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Erntebittgottesdienst 6.7. 2014 mit dem Landfrauenverein (Frauenchor, Blumenschmuck und Sprechmotette) Mt. 5,45 „Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ Liebe Gemeinde, Kennen Sie die Geschichte von Adam und Eva und der ersten Ameise? Adam und Eva waren bekanntlich die ersten Menschen und ihr Zuhause war der Garten Eden. Eines Tages gingen die beiden spazieren. Da erblickte Adam plötzlich einen kleinen schwarzen Punkt auf der Erde, der sich bewegte: das war ein Insekt, und zwar Moriah, die erste Königin der Ameisen. Adam beobachtete sie eine ganze Weile interessiert, wie sie scheinbar ziellos im Gras herum irrte. Dann hob er seinen nackten Fuß und zertrat auf sie, sie war auf der Stelle tot. Eva fragte ihren Gatten:“ warum tust du das, Adam?“ Und Adam antwortete: „Weil ich es kann.“ Bekanntlich kamen sie später an den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse, der viele schöne Früchte trug, die anzurühren Gott ihnen streng verboten hatte. Eva pflückte trotzdem einen Apfel und bot ihn Adam an. Adam erschrak, weil er an Gottes Verbot dachte und fragte sie: „Warum tust du das?“ und Eva antwortete ihm: „Weil ich es kann“. Da wurde Gott bekanntlich sehr böse und er verjagte Adam und Eva aus dem Paradies. Die beiden jammerten und klagten und sie fragten Gott: Warum tust du das?“ Und Gott antwortete ihnen nur: „Weil - ich - es -kann“….. Die Geschichte stammt von Hanni Münzer. Sie hat die diese Geschichte für ihren Enkel Simon

Erntebittgottesdienst 6.7. 2014 mit dem … · Sie als Landfrauen (und –männer) und wir alle als Bürger einer bäuerlich geprägten Stadt wissen und beherzigen das in oft großartiger

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Erntebittgottesdienst 6.7. 2014 mit dem Landfrauenverein (Frauenchor,

Blumenschmuck und Sprechmotette)

Mt. 5,45 „Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen

über Gerechte und Ungerechte.“

Liebe Gemeinde,

Kennen Sie die Geschichte von Adam und Eva

und der ersten Ameise?

Adam und Eva waren bekanntlich die ersten

Menschen und ihr Zuhause war der Garten

Eden. Eines Tages gingen die beiden spazieren.

Da erblickte Adam plötzlich einen kleinen

schwarzen Punkt auf der Erde, der sich bewegte:

das war ein Insekt, und zwar Moriah, die erste

Königin der Ameisen.

Adam beobachtete sie eine ganze Weile

interessiert, wie sie scheinbar ziellos im Gras

herum irrte. Dann hob er seinen nackten Fuß und

zertrat auf sie, sie war auf der Stelle tot.

Eva fragte ihren Gatten:“ warum tust du

das, Adam?“ Und Adam antwortete: „Weil ich es

kann.“

Bekanntlich kamen sie später an den Baum der Erkenntnis

von Gut und Böse, der viele schöne Früchte

trug, die anzurühren Gott ihnen streng verboten

hatte.

Eva pflückte trotzdem einen Apfel und bot ihn

Adam an. Adam erschrak, weil er an Gottes

Verbot dachte und fragte sie: „Warum tust du

das?“ und Eva antwortete ihm: „Weil ich es

kann“.

Da wurde Gott bekanntlich sehr böse und er verjagte

Adam und Eva aus dem Paradies. Die beiden

jammerten und klagten und sie fragten Gott:

„Warum tust du das?“

Und Gott antwortete ihnen nur: „Weil - ich - es -kann“…..

Die Geschichte stammt von Hanni Münzer. Sie

hat die diese Geschichte für ihren Enkel Simon

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geschrieben

„Gott schuf noch weitere vielfältige

Arten“ fährt sie fort, „und die Insekten unter

ihnen waren sehr zahlreich. Doch im Gedächtnis

der Insektenvölker lebt bis heute weiter, dass die

Ameisenkönigin Moriah einst von dem ersten

Menschen getötet wurde.

Darum tragen seit dem ersten Tag der Mensch-

heit die Insekten, die Völker bilden, den gleichen Gottesfluch

in sich wie wir Menschen.

Die Menschen und die Ameisen, Bienen,

Termiten, alle staatenbildenden Insekten

sind diejenigen Lebewesen auf dieser

Erde, deren Völker Krieg führen, auch unter einander.

An diese schöne Legende als ich angefragt wurde, die Kollekte dem

Bienenprojekt Alona mit Bäuerinnen in Kenia zu widmen.

Dann stieß ich auf das Logo der „LandFrauen“ - eine Biene“. Fleißig wie die

Bienen seid ihr Landfrauen, unverdrossen, einfach nicht weg zu denken!

Dann sah ich am Montag in der ARD die spannende Dokumentation über das

weltweite Bienensterben und wir wurde klar: du predigst nicht nur über Regen

und Sonne, über Gute und Böse, sondern auch über die Bienenvölker, ihren

Kampf ums Überleben und was das mit uns Menschen, der anderen

staatenbildenden Spezies zu tun hat.

Gerade besangen wir“ die unverdrossne Bienenschar“.

So könnte man heute nicht mehr dichten! Die Bienenschar ist heute nicht nur

verdrossen, sondern in Panik, sehr gefährdet, vor allem dort, wo wir Menschen

intensivste Massentierhaltung (auchmit Insekten) und Monokultur betreiben:

Europa, Amerika, Asien.

Es wurden Imker aus diversen Ländern gezeigt. Jeder imkerte in der xten

Generation, doch sie zeigten total unterschiedliche verschiedene Haltungen

gegenüber dem Tier und ihrer Arbeit. Es gibt immer und überall „sodde und

sodde“ – „solche und solche“ unter den Menschen, nicht nur bei Landwirten,

sondern überall …..

Manche reden und handeln zynisch, rücksichtlos.

Andere aber haben Respekt, lassen sich leiten vom Respekt gegenüber den

Mitgeschöpfen, arbeiten schonend, beuten nicht alles und alle aus, glauben den

Pharmafirmen auch nicht alles, und achten auf die Zusammenhänge innerhalb

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der Schöpfung.

Kurz: sie achten die Geschöpfe, sind gewissermaßen so gnädig zu ihnen, wie

uns Gott zu uns gnädig ist. .

Der krasseste Gegensatz war zwischen einem alten Schweizer in den Hochalpen

und einem Imker-Groß- Unternehmer aus Kalifornien.

Hier der Schweizer, der sich auf ein Tal beschränkt und die Alte Bienen-

Landrasse hartnäckig gegen neue Hochleistungs- Rassen verteidigt, dort ein

erklärter Kapitalist, der zehntausende Bienenvölker hat, sie ständig mit

Tieflastern quer durch den Kontinent hin- und herfährt und damit die

Verbreitung der Milben und Bakterien verursacht.

Krankheiten, Stress und oft zu weit gehender Einsatz von Chemikalien, ein

fataler Mix, das alles bedroht weltweit „Apis mellifera“ die westliche

Honigbiene“.

Unverblümt und unverschämt sagte der Kapitalist inmitten der immensen

kalifornischen Mandel-Monokulturen : „Hören sie das Summen“? „So hört sich

Geld an, Money, Money“

Und, während im Hintergrund die Plantagen gespritzt wurden und seine Bienen

teilweise vergiftet zu Boden fielen: „mein Vater und Großvater, alle Imker,

wären damit nicht einverstanden, doch ich bin Kapitalist und mache das so“.

„Weil ich es kann!“ höre ich da im Geist sagen.

Bald war sonnenklar: Hier führt Menschen-volk Krieg gegen Tier-volk, einen

Ausbeutungs- und Bereicherungs-Krieg, ohne Rücksicht auf Verluste.

Dass es auch anders geht, beweisen Imker, die anders arbeiten, die auch ihre

Brötchen verdienen, nur viel klüger, nachhaltiger.

Dass es auch anders geht, zeigen die vielen Landwirte, Tierhalter und

Weingärtner, gerade auch bei uns im „Ländle“, die maßvoll arbeiten und offen

sind für neue schonendere Techniken. Unlängst habe ich auf so einen

Milchviehhof besucht, wo es den Kühen sichtlich gut geht.

„Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über

Gerechte und Ungerechte.“ so sagt Jesus in der Bergpredigt.

Als Kinder hatten wir alle noch ein instinktives Gespür für das Gut und das

Böse.

Doch beim Erwachsenwerden geht das verloren. Es bleibt meist nur noch eine

Hälfte -das Gespür für das Gute- erhalten.

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Gegenüber dem Bösen, dem Zerstörerischen erweisen wir uns leider Gottes als

blind, verteufelt blind oder soll ich sagen „verdammt blind“.

Ist dass der Sündenfall, liebe Gemeinde, an dem wir Kinder Adams und Evas

leiden?

- Dass wir uns vom Bösen, vom Zerstörerischen verführen und mitreißen

lassen. Dass wir es immer zu spät merken, wenn das Unheil angerichtet ist und

wir der Geister die wir riefen, nicht mehr Herr werden?

- Dass gegen die Stimme des Herzens und der Vernunft- unser Dickkopf sich

durchsetzt und befiehlt: „iss doch vom Baum, du kannst es doch! Kannst doch

selber unterscheiden zwischen Gut und Böse. Werde wie Gott, nimm den Apfel,

nimm und iss!“

„Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über

Gerechte und Ungerechte.“

Mit einem anderen Bild gesagt: „Wir sitzen alle in einem Boot.“ Stimmt das

wirklich?“

Doch, es stimmt. Das macht Jesu Bergpredigt klar und auch das Sterben der

westlichen Bienen.

Werden wir uns nicht uns global die Augen reiben, wenn einmal der Raps, die

Tannen und das Gemüse, ein Drittel aller Blütenpflanzen nicht mehr natürlich

bestäubt werden? So viele Billiarden Blüten können alle BäuerInnen der Welt

nicht von Hand bestäuben.

Wir alle – Menschen, dazu Tiere und Pflanzen – müssen einfach lernen

miteinander auskommen.

Doch wem predige ich das? Sie als Landfrauen (und –männer) und wir alle als

Bürger einer bäuerlich geprägten Stadt wissen und beherzigen das in oft

großartiger Weise. Ich predige es dennoch, damit wir wissen, wofür und für wen

wir beten müssen.

Lasst uns auch beten für die Geschöpfe. Und auch für die Minister und

Firmenchefs, für die Lobbyisten und die Zyniker im Geschäft mit Pflanze und

Tier.

Für Kirchenführer, Regierungschefs und alle, die Menschen führen und leiten.

Für alle, die unterrichten, ausbilden und Weltbilder vermitteln.

Wir haben heute ganz anderes Weltbilder als die die Menschen der Bibel. Wie

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sie sich die Erde vorstellten, das belächeln wir wohl alle. Für sie war die Welt

einer Scheibe mit dem Himmelsgewölbe. In der Art einer riesigen Käseglocke,

von der die Sonne herabscheint und aus der Gott regnen lässt, indem er ab und

zu die Schleußen des Himmels öffnet.

Wie gesagt, wir Leute von heute belächeln diese Vorstellung. Doch sie ist gar

nicht so schlecht und zeugt von viel Einsicht und Gespür.

Denn unser Planet ist klein, alle Geschöpfe sitzen miteinander im Glashaus. Und

wer im Glashaus sitzt, soll bekanntlich nicht mit Steinen werfen. Wir hängen

alle voneinander ab. Alles was lebt, auch die unbelebte Natur: Flüssiges, Festes

und Gasförmiges, alles kann nicht gegeneinander existieren, nur miteinander,

einvernehmlich, manchmal auch nur schiedlich-friedlich.

Gestern hörte ich wieder das Volk der Wespen auf dem Balkon an den Binsen

raspeln. Auch das eine wichtige Ernte: Material für das Wespenhaus, für ihre

Brutkästen.

Viele verfluchen die Wespen und alle Insekten. Doch –sie sind wie wir. Sie

teilen mit uns den Fluch, aber auch den Segen aller Kreatur.

So begrüße ich Bienen und Wespen, freue mich auf viele neue Wespen, fressen

sie doch so viel Schädlinge in Haus und Garten weg.

„Lasst uns Menschen wieder Frieden schließen mit den Lebewesen, so rufen

viele Biologen, Philosophen und Theologen uns westlich geprägten Menschen

zu. Frieden schließen auch mit dem „was da kreucht und fleucht und allem

Gewürm, das auf Erden kriecht“.

Denn wir brauchen sie und sie brauchen uns. Sie nützen uns und können uns

auch Auswege zeigen aus unserer Not.

Als durch die Reblaus alle europäischen Reben dem Untergang geweiht waren,

-sie wissen das besser als ich- kam die Rettung aus Übersee, durch neue

resistente Sorten.

Gott sei Dank! besteht Hoffnung, dass unsere Welt-Pflanzen-Bestäubung in

ähnlicher Weise durch afrikanische Bienen gerettet werden. Die sind aggressiv,

man nennt sie „Killerbienen“.

Doch sie sind gesund und resistent. So können wir hoffen, dass afrikanische

ImkerInnen und ihre stechfreudigen Bienen der weltweiten Landwirtschaft aus

der verfahrenen Lage heraushelfen. „In wieviel Not, hat nicht der gnädige Gott

– uns aus der Patsche geholfen“

„Geh zur Ameise, du Fauler“ heiß es im Buch der Sprüche.

„Geh zur Biene, du Verwegener“ möchte ich heute abwandeln.

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Verwegener, technisch so erfolgreicher, moderner Mensch: geh zur Biene,

denke um, tue Buße, auch in deinem Umgang mit der Kreatur.

Sei wieder Mitgeschöpf, beschränke dich in deinen Mitteln, verkleinere deine

Keulen. Hüte dich weiterhin so maßlos drein zuhauen in Gottes Natur.

Forsche weiter und entdecke, welche Hilfen und Rettungswege innerhalb der

Natur für dich bereit stehen.

Vertraue auf den großen Gott, der seine Welt erhalten und schützten will.

Höre auf Albert Schweitzers Motto: Ich bin Leben, das leben will, inmitten von

Leben, das auch leben will.

Wir können Gottes Natur nicht ungestraft ausbeuten können. Alles Geschaffene

hat seine Grenzen, auch Grenzen der Leistung, auch die Sonne und der Regen.

Auch darin - in seinen Grenzen- liegt die Würde eines jeden Geschöpfs.

„Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über

Gerechte und Ungerechte.“

Die Schöpfung ist ein riesiges Wunderwerk, dessen wir Menschen nie völlig

Herr werden.

„Bebaut und bewahrt die Erde und sagt der Schöpfer. Ja, „nehmt sie in Besitz“

Doch wir Kinder Adams und Evas denken oft: „ich zertrete die hässliche

Ameise und übertrete Gottes Grenzen - weil ich es kann!“

Nein, liebe Mitchristen, wir können nicht alles, wir haben Gottes Schöpfung

nicht in der Hand. Wir sind nicht Gott, können ja nicht einmal das Wetter

machen, verstehen nicht einmal ansatzweise, wie die globalen

Wetterküchen dampfen.

Und das Wichtigste von allem haben wir gar nicht in der Hand:

das Wunder des Lebens, Stoffwechsel von Pflanze und Tier, Wachstum,

die Bewegungen der Planeten, des ganzen Weltalls, Saat und Erde,

Fortpflanzung, Kindersegen: das alles liegt nicht unserer, sondern allein in

Gottes guter Hand.

Auf Seinen Segen sind wir alle angewiesen. So sind wir von den Ameisenüber

die Bienen schließlich bei der Bitte um den Erntesegen gelandet.

Dank des Jesuswortes aus der Bergpredigt, im Abschnitt „Vergeltung und

Feindesliebe“. „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen, damit

ihr seid Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne aufgehen

….“

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„Liebt eure Feinde.“ Jesus kennt die Welt und uns Menschen, weiß, wie wir

ticken. Er kennt auch die, die rücksichtslos ihren Vorteil verfolgen, ohne sich

um Gerechtigkeit zu kümmern, die weder Gott noch die Menschen respektieren.

Wie die alten Propheten kehrt Jesus das Unrecht nicht unter den Teppich.

Trotzdem sieht er die Übeltäter als Menschen, die immer die Chance haben

umzukehren.

Jesus kennt auch uns, die wir an ihn glauben – auch wenn in unseren Herzen

Neid und Missgunst aufsteigen und wenn uns der Kamm schwillt und Kragen

platzt, wenn wir denken übervorteilt zu werden.

Mir selbst ist letzten Sonntag der Kragen geplatzt. Fragen sie meine Familie und

die Leute vom Konficamp. (Mitarbeiter, die das abgekriegt hatten, sitzen im

Godi)

Und was ich bereue: ich ließ „die Sonne untergehen über meinem Zorn“,

sondern habe ihn einige Tage vor mich hin „gekocht“. Dieses tut mir heute leid

und ich spreche mit allen Beteiligten.

Und bin froh, dass ich in allem, auch im Zorn, Jesus in meiner Nähe weiß. Er

will all dem Bösen, das unser Zusammenleben vergiftet, nicht das Feld

überlassen. Darum lehrt uns Jesus dem Schöpfer und Vater zu vertrauen.

(Ein chasidischer Rabbi fragte seine Schüler: „Wann ist der Übergang von

der Nacht zum Tag?” Der erste Schüler antwortete: „Dann, wenn ich ein Haus

von einem Baum unterscheiden kann.“ „Nein”, gab der Rabbi zur Antwort.

„Dann, wenn ich einen Hund von einem Pferd unterscheiden kann“, versuchte

der zweite Schüler eine Antwort. „Nein”, antwortete der Rabbi.

Und so versuchten die Schüler nacheinander, die Antwort zu finden.

Schließlich sagte der Rabbi: „Wenn du das Gesicht eines Menschen - ich

ergänze: eines Mitgeschöpfs- siehst und du entdeckst darin das Gesicht deines

Bruders oder deiner Schwester, dann ist die Nacht zu Ende, und der Tag ist

angebrochen.” )

Amen

Wo ein Mensch Vertrauen schenkt. EG 638, 1-3

Es geht um Solidarität. Denn wir sind alle Menschen,

müssen essen und trinken. Ohne Sonnenschein und Regen wächst

aber nichts Essbares. Als Geschöpfe sind und bleiben wir angewiesen

auf die Güte unseres Schöpfers.

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„Er sendet Tau und Regen und Sonn- und Mondenschein.“ Natürlich

ist Gott, an den wir glauben, kein Wettergott. Wir können nicht jede

Wetterlage darauf zurückführen, dass er aktuell eingegriffen hat.

Aber er hat seine Schöpfung wohl geordnet – Sonne und Regen, der

Rhythmus der Tages- und Jahreszeiten. Nur so hat unser Säen und

Ernten Sinn: „Es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott.“

Solidarität ist angesagt, weil wir alle einen Vater im Himmel haben.

Doch wie steht es um die Solidarität in unserem Land? Zwischen

Alten und Jungen. Zwischen denen, die Arbeit haben und oft sehr

viel zu tun, und denen, die keine passende Stelle finden. (evtl. ausführlicher

mit weiteren Beispielen) Wie steht es um die Solidarität

zwischen der Gesellschaft insgesamt und den Landwirten? Die erzeugen

Getreide und Gemüse, Fleisch und Eier, Obst und Wein,

Milch und Honig, damit wir satt werden und uns am guten Essen

freuen. Nicht zu vergessen der Anteil, den sie zur Energieversorgung

leisten.

Ein Landwirt berichtet, dass er sich über die Wertschätzung der

Landwirtschaft und seiner Erzeugnisse freut. Das „Aber“ folgt

sogleich: „Bei der täglichen Arbeit jedoch bedaure ich mangelndes

Verständnis und Solidarität. Manche vermitteln einem das Gefühl,

der Feldweg gehöre dem Freizeitsport, die Wiesen den Hunden zur

Kotfläche, und ich als Landwirt sei Störfaktor in der Landschaft. Ich

freu mich über jeden, der das Gespräch sucht und nicht zuerst auf

dem Ordnungsamt anruft, weil etwas scheinbar nicht richtig bzw. zu

falscher Uhrzeit läuft.“

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Die Solidarität innerhalb des bäuerlichen Berufsstandes steht ebenfalls

in Frage. Noch einmal der Landwirt im Interview: „Da gibt es

sehr große Unterschiede. In manchen Ortschaften ist eine sehr gute

Atmosphäre, aber in anderen wiederum eine sehr schlechte. Das

hängt doch stark von den Gegebenheiten am Ort ab, der Konkurrenzsituation,

der Geschichte oder den Charakteren. Ich freu mich über

Beispiele, in denen Landwirte zusammen wirtschaften und sich gut

verstehen. Doch leider gibt es auch die andere Seite. In manchen

Ortschaften ist der Konkurrenzdruck so hoch, dass sich Neid und

Missgunst durchsetzen. Oder gar, dass manche Dinge tun, nur um

den Kollegen zu schaden.“ So sehr uns, liebe Gemeinde, der Aufruf

zur Solidarität einleuchtet, so wenig selbstverständlich ist es, dass sie

gelebt wird.

„Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen

über Gerechte und Ungerechte.“ Mit einem anderen Bild gesagt:

„Wir sitzen alle in einem Boot.“ Wirklich? Einerseits schon. Wir alle

– Menschen, dazu Tiere und Pflanzen – sind Passagiere auf dem

„Raumschiff Erde“. Sollte das in ernsthafte Turbulenzen geraten,

etwa wenn der Klimawandel ungebremst voranschreitet, wären wir

wohl alle betroffen. Die einen träfe es dramatisch, andere würden

weniger spüren oder hätten sogar vorübergehend Vorteile. Denn die

Erde ist zwar im Vergleich zu den Weiten des Weltalls verschwindend

klein, zugleich aber groß genug, dass – noch einmal bildlich

gesprochen – viele kleine und große Boote auf ihr unterwegs sein

können.

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Wir sitzen nicht alle im selben Boot, vielmehr in ganz unterschiedlichen.

Da gibt es Luxusdampfer und total überfüllte Flüchtlingsschiffe,

wendige Schnellboote und träge Supertanker. Schiffe befinden

sich auf Kollisionskurs, doch niemand scheint in der Lage zu sein,

sie umzusteuern oder zu stoppen. Andere, die noch genügend Platz

an Bord hätten, fahren an Schiffbrüchigen einfach vorbei.

Wo erkennen wir uns wieder? Die einen fühlen sich stark, weil sie

gut mit anderen kooperieren, andere versuchen, allein dem Wind und

den Wellen zu trotzen. Manche haben Angst, ihr Boot sei schon voll

oder gar am Sinken. Etliche denken, sie seien absolut sicher – obwohl

das Wasser keine Balken hat. Die Tierhalter unter uns könnten

eine Kollision mit dem „Boot“ der Tierschützer befürchten.

Gemeinsam stark oder allein gegen Wind und Wellen? Sinkendes

Schiff oder träger Tanker? Fragen, denen wir uns auch als Kirche hin

und wieder stellen müssen – als „Schiff, das sich Gemeinde nennt“.

„Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen

über Gerechte und Ungerechte.“ Auf Gottes Segen sind wir alle

angewiesen. Landwirte, Kirche, wir Menschen überhaupt. Sympathische

und Unsympathische. Das Wetter kümmert sich nicht um arm

oder reich, gut oder böse. Auch wenn Menschen immer wieder meinen,

im Himmel werde eine große Strichliste geführt. Über einer

Spalte stehe: gerecht, freundlich, hilfsbereit, bereit zu vergeben. Über

der anderen: unfair, unversöhnlich, gnadenlos egoistisch und gierig

ohne Ende. Komme nun zu viel auf der falschen Seite zusammen,

strafe Gott mit Hagelunwettern, Dürre und dergleichen. In diesem

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Sinne wurden früher Hagel- und Wetterfeiertage wie auch Erntebittgottesdienste

als Bußgottesdienste begangen.

„Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen

über Gerechte und Ungerechte.“ Jesus unterstützt diesen Strafgedanken

jedenfalls nicht. Hagelschaden als Strafe Gottes? Es ist gut,

dass wir derartige Vorstellungen hinter uns gelassen haben. Denn

auch wenn wir davon ausgehen müssen, dass wir als Menschheit zu

viele schädliche Gase freisetzen, die den Klimawandel anheizen und

für mehr Wetterextreme sorgen – treffen wird es weniger die Hauptschuldigen

als vielmehr die Armen, die sich am wenigsten schützen

können. Und beim Hagel wird es wohl immer so sein, dass er an der

einen Stelle übel wütet, wenige hundert Meter weiter aber kaum

Schaden anrichtet. Ohne dass man sagen kann, warum.

Sonne und Regen, Frost und Hitze – meistens ist das Wetter ziemlich

ähnlich, wenn wir in der gleichen Region leben. Trotzdem empfinden

wir es unterschiedlich. Der vergangene Winter zum Beispiel: extrem

mild, im Flachland praktisch schnee- und eisfrei. Für Wintersportler

nicht so gut. Autofahrer hat es dagegen gefreut und die Heizkosten

hielten sich in Grenzen. Doch den Böden fehlte die „Frostgare“. Im

Frühjahr waren sie schwierig zu bearbeiten.

Dann das sonnig-warme Frühjahr: ein Blütenmeer, eine Augenweide.

„Wie lieblich ist der Maien“ – in der ersten Aprilhälfte hätte man das

schon singen können, „weil alles grünt und blüht“. Doch der Blick

zum Boden zeigte Risse wegen der Trockenheit. (Je nach Wetterentwicklung

weiter darauf eingehen.) Es ist auf jeden Fall gut, wenn wir

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das Wetter hin und wieder mit den Augen der anderen sehen (vgl.

Anspiel). Der Regen stört dann nicht nur unsere Freizeitpläne. Wir

können uns auch daran freuen, wenn Äcker und Gärten ihren Durst

stillen.

„Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen

über Gerechte und Ungerechte.“ Jesus sagt nicht, dass Gott das

Wetter willkürlich verteilt. Im Gegenteil: Sonnenschein und Regen

sind Zeichen für Gottes Güte. Weil ohne beides kein Leben möglich

wäre. Gott will aber das Leben seiner Geschöpfe, seiner ganzen

Schöpfung erhalten. Trotz Bosheit und Ungerechtigkeit unter uns

Menschen soll keine Sintflut mehr kommen. Saat und Ernte werden

nicht aufhören.

In der Bergpredigt legt uns Jesus eindringlich ans Herz: Vertraut auf

Gott, unseren Vater im Himmel. Er weiß, was ihr braucht, er hört

eure Bitten. Darum habt ihr es nicht nötig, besonders wortreich und

salbungsvoll zu beten. Darum sind viele der Sorgen, mit denen ihr

euch quält, völlig unnötig: „Wer von euch vermag durch Sorgen seiner

Lebenszeit auch nur eine Elle hinzuzufügen?“ – „Euer Vater

weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet.“ Was das Bitten nicht

überflüssig macht, ihm aber eine andere Qualität gibt. Auch unsere

Erntebitte ist nicht etwa der Versuch eines Wetterzaubers. Vertrauensvoll

wenden wir uns vielmehr in dieser für Bäuerinnen und Bauern

wichtigen Zeit an unseren Vater im Himmel. Bitten um seinen

Segen für die Menschen, für die Ernte, für das tägliche Brot.

„Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen

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über Gerechte und Ungerechte.“ Für sich ein schöner, bedenkenswerter

Erntebittvers, der uns einlädt zur Solidarität und zum

Vertrauen auf den Vater im Himmel. Jesus sagt das aber in einem

bestimmten Zusammenhang – und plötzlich läuft das Ganze nicht

mehr runter wie Öl: „Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch

verfolgen, damit ihr seid Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er

lässt seine Sonne aufgehen …“

„Liebt eure Feinde.“ Wollen wir heute überhaupt etwas von Feindschaft

hören? Bei der Erntebitte geht es um unser tägliches Brot, um

den Segen des Vaters im Himmel, um die Freuden, Sorgen und Bitten

der Bäuerinnen und Bauern kurz vor der Ernte. In der Tat wäre es

daneben, wollten wir nun Feindbilder heraufbeschwören. Wo wir,

abgesehen von kleineren Reibereien, im Frieden mit unseren Mitmenschen

leben, dürfen wir einfach nur dankbar sein. Für das gute

zwischenmenschliche Klima in der Familie, unter Berufskollegen,

am Ort, in der Kirchengemeinde.

Doch viele kennen es anders. Wo jemand sich engagiert, Profil zeigt,

Erfolg hat, sind schnell Neider zur Stelle. Konkurrenz belebt das Geschäft,

kann aber ausarten, wenn einer den anderen als Feind bekämpft.

In manchen Dörfern „pflegen“ Familien ihre Feindschaft

über Generationen. Oft werden Menschen nur deshalb angefeindet,

weil sie anders aussehen, anders leben, weil sie angeblich den falschen

Beruf ausüben oder dem falschen Glauben anhängen. Jesus ist

da sehr realistisch, wie die Bibel überhaupt. Ohne Illusionen spricht

er von Feinden, von Bösen und Ungerechten. Aber er ruft nicht zum

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Hass gegen sie auf.

„Liebt eure Feinde.“ Jesus kennt die Welt und uns Menschen, weiß,

wie wir ticken. Er kennt die, die rücksichtslos ihren Vorteil verfolgen,

ohne sich um Gerechtigkeit zu kümmern, die weder Gott noch

die Menschen respektieren. Wie die Propheten im Alten Testament

kehrt er Unrecht nicht etwa unter den Teppich. Trotzdem sieht er die

Übeltäter als Menschen, denen er die Chance eröffnet umzukehren.

Jesus kennt auch uns, die wir an ihn glauben – wenn in unseren Herzen

Neid und Missgunst aufsteigen, der Zorn über Menschen, die uns

das Leben schwer machen. Aber er will all dem Bösen, das unser

Leben und Zusammenleben vergiftet, nicht das Feld überlassen:

„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das

Böse mit Gutem.“ Schreibt der Apostel Paulus im Sinne Jesu. Als

Kinder des Vaters im Himmel sind wir dem Bösen um uns herum

und in uns nicht wehrlos ausgeliefert.

„Liebt eure Feinde.“ Wie soll das gehen? Sicher nicht so, dass ich

mich zwinge, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Zweierlei

kann uns aber helfen, wenn wir uns in diese Richtung bewegen.

Einerseits die Einsicht, auf der anderen Seite das Gebet. Die Einsicht:

Ich sehe im anderen einen Menschen, kein Monster. Selbst in

dem, den ich als ungerecht und böse wahrnehme. Gott lässt über ihm,

über ihr die Sonne scheinen und Regen fallen. Was uns auch trennt,

gemeinsam sind wir bedürftige Menschen, angewiesen auf die Güte

unseres Schöpfers.

Zweitens das Gebet: „Bittet für die, die euch verfolgen“, sagt Jesus.

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Wenn uns das zu hoch vorkommt, es geht auch eine Nummer kleiner:

„Nehmt die mit hinein in euer Gebet, die euch das Leben schwer

machen. Die als Konkurrenten alles versuchen, um euch zu schaden.

Die als Nicht-Landwirte über eure Arbeit als Bauern herziehen. Die

euch verspotten wegen eures Glaubens. Betet auch für sie. Bringt

das, was euch bedrückt, was euch Angst und was euch wütend

macht, im Gebet vor Gott.“

Wenn ich für Menschen bete, die mir böse kommen, zaubert das die

Feindseligkeit nicht einfach weg. Aber ich fange an, mich selber zu

verändern. Weil ich nicht allein gegen Wind und Wellen ankämpfe,

sondern mich mit dem verbunden weiß, der allen Aufruhr stillen

kann. Gott, unser himmlischer Vater, der will, dass wir leben. Als

seine Geschöpfe, seine Söhne und Töchter. Verbunden mit unseren

Mitmenschen und Mitgeschöpfen – denn über uns alle lässt er die

Sonne scheinen und Regen fallen. Vor ihn bringen wir, was uns freut

und was uns Sorge bereitet, jetzt, bevor die Ernte beginnt. Amen.

Fürbitten

I. Um deinen Segen bitten wir dich, barmherziger Gott.

Wo du nicht segnest, mühen wir uns umsonst.

Wo du uns nicht behütest, sorgen wir umsonst.

Um deinen Segen bitten wir dich für die anstehende Ernte.

Dass die Frucht unbeschadet vollends reif werde.

Dass wir den Erntesegen einbringen können,

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ohne Unfall und Unwetter, ohne allzu viel Hektik.

Um deinen Segen bitten wir dich, barmherziger Gott.

Dass Sonne und Regen zum Segen werden, nicht zum Fluch.

Dass wir zum Segen werden für deine Erde.

Voller Aufmerksamkeit für den Rhythmus des Lebens

bebauen und hüten, nicht rücksichtslos ausbeuten.

Um deinen Segen bitten wir dich, barmherziger Gott.

Lass alle Menschen etwas spüren von deiner Barmherzigkeit

und von dem Segen, den du auf dieser Erde aufgehen lässt.

Landwirte, die säen und ernten und Tiere halten,

und uns Verbraucher, die wir in großer Vielfalt einkaufen können.

Menschen, die hungern nach Brot und Gerechtigkeit,

und die, die übersättigt sind und trotzdem innerlich leer.

Menschen, die in Ruhe und Sicherheit leben,

und die, deren Leben bedroht ist durch Krieg und Gewalt.

Menschen, die erfüllt sind von Glaube, Hoffnung und Liebe,

und die, in denen Verzweiflung, Hass und Fanatismus wohnt.

Dazu alle, die irgendwo dazwischen sind.

Über uns alle, barmherziger Gott,

lässt du die Sonne aufgehen und den Regen fallen.

Wir alle leben durch deinen Segen,

in dieser Erntezeit und jeden Tag unseres Lebens.

Gemeinsam beten wir: Vater unser im Himmel …

II. Lieber Vater im Himmel, wir danken dir für alles, was du auch in

diesem Jahr hast wachsen lassen, und bitten dich, dass wir es gut

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einbringen dürfen. Schenke uns Vertrauen, dass wir mit deiner

Schöpfung sorgfältig umgehen. Gib, dass wir in unseren Familien

und Gemeinden im Frieden miteinander leben dürfen. Wir denken

auch an die vielen Menschen, die nicht wissen, wie sie ihren Hunger

stillen sollen. Vergib auch denen, die deine Gaben verachten und

weg werfen. Herr erbarme dich über uns und schenke uns, dass wir

auch in Zukunft dir vertrauen.

III. Gott, wir danken dir für deine Güte und Schöpferkraft.

Wir bitten dich für eine gute Ernte, bei uns und weltweit. Lass es

genügend regnen und lass die Sonne scheinen nach deinem Willen,

gib Kraft und hilfreiches Miteinander bei der Ernte.

Wir danken dir, dass du deine Sonne aufgehen lässt über Böse und

Gute. Gib uns den Mut, unsere Vorurteile abzubauen und offen zu

werden für die Sicht unseres Gegenübers.

Schenke den Landwirten Gelingen bei ihrer Arbeit, Hoffnung bei

allen Veränderungen und Segen für die Ernte.

Lass uns die Güter deiner Schöpfung wieder neu achten und dankbar

aus deinen Händen empfangen.

Gott, du lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Hilf uns, diese

Wahrheit zu verstehen und mache uns bereit uns einzusetzen für Gerechtigkeit

in dieser Welt.

Wir bitten dich für alle, die um eine gute Ernte bangen, bei uns und

weltweit. Gib den Hungernden Nahrung, den Unterdrückten Hilfe,

den Flüchtlingen Hoffnung.

Schenke Frieden und stärke alle demokratischen Bemühungen in der

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Ukraine, in Syrien … (je nach Aktualität verändern/ergänzen)

Fördere die Projekte der Diakonie weltweit und ermutige die Verantwortlichen,

sich für Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung

einzusetzen.

Wirke durch dein Wort des Evangeliums und durch deinen Geist der

Versöhnung, damit aus Fremden Freunde werden. Amen.

... lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte

aus Sicht der Landwirtschaftlichen Familienberatung

Beratung gründet in aufgeklärter Rationalität. Daher ist es für uns im

Grundsatz eine Selbstverständlichkeit, dass es über Gerechte wie

Ungerechte gleichsam regnet, dass sich Gunst und Ungunst, Glück

und Leid über alles legt, was lebt, in gleicher willkürlicher Weise.

Das ist immer wieder Anlass für Beratung, denn Ungunst und Leid

können existentiell bedrohlich und schmerzhaft sein. Doch hier bleibt

Beratung selten stehen, denn nur wenige Beratungsanlässe brechen

so schicksalhaft und unbeeinflussbar über Menschen herein wie das

Wetter. Zudem, viele Klienten fragen nach dem „warum?“, sie versuchen

Hintergründe auf der Handlungs- und Verhaltensebene aufzudecken.

Sofern es sich um vermeidbares Leid handelt, ist das sinnvoll,

denn ungünstige Zustände brauchen und sollen nicht anhalten,

vermeidbares Leid braucht und soll sich nicht wiederholen. Doch das

Betreten dieser Ebene ist nicht ungefährlich, denn in dem Maße, wie

es gelingt Ursachen des Leidens aufzudecken, werden Schuld und

Verantwortung bewusst, die der Annahme und Akzeptanz bedürfen.

Anders ausgedrückt: Es bedarf einer jesuanischen Annahme und

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Barmherzigkeit, damit Wandlung in Richtung Glück möglich wird.

Doch damit nicht genug. Wenn wir Gunst und Ungunst als Folge

unserer Handlungen ansehen und darüber hinaus unsere Handlungen

als Resultat unseres Denkens begreifen, können wir auch unser Denken

in den Dienst individueller Gunst stellen, wie es beispielhaft im

„Coaching“ oder noch deutlicher ausgeprägt in der Schule des „Positiven

Denken“ praktiziert und propagiert wird. Zugespitzt gesagt:

nun verteilt sich Gunst nicht mehr zufällig oder willkürlich, sondern

zunehmend folgerichtig über das Leben. Gunst stellt sich als Folge

positiver Gedanken dar, Ungunst als Folge negativer Gedanken.

Wenn wir den Weg weiter gehen und uns jedes Leben als „des eigenen

Glückes Schmied“ vorstellen, ist es nur ein kleiner zusätzlicher

Schritt, auf die persönliche Freiheit eines jeden Lebens zu verweisen,

verbunden mit der Forderung, die Chance zur Gunst auch tätig zu

ergreifen. In diesem Zusammenhang bekommen menschliche Verhältnisse

zu aller erst die Aufgabe, Freiheit zu gewährleisten, damit

Gunst frei ergriffen werden kann. Gunst und Glück liegen dann in

der individuellen Verantwortung des Einzelnen. Mit dieser Verkettung

sind wir nun weitgehend bei herrschenden Denk- und Interpretationsmustern

angelangt, und spätestens jetzt wird deutlich, dass

unser so aufgeklärter Ausgangsatz „Gott lässt regnen über Gerechte

und Ungerechte“ keine Relevanz mehr besitzt, es sei denn, wir betrachten

ausschließlich Wetterphänomene. Gunst oder Ungunst erscheinen

als in der eigenen Verantwortung liegend. Damit rechtfertigt

diese Denkart den Triumph der Erfolgreichen und das Leid der

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Verlierer. Ökonomisch gewendet ist das der Stoff, der die Existenz

von Multimilliardären für notwendig erklärt, weil ihr Luxusleben

auch einigen Hungerleidern eine bescheidene Existenz ermögliche.

Theologisch würde so Erfolg weitgehend mit Gottgefälligkeit gleichgesetzt

und Unglück mit „hast wohl nicht genug gebetet“ kommentiert.

Wenn man von diesem Ergebnis auf den Anfang schaut, ist das

schon erstaunlich. Wie ist damit innerhalb der Landwirtschaftlichen

Familienberatung umzugehen?

Landwirtschaftliche Familienberatung im Evangelischen Bauernwerk

ist zugleich aufgeklärter Rationalität wie auch dem Menschensohn

verpflichtet. Wir können gar nicht anders, als auf die Einheit dieser

beiden Grundlagen zu bauen. Deshalb sollten wir uns nur in so weit

der beraterischen und psychologischen Werkzeuge bedienen, wie

dieses Tun mit Jesu Botschaft im Einklang steht. Dabei ist die Bergpredigt

eine Quelle von zentraler Bedeutung. Zweifelsohne hat es

diese Quelle in sich, denn sie ist weder als konkrete Handlungsanweisung

oder Ethik zu verstehen, noch wird man ihr gerecht, indem

man sie in ein christliches Schatzkästchen packt, um sie nur anlässlich

von Gottesdiensten und Feiertagen herauszuholen. Die Bergpredigt

gehört mitten ins Leben. Sie ist der Teststreifen dafür, inwieweit

eine Gruppe von Menschen sich vom Menschensohn anrühren lässt.

Für die Arbeit der Landwirtschaftlichen Familienberatung ergibt sich

daraus folgende praktische Relevanz:

Wir sprechen mit jedem, der nach uns verlangt,

wir bemühen uns, uns jedes Urteils zu enthalten,

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wir bemühen uns in jeder Situation um Verzeihung und Annahme,

wir bemühen uns um eigene Ehrlichkeit.

Einfühlung ist für uns ein wichtiger Bestandteil unserer eigenen Arbeit.

Wir sind der Überzeugung, dass Einfühlung und Anteilnahme

wirksame Mittel sind, um zwischenmenschliche Konflikte und Belastungen

abzubauen.

Unter der Maßgabe, dass jeder Mensch ein Recht auf Glück hat, ist

es unsere Aufgabe unseren Klienten beim Erkennen und Vertreten

ihrer eigenen Bedürfnisse zur Seite zu stehen.

Wir sind der Überzeugung, dass aus welchen Gründen auch immer in

Not geratene oder ausgegrenzte Mitmenschen in die Mitte der Gesellschaft

gehören.

Wir glauben, dass die Wohnung eines armen Menschen eine Wohnstätte

Gottes ist, und versuchen danach zu handeln.

Dabei sind auch wir nicht ohne Versagen und Fehler. Auch wir Beraterinnen

und Berater bedürfen der Vergebung und der Barmherzigkeit,

und so sehen wir uns auf dem Weg, einzeln wie gemeinsam, das

für uns Mögliche zu tun. Auf diesem Weg wollen wir nur allein die

Gnade Gottes zählen lassen, die Gnade des Gottes, der es regnen

lässt über Gerechte und Ungerechte.