Dr. Sonja Stahl

Studium der Biologie (Biochemie, Immunologie) an der Universität Würzburg

Sachverständige für Schimmelpilze im peridomus Institut Dr. Führerin Himmelstadt/Würzburg

Arbeitsschwerpunkte: Chemische und mikrobiologische Bestands­auf­nahmen in Privathäusern und öffentlichen Gebäuden.

Adresse: peridomus Institut Dr. Führer, Mausbergstr. 9,D­97267 Himmelstadt, 09364­896001, info@peridomus.de, www.peridomus.de

Erkennen von verdeckten Schimmelschädenunter Einbezug von Schimmelspürhunden:

Vorgehen vor Ort und praktische Erfahrungen

Zusammenfassung

Bis jetzt gab es keine zuverlässige Methode, mit der verdeckte, nicht sichtbare mikrobielle Belastungen in Innenräumen sicher erkannt und räumlich einge­grenzt oder ausgeschlossen werden können. Im Hinblick auf vielfältige Auf­tragsarbeiten mit Hunderten von Einzeluntersuchungen bei gleichzeitigem Ein­satz verschiedener mikrobiologischer und physikalischer Untersuchungsmetho­den haben sich verschiedene Gesetzmäßigkeiten herauskristallisiert.

Auf der Basis dieser fachübergreifenden Erkenntnisse und unter Einbezug vonwirtschaftlichen Gesichtspunkten wurde eine reproduzierbare Vorgehensweiseentwickelt und etabliert. Der im Folgenden aufgezeigte Weg führt nachvollzieh­bar und wiederholbar zum Ziel, das heißt zum sicheren Nachweis oder Aus­schluss einer verdeckten, nicht sichtbaren mikrobiellen Belastung in Innenräu­men.Ausgewählte Praxisbeispiele verdeutlichen die Vorteile des Verfahrens.

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Kapitel 1: Planung (zerstörungsfrei)

Anfangsverdacht/ Vor Ort Situation

Ausgangspunkt für eine Begehung ist in einer Vielzahl der Fälle ein Schadensereignis(Wasser­ Sturmschaden, Bauablaufstörung) oder Beschwerden der Raumnutzer (ge­sundheitlich oder sensorisch).  Bevor es zu einem Schimmelspürhundeinsatz kommtwerden vor Ort Auffälligkeiten festgestellt, wie z. B. starke Geruchsauffälligkeiten, Was­serhochzüge, bauliche Mängel z. B. im Neubau mangelhafte Dampfsperren. Vereinzeltliegen auch bereits mikrobiologische Untersuchungsergebnisse vor (Raumluftuntersu­chungen, MVOC­Messungen). Um das Schadensausmaß zunächst zerstörungsfrei zuquantifizieren empfiehlt sich der Einsatz eines Schimmelspürhundes.

Begehung mit einem gut geschulten Schimmelspürhund/ Bewertung desMarkierungsverhalltens

Mögliche   Schimmelpilz­   und   Bakterienquellen   können   durch   einen   gut   geschultenHund zerstörungsfrei eingegrenzt werden. Der Hund kann Stoffwechselprodukte vonSchimmelpilzen und Bakterien direkt  wahrnehmen und zeigt  ein   relevantes Markie­rungsverhalten. Hierzu wird ein zuverlässiger und regelmäßig überprüfter Schimmel­spürhund von einem professioneller Hundeführer an den zu untersuchenden Bauteilenvorbeigeführt. Der Hund läuft nicht frei um ein systematisches und reproduzierbaresErgebnis zu erzielen. Ein erfahrener Sachverständiger dokumentiert das Markierungs­verhalten nachvollziehbar und achtet außerdem auf  weitere Auffälligkeiten (Fußboden­beschaffenkeit, mögliche Abdichtungen im Badbereich etc.).  Hund, Hundeführer undSachverständiger  bilden  das  „Messinstrument“  Schimmelspürhund.  Für   jede Schim­melhundbegehung wird ein Raumprofil erstellt und dokumentiert. 

Abb. 1: Der Schimmelspürhund zeigt ein relevantes Markierungsverhalten

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Bewertung des Markierungsverhaltens/ Festlegung der Probenahmepunkte

Zur Optimierung der Probenahme sind ergänzende Informationen und zerstörungsfreiephysikalische Untersuchungsmethoden mit einzubeziehen. Feuchtigkeit, als Grundlagefür mikrobielles Wachstum kann indirekt einen Hinweis geben. Weiterhin können Tem­peratur­ oder Luftströmungsmessungen physikalische Messgrößen zur Erstellung ei­nes weiteren Raumprofils sein. Die Erkenntnisse aus dem Markierungsverhalten des Schimmeldspürhundes und ausmindestens einer weiteren Untersuchungsmethode bilden die Entscheidungsgrundlagefür  die  Festlegung  der  bauteilzerstörenden  Probenahmepunkte.  Bei  Addition  beiderRaumprofile sind an Stellen mit großer Abweichung von Normzustand Probenahme­stellen  zu wählen.  Zusätzliche  Informationen können gegebenenfalls  miteinbezogenwerden. Als Referenz können auch Bereiche ohne Abweichung vom Normzustand alsKontrollprobenahmestelle festegelegt werden.

Kapitel 2: Ausführung (bauteilzerstörend)

Zweckdienliche Materialproben

Zur Absicherung der Begehung mit dem Schimmelspürhund und zur Qualifizierung undQuantifizierung  des  möglichen  mikrobiellen  Schadens  werden  an  den   festgelegtenPunkten Proben entnommen. Vorzugsweise werden organische Materialien beprobt.Die Beprobung wird dokumentiert (bauliche Ausführung und Auffälligkeiten sind zu er­fassen). Die sensorische Begutachtung der Probenahmestelle wird aus gesundheitli­chen Gründen in vielen Fällen nicht mehr durchgeführt.

Laboranalytik

Augenscheinlich grau­schwarze Verfärbungen werden durch mikroskopische Untersu­chungen analysiert. Unverfärbte Proben sollten zusätzlich auch kultivierungstechnischuntersucht werden, um nicht sichtbare Schimmelpilz­ und Bakterienbelastungen auszu­schließen. Gegebenfalls sind weiter labortechnische Analysen nötig. Hierzu müssenen eventuellweitere Proben Vor Ort genommen werden, bzw. Rückstellproben können ausgewertetwerden.

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Kapitel 3: Bewertung

Interdisziplinäre  Bewertung  der  Befunde/   Übertragung  der   laboranalyti­schen Einzelbefunde

Die Bewertung aller Befunde erfolgt entsprechend der einschlägigen Literaturquellenwie beispielsweise der  Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sa­nierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen (Umweltbundesamt UBA, 2002). Erfahrungen aus anderen Objekten, Erfahrungen anderer Institutionen, sowie unveröf­fentlichte Daten werden bei der Bewertung mitberücksichtigt. Bei einem hohen Maß an Übereinstimmung der mikrobiologischen Befunde mit demMarkierungsverhalten des Schimmelspürhundes können die laboranalytischen Einzel­messungen  auf weitere markierte Bereiche übertragen werden. 

Kapitel 4: Überprüfung und Verbesserung

Optimierung  der  Bewertung  des  Markierungsverhaltens/  Anpassung anneue Erkenntnisse

Durch den Vergleich der Laborergebnisse mit dem Markierungsverhaltens des Schim­melspürhundes und mit den physikalischen Vorbefunden zusammen mit den Rückmel­dungen aus anderen Fachgebieten kann eine weitere Optimierung der Interpretationdes Markierungsverhaltens erzielt werden. Die Informationsweitergabe an den Schim­melhundeführer und damit die Bestätigung der Qualifikation des Schimmelhundes wirdals essentiell angesehen. Kontinuierliche Verbesserungen werden durch ständige Anpassung an neue Erkennt­nisse, z.B. über neue/ ökologische Baumaterialen oder Rückmeldungen durch Sanie­rungsunternehmen erzielt.  Zur Überprüfung des Sanierungserfolgs wird in der Regelerneut eine Begehung mit einem Schimmelspürhund durchgeführt.Durch eine  inzwischen weitgehend standardisierte und strukturierte Vorgehensweisewir die Reproduzierbarkeit des gesamten Prozesses gewährleistet.

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Beispiele aus der Praxis 

– Wasserschaden im Neubau durch Fehler beim Anschluss der Toilette

Eine klare Eingrenzung des Schadensausmaßes war möglich Ein einfaches Verfahren führt zu einer optimierten Probennahme, über­

flüssige Probenahmestellen werden vermieden. Belastung für die Raumnutzer ist sowohl aus wirtschaftlicher als auch

aus psychologischer Sicht geringer 

Abb. 1: Markierungsverhalten des Schimmelspürhundes an der Scha­densstelle   im Dachgeschoss (durch blaue Schraffur   im Grundriss ge­kennzeichnet)

Abb.   2:   Markierungsverhalten   des   Schimmelspürhundes   im   Erdge­schoss (durch blaue Schraffur im Grundriss gekennzeichnet)

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Abb.   3:  Markierungsverhalten   des   Schimmelspürhundes   im   Unterge­schoss (durch blaue Schraffur im Grundriss gekennzeichnet)

– Kondensationsfeuchte im Dachstuhl durch Neubaufeuchte (Ham/Kla)

Rückschlüsse auf Umfang und Ursachen von Feuchteschäden könnendurch eine Begehung mit  einem Schimmelspürhund und eine BlowerDoor Messung mit Leckage Ortung gezogen werden?

Abb.   4:   Markierungsverhalten   des   Schimmelspürhundes   im   Dachge­schoss (durch blaue Schraffur   im Grundriss gekennzeichnet);  Markie­rung zum Dach hin wird durch Pfeile gekennzeichnet.

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Abb.  5:  Zweckdienliche  Materialproben  wurden  nach  Festlegung  derProbenahmestelle aus der Dachdämmung entnommen.

– Geruchsauffälligkeiten und gesundheitliche Beschwerden der Raumnutzer  imAltbau (Geroldsbach )

Neben   auffälligen   Putzoberflächen   waren   im   Gebäude   extreme   Ge­ruchsauffälligkeiten feststellbar

MVOC Messungen waren hoch auffällig

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Bad

Wohn­zimmer

Schlaf­zimmer

Gäste­zimmer

Küche

Abb. 7: Grundriss Obergeschoss einer Altbau Wohnung (starkes bis we­niger starkes Markierungsverhalten durch blaue Schraffur dokumentiert)

Abb.  8:  Probenahmestelle  mit  Auffälligkeiten   (feuchte Randabstellungund Kellerassel in der Fußbodenkonstruktion)

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Literatur

Umweltbundesamt, 2002: Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewer­tung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen

Umweltbundesamt 2005: Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilzwachstum in Innenräumen

Führer G, 2005: Prüf­ und Messverfahren für die Bestimmung von Schimmel­pilzen und Bakterien, in: Immobiliensanierung – Bauschäden und Instandset­zung, Instandhaltung und Modernisierung (Loseblattsammlung / Nach­schlagewerk). Herausgeber: WRS Verlag/ Haufe Mediengruppe, München/Planegg 

Hankammer G, Lorenz W, 2007: Schimmelpilze und Bakterien in Gebäuden (Rudolf Müller Verlag, 2. Auflage)

Lorenz W, 2010: Schimmelpilzspürhunde: Einsatzmöglichkeiten, Grenzen, ergänzende Labordiagnostik, in: 4. Hamburger Fachtagung: „Schimmelpilze in Innenräumen“ Erkennen – Sanieren – Vermeiden, Dokumentation zum Kongress, Bundesverband für Umweltberatung e.V., Bremen

Wallner J, 2011: Schimmelspürhund vs. Laboranalytik, Master­Thesis Do­nau­Universität Krems

Lenz T, 2012: Wissenswertes über die Fähigkeiten und den Einsatz von Hun­den im Dienst für den Menschen, Kurzfassung eines Vortrages auf dem 2. Würzburger Schimmelpilz­Forum am 23.03.2012

Wallner J, Hanus C, Führer G, 2012: Das „Messinstrument Schimmelspür­hund“, Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft 72/3, Seiten 94 ­ 98 

Wallner J, 2013: Schimmelspürhund und Laboranalytik – Eine vergleichende Zuverlässigkeitsuntersuchung, vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich 

Bundesverband Schimmelpilzsanierung e.V. (BSS), 2013: BSS­Richtlinie „Prüfung von Schimmelpilzspürhunden“, Selbstverlag

Herrnstadt C, 2013: Prüfung von Schimmelspürhunden nach BSS­Standard,Vortrag auf der gemeinsamen Fachtagung für biogene Schadstoffe von VDBe.V. und BSS e.V. am 02.07.2013 in Bonn:

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