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Veröffentlicht auf evangelisch.de ( http://www.evangelisch.de) Startseite > Erlösung in der Stadt: Religiöses in der City boomt Erlösung in der Stadt: Religiöses in der City boomt Von Maike Freund Erstellt 22.02.2012 - 10:42 23. Februar 2012 Erlösung in der Stadt: Religiöses in der City boomt [1] [1] Das Religiöse in den Städten boomt. Vor allem in Megacitys der Dritten Welt und in Schwellenländer - wie auch hier in Buenos Aires, wo Padre Paco predigt. Foto: Veronica Mastrosimone (Buenos Aires) Mehr Nigeria hat mehr Probleme als nur den Religionskonflikt [2] Religionspolizei bald auch in Ägypten? [3] "Beschäftigt euch doch mal mit Religion!" [4] Im Senegal hat Liebe keine Religion [5] Erlösung in der Stadt: Religiöses in der City boomt http://www.evangelisch.de/print/58435 1 von 3 23.02.2012 16:05

Evangelisch.de: Erlösung in der Stadt: Religiöses in der City boomt

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Erlösung in der Stadt: Religiöses in der

City boomt

Von Maike FreundErstellt 22.02.2012 - 10:42

23. Februar 2012

Erlösung in der Stadt: Religiöses in der

City boomt [1]

[1]

Das Religiöse in den Städten boomt. Vor allem in Megacitys der Dritten Welt und inSchwellenländer - wie auch hier in Buenos Aires, wo Padre Paco predigt. Foto: VeronicaMastrosimone (Buenos Aires)

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Nigeria hat mehr Probleme als nur den Religionskonflikt [2]Religionspolizei bald auch in Ägypten? [3]"Beschäftigt euch doch mal mit Religion!" [4]Im Senegal hat Liebe keine Religion [5]

Erlösung in der Stadt: Religiöses in der City boomt http://www.evangelisch.de/print/58435

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Papst sorgt für Streit in religionskritischer Stiftung [6]Papst beklagt in Assisi die "Entstellung" der Religion [7]"Die Religionen können gleichberechtigt agieren" [8]

Stadtforschung - Ein Kirchenbau für 700.000 Gläubige, Kinos, die zu Gebetshäusernumfunktioniert, Slums, die von religiösen Gruppierungen beherrscht werden – neue

religiöse Bewegungen erobern die Städte der Welt, verändern ihr Erscheinungsbild

und urbane Kulturen. Ein internationales Forschungsprojekt untersucht das

Phänomen. Auch eine Ausstellungsreihe im Haus der Kulturen in Berlin beschäftigt

sich bis zum 26. Februar mit dem Thema.

Von Tobias Kurfer

"Stadt Gottes" ("City of God") nennen sie ihre Siedlung. Und es geht gottgefällig zu auf denStraßen des "Redemption Camps" am Rande von Lagos, Nigeria – jedenfalls nachAuffassung der 40.000 Bewohner. Alkohol und öffentliche Zärtlichkeiten sind in derWohnkolonie untersagt, ein kirchlicher Sicherheitsdienst, die sogenannte Redemption Army,sorgt für Ordnung. Wer hier lebt, hat dem von Korruption und Gewalt gebeutelten"Sündenpfuhl" der nahen 20-Millionen-Metropole den Rücken gekehrt, um in einemfunktionierenden städtischen Umfeld selig zu werden. Die Redeemed Christian Church ofGod (RCCG) [9] eine evangelikale Pfingstkirche, ist Bauherr der Siedlung mit eigenenBanken, Elektrizitätswerken, einer Universität – und einem Kirchenbau, der angeblich Platzfür 700.000 Gläubige bietet. Eines Tages soll die Gemeinde vollkommen autonom werden.Vorbild der Siedlung ist kein geringeres als der Vatikan.

Die City of God ist nur ein Beispiel dafür, wie neue religiöse Bewegungen Stadtbilderverändern, Städte erobern und immer alteingesessen Religionen die Anhänger abspenstigmachen, sagt Stephan Lanz. Der 48-Jährige ist wissenschaftlicher Leiter einesinternationalen Forschungsprojekts, das sich seit Mai 2010 mit den Wechselwirkungen vonReligion und urbanem Raum beschäftigt. "Global Prayers – Erlösung und Befreiung in derStadt" [10] heißt das Vorhaben, das mit wissenschaftlichen und künstlerischen Mitteln dieseEntwicklung der vergangenen drei Jahrzehnte untersuchen will. Anlass sieht das Team ausSoziologen, Anthropologen, Stadtforschern und Künstlern überall auf der Welt: Lanz sprichtvon einem "anhaltenden Boom" des Religiösen in den globalen Städten – vor allem dieMegacitys der Dritten Welt und der Schwellenländer seien betroffen.

Die spirituelle Lücke konnten neue, volkstümliche Glaubensgemeinschaft

schließen

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist "Mandela", eine Favela im brasilianischen Rio deJaneiro. Das Armutsviertel beheimatet rund 10.000 Einwohner, vor wenigen Jahren fastausnahmslos Katholiken. Heute zählt der Slum 30 Pfingst- und Neo-Pfingstkirchen, nur einkatholisches Gotteshaus hält noch die Stellung. "Grund für die Entwicklung ist, dass sich diekatholische Kirche aus der Seelsorge und Armenfürsorge zurückgezogen hat", sagtStadtforscher Lanz. Sie werde von den mittellosen Bewohnern zunehmend als elitärempfunden. Eine spirituelle Lücke tat sich auf, die neue, volkstümlicheGlaubensgemeinschaft schließen konnten. Anderenorts springen religiöse Bewegungen ein,wo der Staat versagt und übernehmen dessen Aufgaben. Im vom Libanonkrieg verwüstetenBeirut etwa organisiert die islamische Hisbollah neben der Bildung und Rechtsprechungauch den Wohnungsbau. In Bombay beherrscht die hindu-nationalistische Shiv Sena dieSlums politisch und gesellschaftlich.

Die Entwicklungen bleiben vielfach auch außerhalb der Städte nicht folgenlos für die Politik:Die vergleichsweise jungen Gruppierungen und Glaubensgemeinschaften gewinnen an

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Einfluss auf die Zentren der Macht. Nigerias Präsidenten Jonathan Goodluck holt sich mitmehreren Ministern jährlich den Segen der RCCG. In Brasilien sitzen Pfingstkirchler in allenParlamenten.

Religiöser Hip Hop etwa erfreut sich in den meisten großen Städten

wachsender Beliebtheit

Aber auch Wechselwirkungen anderer Art hat das breit angelegte Forschungsprojektdokumentiert – zum Beispiel, wie Religionen sich in den Städten der Welt typisch urbaneKultur aneignen. Religiöser Hip Hop etwa erfreut sich in den meisten großen Städtenwachsender Beliebtheit, am Mumbayer Juhu Beach veranstalten nord-indische Zuwandernjährlich mit Hunderttausenden Besuchern religiöse Festivals, die an Bollywood-Inszenierungen erinnern. Und auch hierzulande entstehen neue urban Formen desReligiösen, sagt Lanz. So würden in Berlin inzwischen immer öfter Clubs, Kinos undBürogemeinschaften für junge Kreative vorübergehend zu Gebetsräumen umgewandelt.Eine städtische Klientel, die hergebrachte sakrale Räumen mied, schafft sich ihre eigenen.Hippe, moderne Kirchen auf Zeit. "Die Stadt als klassischer Ort der Säkularisierung ist eineAnnahme, von der man sich generell verabschieden kann", resümiert Lanz.

Noch steht das Forschungsprojekt am Anfang, das Team hat ein Buch mit erstenErkenntnissen herausgebracht, eine Ausstellung und Symposien organisiert, ab dem 23.Februar veranstaltet der federführende Berliner Verein Metrozones Thementage im BerlinerHaus der Kulturen der Welt [11]. Dass es noch genug Arbeit für die Forscher gibt, daran hatStephan Lanz keinen Zweifel. Nicht zuletzt, weil ein Ende des Booms der Religionen in derStadt vorerst nicht abzusehen sei. Die RCCG etwa habe den größten Teil des Landes, dassie für ihre City of God gekauft hatte, noch gar nicht geschlossen. Angeblich ist denPfingstkirchlern ihre 700.00 Plätze zählende Kirche zu klein geworden. Man plant eine nochgrößere.

"Urban Prayers – Neue religiöse Bewegungen in der globalen Stadt" [12]. Metrozones (Hg.),Assoziation A Verlag, Berlin, 280 Seiten, 20,00 Euro.

Tobias Kurfer ist freier Journalist in Berlin.

Religion

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Links:

[1] http://www.evangelisch.de/themen/religion/erl%C3%B6sung-in-der-stadt-religi%C3%B6ses-in-der-city-boomt58435[2] http://www.evangelisch.de/themen/politik/nigeria-hat-mehr-probleme-als-nur-den-religionskonflikt56025[3] http://www.evangelisch.de/themen/gesellschaft/religionspolizei-bald-auch-in-%C3%A4gypten55655[4] http://www.evangelisch.de/themen/kultur/beschaeftigt-euch-doch-mal-mit-religion40885[5] http://www.evangelisch.de/themen/religion/im-senegal-hat-liebe-keine-religion54375[6] http://www.evangelisch.de/themen/gesellschaft/papst-sorgt-f%C3%BCr-streit-in-religionskritischer-stiftung52543[7] http://www.evangelisch.de/themen/religion/papst-beklagt-in-assisi-die-entstellung-der-religion50763[8] http://www.evangelisch.de/themen/religion/die-religionen-k%C3%B6nnen-gleichberechtigt-agieren49733[9] http://www.rccg.org/[10] http://globalprayers.info/[11] http://www.hkw.de/de/index.php[12] http://www.assoziation-a.de/neu/Urban_Prayers.htm

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