5

Click here to load reader

Essay - Haben Wir Eine Krise Im

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Essay - Haben Wir Eine Krise Im

8/14/2019 Essay - Haben Wir Eine Krise Im

http://slidepdf.com/reader/full/essay-haben-wir-eine-krise-im 1/5

Essay - Haben wir eine Krise im Parteiensystem der

Bundesrepublik?

Jorn Hagele

7. Oktober 2009

Dies ist ein Essay zu der im Unterricht gestellten Frage, ob das deutsche Parteiensystem inder Krise sei. In dieser Ausarbeitung soll vor allem auf die Grundsatze der Demokratie undauf die Einstellung der Burger gegenuber den Parteien eingegangen werden. Dieser Artikelist aus subjektiver Sicht geschrieben und keine objektive Beurteilung der Situation.

1 Das deutsche Parteiensystem ...

Zurzeit konnen wir in Deutschland von einem Funf-Parteien-System sprechen. Mit denbeiden Volksparteien CDU/CSU und SPD, den Grunen, der FDP und den Linken. Zuden beiden Volksparteien sei hier nur kurz angemerkt, dass die Anteile an den Gesamt-stimmen in den letzten Jahren standig abnimmt. Besonders die SPD hat unter großem

Stimmenverlust zu leiden. Die drei ”kleineren“ Parteien haben jedoch durchschnittlicheinen Stimmenzuwachs zu verzeichnen. Besonders die Linke hat schnell an Stimmen zuge-nommen. Manche Kritiker sprechen von einem immer-noch-Vier-Parteien-System, da siedie Linke, wegen Ablehnung mancher Grundsatze wie z.B des EU-Vertrags, f ur nicht regie-rungsf ahig halten. Der große Anteil der Linken relativiert dies nicht nur, sondern sprichtdaruber hinaus erst recht f ur ein Hinzuzahlen zu den

”Großen Parteien.“

Neben diesen f unf ”

Großen Parteien“ gibt es im deutschen Parteirecht, welches schon imGrundgesetz die Grundung von Parteien als frei deklariert1, zahlreiche

”kleine Parteien,“

welche aber meist die 5-Prozent-Hurde 2 nicht erreichen.

1.1 ... in Hinsicht auf demokratische Grundsatze:

Es stellt sich die Frage inwieweit das deutsche Parteiensystem die demokratischen Grundsatzeerf ullt. Um folgende Frage beantworten zu konnen muss erst einmal geklart sein, was De-mokratie uberhaupt ist. Abraham Lincoln spricht in seiner

”Gettysburg Adress“ aus, wie

er Demokratie sieht:

”... that the government of the people, by the people, for the people shall not 

perish from the earth.“ 3

Demokratie ist also die Regierung des Willens der B   urger , die Regierung der Beteiligung 

der B   urger  und die Regierung im Sinne und Interesse der B   urger .Gesellschafts- und Politikwissenschaftler streiten sich uber die Frage der Umsetzung sol-

cher Kriterien. Die Hauptfrage, die sich stellt, ist aber: Wie muss ein politisches System

1Artikel 21, Absatz 1, Satz 22Kapitel 1.1.1, Seite 23Gettysburg Adress, Abraham Lincoln, 1863

1

Page 2: Essay - Haben Wir Eine Krise Im

8/14/2019 Essay - Haben Wir Eine Krise Im

http://slidepdf.com/reader/full/essay-haben-wir-eine-krise-im 2/5

Gmk Gk Krise im Parteiensystem der Bundesrepublik ?! 7. Oktober 2009

gestaltet sein, um ein Optimum an Freiheit und sozialer Gerechtigkeit zu ermoglichen? 

In diesem Kontext wird nun die Frage, ob das deutsche Parteiensystem solch ein Optimuman Freiheit und sozialer Gerechtigkeit ermoglicht, beleuchtet.

1.1.1 Parteien als Sprachrohr des VolkesDie Idee der Basisdemokratie, dem wird jeder zustimmen, ist in einem Volk mit 80 Millio-nen Einwohnern nicht sinnvoll, und erst recht nicht durchf uhrbar. Ob eine Basisdemokratiewirklich demokratischer ware als eine Parteiendemokratie steht auch offen. Die Idee derParteiendemokratie ist also von Vorzugen f ur die Organisation der Wahl und auch f ur dieOrganisation der Regierung des Landes. Die in Deutschland vorhandene Verhaltniswahlist eine bessere Losung als eine Basisdemokratie. Die Mehrheitswahl ist nur eine neuereForm der Basisdemokratie: Es fallen die Stimmen der Minderheit weg, und werden nichtberucksichtigt. Wie ist denn aber das deutsche Wahlrecht, welches als

”Verhaltniswahl mit

einer Prise Mehrheitswahl“4 bezeichnet werden kann, in diesem Zusammenhang zu sehen?Die personalisierte Verhaltniswahl bringt die demokratischen Grundsatze zum Aus-

druck. Die Verhaltniswahl der Abgeordnetensitze sichert eine Vertretung der Stromungendes Volkes. Die Funf-Prozent-Hurde ist keine Demokratie behindernde Maßnahme, sonderneine Demokratie f ordernde. Die Handlungsflexibiltat und vor allem die Durchsetzung Not-wendiger Handlungen wird dadurch unterstutzt. Entscheidungen im Interesse des Volkes

zu treffen fordert einen gewissen Handlungsfreiraum und eben vor allem die Moglichkeitzu Durchsetzung der Handlungen. Eine f unf-Prozent-Hurde ist also keinesfalls demokra-tieverzerrend.Wie steht es denn um die

”Prise“ Mehrheitswahl? Eine relative Mehrheitswahl, wie sie in

Deutschland durchgef uhrt wird, um die andere Halfte der Abgeordneten zu wahlen, ist insofern schwierig, da naturlich nicht das gesamte Interesse, der dem Wahlkreis zugehorendenBevolkerung, widergespiegelt wird, sondern nur ein Bruchteil. Die Trennung zwischen Erst-

und Zweitstimme ist jedoch sinnvoll, da die Menschen somit in der Lage sind zwei Parteienund/oder Bestimmte Kandidaten bestimmter Parteien - obwohl sie eine Andere Partei alsRegierung wahlen - zu unterstutzen. Ist es nicht sinnvoller diese

”Erststimmenabgeord-

neten“ durch Absolute Mehrheitswahl zu wahlen? Nein, denn die”

Erststimmenabgeord-neten“ sitzen, genauso wie eben die

”Zweitstimmenabgeordneten“, im

”Verhaltnis-Tag“,

wie man den Bundestag auch nennen konnte. Bei einer absoluten Mehrheitswahl hatte einAbgeordneter der drei kleineren

”Großen Parteien“ - ganz zu schweigen von einem Abge-

ordneten einer”

kleinen Partei“ - keine Chance in den Bundestag zu kommen. Bei solcheiner absoluten Wahl wurde das demokratische Prinzip moglicherweise ein Stuck weit ver-letzt werden, auf jeden Fall aber abgeschwacht. Wichtig ist im

”Verhaltnis-Tag“, dass die

Opposition kontrolliert und auch bei wichtigen Entscheidungen ihre Stimme einbringen

kann und muss. Das Deutsche Wahlrecht ist also ein den demokratischen Grundsatzengenugendes, diese erf ullendes Wahlrecht.

1.2 ... in den Augen der Burger:

Wie aber sieht die Parteienlandschaft aus Sicht der Burger aus?  Ist es zu rechtfertigen,dass die Parteien nicht auf aktuelle Wunsche und Missstande in der Bevolkerung eingehen?Die Zahl der beteiligten Burger in Parteien geht zuruck, weil diese auf Macht aus sind? DasStreben der Parteien nach Mehrheiten und Machtausubung ist ein vollig legitimer Prozess,der immer stattfinden sollte. Das Werben um Stimmen der Wahler ist die Aufgabe der

Parteien. Aber so wie sie es momentan tun??? Ein standiges

”Optmisieren“5, Schonreden aller Taten und Losungen, ist nicht die Aufgabe

4Mensch und Politik SII, Schoedel , Seite 2515Abgeleitet von Optimismus, Verbform 

Jorn Hagele, 2009 1 Das deutsche Parteiensystem ... 2

Page 3: Essay - Haben Wir Eine Krise Im

8/14/2019 Essay - Haben Wir Eine Krise Im

http://slidepdf.com/reader/full/essay-haben-wir-eine-krise-im 3/5

Gmk Gk Krise im Parteiensystem der Bundesrepublik ?! 7. Oktober 2009

der Parteien. Und doch tun sie es so haufig. Gerade im Zuge der mediendominierten Politiknimmt das

”Sagen statt Tun“ zu. Man meint die Wahler wurden nur perfekte Parteien

wahlen, die alles im Griff hatten. Wollen wir Burger das? Nein, wir wollen doch Parteien,die uns ehrlich sagen, wie sie eine Situation beurteilen und wie sie damit umgehen wollen!

Im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise ist endlich so etwas wie eine ”Eingestehen der’Bosen Tatsachen’“ aufgekommen. Die Parteien wussten auch nicht mehr weiter, aberschnellstmoglich wurde versucht, dies wieder zu verdecken. Ist nicht eine offene Politikanziehender? Wurden die Burger nicht mehr in ihren Staat investieren, wenn die Parteiensie an ihrem Beurteilungs- und Argumentations-Weg teilhaben lassen wurden?Es ist verstandlich, dass Burger in einer solchen Parteidistanz ihre eigenen Initiativengrunden, ihre Meinung durch Demonstrationen und, nicht zuletzt auch, Krawalle zeigen.Interessenverbande haben es leichter als Parteien. Ein gemeinsames Ziel vereint, nicht einProgramm.Im Zuge der seit Menschenbestehen voranschreitenden Individualisierung wird auch dieRolle der Volksparteien immer geringer einzuschatzen sein. Es wird in Zukunft nicht mehr 

die Partei geben, welche ”alle“ Str   omungen unter einem Dach vereinen kann. Aus einemDrei-Parteien-System der 50/60-er Jahre ist schon heute ein 5-Parteien-System geworden.Die Randgruppen nehmen nicht zu, aber die Mitte wird vielseitiger. In einer Gewissen Artund Weise wird es einen Kampf um die Mitte geben, aber daraus folgend eben auch einezunehmende Verwaschenheit der Parteien. Wie konnen die Parteien sich dem anpassen? Esgeht um Flexibilitat und vor allem Selbsterneuerung, um Selbstdarstellung und Offenheit.

1.3 ... im Hinblick auf die Zukunft:

Diese Selbsterneuerung eben ist es, die die Zukunft der Parteien ausmacht. Globale Pro-bleme werden in Zukunft von Regierungen zu losen sein, nicht von einzelnen Parteien.Die Parteien mussen Schwerpunkte setzten und konnen nicht f ur alle greifbaren Themen -deren Anzahl in der globalen Welt nahezu gegen Unendlich geht - Losungen parat haben.Eine Partei wird also Themenschwerpunkte setzen und durch dortige Konkretisierung ihreWahlerstimmen bekommen. Neben der Anpassung der Parteien wir in Zukunft auch im-mer mehr die Variante

”Volksentscheid“ diskutiert werden. Diese Variante jedoch ist nur

Trugschluss. Die Burger f uhlen ein Mitbestimmungsrecht, im Endeffekt zahlt aber die ab-solute Mehrheit und es wird kein Kompromiss gefunden. Unsere Politik aber lebt doch vondiesen Kompromissen, die Mittelwege sind so haufig die Wege, die das Volk am sicherstenlenken. Wenn auch wir betrachten mussen, dass es nicht um faule Kompromisse, sonderndem Volk zugute kommende Kompromisse geht. Durchaus gibt es Fragen, die Treffend undKompromisslos geklart werden mussen. Wir haben auch in der Vergangenheit gesehen, wiedie Parteien es eben nicht getan haben, wenn die Burger aber eben in flexible und offeneParteien investieren und diese wahlen, dann werden die Parteien auch solche Beschlussekompromisslos f allen. Eine flexible, offene Partei weckt auch das Interesse an der Politik.In der Parteiendemokratie ist also durchaus Zukunft zu sehen, in dem Volksentscheidnicht. Das Volk entscheidet durch die Parteien. Pladiert werden muss immer wieder f ur ei-ne starkere Bindung zwischen Volk und Partei, nicht das Parteikonzept, sonder der Wunschder Wahler steht im Vordergrund. Das Konzept ist ein Umriss dessen, was der Wahlerwahlt, die Kommunikation zu dem Wahler ist dann die Vertretung der Interessen des Vol-kes.

Jorn Hagele, 2009 1 Das deutsche Parteiensystem ... 3

Page 4: Essay - Haben Wir Eine Krise Im

8/14/2019 Essay - Haben Wir Eine Krise Im

http://slidepdf.com/reader/full/essay-haben-wir-eine-krise-im 4/5

Gmk Gk Krise im Parteiensystem der Bundesrepublik ?! 7. Oktober 2009

2 Politik- oder Parteien- oder doch Politiker-Verdrossenheit?

Ist der Burger einfach nicht mehr Politisch interessiert, oder distanziert er sich nur vonden Parteien bzw. von den Politikern???Grundsatzlich ist hier anzumerken, dass eine Politkverdrossenheit die beiden anderenPunkte einschließen wurde, wie auch eine Parteiverdrossenheit meist eine Politikerver-drossenheit nach sich ziehen wurde. Wichtig ist vor allem die Frage der kontextnahenEinordnung der derzeitigen Situation. Schaut man sich namlich den Verlauf der Politikseit dem 2. Weltkrieg an wird man feststellen, dass die Zustimmung der Burger in Kri-senzeiten besonders groß war. Man sieht das der Normalfall eben nicht eine

”Fur“ oder

”Gegen“ Meinung ist, wie bei der Wiedervereinigung6 oder auch noch fruher bei Adenauer

bezuglich des Beitritts in die Westliche Staatengemeinschaft. Der Normalfall scheint alsoanders zu sein.Sollten wir nicht in der jetzigen Zeit der Weltwirtschaftskrise gerade wieder so ein deutli-ches Interesse an Politik sehen? Wo bleibt das? Oben erlauterte Grunde von Parteiinfle-xibilitat und mangelnder Kommunikation und Offenheit sollen hier noch erganzt werden.Was wurde Politikverdrossenheit denn heißen? Wenn wir von mangelndem Politischem In-teresse sprechen und sehen, das kaum mehr von Politischen Losungen gesprochen wird, istdas dann der Politikverdrossenehit gleichzusetzen? Klar ist, dass im Zuge des Zuwachsesvon wirtschaftlicher Macht die politische Macht und im Zuge des Zuwachses von wirt-schaftlichem Interesse das politische Interesse abnimmt.7 Sehen wir uns aber an wie dieMacht der Wirtschaft durch die Finanzkrise geschwacht wurde, und blicken zugleich auf die Politische Situation, so sehen wir, dass das politische Interesse nicht gestiegen ist,sonder eher gesunken. Die Losung wir derzeit nicht mehr in den Parteien gesucht, son-dern in der Wirtschaft selber oder eben in der Politik allgemein. Die Wahler gehen ausProtest gegen die Parteianderung - was nicht heißt, dass die Wahler wollen, dass sich diePartei nicht andert - nicht zur Wahl. Der typische Wahler, gebildet und politisch, gehteben wegen der derzeitigen Parteisituation nicht wahlen. Hinzukommend geht die Wahl-beteiligung auch zuruck, da der Altersschnitt steigt und der Großteil der uber-70-Jahrigennicht wahlen geht. Weiterhin kommt noch eine zunehmende Arbeitslosigkeit hinzu, wobeiin dieser Gruppe die Wahlbeteiligung auch geringer als im Durchschnitt ist. Es gibt alsoin allgemeinem Sinne keine Politikverdrossenheit, sondern Parteienverdrossenheit. Es istderzeit in den Kopfen Vieler keine Alternative auf Parteien zu setzen, obwohl man Hand-lungsbedarf im politischen sieht. Das mag wohl daran liegen, dass der

”Kampf um die

Mitte“ derzeit mehr zu Verwaschenheit f uhrt, als er es musste. Die Parteien greifen alle-samt die gleichen Themen auf, setzen kaum Schwerpunkte und spielen haufig auch nochKontroversen, damit sie nicht wirken, als wenn sie allesamt ein Einheitsbrei waren. Das istaber derzeit fast der Fall. Es wird die Bedeutung wachsen unterschiedliche Schwerpunktezu setzen und nicht alles zu behandeln. Die Volkspartei in bekanntem Sinne wird es wohlnicht mehr geben.Ein weiteres Problem f ur die Burger neben geringen Unterschieden ist die Personalnot derParteien. Die Parteien haben keine charismatischen Personen mehr, und wenn, dann zuwenige. Eine Partei, deren Kandidaten keiner kennt, mit Ausnahme des Spitzenkandida-ten, ist nicht so sehr in den Kopfen der Bevolkerung.Die Frage ob Parteien in Zukunft noch bestehen konnen stellt sich insofern, dass im Zu-ge der Individualisierung die Gruppen der Parteianhanger immer weiter schrumpfen undsich quasi immer mehr kleinere Parteien bilden mussten. Die Erhaltung der Parteien wirdauf jeden Fall bestehen bleiben, wenn auch hochst wahrscheinlich mit mehreren zentral

orientierten Parteien der Mitte unterschiedlichster Interessenvertretungen.6Gemeint ist die innerdeutsche Wiedervereinigung 1989/19907Der Umsatz der 20 großten Unternehmen der Welt ubersteigt das BIP der Industriestaaten, die Wirt-

schaftskraft f uhrt auch zu Macht bei Entscheidungen.

Jorn Hagele, 2009 2 Politik- oder Parteien- oder doch Politiker-Verdrossenheit? 4

Page 5: Essay - Haben Wir Eine Krise Im

8/14/2019 Essay - Haben Wir Eine Krise Im

http://slidepdf.com/reader/full/essay-haben-wir-eine-krise-im 5/5