Erinnerungskultur besser pflegen - dfv- · PDF fileManolo Sanlucar. De Melchor war ein Meister der Gesangsbegleitung und ein virtuoser Solist. Er war auf grossen Bühnen der Welt

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  • 12 Feuilleton DONNERSTAG, 5. JANUAR 2012

    Dicke Post erhielt die Grafen-familie Bernadotte auf der Mainau. In einem offenen Brief fordern Persnlichkeiten aus Konstanz, dass eine Gedenktafel fr die KZ-Opfervon 1945 auf der Insel Mainauim Bodensee er richtet wird und sich das Management der geschicht lichen Verant-wortung stellt.

    VON URS OSKAR KELLER

    MAINAU Mehr als eine Million Touristen pilgern Jahr fr Jahr zu der blumen-bersten Bodenseeinsel. Doch zwi-schen der Bltenpracht versteckt sich ein Stck NS-Geschichte, an das sich auch die neue Mainau-Generation der Familie Bernadotte bislang nicht erin-nern wollte. Mit KZ-Opfern lsst sich kein Geld verdienen, schreibt das Kon-stanzer Online-Magazin SeeMoZ. Graf Lennart Bernadotte, Urenkel des Gross-herzogs Friedrich I. von Baden, hatte die einstige Insel der Deutschordensrit-ter 1932 ber seine Grossmutter, die K-nigin Victoria von Schweden, geerbt.

    Die franzsische Armee hatte die Inseln Reichenau und Mainau im Mai 1945 beschlagnahmt, um franzsische Hftlinge aus dem Konzentrationslager Dachau zur Erholung und Behandlung auf diese Inseln zu bringen. Auch Inhaf-tierte aus dem KZ Mauthausen bei Linz wurden an den Bodensee gebracht.

    Die Amerikaner, die Dachau am 29. April 1945 befreiten, verboten den Franzosen wegen der Typhusgefahr, ihre Landsleute sofort nach Hause zu holen. Deshalb wurden einige von ihnen als Zwischenlsung auf den Bodensee-inseln Reichenau und Mainau, die in der franzsischen Besatzungszone lagen, isoliert untergebracht. Im Fall Reiche-nau mussten die Bewohner von einem Tag auf den anderen fr Monate die Insel verlassen, im Fall Main au wurde dort ein provisorisches Lazarett errich-tet. Am Zugang der Inseln war eine Schranke, wo jeder Ankmmling mit dem giftigen Insektenvernichtungsmit-tel DDT besprht wurde.

    Die andere Mainau 1945

    Der Konstanzer Historiker Arnulf Moser hat bereits 1995 die Insel Mainau genauer unter die Lupe genommen. In

    seinem inzwischen vergriffenen Buch Die andere Mainau 1945. Paradies fr befreite KZ-Hftlinge schreibt er: Als Krankenstation fr befreite KZ-Hft-linge war sie ein Versuch, national-sozialistisches Unrecht zu bewltigen. Zugleich war sie ein politisches Aus-hngeschild, das wichtigen Besuchern der Besatzungszone vorgefhrt wurde. Aber aus diesem Versuch entstanden neue Probleme. Unter anderem wies Moser auf Verbindungen des damali-gen Mainau-Grafen Lennart Bernadotte (19092004) mit dem NS-Regime hin.

    Als Beleg diente Moser der Schrift-verkehr zwischen dem Verwalter Ber-nadottes und dem damaligen Konstan-zer Oberbrgermeister sowie eine nachtrgliche Stellungnahme des eins-tigen NS-Rstungsministers Albert Speer, des Architekten Hitlers, die den Mainaugrafen in keinem guten Licht erscheinen lassen. Bernadotte, dessen Familie zum schwedischen Knigshaus gehrt, verbrachte die Kriegszeit in Schweden. Die Mainau hatte er 1943 fr monatlich 5000 Reichsmark an die Organisation Todt verpachtet, die bau-technische Abteilung im Rstungs-ministerium. Nach dem Krieg erklrte er, die Verpachtung an die Nazis sei notgedrungen gewesen, schreibt der Konstanzer Journalist und linke Gemeinderat Holger Reile in seinem Online-Magazin SeeMoZ.

    Nach Herisau berwiesen

    Im Sommer 1945 starben 33 dieser ehemaligen KZ-Hftlinge auf der Main au, zum Teil wohl auch an der falschen Ernhrung nach der Be-freiung, wie Moser glaubt. Schwere Flle konnte die Krankenstation auf der Mainau an das Militrspital in He-risau abgeben, in ein sogenanntes Not-spital auf militrischem Gelnde. Die Schweizer rzte haben spter ein Buch ber diese ehemaligen KZ-Insassen ge-schrieben (herausgegeben von Adolf Hottinger, 1948 erschienen). Auf der Sdostseite der Mainau wurde damals ein Friedhof angelegt. Als Lennart Ber-nadotte 1946 aus Schweden zurck an den Bodensee kam, verlangte der ge-schftstchtige Graf die Verlegung des Friedhofs auf den franzsischen Teil des Konstanzer Hauptfriedhofs. Ihm waren wohl die Sttte und die Erinne-rungen an die NS- Vergangenheit un-angenehm. Arnulf Moser: Der Fried-hof auf der Mainau war mit neunzig Buchs- und Taxusbumen angelegt, die mit auf den Hauptfriedhof umgesetzt wurden. Dafr verlangte Bernadotte dann Schadenersatz von der Stadt Kon-

    stanz. Und so wurden die Toten im Frhjahr 1946 auf den Konstanzer Friedhof umgebettet und spter nach Frankreich berfhrt.

    Als 1995 Mosers Buch zur Mainau erschien, haben Brigitte Weyl, Ge-schftsfhrerin der heutigen UVK Ver-lagsgesellschaft Konstanz, und Moser der Mainau vorgeschlagen, auf der Insel eine Gedenktafel anzubringen. Doch man hat uns khl abfahren las-sen, wie sich der Historiker erinnert.

    hnlich erging es Claus-Dieter Hirt, dem Prsidenten der Deutsch-Franzsischen Vereinigung (DFV) so-wie Stadtamtsrat in Konstanz. Vor einem Jahr schrieb er an die Verant-wortlichen der Mainau und wies auf die fehlende Aufklrung zu jenen Jahren hin. Trotz mehrfacher Ankndigungen wurde seither aber weder die Website berarbeitet noch eine Gedenktafel fr die KZ-Hftlinge angebracht.

    Offener Brief zeigt Wirkung

    Deshalb hat Hirt im Zusammen-hang mit dem von ihm und Daniela Frey herausgegebenen Buch Franz-sische Spuren in Konstanz Ein Streif-zug durch die Jahrhunderte (Univer-sittsverlag UVK, Konstanz) das Thema krzlich wieder aufgegriffen. In einem offenen Brief vom 19. Dezember an die Nachkommen von Lennart Ber-nadotte, Grfin Bettina und Graf Bjrn Bernadotte, schrieb er nochmals, dass die Chronik auf der Homepage der Main au die Zeit zwischen 1932 und 1961 ausspare, whrend lokalgeschichtlich weniger relevante Ereignisse durchaus aufgefhrt wrden. Einfach nur ein paar Flecken auf der Mainauer Blu-menpracht? Hundert Personen haben inzwischen den offenen Brief unter-zeichnet. Und er zeigt Wirkung. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 an Claus-Dieter Hirt nehmen Bettina und Bjrn Bernadotte erstmals selber Stel-lung. Sie schreiben: Die nun anste-hende Erarbeitung eines Gesamtkon-zepts zur Inselgeschichte, das auch eine sichtbare Form der wrdigen Er-innerung an die hier gestorbenen ehe-maligen KZ-Hftlinge definieren wird, soll sorgfltig und wissenschaftlich korrekt erarbeitet werden.

    Fachliche Hilfe sollen die Konstan-zer Historiker Tobias Engelsing (Leiter der Stdtischen Museen), Lothar Bur-chardt (Universitt Konstanz) und Jr-gen Klckler (Stadtarchiv) leisten. Auch Arnulf Moser wolle man anfragen. Al-lerdings ist das meiste schon aufge-arbeitet, denn Arnulf Moser hat die Grundlagen schon 1995 publiziert, Hirt

    und Frey doppelten 2011 in ihrem Buch nach. Neu herausgefunden haben sie vor allem die Namen der 33 verstorbe-nen Hftlinge. Die Verantwortlichen der Mainau wollen mit den Historikern ein Gesamtkonzept erarbeiten, das auch eine sichtbare Form der Erinnerung de-finieren muss. Die Geschichte soll auch den Mainau-Besuchern prsentiert und auf der Homepage dargestellt werden.

    Als mgliches Vorbild fr ein Mahn-mal knnte die an der Konstanzer Sigismundstrasse aufgestellte Stele dienen. Sie steht in der Nhe der wh-rend der Novemberpogrome 1938 zer-strten Synagoge. Auf ihr sind die Na-men der deportierten Konstanzer Ju-den aufgefhrt. Wir sind davon ber-zeugt, dass eine analoge ffentliche Gedenktafel fr die verstorbenen fran-zsischen Staatsangehrigen auch der Insel Mainau anstehen wrde, meint Stadtamtsrat Hirt. Deshalb haben er und die weiteren Unterzeichner an die Mainau-Geschftsleitung appelliert, an der Stelle des ehemaligen Friedhofes eine Gedenktafel fr jeden der ehema-ligen KZ-Hftlinge anzubringen und auf den geschichtlichen Hintergrund einzugehen.

    Erinnern ist ehrenhaft

    Der Schriftsteller und frhere Rechtsanwalt Peter Salomon aus Kon-stanz, Mitunterzeichner des offenen Briefs an die Mainau GmbH, sagt: Eine Gedenktafel am Ort und ein Hinweis auf der Homepage wird doch keinen Touristen abschrecken. Das Pflegen von Erinnerungskultur ist nicht nur eine Sule unserer Demokratie son-dern wird heute auch in der Gesell-schaft als ehrenhaft geachtet. Die Be-treiber der Mainau tragen ja keine Ver-antwortung fr die Geschehnisse in der Vergangenheit aber doch dafr, wie mit diesen heute umgegangen wird. Sie sollten etwas tun, und jeder wird sie rhmen.

    Erinnerungskultur besser pflegen

    Film Die Bernadottes auf der Mainau

    Heute Donnerstag, 5. Januar, zeigt das Schweizer Fernsehen um 20.05 Uhr auf SF 1 eine Dokumentation mit dem Ti-tel Der junge Graf und seine Schwes-tern Die Bernadottes auf der Insel Mainau von Andrea Pfalzgraf (51). Nach Auskunft der Autorin hat sie den Grafen zur Kriegszeit befragt, aber Graf Bjrn wollte dazu nichts sagen. Das kommt aber im Film vor. (uok)

    Auf der Insel Mainau soll auf Wunsch von Historikern und anderen eine Gedenktafel angebracht und damit die Geschichte dokumentiert werden. Bild Urs Oskar Keller

    Kultour

    Geheime Protokolle: Greene knapp am Nobelpreis vorbei STOCKHOLM Der britische Autor Gra-ham Greene hat 1961 nur knapp den Literaturnobelpreis verpasst. Wie bis-lang geheime Protokolle der Sitzungen der Schwedischen Akademie belegen, stand sein Name damals auf Platz zwei. Die Zeitung Sydsvenska Dagbladet zitierte aus den Dokumenten. Bis zu seinem Tod im Jahr 1991 galt Greene (Der dritte Mann, unser Mann in Havanna) immer wieder als heisser Anwrter auf den Literaturnobelpreis. Bekommen hat er ihn aber nie. 1961 war der Preis an den Schriftsteller Ivo Andric aus dem damaligen Jugosla-wien gegangen. Auf Platz drei hinter Greene stand damals die dnische Schriftstellerin Karen Blixen, Die schwedische Akademie, die die Preis-trger auswhlt, hlt die Dokumente ber ihre Entscheidungen 50 Jahre lang unter Verschluss. Anders ster-ling, zu dieser Zeit Stndiger Sekretr der Akademie, schrieb damals, Greene sei fr ihn wegen seines gesamten, berzeugenden Beitrags ein wrdi-ger Kandidat.

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