guide.com findest du sämtliche Bewertungen und Bilder zu den jeweiligen Sehenswürdigkeiten. Sehr empfehlenswert sind außerdem Ausflüge in die umliegenden Städte der Kansai Region Osaka, Kobe und Nara. Viele der genannten Sehenswürdigkeiten verlangen Eintrittsgebühren, welche du ebenfalls alle auf japan-guide.com einsehen kannst. Dazu auch die Öffnungszeiten. Dormlife Das Wohnheim hatte leider nur einen einzigen Vorteil und zwar die Community, da alle am Anfang ähnlichen Problemen gegenüberstanden und man sich so gegenseitig helfen konnte. Ebenfalls war es gut neue Leute und Freunde kennenzulernen. Alles andere war leider enttäuschend. Sämtliche sanitären Anlagen wie Dusche, Toilette, Waschbecken befand sich auf dem Flur bzw. im Keller. Das Treppenhaus und die Flure konnten nicht beheizt werden, weshalb das eigene Zimmer auch grundsätzlich sehr kalt war. Trotz Air-Conditioner war es nur temporär möglich das Zimmer etwas aufzuwärmen, da die Fenster ungenügend isoliert sind. Der Schreibtisch war zum Arbeiten nicht geeignet, weshalb ich stets im „Common Room“ gearbeitet habe. Dieser war jedoch nur bis 22 Uhr benutzbar. Die angestellten „Student Adviser“ konnten leider nicht sehr gut Englisch, was auch eher unpraktisch war. Zudem gab es im Wohnheim Gendertrennung, wodurch es verboten war Besuch oder seinen Freund/in mitzubringen. Schlusswort Ich empfehle jedem ein Auslandssemester zu belegen, der die Chance dazu erhält! Ich habe viele Erfahrungen gemacht, indem ich oft vor völlig neuen Situationen stand, was im Nachhinein aber sehr gut für die persönliche Entwicklung ist. Denn nur wer vor Herausforderungen steht kann sich entwickeln, Gewohntes ist hingegen einfach. Japan als Land ist eine gute Wahl, denn die Gesellschaft ist sehr hoch entwickelt und an Historie, Kultur, Moderne und Einzigartigkeiten nicht zu übertreffen. Mir hat es wunderbar gefallen, es war ein bedeutender Abschnitt meines Lebens und ich würde es jederzeit wieder machen!

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Erfahrungsbericht über das Auslandsstudium an der Kyoto Universität (Japan) Wintersemester 2013/14 Über mich Mein Name ist Paul, ich bin 22 Jahre alt und studiere Mathematik und Wirtschaftswissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt. Nebenbei lerne ich ein wenig Japanisch.

Bewerbung und Vorbereitung

Dank der Partnerschaft des Fachbereichs WiWi in Frankfurt und der Faculty of Economics in Kyoto

können jedes Semester zwei frankfurter Studenten ein Auslandssemester an der Universität Kyoto

absolvieren. Im Wintersemester 13/14 war ich einer davon. Die Bewerbung und alle damit

verbundenen Formalitäten liefen absolut reibungslos ab. Neben den typischen Bewerbungsunterlagen

des International Offices wurden lediglich Japanisch-(JLPT) oder Englischkenntnisse (IELTS, TOEFL)

gefordert. Das Visum im japanischen Generalkonsulat, das im Messeturm ist, abgeholt, Flugticket

gekauft (ca. 600-900€), und schon konnte es losgehen.

Eine Empfehlung an alle, die ein Auslandssemester in Japan machen wollen: Die meisten Flughäfen

bieten an, die Residence Card direkt dort machen zu lassen. Das geht dort einfacher und schneller als

in den sonst zuständigen Ämtern.

Erste Tage und Wohnsituatio

Ende September kam ich am Kansai International Airport an, wo mich direkt die erste von äußerst

wenigen unangenehmen Überraschungen erwartete. Es war über 30°C und sehr schwül. Und ich

hatte nicht eine kurze Hose dabei. So bekam ich trotz der späten Anreise noch einen (noch drei

Wochen währenden) Geschmack vom berüchtigten Sommer in Kansai, der Region um Osaka und

Kyoto. Zum Glück war der Bus, der mich nach Osaka brachte, wo ich die erste Woche bei Freunden

verbrachte, klimatisiert – wie übrigens fast alle geschlossenen Räume in Japan.

Am ersten Oktober war dann der Tag gekommen, an dem ich in ein Internationales

Studentenwohnheim der Universität einzog. Dieses lag in Obaku, einem kleinen Vorort von Uji, das

wiederum als Schauplatz der Genji-Legende und für seinen vorzüglichen grünen Tee bekannt ist. Für

etwa 100€ pro Monat hatte ich dort ein Zimmer mit Kochnische, Balkon und eigenem Bad.

Die Studenten, die in Obaku wohnen, lassen sich in zwei Gruppen einteilen: Die einen, denen der

einstündige Weg zur Uni nichts ausmacht, und die, die sich schnellstmöglich ein neues Zimmer in

Kyoto suchen.

Ich persönlich bin drei Monate dort geblieben und wäre das auch bis zum Ende, wäre mir nicht ein

Zimmer fünf Minuten von der Uni entfernt angeboten worden.

Erste Eindrücke der Universität

Die erste Woche an der Uni war geprägt von Formalitäten. Anmeldungen zu Vorlesungen,

Anmeldungen zu Sprachkursen, Einstufungstest für die bereits angemeldeten Sprachkurse, je nach

Ergebnis dieses Testes Ummeldungen für Sprachkurse, Studentenausweis, Bibliotheksausweis, HRZ-

Konto erstellen,...

Anfangs fand ich das alles sehr umständlich. Aber schon nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass das

alles Teil des Charmes der Universität ist. Die Organisation ist einerseits chaotisch, andererseits

absolut nicht restriktiv. Viele Dokumente und Anmeldungen gibt es nur auf Japanisch, aber alle

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Mitarbeiter und Studenten sind so hilfsbereit, dass die Sprachbarriere kein Problem ist und man so

auch schon die ersten Bekannten und Freunde findet. Die Freiheit, die den Studenten und

Doktoranden in der Wahl ihrer Vorlesungen und Forschung gegeben wird ist unglaublich. Wenn die

Vorlesung nicht zu groß ist, ist es nicht unüblich, mit dem Professor ab und zu essen oder auch

trinken zu gehen.

Daneben gibt es auch noch etliche von Studenten organisierte Angebote. Zum einen gibt es die

Universitätsmannschaften in vielen Kampfsportarten, Fußball, Tennis, Golf, usw. Zum anderen gibt es

die sogenannten Kreise, bei denen der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind. Auch wieder gibt Kreise

für so gut wie alle Sportarten und traditionellen Künste. Stricken, Filme gucken, Pole Dancing,

Zauberwürfel lösen, backen, oder einfach nur Spaß haben – jeder findet mehr als nur einen Kreis für

seinen Geschmack. Persönlich begeistern und überrascht hat mich der Reitclub. Direkt auf dem

Campus gibt es einen Stall mit 15 Pferden und einen Reitplatz. Ohne beizutreten darf man leider nicht

reiten, aber einen Blick ist es auf alle Fälle wert.

Auch akademisch gibt es etwas für alle. Es gibt einen riesigen Katalog mit Vorlesungen aller

Fachbereiche, die für alle Studenten zugänglich sind. Einige davon auf Englisch, der Löwenanteil aber

auf Japanisch. Wenn man wirklich fachlich tief eintauchen will, kommt man um die japanische Sprache

nicht herum. Eine der wenigen Ausnahmen habe ich zum Glück erwischt, und zwar einen Masterkurs

in Wirtschaftswissenschaften, der komplett auf Englisch gehalten wird.

Für alles weitere gibt es die Bibkiothek(en). Zusammengenommen bilden die Bibliotheken der

Universität Kyoto die drittgrößte in Japan – mit vielen Tages- und Wochenzeitungen,

wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Magazinen und Büchern auf Deutsch und Englisch.

Mein persönlicher Lieblingsort ist aber das dritte Obergeschoss in der Hauptbibliothek, Media

Commons genannt. Gemütliche Sitzgelegenheiten, CD-Playern mit guten Kopfhörern und eine mehr

als solide Auswahl an klassischer Musik.

Kurswahl Auch die Kurswahl ist etwas chaotisch, aber einfach. Die ersten ein bis zwei Wochen des Semesters sind zum Probehören. Um sich in Kurse einzuschreiben, muss man bloß ein Formular ausfüllen und abgeben. Allerdings sind es unterschiedliche Formulare für Japanischkurse, Bachelor-, Master- und allgemeine Vorlesungen, die auch in verschiedenen Verwaltungen abgegeben werden müssen. Ich persönlich hörte englischsprachige Mastervorlesungen (Comparative Business Ethics, Sustainable Development in SE Asia, Firms and Industrial Organization in Japan), japanische Bachelorvorlesungen (Mikro, Makro) und neben Japanischkursen noch ein paar allgemeine Vorlesungen (Sociology 1, Psychoanalysis 1).

Akademische Betreuung Als Austauschstudent hat man nicht alle Vorteile, die die regulären Studenten genießen. Auf das Studium und die damit verbundene Betreuung trifft das aber überhaupt nicht zu. Es ist kein Problem, sich in alle allgemeinen Vorlesungen und die des eigenen Fachbereiches einzutragen. Auch bei den Verbleibenden kann man meistens etwas mit den jeweiligen Professoren oder Verwaltungen vereinbaren. Und selbst falls das nicht klappen sollte, ist es mir noch nicht passiert, dass ich mich nicht einfach dazusetzen durfte. (Selbst bei anderen Universitäten gab es da keine Probleme.)

Die Bedeutung der Sprache Japan ist vermutlich unter allen Industrienationen die mit den schlechtesten Englischfähigkeiten. Durch die allgemeine Hilfsbereitschaft wird das kompensiert, aber die einfachsten Dinge, wie Zug fahren oder einkaufen, werden komplizierter und zeitaufwändiger, wenn man kein Japanisch spricht. Trotzdem kann ich jedem Interessierten unabhängig von den Sprachfertigkeiten Japan nur nahe legen. Warum? Die nötigsten Sachen lernt man so wie so schnell auch ohne Sprache zu erledigen. Außerdem ist Japanisch keine schwere Sprache. Die Universität bietet hervorragende (natürlich

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kostenlose) Sprachkurse an. Und in einem Land, wo nur die allerwenigsten eine andere Sprache außer Japanisch wirklich beherrschen, herrscht kein Mangel an Übungsmöglichkeiten. Erst mit der Sprache lernt man auch wirklich die Kultur und Natur der Japaner kennen. Wenn man so will, kann man sagen, dass ein einfacher Sprachkurs auch eine Übung in Anthropologie und Soziologie ist. Neues zu lernen ist immer eine Erfahrung, und diese ist besonders bereichernd.

Reisen in Japan Nachdem alle Klausuren und Präsentationen überstanden waren, machte ich mich auf nach Tokio. Nachdem ich ein halbes Jahr in der sehr traditionsreichen und nicht allzu großen alten Hauptstadt verbracht hatte, war die Abwechslung, die Tokio bot, sehr willkommen. Tokio ist unvorstellbar groß, ein Moloch, der alles bietet. Jede Station der Yamanote-Line, die den Stadtkern umschließt, bietet eine komplett neue Erfahrung. In Tokio bin ich im Hostel Nui untergekommen. Die Angestellten sind extrem nett, interessant und sprechen größtenteils gutes Englisch. Das Hostel an sich ist nicht zu teuer, sauber, wunderschön eingerichtet, hat eine gut ausgestattete Küche und auch die anderen Gäste waren super. Abends verwandelt sich das Ergeschoss in eine Bar, wo auch Japanische Büroangestellte gerne nach der Arbeit noch ein Bier trinken gehen. Da für Studenten der Japan Railpass leider nicht verfügbar ist, bieten sich vor allem Busreisen an. Wenn man früh genug bucht, kommt man für etwa 25€ von Kyoto nach Tokio. Auch Fliegen ist eine Alternative. Mit Billigairlines wie Peach auf dem Vormarsch kommt man für 30-40€ nach Tokyo. Der Weg zum Flughafen dauert und kostet aber, also lohnen sich Flugreisen eher an weiter entfernte Orte, wie Kyushu oder Hokkaido. Für Rundreisen bietet sich das Seishun Juhachi Kippu („Frühling des Lebens 18 Ticket“) an. Verkauft wird es nur zu Ferienzeiten und besteht eigentlich aus fünf Tagestickets, die für Regionalbahnen gültig sind. Fazit Japan war großartig. Rein akademisch gesehen hat es mir neue Horizonte offenbart. Bei den gemeinsamen Vorlesungen und Gesprächen mit Studenten aus allen möglichen akademischen Hintergründen habe ich neue Ansichten und Theorien kennen gelernt. Ich konnte aus erster Hand mitkriegen, welche Aspekte von verschiedenen Disziplinen bevorzugt betrachtet werden und wie damit argumentiert wird. Wenn man die ganze Zeit nur mit Wirtschaftlern zusammen studiert, resultiert das in einem sehr eingeschränkten (akademischen) Weltbild. Auch außerhalb der Uni habe ich viele neue Freunde gefunden, ein Land kulturell und kulinarisch kennen und lieben gelernt und viele Eindrücke gesammelt. Japan ist nicht das einfachste Land, dafür aber eins der interessantesten. Auch für Leute, denen es noch vollkommen unbekannt ist. Wer ein Auslandssemester machen will, aber noch nicht weiß wo: Warum nicht in Japan?

Erfahrungsbericht über das Auslandsstudium an der Kyoto Universität (Japan) Wintersemester 2011/12 Von Dieter Imme Ein Auslandssemester an der Kyoto University lohnt sich definitiv. Neben der Erweiterung der Sprachkenntnisse, ist vor allem der Austausch mit japanischen und internationalen Studenten ein deutliches Plus. Die Vorlesungen und Seminaren mögen sich vielleicht nicht grundlegend von denen an der Goethe Universität unterscheiden, abgesehen von einigen marxistischen Ansätzen, dennoch ist der

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Fokus auf Ost- und Südostasien aus asiatischer Perspektive sehr spannend und ermöglicht es seine Kenntnisse intensiv zu erweitern.

Vorbereitung Das Wichtigste sind Hausschuhe und dicke Socken! Es hört sich merkwürdig an, aber japanische Wohnungen haben in der Regel keine Zentralheizung und die Isolierung der Fenster ist eher vorteilshaft für den schwülen Sommer als den kalten Winter. Zwar wird der Winter in Kyoto nicht allzu frostig (deutliche Minusgrade und Schnee sind weniger typisch), dennoch kann die durchgängige Benutzung der Klimaanlage zum Heizen die Stromrechnung deutlich nach oben treiben. Aber nun zum Wesentlichen: wer sich an die Vorgaben des International Office hält, wird auf keinerlei Probleme stoßen. Die Betreuung ist hervorragend und man erhält schnelle und unkomplizierte Hilfe bei Problemen und Fragen. Auch die Betreuung durch Prof. Kurosawa vor und während des Aufenthaltes in Kyoto ist sehr angenehm und man fühlt sich gut aufgehoben. Stehen Gänge zu Behörden oder zur Universitätsverwaltung an, ist Prof. Kurosawa äußerst hilfsbereit und begleitet einen auch, falls die Japanischkenntnisse noch nicht ausreichen sollten. Da er fließend Englisch und Deutsch spricht, braucht man keine Bedenken haben, dass die Sprache eine Barriere darstellen könnte. Nichtsdestotrotz lohnt es sich möglichst gut Japanisch im Vorfeld zu lernen. Für den Alltag kommt man mit JLPT N3 definitiv zurecht. Für die Universität empfiehlt sich aber Level N2. Generell hilft eine frühere Anreise, denn vor Ort lernt es sich immer noch am schnellsten. Um die Unterbringung kümmert sich ebenfalls Prof. Kurosawa, bei früherer Anreise muss man sich jedoch bis zum Beginn des Semesters selbst um eine Unterkünft bemühen. In der Regel beantragt er einen Platz im Studentenwohnheim in Shugakuin. Zur Sicherheit sollte dies aber vorher mit ihm abgeklärt werden und dabei bitte unbedingt Shugakuin erwähnen, da es per Fahrrad nur 10min von der Universität entfernt liegt. Die anderen beiden Studentenwohnheime liegen da wesentlich ungünstiger, so dass man täglich zwei Stunden Fahrtzeit sowie über 100€ für Fahrkarten im Monat einplanen muss.

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Aufenthalt Wer in Shugakuin unterkommt, könnte es kaum komfortabler haben. Die Miete ist mit 11,700Yen äußerst günstig. Strom kostet im Monat zwischen 1,000Yen und 2,000Yen, je nach dem was man verbraucht. In unmittelbarer Umgebung befindet sich ein Bahnhof, ein 100Yen Shop, mehrere günstige Einkaufsmöglichkeiten sowie ein Seven Eleven, in welchem man per Kreditkarte Geld abheben kann, keine Selbstverständlichkeit in Japan. Leider sind die Duschen (4 Stück) nicht die Gepflegtesten, daher lohnt es sich ein Paar Badelatschen einzupacken. Die gemeinsame Küche ist groß und wird häufig für fröhliche Abende genutzt. Allerdings ist ab 22 Uhr Schluss, dann gilt Nachtruhe. Auf dem Zimmer hat man jedoch eine Herdplatte und eine Spüle, so dass ein nächtlicher Hungeranfall kein Problem darstellt. Ein weiterer Pluspunkt für Shugakuin ist dessen Lage im Nordosten Kyotos, laut zahlreichen Reiseführern und eigenen Erfahrungen eine der schönsten Gegenden der Stadt. Keine 10min entfernt befindet sich der Ginkaku-ji, einer der berühmtesten Tempel Japans und Weltkulturerbe. Gleich daran schließt sich der sogenannte Philosophenpfad an mit vielen wunderschönen Tempelanlagen, die auch im Winter Veranstaltungen abhalten. Wer weniger auf Kultur und dafür mehr auf geselliges Beisammensein setzt, wird ebenfalls im Nordosten Kyotos fündig. In unzähligen kleinen Gässchen reihen sich typische japanische Restaurants und Izakayas aneinander. Aber Vorsicht! Während man ein Abendessen problemlos unter 1,000Yen bekommen kann, schlagen die Getränke dafür häufig umso mehr zu Buche. Dennoch ist das Preisniveau in Kyoto durchaus erträglich. Wer sparsam lebt, kann bereits mit 500€ zurechtkommen, muss dann aber auf die regelmäßigen Nomikai verzichten.

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Die Universität, eine von über 30 in Kyoto, gehört zu den Besten der Welt und steht in Japan selbst nur hinter der Tokioter Universität im Ranking. Dementsprechend gut ausgestattet ist die Kyodai. Das Curriculum ist durchaus umfangreich und bietet unter anderem auch Seminare zur marxistischen Wirtschaftstheorie an. Dank der fortschreitenden Internationalisierung der Hochschule gibt es inzwischen auch zahlreiche Vorlesungen und Seminare auf Englisch. Neben der hervorragenden wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, lohnt sich auch ein Blick in die Graduate School auf Management. Wer freundlich fragt, darf in der Regel zumindest als Gasthörer teilnehmen. Empfohlen seien hierbei insbesondere die Veranstaltungen von Hikino-sensei und Colpan-sensei. In den Wirtschaftswissenschaften kann ich unter anderen besonders die Seminare von Kurosawa-sensei (Vergleichende Industriepolitik) und Hisano-sensei (Agrarpolitik) empfehlen. Die Professoren sind durchweg äußerst professionell und laden auch ab und an zu Exkursionen in große Unternehmen (Toyota, Sharp, Asahi) oder zu einem gemütlichen Nomikai ein. Die Studentenschaft ist dabei nicht nur japanischer Herkunft, sondern auch sehr international, vornehmlich sind es koreanische und chinesische Austauschstudenten. Dadurch kommen sehr interessante Diskussionen in den Vorlesungen und Seminaren zustande. Eine wichtige Adresse für das studentische Leben eines Gaikokujin an der Kyoto Universität ist definitiv die Student Lounge Kizuna. Sie befindet sich etwas versteckt hinter dem International Office. Zum einen besitzt das Kizuna eine äußerst umfangreiche Bibliothek für japanische Sprachlernmaterialien. Wer also schon immer einmal sämtliche bisher erschienene Bände von Minna no Nihongo in einer Reihe sehen wollte, wird hier fündig. Zum anderen treffen sich hier nicht nur sämtliche internationale Studierende, sondern ebenfalls japanische Studenten, die nach Sprachlernpartnern suchen. Bezüglich Sprachtandems lohnt sich auch ein Blick an die Aushänge im International Office. Neben vielen nützlichen Informationen und Angeboten, finden sich hier auch Adressen von erst kürzlich gegründeten Organisationen, die versuchen das Prinzip von Sprachtandems in Japan zu verbreiten. Zusätzlich organisieren engagierte japanische Studenten jeden Donnerstagnachmittag eine Teaparty, auf welcher man hervorragend Leute kennenlernen kann. Wem das alles noch nicht reicht, kann sich auch bei den allmonatlich stattfindenden Veranstaltungen des Kizuna anmelden. Neben den typischen Herbstlaubspaziergängen und Grillabenden, werden auch Fahrten u.a. nach Shikoku angeboten. Allerdings sind diese sehr beliebt und man muss schnell sein, um einen Platz zu erhalten.

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Der Japanischunterricht an der Universität ist durchaus umfangreich. Listening, Reading, Grammar, Conversation, Comprehension und Kanji Kurse stehen zur Wahl. Dennoch sollte man sich rechtzeitig darüber informieren wann welche Kurse stattfinden und dies mit seiner eigenen Kurswahl abgleichen. Wer in einen Intermediate Kurs möchte, muss sich dem Einstufungstest stellen, der es durchaus in sich hat. Wer nicht bereits in Japan gelebt hat oder ein Sprachengenie ist, braucht sich keine Hoffnung auf einen Advanced Kurs zu machen. Diese sind für Personen gedacht, die die Sprache bereits sehr gut beherrschen und sie nun abrunden wollen. Wer plant mehrere Kurse zu belegen, sollte auch die Preise der nötigen Lernmaterialien bedenken. Bei fünf Kursen können schnell über 100€ für Bücher anfallen. Zum Glück schafft da das oben erwähnte Kizuna Abhilfe. Hier sind sämtliche im Unterricht verwendeten Bücher mehrfach vorhanden, so dass man sie problemlos ausleihen kann. Ein Nachteil des Japanischunterrichts ist die hohe Anzahl an Teilnehmern in den Kursen. Viele Nachfragen und häufiges Anwenden des Erlernten sind dabei leider nicht möglich. Daher lohnt es sich zu den Kursen aktiv nach Tandems zu schauen, bei denen man gezielt das Erlernte anwenden lernen und üben kann. Fazit Für mich persönlich war der Aufenthalt an der Kyoto Universität eine großartige Erfahrung und ich kann jedem nur ans Herzen legen sich selbst auf den Weg in die alte Kaiserstadt Japans zu machen. Wer nun Interesse an einem Auslandssemester in Kyoto hat, dem seien folgende Links als weiterführende Lektüre empfohlen: Faculty of Economics: http://www.econ.kyoto-u.ac.jp/en/ Graduate School of Management: http://www.gsm.kyoto-u.ac.jp/en/ Japanischunterricht: http://www.kyoto-u.ac.jp/en/education/international/overseas/japanese/ Student Lounge Kizuna: http://www.kyoto-u.ac.jp/en/education/international/facilities/kizuna/info.htm