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Zusammenfassung: Die Anforderungen an das Leben in modernen Gegenwartsgesellschaften führen angesichts von Prozessen der Individualisierung und Pluralisierung zu einer deutlichen Komplexitätssteigerung gesellschaftlicher Wirklichkeitskonstruktionen. Neue Formen von Ge- meinschaften individualisierter, insbesondere juveniler Menschen sind Ausdruck der Umstruk- turierung und Neuordnung von Lebensstilen. (Auch) Im Rahmen von Events bzw. eventisierten Veranstaltungen bildet sich dieser neue Typus juveniler Gesellungsgebilde. Anhand von zwei unterschiedlichen Beispielen – einem Musikfestival und einer Improvisationstheateraufführung – weist der Beitrag auf ein grundlegendes Kennzeichen solcher eventisierter Kontexte hin: die Verwendung von (körperlichen) Inszenierungen als sozialer Mechanismus für Integration und Distinktion. So wird über den Prozess der Eventisierung ein Handlungsrahmen geschaffen, in dem sich Gemeinsamkeiten und Gemeinschaft stiftende, emotionale und mentale Zugehörigkeiten konstituieren. Schlüsselwörter: Events · Interkultur · Jugendkultur · Posttraditionale Vergemeinschaftung Event-concepts – Juvenile stagings between integration and distinction Abstract: In view of processes of individualization and pluralization, the requirements for living in modern societies result in significantly increased complexity of social constructions of reality. Especially for individualized juvenile people new forms of communities are a constitutive feature of social lifestyle progression and rearrangement. Within events a specific type of these juvenile com- munalities emerges. Based on two different cases, a music festival and an improvisational theater performance, this paper emphasizes a crucial similarity of events: the use of (physical) staging as a social mechanism for integration and distinction. The process of ‘eventization’ (i.e., spectaculariza- tion) provides a framework for action, in which emotional as well as mental affiliations constitute. Z Erziehungswiss (2013) 16:143–158 DOI 10.1007/s11618-013-0429-6 Event-Konzepte Juvenile Inszenierungen zwischen Integration und Distinktion Ronald Hitzler · Babette Kirchner · Jessica Pahl © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Prof. Dr. R. Hitzler () · B. Kirchner · J. Pahl Technische Universität Dortmund, Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie, Emil-Figge-Str. 50, 44221 Dortmund, Deutschland E-Mail: [email protected] B. Kirchner E-Mail: [email protected] J. Pahl E-Mail: [email protected]

Event-Konzepte; Event-concepts;

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Zusammenfassung: Die Anforderungen an das Leben in modernen Gegenwartsgesellschaften führen angesichts von Prozessen der Individualisierung und Pluralisierung zu einer deutlichen Komplexitätssteigerung gesellschaftlicher Wirklichkeitskonstruktionen. Neue Formen von Ge-meinschaften individualisierter, insbesondere juveniler Menschen sind Ausdruck der Umstruk-turierung und Neuordnung von Lebensstilen. (Auch) Im Rahmen von Events bzw. eventisierten Veranstaltungen bildet sich dieser neue Typus juveniler Gesellungsgebilde. Anhand von zwei unterschiedlichen Beispielen – einem Musikfestival und einer Improvisationstheateraufführung – weist der Beitrag auf ein grundlegendes Kennzeichen solcher eventisierter Kontexte hin: die Verwendung von (körperlichen) Inszenierungen als sozialer Mechanismus für Integration und Distinktion. So wird über den Prozess der Eventisierung ein Handlungsrahmen geschaffen, in dem sich Gemeinsamkeiten und Gemeinschaft stiftende, emotionale und mentale Zugehörigkeiten konstituieren.

Schlüsselwörter: Events · Interkultur · Jugendkultur · Posttraditionale Vergemeinschaftung

Event-concepts – Juvenile stagings between integration and distinction

Abstract: In view of processes of individualization and pluralization, the requirements for living in modern societies result in significantly increased complexity of social constructions of reality. Especially for individualized juvenile people new forms of communities are a constitutive feature of social lifestyle progression and rearrangement. Within events a specific type of these juvenile com-munalities emerges. Based on two different cases, a music festival and an improvisational theater performance, this paper emphasizes a crucial similarity of events: the use of (physical) staging as a social mechanism for integration and distinction. The process of ‘eventization’ (i.e., spectaculariza-tion) provides a framework for action, in which emotional as well as mental affiliations constitute.

Z Erziehungswiss (2013) 16:143–158DOI 10.1007/s11618-013-0429-6

Event-KonzepteJuvenile Inszenierungen zwischen Integration und Distinktion

Ronald Hitzler · Babette Kirchner · Jessica Pahl

© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Prof. Dr. R. Hitzler () · B. Kirchner · J. PahlTechnische Universität Dortmund, Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie, Emil-Figge-Str. 50, 44221 Dortmund, DeutschlandE-Mail: [email protected]

B. KirchnerE-Mail: [email protected]

J. PahlE-Mail: [email protected]

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Keywords: Events · Interculturality · Posttraditional Communitarisation · Youth Culture

1 Kennzeichen von Events

Im Zuge von Modernisierungsprozessen wird das Individuum aus traditionalen Gesel-lungsgebilden und anderen Sozialzusammenhängen freigesetzt. Die Optionen zur indivi-duellen, ja idiosynkratischen Lebensgestaltung nehmen zu. Die Freiheit, selber über sich und für sich zu entscheiden, korrespondiert mit dem Zwang, sich entscheiden zu müssen. Die dergestalt ‚heimatlos‘ gewordenen Menschen sehnen sich symptomatischer Weise wieder nach Zu- und Zusammengehörigkeiten, weisen aber ebenso symptomatischer Weise traditionell damit einhergehende Verbindlichkeitsansprüche zurück.

(i) Sehnsucht nach Gemeinschaft: Die ‚heutzutage‘ typischerweise gewünschte Gemeinschaftsform ist die, die dem Einzelnen maximale (Selbst-)Verwirklichungschan-cen bei minimalen Verpflichtungen bietet. Diese neue Art von Gemeinschaft bezeichnen wir als „posttraditional“ (vgl. Hitzler 1998; Hitzler und Pfadenhauer 2010). Die posttra-ditionale Gemeinschaft ist, weil ihre Mitglieder durch nichts gebunden und auf nichts verpflichtet werden können, was sie nicht (mehr) wollen, strukturell wesentlich durch Instabilität, ja durch Labilität gekennzeichnet. Der Typus der posttraditionalen Gemein-schaft hat vielerlei Erscheinungsweisen (vgl. dazu z. B. die Beiträge in Hitzler et al. 2008). Manche davon sind solche, die bei Events entstehen können – und oft mit dem, ja schon auf dem jeweiligen Event auch wieder vergehen (vgl. dazu auch Hitzler 2012).

Events sind mittlerweile ein selbstverständlicher und mitunter auch ein sich verselb-ständigender Bestandteil unserer Gegenwartsgesellschaft. Eventisierung (vgl. Hitzler 2011) gehört ebenso zum ‚heutigen‘ Leben wie Pluralisierung (vgl. Berger und Luck-mann 1995), Multioptionalisierung (vgl. Gross 1994), Individualisierung (vgl. Beck und Beck-Gernsheim 2002) und Mediatisierung (vgl. Krotz und Hepp 2012). Dieser Trend zum Event gründet auf einer „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ (vgl. Franck 1998, vgl. auch Bauman 1995a; Prisching 2009). D. h., Veranstalter von Events wollen – aus erfolgs-strategischen Gründen – wie auch Teilnehmer von Events wollen – aus Gründen der Selbstbestätigung – qua Darstellungen Aufmerksamkeit evozieren bzw. nicht selten auch provozieren (vgl. Forschungskonsortium WJT 2007; Hitzler et al. 2011). Von und auf Events erwarten die Teilnehmer in aller Regel also außergewöhnliche bzw. außeralltäg-liche Erlebnisse, zu denen – neben den jeweils in Aussicht gestellten Performanzen – ins-besondere auch Gemeinschaftserlebnisse mit (zumindest prinzipiell) ‚Gleichgesinnten‘ gehören. Dergestalt bilden Events – insbesondere für juvenile Menschen – nahe liegender Weise einen deren typischen ‚Mindsets‘ bzw. deren typischen mentalen Dispositionen entsprechenden Inszenierungs- und Handlungsrahmen, der vor allem Attribute wie Vitali-tät und Erlebnisorientierung konnotiert und grundsätzlich weniger Gleichaltrigkeit, denn Gleichartigkeit von als kollektiv vermeinten Weltsichten und Interessen impliziert. Die Anziehungskraft von Events für diese ‚Klientele‘ resultiert wesentlich aus dem ‚Verspre-chen‘ eines teilnehmerspezifisch vor angelegten, typischerweise verschiedene Kulturfor-men übergreifenden gemeinsamen Spaß-Erlebens, aus dem Versprechen, bei etwas (ganz) Besonderem dabei zu sein und dabei, wenn schon nicht als Einzelner, so doch als Teil

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eines Kollektivs – eben der Eventgemeinschaft – die begehrte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

(ii) Signalement der Körper: In den performativ-interaktiven Kontexten von Events markieren juvenile Akteure dementsprechend kulturelle Zugehörigkeiten – wissend und praktizierend, was ‚hier‘ wer wann wie und warum zu tun und zu lassen hat. Im zeitlich, räumlich und sozial unabdingbar begrenzten Handlungshorizont des Events beschleu-nigen und verdichten sich dementsprechend kulturelle Integrations- und Distinktions-prozesse. Dergestalt fungiert das Event als Katalysator kulturellen Verstehens unter Juvenilen, denn es basiert auf einer ‚Öffnung‘ (im Sinne von „open minded“) gegenüber anderen, auf einer allgemeinen Aufmerksamkeitssteigerung und ‚Bewusstseinsöffnung‘ gegenüber dem sozialen Umfeld angesichts einer außergewöhnlichen, dem Alltag ent-rückten und oft komplexen Interaktionssituation.

Körperliche Inszenierung spielt hier in aller Regel eine zentrale Rolle, denn aufgrund der besonderen Gegebenheiten (wie Lautstärke, Mobilität, Vielfalt aufmerksamkeitsevozie-render Eindrücke, multiple Interaktionsalternativen, multilinguale Sozialität usw.) herrscht sozusagen strukturelle Zeitknappheit bei den Teilnehmern, die die alltagsübliche Form des wechselseitigen Sich-Kennenlernens qua Gesprächen wenn nicht verunmöglicht, so doch nachdrücklich erschwert. Verbalisierungen weichen dem Anschauen: Durch den Blick auf den anderen, auf seinen Kleidungsstil und seine Körperhaltung und nicht zum wenigsten auch auf Personen in seinem unmittelbaren Umfeld, wird ‚schnell gecheckt‘, wer und wie der andere und ‚wes Geistes Kind‘ er wohl ist. Auf der Basis solcher ad-hoc-Dekodierun-gen körperlicher Performanzen wird typischerweise entschieden, ob überhaupt Kontakt aufgenommen, vertieft oder eben gemieden werden soll. Gleichgesinntheit bzw. Gleich-gerichtetheit und/oder Kompatibilität von Interessen wird weniger über verbale Bekundun-gen transportiert als über Selbstdarstellungsmuster. Dem ganz entsprechend verstehen wir unter ‚Eventisierung‘ hier also zweierlei: Zum einen bildet den Hintergrund unserer weite-ren Überlegungen die erwähnte gesellschaftliche Entwicklung, in der immer mehr Bereiche unseres Miteinanders mit einer spezifischen Art kultureller Erlebnisangebote angereichert werden – sowohl traditionelle Formen kultureller Veranstaltungen (z. B. Geburtstagsfeiern, Schulaufführungen oder wissenschaftliche Vorträge), als auch von vornherein als ‚Events‘ konzipierte Zusammenkünfte (z. B. Musikfestivals oder Public Viewings) (vgl. Gebhardt 2000; Hitzler 2011). Zum anderen, und das ist das für das Verständnis der folgenden Fall-beispiele Wesentliche, verweist ‚Eventisierung‘ darauf, dass Events unabdingbar projiziert und produziert werden müssen (vgl. Pfadenhauer 2000; Hitzler et al. 2012). Die ‚Involve-ments‘ von Produzenten und Konsumenten in Events ebenso wie in eventisierte Veranstal-tungen sind dabei gleichermaßen notwendig für deren Gelingen, weswegen wir letztere (und nicht selten auch erstere) denn auch eher als „Prosumenten“, d. h. als (mit)produzie-rende Konsumenten (bzw. als (mit)konsumierende Produzenten) betrachten.

2 Zwei Fallbeispiele

Etikettierungen wie „Generation Maybe“, die auf eine allgemeine Unentschlossenheit heutiger Jugendlicher verweisen (Jeges 2012), greifen in dieser Hinsicht zu kurz, weil

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dem, was sie tun und lassen, weniger ein Unvermögen als vielmehr die Befürchtung, sich für das weniger interessante Leben zu entscheiden, zugrunde liegt. Diesem Verständnis entsprechend werden hier zwei Beispiele juveniler Inszenierung vorgestellt: das Fusion Festival, ein jährlich stattfindendes Event mit Elektronischer Tanzmusik in Mecklen-burg Vorpommern mit ca. 60.000 Besuchern, und der von der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 geförderte, einmalige Workshop „SCHÜLER VERSTEHEN. Improvisatio-nen über Interkultur“. Beim Fusion Festival treffen die genannten Charakteristika eines Events ausnahmslos zu, mit der Folge, dass das Festival einer Selbstüberbietungsspi-rale unterliegt, weil es, würde es zur Routine werden oder in Routinen ablaufen, den Charakter des Außergewöhnlichen verlieren würde. Das Improvisationstheater ist kein Event im engeren Sinne, sondern eine ursprünglich traditionelle Veranstaltungsform, die eventisiert wird: Theateraufführungen weisen zwar eine Darstellungstradition zuvor ein-geübter Handlungen auf, die bis in die Antike zurückreicht, beim Improvisationstheater werden Handlungen jedoch ‚in situ‘ auf die anderen Aufführenden und Zuschauenden abgestimmt. Der gesamte Aufführungsablauf inklusive dessen Finale steht zuvor nicht fest und wird von allen Beteiligten mitproduziert.

Im Folgenden sollen die an diese beiden Fallbeispiele gebundenen ästhetischen Prak-tiken näher untersucht werden. Der hier verwendete Praxisbegriff ist eng verbunden mit einem Verständnis von Kultur, welches diese nicht nur als selbstreferenzielles „Gewebe“ (Geertz 1983, S. 9) von Be-/Deutungen erachtet, in dem Handlungen über kulturelle Codes und Symboliken gesteuert werden, sondern auch als subjektive Interpretation und deutende Handlung über wechselseitig kommunikativ hergestellte Ordnung begreift (vgl. Honer 1993, S. 18). Über das Miteinandertun, d. h. über den praktischen gemeinsamen Vollzug innerhalb eines Handlungsrahmens, bilden sich (z. B. ästhetische) Handlungsfor-men heraus, welche die Bedeutung von Handlungen im Alltag begründen. In der Musikdi-daktik wird beispielsweise die ästhetische Praxis des Singens als Komplex verschiedener Handlungen (inklusive Wahrnehmungen) begriffen, der zur musikalisch-ästhetischen Welt- und Selbsterschließung beiträgt (vgl. Wallbaum 2007, 2008): Singen ist dabei immer eine kollektiv betriebene Praxis, denn Menschen können nur gemeinsam, agierend und reagierend ästhetische Bedeutung konstruieren. Wird diese Praxis häufig wiederholt, kann es zur Stabilisierung einer (Vokal-)Kultur kommen – ein Prozess der Konventio-nalisierung von Ausdruck, Werten und Regeln ästhetischer Handlung und Wahrnehmung. Diesen Ansatz erweiternd, sollen sowohl die Musik bzw. das Musikerleben des Fusion Festivals als auch das Schauspiel der Improvisationstheaterveranstaltung als ästhetische Praktiken verstanden werden. Es handelt sich dabei um außeralltägliche konventiona-lisierte Verdichtungen von Handlungs- und Wahrnehmungskomplexen zu ästhetischen (Event-)Kulturen. Diese Praktiken sind maßgeblich dadurch gekennzeichnet, dass das, was dabei geschieht, teilnehmerspezifisch mit besonderer Sensibilität wahrgenommen wird: Dabei besteht unter den Teilnehmern das grundlegende Interesse und auch die Erwartung, dass im begrenzten Zeit-Raum der jeweiligen Veranstaltung sinnliches Erle-ben ermöglicht und auch mit anderen gemeinsam sinnhaft erfahren wird. Die „Reziprozi-tät der Perspektiven“ (vgl. Schütz 2010, S. 340−343) gründet in diesem Zusammenhang auf dem Gefühl der Beteiligten, dass andere Teilnehmer dieselbe Musik bzw. dieselbe Improvisation auf ähnliche Weise ästhetisch wahrnehmen, auf sie reagieren und damit an der eventspezifischen Konstruktion von Bedeutung kontinuierlich teilhaben.

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2.1 Juvenile in Eventkulturen1

Das Fusion Festival wurde 1997 erstmals auf dem Gelände eines ehemaligen sowjetischen Militärflugplatzes veranstaltet und ist mittlerweile eines der (nach Veranstalterangaben) deutschlandweit – mithin europaweit – wichtigsten Events der Elektronischen Tanzmu-sik, das durch diverse andere künstlerische Darbietungen (wie Licht- und Laser-Shows, Filmvorführungen und Theater) ergänzt wird. In einer ethnografischen Studie wurden teilnehmende Beobachtungen und beobachtende Teilnahmen durchgeführt; ergänzt durch leitfadengestützte Interviews mit Festivalteilnehmern. Dabei stellte sich der Aspekt der Vergemeinschaftung rasch als eine für die Teilnehmer bedeutende Schlüsselkategorie heraus. Während des Festivals stellen sich die (sich selber so nennenden) „Fusionisten“ zwar individuell mittels extrovertierter Selbstinszenierungen dar, nehmen dabei aber auf-einander Bezug: Zum einen präparieren sie ihre teilweise sehr aufwändigen ‚Maskie-rungen‘ als Akt der symbolischen Zugehörigkeit bereits zu Hause, also (lange Zeit) vor dem eigentlichen Event. Dadurch markieren sie zunächst längerfristige Zugehörigkeiten, die bereits zuvor, wie auch über das Festival hinaus bestehen. Zum anderen erzeugen sie ihre Performanzen mit allen anderen Fusionisten in einer verwickelten Dialektik des Miteinander-Machens (vgl. Hitzler 2011, S. 16−17): Nur aus dem wechselseitigen und auch aufs Neue aufeinander bezogenen Zusammenwirken aller produzierenden wie kon-sumierenden Akteure resultiert ein gelingendes Event. In den unterschiedlichen vesti-mentären Inszenierungsoptionen werden verschiedene Formen der Vergemeinschaftung produziert und damit zugleich auch Distinktion markiert. Zahlreiche Fusionisten konzen-trieren sich temporär auf ihre Produzentenrolle insofern, als sie sich freiwillig beim sog. „Arbeitsamt“ anmelden und eine sechsstündige Schicht übernehmen, die mit insgesamt dreißig Euro vergütet wird. Die Veranstalter stellen dies als Zugeständnis an „finanziell schlechter Gestellte“ dar, um auch ihnen die Teilnahme zu ermöglichen. Darüber hinaus wäre das Festival auch überhaupt nicht realisierbar ohne diese mitarbeitenden Fusionisten beim Auf- und Abbau, am Einlass zum Gelände, an den Kassen für die Duschen etc. Die Bezeichnung als lediglich konsumierende Festivalbesucher ist also in jeder Hinsicht stark verkürzt.

(i) Gemeinsames Projizieren und Produzieren: Das gesamte Event stellt sich als ‚symbolträchtig‘ dar: Das „Fusion Festival“, die Zusammenkunft unterschiedlicher Men-schen, wird organisiert von einer Gruppe von überwiegend ehrenamtlichen Mitarbeitern, die sich kollektiv als „Kulturkosmos Müritzsee e. V.“ (kurz: „Kulturkosmos“) bezeich-nen. Die Festivalteilnehmer finden sich als „Fusionisten“ zusammen, um den (von ihnen) so genannten „Ferienkommunismus“ zu zelebrieren. Wege und Plätze auf dem Gelände tragen Namen von internationalen Widerstandskämpfern bzw. von Schauplätzen so genannter Widerstandskämpfe. Die Festivalteilnehmer können auf dem „Ho Chi Min Pfad“ wandeln, auf dem „Che Guevara Ring“ wie auch auf der „Friedrich Engels Allee“. Die Verwendung von typischen Symbolen aus der Zeit der ehemaligen DDR – wie dem Ährenkranz, einem Kosmonauten, einer Rakete oder kyrillischer Schrift – verweist ebenso auf politische Intentionen wie das beständige Festhalten am Verbot des Fleisch-verkaufs. Teilnehmer können auf dem Festival ausschließlich vegetarische oder vegane Nahrung kaufen. Nichtsdestotrotz bleibt die ‚Freiheit‘ aller insofern gewahrt, als sich

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jeder sein Fleisch selbst mitbringen kann, sofern er nicht darauf verzichten möchte. Das omnipräsente widerständische Potenzial wird nicht realisiert, denn die meisten Fusionis-ten akzeptieren ihren Alltag und feiern bewusst den temporären ‚Ausbruch‘. Die Veran-stalter verstehen dies wie folgt: „Was sie [die Fusionisten] verbindet, ist die Freiheit, sein zu können, wie sie wollen: Zwanglos und unkontrolliert“2.

Die proklamierte Andersartigkeit zum Alltag, aber auch zu anderen Festivals, besteht darin, dass die Fusionisten an der Gestaltung des gesamten Festivals – und das meint hier nicht nur ihre persönliche Anwesenheit in fast durchgängig guter Laune, sondern mehr noch an der ‚kreativen‘ Mitgestaltung des gesamten Geländes – partizipieren können und meist auch dürfen. Denn ohne dieses Mitmachen wäre das Festival nicht so ‚farben-froh‘. Hierfür beginnen die erfahrenen Fusionisten (spätestens) ein halbes Jahr zuvor mit ihren Vorbereitungen. Sie bereiten sich mental und materiell auf die ereignisreichen vier Tage vor. Sie beschaffen sich neben den üblichen Utensilien für einen Campingaufenthalt ebenso zahlreiche Dekorationselemente, mit denen sie sich und andere, das Zeltlager wie auch das übrige Festivalgelände schmücken. Diejenigen Besucher, die bereits mehrere Jahre das Festival erlebt haben, optimieren ihre Planung alljährlich derart, dass für das folgende Jahr kaum noch eine Steigerung möglich zu sein scheint. Dieser Schein trügt jedoch: Die Kostümierungen werden immer ausgefeilter, die Mahlzeiten immer opulen-ter, das mit den Festivalfreunden geteilte Zeltlager immer größer und ‚wohnlicher‘.

(ii) Körperliches Inszenieren: Für die Analyse dieses Events ist ein vertiefender Blick auf die Ästhetik der Teilnehmer fruchtbar. Denn seit jeher manipulieren Menschen mittels Symbolen ihre körperliche Erscheinung, um verschiedenen Anlässen, Situationen und Zwecken zu entsprechen und um Zugehörigkeiten zu spezifischen Gruppen zu demonst-rieren. Die Elemente eines kulturellen Zeichenrepertoires (wie Symbole, Embleme, Ritu-ale) besitzen eine immanente Grammatik: Sie tragen ihren eigenen Kontext mit sich. Deswegen kann ausschließlich derjenige die ‚dahinter stehende’ Bedeutung der verwen-deten Zeichen verstehen, der den Kontext kennt und in diesem oder in diesen sozialisiert wurde (vgl. Soeffner 2004). Die Darstellung des Einzelnen basiert damit auf dem Wissen um eine gemeinsame Situationsdefinition; hier: die Bestimmung festivaladäquater Hand-lungen. Die langjährigen Teilnehmer – als ‚Experten‘ dieses Festivals – sozialisieren mit ihren Performanzen die erstmals Teilnehmenden. Aufgrund des gegenseitigen Bezuges beeinflussen sich letztendlich jedoch alle Fusionisten gegenseitig, so dass das Festival alljährlich sozial und kulturell überformt und renoviert wird. Symbole repräsentieren Bedeutsamkeiten (vgl. Gebauer und Wulf 1998). Grundsätzlich kann alles zum Symbol bzw. zum Teil des symbolischen Handelns werden, sofern der Handelnde dies in der – ver-balen wie nonverbalen – Kommunikation als solches ausweist. Symbole „rahmen“ eine Handlung (vgl. Goffman 1980). Denn durch die symbolische Verfestigung von Erfah-rungen werden diese als bedeutsam für den Moment wie auch für die spätere Erinnerung hervorgehoben (vgl. Soeffner 2004). So verfestigen die Fusionisten ihre Erlebnisse der Außeralltäglichkeit am eigenen Körper z. B. mittels Kostümierungen, mit denen der All-tag – in lustvoller Um- bzw. Unordnung – thematisiert wird. Beispielsweise werden alte ausrangierte Krawatten für einen Euro gekauft, um sich ‚dem Anlass entsprechend‘ zu kleiden. Auch der Versuch, mit einem kleinen Spielzeugbesen die sandige Tanzfläche zu reinigen, parodiert die alltagsübliche Ordnung. Der von den Organisierern gesetzte

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Begriff des „Ferienkommunismus“ stellt ein Beispiel für festivaltypische Embleme dar, die kaum weiter erklärt werden. Für die Fusionisten verweist der „Ferienkommunismus“ auf eine begrenzte Zeit fernab des Alltäglichen, in der alle Anwesenden gleichgestellt sind bzw. sein sollen und friedlich, fröhlich und freundlich miteinander umgehen (sollen). Neben den gemeinsamen Symbolen lassen sich auch spezifische Embleme beobachten, die verwendet werden, um auf längerfristige Zugehörigkeiten zu verweisen, indem z. B. ähnliche Kostümierungen gewählt werden. Diese transsituativen Gemeinschaften lassen sich differenzieren in solche, die a) sich im Event herausbilden, b) deren Mitglieder sich ihrer Zugehörigkeit mittels Event vergewissern, und c) deren Mitglieder das Event als eine gemeinsame Erfahrung ‚einfach so‘ miterleben wollen. Im Gegensatz zu situati-ven Gemeinschaften (hier: Eventgemeinschaften) sind transsituative Gemeinschaften dadurch gekennzeichnet, dass sie stabiler, langfristiger und persönlicher (bzw. ‚intimer‘) sind. Durch das gemeinsame Erleben des Events wird die sozio-emotionale Qualität der transsituativen Gemeinschaften erhöht. Wenngleich ein Eindruck von relativer Geschlos-senheit entsteht, so diffundieren doch die transsituativen Gemeinschaften in der Event-gemeinschaft aller Fusionisten.

Die Verwendung von Zeichen, Symbolen und Emblemen nach bestimmten Regeln kennzeichnet einen spezifischen Stil, der auf Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe verweist, welcher sich der Stilträger verpflichtet fühlt (vgl. Soeffner 1995). Goffman bezeichnet Stil als „die Aufrechterhaltung expressiver Identifizierbarkeit“ (Goffman 1980, S. 318 ff.). Stil ist eine „für ein Publikum inszenierte Interpretationsanleitung: als Präsentation von etwas und Ausdruck für etwas“ (Soeffner 1995, S. 80). Stil ist aber auch „ein Produkt sozialer Interaktion, Beobachtung und Interpretation“ (ebd., S. 81), weil dieser durch bestätigende oder ergänzende Interpretationen der Beobachter kopro-duziert wird. Die unterschiedlichen Kostümierungen der Fusionisten sagen dabei nicht nur etwas über die Festival-Treue aus, sondern auch über die Zugehörigkeit zu ver-schiedenen Gemeinschaften innerhalb der Fusionisten, da sich spezifische generative Prinzipien erkennen lassen. Die Kostümierung signalisiert oft auch, ob und auf welche Art Menschen z. B. Fans eines bestimmten musikalischen (Sub-)Genres sind. Einerseits müssen hierbei jedoch die Dresscodes der Subgenres der Elektronischen Tanzmusik und andererseits muss das soziale Umfeld berücksichtigt werden. Menschen nutzen also ihren eigenen Körper als Distinktionsmedium, als relativ freies Handlungsfeld, in dem sie sich mittels Kleidung, Tanz (als Handlung und Stil), Frisur etc. ausdrücken können (vgl. Sei-fert 2004). Tanzen z. B. ist Ausdruck des musikalischen Genusses und damit auch ein Zeichen für andere, da dabei Musikpräferenzen und Musiknutzungspräferenzen sichtbar werden (vgl. Willis 1991). Die diversen Stilisierungen geschehen offensichtlich, um sich in der Eventgemeinschaft der Fusionisten – mehr oder minder – abzugrenzen und die ‚eigene‘ transsituative Gemeinschaft zu festigen. Denn Gemeinschaft bietet immer auch Schutz und Geborgenheit. Mit den ‚Gleichgesinnten‘ können die Festivalteilnehmer die zahlreichen Eindrücke verarbeiten. Sie können trotz Unordnung immer noch einen Raum der Sicherheit für sich finden: z. B. das eigene Lager, das gemeinsam mit den Zugehöri-gen zu einem Raum der Geborgenheit auf- und ausgebaut wird.

(iii) Erleben von Gemeinschaft(en): Trotz der angestrebten Distinktion gegenüber anderen Fusionisten, werden die Regeln der Festivalfreiheit (sich – vermeintlich –

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„zwanglos und unkontrolliert“ geben zu können) angewandt. Somit wird stets der Bezug zum Event als Ganzem hergestellt, um einerseits Teil des lustvollen Festivals zu werden und andererseits, um die (trans-)situative Gemeinschaft durch neue gemeinsame außer-alltägliche Erlebnisse zu stärken. Von entscheidender Bedeutung ist bei jedwedem Stil die Präsentation für andere. Denn Menschen ziehen sich füreinander an. Sie wollen gefallen, schmücken sich füreinander und stellen dadurch eine sinnliche Wechselwirkung zuei-nander her (vgl. Simmel 2009). Die Fusionisten – typisch für Teilnehmer von Techno-Events (vgl. Hitzler und Pfadenhauer 2009; Hitzler et al. 2011) – genießen vor allem die Aufmerksamkeit ‚ihres‘ Publikums ebenso wie die eventuell daraus entstehende Inter-aktion. Interpretationen des Stils fallen zumeist – aufgrund der außeralltäglichen Situa-tion – positiv aus, was wiederum die Darsteller in ihrer Rolle bestärkt und die positive Stimmung erhält bzw. befördert. Die Festivalteilnehmer schmücken sich also nicht nur zur Kennzeichnung von Zugehörigkeit, sondern auch für andere Fusionisten. Denn sie sind sich der permanenten Beobachtung durch andere bewusst und setzen sich dafür ‚in Szene‘. Sie stellen sich selbst als optischen Genuss zur Verfügung. Eben diese Praktiken erwecken den Eindruck zahlreicher selbstinszenierter Akteure. Bei genauerer Betrach-tung wird jedoch deutlich, dass die Selbstinszenierung Teil des ‚Festivalkonsensus‘ (in Anlehnung an Goffmans „Arbeitskonsensus“, Goffman 1971) ist. Individualisierte Akteure vergemeinschaften sich hier situativ. Insbesondere die Tanzfläche wird vor der konkreten Bühne zur abstrakten Bühne der Tanzenden, die sich gegenseitig im chan-gierenden Rollenspiel von Akteur und Zuschauer beobachten, bestätigen oder ablehnen und ihre Performanzen gemeinsam ‚überformen‘. Mittels „Feedback-Schleife“ (Fischer-Lichte 2011) – in wechselnder Inszenierung und gegenseitiger Rezeption – erzeugen die Tanzenden – so ein Fusionist – eine „Feiermasse“. Emotionale Höhepunkte sind eksta-tische Momente – z. B. bei einem besonders ‚guten‘ Set eines DJs –, in denen sich die Anwesenden äußerst flüchtig vergemeinschaften. DJ und Tanzende interagieren dann in „Feedback-Schleifen“: Wenn Ersterer inmitten eines Sets die Lautstärke minimiert oder die Bässe herausdreht, fordert er sein Publikum zur Interaktion auf (vgl. dazu auch Hitzler und Pfadenhauer 2008). Dieses antwortet mit Grölen, Pfeifen, Schreien. Die Stimmung lädt sich positiv auf. Sobald dann der Bass (oder die Lautstärke) wieder einsetzt, entladen sich explosionsartig „energetische Felder“ und die Anwesenden reißen vor Freude die Arme hoch und setzen ihren Tanz meist intensiver fort als zuvor. Es entsteht eine „Stim-mungsglocke“ (Schmitz 2007), die von all denen getragen wird, die sich den Anwesenden zugehörig fühlen, die sich aufeinander insofern einlassen, dass sie leiblich die Stimmung spüren, von ihr ‚ergriffen‘ werden können. Jene „ephemeren Gemeinschaften“ entste-hen spontan und ‚zerfallen‘ wieder ebenso spontan, sobald die ‚aufgeladene‘ Stimmung ‚abflaut‘ (vgl. Kirchner 2012).

Während des Festivals gelangen die Fusionisten also an die Grenzen ihres je eigenen Leib-Seins. Mitunter machen sie subjektiv die Erfahrung, diese Grenzen zu überschrei-ten und mittels Fusion (im Sinne von Verschmelzung) in der kollektiven Ekstase aufzu-gehen. Entscheidend für die Konstitution von (ephemeren) situativen Gemeinschaften ist das eigene emotionale Engagement der potentiellen Mitglieder wie auch das förder-liche Setting des Festivals. Die auf die und mit den anderen Teilhabenden verhandel-ten, situationsspezifischen ästhetischen Praktiken tragen entscheidend zur Existenz von Gemeinschaft(en) bei. Die Eventgemeinschaft entsteht folglich nicht durch gemeinsame

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Eigenschaften, sondern durch gemeinsame Handlungen und durch gemeinsame Empfin-dungen. Die Fusionisten managen Symbole ebenso wie Sinneseindrücke. Sie lassen sich darauf ein oder grenzen sich zuweilen ganz bewusst davon ab – und zwar „zwanglos und unkontrolliert“, spontan und emotionsgeleitet, kunstvoll und fachmännisch (vgl. Kirch-ner 2011, 2012).

2.2 Eventisierung und Interkultur3

Das DFG-Projekt „Interkulturelles Verstehen in Schulen des Ruhrgebiets“ konzentrierte sich darauf, dass aufgrund von Multi- und Interkulturalität moderner Gesellschaften die soziale Integration kultureller Differenzen zum permanenten Handlungsproblem wird. Die Zwischensphäre, in der kulturell unterschiedlich sozialisierte Menschen (in-)direkt aufeinander Bezug nehmen, kann als ‚Interkultur‘ begriffen werden (vgl. Kurt 2010a; Kurt et al. 2013; Terkessidis 2010). In Frage steht aber, wie in solchen interkulturellen Kontaktzonen soziale Ordnungen entstehen, wie sich interkulturelle Lebensformen kons-tituieren und wie sich Angehörige unterschiedlicher Kulturen begegnen.

Diese Fragen, so die Leitidee des Projekts, lassen sich nur im direkten Bezug auf soziale Praktiken beantworten. Ein in diesem Sinne besonders geeignetes Handlungs-feld stellt der intensive interkulturelle Austausch von Jugendlichen des Ruhrgebiets dar. Haben sich doch gerade hier im Zusammenleben mehrerer Millionen Menschen unter-schiedlicher Herkunft alltagspraktische Formen interkultureller Kommunikation heraus-gebildet. Keineswegs nur, aber eben auch die Schulen des Ruhrgebiets lassen sich als Orte verstehen, an denen Interkulturalität praktisch gelebt wird.

Um diese interkulturellen Kommunikationskompetenzen aufspüren und rekonstruie-ren zu können, wurden die Akteure absichtsvoll mit verschiedenen projektgebundenen, außeralltäglichen Situationen konfrontiert, in denen die Schüler aufgefordert wurden, typische Handlungsweisen sozialer Integration und Distinktion zu zeigen: So wurden Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster von Schülern dreier verschiedener Schul-typen (Hauptschule, Gesamtschule und Gymnasium) in drei aufeinander aufbauenden (audio-visuell aufgezeichneten) Forschungsphasen – narrative Interviews, Gruppendis-kussionen und Improvisationstheater – rekonstruiert. In der dritten Phase, dem Improvi-sationstheater, hatten die Jugendlichen die Möglichkeit, ihre multikulturelle Lebenswelt zu reflektieren und unter der Anleitung von Theaterpädagogen schauspielerisch auszu-drücken (vgl. hierzu ausführlich Kurt 2010a, 2010b)4.

Insbesondere das Improvisieren als Methode qualitativer Sozialforschung wurde dabei gezielt in allen drei Forschungsphasen eingesetzt und trägt in Form des Improvisations-theaters gerade dem körperlichen Erleben von Interkultur Rechnung. Der gezielte Ein-satz der Improvisation diente mithin dazu, das in alltäglicher Selbstverständlichkeit eher implizite Interkultur-Wissen der juvenilen Akteure sprachlich und theatral quasi-spontan zu explizieren. Im Schulalltag der Jugendlichen stellte dieser Datenerhebungsprozess im Allgemeinen und das Improvisationstheater im Besonderen ein zeitlich begrenztes, außergewöhnliches Ereignis dar. Die Teilnahme der Schüler am Projekt war diesen frei-gestellt. Das handlungsanleitende Credo basierte mithin eher auf dem Prinzip der ‚Ver-führung‘, als auf dem der Verpflichtung zur Partizipation. Verführerischer Anreiz war – neben der freiwilligen Teilnahme – die aktive Mitgestaltung bis hin zur inhaltlichen

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Ausrichtung, lautete die Idee des Projektes doch, die Schüler als ‚Interkulturpraktiker‘ ernst zu nehmen. Die Ruhrgebietsschüler haben sich mit ihrer Teilnahme dazu entschie-den ‚Interkulturalität im schulischen Kontext‘ mittels Improvisationen zu thematisieren, zu kommunizieren und sich zumindest für die Dauer der Theateraufführung situativ zu vergemeinschaften. In diesem Sinne kann hier von einer posttraditionalen Vergemein-schaftung innerhalb einer traditionalen Sozialisationsagentur, der Schule, gesprochen werden5.

Zum Abschluss des Projekts wurden Schülergruppen der drei verschiedenen Schul-typen in dem gemeinsamen, von der Kulturhauptstadt Europas RUHR.2010 geförderten Workshop „SCHÜLER VERSTEHEN. Improvisationen über Interkultur“ zusammen-geführt. Die Abendveranstaltung, in der die Schüler ihre Improvisationsfertigkeiten künstlerisch vor großem Publikum darbieten konnten, bildete das Finale des eintägigen Workshops. Die im herkömmlichen Sinne traditionelle Veranstaltungsform der Theater-aufführung wurde neben dem bereits betonten Aspekt, der auf dem Prinzip der Verfüh-rung gründenden freiwilligen Teilhabe, durch folgende Merkmale eventisiert:

(i) Dialektik des Miteinander-Machens aller Beteiligten: Die Schüler, verstanden als „Prosumenten“, fungierten hier einerseits als Konsumenten der Veranstaltung, da sie die Erwartung hatten, etwas Außergewöhnliches zu erleben. Andererseits traten sie vorder-gründig als Produzenten des Publikumsereignisses ‚Improvisationstheateraufführung‘ auf, das ohne die jugendlichen Darsteller nicht hätte stattfinden können. Die improvi-sierenden Ruhrgebietsschüler standen mit dieser Doppelrolle somit auch in der Verant-wortung für das Gelingen der eventisierten Veranstaltung. Denn nur wenn die Schüler so miteinander interagieren, dass szenische Handlungsverläufe aktiv aufgegriffen und reziprok mitgestaltet werden, kann das Improvisationstheaterspiel funktionieren. Für die Teilnehmer untereinander sowie im Kontext der Interaktion mit dem Publikum führt dieses situations-immanente dialektische Wechselspiel zu kreativen Spannungen im Szenenverlauf, welche es zu lösen gilt. Im Laufe der Vorführung kam es zu zahlreichen Interaktionen zwischen Publikum und improvisierenden Schauspielern, z. B. in Form von Spielanweisungen aus dem Plenum. Ohne das Dazutun des Publikums wäre die Darbie-tung auf der Bühne ge- und damit die gemeinsame Situationsdefinition möglicherweise zerstört worden (vgl. Goffman 2010). Dieses intensiv-reziproke Verhältnis aller Beteilig-ten zueinander bildete den Kern der hier skizzierten eventisierten Veranstaltung.

Die Verführung von Darstellern wie Publikum zur Mitgliedschaft in der Eventgemein-schaft ‚Improvisationstheater‘ kann als Option zur aktiven Teilhabe an einem als erle-benswert angesehenen sozialen Ereignis begriffen werden. Diese Erlebnisofferte ist für die Schüler zugleich immer an die Bedingung geknüpft, in eine ständige Auseinanderset-zung mit der eigenen Rolle und mit dem szenischen Kontext zu treten.

(ii) Gemeinschaftserleben und thematische Fokussierung: Die am Projekt partizipie-renden Schüler versprachen sich von ihrer Teilnahme ein besonderes Spaßerleben jenseits des Schulalltags. Der außergewöhnliche und außeralltägliche Erlebniskontext steht neben diesem teilnehmerspezifisch angelegten Spaßerleben unter dem thematischen Fokus, eine gelingende Improvisationstheateraufführung zu bieten. Die Grundvoraussetzung für das Gelingen des Vorhabens ist der gegenseitige Austausch im Ungewohnten, denn die Ruhr-

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gebietsschüler trafen hier im Rahmen des Projekts zum ersten und – mit wenigen Ausnah-men – einzigen Mal aufeinander. Sie standen damit vor der Aufgabe, zeitlich verdichtet ein wie auch immer geartetes „Wir“ anzunehmen und dieses mit Inhalt zu füllen. Ein Schüler dazu: „Und die Aufführung, das hat auch riesen Spaß gemacht […]. Ich fand das total interessant, auch dann die andern Leute kennenzulernen durch das Theaterspiel. Das ging dann auch total leicht, man ist total schnell reingekommen, hat die Leute kennen-gelernt und so.“ Dieser Akt der Vergemeinschaftung wird durch das geteilte Anliegen einer gelingenden Theateraufführung sowie durch die daraus resultierende und somit ver-mutete situative Verbindlichkeit individueller Interessen und Wünsche angetrieben. Es ist diese Ausgangssituation, welche den Akteuren die notwendige Sicherheit dafür gibt, sich den anderen gegenüber im Prozess der Vergemeinschaftung zu ‚öffnen‘. Das gemeinsame Handeln im Rahmen der eventisierten Veranstaltung scheint weniger geteilten Interessen zu folgen, als vielmehr darauf abzuzielen, diese selbst erst zu erzeugen (vgl. Bauman 1995b).

Die Mitgliedschaft der improvisierenden Schüler in der Eventgemeinschaft ist selbst-verständlich nicht formal oder kontraktil geregelt. In dem ausgesprochen labilen Gesel-lungsgebilde besteht die Möglichkeit zur Sanktion folglich ausschließlich in dem Glauben an Gemeinschaft stiftende Gemeinsamkeit(en). Sanktioniert werden durch die Gemein-schaft der anderen Schüler kann auch nur, wer – warum auch immer – diese Sanktio-nen akzeptiert: Eine Improvisationsszene, die von einem Teil der Gruppe geprobt wurde, wurde von unbeteiligten, beobachtenden Schülern als den grundlegenden Zielsetzungen zuwiderlaufend kritisiert und in der Folge gemeinsam modifiziert. D. h., dass hier nur durch die wechselseitige Anerkennung der als verbindlich deklarierten Handlungserwar-tungen stillschweigend akzeptierte Handlungskodizes etabliert werden konnten. Damit findet sich die juvenile Suche nach übergreifenden Mustern zur Orientierung im Unge-wohnten, die insbesondere im Rahmen von Jugendszenen bedeutsam ist (vgl. Hitzler und Niederbacher 2010), auch im Rahmen des vorgestellten Projekts wieder.

Im Zentrum der Methode des Improvisationstheaters – d. h. des Interaktionsrahmens dieser Veranstaltung – stehen die körperliche (durchaus auch non-verbale) Inszenierung sowie das körperliche Erleben. Der Körper dient dementsprechend auch als integrations-stiftende Projektionsfläche für alltägliche Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmuster. Der unvermittelte Blick auf die anderen Akteure, deren mimische und gestische Sym-bolik, evoziert für den Wahrnehmenden ein allgemeines Bild des Anderen, worauf sich eigene symbolische Handlungen oder emotionale Dispositionen beziehen, die zur Verge-meinschaftung beitragen und im eventisierten Kontext funktionieren. An Inszenierungen werden so gemeinsame Zielsetzungen und Vorgehensweisen intersubjektiv ‚ablesbar‘. Sie dienen als Erkenntnisfundament und Deutungsschema für adäquate Situationsdefi-nitionen (hier: für ‚Improvisationstheater-adäquate‘ Handlungen). Schultypenübergrei-fend verliefen nach diesem Muster kulturelle Integrationsprozesse hochgradig verdichtet. Diese situative ‚Beschleunigung‘ beruhte neben der bereits erwähnten, für Events bzw. für eventisierte Veranstaltungen charakteristischen unmittelbaren Interaktionsstrategie auf dem Wunsch der Teilnehmer, ein gemeinsames Handlungsziel in einem (raum-)zeit-lich begrenzten Kontext erreichen zu wollen. „Man erwartet […] von jedem Teilnehmer, dass er seine unmittelbaren tieferen Gefühle unterdrückt und einen Aspekt der Situa-tion ausdrückt, den seiner Ansicht nach die anderen wenigstens vorübergehend akzeptie-

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ren können“ (Goffman 2010, S. 13). Trotz des Bedürfnisses der Teilnehmer nach einem Gelingen der gemeinsamen szenischen Darstellung werden konformistische Regeln oder Handlungsempfehlungen der Theaterpädagogen bewusst umgedeutet: So konnte bei der Improvisationstheateraufführung beobachtet werden, dass die Jugendlichen bereits im Voraus instruiert wurden, für die Aufführung ‚neutrale‘ Kleidung (hier: weißes T-Shirt und Jeans) zu tragen, um besser verschiedene Rollen übernehmen zu können. Auffallend war, dass sich ausnahmslos keiner der Jugendlichen an diese Vorgabe gehalten hat. Sie kleideten sich teilweise durchaus farbenfroh mit vielen Accessoires. Selbst diejenigen, die sich am oktroyierten Dresscode orientierten, ergänzten diesen mit Accessoires wie Tüchern, Schals, Schweißbändern, Kapuzenjacken und Westen.

2.3 Kondensat

Wie diese beiden Fallbeispiele, das Fusion Festival und die Improvisationstheaterver-anstaltung, zeigen sollen, können (höchst unterschiedliche) Events als Katalysatoren kul-turellen Verstehens gedeutet werden, da – aufgrund des ver-rückten Zeit-Raumes und der veränderten Sozialität – die Teilnehmer ihre multiplen Differenzen situativ ausblen-den und sich stattdessen auf Gemeinschaft stiftendes Handeln konzentrieren. „Kultur“ bezieht sich dabei keineswegs nur auf die ethnische Herkunft von Menschen, sondern (vor allem) auch auf jugendliche Teilkulturen, welche sich auf Grundlage unterschied-licher ästhetischer Praktiken herausbilden. In diesem zeitlich, räumlich und sozial ver-dichteten Kontext bestehen selten Möglichkeiten für längere Gespräche6, weswegen dem Körper der Anwesenden entscheidende Bedeutung als Kommunikationsmedium zukommt. Dies schließt eine eventspezifische (Ver-)Kleidung mit ein: So wählen einige Fusionisten besonders extravagante Kostümierungen, um sowohl Gruppenzugehörigkeit als auch Individualität offen zu dokumentieren. Auf ähnliche Weise versuchen die Schü-ler des Improvisationstheaters, sich trotz (vorgegebener) Bekleidungskonformität indivi-duell zu kleiden. Mit Hilfe dieser vestimentären Selbstinszenierung des Einzelnen in der Gruppe werden – beabsichtigt und unbeabsichtigt – Informationen über Zugehörigkeiten, Interessen und die eigene Persönlichkeit vermittelt und von anderen – stets im (positi-ven) (Interpretations-)Rahmen des Events – gedeutet. Und da alle Teilnehmenden sich zugehörig fühlen wollen, Gemeinschaft erleben wollen, fallen die Deutungen der anderen signifikant häufig positiv aus. Die Anwesenden meinen, einander verstehen zu können, obwohl sie oft kein einziges Wort miteinander gewechselt haben. Genau genommen kann das Gemeinschaftserlebnis von den Organisierern gar nicht garantiert werden, trägt doch die Performanz und die Akzeptanz jedes Einzelnen zum Gelingen des Ganzen bei. Bereits das Versprechen vor dem eigentlichen Statthaben der Veranstaltung und die infolgedes-sen erzeugte Erwartung der Einzelnen auf ein – wie auch immer geartetes – Spaßerleben in der Gemeinschaft scheinen jedoch nachdrücklich zu einer gemeinschaftsförderlichen Prädisposition beizutragen.

Trotz der positiven Erfahrung von Zugehörigkeit wird in den Fallbeispielen deutlich, dass die mittels gemeinsamer ästhetischer Praxis erzeugte Vergemeinschaftung (mehr-heitlich) nicht über das Event hinaus bestehen bleibt. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Zum einen ist die Aufrechterhaltung solcher Gemeinschaften im Alltag schwierig: Nicht nur große räumliche Distanzen, sondern mehr noch alltags- und lebensweltliche Differen-

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zen trennen die vormaligen Mitglieder. Zum anderen würde der eventtypische Aspekt der Außergewöhnlichkeit – mithin Außeralltäglichkeit – empfindlich gestört werden, wenn Eventteilnehmer mit den Konsequenzen ihres Handelns auch in ihrem jeweiligen Alltag konfrontiert wären.

3 Ausblick

Wie wir zu zeigen versucht haben, weisen die sich aus differenten juvenilen Lebenswel-ten speisenden Events bzw. eventisierten Veranstaltungen eine deutliche Gemeinsamkeit auf: die Verwendung von (körperlichen) Inszenierungen mittels Symbolen und symbo-lischen Handlungen als sozialem Mechanismus der Integration und Distinktion. Gerade für juvenile Menschen spielt die emotionale und mentale Zugehörigkeit zu einem mit Wir-Gefühlen besetzten Gesellungsgebilde, wie es nachgerade exemplarisch qua Even-tisierung eines Beisammen-Seins evoziert werden kann, eine zentrale Rolle. Eventisie-rung verweist in diesem Sinne, neben dem teilnehmerspezifisch angelegten Versprechen auf ein (wie auch immer geartetes) Spaßerleben, auf die Option, sich (trans-)situativ mit den anderen Teilnehmern zu vergemeinschaften und damit zumindest eine Zeit lang Zu- und Zusammengehörigkeit zu empfinden. Eventisierung nur als von Marketinginteressen getriebene ‚Verspaßung‘ von immer mehr Bereichen des gesellschaftlichen Miteinan-ders zu disqualifizieren, übersieht bzw. vernachlässigt mithin deren durchaus erhebliches Kohärenz-Potential: Unter den gesellschaftlich gegebenen Individualisierungsbedingun-gen bietet der ver-rückte Zeit-Raum von Events (bzw. eventisierten Veranstaltungen) für alle und jeden die vermutlich barrierefreie Gelegenheit schlechthin, sich ohne über die Situation hinausreichende Konsequenzen zu vergemeinschaften.

Auch in im engeren Sinne als erziehungswissenschaftlich relevant betrachteten Kon-texten können Events bzw. eventisierte Veranstaltungen gezielt eingesetzt werden: Event-ähnliche Rahmenbedingungen bieten einige Chancen dafür, dass Jugendliche sinnlich vermittelt und zeitlich verdichtet Besonderes erleben können, um so gruppeneigene Integrations- und Distinktionsmuster offen zu legen und über diese mit anderen Akteu-ren ins Gespräch zu kommen. Dabei lässt sich selbstverständlich nicht ignorieren, dass es sich in erziehungswissenschaftlichen Kontexten um Erwachsene – hier: Pädagogen – handelt, die Jugendlichen Freiräume schaffen wollen, welche diese Jugendlichen nach den Maßgaben der Erwachsenen für sich nutzen sollen. Juvenile Menschen schaffen sich innerhalb gesellschaftlicher Vorgaben (wie z. B. im Fall der Kleidungskonvention bei der dargestellten Improvisationstheateraufführung) aber immer schon selbst eigene Frei-räume, modifizieren diese, interpretieren sie und gestalten sie nach ihrem Gusto.

Neben der Untersuchung möglicher Anwendungs- und Kompetenzbereiche event-ähnlicher Lern- und Lehrformen in der pädagogischen Praxis, sollte – angesichts des gesamtgesellschaftlichen Trends zum Event – ein Grundanliegen zukünftiger erziehungs-wissenschaftlicher Forschung sein, zu ermitteln, in welchem Maße Events innerhalb der Sozialisationsinstitution Schule Berücksichtigung fanden und aktuell finden. An diese Ausgangsfrage können sich Studien zur Schulentwicklung anschließen, welche Organi-sationsmerkmale zu identifizieren suchen, die einen möglichen Eventisierungstrend in diesem Feld unterstützen bzw. hemmen. Zudem kann gefragt werden, wie eine solche

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potentielle Entwicklung hin zu einem eventisierten Schulalltag im Allgemeinen und einer ästhetischen Praxis im Kontext von ‚Lern- und Lehrevents‘ im Besonderen aus Sicht von Schülern wahrgenommen und bewertet wird.

Anmerkungen

1 Dieser Beitrag bezieht sich auf eine in den Jahren 2009−2010 von Babette Kirchner (aus Eigenmitteln finanzierte) durchgeführte Studie zu Praktiken der Vergemeinschaftung im Rah-men des Fusion Festivals (vgl. Kirchner 2011).

2 http://archiv.fusion-festival.de/2009/de/2009/home/festival/fusion/, Zugegriffen: 29. April 2012.

3 Das Folgende bezieht sich auf das DFG-Projekt „Interkulturelles Verstehen in Schulen des Ruhr-gebiets“ (durchgeführt von Ronald Kurt, Mareike Winkelmann und Jessica Pahl) am Kulturwis-senschaftlichen Institut in Essen (KWI) – vgl. http://www.kwi-nrw.de/home/projekt-41.html.

4 Am Projekt teilgenommen haben die zehnten Klassen der Hauptschule an der Ludgerusstraße in Duisburg, die Stufe 12 der Frida-Levy Gesamtschule in Essen sowie die Stufe 11 des Ricar-da-Huch Gymnasiums in Gelsenkirchen. Die Schüler waren zu Beginn des Projekts im Alter von 15 bis 18 Jahren. Das Auswahlkriterium für diese Schulen war neben einem künstlerischen Schwerpunkt im Schulprofil ein hoher Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund, um die Forschungsfrage des Projekts bestmöglich bearbeiten zu können.

5 Obwohl das dargestellte Projekt in diesem Fall die außeralltägliche Vergemeinschaftungssitu-ation erst anstößt, muss betont werden, dass ein ähnlicher Erfahrungskontext an Schulen auch ‚intrinsisch‘ wachsen kann (z. B. in Form von Projektwochen oder durch die Begegnung an außerschulischen Lernorten).

6 Dies gilt auch für die dargestellte Improvisationstheateraufführung, bei der ein Kennenlernen der Schüler intendiertermaßen über spontane Improvisationssituationen (z. B. ein gemeinsa-mes non-verbales ‚Warm-Up‘ mit Musikbegleitung) und nicht mittels eines intensiven verba-len Austausches vollzogen wurde.

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