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Event-Regie Monika Graf Stefan Luppold Der spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung

Event-Regie: Der spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung

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Event-Regie

Monika GrafStefan Luppold

Der spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung

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Event-Regie

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Monika Graf · Stefan Luppold

Event-RegieDer spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung

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Monika GrafFürstenfeldbruck, Deutschland

Stefan LuppoldDHBW Ravensburg Ravensburg, Deutschland

ISBN 978-3-658-20349-8 ISBN 978-3-658-20350-4 (eBook)https://doi.org/10.1007/978-3-658-20350-4

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Springer Gabler © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa-tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral.

Die Grafiken im Buch wurden gestaltet von MOTOMOTO, München

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

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V

Vorwort von Monika Graf

Jeder in der Event-Branche hatte schon einmal Kontakt mit einem Event-Regis-seur. Manche nennen ihn Ablauf-Regisseur, manche sagen Show-Caller, andere bevorzugen den Begriff Stage-Manager. In jeder Agentur, bei jedem Kunden gibt es ganz unterschiedliche Vorstellungen darüber, welche Aufgaben und Verant-wortlichkeiten bei eben dieser Person liegen. Die Ursache für diese weitverbrei-tete Unklarheit rund um diesen Beruf dürfte vermutlich darin liegen, dass es ihn offiziell eigentlich noch gar nicht gibt. Es gibt ihn nicht auf Google, es gibt keine Bücher bei Amazon, es gibt keine Jobbeschreibung bei der Agentur für Arbeit. Es gibt keine klassische Ausbildung, dementsprechend auch keine Definition und verbreitete Lehrmeinung über das Berufsbild und das dafür benötigte Fachwissen.

Ebenso gibt es für seinen Tätigkeitsbereich der Show-Vorbereitung und -Umsetzung bisher kaum einheitliche strukturelle Vorgehensweisen – auch hier hat jede Agentur, jeder Kunde einen eigenen Weg entwickelt. Manchmal sind die selbst gewählten Strukturen durchaus zielführend – manchmal aber auch „von hinten durch die Brust ins Auge“.

Gerade aufgrund der immer komplexer werdenden Shows erscheint es jedoch zwingend notwendig, sinnvolle Arbeitsabläufe und Projektstrukturen zu verfolgen und damit die unliebsamen Überraschungen und unerwarteten Abenteuer zu redu-zieren.

Genau hierbei soll das Buch eine Hilfestellung bieten. Es beinhaltet zu Beginn wichtiges Basiswissen aus verschiedenen Fachbereichen, das Grundvorausset-zung für ein gelingendes Event-Projekt ist:

• Marketing,• Wirkungspsychologie,• Arbeitspsychologie wie Mitarbeiter- und Kundenführung und• Veranstaltungstechnik.

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VI Vorwort von Monika Graf

Im darauffolgenden Kapitel wird der strukturierte Aufbau einer Showproduktion Schritt für Schritt erörtert. Dieser umfasst acht Schritte:

1. Definition der klaren Kommunikationsziele – und wie diese in einer Show umgesetzt werden. Hierbei wird auch beleuchtet, warum von einem genia-len Pitch-Konzept im Laufe der Projektumsetzung am Ende manchmal recht wenig übrig bleibt – und was man dagegen unternehmen kann.

2. Definition der Showkomponenten: Hier geht es darum, wie man die geeig-neten Redner, Künstler, Moderatoren und sonstige Showbeteiligte auswählt. Auch die Definition der geeigneten Musik, Filme und technischen Elemente spielt hier eine Rolle.

3. Ablaufplan/Storybook: Hierbei geht es darum, wie ein dramaturgisch starker Ablauf einer Show geplant wird. Storytelling, Emotionalisierung und Involve-ment sind hier zu finden.

4. Briefing aller vorproduzierten Elemente: Nur wer präzise Briefings an Technik, Musikproduzenten, Choreografen und Medienagenturen geben kann, wird zum Schluss eine schlüssige Show realisieren können. Darum geht es in diesem Arbeitsschritt.

5. Produktions-Timeline: Dieses Element ist wichtig, um alle zeitlichen Abhän-gigkeiten zwischen verschiedenen Beteiligten zu planen und um rechtzeitig fertig zu werden. Es stellt auch ein wesentliches Element der Kundenführung im Hinblick auf Freigaben, mögliche Änderungen etc. dar. Ein Herzstück der Showproduktion, das oftmals vernachlässigt wird.

6. Regieplan: Das wichtigste Arbeitsdokument für Regisseure, Techniker und sonstige Showbeteiligte. Aufbau und Handhabung werden hier näher betrach-tet.

7. Proben: Für zielführende Proben gibt es eine klare Architektur, in welcher Reihenfolge was Sinn macht. Auch Inhalte eines Regiemeetings sowie Kom-munikationsstrukturen im Team werden hier näher betrachtet.

8. Show: Wie wird eine Show geleitet? Und was ist zu tun im Fall von Pleiten, Pech und Pannen? Damit beschäftigt sich der letzte Arbeitsschritt.

Abschließend betrachtet das Buch die Besonderheiten internationaler Projekte: Andere Länder, andere Sitten ist hier das Stichwort. Außerdem werden Zukunft-strends und kommende Herausforderungen in der Welt der Marketing-Shows beleuchtet.

Das Buch wendet sich an alle, die sich beruflich mit Marketing-Events beschäftigen: Konzeptioner, Projektleiter und Event-Manager auf Agentur- oder

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VIIVorwort von Monika Graf

Unternehmensseite, Studierende und Auszubildende der Fachbereiche Eventma-nagement/Eventmarketing sowie alle weiteren Event-Beteiligten wie Medienge-stalter, technische Dienstleister und sonstige Mitwirkende.

Das Buch ist einerseits wissenschaftlich fundiert, um belastbare Aussagen zu sinnvollen Strukturen und Entscheidungsempfehlungen zu geben. Andererseits ist es jedoch aus der Praxis für die Praxis und beleuchtet insbesondere die Problem-stellungen, über die wir als Mitwirkende des „Event-Zirkus“ regelmäßig stolpern.

Das Buch enthält auch einige Praxisbeispiele – Ereignisse, die ich tatsächlich in den 17 Jahren meiner Berufspraxis erlebt habe. Um jedoch keinen der Beteilig-ten in ein schlechtes Licht zu rücken, sind alle Projekte so anonymisiert formu-liert, dass man keine Rückschlüsse auf die Beteiligten ziehen kann.

Des Weiteren ein Hinweis zur Genderthematik: Natürlich ist uns allen bewusst, dass es auch ProjektleiterINNEN, TechnikerINNEN und RegisseurINNEN gibt. Nachdem ich als Frau jedoch entgegen manch emanzipatorischer Strömung der Meinung bin, dass wir Frauen unser Selbstwertgefühl nicht aus einer weiblichen Formulierung beziehen und diese darüber hinaus auch sehr sperrig zu lesen ist, habe ich – hoffentlich im Sinne aller – die kürzere, männliche Formulierung ver-wendet.

Ein Buch schreibt sich nicht allein auf einer einsamen Insel – daher ist es mir ein großes Anliegen, an dieser Stelle einigen Menschen von Herzen zu danken.

Zunächst danke ich all meinen Kunden, mit denen ich so viele schöne wie auch aufregende Erfahrungen sammeln durfte. Gerade die Projekte, die richtig mühsam, holprig und schwierig liefen, gaben mir die größte Chance zu wachsen und zu lernen. Vielen Dank für das Vertrauen und so manch graues Haar, das wir gemeinsam in Kauf genommen haben!

Außerdem danke ich den vielen Kollegen, die mit mir den einen oder anderen Absatz dieses Buches manchmal auch Nächte füllend kontrovers diskutiert haben, die korrigiert, hinterfragt und widersprochen haben. Ihr seid eine wahre Berei-cherung in unserem bunten Event-Zirkus und mehr als „nur“ Kollegen für mich: Alex, Bastian, Bodo, Fred, Georg, Kay, Kilian, Matt, Nepomuk, Nevil, Nici, Paul, Phillip, Ralph, Raquel, Sven, Tillmann, Tilmann, Uli, Uwe und einige mehr.

Ein ganz besonderes Dankeschön gebührt meine Familie: Zunächst meiner Schwester – ohne sie hätte das Lektorat dieses Buches eine Menge Arbeit gehabt. Meine Eltern sind in meinem Vagabundenleben nicht nur bei jedem Sturm und Wetter der Fels in der heimischen Brandung – ohne das Erbe des väterlichen stra-tegischen und analytischen Denkens und der mütterlichen Entdeckerfreude und Abenteuerlust wäre ich niemals dorthin gekommen, wo ich heute stehe. Eltern sollten ihren Kindern Wurzeln und Flügel geben – dies tut ihr sehr liebevoll bis heute. Danke für alles!

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VIII Vorwort von Monika Graf

Abschließend möchte ich mich bei meinen Söhnen bedanken, die sich stets bemüht haben, ihre Lausbuben-Streiche während meiner Schreibarbeit zu redu-zieren. Glücklicherweise ist das nicht immer gelungen. Ben-Luca und Jan-Louis, eure Kreativität und euer Entertainment sind besser als die tollste Show – ihr seid und bleibt für immer die Größten!

Abschließend wünsche ich nun Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine span-nende Lektüre. Lesen Sie, wie immer Sie mögen: von vorne nach hinten oder von hinten nach vorne, suchen Sie sich die Kapitel heraus, die Sie gerade interessie-ren, oder stellen Sie es als Dekoration ins Bücherregal und ziehen es nur dann heraus, wenn Sie bei einem aktuellen Problem nach Lösungsideen suchen. Das Wichtigste ist: Haben Sie Spaß!

HerzlichstMonika Graf

Ihre

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IX

Vorwort von Stefan Luppold

In unserer immer komplexer werdenden Welt sprechen wir häufig davon, dass ein ganzheitliches Verständnis wichtig ist – oder, eigentlich, erhalten bleiben muss. Sozusagen ein 360-Grad-Blick, der uns auch dabei hilft, Zusammenhänge zu erkennen und damit einzelne Elemente besser zu verstehen. Zwar ist enzyklopädi-sches Wissen „out“, aber eine zu eng gefasste Spezialisierung schafft gefährliche Scheuklappen. Weshalb sonst ist es immer wieder angeraten, „out of the box“ zu denken!?

Unser Studiengang an der DHBW (Duale Hochschule Baden-Württemberg) in Ravensburg basiert auf den Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Dort finden sich, in Module integriert, die klassischen Disziplinen wie Marketing, Control-ling, Organisation und Planung. Wer sich für „Messe-, Kongress- und Eventma-nagement“ einschreibt, erhält sechs Semester Input, der sich sehr stark an fachlichen Details sowie an Projektmanagement-Kompetenzen orientiert. Studen-ten lernen dabei die Vorbereitung, die Durchführung und die Nachbereitung von Veranstaltungen kennen – und das im Kontext der oben genannten klassischen Disziplinen.

Allerdings ist eine der Schnittstellen wenig ausgeprägt, obwohl sie vielleicht das entscheidende Element für den Erfolg von Events darstellt: die Event-Regie!

Logistik im Vorfeld, Pitches, Promotion-Aktivitäten und Sponsoring-Konzepte – und dann Debriefing, Erfolgskontrolle und Nachkalkulation. Dazwischen, dort, wo es um die Umsetzung geht, besteht aktuell eine Lücke. Die wird zwar in der Regel durch Praxiserfahrung geschlossen – das dauert allerdings!

Hinzu kommt, dass es bei Event-Regie um deutlich mehr geht als nur den engen Zeitraum der „Show“, der „Action“: Dieses Fachbuch zeigt vollständig auf, wie wichtig der „Master of the Puppets“ auch im Vorfeld von Veranstal-tungen ist. Was für einzelne Gewerke gilt – der spät georderte Dolmetscher ist nicht gebrieft, der im letzten Moment beauftragte Sicherheitsdienst ist oft von

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X Vorwort von Stefan Luppold

minderer Qualität –, trifft auch auf den Event-Regisseur zu: Seine frühzeitige Verpflichtung und sein kompetentes Mittun (von der Definition der Kommuni-kationsziele an) sind nach meiner Auffassung einer der großen Schlüssel zum Erfolg.

In dem Vorwort des von mir herausgegebenen Fachbuchs „Event-Marketing: Trends und Entwicklungen“ habe ich darauf hingewiesen, wie wichtig verschie-dene Perspektiven sind, mit unterschiedlichen Erfahrungshorizonten und facet-tenreichen Ideen. Mit Blick auf das vorliegende Buch „Event-Regie“ müsste man ergänzen, dass gerade dies einer Person bedarf, die dann von Beginn an koordi-niert und systematisiert, die in der Rolle des Navigators ebenso zu finden ist wie in der des Steuermanns. Und dort, wo erforderlich, auch in der des Kapitäns!

Bleibt noch eine wichtige Bemerkung mit zwei Begriffen vorab, die sich im Kontext von Events – von besonderen Veranstaltungen sprechen wir hier, von temporären künstlichen Erlebnisräumen, von Inszenierung und Dramaturgie, von Interaktion und multisensorischer Ansprache – nicht vermeiden lässt: Leiden-schaft und Empathie. Leidenschaft zeichnet das Bild des 360-Grad-Sehenden, weil er Anfang und Ende, Grund und Ziel kennen muss – um dann, auch mit der Leidenschaft der Perfektion, zu arbeiten. Empathie richtet die Leidenschaft auf die Besucher, die Teilnehmer, die Gäste – aber ebenso auf die Veranstalter und Dienstleister. Sie werden am Ende dieses Buches sehen, dass sich idealerweise beides in der Person eines Event-Regisseurs vereint.

Viel Freude beim LesenStefan Luppold

Ihr

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XI

1 Die Welt der Regisseure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Was haben alle Regisseure gemeinsam? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Unterschiede zwischen Theater-, Film-, Fernseh-

und Event-Regisseuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.3 Abgrenzung zu weiteren Event-spezifischen Berufen . . . . . . . . . . . 41.4 Events – was ist gemeint? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2 Multitasking und Multifarious – Interdisziplinäre Anforderungen an den Event-Regisseur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92.1 Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.1.1 Emotionen – die Tür zu Herz und Hirn . . . . . . . . . . . . . . . . 112.1.2 Man kann nicht nicht kommunizieren – oder:

Alles wirkt! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.2 Veranstaltungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.2.1 Lichttechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.2.2 Tontechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282.2.3 Medientechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

2.3 Arbeitspsychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432.3.1 Mitarbeiterführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452.3.2 Kundenführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

2.4 Weitere Fähigkeiten, die ein Event-Regisseur besitzen sollte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552.4.1 Kunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552.4.2 Logistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

2.5 Wie findet man den passenden Event-Regisseur? . . . . . . . . . . . . . . 56

Inhaltsverzeichnis

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XII Inhaltsverzeichnis

3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593.1 Zielsetzung & Marketing-Positionierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

3.1.1 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613.1.2 Die Gefährder der konsequenten

Ziel-Realisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623.1.3 Marketing-Positionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

3.2 Definition der Show-Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693.2.1 Redner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693.2.2 Künstler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733.2.3 Moderatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743.2.4 Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753.2.5 Filme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 803.2.6 Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 813.2.7 Kinetik, Laser, Wasser, Pyro und Co . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833.2.8 Interaktive Live-Technologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

3.3 Ablaufplan/Storybook . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 863.3.1 Involvement verstärkt Emotionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 873.3.2 Storytelling: Starke Emotionen entstehen durch

Geschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 903.3.3 Starker Anfang und starkes Ende – gilt dies

auch für Events? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 913.4 Briefing aller Pre-Productions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

3.4.1 Medien-Briefing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953.4.2 Musik-Briefing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 993.4.3 Interaktive Showacts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

3.5 Die Produktions-Timeline . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1023.6 Der Regieplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

3.6.1 Aufbau des Regieplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1043.6.2 Änderungen im Regieplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

3.7 Die Proben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1093.7.1 Handover – Umstrukturierung des Projektteams . . . . . . . . . 1093.7.2 Die Proben-Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1103.7.3 Probentransparenz gegenüber Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . 1323.7.4 Hire and fire? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1333.7.5 Proben-Psychologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1343.7.6 Generalprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1363.7.7 Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis . . . . . . . . . . 138

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XIIIInhaltsverzeichnis

3.8 Die Show . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1393.8.1 Der Arbeitsplatz des Regisseurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1393.8.2 Das Adrenalin steigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1403.8.3 Die Show beginnt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1423.8.4 Die Maschinerie läuft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1423.8.5 Pleiten, Pech und Pannen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1443.8.6 Es ist geschafft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

4 Internationale Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1554.1 German Gruendlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1554.2 German Deutlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1564.3 Entscheidungsfindung und -stabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1574.4 Hilfen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

5 Fit für die Zukunft – Sieben wichtige Trends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1615.1 Architektonische und inhaltliche Gestaltung:

Back to the roots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1615.2 Ökologische Nachhaltigkeit: Quantifizierbare

Pflicht statt Bauchgefühl-Kür . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1625.3 Thema künftiger Mitarbeiter-Veranstaltungen:

Digitale Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1645.4 Präsentationen – optische Erlebniswelten statt

PowerPoint . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1655.5 Influencer: One-Million-Dollar-Shot für Jedermann . . . . . . . . . . . . 1665.6 Interaktiv und Digital – Auflösung der

bisherigen Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1675.7 Menschliche Belastungsgrenzen – Ein starkes

Team für den Erfolg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

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Monika Graf wurde 1976 in der Nähe von München geboren. Nachdem sie ihre Musiker-Karriere als Cellistin aus gesundheitlichen Gründen beenden musste, stu-dierte sie an der Ludwig-Maximilians-Universität München Markt- und Werbepsy-chologie und BWL mit den Schwerpunkten Marketing und Logistik. Während des Studiums kam sie mit dem Beruf des Event-Regisseurs in Berührung – eine Liebe auf den ersten Blick.

Seit 17 Jahren arbeitet sie nun erfolgreich als international tätige Event-Regisseurin und hat mehr als 600 Shows in über 25 Ländern weltweit geleitet. Sie zeichnet sich durch ihre Leidenschaft für perfekte und emotionale Marken-Inszenierungen aus. Aufgrund ihrer breit gefächerten Ausbildung und Erfahrung gilt sie als eine der vielseitigsten Regisseure der Event-Branche. Darüber hinaus hat sie einen Lehrauftrag an der DHBW (Duale Hochschule Baden-Württemberg) Ravensburg.

Stefan Luppold ist Professor an der staatlichen DHBW (Duale Hochschule Baden-Württemberg) Ravensburg; dort leitet er den Studiengang „Messe-, Kon-gress- und Eventmanagement“. Das gleichnamige Institut (IMKEM) hat er 2009 gegründet.

Zuvor war er zwei Jahrzehnte lang in internationale Projekte der Veranstal-tungs-Branche eingebunden, darunter bei Messe- und Kongressgesellschaften, Stadien und Arenen, Kultureinrichtungen sowie den Veranstaltungsabteilungen wissenschaftlicher Verbände und Event-Agenturen.

Als Herausgeber von zwei Fachbuchreihen mit aktuell 17 Bänden, als Mithe-rausgeber des 2017 veröffentlichten „Praxishandbuch Kongress-, Tagungs- und Konferenzmanagement“ sowie als Autor, Referent bei Branchenverbänden und Gastdozent an Hochschulen im In- und Ausland gibt er sein Wissen weiter.

Über die Autoren

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Abb. 1.1 Die drei Dimensionen von Regie-Projekten . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Abb. 2.1 Kompetenzfelder des Event-Regisseurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Abb. 2.2 Emotionen und Erinnerung im Gehirn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13Abb. 2.3 Entstehung von kognitiver Dissonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Abb. 2.4 Beleuchtungsrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Abb. 2.5 Der Weg der Schallwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29Abb. 2.6 Charakteristiken von Mikrofonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30Abb. 2.7 Vor- und Nachteile unterschiedlicher Führungsstile . . . . . . . . . . . 45Abb. 3.1 Die 8 Arbeitsschritte einer Show . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60Abb. 3.2 Positionierung Neuprodukt im Rahmen einer Veranstaltung . . . . 68Abb. 3.3 Beispiele für inhaltliche Event-Dramaturgien . . . . . . . . . . . . . . . . 93Abb. 3.4 Kooperation bei der Entwicklung interaktiver Shows . . . . . . . . . . 101Abb. 3.5 Event-Regieplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105Abb. 3.6 Vier Entscheidungskriterien im Problemfall . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

Abbildungsverzeichnis

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Die Welt der Regisseure

Der Beruf des Regisseurs ist überwiegend bekannt aus den Bereichen Theater sowie Film und Fernsehen, der Event-Regisseur hingegen kaum. Daher wollen wir mit einer ersten Einordnung beginnen – setzen wir zunächst an den verbin-denden Elementen an.

1.1 Was haben alle Regisseure gemeinsam?

Der Begriff Regisseur stammt vom französischen Verb régir ab, was so viel bedeutet wie „leiten, lenken, bestimmen“. Der Regisseur ist somit die Person, die die künstlerische Leitung bei der Gestaltung/Interpretation eines Werkes innehat. Die Arbeit des Regisseurs beginnt an dem Punkt, wo der Autor ein Theaterstück/ein Drehbuch/ein Pitchkonzept fertiggestellt hat – und endet mit der Umsetzung.

Sehr gut vergleichbar ist der Beruf des Regisseurs wohl mit einem Spitzen-koch. Nach der Festlegung des Gerichts wählt er seine Zutaten sorgfältig aus, um sie dann in passenden Mengen auf eine Art und Weise zusammenzufügen, dass zum Schluss ein harmonisches, wohlschmeckendes Menü entsteht.

Die Herausforderung für den Regisseur besteht also immer darin, all seine „Zutaten“ in passender Menge und Ausprägung zusammenzuführen.

Was bedeutet dies für den Event-Regisseur? Das schlüssige und harmonische Zusammenführen von Moderatoren, Rednern, Künstlern und technischen Show-Elementen, um die Konzeptidee zu realisieren. Und bei welchen Events kommt dies zum Einsatz? In erster Linie bei unzähligen Unternehmens-Veranstaltungen, wie z. B. Shows zur Produkteinführung, Presse-Shows und -konferenzen, bei Messe-Veranstaltungen, bei großen Kongressen und Tagungen, bei Kick-off-Ver-anstaltungen für Mitarbeiter und vielen weiteren Event-Formen.

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© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 M. Graf und S. Luppold, Event-Regie, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20350-4_1

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2 1 Die Welt der Regisseure

Eine Übersicht der Veranstaltungsformen bieten u. a. Bühnert, Kötter und Luppold im „Handbuch Messe-, Kongress- und Eventmanagement“ (Bühnert 2013; Kötter 2013; Luppold 2013).

1.2 Unterschiede zwischen Theater-, Film-, Fernseh- und Event-Regisseuren

Wichtige Unterscheidungskriterien sind die Zielsetzung und der inhaltliche Schwerpunkt des jeweiligen Regie-Projekts. Alle Projekte beinhalten die Dimen-sionen Kunst (l’art pour l’art, unabhängig vom Geschmack der Rezipienten), Unterhaltung (egal auf welchem Niveau, Hauptsache es gefällt) und Wissen/Ler-nen (also die rationale Ansprache, womit nicht das Gefallen, sondern das Inte-resse bedient werden soll) – jedoch in sehr unterschiedlichen Gewichtungen. Abb. 1.1 soll eine erste Verortung der verschiedenen Regieprojekte anhand der genannten drei Dimensionen zeigen. Während sich Theater- und Filmprojekte sehr stark auf die Schaffung eines künstlerischen Werkes fokussieren und darüber hinaus unterhalten wollen, ist der Wissens- und Lernanteil im weitesten Sinne bei

Abb. 1.1 Die drei Dimensionen von Regie-Projekten

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Business-Events sehr stark ausgeprägt. Dieser Anteil inkludiert auch die marke-tingstrategischen Aspekte wie Imagebildung und Markenpositionierung (Kirchge-org et al. 2009).

Ein anderes Unterscheidungskriterium ist die Arbeitsanforderung an die ver-schiedenen Regisseure. Denn die Rahmenbedingungen, wann und wie der Regisseur seine Interpretationsidee „an den Mann bringt“, gehen sehr stark aus-einander.

Diese Differenzierung wollen wir im nächsten Schritt näher betrachten.

Der Theater-RegisseurIm Theater stellt die Probenzeit, die meist mehrere Wochen, teils sogar Monate umfasst, einen wichtigen Teil des kreativen Prozesses dar. Verschiedene Interpre-tationsmöglichkeiten werden getestet, analysiert, verworfen oder moduliert. Wenn dann die finale Version festgelegt ist, heißt es proben, proben, proben. Alle Betei-ligten müssen ihre Rolle so lange schleifen, bis sie in Fleisch und Blut übergeht, denn der Regisseur hat während der Aufführung keine Eingriffsmöglichkeiten mehr. Somit beendet er seine Haupttätigkeit nach der Generalprobe.

Der Film-RegisseurDie Unterteilung eines Films in unzählige kleine Einstellungen ist gleichermaßen Fluch und Segen des Film-Regisseurs. Einerseits ermöglicht die Unterteilung, dass alle Beteiligten gerade einmal die nächste Sequenz beherrschen müssen und der Regisseur jede Sequenz so oft wiederholen kann, bis sie seines Erachtens perfekt im Kasten ist. Andererseits zerstören das Zerstückeln und Durcheinan-derwürfeln jedoch auch jeden chronologischen und dramaturgischen Flow. Eine passende Emotionalität für die jeweilige Sequenz muss immer wieder von Neuem aufgebaut werden. Und ob dann am Ende, wenn alle Takes in der richtigen Rei-henfolge hintereinandergeschnitten werden, alles sowohl inhaltlich als auch dra-maturgisch stimmig und harmonisch zusammenpasst, kann man erst beurteilen, wenn alle Mitwirkenden längst wieder zu Hause sind!

Der Fernseh-RegisseurDer Fernseh-Regisseur findet seinen Einsatz in den unterschiedlichsten Berei-chen: bei Nachrichten- und Informationssendungen, Unterhaltungsshows, Doku-mentar-Filmen und Außenproduktionen wie zum Beispiel Sportübertragungen. Dementsprechend heterogen sind dort auch seine Arbeitsanforderungen. Gemein-sam haben jedoch alle Fernsehregie-Projekte, dass der Fokus auf der Bildspra-che und Kameraregie liegt. Für die reine Steuerung der Showabläufe und deren

1.2 Unterschiede zwischen Theater-, Film-, Fernseh- und Event-Regisseuren

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Protagonisten steht dem Fernseh-Regisseur ein Aufnahmeleiter zur Seite, sodass die Regiearbeit auf zwei Personen verteilt werden kann.

Der Event-Regisseur Bei Marketing-Events sind Probezeiten im Gegensatz zum Theater sehr knapp bemessen. Je nach Komplexität beträgt diese meist ein bis vier Tage. Sieben Tage sind absoluter Luxus und werden äußerst selten erreicht, geschweige denn überschritten. Demzufolge muss ein Event-Regisseur jede Sekunde seiner Show bereits vorab ganz präzise vor dem geistigen Auge ausgeplant haben, denn für kreatives Arbeiten und Weiterentwickeln während der Probe ist wenig Raum.

Ein weiterer Unterschied zu Theater- und Film-Regisseuren ist die deut-lich heterogenere Zusammensetzung der Show-Crew: vom Moderator über Profi-Keynote-Speaker, ungeübte Redner, Mitwirkende aus dem Konzern-Top-Management bis zu verschiedensten Künstlern und Kunstformen. Und wäh-rend früher Veranstaltungstechniker eher als Steigbügelhalter der Mitwirkenden gesehen wurden, sind technische Operator heute ebenso kreative Künstler, die synchronisierte, hoch technische, multimediale Inszenierungen gestalten und unterstützen. Sie gehören somit zu den wesentlichen und bedeutenden Mitwir-kenden einer Show.

Um der kurzen Probenzeit und der komplexen Team-Zusammensetzung Herr zu werden, gibt es als weiteres Unterscheidungskriterium zum Theater in der Event-Regie das Show-Calling zur Gewährleistung von fehlerfreien Abläufen. Alle wesentlichen Mitwirkenden sind hierbei während der Show per Headset mit dem Regisseur verbunden und bekommen sekundengenaue Regieanweisungen. Dies bedeutet für den Regisseur, dass er bei komplexen Inszenierungspassagen durchaus bis zu 20 oder 30 Anweisungen, sogenannte Cues, pro Minute gibt.

1.3 Abgrenzung zu weiteren Event-spezifischen Berufen

In der Event-Branche gibt es weitere Berufe rund um die Koordination von Showabläufen. Um Aufgaben und Abgrenzungen ein wenig klarer zu umreißen, sollen diese Berufe im Folgenden kurz definiert werden.

Der Ablauf-RegisseurDer Aufgabenbereich des Ablauf-Regisseurs ist etwas enger gefasst als der des Event-Regisseurs. Während der Event-Regisseur noch mehr das „große Ganze“

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aus Sicht des Gäste-Erlebens vom Eintreffen bis zur Abreise und auch aus marke-tingstrategischer Sicht im Auge hat, fokussiert sich der Ablauf-Regisseur auf die reinen Bühnen- und Showabläufe. Darüber hinaus steigt der Ablauf-Regisseur in der Regel etwas später in das Projekt ein.

Der Show-CallerEin Show-Caller übernimmt im Gegensatz zum Event- oder Ablauf-Regisseur keine kreative Gestaltung und trifft keine inhaltlichen, logistischen und gestalteri-schen Entscheidungen. Vielmehr callt er lediglich eine bis ins Detail vorbereitete Show gemäß einem vorgelegten Regieplanes durch.

Ein Show-Caller kommt gewöhnlich in zwei Situationen zum Einsatz: zum einen bei sehr komplexen Shows, wenn während der Show-Höhepunkte mehr Regie-Anweisungen nötig sind, als ein Regisseur gleichzeitig tätigen kann. Dann wird eine in sich geschlossene Gruppe (z. B. die Fahrer eines Fahrzeugballetts, eine Künstlergruppe, die Stagehands o. Ä.) aus dem Gesamt-Regiekreis ausge-koppelt und vom Show-Caller, passend zu den Gesamt-Regieanweisungen des Regisseurs, geführt.

Zum anderen kommt ein Show-Caller gelegentlich zum Einsatz, wenn eine Show sehr oft wiederholt wird. Dann übernimmt der Regisseur das Aufsetzen und Einproben der Show sowie die ersten noch kritischen Veranstaltungstage und wird dann für die Wiederholungsshows vom (kostengünstigeren) Show-Caller abgelöst.

Darüber hinaus wird gelegentlich ein Show-Caller gebucht, wenn sämtliche Arbeiten eines Regisseurs durch andere Personen abgedeckt sind (z. B. durch die Agentur oder eine Show-Produzenten) und lediglich eine Person benötigt wird, die ohne Verantwortung für das Gesamtergebnis Proben und Show nach Anwei-sung durchcallt.

Der Stage-ManagerDer Stage-Manager ist der verlängerte Arm des Regisseurs vor und hinter der Bühne. Er gibt Regieanweisungen an die Mitwirkenden weiter, die kein Headset tragen (z. B. Auftritts-Cue für Redner und Künstler), trägt Sorge für sämtliche Bühnen-Auf- und -Abgänge, koordiniert die Stage-Hands bei Bühnenumbauten und kümmert sich um die rechtzeitige Bereitstellung von showrelevantem Perso-nal (Künstler, Redner etc.) und Equipment wie Fahrzeuge, Instrumente, Bühnen-mobiliar, Awards, Blumensträuße etc.

1.3 Abgrenzung zu weiteren Event-spezifischen Berufen

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6 1 Die Welt der Regisseure

Der Regie-AssistentDer Regie-Assistent ist, wie der Name bereits sagt, die rechte Hand des Regis-seurs. Während der Proben versorgt er Mitwirkende mit Regieplänen, Probenplä-nen und Manuskripten, kümmert sich darum, dass alle Beteiligten rechtzeitig für ihre jeweiligen Proben-Slots bereitstehen, dokumentiert wichtige Informationen während der Probe und sorgt für alles, was sonst noch so brennt.

1.4 Events – was ist gemeint?

Event ist zunächst nur der englische Begriff für Veranstaltung, der in der neu-deutschen Sprache nahezu inflationär gebraucht wird. Egal ob das Sommerfest der Schule, Geburtstagspartys, Sportereignisse, Konzerte oder Volksfeste und Großkundgebungen: Gerne werden sie als „Event des Jahres“ bezeichnet. Im Zusammenhang mit dem Beruf des Event-Regisseurs sind jedoch in erster Linie Marketing-Events relevant.

Definition Marketing-Events „Ein Marketing-Event ist ein von einem Unternehmen selbst inszeniertes Ereignis, das dem Adressaten (unternehmensin-terne oder -externe Zielgruppen) in Form einer Veranstaltung oder Aktion, fir-men- und/oder produktbezogene Kommunikationsinhalte erlebnisorientiert vermitteln soll, indem mittels multisensualer Ansprache eine Aktivierung des Adressaten für die Aufnahme der Kommunikationsinhalte und deren emotionale Verankerung im Gedächtnis erreicht wird“ (Zanger 2001).

Marketing-Events finden sich grundsätzlich in allen Wirtschaftsbranchen wieder und weisen im Rahmen der Gesamt-Marketing-Aktivitäten nach wie vor eine steigende Tendenz auf. Während im Jahr 2012 die Budgets für Event-Marketing-Maßnahmen in Deutschland noch bei rund 19 % der Gesamt-Marketing-Etats lagen (FAMAB Event-Klima 2012), umfassten die Etats für Live-Kommunika-tion/integrierte Markenerlebnisse im Jahr 2016 bereits 23,8 % (7,19 Mrd. EUR von 30,22 Mrd. EUR Gesamt-Marketing-Etat) (FAMAB Research 2016). Die Etats für 2017 prognostizieren eine weitere Erhöhung auf 24,3 % der Gesamt-Etats (7,65 Mrd. EUR von 31,49 Mrd. EUR) (FAMAB Research 2016). Lediglich der Bereich Online-Kommunikation weist größere Steigerungsraten auf, wohin-gegen die Budgets für klassische Werbung kontinuierlich sinken.

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Die geläufigsten Veranstaltungsformate sind hierbei:

• Presseveranstaltungen wie Produktshows und Pressekonferenzen• Mitarbeiterveranstaltungen wie Jahres-Kick-off, Strategiemeeting, Händlerta-

gung, Produktschulungen• Kundenveranstaltungen wie Messe-Events, Roadshows, Produktshows und

Fachtagungen• Anlassbezogene Events wie Jubiläen, Hauptversammlungen, Eröffnungen

Die für die Event-Branche wichtigsten Wirtschaftsbereiche sind die Automobil-Branche, der Finanz- und Versicherungssektor, Telekommunikation, Maschinen-bau sowie Elektrotechnik, wobei die Automobil-Branche wohl als „Königsklasse“ bezeichnet werden kann. Doch woher kommt das? Im Rahmen der großen inter-nationalen Automobilmessen, die mehrfach im Jahr stattfinden, präsentieren alle großen Automarken ihre neuesten Produkte in Form einer kurzen Presseshow. Diese Shows finden alle an einem Tag im Halb-Stunden-Takt auf einem Messege-lände statt. Dadurch ergibt sich permanent eine direkte Vergleichbarkeit im Hin-blick auf Inszenierungsqualität, neueste Event-Technologien und überzeugende mediale Umsetzungen, was bereits seit vielen Jahren als Katalysator im Wettbe-werb um die beste Show dient. Die Professionalität dieser Presseshows hat sich nach und nach als Qualitätsstandard für alle weiteren Veranstaltungsformate der Automobilkonzerne etabliert und dient oftmals als Vorbild für Veranstaltungen anderer Branchen.

1.4 Events – was ist gemeint?

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Multitasking und Multifarious – Interdisziplinäre Anforderungen an den Event-Regisseur

Wir haben eingangs den Regisseur mit einem Spitzenkoch verglichen, und auf diesen Vergleich wollen wir hier noch einmal zurückgreifen. Ein Koch ist kein Metzger, kein Obstbauer und kein Entwicklungsingenieur für Haushaltsgeräte. Und dennoch: Wenn er keine fundierten Grundkenntnisse hat über Fleisch, Obst und die Anwendungstricks von Ofen und Herd, wird er niemals Großes erreichen. Das Gleiche gilt für den Event-Regisseur. Es gibt viele Spielfelder, auf denen sich der Event-Regisseur zu Hause fühlen muss (Abb. 2.1). Und auch, wenn die zeitliche Gewichtung deutlich differiert, wie intensiv ein Regisseur mit welchem Kompetenzfeld beschäftigt ist, so sind sie dennoch alle gleich wichtig. Wenn nur ein Feld fehlt, funktioniert es nicht mehr – oder zumindest nur noch für eine begrenzte Auswahl an Shows.

2.1 Marketing

Da Event-Regisseure fast ausschließlich im Bereich Live-Kommunikation/Event-Marketing zu Hause sind, ist fundiertes Marketing-Wissen unerlässlich. Marken-positionierung, Imagebildung, Zielgruppenanalyse, Differenzierungsstrategien und werbepsychologische Effekte sind das tägliche Handwerkszeug – denn wie sollte ein Regisseur eine aus Marketingsicht wirkungsvolle Show gestalten, wenn er selbst nicht weiß, worauf es ankommt?

Marketing bezeichnet die Ausrichtung des unternehmerischen Handelns am Markt mit der Zielsetzung, die Bedürfnisse des Marktes zu erkennen und zu bedie-nen. Oder, um es in den Worten der American Marketing Association wiederzu-geben: „Marketing is the activity, set of institutions, and processes for creating, communicating, delivering, and exchanging offerings that have value for customers, clients, partners, and society at large“ (American Marketing Association 2013).

2

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 M. Graf und S. Luppold, Event-Regie, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20350-4_2

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10 2 Multitasking und Multifarious – Interdisziplinäre Anforderungen …

Die Marketing-Instrumente werden traditionell nach Jerome McCarthy in die „4 Ps“ untergliedert (McCarthy 2005):

• Product: Produkt-, Programm- und Leistungspolitik (Was genau biete ich an?)

• Price: Preispolitik (Was soll das Angebot für wen unter welchen Rah-menbedingungen kosten?)

• Place: Distributionspolitik (Über welche Kanäle soll das Angebot ver-breitet werden?)

• Promotion: Kommunikationspolitik (Wie wird das Angebot nach außen kommuniziert?)

Abb. 2.1 Kompetenzfelder des Event-Regisseurs

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Das Modell der „4 Ps“ wird in den verschiedenen fachlichen Diskursen mitt-lerweile in den verschiedensten Dimensionen erweitert auf bis zu 30 unter-schiedliche Marketing-Instrumente. Dennoch ist die Basis des ursprünglichen 4P-Modells ausreichend für unsere weiteren Überlegungen.

Die Marketingsparten der Produkt- und Preispolitik spielen in der Event-Bran-che in der Regel keine wesentliche Rolle – denn welches Produkt mit welchen Features genau entwickelt wird und zu welchem Preis dieses auf den Markt kom-men wird, ist meist nicht Inhalt von Marketing-Events.

Das dritte P, die Distributionspolitik, spielt hingegen im Event-Marketing regelmäßig eine Rolle. Betrachten wir die unzähligen Händler-Events, die nahezu alle Wirtschaftsbranchen initiieren: Bei diesen Veranstaltungen sollen die Dis-tributoren informiert, motiviert und befähigt werden, ihre Vertriebstätigkeit maximal gut auszufüllen. Darüber hinaus sollen oftmals die Kooperation und Teamfähigkeit zwischen verschiedenen Händlern intensiviert werden, was in der Konsequenz das Distributionsnetz im Gesamten stärkt.

Die größte Rolle jedoch im Event-Marketing spielt das vierte P, die Kommu-nikationspolitik. Wie stellt sich ein Unternehmen, eine Marke oder ein spezielles Produkt nach außen hin dar, und zwar sowohl auf rationaler als auch auf emotio-naler Ebene? Und dabei bezeichnet das „nach außen“ nicht nur die Darstellung gegenüber den Kunden. Vielmehr gilt dies auch gegenüber Partnern, Mitarbeitern, Opinionleadern, der Politik und generell der Öffentlichkeit.

Die Kommunikation ist also der wichtigste Fachbereich des Marketings für die Event-Branche. Dementsprechend wollen wir uns wichtige allgemeine Kommu-nikationsaspekte im Folgenden näher ansehen.

2.1.1 Emotionen – die Tür zu Herz und Hirn

Ein Event ist meist mit erheblichen Kosten sowie einem großen Aufwand für alle Beteiligten verbunden. Gleichzeitig bietet ein Event jedoch auch die einzigartige Möglichkeit, eine Zielgruppe nicht nur rational zu erreichen, sondern mit allen Sinnen anzusprechen und somit neben Inhalten auch Emotionen optimal zu ver-mitteln. Doch warum sind Emotionen überhaupt wichtig?

Ein Wissenschaftler, der schon sehr früh die Auswirkung von Emotionen auf das Gehirn erforscht hat, ist der Neurobiologe und Verhaltenswissenschaft-ler Larry Cahill von der University of California in Irvine. Mitte der 90er Jahre führte er Studien durch, von denen zwei hier kurz skizziert werden.

2.1 Marketing

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12 2 Multitasking und Multifarious – Interdisziplinäre Anforderungen …

Experiment 1 (Cahill et al. 1995): Eine Gruppe von Probanden sollte sich jeweils zwölf neutrale und zwölf emotionale Filmsequenzen ansehen. Währenddessen wurden mittels eines Computertomografen die jeweiligen Hirnaktivitäten aufgezeichnet. Hierbei stellte sich heraus, dass der Compu-tertomograf deutlich höhere Ausschläge verzeichnete bei den emotionalen Filmsequenzen – das Gehirn war also aktiver.

Drei Wochen später sollten die Probanden dann die Filmsequenzen wiedergeben, an die sie sich erinnern konnten. Die Studie kam hierbei zu folgendem Ergebnis: Je stärker die Hirnaktivität bei den jeweiligen Filmse-quenzen ursprünglich war, desto besser konnten diese Szenen drei Wochen später erinnert werden.

Experiment 2 (McGaugh und Cahill 1995): Bei einem anderen Versuch, den Cahill zusammen mit seinem Kollegen James McGaugh 1995 durch-führte, wurden Versuchsteilnehmer in zwei Gruppen geteilt. Anschlie-ßend wurden beiden Gruppen die identischen Fotos in Form einer Dia-Show präsentiert. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Gruppen war, dass die eine während der Vorführung eine sachliche und emotionsfreie Geschichte vom Tonband vorgespielt bekam, die andere Gruppe eine berührende, emotionale Geschichte. Als die Gruppen nun zwei Wochen später zu den gezeigten Bildern befragt wurden, konnte sich die Gruppe mit der berührenden Geschichte an knapp 40 % mehr Details erinnern als die Gruppe, die eine sachliche Geschichte gehört hatte.

Die beiden Versuche zeigen also ganz deutlich: Emotionale Erlebnisse gelan-gen durch die erhöhte Hirnaktivität besser ins Langzeitgedächtnis. Hierbei ist es besonders erstaunlich, dass auch emotionsfreie Eindrücke wie die Fotos im zweiten Experiment besser abgespeichert werden, sobald das Gehirn zeit-gleich durch etwas anderes emotional erregt ist. Der Bielefelder Psychologe Hans J. Markowitsch formuliert es sogar noch deutlicher, indem er sagt: „Ohne Gefühle gibt es keine Erinnerung“ (Markowitsch 2002). Doch woran liegt das? Hierfür müssen wir uns zwei wichtige Elemente des menschlichen Gehirns etwas näher ansehen (Abb. 2.2).

Die Amygdalae, auch Mandelkerne genannt, sind zwei kleine mandelförmige Strukturen im Gehirn, die direkt vor dem Hippocampus liegen. In der Amygdala laufen Informationen sämtlicher Sinnesorgane zusammen, werden dort „ ausgewertet“

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und in Aktionen, nämlich die Ausschüttung von Hormonen und Befehle an das vege-tative Nervensystem, umgewandelt. Die ausgeschütteten Hormone werden dann wie-derum im Gehirn als Gefühle wahrgenommen. Die Amygdala ist im Gehirn somit die zentrale Verarbeitungs- und Übersetzungseinheit von Sinneseindrücken in emotionale Wahrnehmungen oder anders ausgedrückt: Durch die Amygdala werden unserem Erleben Gefühle zugeordnet.

Doch was passiert dann im nächsten Schritt? Hier kommt der Hippocampus ins Spiel, der direkt hinter der Amygdala liegt. Der Hippocampus wird auch als „Wächter der Erinnerungen“ bezeichnet. Er ist also der Entscheider, ob einer Wahrnehmung die Tür ins Langzeitgedächtnis geöffnet wird oder ob diese Tür verschlossen bleibt. Wenn nun die Amygdala „Alarm schlägt“, indem sie einem Erleben große Gefühle zuordnet, so signalisiert dies dem Hippocampus: „Ach-tung, das hier ist wichtig!“ Daraufhin öffnet der Hippocampus die Tür zum Langzeitgedächtnis. Darüber hinaus sorgen die von der Amygdala ausgelösten Botenstoffe wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin dafür, dass das Gehirn sei-nen Aktivitätslevel generell deutlich anhebt. Diese erhöhte Aktivität sorgt somit mit noch mehr Energie dafür, dass die Eindrücke nicht nur langsam ins Lang-zeitgedächtnis schleichen, sondern regelrecht dorthin katapultiert werden. Einige dieser Ansätze hat Christian Mikunda in seinem Buch „Warum wir uns Gefühle kaufen: Die 7 Hochgefühle und wie man sie weckt“ verarbeitet (Mikunda 2009).

Nachdem Marketing-Events das Ziel haben, Informationen im Gedächtnis zu verankern und Überzeugungen zu schaffen, ist es demnach nicht nur ein the-oretisches Ziel, sondern die absolute Pflicht eines jeden Events, die Gäste auch gezielt und strategisch emotional anzusprechen, um einen maximalen Outcome

Abb. 2.2 Emotionen und Erinnerung im Gehirn

2.1 Marketing

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für die getätigten Aufwendungen zu generieren. Und dies gilt nicht nur für die großen Premiere-Shows der Welt, sondern eben auch für Kongresse und Sympo-sien. Falls bei einer Veranstaltung eine emotionale Auswirkung nicht gewünscht ist, könnte man den potenziellen Besuchern die Fachvorträge als Druckversion postalisch zusenden – dies wäre deutlich kostengünstiger. Strategische Emotiona-lisierung ist also nicht Kür – sondern Pflicht, für alle Projektbeteiligten!

2.1.2 Man kann nicht nicht kommunizieren – oder: Alles wirkt!

Diese Aussage stammt von Paul Watzlawick, der in seinen fünf Axiomen der Kommunikation schreibt: „Man kann nicht nicht kommunizieren, denn jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) ist Verhalten und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren“ (Watzlawick et al. 2007). Stellen wir uns folgendes Beispiel vor: Ein Geschäftsführer wird in einem Interview gefragt, wie die diesjährigen Umsatzzahlen aussehen. Er spricht in seiner Antwort zwar blumig über Gott und die Welt, geht aber mit keiner Silbe auf Umsatzzahlen ein. Falls wir diesem Geschäftsführer zunächst unterstellen dürfen, dass er sowohl sprachlich als auch intellektuell in der Lage ist, die Frage zu verstehen und sie ebenso zu beantworten, dann sagt uns sein Verhalten: „Ich möchte nicht über die Umsatzzahlen sprechen.“ Sein Statement ist also ziemlich klar – auch wenn er kein Wort dazu verloren hat. Nachdem immer alles wirkt, egal ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt, wollen wir uns verschiedene Wirkungs-aspekte im Folgenden näher ansehen.

Die Wirkung von FarbenZahlreiche wissenschaftliche Forschungen beschäftigen sich mit der Wirkung von Farben. Können wir uns diese Erkenntnisse auch in der Event-Branche zunutze machen? Bei Veranstaltungen ist die Verwendung mancher Farben gesetzt (zum Beispiel die CI-Farbe des Veranstalters). Ebenso sollten manche Farben definitiv nicht verwendet werden, beispielsweise die CI-Farben der dominantesten Mit-bewerber. Doch welche Wirkung hat es, wenn ausschließlich die CI-Farbe eines Unternehmens in allen Bereichen benutzt wird? Erzeugt dies die Wirkung, die mit der Veranstaltung beabsichtigt ist? Teilweise nein. Daher lohnt es sich, die ver-schiedenen Farben sowie deren Wirkung näher zu betrachten. Es gibt in der Regel ausreichend Möglichkeiten im Rahmen einer Veranstaltung, mit weiteren Farben zu arbeiten, die in erster Linie auf ihre Wirkung hin ausgewählt werden können.

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Sei es bei der Bühnenrückwand, in der Gestaltung eines Raumes durch Lichtflä-chen, durch großflächige Prints oder weitere innenarchitektonische Maßnahmen.

• ROT ist die Farbe des Feuers, der Leidenschaft, von „brennenden Gefühlen“ wie Liebe und Zorn. Sie erregt Aufmerksamkeit und steht für Energie und Vitalität. Somit kann Rot aktivieren, aber eben auch erhit-zen und Aggressionen fördern. Wenn nun beispielsweise die Gefahr besteht, dass eine sehr emotionale Podiumsdiskussion eskalieren und aus dem Ruder laufen könnte, ist Rot sicherlich nicht die geeignetste Farbe für die Raumgestaltung und sollte demnach eher reduziert einge-setzt werden.

• ORANGE steht für Optimismus und Lebensfreude und wirkt somit als Stimmungsaufheller. Außerdem bewirkt sie Kontaktfreude, Auf-geschlossenheit und Geselligkeit, aber auch Leichtlebigkeit/fehlende Tiefe. Sie ist somit eine ideale Farbe für ein positives, aber eher ober-flächliches Come Together, bei dem die gute Stimmung und Annähe-rung unter den Gästen im Mittelpunkt stehen.

• GELB steht für Licht, Optimismus und Freude, aber auch für Wissen, Vernunft und Logik (siehe z. B. die Redewendung „ein Thema beleuch-ten“). Außerdem lässt Gelb kleine Räume größer wirken. Es fördert Konzentration und Kreativität und wirkt anregend auf Unterhaltungen. Somit ist Gelb ideal geeignet für Meeting- und Workshop-Räume, in denen ein lebendiger, sachorientierter Austausch im Mittelpunkt steht.

• GRÜN wirkt als Farbe der Natur harmonisierend und steht für Hoff-nung, Ruhe, Sicherheit und Kreativität. Somit eignet sich die Farbe besonders für Workshop-Räume, in denen eine ruhige, konzentrierte Arbeitsatmosphäre erzielt werden soll. Grün eignet sich aber auch bei-spielsweise für die Rede eines Unternehmenschefs, der den Mitarbeitern gravierende Umstrukturierungen erläutern muss.

• BLAU ist die Farbe des wolkenlosen Himmels. Sie wirkt ruhig, vertrau-ensvoll und klar, aber auch unpersönlich und emotionslos. Dementspre-chend fördert sie nüchternes, klares Denken und ist nicht geeignet in Momenten, in denen Emotionen vermittelt oder gefördert werden sol-len. Geeignet ist diese Farbe hingegen für nüchterne Überleitungen zwi-schen unterschiedlichen Themen („neutralisierende Abgrenzung“) oder wenn der Fokus rein auf sachlichen Fakten liegen soll. Wenn also zu befürchten ist, dass sich eine Podiumsdiskussion emotional heiß laufen

2.1 Marketing

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könnte, kann die Farbe Blau etwas Ruhe und Rückbesinnung auf die tat-sächlichen Fakten bewirken.

• CYAN/TÜRKIS wirkt als Übergangsfarbe zwischen Grün und Blau sehr klar und ruhig. Sie vermittelt Freiheit und Distanz. Sie ist hilfreich, wenn Themen fernab von geprägten Überzeugungen aus einer ganz neuen Perspektive „open minded“ betrachtet werden sollen.

• VIOLETT: Die Mischung aus Rot und Blau ist ambivalent und steht daher für Mystik, Magie, Fantasie und Kunst. Nebenbei wirkt sie auch lust- und appetitzügelnd. Sie eignet sich dementsprechend hervorragend für magische Show-Momente, sollte jedoch nicht als Dinner-Beleuch-tung eingesetzt werden.

• PINK ist ebenso eine Übergangsfarbe zwischen Rot und Blau. Während Violett durch den höheren Blau-Anteil eine ruhige magische Wirkung hat, gilt Pink eher als aufdringlich und extravagant. Sie eignet sich also für eher „laute“ fröhliche, kreative Momente.

• WEISS ist keine Farbe aus dem Farbspektrum. Sie symbolisiert Rein-heit und Unschuld, aber auch Distanz und Emotionslosigkeit. In einem komplett weißen Raum wird es demnach schwierig werden, ein emoti-onales Gespräch zu führen, in dem auch das Eingestehen von Fehlern eine Rolle spielen soll. Als Basisfarbe bietet Weiß hingegen eine gute Ausgangslage, um andere Farben klar und deutlich wirken zu lassen. Vorsicht ist bei Weiß jedoch in Asien bzw. in buddhistisch geprägten Ländern geboten: Dort gilt Weiß als die Farbe der Trauer!

• GRAU steht für Neutralität, Unauffälligkeit und Zurückhaltung. Sie ist in der räumlichen Gestaltung daher ideal geeignet für alle Elemente, die möglichst unbetont bleiben und nicht wahrgenommen werden sollen. In der Kombination mit anderen Farben bietet Grau ebenso eine Betonung der anderen Farbe in ihrer Wirkung.

• SCHWARZ: Bei dieser Farbe denkt man zunächst an Trauer und Tod. Schwarz steht jedoch auch für Würde und Erhabenheit. Sie wirkt ele-gant und klassisch. Gerade in Kombination mit anderen sehr wertigen Farben, wie z. B. Bronze oder Kupfer, kann sie einen idealen Rahmen für eine klassisch-elegante Dinner-Veranstaltung bieten.

Farben liefern somit eine gute Unterstützung bei der emotionalen Gestaltung von Events. Hierbei ist es selbsterklärend, dass die Farben für ihre Wirkung nicht exklusiv und ausnahmslos für alle Gestaltungselemente verwendet werden müssen

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und sollten – wer sitzt schon gerne in einem durch und durch froschgrünen Raum auf froschgrünen Stühlen und blickt auf eine froschgrüne Bühne? Vielmehr genü-gen einzelne Farbflächen in einem sonst farblich neutral gestalteten Raum.

Wirkung – das Potenzial der Datenorganisation im GehirnDas menschliche Gehirn ist ein unglaubliches Wunderwerk der Schöpfung, das bisher nur zu einem kleinen Teil erforscht ist. Es hat ca. 2,5 Mio. GB Speicher-kapazität und verarbeitet durchschnittlich 100 MB pro Sekunde. 10 % der Hirn-aktivität werden für bewusste kognitive Vorgänge verwendet, 90 % hingegen fallen auf unterbewusste und nichtbewusste Aktivitäten (Roth 2002). Als nicht bewusste Aktivitäten bezeichnet man alle Vorgänge im Gehirn, die man nicht in das Bewusstsein rufen kann, wie z. B. die Regelung der körperlichen Grundfunk-tionen und der Hormone. Unterbewusst hingegen sind Prozesse im Gehirn, denen wir keine aktive Beachtung schenken, die wir aber bewusst rational erfassen könnten, wenn wir wollten. So ist beispielsweise das Erlernen des Fahrradfahrens zunächst eine bewusste Aktivität, auf die wir uns konzentrieren müssen und über die wir auch aktiv nachdenken. Sobald das Fahrradfahren jedoch zu einer automa-tisierten Routinehandlung wird, fällt die Steuerung des Fahrradfahrens ins Unter-bewusstsein (Held 2011).

Was bedeutet diese 10 %/90 %-Regel für Marketing-Events? Sie postuliert, dass es bei Weitem nicht ausreichend ist, in das Bewusstsein eines Besuchers vor-zudringen, vielmehr ist es von enormer Bedeutung, sich auch im Unterbewusst-sein zu verfestigen. Der Besucher soll also nicht nur rational reflektiert einen positiven Eindruck gewinnen, sondern auch ein positives „Bauchgefühl“ mit einer Veranstaltung und deren Initiator verbinden.

Eine große Hilfe hierbei bietet ein sehr spannendes Prinzip der Datenorga-nisation im menschlichen Gehirn, dem die Psychologen Chen-Bo Zhong und Geoffrey Leonardelli von der University of Toronto in zahlreichen Studien nach-gegangen sind. Sie haben herausgefunden, dass der Mensch emotionale Wahrneh-mungen im ursprünglichen und auch im übertragenen, metaphorischen Sinne an der identischen Stelle im Gehirn abspeichert. Diese Erkenntnisse konnten später von Yoshinori Yamakawa an der Kyoto University durch Versuche mit Probanden in Hirnscannern nachgewiesen werden.

Doch was bedeutet dies? Dies bedeutet beispielsweise, dass bei einem kühlen Bier dieselbe Hirnregion aktiviert wird wie bei einem kühlen Menschen, räum-liche und menschliche Distanz liegen ebenso in derselben Hirnregion wie eine weiche Decke und ein weichherziger Mensch. Das Gehirn hat also nachgewie-senermaßen nur ein Wahrnehmungsnetzwerk im Gehirn angelegt, mit dem Ein-drücke sowohl in einem ursprünglichen Wortsinn als auch in der metaphorischen

2.1 Marketing

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Bedeutung verarbeitet werden. Dies hat zur Konsequenz, dass mit einer realen Wahrnehmung automatisch auch die übertragene Wahrnehmung aktiv wird, und umgekehrt – ob wir wollen oder nicht!

Aus diesem Grundprinzip können wir zwei für uns wichtige Mechanismen ableiten, wie es in dem Buch „Codes“ sehr anschaulich skizziert ist (Scheier et al. 2012):

1. Reale Fakten werden metaphorisch auf Eigenschaften übertragenHierzu wollen wir uns zwei Experimente ansehen, die diesen Mechanismus ver-deutlichen.

Experiment 1 (Zhong und Leonardelli 2008): Studenten sollten sich in einem Computerspiel in Vierer-Gruppen gegenseitig einen Ball zuspielen. Auf dem Bildschirm sahen sie nur sich selbst und den Ball, sobald er auf-tauchte, sodass sie die Handlungen der Mitspieler nicht beobachten konn-ten. Während alle dachten, dass sie tatsächlich selbst bestimmen, wem sie den Ball zuspielen, war die Zuteilung des Balls in Wirklichkeit compu-tergesteuert. Dieser teilte den Ball so zu, dass in jeder Vierergruppe zwei Spieler systematisch deutlich vernachlässigt wurden und den Ball immer seltener, am Ende gar nicht mehr bekamen. Die vernachlässigten Spie-ler fühlten sich ausgeschlossen und isoliert. Bei einem anschließenden gemeinsamen Mittagessen zeigte sich, dass die ausgeschlossenen Spieler signifikant häufiger zu warmen Speisen und Getränken griffen. Isolation sorgte also nicht nur für emotionale, sondern auch für physische Kälte, die durch warme Nahrung ausgeglichen wurde.

Experiment 2 (YaleNews 23. Oktober. 2008): In einem zweiten Experi-ment bekamen Studenten entweder einen Becher mit einem heißen oder einem kalten Getränk in die Hand gedrückt. Während sie den Becher hielten, wurden ihnen nun Bewerbungsmappen von unterschiedlichen Personen vorgelegt. Diese sollten sie aufmerksam lesen und im Anschluss schrift-lich bewerten, wie sie den jeweiligen Bewerber charakterlich einschätzen. Die Auswertung der Studie hat gezeigt, dass die Personen, die ein heißes Getränk in der Hand hielten, die Bewerber durchweg warmherziger und sympathischer bewerteten als die Probanden mit dem kalten Getränk in der Hand. Das wärmende körperliche Gefühl sorgte somit für eine warmherzi-gere Bewertung einer Person.

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Was bedeutet dies für die Arbeitspraxis in der Event-Branche? Dies bedeutet beispielsweise, dass frierende Gäste einen Redner kühler und unsympathischer wahrnehmen werden, als wenn ihnen wohlig warm ist. Ebenso hat das Publikum bei einem Redner, der sich hinter einem großen Rednerpult verschanzt, nicht nur im ursprünglichen, sondern auch im übertragenen Sinn den Eindruck: „Es steht etwas zwischen uns, dieser Mensch ist unnahbar.“ Und wenn die Mitarbei-ter eines Unternehmens ein flauschig-weiches Give-away in der Hand halten, während der Chef auf der Bühne sehr deutliche und kantige Worte spricht, wird die Härte seiner Aussagen in der Wahrnehmung ein wenig abgemildert. Es gibt also viele Bereiche, in denen wir uns diesen Effekt zunutze machen können!

2. Reale Fakten, die metaphorisch auf Eigenschaften übertragen werden, beeinflussen unser VerhaltenIm ersten Schritt haben wir also gesehen, dass reale Fakten auch im übertragenen Sinn unsere Wahrnehmung beeinflussen. Im nächsten Schritt wollen wir betrach-ten, ob dieser Mechanismus nur die Wahrnehmung an sich beeinflusst oder auch in der Konsequenz unser Verhalten . Auch hier wollen wir uns zunächst wieder zwei Experimente ansehen.

Experiment 1 (YaleNews 23. Oktober 2008): Studenten wurden unter Vortäuschung einer Meinungsumfrage zu orthopädischen Produkten gebe-ten, medizinische Kühlpacks und Wärmepacks zu testen. Während sie nun jeweils ein Kühl- oder Wärmepack in der Hand hielten, wurde ihnen ganz nebenbei angeboten, dass sie entweder ein Geschenk für sich selbst oder einen Geschenkgutschein für einen Freund bekommen könnten. Die Pro-banden mit einem Kühlpack in der Hand entschieden sich mehrheitlich für ein eigenes Geschenk, während die Probanden mit einem Wärmepack sig-nifikant deutlicher den Gutschein für einen Freund wählten. Das wärmende Gefühl sorgte also dafür, eher eine warmherzige, selbstlose Entscheidung zugunsten eines Freundes zu treffen.

Experiment 2 (Scheier et al. 2012): In den Schlitz von öffentlichen Brief-kästen wurde ein Briefkuvert nur halb hineingesteckt, sodass ein Teil des Kuverts noch aus dem Briefschlitz herausragte. Jeder Passant konnte erken-nen, dass es sich um ein Fensterkuvert handelt, in dem sich ein 5-EUR-Schein befand. Mithilfe einer versteckten Kamera wurde nun beobachtet,

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wie häufig ein Passant das Kuvert mit den 5 EUR an sich nahm. Gibt es Unterschiede, ob der Briefkasten sauber ist, ob er mit Graffiti besprüht ist oder ob um ihn herum Müll am Boden liegt? Das erstaunliche Ergebnis: Je sauberer der Briefkasten und seine direkte Umgebung, desto weniger Briefkuverts werden entwendet. Diese Studie belegt somit, dass eine sau-bere Umgebung auch zu moralisch „sauberem“ Verhalten führt, wohinge-gen eine verschmutzte Umgebung die Hemmschwelle vor „unsauberem“ Verhalten deutlich sinken lässt. Auch hier zeigt sich: Eine reale Wahrneh-mung überträgt sich auf eine metaphorische Wahrnehmung und beeinflusst im nächsten Schritt unser Verhalten.

Was können wir daraus für den Event-Alltag lernen? Wenn Sie einen Menschen im Rahmen eines Bühnen-Interviews von seiner persönli-chen emotionalen Seite zeigen wollen, so sollte dieses Interview nicht stehend an einem Stehtisch in gleißend hellem Licht stattfinden. Viel eher eignen sich ein Sofa und eine schummrige Beleuchtung. Dies steht für eine kuschlige Wohnzimmer-Atmosphäre. Und so, wie man auf der Wohnzimmercouch seinem besten Freund die intimsten Neu-igkeiten erzählt, wird auch ein Interviewgast in einer ähnlich gestal-teten Atmosphäre automatisch in seinen Erzählungen wesentlich persönlicher und emotionaler werden. Ebenso kann auch der gegen-teilige Effekt genutzt werden: Wenn in einer Diskussionsrunde, egal ob im Meetingraum oder auf einer Bühne, eine regelrechte Schlamm-schlacht zu befürchten ist, so lässt sich die Eskalation durch einen hel-len, sauberen, fast klinisch reinen Raum deutlich eingrenzen. Wenn jedoch nach einer Fusion das Socializing zwischen neuen Kollegen im Fokus steht, eignet sich eine schummrige „Kuschel-Atmosphäre“ deutlich mehr. Und abschließend ein Tipp mit Augenzwinkern: Soll-ten Sie bei einem Charity-Event Spenden sammeln wollen, so sollten Sie direkt vor der Sammel-Aktion kleine Handwärmer als Give-away verteilen – diese werden sich im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt machen.

Wirkung und Auswirkung von kognitiver DissonanzWenn wir im Leben neue Informationen bekommen, gleicht unser Gehirn diese neue Information mit all dem Wissen und den Überzeugungen ab, die bisher in unserem Gehirn existieren. Wenn wir also beispielsweise hören „Die Entwicklung

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von solarbetriebenen Baumaschinen ist positiv für unsere Umwelt“, wird es in unserem Hirn kurz rattern: Solarbetrieb bedeutet Energiegewinnung aus Sonnen-licht – Baumaschinen werden meist mit Hilfe von Dieselaggregaten betrieben – Dieselaggregate werden somit durch Solarenergie ersetzt – Aussage stimmt. Unser Gehirn hat diese Information also mit „richtig“ markiert und nimmt sie zur Kenntnis. Dieses „richtig“ nennt man Kongruenz. Was passiert jedoch, wenn unser Gehirn eine Information als „falsch“ oder „unstimmig“ markiert? Wenn also die Information nicht zu dem passt, was wir bisher wissen und was unsere bisherigen Überzeugungen sind? Wenn beispielsweise ein Fast-Food-Restaurant behauptet, dass es für ausgewogene, gesunde Ernährung steht? Dann entsteht zunächst eine Differenz: Das Gesagte passt nicht zu meinem Wissen/zu meinen Erfahrungen/zu meiner Überzeugung. Wenn diese Information nun daraufhin durch gute, nachvollziehbare Argumente belegt wird, kann dies zu einer neuen Erkenntnis führen, wodurch die bisherige Überzeugung angepasst wird. Wenn also der Restaurant-Besitzer aufzeigt, dass die Speisekarte um viele Salate, vege-tarische und vegane Gerichte erweitert wurde und seit Kurzem ausschließlich nur noch mit Bio-Produkten regionaler Anbieter gekocht wird, so kann dies die bis-herige Meinung durchaus verändern. Die Überzeugungen werden aufgrund der neuen, belegbaren und nachvollziehbaren Informationen angepasst.

Was passiert jedoch, wenn es für eine neue, nicht kongruente Informa-tion keinerlei Belege, Argumente oder Anhaltspunkte gibt? Dann entsteht ein Unwohlsein, ein ungutes Gefühl, die sogenannte kognitive Dissonanz (Abb. 2.3). Nachdem sich niemand gerne unwohl fühlt, versucht der Mensch, diese innere Spannung des Widerspruchs aufzulösen. Der einfachste und somit am häufigs-ten gewählte Lösungsansatz ist, den Informationsgeber als Lügner abzustempeln. Dieser Lösungsansatz ist zurzeit in der US-amerikanischen Politik tagtäglich zu erleben: Alle Medien, die negative Informationen über US-Präsident Trump pub-lizieren, werden von seinen Anhängern als Lügner, als „Fake News“ abgetan, weil sie das Unwohlsein, dass ihr Hoffnungsträger Donald Trump vielleicht doch die falsche Wahl gewesen sein könnte, nicht ertragen können.

Was bedeutet die kognitive Dissonanz für das Marketing? Sie bedeutet ganz einfach: Kommunizieren Sie im Hinblick auf Unter-nehmen, Marke, Produkt und Repräsentanten des Unternehmens nur glaubwürdige Fakten. Es wird niemals gelingen, den sehr traditi-onellen und konservativen Geschäftsführer als modernen Visionär zu verkaufen oder das Braunkohlewerk als umweltfreundliches Unterneh-men. In den Bereichen, in denen Sie Informationen vermitteln wollen, die auf den ersten Blick unglaubwürdig wirken könnten, sollten Sie

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gute, nachvollziehbare Belege und Argumente liefern, um eine kogni-tive Dissonanz zu vermeiden. Andernfalls wird ein Unternehmen oder dessen Repräsentant als Lügner und Manipulator dastehen, der auf heftige Ablehnung stoßen wird. Im Rahmen der kognitiven Dissonanz können somit mit falschen Kommunikationsinhalten Image und Anse-hen nachhaltig beschädigt werden.

Das Modell der kognitiven Dissonanz birgt jedoch nicht nur Gefahren in sich – es kann auch zum Positiven genutzt werden, denn es beinhaltet eine große Kraft, Verhalten anzupassen. Betrachten wir folgendes Beispiel: Der Chef eines Unter-nehmens teilt den Mitarbeitern mit, dass für die künftige Konkurrenzfähigkeit ein gravierendes Umdenken und Umstrukturieren in der täglichen Arbeit eines

Abb. 2.3 Entstehung von kognitiver Dissonanz

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jeden Einzelnen notwendig ist und dass hier wirklich jeder mitziehen muss. In den Köpfen der Mitarbeiter wird eine Stimme laut: „Das wird doch niemals funk-tionieren, das ist doch viel zu kompliziert, es gab doch schon immer so viele, die bereits bei kleinen Änderungen gestreikt haben – und warum sollte ich dann der einzig Blöde sein, der da wieder mitmacht …?“ Wir alle kennen diese Gedan-ken und Aussagen. Es gibt also eine kognitive Dissonanz, eben die eine Stimme auf der Bühne, die sagt: „Wir schaffen das!“, und die andere Stimme im eige-nen Kopf, die sagt: „Das wird niemals gelingen!“ Wie kann hier erreicht werden, dass die Mitarbeiter auf die erste und nicht auf die zweite innere Stimme hören? Indem man eine Situation schafft, in der die Mitarbeiter sich auf die erste Stimme „Es ist machbar“ konzentrieren. So könnte man beispielsweise einen Advocatus Diaboli einführen, der die Meinung vertritt: „Ihr werdet das nicht schaffen“ – und die Mitarbeiter haben die Aufgabe, diesen Advocatus Diaboli mit Argumenten und Strategien vom Gegenteil zu überzeugen. Das Gleiche kann gelingen, indem Wetten abgeschlossen oder Challenges ins Leben gerufen werden, wer wohl das Ziel am besten oder am kreativsten umsetzen kann. Somit wird der Mitarbeiter zum Anwalt der Überzeugung: „Ich/wir schaffen das!“ Und dementsprechend wird dann künftig auch das Verhalten dieser Überzeugung folgen.

Nach einem ähnlichen Muster arbeiten beispielsweise Einzelhandelsunterneh-men, die mit der Botschaft werben: „Wenn Sie diesen Artikel irgendwo günsti-ger kaufen als bei uns, bekommen Sie den kompletten Preis ersetzt!“ Der Kunde ist zunächst der Überzeugung, dass er den Artikel mit Sicherheit irgendwo zu einem günstigeren Preis finden wird – eine Challenge. Nach langem Suchen und Recherchieren wird der Kunde immer wieder enttäuscht: Niemand bietet den Artikel günstiger an. Und so wird Schritt für Schritt durch eigene Erfahrung eine sehr mächtige Überzeugung geschaffen: Dieser eine Anbieter ist der günstigste. Meist wird diese Überzeugung dann auch noch generalisiert, dass der Anbieter vermutlich in allen Produktgruppen der günstigste ist – ein Beispiel, wie aus kog-nitiver Dissonanz ein sehr starker Überzeugungseffekt geschaffen werden kann!

2.2 Veranstaltungstechnik

Wie eingangs erwähnt, war die Technik früher eher ein notwendiger Support für die Show-Crew. Das hat sich mit der zunehmenden Hightech-Ausrichtung von Shows gravierend geändert. Es geht nicht mehr rein technisch um Licht an und aus, Ton laut und leise und Film stop or go. Vielmehr beinhalten alle tech-nischen Gewerke ganz wesentliche kreative Gestaltungselemente und künstleri-sche Momente. Die Show-Operator sind somit nicht mehr reine „Technokraten“,

2.2 Veranstaltungstechnik

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sondern eben auch „Künstler“. Um eine Show sinnvoll zu planen und umzuset-zen, sind daher gute Technik-Kenntnisse für den Regisseur unerlässlich. Er muss bereits vorab genau vorgeben, welche Stimmungen erzeugt werden sollen, welche technischen Elemente für die Inszenierung miteinander synchronisiert werden müssen, welches Gewerk der Taktgeber sein soll, wie Künstler in die Synchro-nisationskette integriert werden können etc. Auch muss er sich beim Inszenieren sehr genau im Klaren darüber sein, wie groß seine „Spielwiese“ ist, sprich wel-che technischen Möglichkeiten überhaupt zur Verfügung stehen und wo die Gren-zen des Machbaren liegen. Denn spätestens, wenn der Regisseur den Redner mit seinem Headset direkt in den Abstrahlwinkel der Lautsprecher positioniert, den Lichttechniker bittet, in einer bestimmten Sequenz die Tageslichtlampen auf Grün zu drehen und dem Videotechniker einen auf Youtube gefundenen Werbespot für die Wiedergabe auf der 3-mm-LED-Wand in die Hand drückt, wird er seine Freunde vor Ort vermutlich an einer Hand abzählen können.

Im Folgenden wollen wir uns das Basiswissen der Veranstaltungstechnik zumindest in den Bereichen näher ansehen, die für den Regisseur bei der Vorbe-reitung und Umsetzung einer Show relevant sind.

2.2.1 Lichttechnik

Das folgende Kapitel kann nicht alle Aspekte der Lichtgestaltung abdecken, soll jedoch die wichtigsten Grundlagen vermitteln. Als Erstes stellt sich die Frage, was die Aufgabe des Lichtes ist. Auf den ersten Blick erscheint diese Frage sehr simpel: Das Licht soll es ermöglichen, dass alle Gäste die dargebotene Show sehen können. Darüber hinaus ist das Lichtdesign ein wichtiges Gestaltungs-element im Rahmen einer Show – erst durch das passende Licht werden große Bühnenmomente wirklich groß! Stellen Sie sich einmal eine Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele bei ganz normalem „Hallen-Putzlicht“ vor – dann mer-ken Sie, wie wichtig das Licht ist. Ein weiterer, wesentlicher Aspekt im Bereich der Marketing-Events ist jedoch auch, wichtige Passagen des Bühnengeschehens kameratauglichauszuleuchten. Egal, ob bei der Veranstaltung selbst ein Live-Bild auf der Bühnenrückwand eingeblendet wird, Pressevertreter die Veranstaltung/ein neues Produkt fotografieren möchten oder die Veranstaltung gar live im TV oder Internet übertragen wird: Wenn Foto- und Filmkameras nur eine „matschige Suppe“ einfangen können, verliert die Veranstaltung ganz schnell an Glanz. Die große Kunst besteht demnach darin, ein kamerataugliches Licht zu erzeugen, ohne dadurch das atmosphärische Licht zu zerstören.

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Konventionelle vs. intelligente ScheinwerferZunächst unterscheidet man bei Scheinwerfern zwischen konventionellen und intelligenten Scheinwerfern. Konventionelle Scheinwerfer werden in der Regel klassisch von Hand eingerichtet und über einen Dimmer bzw. ein Vorschaltgerät angesteuert. Hierzu zählen beispielsweise PAR-/Profil- und Fresnel-Scheinwerfer sowie Fluter. Diese Scheinwerfer liefern zunächst Weißlicht, können aber mit Hilfe von Farbfiltern auch farbiges Licht liefern.

Intelligente Scheinwerfer hingegen können mithilfe eines Lichtstellpultes ein-gerichtet und ferngesteuert werden. Die Anzahl der einstellbaren Funktionen vari-ieren von Lampe zu Lampe (z. B. Farben, Bewegung des Lampenkopfes, Fokus, Helligkeit, Strukturen mittels Gobos etc.). Zur Klasse der intelligenten Schein-werfer zählen in erster Linie Moving Heads und Scanner, wobei Letztere immer mehr an Bedeutung verlieren.

Aufgrund des sehr geringen Strombedarfs, der reduzierten Hitzeentwicklung und der zunehmenden Leistungsfähigkeit wird die LED-Technik auch im Event-Bereich immer wichtiger. LED-Scheinwerfer werden sowohl im Bereich des kon-ventionellen als auch des intelligenten Lichts eingesetzt.

Natürlich sind der Kreativität eines Lichtdesigners keine Grenzen gesetzt. Jedoch kann man tendenziell behaupten, dass für das Grundlicht/Weißlicht einer Bühne überwiegend konventionelle Scheinwerfer, für Showeffekte und Farblicht überwiegend intelligente Scheinwerfer benutzt werden.

Warum gibt es so viele unterschiedliche Scheinwerfer?Über 100 unterschiedliche Scheinwerfer-Arten zählen allein im Event-Bereich zum gängigen Equipment. Doch woher kommt diese Vielzahl? Allein mit unterschiedlichen Herstellern vergleichbarer Produkte ist diese Anzahl nicht zu erklären. Ebenso wenig durch die Unterscheidung in Weißlicht und Farb-licht. Vielmehr hat jeder Scheinwerfer seine ganz eigene Charakteristik, die für bestimmte Einsatzzwecke nützlich ist. Wichtige Kriterien sind dabei etwa der Abstrahlwinkel und die „Härte des Lichts“. Während durch einen kleinen Abstrahlwinkel präzise Lichtkegel erzeugt werden, generiert man durch sehr große Abstrahlwinkel großflächiges Licht.

Die „Härte des Lichts“ hingegen definiert den Schattenwurf des beleuchteten Objekts. Hartes Licht wird mittels einer punktuellen Lichtquelle erzeugt. Bes-tes Beispiel hierfür ist die Sonne. Der Lichtkegel und die Schattenränder zeigen scharfe Kanten (z. B. Profilscheinwerfer im konventionellen und Spots im intel-ligenten Bereich). Weiches Licht hingegen kommt aus verschiedenen Richtungen und ist vergleichbar mit einem bewölkten Himmel. Lichtkegel und Schattenwurf sind dementsprechend unscharf (z. B. Fresnel-Scheinwerfer im konventionellen,

2.2 Veranstaltungstechnik

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Washer im intelligenten Bereich). Ein weiteres Kriterium für die Charakteristik eines Scheinwerfers ist die Farbtemperatur.

Farbtemperatur des LichtsWeißlicht ist nicht gleich Weißlicht, vielmehr muss man hier zwischen den unter-schiedlichen Farbtemperaturen unterscheiden. Kunstlicht/Glühlicht (Glühlampe 100 W) ist hierbei deutlich wärmer und liegt bei ca. 2800 K, wohingegen Tages-licht (also das Licht, das auch im Freien bei Mittagssonne herrscht) deutlich käl-ter ist (ca. 5600 K). Demnach hat jeder Scheinwerfer, je nach Leuchtmittel, seine eigene Farbtemperatur, die jedoch durch spezielle Korrektur- und Farbfolien nochmals verändert werden kann.

Bühnenakteure, beispielsweise einen Redner, beleuchtet man normalerweise mit warmem Kunstlicht, wodurch sich eine „gesunde“ Gesichtsfarbe ergibt. Pro-dukte und Architektur hingegen könnten bei wärmerem Licht leicht „schmutzig“ wirken, weshalb man hierfür in der Regel das kältere Tageslicht bevorzugt.

Falls nun jedoch ein Redner während seines Auftritts direkt an ein Exponat herantritt, würde er vom Kunstlicht ins Tageslicht wechseln und dadurch plötzlich seine Gesichtsfarbe ändern. Falls diese Kombination aus Personen und Exponaten in einer Show vorgesehen ist, sollte dies frühzeitig in der Lichtplanung berück-sichtigt werden. Doch welche Farbtemperatur verwendet man in einem solchen Fall? Bei dieser Entscheidung ist es ausschlaggebend, ob auch Kameras in die Show integriert sind, denn diese müssen vorab auf eine Farbtemperatur eingestellt werden. Wenn nun die Priorität auf dem Kamerabild liegt (z. B. bei einer Live-Übertragung im Fernsehen), wird man sich für eine kältere Farbtemperatur ent-scheiden, da der Redner im Kamerabild dann trotzdem eine natürliche Hautfarbe hat. Wenn jedoch der Live-Eindruck für das Publikum vor Ort die oberste Priori-tät hat, wird man eine wärmere Farbtemperatur wählen.

LichtsetzungIm Zusammenhang mit theatralen Inszenierungen hat der Lichtdesigner eine wesentliche kreative Rolle – so wirkt ein Bösewicht erst durch dramatisches Licht richtig böse und der Luftakrobat nur durch „plastisches“ Licht richtig muskulös. Hierbei sind sowohl die farbliche Gestaltung als auch die Lichtsetzung (Schatten-würfe) essenziell. In diesem Bereich braucht ein Regisseur jedoch kein vertieftes Fachwissen, da diese Aufgabe in der Regel von einem Lichtdesigner übernom-men wird. Anders ist es mit der Ausleuchtung von Bühnenakteuren, wie z. B. Rednern oder Moderatoren. Da die optimale Lichtsetzung den Handlungsspiel-raum des Regisseurs in manchen Bereichen begrenzt, muss sie in die Überlegun-gen und Entscheidungen des Regisseurs einfließen.

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Würde man einen Bühnenakteur lediglich frontal beleuchten, so würde die-ser zum einen stark geblendet werden und zum anderen sehr flach und unrealis-tisch wirken. Um jeder Person Plastizität und Natürlichkeit zu verleihen, ist die Beleuchtung aus mehreren Richtungen wichtig. Im Wesentlichen sollten min-destens drei Lichtrichtungen abgedeckt werden: das Vorderlicht, das Gegenlicht und das Seiten-/Gassenlicht (Abb. 2.4). Darüber hinaus ist meist ein Horizont-licht sinnvoll, das die Bühnenrückwand beleuchtet, damit sich der Akteur deut-licher vom Hintergrund absetzt. Das Vorderlicht sollte im 45°-Winkel von oben kommen. Wird das Vorderlicht steiler als 45° gesetzt, so hat der Redner deutlich

Abb. 2.4 Beleuchtungsrichtungen

2.2 Veranstaltungstechnik

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größere Augen- und Nasenschatten im Gesicht. Ist es deutlich flacher, so steigt die Gefahr, dass das Licht den Akteur zu stark blendet. Außerdem bedeutet ein flaches Vorderlicht auch immer, dass es stark auf die Bühnenrückwand scheint, was gerade bei Projektionsleinwänden vermieden werden sollte. Das Gegen-licht, auch Spitzlicht genannt, beleuchtet den Akteur direkt von hinten, ebenso wieder aus ca. 45° von oben. Diese Lichtquelle gibt dem Akteur Tiefe und betont die Kanten. Dadurch trennt sie ebenso den Akteur vom Bühnenhintergrund. Das Seitenlicht beleuchtet, wie der Name schon sagt, den Akteur von der rechten und linken Seite. Dieses Licht gibt dem Akteur seine Drei-Dimensionalität und Plasti-zität. Befindet sich die Lichtquelle nicht ca. 45° von oben, sondern deutlich nied-riger auf Personenhöhe, spricht man vom Gassenlicht. Das Gassenlicht erhöht den plastischen Effekt nochmals.

Diese Beleuchtungsregeln sind zunächst die Basis in einem idealtypischen Umfeld. Es gibt jedoch auch Set-ups und Rahmenbedingungen, bei denen sich eine deutliche Abweichung von diesen Basisregeln empfiehlt.

Was bedeutet die Lichttechnik für den Regisseur?

• Positionen von Akteuren auf der Bühne sollten frühzeitig definiert wer-den, um diese bei der technischen Lichtplanung zu berücksichtigen.

• Akteure sollten nur in den Bühnenbereichen geplant werden, wo alle notwendigen Beleuchtungsrichtungen realisierbar sind.

• Falls mit einer Projektionsleinwand auf der Bühne gearbeitet wird, sollten die Akteure möglichst weit von der Leinwand entfernt plat-ziert werden, um das Streulicht in der Projektion so gering wie möglich zu halten.

• Ein Großteil der Lichtprogrammierung muss vor Ort nach den ers-ten Durchlaufproben erfolgen. Der Regisseur muss hierfür ausrei-chende Zeiträume im Probenplan berücksichtigen.

2.2.2 Tontechnik

Auch im Bereich der Tontechnik gibt es einige Parameter, die den Handlungs-spielraum eines Event-Regisseurs beeinflussen. Daher wollen wir uns zunächst die physikalischen Mechanismen der Tontechnik ansehen. Eine Schallquelle (Redner, Sänger, Musikinstrument etc.) erzeugt Schallwellen, die in einem Mik-rofon auf eine Membran treffen. Mithilfe der Membran werden die Schallwel-len nun in elektrische Signale gewandelt, die in ein Mischpult geleitet werden.

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Dort können die elektrischen Signale nachbearbeitet und mit anderen Schallquel-len gemischt werden. Außerdem dient das Mischpult auch als Vorverstärker. Als Nächstes geht die abgemischte Summe der elektrischen Signale in einen Verstär-ker (Endstufe), der diese vergrößert. Im letzten Schritt wird das Signal weiterge-leitet in die Lautsprecher, die quasi ein „umgekehrtes Mikrofon“ darstellen, weil hier die elektrischen Signale wieder in Schallwellen zurückgewandelt werden (Abb. 2.5).

So weit zur Theorie. Nun wollen wir die Aspekte näher betrachten, die ein Regisseur bei seinen Überlegungen berücksichtigen sollte.

Das Einfangen von Schallwellen – unterschiedliche MikrofontypenMikrofone unterscheiden sich nicht nur in Form und Größe, sondern vor allem in technischer Hinsicht. Ein Unterscheidungskriterium ist der physikalische Mechanismus, mit dem die Schallwellen in elektrische Wellen transformiert wer-den (dynamische Mikrofone, Kondensator-Mikrofone, Bändchenmikrofone etc.). Ebenso wird nach dem Einsatzzweck unterschieden: So eignen sich manche Mik-rofone eher für Gesang, andere eher für Redner und Sprache.

Ein anderes sehr wichtiges Unterscheidungskriterium ist die Richtcharakteris-tik. Diese besagt, aus welcher Richtung der Schall auf das Mikrofon treffen muss, um von der Membran erfasst zu werden. Die gängigsten Charakteristiken hierbei sind (Abb. 2.6):

• Kugel: Ungerichtet, d. h., der Schall kann rundum (omnidirectional) aus allen Richtungen kommen.

• Niere: Der Schall kann aus fast allen Richtungen auf das Mikrofon treffen, nur nicht von hinten.

• Superniere/Keule: Der Schall muss noch mehr gerichtet frontal auf das Mikro-fon treffen.

• Acht: Der Schall kann von vorne oder hinten kommen, nicht aber von der Seite.

Abb. 2.5 Der Weg der Schallwellen

2.2 Veranstaltungstechnik

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Auf den ersten Blick erscheint ein Kugelmikrofon als ein Allzweckmittel. Egal ob der Redner perfekt frontal in das Mikrofon spricht oder den Kopf leicht nach rechts oder links wegdreht, ob er versehentlich über das Mikrofon hinweg spricht: Alles kommt auf der Membran an. Der große Nachteil der Kugelcharakteristik ist jedoch, dass eben nicht nur der Redner aus jeglicher Richtung eingefangen wird, sondern auch sämtliche Störgeräusche!

Akustische Rückkopplung/FeedbackWährend in Management- und pädagogischen Systemen Feedback immer mehr zum Erfolgstreiber in der Kommunikation wird, ist es in der Tontechnik ein

Abb. 2.6 Charakteristiken von Mikrofonen

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absolutes Desaster: das hohe, markdurchdringende Pfeifen einer Tonanlage. Doch wodurch entsteht diese akustische Rückkopplung? Sie ist die Konsequenz aus einem Kreislauf, bei dem ein verstärktes Tonsignal aus den Lautsprechern wie-der seinen Weg in das Mikrofon findet, damit nochmals verstärkt wird, mit noch größerer Intensität aus dem Lautsprecher wieder auf das Mikrofon trifft, um dann wieder auf die Reise durch den Verstärker in den Lautsprechern zu landen. Es ist somit die Verstärkung eines Schalls, die sich (rein theoretisch) ins Unendliche potenziert. Das Feedback ist somit der gefährlichste Gegner von relativ ungerich-teten Mikrofonen, weil bei diesen die Gefahr sehr groß ist, dass sie das verstärkte Tonsignal aus den Lautsprechern wieder einfangen könnten. Dementsprechend sollte ein Mikrofon niemals im Abstrahlwinkel eines Lautsprechers positioniert werden. Und falls nun doch einmal ein Mikrofon in einem beschallten Bereich, z. B. im Publikum, benötigt wird, so sollte dies immer ein sehr stark gerichtetes Mikrofon sein.

Der ewige Kampf mit dem Lavalier …Wenn Redner die freie Mikrofon-Wahl hätten, würden sich die meisten für ein Lavalier-Mikrofon , auch Ansteck-Mikrofon genannt, entscheiden, das man an die Krawatte oder an das Jackett klippt. Es bietet absolute Freiheit: freie Hände und nichts, was am Kopf oder hinter den Ohren zwickt wie ein Headset-Mikrofon. Gleichzeitig ist jedoch das Lavalier-Mikrofon gerade im Event-Einsatz meist die schlechteste Wahl aus Tontechnik-Sicht. Woran liegt das? Redner sprechen im Allgemeinen nicht in Richtung ihres Bauchnabels, sondern geradeaus Rich-tung Publikum und somit über das Mikrofon hinweg. Zusätzlich drehen sie den Kopf auch einmal nach links und nach rechts und bewegen somit den Kopf weg vom Mikrofon, das fest an der Krawatte oder am Jackett sitzt. Dementsprechend hat das Lavalier meist eine Kugel-Charakteristik, um möglichst viele Schall-wellen des Redners einzufangen. Dies bedeutet jedoch auch, dass das Lavalier relativ anfällig ist für Rückkopplungen und andere Störgeräusche wie z. B. auf-einander reibende Stoffe bei Bewegungen. Hier gilt die alte Tontechniker-Regel: „Shit in, shit out.“ Die Tatsache, dass teilweise nur ein sehr kleiner Teil des Schalls das Mikrofon streift, bedeutet, dass man den Ton sehr verstärken muss, was zum einen die Feedback-Gefahr nochmals erhöht und zum anderen auch der Klangqualität der Rednerstimme abträglich ist.

Das Headset hat gegenüber dem Lavalier einen klaren Vorteil: Dadurch, dass es am Kopf angebracht ist, bleibt es immer optimal auf die Schallrichtung ausge-richtet – egal, ob der Redner seinen Kopf nach oben, nach unten, nach rechts oder nach links bewegt. Der dadurch gut eingefangene Schall hat dementsprechend

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auch einen klaren, direkten Klang, der sich gut verstärken lässt. Daher ist es rat-sam und für alle Beteiligten hilfreich, wenn der Regisseur versucht, die Redner von einem Headset zu überzeugen. Und wenn der Tontechniker ein gutes Headset im Gepäck hat und dieses dann auch noch optimal an die Kopfform des Redners anpasst, sodass nichts zwickt und drückt, wird dieser Redner das nächste Mal vielleicht sogar freiwillig gleich zum Headset greifen.

Schallgeschwindigkeit und ihre KonsequenzenWir kennen alle noch aus dem Physik-Unterricht das anschauliche Praxisbei-spiel eines Landwirts, der in großer Entfernung auf dem Feld einen Zaunpfahl in den Boden hämmert – das Geräusch eines jeden Hammerschlages ist deutlich später zu hören, als der Hammer optisch auf den Zaunpfahl auftrifft. Der Schall breitet sich, je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit, mit einer Geschwindig-keit von ca. 345 m/s aus, während sich Licht mit ca. 300.000 m/s fast tausend-mal so schnell fortbewegt. In einer kleinen Veranstaltungshalle für 200 Besucher spielen diese physikalischen Gesetzmäßigkeiten keine Rolle. Bei zunehmender Hallengröße jedoch kann dies dazu führen, dass Redner oder Filminhalte ab einer gewissen Entfernung nicht mehr lippensynchron erscheinen, die Lippen also ein Wort früher sichtbar formen, als es zu hören ist. Dies kommt vor allem zum Tra-gen, wenn der Redner als Live-Bild auf der Bühnenrückwand gezeigt wird oder in einem Filmzuspieler sprechende Personen in Nahaufnahme gezeigt werden. Während minimale Abweichungen zwischen Bild und Ton für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar sind, wirken größere Abweichungen durchaus störend.

Als Faustregel gilt: Eine Abweichung von ±80 ms gilt noch als syn-chron, eine Abweichung von bis zu ±160 ms gilt als wahrnehmbar, aber noch akzeptabel, alles über ±160 ms gilt als inakzeptabel asyn-chron. Dies bedeutet in Hallengrößen umgerechnet: Die ersten 27 m ab den Lautsprechern wirken Bild und Ton synchron, bis zu 54 m Ent-fernung ist die Wahrnehmung leicht asynchron, aber noch tolerierbar, und danach wird es inakzeptabel asynchron.

Doch was kann man tun, um ein Out-of-Sync zu vermeiden? Zum einen ist es hilfreich, wenn ein Redner im Live-Bild nicht als Nahaufnahme/Kopfansicht gezeigt wird. Eine etwas offenere Kameraeinstellung „verspielt“ das Ton-Delay ein klein wenig. Außerdem gibt es die Möglichkeit, das Bild technisch ein wenig zu verzögern. Wenn das Bild also beispielsweise um 80 ms verzögert wird, emp-finden die Gäste Bild und Ton bis zu 54 m Entfernung als synchron. Der Punkt der beginnenden inakzeptablen Asynchronität wird somit auf 81 m Entfernung nach hinten verschoben.

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Wenn sich ein Redner leicht zeitversetzt selbst über die Lautsprecher hört, kann das Ton-Delay ebenfalls zur Stolperfalle werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Moderator mitten im Publikum ein Interview führen soll. Der Zeitversatz wirkt so irritierend, dass nur geübte Redner trotzdem konzentriert und flüssig weitersprechen können. Dementsprechend sollte ein derartiger Einsatz zwingend vorab geprobt werden. Falls sich der Redner durch das Ton-Delay zu sehr gestört fühlt, sollte man ihm einen In-Ear-Kopfhörer geben, über den er sich wieder in Echtzeit ohne Verzögerung hört.

Nicht nur das Publikum will hören …Eine optimale Beschallung für das Publikum ist selbstverständlich. Doch sollte ein Regisseur auch eine Vorstellung davon haben, wer neben dem Publikum eben-falls eine gute Beschallung benötigt. Hierzu zählt etwa der Backstage-Bereich für Künstler und Stage-Manager: Bei den meisten Inszenierungen sind Akteure nicht von Anfang an auf der Bühne, sondern kommen erst in einer bestimmten Musik- oder Textpassage dazu. Wenn sie diese nicht einwandfrei hören können, ist die Wahrscheinlichkeit einer Panne sehr groß. Ebenso kann es sein, dass auch der Regisseur selbst eine kleine Lautsprecherbox benötigt, auf der er sich den Redner hoch- oder runterregeln kann. Bei sehr großen Talkrunden auf der Bühne ist es ebenfalls wichtig, dass auch die Talkgäste kleine Audio-Monitore bekom-men, um Fragen und Antworten von Moderator und anderen Talkgästen gut ver-stehen zu können.

Was bedeutet die Tontechnik für den Regisseur?

• Der Regisseur sollte bereits vorab möglichst präzise definieren, für welchen Einsatzzweck und an welcher Position im Raum Mikrofone benötigt werden, da nicht jedes Mikrofon für jeden Einsatzbereich geeignet ist.

• Akteure sollten niemals direkt vor den Lautsprechern positioniert werden.

• Für Redner sind Headset-Mikrofone immer den Ansteck-/Lavalier-Mikrofonen vorzuziehen.

• Falls Sprecher relativ weit von der Bühne entfernt positioniert wer-den, muss in der Probe getestet werden, ob diese mit den Delay-Zeiten klarkommen.

• Der Regisseur muss definieren, welche Akteure an welcher Stelle eine zusätzliche Beschallung benötigen.

2.2 Veranstaltungstechnik

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34 2 Multitasking und Multifarious – Interdisziplinäre Anforderungen …

2.2.3 Medientechnik

Vor 20 Jahren war der Bereich Medientechnik noch ein Gewerk mit einem sehr überschaubaren Aufwand. Auf einer oder mehreren Projektionsleinwänden wur-den meist vollflächig abwechselnd statische Grafiken mit dem Veranstaltungs-motto, Kamera-Bild und PowerPoint-Präsentationen zugespielt. Technisch bedeutete das zwei oder drei Medienzuspieler, zwischen denen mithilfe eines Switchers hin und hergeschaltet wurde.

Doch in den zwei Jahrzehnten wandelte sich die Medientechnik unglaublich rasant und gilt heute als der komplexeste Fachbereich der Veranstaltungstechnik – so komplex, dass kaum mehr ein einzelner Medientechniker das Fachwissen aller Themenbereiche abdecken kann.

Heutzutage wird eine Show, die sich bisweilen aus 300 oder mehr einzelnen Files zusammensetzen kann, auf einem Medienserver angelegt. Nachdem oftmals auch Soundfiles nicht mehr von der Tonabteilung, sondern über diesen Server zugespielt werden und auch der Timecode, der eine programmierte Lichtshow steuert, vom Medienserver kommt, kann man ihn als Herzstück der Inszenierun-gen bezeichnen.

Ein Regisseur muss mit diesem Herzstück zwingend sehr vertraut sein. Nicht, dass er es selbst programmieren oder bedienen können müsste. Er muss jedoch alle medialen Inhalte abrufen. Hierfür muss er wissen, welcher Content auf wel-cher Maschine anliegt, welche Inhalte direkt hintereinander abgerufen werden können oder wo technische Zwischenschritte bzw. neutrale Übergangsbilder berücksichtigt werden müssen. Zudem muss der Regisseur bei Pannen oder Prob-lemen während der Show in Sekundenschnelle entscheiden, wie die Show weiter-laufen kann und soll. Dies alles ist nicht möglich ohne ein konkretes Verständnis darüber, wie die Inhalte auf der Wand hinter den Kulissen gesteuert werden.

2.2.3.1 Basis-Set-upBetrachten wir zunächst die technisch einfachste Situation mit vier unterschiedli-chen Eingangssignalen, nämlich:

• einen PowerPoint-Rechner 1, auf dem diverse neutrale Hintergrundcharts anliegen,

• einen PowerPoint-Rechner 2, von dem die Präsentation des Redners zugespielt wird,

• ein Live-Bild (3 Kameras, die vorab gemischt werden und als ein Output geliefert werden),

• ein Playback-Pro, auf dem Filme als Videozuspieler anliegen.

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Diese vier Eingänge münden in ein Screen Management System/Switcher. Der Switcher ist die „Steuerungszentrale“, über die definiert wird, welches Signal an den Projektor (umgangssprachlich „Beamer“) oder an die LED-Wand herausge-geben wird. Außerdem wird hier entschieden, ob der Inhalt vollflächig erschei-nen soll oder als PiP1 gezeigt wird und wo genau das PiP in welcher Größe platziert wird. Mithilfe des Switchers kann man aber beispielsweise auch festle-gen, dass drei Signale gleichzeitig gezeigt werden, z. B. PPT-Rechner 1 als voll-flächigen Hintergrund, PPT 2 rechts oben als großes PiP, Live-Bild links oben als kleineres PiP.

Für die unterschiedlichen Kombinations- und Darstellungs-Möglichkeiten legt der Techniker vorab verschiedene Presets an, so ist z. B.:

• Preset 1: nur PPT-Rechner 1 vollflächig• Preset 2: PPT-Rechner 1 vollflächig/Live-Bild als PiP• Preset 3: PPT-Rechner 1 vollflächig/Live-Bild als kleines PiP/PPT-Rechner 2

als großes PiP• Preset 4: Playback-Pro vollflächig• usw.

Was bedeutet das Basis-Set-up für den Regisseur? Zunächst braucht der Techniker klare Vorgaben vom Regisseur, welche Presets benötigt werden. Nachdem es außerdem seltsam aussieht, wenn man zwischen den Presets hart hin und herschaltet, müssen auch noch die Über-gänge definiert werden, auf welche Weise Fenster erscheinen und wie-der verschwinden. Während der Show bedeutet dies für den Regisseur, dass er nicht nur an die zu zeigenden Hauptinhalte denken, sondern auch die Zwischenschritte abrufen muss. So müssen beispielsweise rechtzeitig PiPs ausgeblendet werden, bevor ein neues PiP aufgerufen werden kann.

Die hier skizzierte Anordnung von ein paar wenigen Videosignalen, deren Bilder durch einen Switcher koordiniert werden, ist ein sehr einfaches Standard-Set-up, das nach wie vor bei Kongressen und Tagungen gelegentlich angewendet wird. Für komplexere Shows jedoch ist dieses System heute bei Weitem nicht mehr ausreichend. Hier kommen in der Regel mehr oder weniger komplexe Medienser-ver zum Einsatz.

1PiP: Abkürzung für Picture in Picture, als ein Bild, das in ein größeres Bild integriert wird.

2.2 Veranstaltungstechnik

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36 2 Multitasking und Multifarious – Interdisziplinäre Anforderungen …

2.2.3.2 MedienserverZunächst kann man Medienserver in drei Gruppen einteilen:

• Reine Playback-Systeme (Harddisc-Recorder), durch die einzelne Filme ange-wählt und zugespielt werden können.

• Timeline-basierte Medienserver, auf denen alle Filmelemente auf einer Zeit-achse angeordnet werden.

• Live-generierende Medienserver, die definierte Animationen und Medienbe-fehle in Echtzeit rendern und direkt ausspielen.

Sowohl bei Timeline-basierten als auch bei Live-generierenden Medienservern vorab Folgendes: Alles ist mit allem möglich. Vielleicht ist diese Aussage ein wenig überspitzt, aber dennoch hat sich in nahezu allen Fällen gezeigt, dass ein absoluter Profi an einem bestimmten Medienserver fast immer Wege oder zumin-dest Umwege finden wird, um ein erwünschtes Ziel zu erreichen. Dementspre-chend wären Aussagen wie „geht immer“ oder „geht nie“ auch unzulässig. Die Auswahl des passenden Servers ist somit zumindest im Bereich der gängigen Anwendungen oftmals eine Geschmacks-, wenn nicht sogar eine Glaubensfrage. So wie es im Computerbereich die überzeugten Windows- und Apple-Anhänger gibt, so gibt es dies in ähnlicher Form auch unter Technikern im Bereich der Medienserver. Dennoch bestehen auch faktische Unterschiede und Anwendungs-vor- und Nachteile, die wir näher betrachten wollen.

Playback-SystemeDiese Medienserver, wie zum Beispiel DVS, Playback Pro, Q-Lab oder XT3, kommen ursprünglich aus dem Broadcast-Bereich. Auf ihnen wird keine durch-gängige Show angelegt, vielmehr werden darüber Filme, meist unkomprimiert, ausgespielt. Im Bedarfsfall ist dies auch auf mehrere Outputs synchron möglich. Die Benutzeroberfläche gestaltet sich ähnlich wie eine „Playlist“, aus der Filme ausgewählt und eingestartet werden können. Außerdem können die Playback-Systeme mit anderen Steuerungssystemen verknüpft werden, wobei sich dann das Steuerungssystem den jeweils definierten Film aus der Server-Datenbank aus-sucht und selbstständig einstartet.

Timeline-basierte MedienserverTimeline-basierte Medienserver sind deutlich mehr als lediglich eine Filmdaten-bank. Hier werden alle medialen Inhalte auf einer Zeitachse der benötigten Rei-henfolge angeordnet, Übergänge definiert, Effekte zugewiesen, Stoppmarken gesetzt, separate Tonspuren hinterlegt usw. Vergleichbar ist dieses System am

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ehesten mit einem Videoschnitt-Programm, in dem ja ebenso „Filmschnipsel“ in eine Reihenfolge gebracht und Übergänge definiert werden. Der Medienserver hat darüber hinaus jedoch auch noch die Möglichkeit, an definierten Stellen zu stoppen oder unbekannte Längen (z. B. bei einer Rede) durch Loops etc. undefi-niert zu lassen.

WatchoutDie Watchout ist das wohl am meisten verwendete Timeline-basierte Mediensys-tem. Der Hersteller Dataton ist seit 1973 am Markt und hat in seinen Anfängen für die damaligen „Tonbildschauen“ Synchronisationsmöglichkeiten für mehrere Diaprojektoren sowie Diaprojektoren mit Tonquellen angeboten. Demnach hat Dataton die wohl längste Erfahrung im Bereich Mediensteuerungen.

Der Vorteil der Watchout ist eine sehr übersichtliche, intuitive, klar struktu-rierte Bedienoberfläche, die es auch Einsteigern leicht macht, eine erste einfache Show anzulegen. Darüber hinaus kann die Software kostenlos im Internet down-geloadet werden, sodass sich jeder Interessierte einarbeiten und auch Shows pro-grammieren kann. Lediglich für das Ausspielen der Show ist der kostenpflichtige Dongle nötig.

Dataton vertreibt für die Watchout in erster Linie die Software, die auf jedem geeigneten Rechner genutzt werden kann. Dies ist Vorteil und Nachteil zugleich: Einerseits kann eine Technikfirma Rechner benutzen, die auch für andere Anwen-dungszwecke geeignet sind, und muss nicht extra teure Spezial-Server anschaf-fen. Somit ist die Watchout auch eine relativ günstige Lösung im Hinblick auf die Anschaffungskosten. Gleichzeitig ist dieser Faktor jedoch auch als Nachteil zu sehen: Damit Watchout fehlerfrei funktioniert, müssen geeignete Rechner gebaut und konfiguriert werden, die alle Watchout-Optionen abdecken. Die Erfahrung zeigt, dass die Software bei korrekter Anwendung sehr stabil ist. Ausfälle und Störungen sind zumeist nicht auf Software-Bugs, sondern auf unzureichend kon-figurierte Rechner zurückzuführen.

Für die gängigen Anwendungen ist die Watchout sehr gut geeignet, auch wenn sie etwas weniger Möglichkeiten bietet als komplexere Systeme. Durch ihre weite Verbreitung gibt es zudem ausreichend Medientechniker mit Watchout-Erfahrung. Für spezielle Anwendungen wie aufwendiges Mapping, Tracking und damit verbundene generative oder interaktive Inhalte ist die Watchout hingegen in der Regel nicht geeignet. So ist ein 3-D-Raum, in dem gearbeitet werden kann, ledig-lich rudimentär vorhanden. Ein Watchout-Profi kann zwar einige der komplexeren Anforderungen selbst konstruieren, jedoch sind hierfür manch andere Systeme teilweise weiter entwickelt und bieten spezielle Lösungen für komplexe Anwen-dungen an.

2.2 Veranstaltungstechnik

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Pandoras BoxDie Pandoras Box kommt ursprünglich aus dem Lichtbereich und wurde konzi-piert, um beispielsweise bei Konzert-Tourneen die medialen Inhalte vom Lichtpult aus mitzusteuern. Dies macht sich auch in der Bedienlogik bemerkbar. Während beispielsweise manche Fader in DMX-Werten von 0 bis 255 eingeteilt sind, sind dies bei manch anderen Prozent-Werte von 0 % bis 100 %. Es hat sich gezeigt, dass ehemaligen Lichttechnikern aufgrund der „Lichtpult-Logik“ die Bedienung leichterfällt, während reine Medientechniker das Programm als wenig intuitiv und anspruchsvoller in der Anwendung empfinden. Die Benutzeroberfläche, die seit der ersten Version nur geringfügig weiterentwickelt wurde, trägt hierzu bei. Dies bedeutet im Vergleich zur Watchout, dass ein Anwender deutlich besser geschult sein muss, um mit dem System klarzukommen.

Bei Pandoras Box hat der Anwender die freie Wahl, ob er seine Server selbst bauen und konfigurieren oder fertige Server vom Hersteller kaufen möchte.

Eine klare Stärke der Pandoras Box ist der gut gestaltete 3-D-Raum. Dieser ermöglicht gerade bei Mapping, Tracking, interaktiven Inhalten und Co. eine gute Arbeitsbasis. Besonders im Tracking-Bereich ist die Pandoras Box ein gern gewählter Medienserver. So hat der Hersteller sogar Tracking Tags im Angebot das sind die für das Tracking notwendigen Marker, die an die Objekte oder Perso-nen angebracht werden – und zeigt damit, dass dieses System u. a. auch für Echt-zeit-Tracking-Anwendungen gedacht ist. Ein weiterer Vorteil der Pandoras Box stellt die Konnektivität dar. Durch ein Software Development Kit (SDK) eröffnet sich eine Schnittstelle, mit deren Hilfe beliebige externe Daten wie z. B. der Posi-tionsgeber einer kinetisch fahrenden Wand oder eines getrackten Objekts direkt und ohne Umwege in das System integriert werden können. Dies führt zu gro-ßer Präzision und extrem geringem Delay, was gerade bei interaktiven Inhalten wesentlich ist.

Durch das Zusatztool des Widget Designers können darüber hinaus eigene Benutzeroberflächen gestaltet werden, was insbesondere bei medialen Exponaten und Festinstallationen einen klaren Vorteil bietet.

WingsEin noch eher selten eingesetzter, anteilig stark zunehmender Medienserver ist Wings von AV Stumpfl aus Österreich. Die Benutzeroberfläche ist ähnlich über-sichtlich gestaltet wie bei der Watchout, jedoch in manchen Teilbereichen noch nicht ganz intuitiv. Da AV Stumpfl jedoch gerade seine Software zum zweiten Mal komplett überarbeitet, besteht hier Aussicht auf weitere Optimierungen. Für diese neue Version wurde u. a. auch die Einführung eines kompletten 3-D-Raumes angekündigt. Es bleibt also abzuwarten, welche Neuerungen dieses Programm bieten wird.

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Von Wings gibt es keine Dongles, sondern nur komplette Medienserver zu kaufen. Beeindruckend ist hierbei die enorm hohe Betriebssicherheit des Sys-tems. Durch doppelte Redundanz läuft das System auch weiter, wenn die Hälfte aller Festplatten ausfällt. Ebenso lassen sich im laufenden Betrieb Festplatten austauschen. Durch ein echtes 64-bit-System ist eine deutlich höhere Rechenleis-tung abrufbar.

Die Wings ist somit jetzt schon serverseitig ein wirklich starkes System – falls die neue Software hält, was sie verspricht, wird dieser Medienserver in absehba-rer Zeit eine große Marktverbreitung erfahren.

D3Die D3 entstand ursprünglich im Rahmen der medialen Gestaltung von Kon-zert-Tourneen. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass die Timeline ursprünglich keine Echtzeit, sondern Beats per Minute angezeigt hat. Mittlerweile kann dies jedoch glücklicherweise auf Echtzeit umgestellt werden.

Die D3 gilt als zwar sehr teure, aber vielseitig begabte Lösung für große Shows. Besonders hervorzuheben ist die sehr gute 3-D-Echtraum-Gestaltung. Man arbeitet und programmiert also nicht in irgendeinem beliebigen 3-D-Raum, sondern direkt visuell in der künftigen Veranstaltungs-Location. Dies erleichtert es allen Beteiligten, sich das finale Ergebnis einer Show schon frühzeitig vorzu-stellen und detailliert auszuarbeiten.

Auch Mapping- und Tracking-Anwendungen sind in der D3 sehr gut und ver-ständlich gelöst. Ein weiterer Vorteil sind die 16 HD-Ausgänge, die es selbst bei sehr großen LED-Wänden ermöglichen, von einem Server aus bespielt zu wer-den. Dies verhindert die oftmals lästigen Synchronisations-Probleme, die gele-gentlich durch mehrere zu synchronisierende Rechner entstehen. Generativer Content ist seit Kurzem über Notch möglich.

Neben den hohen Kosten ist die Verfügbarkeit der D3-Software ein gewisses Manko. Sehr begrenzte Möglichkeiten der Demo-Version ermöglichen bei Wei-tem keine tief gehenden Erfahrungen mit dem System. Angelegte Shows können nur in Verbindung mit dem kostenpflichtigen Programmier-Dongle gespeichert und später weiterbearbeitet werden. Dies erschwert es, interessierte junge Techni-ker an das System heranzuführen.

SonstigeWeitere Timeline-basierte Medienserver sind Green Hippo, mit dem beispiels-weise der Eurovision Song Contest 2017 bestritten wurde, AI-Server von Avo-lites und andere, die momentan verstärkt im TV-Bereich genutzt werden. Diese Systeme spielen in der deutschen Event-Branche noch keine große Rolle – dies könnte sich jedoch in dem sich rasch wandelnden Markt jederzeit ändern.

2.2 Veranstaltungstechnik

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Was bedeuten Timeline-basierende Medienserver für den Regis-seur? Damit ein Techniker im Vorfeld eine Show anlegen kann, braucht er vom Regisseur sehr detaillierte Informationen über den Ablauf einer Show. Wo können mehrere Elemente automatisch nacheinander abgespielt werden, wo müssen Stoppmarker gesetzt werden, wo muss ein Loop eingebaut werden, um undefinierte Timings wie z. B. eine Redenlänge oder einen Künstleraufgang zu puf-fern? Wie auch bei den Proben erfordern Übergänge zwischen den eigentlichen Showelementen am meisten Arbeit und Gedanken. Es empfiehlt sich, dass der Regisseur beim Anlegen der Show dabeisitzt, und dies am besten nicht in der Veranstaltungs-Location, sondern ein bis zwei Tage vor Abreise im, noch ruhigen, Büro. Dies ermöglicht nicht nur die Diskussion aller Detailfragen und deren Entscheidung – um zum Probenbeginn gut aufgestellt zu sein. Vielmehr ist es auch notwendig, dass der Regisseur alle Übergänge und somit alle Arbeits-schritte, die er abrufen muss, auswendig weiß. Darüber hinaus wird bei dieser Vorbereitung auch offensichtlich, ob evtl. noch einzelne „Filmschnipsel“ benötigt werden, um die eine oder andere Situation besser lösen zu können. Die Schwierigkeit hierbei ist oftmals, dass der Techniker die medialen Contents auch noch nie zuvor gesehen hat. Wenn hier nun die von der Medienagentur gelieferten Datei-Namen nicht sauber sortiert und nachvollziehbar sind, kann dies im schlimms-ten Falle in einem abenteuerlichen Puzzlespiel enden. In diesem Fall sollte auch zwingend der Projektleiter der Medienagentur beim Anle-gen der Show anwesend sein.

2.2.3.3 Live-generierende MedienserverWährend Timeline-basierte Medienserver fertig gerenderte Filme organisieren, arbeiten Live-generierende Medienserver mit Grafik-, Animations- und Darstel-lungsbefehlen, die in Echtzeit gerendert und ausgespielt werden. Mediale Inhalte werden somit nicht mehr vorab von einem Mediencontent-Dienstleister erstellt, gerendert und dann als fertiger Film an die Technik übergeben. Vielmehr gestaltet ein Mediendesigner die Inhalte direkt auf dem Medienserver. Das Ganze hat dann auf der Benutzeroberfläche keine lineare Struktur, sondern ähnelt eher einem komplexen Technik-Schaltbild, auf dem Kästchen und Kreise mit Linien und Pfeilen verbunden werden.

Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Es werden Renderzeiten eingespart, dar-über hinaus bleibt der Content enorm flexibel. Ein ganz wesentlicher Vorteil die-ser Server ist jedoch, dass sie Möglichkeiten für Echtzeit-Interaktionen schaffen.

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Eine Anwendung wäre beispielsweise ein getracktes Fahrzeug im Mediencontent, das immer dort, wo es sich gerade bewegt, mediale Wassertropfen oder Herbst-laub aufwirbelt. Oder ein Redner, durch dessen Armbewegung Infokästen ver-schoben oder entfernt werden.

Gleichzeitig hat dieses System jedoch auch Nachteile: Die gewohnten Arbeits-schritte eines Projekts, in dem eine Grafikagentur erste Entwürfe gestaltet, die dann in vielen Freigabeschleifen abgestimmt, verändert und angepasst werden, bevor das finale File gerendert und an die Technik übergeben wird, existieren so nicht mehr. Für die Abstimmungen der Grafiken muss demnach von Anfang an der technische Dienstleister eingebunden werden. Kostenseitig verschiebt sich der Aufwand somit von der Medienagentur in Richtung Technikdienstleister, es wird kein Geld eingespart. Ein weiteres Handicap können spontane Ablaufänderungen darstellen. Während sich in den Timeline-basierten Medienservern auch noch „kurz vor knapp“ ganze Showblöcke ausschneiden, verschieben und anderswo einfügen lassen, sind derartig große Änderungen in den Live-generierenden Sys-temen oftmals nicht mehr realisierbar. Dies liegt an der Komplexität der Pro-grammierung. Wenn ein Programmierer nicht bereits von Anfang an in weiser Voraussicht diverse Flexibilitätsoptionen mit eingebaut und berücksichtigt hat, kommt es demnach deutlich früher zum „Point of no Return“.

Die Komplexität dieser Programme ist somit Segen und Fluch zugleich: Erst sie ermöglicht es, technisch sehr aufwendige Showeffekte zu erzeugen – gleich-zeitig bedeutet dies aber auch, dass diese zeitaufwendige Komplexität selbst bei kleineren Shows besteht. Somit macht dieses System keinen Sinn, wenn viele vorgefertigte Medieninhalte vorhanden sind, die im Grunde lediglich auf einer Timeline hintereinander sortiert werden müssten.

Diese Komplexität bezieht sich nicht nur auf das Anlegen der Show an sich, sondern auch auf die Rechner-Performance. Grafik-Agenturen starten das Ren-dern von erstellten Animationen oftmals vorzugsweise abends ein, da dies mehrere Stunden dauern kann. Exakt diese Render-Leistung müssen Live-gene-rierende Medienserver in Echtzeit bewältigen. Demnach stoßen sie öfter auch an die Grenzen des technisch Machbaren. Nicht selten müssen die Programmierer nach Erstellung einer Show nochmals erheblich Zeit investieren, um die fertige Show im Hinblick auf die Rechnerauslastung zu optimieren, damit am Ende alles ohne Fehler, Stopps und Ruckeln läuft.

VentuzVentuz ist wohl der am weitesten verbreitete Medienserver, der Content in Echt-zeit generiert. Die Benutzeroberfläche ist sehr visuell aufgebaut, was das Pro-grammieren einfach macht. Gleichzeitig kann eine Show jedoch auch komplett in

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Programmiersprache angelegt werden, sofern das gewünscht ist. Die übersichtli-che Benutzeroberfläche darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine Art „Anwendersoftware“ zu programmieren ist. Und nachdem jede Show individuell ist, nutzt man immer wieder in den Proben eine Alpha-, in den Shows dann eine Beta-Version eines neu erstellten Anwenderprogramms. Ein sehr versierter Pro-grammierer ist somit das A und O einer gut laufenden Show. Techniker, die in Informatik-Logik begabt sind, tun sich hierbei deutlich leichter.

Wenn man den Techniker seines Vertrauens zur Hand hat, kann man jedoch mit Ventuz einzigartige Shows erstellen. Durch einen sehr konnektiven Ansatz sind interaktive Inszenierungen mit Tracking, Mapping auf bewegliche Objekte und auch Augmented-Reality-Projekte sehr gut realisierbar.

vvvvZunächst einleitend: Dieses Programm wird „V Vier“, oder im englischen „Four V“ genannt. Es kommt aus der Programmierer-Szene und kann im nichtkom-merziellen Bereich kostenlos, im kommerziellen für eine geringe Lizenzgebühr bezogen werden. Das vvvv-System wurde zur Entwicklung von Multimedia-Anwendungen und Software-Prototypen konzipiert. Im Gegensatz zu ventuz bie-tet vvvv jedoch nur eine sehr rudimentäre visuelle Benutzer-Oberfläche. Vielmehr müssen die Befehle in Programmiersprache eingegeben werden.

Mit einem Augenzwinkern ließe sich behaupten, dass vvvv ein Show-Produkt für Informatiker und Nerds ist. Der Hersteller bezeichnet seine Software trotz zahlreicher neuer Versionen immer noch als Beta-Version. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie unausgereift ist – vielmehr erspart das dem Hersteller die Ver-pflichtung, einen Support für sein Produkt einzurichten.

Dennoch hat vvvv durchaus seine Anwendungsberechtigung. Durch die extrem offene Plattform und Anwender, die ohnehin sehr technisch, mathema-tisch und Informatik-orientiert denken, gibt es kaum Grenzen dessen, was man in das System integrieren könnte. Interaktion mit Geräten, Tracking, Augmented Reality – was immer gewünscht wird, das System bietet die Basis, es zu realisie-ren. Darüber hinaus bietet sich vvvv auch besonders für Langzeitanwendungen an, wie z. B. interaktive Exponate in Museen.

SonstigeRealtime-Medienserver sind die Technik der Zukunft. Interaktionen, Augmented Reality und andere komplexe Anwendungen werden noch weiter zunehmen – und um Anwendungen erweitert, die wir uns momentan vielleicht noch gar nicht vorstellen können. So gibt es an der Entwickler-Front noch weitere Lösungen, die gerade im Kommen sind. Hierzu gehört beispielsweise die Firma Notch aus Großbritannien oder Smode aus Frankreich; bei internationalen Projekten kann

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man diese Systeme bereits sehen. Es bleibt abzuwarten, wann sie auf dem deut-schen Markt öfter in Erscheinung treten.

Was bedeuten Live-generierende Medienserver für den Regis-seur? Der Vorteil bei Live-generierenden Medienservern ist, dass der-jenige, der die Show anlegt, auch alle Inhalte selbst erstellt – somit steckt er sehr tief im Projekt. Dennoch muss der Regisseur auch hier sehr klare Vorstellungen äußern, wie die einzelnen Schritte „Step by Step“ aussehen müssen. Denn gerade in derart komplexen Systemen ist es höchst zeitaufwendig, unklare oder fehlerhafte Informationen eines Regisseurs zu korrigieren. Eine weitere wichtige Aufgabe des Regisseurs ist es, notwendige „Flexibilitäten“ abzuschätzen und weiter-zugeben, sodass diese von Beginn an in der Programmierung berück-sichtigt werden können. Nachdem der Arbeitsaufwand bei ventuz und Co. deutlich größer ist als bei Timeline-basierten Medienservern, ist ein „danebensitzen“ vom Regisseur nicht zielführend. Hier eignen sich viel eher regelmäßige Abnahmetermine, in denen Bisheriges gemein-sam durchgegangen und Künftiges besprochen und definiert wird.

Eine Herausforderung, die sich für alle Formen von Medienservern immer deutli-cher zeigt, ist das immer weiter wachsende Datenvolumen – medialer Content im Terabyte-Bereich ist keine Seltenheit mehr. Hierbei ist immer mehr ein sinnvol-les Content Management, aber auch Möglichkeiten des schnellen Datenkopierens gefragt. Ebenso sollte es künftig gute und verständliche Dateien-Analyse-Tools für die Server geben. Läuft momentan eine angelegte Show nicht rund, bleibt sie hängen oder stürzt sie ab, ist die Fehlersuche oft langwierige Detektiv-Arbeit.

Abschließend kann festgehalten werden: Die medialen Inhalte, die das Herz-stück einer Show bilden, sind ein sehr komplexes Thema. Wer als Regisseur erfolgreich sein will, muss daher bereit sein, sich in die technischen Details nicht nur von Licht und Ton, sondern auch gerade in die Details des Fachbereichs „Medientechnik“ einzuarbeiten.

2.3 Arbeitspsychologie

Während wir bisher Wissen und Fähigkeiten thematisiert haben, die überwiegend dem Regisseur selbst die Arbeit erleichtern, kommen wir nun zum Transfer all dieser Fähigkeiten in ein Team hinein. Ein Regisseur, der in allen Bereichen her-vorragend ist, aber keine Führungsqualitäten aufweist, wird niemals erfolgreich arbeiten können.

2.3 Arbeitspsychologie

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Sehen wir uns die Gemengelage einmal ein wenig näher an. Vor Ort trifft man bei den Proben oftmals auf einen wahren emotionalen Hexenkessel. Kunden und Agenturen, die unter enormem Erfolgsdruck stehen; eine Show-Crew, die sich häufig kaum kennt und unsicher ist; Mitwirkende, die alle sehr individuelle Vor-stellungen von ihrer Darbietung haben; räumliche, zeitliche oder bauliche Gege-benheiten, die deutlich von der ursprünglichen Planung abweichen; Probenzeiten, die meist zu knapp sind, um allen Bedürfnissen ausreichend gerecht werden; Ner-vosität und der dringende Wunsch jedes Einzelnen, sich allein möglichst perfekt präsentieren zu können.

Der Regisseur hat nun die Aufgabe, aus diesem heterogenen Durcheinander ein homogenes Gesamtwerk zu gestalten und dabei die bestmöglichen Rahmen-bedingungen zu schaffen, damit alle Beteiligten so gut wie möglich ihre persön-liche Höchstleistung abrufen können – und dies unter permanentem Zeitdruck. Häufig wird fälschlicherweise angenommen, dass mit ausreichend Druck, klaren Ansagen und dominantem Durchgreifen das Ergebnis verbessert werden kann. Dies ist in der Realität jedoch selten der Fall, die Situation ist wesentlich komple-xer. Alle Mitwirkenden, vom Hauptredner bis zum Techniker, sind Menschen – mit all ihrer Individualität! Und während der eine viel konstruktiver Kritik und diverser Feedbacks bedarf, um sich gut vorbereitet zu fühlen, braucht der andere einfach nur Bestärkung, Motivation und möglichst wenig Irritationen. Der eine benötigt mehrere Probedurchgänge, um sich sicher zu fühlen – den anderen macht dies nur nervös und unkonzentriert. Einen der Showparts kann man durch weitere Korrekturen tatsächlich noch optimieren, der andere würde aufgrund der emotionalen Situation der Mitwirkenden durch weiteres Proben eher schlechter. Der eine hat das Bedürfnis nach einer nochmaligen detaillierten Besprechung, der andere wünscht sich kurz vor der Show einfach noch ein wenig Ruhe und „Durchatmen“.

All diese Bedürfnisse und Befindlichkeiten muss ein Regisseur in sehr kur-zer Zeit wahrnehmen und analysieren, um dann alle so führen zu können, dass jeder Einzelne seine individuelle Bestleistung erbringen kann. Hierbei müssen die unterschiedlichen Bedürfnisse jedoch auch im Sinne des Gesamtwerks abgewo-gen und priorisiert werden. Ist es nun showgefährdend, wenn einer der Künstler unzufrieden oder verunsichert ist? Oder ist es riskanter, wenn die Techniker nicht auf ihre benötigte Vorbereitungszeit kommen?

Eines gibt es jedoch, was alle Beteiligten gleichermaßen brauchen: eine souve-räne, präzise und ruhige Führung. Dies schafft Vertrauen und Sicherheit – und ist damit die wichtigste Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Gemeinschaftswerk.

Die zwei wesentlichen Wirkungsbereiche der Arbeitspsychologie Mitarbeiter-führung und Kundenführung schauen wir uns im Folgenden näher an.

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2.3.1 Mitarbeiterführung

Wie oben beschrieben, stellt ein Event-Team eine extrem heterogene Gruppe dar. Die Besonderheit hierbei ist, dass dieses Team in der Regel nicht langfristig zusammenarbeitet und sich somit über die Zeit gewisse Umgangsformen etablie-ren könnten, sondern dies ein sehr temporäres, auf ein Projekt bezogenes Gebilde ist. Wie führt man nun eine derart heterogene Truppe, die sich in kürzester Zeit zu einem schlagkräftigen Team formieren soll?

Zunächst betrachten wir die Klassifizierung von Führungsstilen nach dem Sozialpsychologen Kurt Lewin (Lewin et al. 1939). Auch wenn eine Definition von Führungsstilen in der Wissenschaft als überholt gilt, weil sie weder quanti-tativ noch qualitativ greifbar ist und die individuelle Persönlichkeitsstruktur der Beteiligten unberücksichtigt lässt, ist die Klassifizierung nach Kurt Levin ein guter Ausgangspunkt für unsere Überlegungen.

Kurt Lewin definiert drei Führungsstile: den autoritären, den kooperativen und den Laissez-faire-Führungsstil. Autoritär führt hierbei ein Chef, der dominant auftritt, klare Vorgaben macht und für den Kontrolle sehr wichtig ist. Kooperativ führt ein Vorgesetzter, der alle Beteiligten in die Entscheidungsfindung mit ein-bezieht, dem Feedback in alle Richtungen wichtig ist und der den Mitarbeitern viele Freiheiten lässt. Der Laissez-faire-Führungsstil zeichnet sich durch maxi-male Freiheiten und möglichst wenig Strukturen aus. Hierbei geht der Vorgesetzte davon aus, dass sich geeignete und produktive Strukturen mit der Zeit von selbst ergeben und quasi evolutionstheoretisch bilden.

Die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Führungsstile zeigt die Abb. 2.7.Wenn man nun diese Vor- und Nachteile näher betrachtet, kommt man zunächst

zu dem Schluss, dass sich ein Laissez-faire-Führungsstil in der Event-Branche

2.3 Arbeitspsychologie

Abb. 2.7 Vor- und Nachteile unterschiedlicher Führungsstile

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46 2 Multitasking und Multifarious – Interdisziplinäre Anforderungen …

nicht eignet. Die Tatsache, dass Projektteams nur sehr kurzfristig zusammenar-beiten, beinhaltet bereits, dass sie hier keine produktiven Strukturen im zeitlichen Verlauf herausbilden können. Hierzu wäre eine deutlich längere konstante Zusam-menarbeit notwendig.

Wenn man im nächsten Schritt betrachtet, dass ein Event-Projekt in der Regel unter einem enormen Zeitdruck steht und eine keinesfalls verrückbare Deadline hat, erscheinen die Vorteile der autoritären Führung, nämlich schnelle Entschei-dungen und Übersichtlichkeit, als wesentlicher Vorteil, wohingegen die Nachteile des kooperativen Führungsstils, nämlich die Langsamkeit durch viele Diskussio-nen und enorm hoher Informations- und Kommunikationsbedarf, ungeeignet sind. Doch möchte man gleichzeitig durch einen autoritären Führungsstil auf die Moti-vation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter sowie die Kreativität verzichten? Definitiv nein! Ein Event-Projekt ist derart fordernd, dass die Motivation und das Engagement eines jeden Teammitglieds zwingend erforderlich sind, dass man nur durch sie ein Event erfolgreich realisieren kann. Und dass Kreativität natürlich aus einer Kreativ-Branche nicht eliminiert werden kann, ist selbsterklärend. Doch mit welchem Führungsstil kann man dann erfolgreich sein? Die Lösung ist ein Mittelweg: eine wertschätzend-wachsame Autorität.

Führungsstil der wertschätzend-wachsamen AutoritätDieser Führungsstil versucht, die Vorteile der autoritären Führung mit denen der kooperativen Führung zu vereinen.

Widmen wir uns zunächst dem autoritären Anteil. Hierbei ist keineswegs ein dominant-aggressives Auftreten à la „die Axt im Walde“ gemeint. Vielmehr ist derjenige eine gute Führungspersönlichkeit, der über eine natürliche Autorität verfügt. Bedeutet dies, dass diese Qualität eine unveränderliche, von der Natur gegebene Eigenschaft ist? Nein, es ist eine selbstbewusste, entspannte Ausstrah-lung, die sich aus fachlichen und zwischenmenschlichen Kompetenzen ergibt. Sie setzt sich im Wesentlichen aus folgenden Aspekten zusammen:

Aspekte der natürlichen Autorität

• Körperhaltung, Gestik und Mimik: Wer aufrecht, souverän und entspannt einen Raum betritt, strahlt gleich im ersten Moment eine natürliche Gelas-senheit aus. Und gerade der erste Eindruck ist sehr wichtig, weil er die unter-bewusste Basis für jegliche folgende Interaktion darstellt. Wer jedoch in sich zusammensinkt, nervös mit den Händen herumspielt, hektisch gestikuliert oder verkniffen lächelt, wirkt unsicher und überfordert.

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• Stimmlage: Eine feste, klare, deutliche und ruhige Stimme symbolisiert Über-zeugung und Sicherheit. Leises Nuscheln sowie lautstarkes Brüllen jedoch vermitteln den Eindruck, dass jemand gerade zutiefst unsicher ist. Insbeson-dere Frauen müssen hierbei bedacht agieren: Wenn ein Mann in einer schwie-rigen Ausnahmesituation einmal die Stimme erhebt, ist die Einschätzung des Umfeldes meist: „Jetzt hat er aber mal auf den Tisch gehauen/durchgegriffen.“ Wenn eine Frau Gleiches tut, wirkt dies aufgrund der von der Natur gegebenen höheren Stimmlage in der Regel hingegen nicht dominant, sondern erweckt vielmehr den Eindruck: „Oh je, jetzt wird sie hysterisch!“

• Glaubwürdigkeit: Zu seiner Meinung zu stehen, ehrlich zu sein (auch wenn dies manchmal weh tut) und eigenen Irrtum auch eingestehen, bildet die Basis für ein glaubwürdiges Auftreten. Ein „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“ wirkt lediglich willkürlich-dominant, erhöht jedoch keinesfalls die natürliche Autorität.

• Deeskalation: Eine natürlich-autoritäre Persönlichkeit versucht, bei Meinungs-verschiedenheiten deeskalierend zu wirken, ohne dabei ihren Standpunkt auf-zugeben. Hingegen einen Kampf verbissen bis zum Ende auszufechten, ist weder zielführend noch souverän oder selbstsicher.

• Entscheidungsstärke: Führungsstärke bedeutet, dass man in wichtigen Situati-onen eine klare Entscheidung selbst trifft und diese ebenso klar kommuniziert. Es ist weder hilfreich, eine Entscheidung „auszusitzen“, noch sich vor der Ent-scheidung zu drücken oder sie an andere weiterzudelegieren. Meist geht es hierbei nämlich am Ende nur darum, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

• Kontrolle richtig dosieren: Ein guter Vorgesetzter hat ein sehr feines Gespür dafür, in welcher Situation er sehr eng führen und kontrollieren muss – und wo er seinen Mitarbeitern freie Hand lassen kann. Zu viel Kontrolle wirkt ängst-lich und zeugt von wenig Vertrauen, zu wenig Kontrolle wirkt hingegen ver-antwortungslos.

• Hierarchien einhalten: Ein natürlich-autoritärer Vorgesetzter akzeptiert die gegebenen Hierarchien und untergräbt nicht die Autorität anderer, indem er an der Hierarchie vorbei eigene Kommunikationswege etabliert. Dies stiftet nicht nur Chaos, sondern demotiviert auch die betroffenen Personen. Wenn sich die gegebenen Kommunikationsstrukturen als nicht praktikabel erweisen, sollte generell eine neue Struktur vereinbart und nicht einfach die bestehende Struk-tur ignoriert werden.

• Den Kopf hinhalten: Ein souveräner Chef steht vor seinem Team und stärkt diesem den Rücken – egal was passiert. Bei Problemen den Kopf einzuzie-hen und die Verantwortung einem Teammitglied in die Schuhe zu schieben, ist feige und führungsschwach.

2.3 Arbeitspsychologie

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48 2 Multitasking und Multifarious – Interdisziplinäre Anforderungen …

• Menschlichkeit: Wenn eine Führungspersönlichkeit immer nur souverän und konzentriert durch ein Projekt schreitet, so besteht sehr schnell die Gefahr, dass sie hölzern, roboterhaft, „blutleer“ wirkt. Menschlichkeit, Humor und Empathie hingegen machen eine Person zu einer Identifikationsfigur. Dies bedeutet bei Weitem nicht, dass ein Teamleiter Initiator und Wortführer einer jeden Feierabendbier-Runde sein sollte, keineswegs! Aber ein mitfühlendes Wort, ein kleiner Scherz während der Arbeit und ein selbstironischer Spruch zwischendurch zeichnen menschliche Führungssouveränität aus.

• Kompetenz: Es ist klar, dass alle genannten Punkte nur optimal realisiert wer-den können, wenn die Führungsperson eine überdurchschnittliche fachliche Kompetenz aufweist. Denn wie sollte man souverän und entspannt wirken, wenn man fachlich völlig schwimmt, keine Ahnung mehr hat, wo oben und unten ist, und ebenso keine Idee hat, wie man ein fachliches Problem sinnvoll lösen könnte?

Die Ausführungen zeigen, dass eine natürliche Autorität absolut nichts zu tun hat mit autoritärem Verhalten. Ganz im Gegenteil: Nur wer keine natürliche Auto-rität besitzt, muss über das Vehikel des autoritären Verhaltens versuchen, seine Position zu verdeutlichen. Eine Führungsrolle ist demnach eine Aufgabe, kein Geschenk!

Widmen wir uns nun den Aspekten „wertschätzend“ und „wachsam“. Wäh-rend einige Elemente des wertschätzenden und wachsamen Umgangs mit seinen Mitarbeitern bereits durch die natürliche Autorität des Führungsverantwortlichen abgedeckt sind, gibt es noch weitere, darüber hinausführende Faktoren, welche wir nachfolgend betrachten werden.

Aspekte der wertschätzend-wachsamen Führung

• Rückmeldung: Ein Kernelement der Wertschätzung ist die Rückmeldung. Jeder Mitarbeiter möchte wissen, dass seine Leistung gesehen wird, und auch, wie sie empfunden wird. Dies liegt nicht nur am Grundbedürfnis eines jeden Menschen nach Lob – Lob tut gut und motiviert zur weiteren Arbeit, ohne Frage –, sondern auch an einer konstanten Unsicherheit, ob die Arbeit, die man verrichtet, wohl richtig ist. Dies ist bei nur für kurze Zeit miteinander ver-bundenen Projektteams ganz besonders wichtig. Wenn man in einem langfris-tigen Umfeld schon seit Jahren zusammenarbeitet und sich gegenseitig kennt, so kann man irgendwann recht gut einschätzen, ob der Chef mit einer Arbeit zufrieden und einverstanden ist. Bei temporär zusammengestellten Teams hin-gegen gibt es diese Vorerfahrung nicht. Demnach sind die Unsicherheit und

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das daraus resultierende Bedürfnis nach Rückmeldung besonders ausgeprägt. Außerdem ist das Wahrgenommenwerden, wie bereits erwähnt, eine Form von Wertschätzung.

• Jeder Einzelne ist wichtig: Man sollte sich immer bewusst zu sein, dass jeder Einzelne in einem Projekt wichtig ist. Dazu gehört, dass man möglichst schnell alle Beteiligten mit Namen ansprechen kann. Dazu gehört auch, dass man Positives honoriert – sei es, dass man dem Servicepersonal im Crew-catering für das leckere Essen dankt, dass man mit der Reinigungskraft der Toiletten ein paar freundliche Worte wechselt oder dem Security-Mann hinter der Bühne für seine Unterstützung dankt. Jeder Beteiligte, der Anerkennung und Dankbarkeit erfährt, wird künftig noch mehr motiviert sein, sein Bestes zu geben, und ebenso eine positive Stimmung ins Team tragen.

• Bitten sind stärker als Forderungen: Fordern Sie die Mitarbeiter nicht auf, etwas zu tun, sondern bitten Sie sie um ihre Unterstützung im Projekt. Wer will auf eine freundliche Bitte schon mit Ablehnung reagieren? Forderungen hingegen provozieren oftmals direkt ablehnendes Verhalten.

• Wer Verständnis erwartet, muss dafür sorgen, dass man ihn versteht: Wenn eine Führungsperson möchte, dass die Mitarbeiter verständnisvoll auf eine Nachricht reagieren, so muss sie dafür sorgen, dass man sie überhaupt ver-stehen und nachvollziehen kann. Ein „So ist es jetzt, basta!“ kann kein Ver-ständnis auslösen. Wenn man den Mitarbeitern jedoch erklärt, wie es dazu gekommen ist, dass man nun beispielsweise gemeinsam eine Nachtschicht einlegen muss, wird vermutlich niemand in Jubelstürme ausbrechen – aber die meisten werden verständnisvoll reagieren in Form von: „Ich verstehe nun, dass dieses Problem nicht vorhersehbar war und dass wir das jetzt gemeinsam irgendwie lösen müssen.“

• Wachsamkeit: Manche Mitarbeiter stehen beim kleinsten Problem oder Unmut bereits beim Chef auf der Matte und teilen sich mit. Einige jedoch, die einen hohen Anspruch an sich selbst haben und motiviert sind, eine möglichst gute Arbeit abzuliefern, leiden bei Problemen eher im Stillen. Es ist Aufgabe einer guten Führungspersönlichkeit, alle Mitarbeiter mit viel Einfühlungsvermögen im Blick zu haben, zu beobachten und im Bedarfsfall ein Gespräch zu suchen: „Ich habe den Eindruck, dass Du gerade etwas mit Dir herumschleppst. Was belastet Dich? Kann ich Dir irgendwie helfen?“ Nur wenn alle Mitarbeiter, sowohl die extrovertierten als auch die introvertierten, ausreichend wahrge-nommen werden, kann ein Projekt zum Erfolg geführt werden.

• Zutrauen schenken: Die meisten Mitarbeiter können in ihrem Fachbereich eine ganze Menge. Warum also sollte sich ein Vorgesetzter in irgendwelchen Detailfragen das Hirn zermartern, wenn er doch hierfür kompetentes Personal

2.3 Arbeitspsychologie

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50 2 Multitasking und Multifarious – Interdisziplinäre Anforderungen …

hat? Er sollte jedoch nicht nur die entsprechenden Aufgaben delegieren, son-dern dies mit der Wertschätzung des Mitarbeiters verknüpfen. Wenn Sie bei-spielsweise einem Mitarbeiter sagen: „Löse die Aufgabe so, wie Du es für richtig hältst – ich weiß, dass Du das ganz hervorragend kannst!“, haben Sie sich nicht nur selbst entlastet, sondern dem Mitarbeiter auch Ihr Vertrauen und Ihre Wertschätzung geschenkt – also eine Win-win-Situation für beide Seiten.

FazitDer Führungsstil der wertschätzend-wachsamen Autorität ist ein Konstrukt, das die Grenzen zwischen autoritärer und kooperativer Führung aufweicht und somit aus beiden Bereichen die Vorteile miteinander verknüpft. Der Nach-teil ist, dass dieser Führungsstil eine sehr komplexe Herausforderung für den Führungsverantwortlichen darstellt. Man wird das idealtypische Ziel wohl nie erreichen – denn auch Führungspersönlichkeiten sind nur Menschen. Aber es lohnt sich, es zumindest zu versuchen.

2.3.2 Kundenführung

Ein beliebter Spruch in der Event-Branche lautet: „Das Projekt wäre super, wenn nur der Kunde nicht wäre!“ So häufig, wie man diesen Satz hört, müsste man davon ausgehen, dass rund 70 bis 80 % der Kunden schwierige Persönlichkeiten sind – doch ist dies wirklich so? Keinesfalls! Schwierig ist in der Regel nicht der Kunde selbst, sondern schwierig ist die Kunden-Dienstleister-Beziehung, zu der, wie der Begriff schon zeigt, zwei Seiten gehören. Das Dilemma zwischen Kunde und Dienstleister – egal ob Regisseur, Agentur-Projektleiter, technischer Leiter oder andere Beteiligte – kann meist auf ein und dieselbe Ursache zurückgeführt werden: Der Dienstleister möchte eine maximal gute Arbeit abliefern, fühlt sich jedoch subjektiv durch den Kunden in seiner Leistungserbringung behindert. Sei es durch sich häufig ändernde Wünsche, durch Ignorieren eines vereinbarten Zeitfahr-plans, durch Entscheidungen, die aus fachlicher Sicht nicht zielführend sind, oder durch ein unrealistisches Verhältnis zwischen Erwartungen und Budgetvorgaben.

Von der Kundenseite aus betrachtet wäre es jedoch widersinnig, dem Dienst-leister das Leben so schwer wie möglich zu machen. Vielmehr ist auch der Kunde oder Auftraggeber in seinen eigenen Rahmenbedingungen gefangen: Vorge-setzte, die nicht ausreichend Zeit haben, sich mit dem Projekt zu beschäftigen, und daher nur oberflächliche und unüberlegte Kommentare und Wünsche äußern, Umstände, die sich im Laufe des Projekts ändern, Meinungsführer innerhalb des Unternehmens, die vom Projekt erfahren und sich plötzlich mit einbringen,

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andere Projekte, die momentan für das Unternehmen eine höhere Priorität haben als die Event-Vorbereitung, sowie vor allem auch höhere Hierarchie-Stufen, denen das Projekt erst später präsentiert werden kann und die dann völlig abwei-chende Vorstellungen haben von denen der unteren Hierarchie-Stufen. Dies alles sind Gegebenheiten in einem Unternehmen, die auch die Event-Verantwortlichen auf Unternehmensseite nicht einfach aushebeln oder eliminieren können.

Es hat sich immer wieder gezeigt, dass derjenige externe Dienstleister diese Erschwernisse auf Kundenseite am besten handhaben kann, der ein großes Geschick im Bereich der Kundenführung besitzt. Doch Kundenführung ist eine Disziplin, die im höchsten Maße anspruchsvoll ist.

Es stellt sich zunächst die Frage, warum ist gute Kundenführung so schwie-rig? Die Antwort gibt schon das Wort selbst, das einen absoluten Widerspruch in sich trägt: einerseits der Kunde, der bekanntermaßen König und dessen Wunsch Befehl ist – und auf der anderen Seite die Führung, womit man als Erstes an ein Kind denkt, das man an der Hand führt. Man soll also den König an der Hand nehmen und führen – doch welcher König lässt sich gerne führen? Er ist doch selbst der Herrscher und Lenker. Dieses Bild macht deutlich, dass man als Dienst-leister – egal ob als Regisseur oder als Projektleiter auf Agenturseite – niemals der Chef des Königs sein kann, sondern lediglich sein Berater. Hierbei hat die Geschichte jedoch glücklicherweise immer wieder gezeigt, dass ein guter Bera-ter der engste Vertraute eines Königs werden kann – und durch seine geschickte Beratung den König dahin führt, seinem Berater zu folgen und gute Entschei-dungen zu treffen.

Wichtigste Voraussetzung für einen positiven Berater-Status ist, dass der Kunde dem Berater vertraut – nur so wird er eine gewisse Führung zulassen. Um das Vertrauen eines Kunden zu gewinnen, muss zunächst die Arbeitsbasis, näm-lich die Teamzusammenstellung, stimmen. Wenn auf Kundenseite das Projekt-team aus fünf Männern zwischen 35 und 55 Jahren besteht, wird es für eine frisch ausgebildete 23-jährige Agentur-Projektleiterin schwer werden, als vertrauensvol-ler, erfahrener Berater wahrgenommen zu werden – egal, wie gut sie ist. Bei der-artigen Konstellationen ist es manchmal schwer mit anzusehen, wie junge, fähige Menschen in unserer Branche aufgrund einer falschen Teamzusammensetzung verbrannt werden. Ebenso ist es bei Regisseuren: Es gibt noch immer männer-bestimmte und streng hierarchische Konzerne, die ausschließlich einen domi-nanten Mann Anfang 60 als Regisseur akzeptieren werden. Und auch wenn man derartige verstaubte Meinungen in einer modernen, emanzipierten Welt kritisieren könnte: Es ist absolut nicht zielführend, diesem Kunden eine 30-jährige Frau als Regisseurin vorzusetzen!

2.3 Arbeitspsychologie

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Neben der Grundkonstellation des Projektteams sind Kompetenz und ein sou-veränes Auftreten weitere vertrauensbildende Elemente. Kompetenz kann man sich nicht kurzfristig aneignen, sie ist eine Mischung aus guten Fachkenntnissen und langjähriger Erfahrung. Für das souveräne Auftreten gibt es über die bereits genannten Aspekte der natürlichen Autorität hinaus jedoch einige Regeln, die wir im Hinblick auf eine gelungene Kundenführung im Folgenden näher betrachten.

Fakten, Fakten, FaktenVorschläge rein um des Vorschlags willen tragen nicht, wenn sie nicht faktisch unterlegt sind. Wie wir im Bereich der Wirkungspsychologie gesehen haben, ist die Wirkung jedes einzelnen Gestaltungsvorschlags wissenschaftlich ableitbar. Dementsprechend geht es auch höchst selten um reine Geschmacksentscheidun-gen und Geschmacksvorschläge, sondern darum, welche Wirkung erzielt werden soll. Demnach sollte jeder Gestaltungsvorschlag im Hinblick auf seine Wirkung gut begründet sein.

Ebenso ist auf Basis einer qualifiziert erstellten Produktions-Timeline (Abschn. 3.5) auf einen Blick ersichtlich, welche Konsequenzen eine zeitliche Verzögerung bei Freigaben und Entscheidungen hat. Somit kann man dem Kun-den die Wirkungszusammenhänge klar nachvollziehbar darlegen: „Wenn sich die Freigabe um drei Tage verzögert, fehlen uns diese drei Tage bei diesen darauf fol-genden Arbeitsschritten. Lassen Sie uns gemeinsam schauen, mit welchen Maß-nahmen diese drei Tage kompensiert werden können!“ Die Produktions-Timeline ist somit das wesentliche Tool, um Kunden im Hinblick auf zeitliche Aspekte zu führen.

FazitNur wer seine Äußerungen mit Fakten und Argumenten belegen kann, wird als kompetenter Berater wahrgenommen.

Proaktive, strukturierte KommunikationProaktive und strukturierte Kommunikation ist Zeichen einer guten Kundenfüh-rung. Egal, ob dies ein wöchentliches schriftliches Update zum aktuellen Pro-jektstatus ist oder Erinnerungen an kommende Deadlines und To Dos – wenn der Kunde an die Hand genommen und durch alle Aufgaben geführt wird, so schafft dies Sicherheit und somit auch Vertrauen. Gleiches gilt für die Mitteilung über aktuelle Probleme und Lösungen. Wenn hier der Kunde erst durch Nachfragen oder gar hartnäckiges Nachhaken mitbekommt, dass etwas gewaltig schiefläuft, hat man das Vertrauen verspielt. Vielmehr sollte der Kunde die absolute Sicherheit

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gewinnen, dass er immer, was auch kommt, rechtzeitig, offen und ehrlich infor-miert wird. Dann nämlich kann er sich zurücklehnen und die Zügel etwas lockerer lassen.

Wichtig ist auch, dass die Kommunikation klar strukturiert und nachvollzieh-bar ist. Zum einen sollte der Betreff einer E-Mail zum Inhalt der E-Mail passen, zum anderen sollten Inhalte sinnvoll strukturiert zusammengefasst werden. Ein tägliches Bombardement mit unzähligen E-Mails zu den unterschiedlichsten The-men ist nicht zielführend – wenn der Kunde hierbei den Überblick verliert und Dinge unter den Tisch fallen, so ist dies nicht verwunderlich.

Außerdem sollten alle anfallenden wichtigen Entscheidungen besser in einem gut vorbereiteten wöchentlichen Jour fixe durchgearbeitet werden, anstatt zu ver-suchen, diese über unzählige Einzel-E-Mails zu klären. Dass von den Meetings Protokolle erstellt werden, die alle vereinbarten Arbeiten und Deadlines nochmals festhalten, ist hierbei unerlässlich.

FazitWer in der Kommunikation die Führungsrolle innehat, führt auch das gesamte Projekt!

Lösungsorientierung statt ProblemorientierungWer sich als Dienstleister darauf konzentriert, dem Kunden regelmäßig die Pro-bleme des Projekts mitzuteilen, eignet sich zwar für die Theaterrolle des Hiobs-botschafters, jedoch nicht für eine Führungsposition. Wer hingegen im Anschluss an die Schilderung einer aktuellen Problematik verschiedene Lösungsvorschläge unterbreiten kann, wird sich beim Kunden als kompetenter Problemlöser ver-ankern, sofern die Vorschläge durchdacht und zielführend sind. Falls man noch keine Lösungsidee hat, sollte man zumindest dem Kunden klar signalisieren, dass man sich um das Thema kümmert und zeitnah zurückmeldet.

„Kronen-Momente“ schaffenEgal, wie sehr Sie als Dienstleister die „heimliche Führung“ in einem Projekt übernommen haben – Sie sollten sich dies niemals anmerken lassen. Das würde nur zu einem Machtgerangel zwischen Kunde und Dienstleister führen: Wer hat nun hier wirklich das Sagen? Vielmehr sollten Sie immer wieder Momente schaffen, in denen sich der Kunde als König wertgeschätzt fühlt und ihm dabei, im übertragenen Sinne, die Krone aufgesetzt wird. Dies sind oftmals nur kleine Gesten und Formulierungen, die aber zeigen, dass Sie die Machtstrukturen

2.3 Arbeitspsychologie

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anerkennen. Kronen-Momente können beispielsweise folgende Formulierungen darstellen: „Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“ oder „Ich würde vorschla-gen, folgendermaßen vorzugehen. (…) Sind Sie damit einverstanden?“. Denn auch wenn ein Berater die wichtigsten Entscheidungen im Lande herbeiführt – der König ist und bleibt der König, mit Zepter, rotem Teppich und Krone.

…und wenn es trotzdem mal knirscht …Es bleibt nicht aus, dass es in der Beziehung zum Kunden auch mal ein wenig unangenehm werden kann. Missverständnisse, Meinungsverschiedenheiten oder einfach der zunehmende Druck können rasch dazu führen, dass man aneinan-dergerät. Auch hier stellt sich die Frage, lasse ich den Kunden König sein und nehme alle Vorwürfe widerspruchslos hin? Oder gehe ich als „heimliche Füh-rungsperson“ direkt in den Konflikt und fechte ihn bis zum Ende aus? Der Weg liegt wohl, wie meist im Leben, in der Mitte. Einerseits ist es nicht zielführend, einen Vorwurf unkommentiert stehen zu lassen, zumal Fehler oftmals auch mit Folgekosten verbunden sind und mit der Frage, wer diese Kosten trägt. Anderer-seits ist es auch nicht hilfreich, seine Energie mit der Beweisführung von Feh-lerursachen zu verschwenden. Wenn Sie immer strukturiert und nachvollziehbar kommuniziert haben, verfügen Sie ohnehin über die Belege für korrektes Ver-halten. Besserwisserisch oder triumphal die Beweisführung anzutreten, dass der Fehler nicht auf Ihrer Seite liegt, würde dem Kunden seine Krone rauben. Ein Kommentar wie „Es tut mir sehr leid, dass wir hier offensichtlich aneinander vor-beigeredet haben“ hingegen tut Ihnen nicht weh und beruhigt die Gemüter. Dem-entsprechend sollte man schnell einen Weg finden, die Diskussion zu beenden, nach vorne zu blicken und das Problem gemeinsam konstruktiv zu lösen.

Oftmals ergeben sich auch Situationen, in denen sich mehr und mehr Ärger über den Kunden aufstaut. Er lässt Deadlines verstreichen, ändert ständig seine Meinung oder legt gewöhnungsbedürftige Umgangsformen an den Tag. Meist nimmt man dies einige Zeit kommentarlos hin, während die Verärge-rung zunimmt und die Freude an der Arbeit sinkt. Doch wie mehrfach von Paul Watzlawick zitiert: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Ihre Verärgerung kommt beim Gegenüber an, auch wenn Sie sie nicht aussprechen. Das Problem ist jedoch, dass der Kunde Ihren Unmut zunächst nicht versteht und sich seiner-seits zunehmend über Ihre schlechte Laune ärgert. Außerdem lösen sich Unstim-migkeiten in der Regel nicht von selbst. Doch wie sage ich einem Kunden, dass er mich verärgert? In diesen Situationen empfiehlt sich die alte Feedback-Regel: WWW – Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch.

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Feedback-Regel WWWWahrnehmung: Was habe ich wahrgenommen? Anlass oder konkrete Situ-ationBeispiel: Ich bekomme in letzter Zeit immer häufiger die gleichen Fragen von verschiedenen Personen aus Ihrem Team gestellt.

Wirkung: Was bewirkt dies? Welche Konsequenzen hat dies sowohl sach-lich als auch emotional?Beispiel: Dadurch bin ich so sehr beschäftigt, diese Fragen immer wieder zu beantworten, dass viel wichtige Arbeit auf meinem Schreibtisch liegen bleibt.

Wunsch: Bitte/konstruktiver VorschlagBeispiel: Wären Sie damit einverstanden, dass ich ab sofort die Fragen per E-Mail beantworte und alle Teammitglieder in den Verteiler nehme, damit ich jede Frage nur einmal beantworten muss?

Wichtig hierbei ist, dass alle drei Schritte als Ich-Botschaft, nicht als Du-Botschaft formuliert sind.

Das Feedback dem Kunden gegenüber sorgt nicht nur dafür, dass Probleme gelöst und Ärgernisse aus der Welt geschafft werden. Es ist auch ein wichtiges Element einer kompetenten Führungspersönlichkeit.

2.4 Weitere Fähigkeiten, die ein Event-Regisseur besitzen sollte

2.4.1 Kunst

Bei großen Inszenierungen treffen meist viele verschiedene künstlerische Ele-mente zusammen: Musik, Tanz, Akrobatik, Filmcontent, kinetische Bühnenele-mente und vieles mehr. Und auch wenn jeder einzelne Beteiligte ein Vollprofi ist: Damit das Projekt zu einer „runden Sache“ wird, müssen alle Beteiligten aufeinander eingehen und präzise zusammenspielen und wirken. Dabei stel-len sich dann Fragen wie: Ist die musikalische Dramaturgie synchron mit der Ablauf-Dramaturgie? Vermitteln Tänzer tatsächlich genau die Emotionen, die die gewünschte Marken- oder Produktpositionierung optimal abbildet? Interpretieren

2.4 Weitere Fähigkeiten, die ein Event-Regisseur besitzen sollte

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die Musiker die Showmusik passend? Oder vielleicht doch zu monoton, zu ver-träumt oder aggressiv, zu disharmonisch? Zuschauer werden niemals ein Musik-stück oder einzelne Tanzschritte analysieren und dabei feststellen, dass z. B. einzelne künstlerische Elemente einen Takt hinter der Musik herhinken – aber es ist erwiesenermaßen so, dass Gäste eine intuitiv als unrund wahrgenommene Dar-bietung als nicht überzeugend/nicht mitreißend empfinden. Was bedeutet dies für den Regisseur? So wie ein Spitzenkoch sein Rind nicht selbst schlachten muss, muss auch ein Regisseur seine Vorstellungen weder vortanzen noch vorsingen können. Er muss jedoch von allen künstlerischen Elementen so viel Fachkenntnis haben, dass er die Inszenierungs-Komponenten sehr schnell analysieren kann. Er muss wissen, an welchen Schrauben er in welche Richtung drehen muss, um das Ergebnis zu optimieren, und muss in der Lage sein, den Künstlern klar, präzise und verständlich im jeweiligen Fachterminus seine Wünsche zu erklären.

2.4.2 Logistik

Ein sehr kreativer, aber eher wie ein zerstreuter Professor wirkender Regisseur wird es in der Event-Branche nicht sonderlich weit bringen, denn Shows sind in der Regel Material- und Personalschlachten im Countdown-Battle. Viele Mitwir-kende aus den unterschiedlichsten Bereichen, Giga- oder Terrabytes an Medien-daten, unzählige Cases an technischem Equipment treffen temporär zusammen. Dies bedeutet sowohl in der Vorbereitung als auch vor Ort eine große logistische Herausforderung, alles just in time abzurufen, detaillierte Proben-Timings vorab zu prognostizieren und permanent alle Showelemente auf dem Radar zu haben – damit alles im richtigen Moment richtig eingesetzt werden kann. Ein Regisseur, der hierbei keinen Sinn für Struktur und Logistik hat, wird im Wettlauf gegen die Zeit scheitern.

2.5 Wie findet man den passenden Event-Regisseur?

Wenn Agenturen oder Unternehmen einen passenden Partner für eine Show suchen, sollten sie sich im ersten Schritt Klarheit darüber verschaffen, ob sie wirk-lich einen Regisseur benötigen oder vielleicht auch nur einen Show-Caller. Wenn man bereits inhouse sehr qualifiziertes Inszenierungs-Know-how hat und dadurch eine komplett fertige Show bis ins Detail vorbereiten kann und möchte, sodass keine Fragen und Entscheidungen mehr offenbleiben, könnte ein Show-Caller absolut ausreichend sein. Dies bedeutet dann aber auch, dass diese Vorbereitungen

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bis ins Detail nach branchenüblichen Standards zu leisten sind, Regiepläne ver-fasst werden müssen und der Show-Caller deutlich weniger Verantwortung für das Endergebnis trägt als ein Regisseur. Dementsprechend müssen die Erwartungen vorab klar besprochen und abgestimmt werden.

Im nächsten Schritt stellt sich die Frage, welche Anforderungen die Show mit sich bringt. Geht es um ein sehr künstlerisches Show-Konzept mit Tänzern und weiteren Artisten? Oder plant man eine reine Hightech-Show? Geht es in erster Linie darum, sehr angespannte Vorstände souverän und sicher durch ihre Reden zu begleiten? Oder ist die Show ein Mix aus allen diesen Elementen?

Es gibt Regisseure, die in allen Fachkompetenz-Segmenten sehr gut aufgestellt sind. Die meisten Regisseure sind jedoch aufgrund ihrer beruflichen Herkunft (ehemalige Techniker, Marketingfachleute, Tänzer, Bildregisseure, Theater-Regisseure etc.) eher Spezialisten als Generalisten. Dies bedeutet, dass nicht jeder Regisseur für jedes Show-Format geeignet ist. In einem ersten Projekt-Gespräch gilt es daher, die Arbeitsschwerpunkte und Kernkompetenzen mit den jeweiligen Projektanforderungen abzugleichen.

Ein dritter wesentlicher Aspekt ist die Frage, ob der Regisseur aus der Sicht des Auftraggebers eine positive Führungspersönlichkeit darstellt. Ein Regisseur muss zwingend Alphatier-Eigenschaften vorweisen – schließlich ist es seine Auf-gabe, eine Menge unterschiedlichster Charaktere zusammen zu führen und zu lenken. Wenn diese Alphatier-Kompetenzen jedoch zu starke Ausprägungen in Richtung autoritär, dominant und wenig kompromissbereit haben, ist eine schwie-rige Zusammenarbeit an verschiedenen Fronten vorprogrammiert.

2.5 Wie findet man den passenden Event-Regisseur?

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Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Um uns den Arbeitsschritten eines Event-Regisseurs zu nähern, wollen wir uns zunächst „die Geburt“ eines Show-Projektes ansehen.

In der Regel beginnt alles damit, dass ein Unternehmen beschließt, eine Ver-anstaltung durchzuführen (Dieses Unternehmen wird im Folgenden der Kürze halber „Kunde“ genannt.). Die wenigsten Kunden führen ein Projekt jedoch komplett in Eigenregie durch. Vielmehr sucht sich der Kunde einen professionel-len Partner, eine Event-Agentur (Diese wird im Folgenden nur noch „Agentur“ genannt.). Die Auswahl der geeigneten Agentur wird meist im Rahmen eines Pit-ches (Striegel und Luppold 2016) getroffen. Mehrere infrage kommende Agen-turen bewerben sich hierbei in Form eines Pitch-Konzeptes um den Auftrag. Das Pitch-Konzept legt für die Show eine Grundidee, die Kernaussagen und die orga-nisatorischen Eckdaten dar. Sobald nun eine Agentur den Auftrag erhalten hat, steht die Frage im Raum: „Wie bekommen wir die im Pitch-Konzept präsentierte Vision der Show in die Realität transformiert?“

An diesem Punkt kommt meist der Event-Regisseur mit ins Boot und wird dann das Projekt bis zur Show durchgehend begleiten.

Bei den Arbeitsschritten des Event-Regisseurs werden zunächst zwei Pha-sen unterschieden: die Phase der Vorbereitung, in der der Regisseur lediglich als Berater und Supervisor fungiert, und die Phase der Umsetzung, in der er in die Rolle des Machers und Entscheiders schlüpft (Abb. 3.1).

Während die Beteiligung des Regisseurs in der heißen Phase (also bei den Schritten 6 bis 8) bei allen gängigen Events Usus ist, wird die Integration des Regisseurs in der Vorbereitungsphase (also bei den Schritten 1 bis 5) gelegentlich versäumt. Was bedeutet dies für das Projekt? Gehen wir zurück zu unserem Spitzen-koch. Wenn er ein saftiges, zartes Steak zubereiten soll und man legt ihm ein schö-nes Stück aus der Rinderschulter vor, dann wird er entweder ein schlechtes, zähes

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© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 M. Graf und S. Luppold, Event-Regie, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20350-4_3

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60 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

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Steak zubereiten – oder dann eben feine Rouladen. Aber mit dem saftigen zarten Steak wird es nichts werden. Dies bedeutet nicht, dass die Rinderschulter schlecht ist – dieses Stück Fleisch ist lediglich für die Zielsetzung Steak nicht geeignet!

Ebenso ist es bei den Inszenierungen. Selbst wenn alle Zutaten einer Show, vom Artisten über den Inszenierungsfilm bis zur technischen Ausstattung, von allerhöchster Professionalität sind – wenn sie nicht bis ins Detail zueinander und zum Gesamtziel passen, kann man zwar versuchen, das Beste daraus zu machen (im Sinne von Schadensbegrenzung), aber man wird nicht das bestmögliche Ziel erreichen können.

Darüber hinaus zeigt die Abb. 3.1 auch nochmals vergleichend die Projektbe-teiligung von Ablauf-Regisseur und Show-Caller. Je später der Event-Regisseur in ein Projekt einsteigt, desto mehr wandelt sich seine Rolle vom Regisseur zum Show-Caller mit allen damit verbundenen Konsequenzen der Arbeitsaufteilung, der verbleibenden Gestaltungsräume und der Verantwortlichkeit für das Gesamt-ergebnis.

Doch sehen wir uns nun die einzelnen Arbeitsschritte im Detail an.

3.1 Zielsetzung & Marketing-Positionierung

3.1.1 Zielsetzung

Wenn Konzerne oder Institutionen Events veranstalten, so hat das – oder sollte es zumindest haben – eine unternehmerische Zielsetzung. Das Marketing-Event ist ein Kommunikationsinstrument, das im Vergleich zu den klassischen Kommuni-kationsmaßnahmen den entscheidenden Vorteil der direkten, persönlichen, multi-sensorischen Ansprache bietet und somit optimale Voraussetzungen dafür schafft, marketingrelevante Inhalte wirkungsvoll zu kommunizieren. Zu den möglichen Zielsetzungen sowie der Zielfindung und -formulierung gibt die Fachliteratur1 in diesem Zusammenhang ausreichende und gute Informationen, daher wollen wir hier auf die Erarbeitung eines Veranstaltungsziels nicht weiter eingehen. Beispiel-haft seien hier nur ein paar Ziele genannt:

• Teamgeist und Kooperationsbereitschaft unter den Mitarbeitern fördern• Präsentation der Marke als cleverer Hightech-Anbieter• Stärkung des Vertrauens in Sicherheit und Qualität des Produkts

1Vgl. Weiterführende Literatur im Anhang.

3.1 Zielsetzung & Marketing-Positionierung

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62 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Im Folgenden wollen wir uns darauf konzentrieren, ob die vorgegebene Zielset-zung wirkungsvoll umsetzbar ist und welche Gefährder es für die Zielkommuni-kation gibt.

Es gilt genauso wie in der Werbung die Faustregel: Die Zielsetzung ist dann am besten umsetzbar, wenn sie in einer knappen Kernaussage formuliert werden kann. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass auch mehrere Ziele gleichzeitig verfolgt werden (gerade wenn diese Ziele sich gegenseitig sinnvoll ergänzen und harmonieren) – doch wer alles will, bekommt meist nichts. Sprich: EIN klares Ziel kann man nachhaltig, verständlich, einprägsam und emotional transportieren. Bei zwei voneinander unabhängigen Zielen kommt jedes Ziel nur noch teilweise an, im schlimmsten Fall, wenn die Ziele gegensätzliche Ausprägungen haben, heben sich die Wirkungen gegenseitig auf. Und bei mehreren Zielen entsteht ein derartiges Botschafts-Chaos, sowohl rational als auch emotional, dass zum Schluss nur eines zu 100 % ankommt, nämlich Irritation.

Daher sollte am Anfang eines Projekts immer die klar und markant formulierte Zielsetzung stehen – und diese muss sich auch als roter Faden klar identifizierbar durch die Veranstaltung ziehen! Die besondere Betonung hierbei liegt auf „klar identifizierbar“. Denn oftmals sind verschiedene Wege der Ziel-Diffundierung zu beobachten, ein wesentlicher Gefährder der Ziel-Realisierung.

3.1.2 Die Gefährder der konsequenten Ziel-Realisierung

Ziel-Diffundierung

BeispielBeispiel 1: Alle Planungsbeteiligten kennen selbstverständlich das Ziel und gestalten eine Show, die mit verschiedensten Mitteln auf dieses Ziel einzahlt. Am runden Tisch entscheidet man sich für künstlerische und anderweitige Darbietungen, in denen man, mit ausreichender Erläuterung und Interpreta-tion, das Ziel wiederfinden kann – jedoch nur, weil man das sieht, was man sehen will! Dabei wird das Erleben des Gastes völlig aus den Augen verlo-ren. Der hat nämlich vorab keine Briefings und Erläuterungen zur Zielsetzung bekommen. Er erlebt völlig unvorbelastet in der Show so viele unterschied-liche Sinneseindrücke, dass er zwar das definierte Ziel, aber eben auch ganz viele andere Themen und Assoziationen wahrnimmt. Im besten Fall versteht der Zuschauer das ursprüngliche Ziel als eines von vielen – im schlechtesten Fall fragt er sich während der gesamten Show: „Was wollen die mir eigentlich sagen?“

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Beispiel 2: In regelmäßigen Abständen geben Unternehmen Filme zu den unterschiedlichsten Themen und Aspekten in Auftrag. Und weil diese Film-produktion mit hohem finanziellen Aufwand verbunden ist, möchte man dann oftmals die neuesten – oder auch die teuersten – Filme gerne zusätzlich im Rahmen einer geplanten Veranstaltung zeigen. Doch wenn ein Film nicht auf das Ziel einzahlt, lenkt er nur ab. Auch hier entsteht im schlimmsten Falle ein buntes Potpourri aus Messages, das weder verständlich noch einprägsam ist.

Die Reinhaltung des Ziels sowie die Fokussierung des Gastes auf das Ziel spielen somit eine wesentliche Rolle – und wenn dies gut gemacht wird, ist man weit ent-fernt von irgendwelchen „Holzhammer-Methoden“.

Das verlorene ZielEine weitere Beobachtung, die man in der Event-Branche immer wieder machen kann, ist das Abhandenkommen des Ziels auf dem langen Weg von der ersten Idee bis zur Realisierung. Häufig findet man am Anfang eine fast lehrbuchmä-ßige Analyse und Zieldefinition vor. Doch der Weg vom Projekt-Kick-off bis zum Event-Tag ist sehr lang und oftmals auch sehr abenteuerlich. Und dann stellt man bedauernd fest: Es ist ein Gerücht, dass alle Wege nach Rom führen. Denn man-che Wege sind eine Sackgasse und führen direkt in „the middle of nowhere“. Der Spruch mit den Wegen nach Rom hat einen Faktor unberücksichtigt gelassen, nämlich den der definierten Ankunftszeit – sprich: Ist man am Tag der Show dann bereits in Rom oder noch irgendwo auf halber Strecke in irgendeinem kleinen toskanischen Dorf?

Doch wodurch kommt dies zustande? Die Ursache liegt in erster Linie in der zeitlichen und personellen Zerstückelung des Projekts in zusammenhanglose Einzelentscheidungen. In den großen Projektteams wird heute in einer Runde über Speisenauswahl und Darreichungsform des Dinners entschieden, der Chef bekommt mal zwischen Tür und Angel eine DIN-A4-Seite mit drei Vorschlägen von Keynote-Speakern (wo er bitteschön auch sofort zwischen genau dieser Tür und dieser Angel ein Kreuz setzen soll, wen er haben möchte), in einer völlig anderen Runde wird über Raumgestaltung und Technikausstattung diskutiert, und dann werden auch noch wesentliche Entscheidungen von zwei mächtigen, aber meist in Marketingfragen inkompetenten Herren getroffen, den Herren Budget und Logistik. In all diesen Entscheidungsrunden kommen darüber hinaus viele Fachberater hinzu: vom Architekten über den Caterer bis zum Künstler-Agenten. All diese Fachberater kennen jedoch oftmals die marketingstrategische Ausrich-tung nicht und beraten dementsprechend unter Umständen in eine völlig falsche Richtung. Außerdem wird in diesen Runden so ausführlich über kleinste Details

3.1 Zielsetzung & Marketing-Positionierung

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64 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

diskutiert, dass selbst die mit der strategischen Zielsetzung vertrauten Personen das große Ganze gelegentlich aus den Augen verlieren.

Doch was kann dagegen unternommen werden? Der einzige Weg wird sein, das strategische Ziel durch die gesamte Projektphase hindurch zu penetrieren.

Einige sinnvolle Maßnahmen sind nachfolgend skizziert• Am Ende eines jeden Meetings sollte die Frage: „Zahlen unsere Ent-

scheidungen des heutigen Meetings in die strategische Zielsetzung ein?“ auf der Agenda stehen.

• Installation eins „Wächters der Zielsetzung“ – und zwar sowohl auf Kunden- als auch auf Agenturseite, der jeweils als Anwalt der Zielset-zung für dessen permanente Beachtung sorgt. Dieser Wächter sollte definitiv NICHT der jeweilige Projektleiter sein, weil dieser ange-sichts von budgetärem und zeitlichem Druck regelmäßig in ein inneres Dilemma käme, was nicht zielführend ist.

• Jedem Dienstleister und Berater, der temporär in das Projektteam kommt, muss die Zielsetzung kommuniziert werden.

• Bei Auswahl-Entscheidungen sollten der Chefetage ausnahmslos Vor-schläge unterbreitet werden, die zu 100 % mit dem Ziel vereinbar sind.

• Drucken Sie die Zielsetzung mehrfach aus und hängen Sie sie über dem Schreibtisch und im Meetingraum auf – so geht sie nie aus den Augen verloren!

3.1.3 Marketing-Positionierung

An die Zieldefinition schließt als nächster Schritt die Marketing-Positionierung an, ein für den Regisseur höchst wichtiger Schritt. Denn hier wird die emotio-nale Farbgebung definiert, die sich später durch sämtliche großen und klei-nen Einzelentscheidungen der Inszenierungsgestaltung hindurchzieht. Hierbei unterscheiden wir im Wesentlichen Marken-, Produkt-, Unternehmens- und Veranstaltungspositionierung2.

Im Folgenden finden Sie zu jedem der vier Segmente beispielhafte Fragestel-lungen – und falls Sie sich über die Formulierungen wundern: Die emotionale

2Grundlagen zu Marke und Markenführung siehe Esch (2014) und Esch (2016).

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Ableitung der Positionierung ist in der Regel selbsterklärend, wenn man für die Beschreibung menschliche Attribute und Charaktere verwendet.

• Markenpositionierung: Soll die Marke als souverän überlegener Marktführer/als umtriebiger Kämpfer, als leichtlebiger Hipster/als ruhiger vertrauensvoller Partner dargestellt werden?

• Produktpositionierung: Ist das Produkt ein weiteres Kind in der sehr homoge-nen Produkt-Familie? Oder eher das Kind, das durch Lebhaftigkeit und Wild-heit völlig aus der Norm schlägt? Oder eher das auffällig brave, zuverlässige und gemäßigte Kind in der schrägen Hippie-Familie?

• Unternehmenspositionierung: Sieht sich das Unternehmen als Global Player? Oder eher als traditionelle Manufaktur? Ist das Unternehmen eine sehr team-orientierte oder eher eine patriarchalisch-hierarchische Familie? Möchte sich das Unternehmen mehr als partnerschaftlicher Freund auf Augenhöhe sehen oder eher als begleitender, sorgender Butler?

• Positionierung der showbeteiligten Unternehmensvertreter: Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei, sofern er ein Protagonist der Veranstaltung ist, auf der Darstellung des Führungsvertreters: Soll er als Experte, „einer von uns“, Leitwolf, Visionär … inszeniert werden?

• Veranstaltungspositionierung: Welche Tonality (im Sinne von Stil und Atmo-sphäre der Botschaft) soll die Veranstaltung treffen? Festlich, fröhlich, aktivie-rend, beruhigend, sportlich, sachlich, kompetent …?

Festlegung der PositionierungMarken-, Produkt- und Unternehmenspositionierung sind Themen, die in der Regel längst in einem Unternehmen vorhanden sind und nicht neu für eine Veran-staltung festgelegt werden müssen. Interessant hierbei ist, dass gelegentlich weder die Veranstaltungsabteilung auf Kundenseite noch die Projektleitung von Agentur-seite diese Fragen aus dem Stegreif beantworten kann. Gerade hier ist ein genaues „Nachbohren“ sehr wichtig, denn dadurch werden diese wichtigen Informationen für alle Beteiligten nochmals ins Bewusstsein gerufen (Am Rande sei bemerkt, dass dies eine sehr hilfreiche kommunikative Strategie ist. Man spiele eine Runde Feuerzangenbowle – „da stelle mer uns janz dumm“ – und lenke durch scheinbar interessierte Fragen die Wahrnehmung und Prioritätensetzung der Beteiligten.).

Der Regisseur sollte sich hierbei auch nicht mit austauschbaren Allgemein-plätzen und farblosem „Marketing-Blabla“ abspeisen lassen. Nur wenn er die Marken-, Produkt- und Unternehmens-Positionierung nicht nur rational auf-genommen hat, sondern auch ganz präzise emotional fühlt, kann er eine gute Umsetzung im Rahmen des Events gewährleisten.

3.1 Zielsetzung & Marketing-Positionierung

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Die Positionierung der Unternehmensvertreter hingegen ist eine Frage, die für viele Beteiligte oft neu ist. Zur Beantwortung dieser Frage empfiehlt es sich, dies direkt mit den betreffenden Personen abzustimmen – denn dessen Mitarbeiter werden bei ihrer Antwort aufgrund der Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Chef und Mitarbeiter sehr stark von der sozialen Erwünschtheit geleitet und finden in den seltensten Fällen eine realistische Antwort: Die Aussage „Unser Chef tritt am liebsten autoritär und dominant auf“ könnte ja in der Tat zu einer Neugestaltung der Beförderungsliste führen.

Hier gilt, wie bei allen anderen Positionierungsaspekten auch, ein ganz wich-tiges Kriterium: Die Positionierung muss glaubwürdig sein! Es ist durchaus möglich, dass ein Aspekt, der schon immer existierte, aber wenig Beachtung fand, mehr in den Fokus gerückt wird (Innovationskraft einer Marke, Nachhaltig-keit eines Produkts etc.). Es ist jedoch nicht möglich, eine Positionierung anzu-streben, die mit der Realität nicht vereinbar ist. Es wird – wie an anderer Stelle bereits erläutert – niemals gelingen, ein Braunkohlewerk als umweltfreundlichen Energiegewinner, Fast food als besonders gesunde Ernährungsweise oder den spröde-wissenschaftlichen Chef als lustigen Entertainer zu positionieren. Was wäre die Folge eines derartigen Versuchs? Durch den deutlichen Widerspruch zwischen der Meinung/der Einstellung des Zuschauers und den Aussagen oder Eindrücken der Veranstaltung entsteht für die Besucher eine kognitive Dissonanz (Abschn. 2.1.1). Ein falscher Positionierungsansatz verhallt also nicht ungehört, sondern kann einen enormen Schaden anrichten. Daher muss diese Thematik vom Regisseur mit dem angemessenen Verantwortungsgefühl bedacht werden.

Umsetzung der PositionierungDer bisher beschriebene erste Schritt umfasst die Festlegung der verschiede-nen Positionierungs-Dimensionen. Der zweite Schritt, hier liegt die originäre Leistung des Regisseurs, beinhaltet die Übersetzung der Positionierung in die Showgestaltung.

Neben den großen „Hardskill“-Elementen wie etwa der Auswahl des Show-acts, der Redner und der inhaltlichen Ausrichtung der Veranstaltung hat der Regisseur eine große Klaviatur an „Softskills“ zu bedienen. Diese beinhaltet das Lichtdesign, die Auswahl der medialen Bildwelten, der musikalischen Gestal-tung – aber auch die Sitzordnung des Publikums, ja sogar die Raumtemperatur und die Speisenauswahl haben Einfluss auf den Umsetzungserfolg der Marketing- Positionierung.

Im Folgenden sind einige Extrem-Beispiele genannt, anhand derer die Auswir-kungen dieser Elemente deutlich wird.

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Beispiele für Positionierungs-Aspekte• Die Botschaft „Frischer Wind im neuen Jahr“ wird nicht ankommen bei

klassischer Musik in einem stickig-überheizten Saal, dessen Lichtgestal-tung in Orange-Rot-Tönen gehalten ist.

• Der Chef, dem Teamgeist sehr wichtig ist, sollte nicht wie ein Imperator mit der „Conquest of Paradise“-Melodie über den roten Teppich auf die Bühne schreiten.

• Eine Marke, die für Highend-Technologien stehen will, macht sich unglaubwürdig, wenn sie zum Dinner voll beladene Teller mit Schweine-braten und Knödel serviert oder Vorstands-PowerPoints mit Déjà-Vu-Cha-rakter der 90er Jahre präsentiert.

• Ein bulliger Offroad-SUV wird kaum adäquat abgebildet in einem Showact mit eleganten, zierlichen Vertikaltuch-Künstlerinnen.

Die Beispiele zeigen nochmals deutlich, dass sich der rote Faden der Zielsetzung und der Positionierung in allen Elementen der Veranstaltungs-Gestaltung wieder-finden muss, um wahrgenommen zu werden. Und: ALLES wirkt!

BeispielEin Unternehmen hatte eine Mitarbeiter-Veranstaltung unter das Leitthema „Neue Gipfel erklimmen“ gestellt. Nachdem einen Tag lang die neue Kon-zernstrategie erläutert und in Workshops vertieft wurde, sollte es als Abschluss einen Commitment-Act3 geben. Hierzu wurde ein großes Kletterseil durch die Location gespannt. Untermalt von emotionaler Musik und Film sollten dar-aufhin die Mitarbeiter jeweils einen personifizierten, gebrandeten Karabiner-Haken an diesem Seil befestigen, als Zeichen dafür, dass man sich als Teil dieser „Kletter-Seilschaft“ versteht, dass man an einem Strang zieht und so zum Ausdruck bringt: „Ja, ich mache mit!“ So weit, so gut. Doch dann kam die Logistik in die Quere: Der Karabiner-Haken sollte ja zeitgleich das Give-Away für die Teilnehmer sein. Dementsprechend wurde entschieden, dass die Teilnehmer ihren Karabiner im Anschluss an den Commitment-Act wieder „aushaken“ dürfen, wenn sie ihn mit nach Hause nehmen wollen. Doch was bedeutet dies wirkungspsychologisch? Unterbewusst bleibt folgende Botschaft hängen: „Ich habe JA gesagt, und mich eingehakt. Gleichzeitig besteht aber jederzeit die Möglichkeit, sich wieder ,auszuhakenʻ – und niemand hat etwas

3Commitment Act: ein Inszenierungs-Moment, in dem die Teilnehmer ihre Zustimmung/ihre Unterstützung symbolisch zum Ausdruck bringen.

3.1 Zielsetzung & Marketing-Positionierung

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68 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

dagegen!“ Das Commitment bekommt somit einen großen Beliebigkeits- Faktor, der das uneingeschränkte „Ja, ich mache mit!“ jederzeit problemlos widerrufbar macht.

Konkurrierende PositionierungenIn den verschiedenen Positionierungsdimensionen kann es vorkommen, dass auf den ersten Blick widersprüchliche Botschaften zustande kommen. Wie soll man beispielsweise die Show einer seriösen, souveränen, sehr bedachten Marke reali-sieren, deren Produktpalette in die Nische einer jungen, hippen und leicht verrück-ten Zielgruppe erweitert wird? Sollte man alle Elemente im Rahmen der Show ein wenig bunt durcheinanderwürfeln? Die klare Antwort lautet: Nein! Diese Situation ist vergleichbar mit einem Gemälde. Auch hier gibt es das Bild an sich und den Rahmen, der das Bild in einen bestimmten Kontext stellt. Ein Blick auf die Ziel-setzung der Veranstaltung, z. B. „Positionierung des neuen Produkts als jugendli-ches, hippes Produkt für eine jüngere Zielgruppe“, gibt hierbei vor, was das Bild und was der Rahmen ist. Die seriöse Marke ist der Rahmen und findet sich in der Peripher-Gestaltung (Raum, mediale und musikalische Grundbespielung) wieder (Abb. 3.2). Das Bild, in diesem Fall das hippe, verrückte Produkt, findet sich im eigentlichen Showact wieder. Um trotzdem zur Marke dazugehörig wahrgenom-men zu werden, werden die Grundelemente der Peripher-Gestaltung aufgegriffen, aber eben bunter, lebendiger und jugendlicher interpretiert.

Die Brückenbildung vom Rahmen zum Bild ist hierbei ein sehr wesentlicher Aspekt – also die klar dargestellte Verbindung zwischen der seriösen „Familie“ und dem hippen „Kind“. Ohne diese würde man ansonsten wieder in die Falle der kognitiven Dissonanz tappen, was entweder für das Produkt oder für die Marke oder gar für beide schädlich wäre.

Abb. 3.2 Positionierung Neuprodukt im Rahmen einer Veranstaltung

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Kampf den GeschmacksentscheidungenImmer wieder ist man bei Entscheidungen in der Show-Gestaltung mit folgender Aussage konfrontiert: „Wir haben uns nun für Künstler/Moderator/Layout X ent-schieden. Das gefällt uns am besten.“ In der weiteren Diskussion, ob dies wirklich der geeignete Weg sei, fällt früher oder später meist der Satz: „Das ist eine Frage des Geschmacks, und dies trifft eben unseren Geschmack am ehesten!“ (Was dann dazu führt, dass man den Moderator an Bord hat, den der Chef auf dem Golfplatz kennengelernt hat, eine Künstlergruppe, die die Chefsekretärin im Fernsehen gese-hen hat, eine Location, in die ein Entscheider vor Kurzem zu einer Hochzeit einge-laden war, in einer Stadt, wo alle schon mal gern hinreisen wollten, und bei einem Dinner, das alle Lieblingsgerichte des Marketing-Vorstands beinhaltet …). Wäh-rend man dem Geschmacks-Argument noch bis vor 20 Jahren kaum etwas Belast-bares entgegensetzen konnte, weil die Forschung der Wirkungspsychologie und des Neuromarketings noch in den Kinderschuhen steckte, hat sich dies nun glücklicher-weise gewandelt. Der aktuelle Kenntnisstand der Wissenschaft belegt völlig zwei-felsfrei und nachvollziehbar, dass ALLES wirkt und WIE alles im Detail wirkt.

Alle Entscheidungsträger der Event-Branche sind dazu aufgefordert, den Geschmacksentscheidungen den Kampf anzusagen! Der Anteil einer Veranstaltung, die rein nach persönlichem Geschmack und indi-viduellen Vorlieben entschieden werden sollte, ist verschwindend gering. Die Aussage „Das finde ich persönlich am schönsten“ dient oftmals nur als Argument, die eigene Vorstellung eines Entscheiders durchzusetzen, auch wenn sie fachlich nicht zweckdienlich ist.

3.2 Definition der Show-Komponenten

Aus dem Pitch-Konzept geht in der Regel bereits hervor, welche Show- Komponenten benötigt werden: Artisten, Tänzer, Musiker, ein Moderator, spezi-elle kinetische Elemente sind logisch ableitbar. Doch auch hier steckt der Teufel im Detail, dementsprechend betrachten wir die Show-Komponenten im Folgenden näher.

3.2.1 Redner

Interne RednerHäufig sind die Redner von Anfang an fest vorgegeben. Meist handelt es sich um führende Vertreter des Veranstalters, z. B. den Vorstandsvorsitzenden sowie weitere Vorstände. Hierbei findet sich eine sehr große qualitative Bandbreite: von dem von Natur aus begabten Entertainer über Repräsentanten, die viele Medien

3.2 Definition der Show-Komponenten

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und Presse-Coachings besucht haben, bis hin zu Rednern, die wenig Bühnen-erfahrung haben oder denen die Rolle des Präsentators auf der Bühne einfach nicht liegt. Die Aufgabe des Regisseurs ist es, jeden Redner in einem maximal guten Licht erscheinen zu lassen. Daher ist es unerlässlich, frühzeitig ausreichend Informationen über die Redner zu sammeln, ggf. Aufzeichnungen von früheren Auftritten zu sichten und ein Konzept zu erarbeiten, das die Stärken in den Vor-dergrund stellt und die Schwächen gut kaschiert.

Reden-UntergliederungDie größte Herausforderung für einen Redner ist es meist, die Zuhörer über einen Zeitraum von 20, 30 oder gar 45 min mitzureißen. Wenn der Redner hierbei ein eher nüchternes und monotones Naturell hat, kann es durchaus mühsam wer-den. Falls man diesem Redner dann auch noch eine mit Zahlenkolonnen, Tabel-len und langen Texten gefüllte PowerPoint-Präsentation mit auf den Weg gibt, ist die Einschlaf-Gefahr beim Publikum sehr hoch. In dieser Situation bietet es sich an, die Rede zu „portionieren“. Dies kann z. B. erfolgen, indem die Rede aufgelöst wird in einen Talk mit dem Moderator. Ebenso kann die Rede in die einzelnen Themenbereiche aufgegliedert werden, wobei jedes Thema durch eine kurze Video-Animation oder ein Foto mit Statement eingeleitet wird. Die opti-male Rollenverteilung wäre hierbei: Das Video oder das Foto stellt provozierend oder humoristisch Thesen oder Fragen in den Raum, die dann durch den Redner sachlich und nüchtern erläutert werden.

Reden-LäääängeOftmals gibt es gerade bei internen Mitarbeiter-Veranstaltungen das wenig sinn-volle Paritäts-Prinzip, dass jeder Vorstand die identische Redezeit erhält. Doch was soll ein HR4-Vorstand 30 min lang zur neuen Marketing-Strategie erzäh-len? Oder der Finanzvorstand zur neuen Führungsstrategie? Die Redezeit sollte ausschließlich durch den Umfang der zielführenden Inhalte bestimmt sein, nicht durch politische oder zeitmathematische Motive! Um den Mitarbeitern zu demonstrieren, dass alle Vorstände bei dem aktuellen Kernthema an einem Strang ziehen und involviert sind, empfiehlt es sich viel eher, alle Vorstände gemeinsam in einer Talkrunde zu präsentieren.

Externe RednerÜber die internen Redner hinaus kommen oftmals auch externe Redner zum Einsatz. Dies kann ein Vertreter aus einem übergeordneten Mutterkonzern sein, ein Politiker, der ein Grußwort spricht, ein Kunde, der seine Erfahrungen mit dem

4Human Resources- oder Personal-Vorstand.

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Unternehmen schildert, ein Laudator für eine Ehrung oder auch ein Keynote-Speaker, der das Kernthema der Veranstaltung aus einem abstrahierten Blick-winkel erläutert. Auch wenn beim Einsatz dieser Redner unternehmenspolitische Faktoren eine wesentliche Rolle spielen, sollte auch hier der zielführende Einsatz immer mit bedacht sein. Was allen Rednern gemeinsam ist: Die inhaltliche Stim-migkeit der Rede steigt proportional mit der Qualität des Briefings. Daher auch der dringende Appell an Agenturen und Kunden: Widmen Sie dem Briefing Ihrer Redner ausreichend Zeit und Gedanken!

Politiker als GastrednerZahlt es wirklich auf das Veranstaltungsziel ein, wenn ein Politiker eine 30-minü-tige Rede über die allgemeine Wirtschaftssituation in Deutschland, Europa und dem Rest der Welt hält? Oder könnte man die Rede auch auf zehn Minuten kürzen und den Politiker dafür bei einer anschließenden Talkrunde nochmals einbinden? Die meisten Büroleiter und Redenschreiber von Politikern sind durchaus sehr koopera-tionsbereit und dankbar für eine detaillierte Arbeitsvorlage. Mit gutem Briefing und ausreichenden Hintergrund-Informationen können somit auch Reden entstehen, die näher an der Unternehmenspraxis und am Veranstaltungsziel orientiert sind.

Kunden als „Best Practice“Kunden oder Projektpartner des Gastgebers werden gerne als Redner eingesetzt, um anhand eines realen Praxisbeispiels Leistungsportfolio, Prozessabläufe und Kooperationsdetails eines Unternehmens darzustellen. Hierbei hat sich gezeigt, dass vonseiten eines Kooperationsunternehmens häufig ein eher technik- und projektprozessaffiner Vertreter als Redner entsandt wird, dessen Kernkompetenz nicht zwingend in einer unterhaltsamen Rede liegt. Des Weiteren besteht gele-gentlich die Gefahr, dass die Selbstdarstellung seines eigenen Arbeitgebers ein größeres Gewicht bekommt als die Kooperationsdarstellung. Dementsprechend ist eine reine Rede meist nicht zielführend. Vielmehr empfiehlt es sich, dass der Kunde beispielsweise als Einleitung in ca. fünf bis zehn Minuten das Unterneh-men sowie das Kooperationsprojekt erläutert, um dann in einem moderierten Interview durch die aus Gästesicht interessanten Aspekte der Kooperation geführt zu werden.

Keynote-SpeakerDer Markt bietet mittlerweile eine Vielzahl an grandiosen Keynote-Speakern an. Es gibt kaum ein Thema, zu dem man nicht einen passenden Redner finden könnte. Trotzdem erlebt man allzu häufig Keynote-Speaker, die für eine Veran-staltung keinen real wahrnehmbaren Mehrwert liefern. Weshalb ist das so?

3.2 Definition der Show-Komponenten

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72 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Der erste Punkt liegt auch hier wieder in der detaillierten Redner-Auswahl. Oft scheint ein Rede-Titel zu 100 % passend zum Veranstaltungs-Thema – doch inhaltlich entwickelt sich die Rede in eine Richtung, die sehr weit entfernt oder zu abstrakt ist für das, womit die Gäste etwas anfangen können. Dementspre-chend lohnt es sich, eine Rede im kompletten Umfang näher anzusehen, also nicht nur den Redetitel und die dreizeilige Kurzbeschreibung. Gelegentlich kommt es vor, dass ein Keynote-Speaker Aussagen trifft, die komplett gegensätz-lich sind zu dem, was die internen Redner im Laufe des Tages behauptet haben. Dies ist dann zweifelsohne ein inhaltlicher Super-GAU.

Der zweite Punkt liegt auch hier im Briefing des Redners. Nahezu alle Redner sind bereit, im Rahmen ihrer Rede einen bestimmten Fokus zu setzen. Doch hier-für muss es klare, fachlich gut aufbereitete Briefings geben.

Und der dritte Punkt liegt nicht an der inhaltlichen Gestaltung der Rede an sich, sondern an der Gestaltung der Gesamtveranstaltung. Wenn bereits vormit-tags vier interne Redner hintereinander sprechen, stellt sich die Frage, ob man dann wirklich noch einen Keynote-Speaker braucht, der nach der Mittagspause auftritt, bevor die nächsten vier Referenten auf die Bühne gehen. Diese durchgän-gige „Frontal-Beschallung“ ist oftmals deutlich mehr, als ein Gast aufmerksam und interessiert verfolgen kann. Hier bietet es sich vielmehr an, das Kernthema der Veranstaltung in einer Form aufzubereiten, in der die Gäste aktiv mitwirken können – und eben neben all der inhaltlichen Inspiration auch emotional ange-sprochen werden. Egal ob man eine Kleingruppen-Workshop-Session einbaut, eine theatrale oder musikalische Aufbereitung mit Publikums-Beteiligung, ob moderne mediale Swarm-Spiele5 oder neue Diskussionsformen wie Fish-bowl oder World Café – die Mitwirkung des Publikums erzeugt Involvement Abschn. 3.3.1 und ist meist weitaus zielführender, als einen weiteren Redner auf die Tagesordnung zu setzen.

Externe LaudatorenAwards und Ehrungen sind ein wichtiger Bestandteil von vielen Events. Hierfür kommt häufig ein externer Redner als Laudator zum Einsatz. Folgende Aspekte müssen in diesem Zusammenhang erwähnt werden:

Falls es einen Filmeinspieler über den Gewinner gibt, so sollte der Laudator diesen vorab kennen. Weitreichende Dopplungen zwischen Film und Rede wirken langweilig und nehmen der Ehrung den festlichen, persönlichen Moment. Ebenso

5Auf dem Ansatz der Schwarm-Intelligenz basierende Gruppen-Interaktion.

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ermüdend wirkt eine Laudatio, die in erster Linie eine chronologische Wieder-gabe der Vita beinhaltet. Der Fokus auf die Emotionalisierung des Publikums sollte dementsprechend ein wesentlicher Bestandteil des Briefings sein. Außer-dem gehören Informationen zum dramaturgischen Ablauf ins Briefing: Wie lange ist der Gewinner unbekannt, wann wird der Gewinner in welcher Form verkün-det? Gibt es entsprechende Teile der Rede, die noch anonymisiert sein müssen, und ab wann darf der Sieger-Name verwendet werden?

3.2.2 Künstler

Auch die für eine Show benötigten Künstler gehen meist schon aus dem Pitch-Konzept hervor: Brauche ich Tänzer, Luftakrobaten, Feuerschlucker oder Musi-ker? Für die Auswahl der geeigneten Künstler müssen hierbei mehrere Aspekte berücksichtigt werden.

Bestehende Showacts oder individuelle Kreation?Eine Kernfrage bei der Künstler-Auswahl ist: Soll ein bestehender Showact gebucht werden oder ist es das Ziel, eine eigene, neue Show zu kreieren? Einer-seits sind bestehende Showacts deutlich günstiger und nehmen kaum Probenzeit vor Ort in Anspruch. Andererseits ist es nur sehr selten der Fall, dass ein beste-hender Showact die definierte Positionierung und Zielsetzung der Veranstaltung stimmig aufgreift und somit auf die gesetzten Ziele einzahlt. Ebenso ist eine Verknüpfung von Unternehmen oder Produkt mit dem Showact meist nicht mög-lich. Es entsteht somit ein Eindruck der Austauschbarkeit und Beliebigkeit, was, wie oben erwähnt, die Zielerreichung aufweicht und verwässert. Daher ist es in der Regel empfehlenswert, einen einzigen Showact stimmig und individuell als Gesamtinszenierung zu gestalten, als mehrere willkürlich gebuchte Showacts zu realisieren.

Künstler-AuswahlSo wie ein Arzt nicht ein Arzt für alle Fachgebiete ist, ist auch ein Tänzer, ein Musiker oder ein Artist in der Regel ein Spezialist für einen ganz klar umrissenen Fachbereich und kein Generalist. Je mehr der Künstler integrierter Bestandteil einer großen Gesamtinszenierung ist, desto genauer muss der erforderte Fach-bereich eingegrenzt werden. Müssen die Tänzer eher klassisches Ballett beherr-schen oder Modern Jazz, brauchen sie besondere Fähigkeiten in Breakdance oder Hip-Hop, müssen sie alle einen Spagat können oder Parcours-Elemente beherrschen? Ebenso ist es bei Musikern. Ein hervorragender Band-Pianist ist unter Umständen nicht als Solo-Pianist geeignet, und eine klassisch ausgebildete

3.2 Definition der Show-Komponenten

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Geigerin wird mit sekundengenauen Auf- und Abgängen und klar definierten Posen als Akteur einer Gesamtinszenierung möglicherweise überfordert sein. Viel zu häufig kommt es vor, dass Shows während der Proben geändert werden müs-sen, weil die gebuchten Künstler nicht das abdecken können, was gefordert ist. Und dies ist in den allermeisten Fällen nicht auf eine Unfähigkeit der Künstler zurückzuführen, sondern auf eine klassische Fehlbuchung. Daher der nachdrück-liche Appell: Künstler-Recherche ist nichts für Praktikanten-Schreibtische!

3.2.3 Moderatoren

Fernsehstars in der EventbrancheBei der Auswahl der Moderatoren gibt es ein Gerücht, das sich sehr zäh hält, die Einschätzung: „Wir nehmen Herrn/Frau X, denn den/die kennt man ja aus dem Fernsehen, der/die muss das ja können!“ Ein klares Statement hierzu: Fernseh-Moderatoren sind nicht automatisch die besseren Event-Moderatoren! Das heißt nicht im Umkehrschluss, dass Fernseh-Moderatoren grundsätzlich ungeeignet für Events sind. Die erforderte Kernkompetenz lautet jedoch „viel Erfahrung in Live-Moderation mit Live-Publikum“, und nicht „möglichst hoher Bekanntheitsgrad“. Moderatoren, die im Fernsehen große Popularität durch Nachrichtensendungen oder ein eigenes Info-Magazin erlangt haben, arbeiten dort mit überwiegend durchgeskripteten Texten und in einer sterilen Umgebung mit nahezu fehlen-den äußeren Einflüssen. Doch der Umgang mit Applaus, mit Zwischenrufen aus dem Publikum, mit spontanen Fragen eines Redners oder anderen Live-Situati-onen erfordert ganz andere Fähigkeiten und will gelernt sein. Weitere typische Aspekte einer Event-Moderation sind z. B.: Wie überbrücke ich die Zeit ab dem Aufrufen eines Gastes, bis er dann wirklich neben mir steht (Im Fernsehen steht der Gast oder die Liveschalte ja genau in der Sekunde, in der er oder sie ange-kündigt wird.)? Und wann und wie übergebe ich und gehe ab (Dies ist im TV ebenso meist nicht relevant.)? Auch wenn diese Faktoren auf den ersten Blick als Kleinigkeit erscheinen mögen, so entscheiden sie doch gravierend über die sou-veräne Wirkung eines Moderators sowie über die Sicherheit, die ein Moderator seinen Bühnengästen vermitteln kann. Ein weiteres, sehr wichtiges Kriterium ist die Bühnenpräsenz. Oftmals sind reine TV-Moderatoren so sehr auf das Rotlicht einer Kamera fixiert, dass sie das Publikum kaum wahrnehmen und übergehen. Live-Moderation bedeutet jedoch das Spiel mit dem Publikum.

Fach-Chinesisch oder was fürs Auge?Jedem Event-Besucher sei ein Augenschmaus auf der Bühne gegönnt. Aber aus Sicht des Veranstalters ist es bei Moderatoren entscheidend, ob sie mit dem

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branchen- und produktspezifischen Fachvokabular klarkommen und sich schnell auch in fremde Themengebiete einarbeiten können. Eines ist sicher: Selbst bei sehr knappen Moderationstexten und ohne inhaltliche Talks wird es dem Fachpu-blikum auffallen, wenn der Moderator thematisch nicht mit Branche und Produkt vertraut ist und keinerlei Affinität dazu hat. Aus der Praxis: Eine Moderatorin auf einem Telekommunikations-Kongress war definitiv was fürs Auge, eine attraktive Erscheinung. Bei der Abmoderation eines Vortrags über die Datenleistungen der Zukunft sagte sie: „Da freue ich mich aber, wenn ich künftig so viele Megabit Speicherladung in meinem Cloud zur Verfügung habe.“ Noch Fragen?

Zum Glück ist dies aber meist keine Entweder-oder-Entscheidung: Fachkompe-tenz kann durchaus auch optisch ansprechend sein!

BeispielBei einem IT-Kongress hatte man sich entgegen deutlicher Warnungen für eine Moderatorin entschieden, die durchaus für eine glamouröse Abendgala geeig-net wäre und dafür auch hervorragende Qualitäten mitbringt, jedoch keinerlei Affinität zu technischen Themen hat (und offensichtlich auch nicht die Not-wendigkeit sah, sich hier zumindest ansatzweise einzuarbeiten). Die Show nahm ihren Lauf und das Desaster begann. Bei den ersten inhaltlichen Feh-lern gab es vereinzelte Lacher im Publikum, doch je absurder es wurde, desto mehr verärgertes Kopfschütteln war in dem aus der ganzen Welt angereisten Fachpublikum zu sehen. Jeder wartete darauf, dass doch irgendwann das Spiel mit der versteckten Kamera aufgelöst werden müsse. Der große Showdown kam in einer abschließenden Talkrunde mit zahlreichen Experten. Auch ein in letzter Sekunde als Talkgast eingeschleuster Unternehmensmitarbeiter, der die Sache inhaltlich noch etwas in geordnete Bahnen lenken sollte, konnte nicht mehr viel retten. Bereits in den ersten Minuten brachte die Moderatorin derart die Gästenamen, Fachgebiete und Fragenzuordnungen durcheinander, dass die Talkgäste irgendwann vorschlugen, dass sie sich ja einfach direkt und ohne vorgelesene Fragen austauschen könnten, was sie dann auch die restlichen 45 min taten. Es erübrigt sich zu sagen, dass die anschließenden Gespräche hinter der Bühne durchaus ungemütlich waren.

3.2.4 Technik

In der Landschaft der Technikanbieter werden die sogenannten kleinen „Garagen-Verleiher“ glücklicherweise immer seltener, die Anzahl der professionellen Fir-men, die ein gutes Set-up zur Verfügung stellen, immer größer. Dementsprechend

3.2 Definition der Show-Komponenten

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76 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

hat ein Regisseur professionelles Personal an seiner Seite, das sich im Detail um alle technischen Belange kümmert und ihn auch bei Fragen fachkundig berät. Während wir im Abschn. 2.2 das technische Basiswissen eines Regisseurs näher beleuchtet haben, wollen wir hier die Aspekte näher betrachten, die im Zusam-menhang mit der Definition und Planung der Komponente Technik relevant sind.

Effizienter Einsatz von MittelnEine Punktlandung bei der Planung des technischen Gesamt-Volumens ist oft-mals schwierig, weil die Änderungsschleifen bei Projekten schon nahezu inflatio-när gehandhabt werden. Doch hin und wieder findet man überraschenderweise an einer Hallendecke Lampen im Überfluss, wo dann die Herausforderung in folgen-der Fragestellung besteht: „Wie können wir diesen Materialbergen in der Kürze der Zeit noch irgendeine Aufgabe zuweisen und somit einen Sinn geben, damit sie nicht ganz umsonst hier hängen?“ Oder Tonanlagen, mit denen man problemlos ein 10.000-Mann-Open-Air-Konzert fahren könnte. Am schwierigsten sind Situati-onen, in denen etwa der Lichtbereich völlig überdimensioniert ist – und gleichzei-tig in der Tonabteilung nicht mal mehr ein Kanal für einen Spare-Handsender frei ist. Dies liegt gelegentlich daran, dass die auftraggebende Seite – Projektleiter der Agentur oder des Kunden – zu wenig mit den technischen Details vertraut ist und bei seitenlangen Materiallisten von Techniklieferanten nur „Bahnhof“ versteht – ein gelungenes Schlupfloch für den einen oder anderen Technikdienstleister, das angebotene Material möglichst komplett an die eigenen Lagerbestände anzupas-sen. Meist geschieht eine Überdimensionierung jedoch auch aus dem höchst ver-antwortungsvollen Gedanken: „Wir wissen nicht genau, was uns erwartet – daher wollen wir für alles gerüstet sein und einen guten Job abliefern.“ Eine Unterdi-mensionierung ist häufig das Resultat aus schlichtweg falschen Einschätzungen der spärlich zur Verfügung gestellten Informationen. Ein guter Regisseur sollte jedoch in der Lage sein, schon sehr frühzeitig relativ präzise Angaben zu machen, welche technischen Situationen mindestens abgedeckt werden müssen – und was eben zu viel des Guten ist. Auch wenn die detaillierten Showabläufe noch nicht fixiert sind: Es ist in der Regel klar absehbar, welche Inszenierungsmomente kom-men werden, egal in welcher detaillierten Reihenfolge oder Ausprägung. Dement-sprechend ist es definitiv sinnvoll, auch in diesem frühen Projektstadium bereits ein erstes Gespräch über den technischen Bedarf zu führen.

Technische PlanungAllen Protagonisten der Veranstaltungs-Branche ist bekannt, dass detaillierte Pla-nung das Fundament für gelungene Veranstaltungen ist. Doch während die organi-satorische und planerische Leistung von Agenturseite oder von freien Projektleitern

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ohne Diskussionen vergütet wird, besteht gelegentlich noch das falsche Verständ-nis, die technische Planung dem Techniklieferanten als Gratis-Leistung oder zu einem minimalen Pauschalbetrag abzuverlangen – und leider finden sich immer noch Technikfirmen, die dies akzeptieren. Auch hierzu ein ganz klarer Appell: Planung muss vergütet werden – und zwar nach dem tatsächlichen Aufwand, und nicht nach Minimal-Pauschalen, die eigentlich schon während der ersten Ände-rungsschleife aufgebraucht sind. Nur wenn die Planungsleistung vergütet wird, wird ein Unternehmen auch einen Planer exklusiv auf das Projekt setzen kön-nen, sodass hier in Ruhe, mit Sachverstand und Weitblick fundierte Arbeit geleis-tet wird. Eine gute technische Vorplanung ist die Grundlage für jede gelungene Inszenierung. Wer hier spart, wird vor Ort negative Überraschungen erleben – oder unter Umständen sehr viel Geld völlig unnötig ausgegeben haben.

Oftmals steht im Zusammenhang mit der technischen Planung die Frage im Raum: Engagieren wir ein technisches Planungsbüro oder lassen wir den Tech-niklieferanten planen? Beide Wege haben Vor- und Nachteile, die je nach Projekt abgewogen werden sollten.

Technische Planung über ein Planungsbüro ist sinnvoll, wenn• das Auftragsvolumen eine Ausschreibung notwendig machtoder• viele Detailabstimmungen zwischen Kunde, Agentur, Messebau und

Technik einer neutralen Schnittstellen-Koordination bedürfenoder• die Agentur von Anfang an eine intensive neutrale Beratungsinstanz

benötigt.

Technische Planung über den Technikdienstleister ist sinnvoll, wenn• aufgrund des Projektvolumens keine Ausschreibung notwendig istund• auf Agentur- oder Kundenseite fundierte technische Kenntnisse vorhan-

den sindund• Messebau- und Techniklieferant in sehr enger Kooperation stehen und

daher Abstimmungen auf direktem Wege unproblematisch zu einer guten und schnellen Lösung führen.

3.2 Definition der Show-Komponenten

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78 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Technik-AusschreibungenAb einem gewissen Auftragsvolumen wird die Auftragsvergabe für Messebau und Technik in Form von Ausschreibungen abgewickelt. Hierbei zieht sich, gerade bei Großkonzernen, ein Problem konsequent durch: Während sich technisches Equip-ment durch eine detaillierte Ausschreibung sehr genau qualifizieren und quantifi-zieren lässt, kann die ausreichende Qualifizierung des Personals im Rahmen einer Ausschreibung nur schwer und meist nicht hinreichend abgebildet werden. Weder die planerischen und logistischen Fähigkeiten eines Anbieters noch die Eignung von Aufbau- und Show-Technikern sind somit gewährleistet. Und wenn es nun ein kleines, unerfahrenes Unternehmen auf welchem Wege auch immer auf eine Konzern-Bieterliste geschafft hat, befindet man sich plötzlich in einem qualitati-ven Lotterie-Spiel.

Nachdem vermutlich niemand aus der Einkaufsabteilung eines Konzerns die-ses Buch lesen wird, vernachlässigen wir an dieser Stelle Ausführungen zu einer nötigen Überarbeitung von Ausschreibungsrichtlinien in eine Richtung, die auch eine qualitative Personal-Dimension beinhaltet. Es bleibt die Frage, wie man unter diesen Rahmenbedingungen vorgehen kann, um ein totales Fiasko zu ver-meiden. Ein aus Sicht des Regisseurs sehr hilfreicher Weg ist es, im Rahmen der Ausschreibung von Beginn an so viel Einfluss wie möglich auf die Qualität der an der Show beteiligten Techniker zu nehmen. Gleichzeitig widerspricht eine zu große Einflussnahme gegebenenfalls den konzernintern festgelegten Vergabebe-stimmungen, sodass mögliche Interventionen vorab mit dem Kunden abgestimmt werden müssen.

Vier mögliche Ansätze der Qualitätssicherung• Absprache-Pflicht: Der Ausschreibende weist im Ausschreibungstext bei

den einzelnen Positionen dezidiert darauf hin, dass die personelle Fest-legung dieser Position in Absprache mit ihm zu erfolgen hat.

• Qualifikations-Beschreibung und Vorbehalt der Qualifikations-Überprü-fung: Hierbei beinhaltet die Ausschreibung einen Hinweis, der sinnge-mäß lautet: „Alle an der Show beteiligten Techniker müssen mindestens fünf Jahre Erfahrung in großen Industrie-Shows nachweisen. Der Aus-schreibende ist berechtigt, die Qualifikation zu überprüfen und nicht ausreichend qualifiziertes Personal ersetzen zu lassen.“

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• Namentliche Festlegung für die Belegung von Schlüsselpositionen: Hierbei werden für wichtige Schlüsselpositionen den an der Ausschrei-bung teilnehmenden Technikfirmen ein oder mehrere Personen nament-lich genannt, die verbindlich zu buchen sind.

• Streichung der Show-Crew aus dem Ausschreibungsumfang: Hierbei werden lediglich das technische Equipment sowie Aufbau und Wartung der Technik ausgeschrieben. Die an der Show beteiligten Operator sind nicht Teil der Ausschreibung, sondern werden über ein separates Budget (z. B. Agentur, Planungsbüro) eingekauft.

Eine frühzeitige Abstimmung der möglichen Qualitätssicherungsmaßnahmen ist, trotz des Mehraufwands, sehr ratsam. Spätestens dann, wenn nach Bekannt-werden der Bieterliste (und noch vor Versand der Ausschreibung) ein gewisses Qualitätsrisiko offensichtlich wird, sollte in diesem Punkt die Ausschreibung nachgebessert werden!

Das Stiefkind IntercomFür Licht, Ton und Video ist bei jeder Veranstaltung ein klar definiertes Team zuständig. Doch wer kümmert sich um die Intercom, also die Sprechverbindung zwischen allen Gewerken während Proben und Show? Der Lagerist der Technik-firma sorgt zumindest noch dafür, dass die Intercom mit auf den Lkw kommt – doch vor Ort ist sie dann das fünfte Rad am Wagen. Ebenso führt der Angebots-posten „Intercom“ bei Nachverhandlungen immer wieder zur Frage nach der Notwendigkeit. Dabei ist eine gute, störungsfreie Kommunikation auf Volldu-plex-Basis – mit Basis-Stationen sowie Wireless Beltpacks6 – das Kernelement der Showkoordination. Eine ausgefallene oder gestörte Intercom-Anlage macht alle Beteiligten kommunikationsunfähig und führt im schlimmsten Fall zum Showabbruch. Demnach ist Basis der Qualitätssicherung eines Technikdienstleis-ters, dass er nicht nur die Geräte, sondern auch einen zuständigen Techniker vor Ort hat; dieser trägt Sorge dafür, dass die Intercom störungsfrei zur Verfügung steht. Und auch wenn dies selbsterklärend ist: Funkgeräte sind kein adäquater Ersatz für eine Vollduplex-Anlage. Während der laufenden Show können wichtige Cues, Abstimmungen und Informationen nicht warten, bis die Leitung wieder frei ist!

6drahtlose, am Gürtel getragene Intercom-Geräte.

3.2 Definition der Show-Komponenten

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80 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

3.2.5 Filme

Filmzuspieler sind als wesentlicher Bestandteil einer Show nicht mehr wegzu-denken. Der Einfachheit halber nennen wir hier alles Film, was als Einheit aus Bewegtbild und Ton zum Einsatz kommt – egal, ob es sich um eine kurze ver-tonte Zehn-Sekunden-Animations-Sequenz handelt oder tatsächlich um einen eigenständigen Film von mehreren Minuten. Wenn am Anfang eines Projektes die Definition der Show-Komponenten ansteht, sollten Filme zunächst im Hinblick auf ihre Rolle oder Aufgabe definiert werden.

Filme zur Visualisierung & OrientierungDazu zählen all die kurzen „Schnipsel“ wie Namensanimationen für Rednerauf-tritte, Kapiteltrenner zur Einleitung eines neuen Show-Abschnitts, inhaltliche Animationen für kurze dramaturgische Höhepunkte (wie die Bekanntgabe eines Umsatzrekords, eines Preisgewinners etc.). Während für den Regisseur die visu-elle Gestaltung dieser Elemente nur von untergeordneter Bedeutung ist, hat er im Hinblick auf den dramaturgischen Aufbau und die Tonalität relativ klare Vorstel-lungen, damit sie in Form eines kleinen „Einwurfs“ flüssig und harmonisch in den Gesamtablauf passen.

Filme zur Unterstützung der ErlebnisweltFilme werden auch zur Unterstützung von Show-Momenten eingesetzt, wie z. B. eines Showacts, einer Produkt-Enthüllung, eines Commitment-Acts/Magic Moments etc. Die wesentliche Betonung liegt hier auf „Unterstützung“. Der Film übernimmt die Rolle des Begleitorchesters, nicht des Solisten! Und dabei geht es nicht um den Selbstdarstellungsdrang eines Hauptdarstellers. Vielmehr ist es für das Publikum höchst unangenehm, wenn zu vieles gleichzeitig passiert. Sobald die Gäste auf die Leinwand schauen, haben sie Angst, dass sie bei den Künstlern auf der Bühne etwas verpassen – und wenn sie sich auf die Künstler konzentrieren, haben sie das Gefühl, im Film etwas nicht zu sehen. Eine Konkur-renz-Situation zwischen Hauptdarsteller und Film schafft somit Unzufriedenheit bei den Gästen. Darüber hinaus schmälert es natürlich auch die Gesamtwirkung. Mehr ist hier somit ebenfalls nicht immer mehr. Vielmehr sollte ein Film in die-ser Konstellation den Hauptdarsteller optimal unterstützen, den Fokus auf das Bühnengeschehen lenken und lediglich einen stimmigen und die Gesamtwirkung unterstützenden Rahmen bieten.

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Filme als HauptakteureFilme als Hauptakteure werden u. a. oft als Eröffnungsfilm, als Produktfilm oder als Unternehmensfilm eingesetzt. Hierbei wird nun der Film an sich zum Star. Er steht für sich allein, als Solist. In dieser Rolle haben die Content-Producer mit Abstand die größten kreativen Freiheiten. Gelegentlich besteht jedoch die Gefahr, dass der Auftraggeber sehr inhaltlich-fachlich fokussiert ist, wodurch die emotionale Kom-ponente unter die Räder gerät. Doch was könnte mehr überzeugen als ein emotional mitreißender Produkt- oder Unternehmensfilm? Dass hierbei die Berücksichtigung der Positionierungsfragen eine elementare Rolle spielt, versteht sich von selbst.

3.2.6 Musik

Es gibt kein Mittel in der Eventbranche, mit dem man schneller und einfacher Emotionen erzeugen kann als mit Musik. Musik ist wie eine Fernbedienung, mit der man auch bei großen Menschenmengen definierte Gefühlswelten einfach „anschalten“ kann. Deshalb sehen wir uns den strategischen Einsatz von Musik gezielt an.

Einlass- und PausenmusikMeist stellt sich ein bis zwei Tage vor der Veranstaltung die obligatorische Frage: „Haben wir eigentlich Einlass- und Pausenmusik?“ Die Blicke wandern fragend zum Tontechniker. Dieser antwortet bedächtig nickend: „Ich habe was dabei.“ Und kurz darauf hört man zum tausendsten Mal „Café del Mar“ oder vergleichbar ausdrucks-lose Fahrstuhl-Musik. Ist dies zielführend? Nein! Egal, ob man die Zuschauer bereits in die Konzern-Erlebniswelt einführt – elegant-seriös, hipp oder eher technisch anmu-tend – oder ob vor dem Mitarbeiterkongress morgens dafür gesorgt wird, dass alle wach, gut gelaunt und eingestimmt werden: Mit der Einlassmusik wird ein emo-tionaler Teppich ausgerollt, über den später die Show schreiten darf! Und wer will tatsächlich unter einer wertigen Show einen Teppich der Belanglosigkeit und Aus-tauschbarkeit? Dann ist es im Zweifel besser, auf den Teppich komplett zu verzichten – somit kann die Show für sich stehen, ohne eine triviale Einfärbung.

ShowmusikBei der Buchung von bestehenden Showacts wird die Musik durch die Künst-ler geliefert. Auch hierbei gilt: Die Showmusik gibt den emotionalen Rahmen des Showacts vor. So kann eine Percussion-Nummer von klassischer Musik (mit Beat-Elementen) bis zu Reggea, Hip-Hop und Electro alles darstellen. Ebenso

3.2 Definition der Show-Komponenten

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82 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

können Vertikaltuch-Artisten, Parcours-Künstler oder sonstige Darsteller sehr viele unterschiedliche emotionale Welten abbilden. Daher lohnt es sich, beim Künstler-Casting auch jeweils deren vorhandene Showmusik anzuhören. Natür-lich können die meisten Künstler auch zu einer neuen, vom Kunden gewählten Musik performen. Dies bedeutet jedoch in der Regel eine komplett neue Choreo-grafie des Showacts, wodurch höhere Kosten entstehen, die meist am Anfang bei der Budgetplanung nicht berücksichtigt wurden.

Bei der Neugestaltung eines Showacts wird es notwendig, hierfür passende Musik produzieren zu lassen. Verschiedene Lösungen sind denkbar: vom Zusam-menschnitt und Editieren bereits bestehender Musik in einem Tonstudio bis zur Komposition eines komplett neuen Werkes und diversen Mischformen.

Das Editieren eines Musikstücks im Tonstudio stellt meist einen relativ kos-tengünstigen Weg zur eigenen Showmusik dar. Das vorhandene Musik-Reper-toire ist so umfassend, dass man mit ausreichend Recherche zu einem guten Ziel kommt. Jedoch ist auch hier zu beachten, dass eine Showmusik einem gewissen dramaturgischen Spannungsbogen zu folgen hat und daher mit viel inszenatori-schem Sachverstand zu erstellen ist. Ein reines Potpourri aus den Lieblingssongs des Auftraggebers wird keine geeignete Basis für eine gelungene Inszenierung bieten.

Die High-End-Variante ist die Beauftragung eines Arrangeurs oder Kompo-nisten. Glücklicherweise gibt es mittlerweile einige, die sich auf die Komposi-tion von Showmusik spezialisiert haben und es verstehen, Showabläufe exzellent in Klang- und Musikwelten umzusetzen. Wenn man dann in der Musik bereits die Sonne aufgehen, das Fahrzeug vorfahren oder den Künstler herabschweben „hört“, ist eine perfekte Basis für ein faszinierendes Show-Erlebnis mit Gänse-haut-Charakter geschaffen.

GEMA und andere VerwertungsgesellschaftenWenn man von einer kleinen Auswahl an qualitativ meist nicht empfehlens-werter GEMA7-freier Musik absieht, ist die Verwendung jeglicher Musik gebührenpflichtig. Und dies gilt nicht nur für Deutschland. Vielmehr haben nahezu alle Länder nationale Verwertungsgesellschaften, die die Nutzungs-rechte künstlerischer Werke verwalten und abrechnen. Maßgeblich ist hierbei immer die nationale Regelung des Landes, in dem die Veranstaltung stattfindet. Nähere Informationen zum in Deutschland gültigen insgesamt recht unübersicht-

7GEMA Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungs-rechte.

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lichen GEMA-Regelwerk findet man beispielsweise in dem Buch „Eventrecht Kompakt“ (Riesch und Kerst 2011). Im Bereich der Marketing-Events greifen in Deutschland in der Regel die GEMA-Tarifverträge U-V (beim Einsatz von Live-Musikern) bzw. M-V (bei der Verwendung von Tonträgern). Zusammenfassend kann gesagt werden: Auch wenn die korrekte Anmeldung von Veranstaltungen ein wenig mühsam ist, muss eine reguläre Abwicklung der Verwertungsrechte erfol-gen. Gerade im Zeitalter von sozialen Medien ist die Nachvollziehbarkeit von Veranstaltungen sehr transparent geworden. Dies gilt nicht nur für die Verwertung von Musik, sondern ebenso für Text-, Bild- und Filmrechte.

An dieser Stelle seien nur zwei Aspekte näher herausgegriffen. Der Faktor GEMA-Gebühren sollte rechtzeitig in die Entscheidung, in welcher Form Musik zum Einsatz kommt, einbezogen werden. Gerade wenn die Show anschließend als Filmmitschnitt im Internet publiziert, live im Fernsehen ausgestrahlt oder als DVD verkauft werden soll, macht es gelegentlich durchaus Sinn, einen Arrangeur oder Komponisten zu beauftragen. Dieser kann die Rechte-Wahrnehmung durch die GEMA für den Teilbereich „Arrangement/Komposition von Showmusik“ ver-traglich ausschließen und die Erstverwertungsrechte an den Auftraggeber übertra-gen. Somit fallen für den Veranstalter keine GEMA-Gebühren an. Daneben sollte immer abgeklärt werden, ob der Auftraggeber u. U. bereits einen Jahrespauschal-vertrag mit der GEMA abgeschlossen hat, was bei einigen Großkonzernen der Fall ist, und welche Anwendungsbereiche dieser umfasst. Möglicherweise werden dadurch eine Anmeldung und Gebührenabführung hinfällig.

3.2.7 Kinetik, Laser, Wasser, Pyro und Co.

Neben den bisher genannten Komponenten kommen in vielen Shows auch noch diverse Special Effects zum Einsatz. Horizontal und vertikal verfahrbare Büh-nen- oder Deko-Elemente, bewegliche LED-Wände und Projektionsflächen, Drehscheiben, Wasserleinwände, Lasershows, Pyrotechnik und zunehmend auch Flugobjekte sind eine kleine Auswahl der Besonderheiten, die uns in der Show-Branche begegnen.

Die Einbindung von derartigen Showelementen bedarf einer sehr genauen Überprüfung und Planung im Hinblick auf Personen- und Gebäudesicherheit im Sinne der geltenden Gesetzgebung sowie dem baulichen und technischen Einbau ins Gesamt-Set-up. Diese Aufgaben liegen jeweils bei Messebau und Technik bzw. dem vorgeschalteten Planungsbüro.

Darüber hinaus gibt es jedoch einige Aspekte, mit denen sich auch ein Regis-seur auseinandersetzen sollte.

3.2 Definition der Show-Komponenten

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Spezifizierung der LeistungsanforderungJe detailliertere Vorstellungen ein Regisseur von den erwünschten Effekten hat, desto zielgerichteter und kosteneffizienter können technische Speziallösungen geplant werden. Soll etwa eine Seilwinde einen Künstler einmal in Showhöhe fahren und am Ende wieder ablassen? Oder gibt es viele Fahrbewegungen, die sekundengenau auf Musik getaktet werden müssen? Ist es bei einer Drehscheibe wichtig, dass sie im Rahmen eines Objekt-Mappings auf den Millimeter genaue Positionen anfährt, wodurch ein Positioniersystem erforderlich wird? Oder ist eher von Bedeutung, dass man ungewöhnlich schnelle Drehungen erreichen kann? Soll ein Wasservorhang in erster Linie eine konstante, möglichst dichte und homogene Projektionsfläche bieten? Oder liegt der Fokus auf Watergraphic-Effekten?

SynchronisationSpezielle technische Show-Komponenten stehen, mit wenigen Ausnahmen, nie-mals für sich alleine. Vielmehr sind sie unterstützender Bestandteil einer Gesamt-Inszenierung. Einen wesentlichen Faktor hierbei bildet die Synchronisation mit Musik, Licht, Video-Content und anderen Elementen. Am häufigsten erfolgt die Synchronisation über Timecode.

Timecode „Der Timecode (TC) bzw. Zeitcode ist eine Technik, um ver-schiedene technische Geräte auf den Bruchteil einer Sekunde genau zu synchro-nisieren“ (Wikipedia 2017a). Hierbei spielt eines der Geräte (der sogenannte Timecode-Master) ein Audiosignal aus. Alle anderen Geräte sind per Kabel mit dem Timecode-Master verbunden und synchronisieren sich somit permanent mit dem Timecode-Signal.

Dementsprechend ist es wichtig, auf die Synchronisations-Möglichkeiten dieser speziellen Show-Komponenten zu achten. Darüber hinaus ist es sinnvoll, sich damit zu befassen, welche technischen Befehle konkret über Timecode getriggert werden können und welche nicht.

TimingsKinetische Bewegungsabläufe setzen sich immer aus drei Phasen zusammen: der Anfahrts- oder Beschleunigungsrampe, der Bewegung in Endgeschwindigkeit und der Bremsrampe. Angegebene Maximal-Geschwindigkeiten beziehen sich jedoch immer auf die Endgeschwindigkeit. Somit ist diese keine präzise Angabe für die realen Bewegungszeiten! Entsprechend sollten alle technischen Anfor-derungs-Definitionen unter dem Aspekt der finalen Realzeiten erfolgen – es gilt nahezu überall die Regel: Langsamer geht immer, schneller geht nimmer!

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Die Fragen des Realtimings spielen später in Abschn. 3.4 beim Briefing der Pre-Productions eine entscheidende Rolle.

3.2.8 Interaktive Live-Technologien

Im Rahmen der aktiven Publikumseinbindung (Abschn. 3.3.1) werden in den ver-gangenen Jahren immer häufiger interaktive Live-Technologien genutzt. Hierzu zählen z. B. Votings, digitale Großgruppen-Spiele, Brainstormings und Commit-ment-Acts, Realtime-Fragen oder Kommentare an den Moderator. Während vor einigen Jahren für diese Aktivitäten spezielle Endgeräte an die Besucher ausgege-ben wurden und somit die Einbindung eines erfahrenen Anbieters unumgänglich war, funktionieren viele Technologien heute auch ganz einfach mit dem Smart-phone und diversen Apps. Doch diese „simple and cheap“-Lösungen müssen mit Vorsicht betrachtet werden. Eine Interaktion beispielsweise mit 500 Personen und damit 500 Endgeräten kann während der Proben nicht getestet werden – und somit zeigt sich dann erst während der laufenden Show, ob die Anwendung wirk-lich praxistauglich ist.

Der häufigste Ausfallgrund ist hierbei meist das lokal verfügbare WLAN. Die mehr oder weniger synchrone Einwahl von teilweise einigen Hundert Endgeräten lässt oftmals das WLAN einer Veranstaltungslocation kurzfristig zusammenbre-chen. Ebenso kann die synchrone Einwahl von vielen Endgeräten auf eine web-basierte Anwendung zu einem „Denial of Service“, also einer Nichtverfügbarkeit aufgrund Datenüberlastung, führen. Profianbieter hingegen können den tatsäch-lichen Leistungsbedarf nach Raumvolumen und Personenzahl präzise ermitteln und ein entsprechendes geschlossenes Hochleistungs-WLAN einrichten. Das geschlossene WLAN hat den Nebeneffekt, dass sensible Daten und Umfrageer-gebnisse in einem von außen nicht zugänglichen, sicheren Bereich bleiben.

Ein weiterer Aspekt, der bei der Verwendung von persönlichen Endgerä-ten bedacht werden sollte, ist die mangelnde Kompatibilität unterschiedlicher Betriebssysteme. Wenn also jeder Event-Besucher sein persönliches Smartphone verwendet, müsste eine Interaktionsplattform gleichzeitig kompatibel sein mit verschiedenen Betriebssystemen (z. B. Android, IOS, Blackberry und Windows Phone) und zudem auch noch mit den unterschiedlichsten Update-Versionen. Dies kann kaum eine Plattform wirklich leisten, was dazu führt, dass je nach Anwendungsfall rund 10 % bis 20 % der Gäste nicht teilnehmen können. Falls also eine möglichst vollständige Teilnahme erwünscht ist, sollten einheitliche Endgeräte ausgegeben werden. Eine Ausnahme bildet hierbei eine Mitarbeiterver-anstaltung, bei der alle Beteiligten über ein Geschäfts-Smartphone oder -Tablet desselben Herstellers verfügen.

3.2 Definition der Show-Komponenten

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Auch im Bereich der interaktiven Live-Technologien ist somit eine professionelle Herangehensweise vonnöten. Es sind uns keine Veranstaltungen bekannt, in der eine „simple and cheap“-Lösung wirklich zufriedenstellend funktioniert hat; vielmehr führte sie immer zu Stress, Frustration und gelegentlich sogar zu einer temporären Show-Unterbrechung. Falls also das Budget für eine zuverlässige Lösung nicht vor-handen ist, sollte man besser darauf verzichten oder analoge Lösungen suchen.

3.3 Ablaufplan/Storybook

Der Ablaufplan, gelegentlich auch Storybook oder Showflow genannt, ist das essenzielle Dokument, in dem detailliert der genaue Showablauf abgebildet wird. Nachdem der Ablaufplan sehr häufig mit einem Regieplan verwechselt wird, sehen wir uns hierfür zunächst eine abgrenzende Definition an:

Ablaufplan Der Ablaufplan ist das ausführliche Dokument, mit dem der gesamte Showablauf detailliert erläutert wird. Er dient dem Abstimmungsprozess mit dem Kunden. Dementsprechend ausführlich und bildhaft ist die Formulie-rung. Er enthält beispielsweise auch die einzelnen Gänge des Dinners, konkrete Beschreibungen zur Wirkung einzelner Showsequenzen und Lichtstimmungen sowie Kurzversionen der Rede- und Moderationsinhalte. Darüber hinaus können, soweit vorhanden, auch Renderings, Grafiken und sonstige Bilder eingebunden werden.

Regieplan Der Regieplan ist eine kurze, präzise Tabelle, die als Arbeitsgrund-lage während der Proben und der Show vor allem für Techniker und sonstige Show-Mitwirkende dient. Abläufe sind in Stichworten und Halbsätzen skizziert, Namen sind nicht komplett mit allen Titeln, Vor- und Nachnamen ausgeschrieben, Showeffekte sind in gängigen Abkürzungen und Fachbegriffen dargestellt. Wich-tigste Kriterien des Regieplans sind Kürze und Präzision, um sich jederzeit auf einen Blick orientieren zu können.

Bisher war zunächst mit einem Pitch-Konzept eine eher abstrakte und grobe Beschreibung des wesentlichen Inszenierungs-Kerns vorhanden sowie die Zuta-ten in Form der Definition der Show-Komponenten. Nun gilt es, diesem „Ske-lett“ Leben einzuhauchen. Die Elemente müssen in eine sinnvolle, dramaturgisch ansprechende und mitreißende Abfolge gebracht werden.

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Zum Thema Event-Dramaturgie gibt es einige sehr gute Bücher8. Ebenso ist der Begriff „Storytelling“ aktuell in aller Munde. Diese Methode bietet hervorragende Möglichkeiten, dem multisensualen Charakter von Events gerecht zu werden.

Im Folgenden werden einige wesentliche Aspekte der Ablaufplanung beleuchtet.

3.3.1 Involvement verstärkt Emotionen

Involvement ist ein aus dem englischen stammender Begriff („Beteiligung“), der sich als Fachbegriff im Marketingumfeld etabliert hat, wobei im englischsprachi-gen Marketingkontext zunehmend von „engagement“ gesprochen wird.

Involvement „Von Involvement spricht man im Marketing, wenn der Konsu-ment empfindet, dass ein Produkt etwas mit dem Konsumenten selbst und dessen Persönlichkeit zu tun hat (…)“ (Wikipedia 2017b).

„Ich-Beteiligung; Grad der subjektiv empfundenen Wichtigkeit eines Verhal-tens. Mit steigendem Involvement wird eine wachsende Intensität des kognitiven und emotionalen Engagements eines Individuums angenommen, z. B. bei der Durchführung von Entscheidungsprozessen (…)“ (Springer Gabler Verlag, Gabler Wirtschaftslexikon 2013).

Der Grad des Involvements hat beispielsweise Auswirkungen auf Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Konzentration, auf Emotionen und Motivation und letzten Endes auch auf das Verhalten von Personen.

Das Prinzip der Partizipation – egal ob in der Politik, im Wirtschaftsleben oder in der Pädagogik – beruht zum Teil auch auf den Erkenntnissen des Involvements: Prozesse und Entscheidungen, in die ein Mensch selbst aktiv involviert ist, wird er eher unterstützen, fördern und bejahen, wenn er nicht nur passiver Rezipient ist.

Dementsprechend ist es ein durchaus erstrebenswertes Ziel, im Rahmen einer Veranstaltung ein möglichst hohes Involvement zu erreichen, das von vielen Auf-traggebern auch direkt oder indirekt eingefordert wird, z. B. über die Formulie-rungen „Einbindung der Mitarbeiter“ oder „hoher Aktivierungsgrad“. Doch wie kann man dies erreichen?

Reale Einbindung der GästeUm für den Besucher das Gefühl einer distanzierten Berieselung durch eine Fron-talbeschallung zu vermeiden, ist es zielführend, dem Gast in einem gewissen

8vgl. Weiterführende Literatur im Anhang.

3.3 Ablaufplan/Storybook

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Umfang das Gefühl der Mitwirkung zu geben. Dies kann damit beginnen, dass die Gäste Fragen an die Referenten stellen können, im Format einer Q&A-Ses-sion; dies kann jedoch auch so weit gehen, dass einzelne Blöcke der Show von Gästen mitgestaltet werden. Verschiedene Möglichkeiten, Gäste in das Bühnenge-schehen einzubinden, sind nachstehend aufgeführt:

In der Vorbereitung der Veranstaltung: Gäste können

• ab Einladungsversand Fragen einreichen oder Themen vorschlagen;• vorab darüber abstimmen, welche Themen/Referenten sie in einem vorher

festgelegten Showblock behandeln oder hören wollen;• eigene Teilnehmer-T-Shirts für ihre Abteilung gestalten;• Fotos oder kleine Filme einreichen, die im Rahmen der Veranstaltung verwen-

det werden;• anderweitig kreativen Input vorbereiten.

Während der Veranstaltung:

• Q&A-Sessions oder sonstige Diskussionsformate wie z. B. Fishbowl• Open Space Slots (ohne festgeschriebene Agenda, diese wird per Abstimmung

von den Gästen festgelegt)• Abstimmungen/Applausometer, was in den weiteren Verlauf der Veranstaltung

einfließt• Verschiedene Formen von Workshops, Gruppenarbeiten, Infostationen, World Café• Technologische Interaktionsmöglichkeiten (Votings, digitale Brainstormings,

Großgruppenspiele etc.)• Künstlerische oder musikalische Aktionen (Business-Theater, Drum Café oder

vergleichbare Mitmach-Musik-Aktivitäten)• Einbindung von Gäste-Vertretern oder Vertretungs-Teams in das Bühnenge-

schehen

Beispiel zur realen EinbindungAnstatt der jährlichen eher trockenen Vertriebstagung hat ein deutsches Kom-munikations-Unternehmen beschlossen, einen „Sales Contest Day“ einzufüh-ren. Jede Vertriebsregion musste hierfür ein Team stellen, das den Wettkampf teils über Wissensfragen, teils über ein Elfmeter-Schießen über mehrere Spiele-Runden austrug. Zwischen den Runden fanden die gewohnten Reden und Fachvorträge statt, die wiederum Hinweise gaben für das nächste Wis-sensquiz. Bereits in der Vorbereitungsphase übertraf die Veranstaltung alle

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Erwartungen: Es wurden Teamnamen und -logos entwickelt, Fan-T-Shirts und Plakate produziert, Fangesänge und Schlachtrufe einstudiert, Fußball trainiert und branchenspezifische Fachfragen diskutiert. Der Veranstaltungstag war dementsprechend ein rauschendes Fest, nachdem die Gästegruppen in ihren selbst gestalteten Fan-Bussen in der Halle eingetroffen waren. Das Resümee: Es wurden Inhalte mit identischem Umfang wie in den Vorjahren vermittelt, allerdings empfanden die Teilnehmer einer anschließenden Umfrage zufolge die Reden als deutlich spannender und einprägsamer als in den Vorjahren. In der Langfristbetrachtung wurde diese Veranstaltung als der Neubeginn eines positiven Wettstreits zwischen den Vertriebsregionen um die besten Umsatz-zahlen wahrgenommen.

Emotionale BeteiligungDie Form der emotionalen Beteiligung ist wesentlich diffiziler und wird sich demnach kaum in einem Ablaufplan adäquat abbilden lassen. Der Vollständig-keit halber betrachten wir diesen Aspekt aber auch. Emotionale Beteiligung wird dadurch erreicht, dass das Gesagte und Erlebte für den Rezipienten eine persön-liche Relevanz hat. So kann beispielsweise eine neue Mitarbeiter-Software ent-weder sehr technokratisch aus Programmierer-Sicht erklärt werden – oder eben auch eher emotional aus Sicht des Anwenders. Ebenso können Umsatzrekorde als abstrakte Zahlenkolonne oder alternativ als großartige Leistung jedes einzelnen Mitarbeiters geschildert werden. Je mehr sich ein Besucher persönlich im Erleb-ten wiederfindet, desto aktiver und aufmerksamer wird er „am Ball bleiben“. Die Aufgabe besteht daher darin, alle angebotenen Inhalte auf die Relevanz für den Event-Besucher hin zu durchleuchten, irrelevante Elemente zu kürzen oder zu streichen und alles Übrige so umzuformulieren und darzustellen, dass die Rele-vanz für den Besucher unterstrichen wird.

Beispiel zur realen und emotionalen EinbindungEin Pharmakonzern hatte sich entschieden, im Rahmen eines internationa-len Fachkongresses erstmalig an alle Teilnehmer Tablet-PCs zu verteilen, mit deren Hilfe Fragen an den Moderator und die Referenten gesendet werden konnten. Während es in den Vorjahren immer nur drei bis vier mutige Teil-nehmer wagten, eine Frage live am Mikrofon zu stellen, strömten diesmal bis zu 150 Fragen pro Themenblock auf die Referenten ein. Plötzlich entwickelte sich eine ganz neue Nähe zu den tatsächlichen Bedürfnissen und Problemen der Kongressbesucher. Als wertvollen Nebeneffekt hatte der Pharmakonzern nach der Veranstaltung eine umfangreiche Fragen-Datenbank zur Verfügung, mit deren Hilfe auch alle künftigen Aktivitäten näher an den tatsächlichen Kundenbedürfnissen ausgerichtet werden konnten.

3.3 Ablaufplan/Storybook

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90 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

3.3.2 Storytelling: Starke Emotionen entstehen durch Geschichten

Der konzeptionelle Ansatz des Storytellings ist in der Arbeitsphase des Ablauf-plans natürlich falsch platziert – er gehört bereits ganz zu Beginn in die Erarbei-tung des Pitch-Konzepts. Doch auch in der Gestaltung des Ablaufplans spielt die stringente Fortentwicklung der zu erzählenden Geschichte eine wesentliche Rolle.

In unserer Zeit der Informationsflut und Input-Überlastung wird es immer schwieriger, von einer Zielgruppe wahrgenommen zu werden. Fakten allein fal-len hierbei überwiegend durchs Raster. Jedoch lieben die Menschen Geschichten: Geschichten verbinden Informationen mit Emotionen und wirken dadurch nicht nur einprägsam, sondern auch überzeugend. Am besten kann man dies an sich selbst beobachten: Welche Dinge aus unserer Kindheit haben sich besonders stark im Gedächtnis verankert? Es sind die Momente, die mit besonders starken Emo-tionen verbunden sind, egal ob positiv oder negativ! Bereits Kinder lernen durch Geschichten wesentliche Erkenntnisse des Lebens – Geschichten sind die beste Form, Wissen zu vermitteln. Schön wäre es, wenn diese schon lange bekannte Erkenntnis Einzug in unser Bildungssystem finden würde. Ebenso drehen sich im Leben der Erwachsenen nach einer Studie des britischen Psychologen Robin Dunbar nahezu 65 % aller Gespräche um Geschichten, persönliche Erlebnisse und Gerüchte (Dunbar et al. 1997).

Storytelling bei Fachkongressen – ein Ding der Unmöglichkeit?Natürlich ist die Maxime des Storytellings einfach, wenn man bei einem sehr showlastigen Event mit eher kurzen Reden und inhaltlichen Parts eine Geschichte stringent durcherzählen kann. Doch wie realisiert man eine Story, wenn der Hauptteil des Tages aus sachlich-intellektuellen Vorstandsreden oder Fachrefera-ten besteht? Um hier eine Geschichte entstehen zu lassen, benötigt man zunächst einen Veranstaltungs-Titel, der bereits erste Emotionen hervorruft. Des Weiteren muss die Geschichte am Anfang der Veranstaltung (meist durch Eröffnungsfilm und Eröffnungsmoderation) gut eingeleitet werden. Um die Geschichte am Leben zu halten, sollte jeder Redner in seinem Part mit Wortbildern auf das Thema Bezug nehmen – der rote Faden, der sich ja durch jede Veranstaltung ziehen soll, erhält hierbei ein besonderes Gewicht. Wenn die Story dann im letzten Drittel der Veranstaltung einen emotionalen Höhepunkt bekommt und einen guten Modera-tions-Abschluss findet, kann man auch im Rahmen eines hoch wissenschaftlichen Ingenieur-Kongresses eine Geschichte erzählen, die im Gedächtnis haften bleibt und emotionale Überzeugungen schafft! Dementsprechend gilt: Die Implementie-rung der Story und Durchdringung der Gesamtveranstaltung spielen im Ablauf-plan eine essenzielle Rolle.

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3.3.3 Starker Anfang und starkes Ende – gilt dies auch für Events?

Die Maxime „starker Anfang und starkes Ende“ ist weitverbreitet. Im Rahmen einer kurzen Rede, mit der man in einem engen Zeitrahmen die Zuhörer in ihren Bann ziehen muss und die am Ende im Gedächtnis haften bleiben soll, gilt dies durchaus. Im Rahmen von Events muss diese Maxime jedoch näher betrachtet werden. Denn man wird nicht die gewünschte Wirkung erzielen, wenn man eine Show mit einem spektakulären Künstler-Act startet, im Anschluss mehrere nüch-terne Reden aneinanderreiht und im Finale während des großen Feuerwerks noch das neue Produkt auf die Bühne kommt. Vielmehr eignen sich die Ansätze der Storytelling-Methode deutlich besser, nachhaltige Eindrücke zu erzeugen.

Ein „abholender“ AnfangDie Gäste eines Events kommen aus den unterschiedlichsten Situationen und in den unterschiedlichsten Stimmungslagen in der Location an. Manche sind direkt aus dem Büro gespurtet, andere hatten eine lange und enervierende Anreise, andere haben im Foyer gerade noch schwierige Telefonate geführt und komplexe E-Mails gelesen, die ihnen gedanklich nachhängen. Das heißt: Die meisten Gäste sind gedanklich irgendwo, aber noch nicht bei der Veranstaltung angekommen. Dementsprechend hat der Beginn des Events die Aufgabe, das Publikum gedank-lich und emotional abzuholen, an die Hand zu nehmen und behutsam in die Erleb-niswelt, die Thematik und das Spannungsfeld der Veranstaltung einzuführen. Mit einem Bombardement an Fakten und Impressionen sowie nicht zuzuordnenden Informationen wird man den Gast vielleicht erschlagen und verwirren – aber in der Regel nicht dazu bewegen, sich auf die „Erlebnisreise“ einzulassen.

BeispielEin Kunde wollte mit dem Eröffnungsfilm für eine Mitarbeiter-Veranstaltung die verschiedenen Aspekte und Themen der gesamten Veranstaltung kurz und dynamisch abbilden, indem ein Zusammenschnitt aus allen Themenbereichen und Fragestellungen mit sehr energiegeladener Musik unterlegt wurde. Das Ergebnis: Nur die Event-Mitarbeiter, die seit Längerem mit den verschiedenen Themen betraut waren, fanden den Film mitreißend und überzeugend, weil sie ihn durch die wochenlange Auseinandersetzung mit den komplexen Inhal-ten und Bildern verstehen konnten. Für die Gäste hingegen war es ein wildes, unverständliches Durcheinander, das direkt zu Beginn der Show völlig über-forderte.

3.3 Ablaufplan/Storybook

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92 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Ein guter Anfang sollte daher immer folgende Aspekte beinhalten:

• Vorstellung der Protagonisten (hierbei sind meist nicht die Mitwirkenden auf der Bühne gemeint – Protagonist der Geschichte kann ein Unternehmen, eine Marke, ein Produkt oder auch eine fiktive Person, z. B. ein Vertreter der Kun-den- oder Mitarbeiterseite, sein);

• Einführung in die Erlebniswelt (in welchem Umfeld agieren die Protagonis-ten/findet die zu erzählende Geschichte statt);

• Erläuterung des Konflikts/Spannungsfeldes/der Kernfrage (der Reibungspunkt, der den Kern der Veranstaltung bildet und der gegen Ende eine Antwort findet).

Hinleitung zum HöhepunktDie Hinleitung zum Höhepunkt bearbeitet die Kernfrage der Veranstaltung, die immer ein Spannungsfeld oder einen Konflikt beinhalten sollte. Dies stößt zuge-gebenermaßen auf Kundenseite erst einmal auf wenig Begeisterung und bedarf oftmals größerer Überzeugungsarbeit, gerade bei Presse- und öffentlichen Ver-anstaltungen. Der Wunsch, als allmächtiger Konzern wahrgenommen zu werden, der souverän und überlegen jederzeit alle Herausforderungen mit Leichtigkeit im Griff hat, ist omnipräsent – Konflikte, Spannungsfelder und Reibungspunkte hingegen sind unerwünscht. Doch was ist die Konsequenz eines derartigen Ver-suchs, einen makellosen Eindruck zu vermitteln? Erstens: Er erzeugt die Wirkung der kognitiven Dissonanz. Jeder Mensch weiß aus der eigenen Lebenserfahrung, dass niemand, weder Mensch noch Unternehmen, permanent auf der Sonnenseite des Lebens steht, alle Herausforderungen mit Leichtigkeit löst und niemals mit Schwierigkeiten konfrontiert wird. Das ist „Bullerbü“, aber nicht Lebensrealität. Die logische Konsequenz einer derart utopischen Selbstdarstellung ist die Frage der Zuschauer: „Wenn er mir hier etwas vormacht: Wo versucht er, mich sonst noch hinters Licht zu führen?“ Eine weitere Konsequenz ist die gefühlte Herab-würdigung der eigenen Leistung. Denn nur der permanente Kampf des Besseren gegen das Gute, die Niederlagen und das Weiterkämpfen zeigen, wie hart um das Ergebnis gerungen wurde und welche Leistung sich dahinter verbirgt. Und nur die Fehlschläge führen den Beweis, dass das Endergebnis eine großartige Lösung ist.

Der emotionale HöhepunktBei einer Veranstaltung, bei der ein Automobilkonzern ein neues Fahrzeug prä-sentiert, ist es sehr simpel: Der Höhepunkt ist der Fahrzeug-Reveal9. Doch was

9Reveal (engl. enthüllen, aufdecken, zeigen): in der Eventbranche am häufigsten genutzter Begriff für den Enthüllungsmoment eines neuen Produkts.

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933.3 Ablaufplan/Storybook

Abb

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94 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

ist der Höhepunkt bei einem Fachkongress? Oder bei einer Mitarbeiter-Veranstal-tung? Der emotionale Höhepunkt muss, wie der Name bereits sagt, eine emotio-nale Komponente enthalten. Ein wissenschaftlich-verkopfter Vortrag wird niemals einen Höhepunkt darstellen können – im Gegensatz zu einer gut geführten Talk-runde, einem Commitment-Act oder einer emotionalisierenden Rede (Abb. 3.3).

Darüber hinaus stellt der Höhepunkt die Antwort auf die Kernfrage dar. Somit ist er die Auflösung des dargelegten Spannungsfeldes. Er sollte ungefähr zu Beginn des letzten Drittels der Veranstaltung liegen – denn wenn die Kernfrage beantwortet ist, gibt es nicht mehr sonderlich viel zu erzählen! Unnötige Längen nach dem Höhepunkt wirken eher ermüdend und schmälern dadurch die Wirkung des Höhepunktes.

Ein „entlassendes“ EndeKeine gute Geschichte der Welt endet in der Sekunde des dramaturgischen Höhe-punkts. Dementsprechend benötigt auch jede gute Veranstaltung einen entspan-nenden Ausklang. Dies bedeutet nicht, dass Showact oder Feuerwerk nicht einen Schlusspunkt bilden können – aber es sollte kein Element sein, das mit großer Spannung und Thrill arbeitet. Vielmehr sollte es den Höhepunkt noch ein wenig nachbearbeiten/detaillieren und dann zu einem begeisternden, harmonischen Ende führen, das die Gäste mit glänzenden Augen und maximal positiv gestimmt danach entlässt.

Das „Ende des Endes“ hat die Aufgabe, den Gast wieder in die „reale Welt“ zu begleiten. Hierbei geht es um die Frage „Wie geht es hier noch weiter?“, also das Housekeeping oder organisatorische Informationen. Aber bitte tun Sie allen Beteiligten einen großen Gefallen: Für den Hinweis auf das anschließende Buffet muss man nicht zwingend eine zweiseitige Liste der Speisenangebote verlesen – und ebenso müssen zur Mitteilung des Shuttle-Angebots für den Heimweg keine Busfahrpläne bis nachts um 2.00 Uhr minutiös vorgetragen werden. Da reicht durchaus ein Halbsatz darüber, wo diese Informationen zu finden sind!

3.4 Briefing aller Pre-Productions

Für eine Show werden nahezu alle künstlerischen Gestaltungselemente wie medi-ale Inhalte (sowohl Grafiken/Präsentationen als auch Filme), Musik und Choreo-grafien vorproduziert. Diese fertigen Elemente werden dann, vergleichbar mit einem Fertighaus, in den Proben vor Ort zu einer großen Gesamtshow zusammen-geführt. Wer sich schon einmal mit einem Fertighaus auseinandergesetzt hat, wird auch die Herausforderung für die vorproduzierten Show-Elemente erahnen. Wenn

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beim Haus auch nur ein einziges Wandelement falsch vorproduziert wurde, pas-sen Wasser- und Stromanschlüsse, Fenster oder Türen nicht mehr. Gleiches gilt für Showelemente: Nur wenn alle Pre-Productions präzise aufeinander abgestimmt sind, werden die Elemente am Ende ein umsetzbares nahtloses Ganzes ergeben.

Dementsprechend ist ein gut durchdachtes Briefing der Dienstleister zwingend erforderlich – denn das Ergebnis kann nur maximal so gut sein wie das Briefing. Die häufigsten „Stolperfallen“ betrachten wir im Folgenden näher.

3.4.1 Medien-Briefing

BewegungsgeschwindigkeitenAlle Medien-Contents werden zunächst von Agentur und Kunde an normalen Computer-Monitoren betrachtet und bewertet. Nicht selten lautet das Feedback: „Wir hätten gerne noch ein bisschen mehr Action, das ist uns zu langweilig.“ Hier-bei wird jedoch nicht berücksichtigt, dass der Film final nicht auf einem kleinen Bildschirm, sondern auf einer riesigen Leinwand gezeigt wird. Wenn ein Gestal-tungselement, das sich in einer halben Sekunde über den Bildschirm bewegt, am Computer noch ganz harmlos wirkt, so schwirrt es jedoch auf einer zwölf Meter breiten Leinwand mit einer Geschwindigkeit von fast 90 km/h durch den Raum – und dies rund zehn Meter vor den Augen des Publikums! In einem wichtigen Show-Moment kann dies ein schöner Effekt sein. Wenn aber der gesamte Content mit diesen Bewegungsgeschwindigkeiten aufgebaut ist, so wird man spätestens vor Ort merken: „So können wir das nicht lassen, das erschlägt die Gäste!“

Sehr schnelle mediale Bewegungsgeschwindigkeiten, gerade in Kombination mit starken Hell-Dunkel-Kontrasten, sind nicht nur unangenehm für das Publikum, sondern können ernsthaft gesund-heitsgefährdend sein, denn sie gelten als ein typischer Auslöser für epileptische Anfälle. Gleiches gilt für stroboskop-ähnliche Lichtef-fekte. Falls Sie als gesunder Mensch also während der Proben bei mehrfacher Wiederholung eines kritischen Medieninhalts Übelkeit, Kopfschmerzen oder sonstiges Unwohlsein verspüren, ist dies ein deutliches Zeichen, dass bei der Veranstaltung eine Gesundheitswar-nung für Epileptiker ausgegeben werden sollte!

Grafik-Animationen zur Visualisierung & OrientierungBei diesen Animationen erscheinen Grafik-Elemente, Kernaussagen und Bilder auf ein vorab definiertes Stichwort auf der Leinwand – teilweise nur sehr vereinzelt

3.4 Briefing aller Pre-Productions

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96 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

(z. B. Namenseinblendungen [sogenannte „Bauchbinden“] und Kapitelüberschrif-ten), teilweise aber auch während einer kompletten Rede hindurch (Redner-Präsentation). Der Zuschauer wird den Bühnenablauf nur dann als fehlerfrei empfinden, wenn gesprochenes Wort und Grafik-Elemente synchron laufen – und nicht ein paar Sekunden zeitversetzt. Daher ist die Cue-Fähigkeit immer ein wich-tiges Kriterium. Dies bedeutet: Beginnt auf den Cue „Go“ auch wirklich der Inhalt oder muss beispielsweise zunächst der bis dahin gezeigte Video-Content abani-miert werden, damit der neue Inhalt erscheinen kann? Oder beinhaltet das Grafik-Element eine sehr lange Auf-Animation, sodass der wesentliche Inhalt erst nach einigen Sekunden zu erkennen ist? In diesem Fall wäre ein präziser und harmoni-scher Einbau in den Gesamtablauf schwierig. Eine ebenso häufige Stolperfalle ist es, wenn die Animation mit zu viel Preroll (also Schwarzbild vor dem eigentlichen Beginn des Inhalts) produziert wurde.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei animierten Elementen ist die Flexibilität vor Ort. Nicht selten werden in Reden oder Abläufen während der Probe Absätze gestrichen, eingefügt oder Reihenfolgen geändert. Daher sollte auch der Grafik-Content aus lauter einzelnen, in sich geschlossenen Grafik-Elementen bestehen, die man ohne großen Aufwand entsprechend in der Reihenfolge verschieben kann.

Eine ebenso wichtige Entscheidung bei diesen Animationen ist, ob sie mit oder ohne Ton produziert werden sollen. Soll beispielsweise die Animation für die neue Umsatzrekordzahl mit einem Trommelwirbel unterlegt werden? Eine Animation mit Ton führt zu einer größeren Beachtung. Der Blick wird auf die Leinwand gelenkt, und jeder Gast realisiert, dass nun eine sehr wesentliche Infor-mation verkündet wird. Gleichzeitig stellt die Form „Animation mit Ton“ das am häufigsten gewählte Fettnäpfchen für die jeweiligen Redner dar, weil die große Gefahr besteht, dass der Redner direkt ohne Pause weiterspricht. Der Regisseur hat dann lediglich zwei Möglichkeiten: Entweder er „grätscht dazwischen“ mit dem Zuspieler, was dann aber von allen Gästen als Ablauffehler des Redners wahrgenommen wird, oder er versucht, je nach technischer Lösung der Videozu-spielungen, die Animation komplett zu überspringen, was jedoch die Wahrneh-mung der wesentlichen Information deutlich reduziert. Eine allgemeingültige Empfehlung gibt es nicht. Es wird immer unter den Aspekten Wichtigkeit der Information und Bühnenerfahrung des jeweiligen Redners abzuwägen sein.

Filme zur Unterstützung der ErlebnisweltDiese Filme haben, wie bereits oben erwähnt, den Auftrag des „Begleitorches-ters“ für einen Hauptdarsteller (z. B. Medienbespielung während einer künstle-rischen Darbietung). Deshalb ist der begleitende, unterstützende Charakter eine wesentliche Kernaussage des Briefings.

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Darüber hinaus braucht der Mediengestalter klare Vorgaben über den dramaturgischen Ablauf und die genauen Timings. Hierfür muss zunächst der Showact des Hauptdarstellers analysiert werden – welche Tonalität herrscht am Anfang, wie entwickelt sich die Show weiter, wo liegt der Höhepunkt? Sind Bewegungsabläufe eher rund, fließend oder eher eckig und sehr präzise auf Takt? Daraus ergibt sich das Film-Briefing, das die Form eines Storyboards hat. Die Aufgabe des Regisseurs ist es hierbei nicht, die Bilder und visuellen Effekte des Filmes konkret zu definieren – hierfür sind die Mediengestalter wesentlich kompetentere Ansprechpartner. Lediglich die Abfolge und Tonalität der emotionalen Welten mit genauen Zeitangaben werden vom Regisseur in Zusammenarbeit mit den Hauptdarstellern vorgegeben.

Inszenierungs-FilmeInszenierungs-Filme haben in der Regel ein „Zwitter-Dasein“. Sie starten meist in der Einleitung als Solisten, führen ein in eine bestimmte Erlebniswelt und leiten hin zu einer Produkt-Enthüllung oder einem anderen Highlight. Von dem Moment an, an dem das Produkt auf der Bühne erscheint, hat der Inszenierungs-Film dann Begleit-Charakter. Trotz der Einteilung in zwei Akte soll das Ganze jedoch aus einem Guss und zwingend zusammengehörig wirken, weshalb der dramaturgi-sche Ablauf wie folgt gestaltet sein sollte:

1. Einleitung: Einführung in die Erlebniswelt als Film-Solo2. Hinführung zum Höhepunkt – dramaturgischer Spannungsaufbau, endet in der

Übergabe der Solo-Rolle an den Hauptdarsteller (Produkt)3. Höhepunkt – Hauptdarsteller (Produkt) erscheint unter filmischer Begleitung4. Ende – Zusammenführung der Filmwelt und des Hauptdarstellers5. Imposantes Abschlussbild

Da ein Film während der Proben vor Ort meist nicht mehr wesentlich geändert werden kann, ist ein präzises Briefing hinsichtlich der benötigten Filmlängen der einzelnen Elemente erforderlich. Der Regisseur muss also bereits im Voraus die genaue Länge der Inszenierung prognostizieren. Wie viele Sekunden dauert die Einfahrt eines Fahrzeugs? Wie lange dauert es, bis die Drehscheibe das Expo-nat in die gewünschte Position gefahren hat? Wie lange benötigen die Darsteller, bis sie ihren Aktionspunkt auf der Bühne erreicht haben? Welche Zeiten müssen für Kinetik und Special Effects eingerechnet werden? All dies sind wesentliche Fragen für das Film-Briefing. Um hier belastbare Aussagen treffen zu können, muss sich der Regisseur unter anderem mit kinetischen Realgeschwindigkeiten auseinandergesetzt haben. Ebenso sollten Laufgeschwindigkeiten von Personen sowie Fahrgeschwindigkeiten von Fahrzeugen im Zweifelsfall vorab ausgetestet

3.4 Briefing aller Pre-Productions

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98 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

und mitgestoppt werden. Zur Gewinnung präziser Fahrzeugtimings eignen sich übrigens große Supermarkt-Parkplätze an Sonntagen hervorragend – mit Mal-kreide und Maßband können hier Bühnenmaße markiert, verschiedene Fahrwege gestoppt und auch Wendekreise und ähnliches getestet werden.

Content-ListeMit der zunehmenden Medialisierung von Shows wird auch der eingesetzte Medien-Content immer umfangreicher – und teilweise auch unübersichtlicher. Gerade wenn mehrere Medienflächen bespielt werden sollen, sind 200 oder mehr „Filmschnipsel“ keine Seltenheit mehr. Um in dieser Datenflut den Überblick behalten zu können, wird eine Content-Liste dringend erforderlich.

Die Content-Liste sollte folgende Spalten beinhalten 1. Kapitel-Nummer: Diese wird aus dem Ablaufplan übernommen und

dann mit -01, -02, … durchnummeriert. 2. Name: kurzer Arbeitstitel, der im Folgenden in sämtlichen Arbeitsdo-

kumenten einheitlich verwendet wird. 3. Medium: Auf welcher Medienfläche wird der Content gezeigt (auf

Haupt-LED als Fullscreen oder als PiP Seitenscreens, Projektionsfläche 1, 2, 3 etc.)?

4. Verwendung: Für welchen Show-Moment ist der Content gedacht (z. B. Hintergrundbespielung während Gästeeinlass, Inszenierung, Aufgang des Redners etc.)?

5. Beschreibung: grafische Beschreibung des Inhalts (z. B. langsam ani-miertes Logo auf blauem CI-Hintergrund)

6. Länge: Zeit in mm:ss 7. Loopfähig: Ist der Content loopfähig angelegt oder nicht? 8. Sound: Ist der Content mit/ohne Sound produziert? 9. Sonstige Bemerkungen: weitere Spezifikationen, z. B. Untertitel auf

Englisch, Ton- oder Bildüberhang etc. 10. Deadline Freigabe: Bis wann muss der Content final vom Kunden frei-

gegeben sein? 11. Status: In dieses Feld wird mit Datum und Namenskürzel der aktuelle

Produktionsstatus eingetragen (z. B. 24.2., MG: Entwurf an Kunde zur Freigabe; 27.2., MG: Feedback Kunde erhalten).

12. Freigabe: Hier wird lediglich ein Häkchen eingetragen, sobald der Content freigegeben ist.

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Diese Content-Liste ist zunächst beim Medien-Briefing ein wichtiges Dokument, um chronologisch alle benötigten Medien-Contents sowie deren nähere Details zu erfassen. Gerade benötigte mediale Übergänge von einem in den nächsten Con-tent werden hieraus auch ersichtlich. Darüber hinaus begleitet die Content-Liste als Gesamtüberblick alle Schritte der Pre-Production. Und am Ende der Pre-Pro-duction ist es die wichtige Liste für den Regisseur bei der Erstellung des Regie-plans, damit er alle vorbereiteten Contents an der richtigen Stelle in die Show einbauen lässt. Dementsprechend sollte die Content-Liste alle oben genannten Kriterien enthalten, damit am Schluss auch alle Beteiligten die für sie notwendi-gen Informationen finden können.

Programmierung der medialen ShowWenn eine Show die oben genannten Umfänge an medialen Inhalten umfasst, wird es nicht möglich sein, die Contents erst während der Probentage vor Ort zu einer Gesamt-Show im Mediensystem zusammenzubauen (siehe Abschn. 2.2.3). Je nach Show-Umfang und Mediensystem kann dies durchaus mehrere Arbeits-tage in Anspruch nehmen. Daher empfiehlt es sich, dass die Mediengestalter, der Medien-Operator der Show und der Regisseur bereits vor Abreise zum Veranstal-tungsort die Show auf dem Mediensystem anlegen.

Es ist zwingend erforderlich, dass sich alle Beteiligten die dafür benötigte Zeit nehmen. Denn eine möglichst präzise Programmierung und Vorbereitung der Showabläufe vorab sind bereits die halbe Miete für das Gelingen der Proben vor Ort.

3.4.2 Musik-Briefing

Wie bereits in Abschn. 3.2.6 erläutert, ist Musik das einfachste und wirkungs-vollste Mittel, Emotionen zu erzeugen und Aktionen emotional aufzuladen. Dementsprechend wichtig ist im Musik-Briefing eine klare Definition, welche emotionale Erlebniswelt geschaffen werden soll. Denn es gibt keine Musik, die KEINE Wirkung hat – somit ist jede Musik, die nicht das Kommunikationsziel widerspiegelt, eine falsche Musik.

Neben der Bestimmung der emotionalen Erlebniswelt und dem in Abschn. 3.2.6 definierten Verwendungszweck beinhaltet das Musik-Briefing jedoch noch weitere Informationen. Hat die Musik einen Hintergrund-Charakter von beliebiger Länge oder untermalt sie einen Inszenierungs-Moment? Falls sie Teil einer Inszenierung ist, braucht auch die Musik ein zeitlich klar definiertes Storybook. Wie lang ist das Intro, wo folgt der Spannungsaufbau, wo und wie lang ist der Höhepunkt, und in welcher Form erfolgt das Ende?

3.4 Briefing aller Pre-Productions

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100 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Gerade das Ende der Musik spielt bei Inszenierungen eine wesentliche Rolle – ist sie doch die Überleitung zum Publikumsapplaus. Eine Musik braucht ein klares Ende, sozusagen ein nonverbales „Voilà!“. Der häufig gewählte Weg, die Musik am Ende der Inszenierung einfach auszufaden (langsam leiser machen), ist hierbei nicht zweckdienlich.

3.4.3 Interaktive Showacts

Unter interaktiven Shows versteht man die Wirkung einer Wechselbeziehung zwi-schen zwei oder mehr Showkomponenten, nämlich technischen Komponenten und beispielsweise Darstellern/Künstlern. Das bedeutet: Künstler können augenschein-lich durch Gesten oder Aktionen kinetische Bewegungen auslösen, mediale Inhalte verändern und Geräusche erzeugen. Diese Art der Showgestaltung gilt aufgrund ihrer Komplexität und Präzision als die „Königsdisziplin“ der Inszenierungen. Worin liegt die Herausforderung? Die Interaktions-Wirkung ist in der Regel keine reale, sondern eine „vorgetäuschte“ Interaktion. Das Element Technik – Medien-Content, Ton und Kinetik – ist hierbei in der Regel der „Master“, der konsequent nahezu ohne Beeinflussungs-Möglichkeit abläuft. Das menschliche Element Künstler passt sich so präzise an die Inhalte an, dass ein interaktiver Eindruck ent-steht. Darüber hinaus gibt es jedoch auch Mischformen, bei denen einzelne tech-nische Elemente auch tatsächlich auf die Künstler reagieren. Dies geschieht zum Teil über Tracking-Systeme, bei denen die genaue Position der Darsteller (oder von Darstellern manuell bewegte Bühnenelemente) erfasst werden. Aus diesen Positionsdaten werden daraufhin mediale Inhalte gemäß eines vorab programmier-ten Algorithmus berechnet und abgespielt. Eine andere, technisch weitaus einfa-chere Möglichkeit ist, dass die technischen Operator in Reaktion auf die Darsteller einzelne Inhalte oder kinetische Bewegungen manuell steuern.

Bei interaktiven Shows ist es allerdings mit einem Medien- und Musik-Brie-fing allein nicht getan. Vielmehr ist hier eine sehr enge Teamarbeit mit allen beteiligten Gewerken notwendig. Die Abb. 3.4 zeigt beispielhaft an der wohl häufigsten Interaktion von zwei Partnern, „Medien-Content“ und „Tänzer“, wie die einzelnen Arbeitsschritte der Pre-Production aussehen. Zur Vereinfachung der Grafik wurde festgelegt, dass die Musik ein statisches Element ist – oftmals jedoch ist die Musik ebenso ein vollwertiger Interaktions-Partner. Die Notwen-digkeit einer sehr engen Zusammenarbeit und einer permanenten Abstimmung bereits bei lediglich Interaktions-Partnern wird klar ersichtlich. Diese Koopera-tion muss während des gesamten Prozesses begleitet und moderiert werden. Das leistet operativ in erster Linie die Event-Agentur über ihren Creative Director

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Abb. 3.4 Kooperation bei der Entwicklung interaktiver Shows

3.4 Briefing aller Pre-Productions

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102 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

oder den Projektleiter, der Regisseur übernimmt auch hier eine Supervisions-Rolle.

Weitere Hinweise für Interaktive Shows

• Für die Auswahl der Partner von interaktiven Shows sollten nur Dienstleister ausgewählt werden, die räumlich, zeitlich, sprachlich und zwischenmenschlich in der Lage sind, sehr eng zu kooperieren.

• Bei interaktiven Shows, in denen menschliche Darsteller (Tänzer, Artisten, Schauspieler …) eine Rolle spielen, sollten die Interak-tions-Effekte ganz klar auf den musikalischen Takt angelegt sein, um ein präzises Zusammenspiel zu ermöglichen.

• Eine perfekte interaktive Show besteht nicht aus durchgehender Interaktion – sondern aus einem spielerischen Zusammenwirken der einzelnen Protagonisten: Mal ist der eine Solist, mal der andere, mal hat jeder eine sehr autarke Rolle – um sich dann immer wieder an einem Schnittpunkt zu begegnen und zu interagieren.

3.5 Die Produktions-Timeline

Die Produktions-Timeline (Projektzeitenplan) bildet für alle Showbeteilig-ten ab, wann welche Arbeitsschritte begonnen werden können und bis wann sie abgeschlossen sein müssen. Wichtig ist hierbei zunächst, die Abhängigkei-ten zwischen allen Beteiligten klar zu definieren. Wer benötigt wann welche Informationen, wie lange benötigt er zur Weiterbearbeitung, und wer muss mit den Ergebnissen danach weiterarbeiten? Gerade gegenüber Kunden ist eine mit Arbeitszeiten hinterlegte Abhängigkeitsübersicht oftmals wichtig, damit die teil-weise frühen Deadlines nachvollziehbar sind.

Ebenso müssen die Korrekturschleifen und Deadlines für das Kunden-Feedback in der Produktions-Timeline berücksichtigt werden – wobei es sinnvoll erscheint, nicht jeden hierfür eingeplanten Zeitpuffer explizit als Korrek-turschleife zu definieren, weil dies teilweise als Aufforderung zur Generierung weiterer Korrektur-Ideen missverstanden wird.

Es empfiehlt sich, die Produktions-Timeline von hinten aufzuzäumen, das heißt beim Showtag zu beginnen und sich Schritt für Schritt Rich-tung Gegenwart zu arbeiten.

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Doch was ist zu tun, wenn man am Ende merkt, dass der erste Produktions-Schritt bereits vor zwei Wochen fällig gewesen wäre? Teilweise gibt es die Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte zu verzahnen oder durch mehr Personal zu beschleunigen. Bei der Verzahnung mehrerer Arbeitsschritte wird in einem Bereich bereits eine neutrale oder allgemeingültige Arbeitsbasis vorab erstellt, und zwar zeitlich parallel zum eigentlich vorgeschalteten Arbeitsschritt, die dann im nächsten Schritt auf die individuellen Inhalte angepasst wird.

BeispielAuch wenn die tatsächlichen Inhalte und Fakten noch fehlen, können Medien-gestalter bereits Grafik-Vorlagen mit Blindtexten und Platzhaltern anlegen und auf diesem Wege frühzeitig mit dem Kunden den Veranstaltungslook abstim-men. Hierzu gehören beispielsweise folgende Themen: Wie geht man mit Farben und Typo um, wie werden Überschriften dargestellt und animiert, wie sieht eine kurze, eine mittlere und eine lange Bauchbinde ein- und zweizeilig aus, welche Musikrichtung eignet sich für den Film etc.?

Bei der zweiten Variante, der Erhöhung der Manpower, wird die anfallende Arbeit so weit wie möglich und sinnvoll in mehrere Einheiten unterteilt und auf mehrere Mitarbeiter verteilt.

Es muss jedoch allen Beteiligten bewusst sein, dass beide Wege der Zeiter-sparnis mit Mehraufwand und somit Mehrkosten verbunden sind. Falls ein Kunde diese Mehrkosten nicht tragen kann oder will, gibt es nur noch die Möglichkeit, die Show zu vereinfachen und dadurch Zeit einzusparen.

Es ist übrigens dringend davon abzuraten, die Produktions-Timeline so zu „fri-sieren“, dass sie in den Kalender passt – die Praxis hat immer wieder gezeigt, dass diese Methode allen Beteiligten früher oder später auf die Füße fällt. Besser am Anfang ein offenes Wort dem Kunden gegenüber, als aus falsch verstandener Dienstbeflissenheit Unmögliches zu versuchen. Im Laufe eines Projektes treten in der Regel weitere Herausforderungen auf, die dann nicht mehr zu stemmen sind, wenn von Anfang an bereits alles „auf Kante genäht“ ist!

Darüber hinaus ist eine Produktions-Timeline nur wertvoll, wenn sie nach Fer-tigstellung auch von allen Beteiligten zur Kenntnis genommen und freigegeben wurde. Als reiner ungeteilter Wandschmuck über dem Schreibtisch des Projektlei-ters erfüllt sie kaum ihren Zweck.

3.5 Die Produktions-Timeline

Page 117: Event-Regie: Der spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung

104 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

3.6 Der Regieplan

Der Regieplan ist das „Herzstück“ für alle Showbeteiligten. An dieser Stelle nochmals die Erläuterung:

Regieplan Der Regieplan ist eine kurze, präzise Tabelle, die während der Proben und der Show als Arbeitsgrundlage vor allem für Techni-ker und sonstige Show-Mitwirkende dient. Abläufe sind in Stichworten und Halbsätzen skizziert, Namen sind nicht komplett mit allen Titeln, Vor- und Nachnamen ausgeschrieben, Showeffekte sind in gängigen Abkürzungen und Fachbegriffen dargestellt. Wichtigste Kriterien des Regieplans sind Kürze und Präzision, um sich jederzeit auf einen Blick orientieren zu können.

Dies bedeutet konkret: Aus dem Text des Ablaufplans „Der Gastgeber des Abends, Herr Prof. Dr. Wolf-Heinrich Mustermann (Vorstandsvorsitzender der Ich AG und Experte für erneuerbare Energien in Schwellenländern), tritt von links auf die Bühne und geht bis zum für ihn markierten Bühnenpunkt. Dies wird durch Lichteffekte und emotionsgeladene Musik unterstützt. Dann beginnt er seine Rede.“ bleibt im Regieplan lediglich übrig: „Auftrittsjingle & -licht – Auftritt Prof. Mustermann von SL – Rede im Center.“, wobei „SL“ für stage left steht. Ebenso nochmals der Hinweis: Weder komplette Moderationstexte noch die exakte Menüfolge des fünfgängigen Dinners oder irgendwelche Hinweise, welcher Mitarbeiter wann an den Akkreditierungsschaltern im Foyer Dienst hat, haben im Regieplan etwas zu suchen.

3.6.1 Aufbau des Regieplans

Jeder Regisseur hat im Laufe seiner Berufsjahre seine eigene Form des Regieplans (Abb. 3.5) entwickelt – und das ist auch gut so, weil jeder für sich einen Weg fin-den muss, wie er am besten immer den „Überblick auf den ersten Blick“ behält. So arbeiten manche mit farbigen Schriften oder Feldern, mit Mustern, unterschiedli-chen Schriftarten und -größen etc. Im Wesentlichen enthalten jedoch alle Regiepläne folgende, meist im Tabellenkalkulationsprogramm MS-Excel angelegte, Spalten:

• Positions-Nummer: Entweder nach einzelnen Kapiteln gestaffelt (z. B. 1.1, 1.2, 1.3) oder fortlaufend durchnummeriert. Diese Spalte ist wichtig, um bei Gesprächen über den Ablauf oder bei Proben einzelner Sequenzen präzise zu wissen, um welche Stelle im Ablauf es sich handelt.

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3.6 Der Regieplan

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106 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

• Start-Zeit: Hier wird als Uhrzeit in hh:mm:ss eingetragen, wann genau der beschriebene Showpart beginnt. Wenn die Start-Zeit (in Kombination mit der nächsten Spalte „Dauer“) mit automatischen Berechnungsformeln hinterlegt ist, addiert Excel die Uhrzeiten durch die gesamte Show hindurch selbststän-dig, sodass Anpassungen in einzelnen Timings automatisch im kompletten Regieplan angepasst werden. (In manchen Regieplänen wird darüber hinaus in der nächsten Spalte die End-Zeit angegeben – dies ist jedoch nicht zwingend notwendig und führt in der Praxis oftmals dazu, dass man versehentlich die Spalten verwechselt und End-Zeiten als Start-Zeiten weitergibt.)

• Dauer: Geplante Laufzeit des Show-Abschnitts in hh:mm:ss. Auch wenn die Angabe inklusive Sekunden etwas „kleinlich“ wirken mag, sind die Sekunden gerade bei längeren oder „kleinteiligen“ Shows notwendig. Andernfalls könn-ten die „unterschlagenen“ Sekunden am Ende zu mehreren Minuten Laufzeit-Abweichung führen.

• Aktion: In dieser Spalte, meist die breiteste im Regieplan, wird in kurzen Stichworten beschrieben, was in diesem Abschnitt wo passiert. Die Kunst eines guten Regieplans besteht darin, die Abläufe in sinnvolle Abschnitte zusammen-zufassen. Wenn Sie für jeden einzelnen Step eine eigene Zeile anlegen, wird der Regieplan am Ende kaum eine gute Übersicht auf den ersten Blick bieten. Sind hingegen zu viele Arbeitsschritte in eine Zeile gepackt, wird es in den fol-genden Spalten Licht, Ton, Video schwierig werden, die jeweiligen Informatio-nen sauber und verständlich in der Arbeitsreihenfolge abzubilden.

• Personen: In dieser Spalte stehen die Nachnamen der Personen, die auf der Bühne auftreten. Dies ermöglicht einen sehr raschen Überblick, welcher Mit-wirkende als Nächstes benötigt wird und an welchen Stellen er beteiligt ist.

• Licht: Die verschiedenen Lichtstimmungen werden hier eingetragen (z. B. Einlass-Licht, Redner-Licht, Showact auf Timecode etc.). Dies sind zunächst einmal nicht näher erläuterte Schlagworte. Während der Proben wird dann exakt definiert, wie genau z. B. das Redner-Licht aussehen soll.

• Ton: In dieser Spalte findet sich zum einen das jeweils einem Redner zuge-ordnete Mikrofon (z. B. Headset 3, Handsender 1, Rednerpult-Mic.). Des Weiteren finden sich dort alle Tonzuspieler wie Einlass-Musik, Auftritts-Jin-gle, Showmusik etc. Außerdem enthält die Tonspalte auch den Hinweis „von MAZ“, wenn ein Film mit Ton zugespielt wird.

• Video: Im einfachsten Fall ist die Video-Abteilung in einer Spalte abzubilden, nämlich wenn es nur eine Leinwand gibt, die durchgängig vollflächig bespielt wird. In der Praxis werden die Medien-Inhalte jedoch meist auf mehrere Spalten aufgeteilt, je nach technischem Set-up. Wenn es beispielsweise meh-rere Hintergrund-Bespielungen gibt, auf die links und rechts PiPs integriert

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werden, macht es Sinn, drei Spalten einzufügen: „Hintergrund“, „PiP links“ und „PiP rechts“. Andere häufig verwendete Set-ups führen zu den Spalten „Leinwand Mitte“ und „Leinwand rechts & links“. Falls es Monitore im Foyer gibt, die abweichend von der Leinwand im Saal bespielt werden, bekommen diese ebenso eine eigene Spalte. Zusammengefasst bedeutet das: Die Video-spalten sollten so angelegt sein, dass die vorhandenen Medienflächen in der Location klar zuzuordnen sind.

• Notizen: Diese Spalte bietet Platz, wichtige Hinweise z. B. für den Stage-Manager oder Regie-Assistenten einzutragen, wie etwa „Hostessen mit Pokalen“, „Standby Auto“, „Bühnenumbau Stagehands“. Auch alle weiteren wichtigen Hinweise für den Regisseur werden eingetragen. Außerdem kann hier jeder Techniker noch seine eigenen Notizen handschriftlich einfügen.

Wichtig zu wissen ist, dass diese Anordnung der Spalten immer nur eine grobe Orientierung ist. Letztlich muss der Regieplan die Show-Abläufe für alle Betei-ligten transparent abbilden können, sodass in bestimmten Fällen eine andere Anordnung der Spalten oder auch das Einfügen zusätzlicher Spalten sinnvoll sein kann. Häufig genutzte Zusatzspalten sind z. B. eine Spalte für Fahrzeuge, wenn mehrere in einer fahraktiven Show zum Einsatz kommen, eine Spalte für Tänzer, falls diese viele unterschiedliche Einsätze haben, oder auch eine Spalte mit klei-nen Bühnenskizzen, falls es zu vielen Änderungen der Bühnensituation kommt.

Ein wichtiger Aspekt bei der Erstellung des Regieplans ist die Kontinuität der Formulierungen. So wird der Moderator entweder konsequent immer mit „Mod“ abgekürzt oder immer mit seinem Namen genannt. Eine Vermischung beider For-men erweckt irrtümlicherweise sonst manchmal den Eindruck, dass es sich um zwei unterschiedliche Personen handelt. Häufig schafft mangelnde Kontinuität Verwirrung auch bei Filmzuspielern: Filme können im Laufe des Projekts unter-schiedliche Namen bekommen haben.

BeispielBei einem Projekt fanden sich in einem Ablaufplan fünf Namen für ein und denselben Film: Intro-Film, Image-Film, Opening-MAZ, Eröffnungs-Film und Konzern-Vorstellung. In solch einem Fall ist es sehr wahrscheinlich, dass es zu Verwirrung und Verwechslungen kommt.

Auch das Format des Regieplans ist einheitlich definiert. In der Praxis hat sich DIN A4 im Querformat, einseitig bedruckt, als die praktikabelste Lösung erwie-sen. Gut gemeint – zwecks besserer Lesbarkeit – ist ein Ausdruck der Regiepläne in DIN A3; doch diese Dokumente finden auf Technikpulten und Arbeitsplätzen nicht ausreichend Platz, um als Arbeitsdokument zu dienen.

3.6 Der Regieplan

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108 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

3.6.2 Änderungen im Regieplan

Oftmals fordert ein Kunde bereits nach der ersten Ablaufbesprechung einen Regieplan an. Die Frage ist: Ab wann ist ein erster Regieplan sinnvoll? Wie bereits im Abschn. 3.3 erläutert, ist für Kunden-Meetings ein Ablaufplan besser geeignet. Darüber hinaus enthält ein Regieplan viele technische und inhaltliche Details, die meist erst in einem späteren Projektstadium bekannt sind. Daher ist ein Regieplan erst sinnvoll, wenn ausreichend detaillierte Informationen vorlie-gen. Dies ist, je nach Projektverlauf, manchmal schon acht Wochen vor Proben-beginn, manchmal aber auch erst zwei oder drei Wochen vorher. Bis dahin sollte der Ablaufplan als Abstimmungsdokument dienen.

Bei allen Änderungen im Regieplan nach dem Erstentwurf empfiehlt es sich, diese zunächst zu sammeln, um dann beim Regisseur eine nächste Version des Regieplans anzufordern. Es ist nicht ratsam, dass Kunden oder Projektlei-ter direkt Änderungen im Regieplan vornehmen – weil Änderungen immer ein konsequentes Durchdenken aller beteiligten Gewerke bedingen, um logisch kor-rekt zu bleiben. Ein neu eingefügter Redner bedeutet z. B. für die Berechnung der Showzeiten eine Formel-Erweiterung, für den Ton eine neue Nummerierung aller folgenden Mikrofone und einen Auftrittsjingle, für die Video-Abteilung eine neu einzufügende Bauchbinde etc. Wenn Änderungen nicht in aller Konsequenz eingepflegt werden, entsteht ein Daten-Durcheinander, dessen Entwirrung enorm viel Zeit in Anspruch nimmt. Daher ist es wesentlich zielführender, wenn für Kor-rekturschleifen eine weitere Spalte „Änderungen“ eingefügt wird. In diese Spalte können alle Beteiligten ihre Anmerkungen eintragen, die im Anschluss dann vom Regisseur sauber eingearbeitet werden.

Vor Ort existiert genau eine Version des Regieplans, nämlich die Version kurz vor Proben-Beginn. Der Regieplan ist für alle Beteiligten ein wichtiges Arbeits-dokument, das mit persönlichen Notizen, Markierungen und Anmerkungen verse-hen wird. Wenn nun bei jeder Ablaufänderung eine neue Version des Regieplans in Umlauf gebracht würde, müssten alle ihre handschriftlichen Eintragungen immer wieder in neue Dokumente übertragen, was keinen Sinn macht und eine große Fehlerquelle darstellt. Einzige Ausnahme: wenn in den Proben die Abläufe so gravierend verändert werden, dass man diese nicht mehr durch handschrift-liche Notizen im bisherigen Regieplan abbilden kann. In dieser Situation ist es zweckmäßig, dass der Regisseur über Nacht einen neuen Regieplan erstellt und den nächsten Probentag damit beginnt, dieses Dokument zu besprechen, und allen Beteiligten die Zeit gibt, ihre notwendigen Notizen zu übertragen.

Den Regieplan sollte der Regisseur bis zur ersten Probe im Grundgerüst aus-wendig kennen – denn die Probenabläufe lassen es nicht zu, dass man bei jeder

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Frage oder Überlegung erst in seinem Plan nachliest, wie die Show an welcher Stelle weitergeht. Der Vorteil des Regieplan-Erstellens ist jedoch, dass man sich in dieser Arbeitsphase so intensiv mit jeder einzelnen Show-Sekunde beschäftigt, dass man den größten Teil danach ohnehin auswendig beherrscht.

3.7 Die Proben

Nachdem in den bisherigen Kapiteln ausschließlich in der Theorie am Schreib-tisch und im Meetingraum an dem Showprojekt gearbeitet wurde, wird es nun endlich ernst – die schönste Zeit des Projekts beginnt!

Auch nach vielen Jahren Praxiserfahrung ist es ein besonderes Gefühl, eine Halle zu betreten, in der an allen Ecken Messebauer, Techniker und Agenturteams beschäftigt sind – um dann, mit Blick auf die Bühne, das erste Mal die Show vor dem geistigen Auge ablaufen zu lassen.

3.7.1 Handover – Umstrukturierung des Projektteams

Spätestens mit dem Beginn der Proben findet in der Aufgabenverteilung des Pro-jektteams eine wichtige Änderung statt: Bis zu diesem Zeitpunkt war der Projekt-leiter der Hauptverantwortliche und Ansprechpartner für die Show, der Regisseur hatte eine beratende und unterstützende Rolle. Nun übernimmt der Regisseur die Führung, wobei er vom Projektleiter in seiner Arbeit unterstützt wird. Dies bedeutet beispielsweise für einen Künstler: Der Projektleiter sorgt vor Ort dafür, dass der Künstler pünktlich anreist, seine vertraglich vereinbarten Rahmenbedin-gungen wie Garderobe, Catering, Hotel und Shuttle vorfindet und alle organisato-risch notwendigen Informationen erhält. Der Regisseur ist verantwortlich für das künstlerische Briefing, die Probenabläufe und alle Abstimmungen zum Auftritt an sich. Ebenso stimmt ein Kunde Änderungen im Showablauf nun nicht mehr mit dem Projektleiter, sondern dem Regisseur ab.

Warum ist dieser Handover überhaupt notwendig? Hierfür gibt es mehrere Gründe: Ein Projektleiter ist vor Ort der „Feuerwehrmann“ für alle Bereiche. Egal ob Messebau, Catering, Akkreditierung, Shuttles, Hostessen, Kundenbe-treuung, überall gibt es Themen und Fragestellungen, in die der Projektleiter involviert ist. Die Proben jedoch brauchen eine durchgängige Leitung und die Entscheidung unzähliger kleiner Detailfragen, sodass dieser Aufgabenbereich en bloc ausgelagert werden muss. Darüber hinaus ist vor Ort eine ganz klare Kom-munikationsstruktur wichtig. Wenn Beteiligte von verschiedenen Seiten unter-schiedliche Anweisungen erhalten, so führt dies nur zu Konfusion und Chaos.

3.7 Die Proben

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110 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Damit dieser Übergang reibungslos erfolgt, empfiehlt es sich, im letzten gro-ßen Gesamtmeeting vor Probenbeginn diesen Handover klar zu artikulieren und zu zelebrieren. Denn dieser Schritt bedeutet für alle Beteiligten eine Neuorien-tierung und eine Änderung der bisher eingefahrenen Abstimmungsstrukturen. Die Erfahrung zeigt hierbei: Je bewusster und klarer die Verantwortung weiter-gegeben wird, desto weniger Missverständnisse, Unstimmigkeiten und unnötige Mehrarbeit ergeben sich in der hektischen und stressbeladenen Probenzeit.

BeispielEin sehr schönes Erlebnis gab es mit einer Event-Agentur, die am Ende des letzten Meetings eine rote Mappe mit wichtigen Dokumenten des Projekt-teams an den Event-Regisseur überreichte. Auf der Mappe stand: „Bring unser Baby nach Hause!“ Dies war ein sehr emotionaler Moment des gegenseitigen Vertrauens, des Loslassens – und des Annehmens der großen Verantwortung.

3.7.2 Die Proben-Architektur

Stellen Sie sich einmal vor: Alle Showbeteiligten, vom Techniker über die Tän-zer bis zum Moderator und Vorstandsvorsitzenden, stehen gemeinsam an einem Montagmorgens um 9.00 Uhr in einer Veranstaltungshalle vor Ihnen und möchten gerne mit der Probe beginnen. Alle kommen mit ihren Fragen und Informationen, Bedenken und Vorschlägen zusammen. Das wäre das größte Chaos – und Sie als Regisseur könnten nur noch die Flucht ergreifen und sich in Ihrer Garderobe ver-kriechen. Daher hat die Struktur der Proben einen klaren, logischen Aufbau. Wie beim Hausbau beginnen Sie mit dem Fundament, ziehen dann langsam ein Stock-werk nach dem anderen hoch und setzen zum Schluss das Dach darauf.

Doch was ist das Fundament, und was ist das Dach? Grundsätzlich kann man sagen: Personen, die in alle Showparts integriert sind, bilden das Fundament. Das sind in erster Linie die Techniker. Das Erdgeschoss bilden Personen, die relativ viele Parts haben, wie zum Beispiel ein Moderator. Das Dach besteht aus den Personen, die eine einzelne kurze Passage der Show bestreiten.

Weitere Kriterien bei der Konzeption der Probenstruktur sind die Verfügbar-keit der Personen und die größtmögliche Vermeidung von Wartezeiten: Die meis-ten Showbeteiligten würden gerne als Letztes in die Proben integriert werden, um Leerlaufzeiten zu vermeiden. In der Regel ist es so, dass ein hochrangiger Kon-zernvertreter, z. B. ein Vorstandsvorsitzender, eher als einer der letzten Beteiligten in der Probelocation ankommt und am wenigsten Wartezeit zur Verfügung hat. Künstler hingegen kann man entsprechend früher buchen, damit sie zu einem frü-heren Probenzeitpunkt bereits vor Ort sind.

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Falls es Probenparts gibt, die auf der Bühne, jedoch erst einmal ohne Betei-ligung aller technischen Gewerke stattfinden müssen, empfiehlt es sich, diese ganz nach vorne zu platzieren, vor den Start der technischen Durchlaufproben. Während also die Techniker noch ihre Systeme programmieren und feinjustieren, können beispielsweise erste Fahrproben eines Fahrzeugballetts oder auch „Tro-ckenproben“ für Tänzer, also Proben ohne Musik und Licht, stattfinden.

Nachdem Probentage vor Ort mit der gesamten Show-Crew eine sehr kostspie-lige Angelegenheit sind, gehört es zum guten Ton (und dies sollte allen Beteilig-ten vorab auch klar kommuniziert werden), dass man vorbereitet zu den Proben erscheint und nur noch das probt, was ausschließlich auf der Originalbühne und unter Zusammenwirkung mit anderen Gewerken der Show-Crew möglich ist. Dies bedeutet konkret: Tänzer sollten vorab in ihrem Tanzstudio die Choreografie bereits einstudiert haben, eine Band sollte neue Songs in ihrem Probenraum erarbeitet haben, und Redner sollten ihre Manuskripte im Büro oder in einem Meetingraum mit den Kollegen besprochen haben. Vor Ort wird ein Fertighaus zusammengesetzt, nicht ein Massivbauhaus Stein für Stein von Grund auf errichtet!

Aus diesen Kriterien ergibt sich ein Grobgerüst für Proben, das je nach beteiligten Showacts folgenden Aufbau hat:

1. Regiemeeting2. Vorproben (falls nötig)3. Technische Proben4. Inszenierung/Showact5. Moderator6. Diverse Redner7. Ggf. Hostessen und Hands8. Hochrangige Redner9. Kurzes Staging für Gastauftritte und „Nachzügler“

Vor dem ersten Probentag gestaltet der Regisseur einen Probenplan, der die logistisch und inhaltlich sinnvollen Abfolgen der einzelnen Proben berücksichtigt und auch die Verfügbarkeiten der einzelnen Beteiligten. Nachdem der Probenplan ein Konstrukt mit sehr vielen Abhängigkeiten ist, können Probe-Slots nur bedingt ausgetauscht und verschoben werden, ohne dass dies zu Mehraufwand, Mehrkos-ten oder Komplikationen führt. Daher sollten Änderungen im Probenplan nur in Absprache mit dem Regisseur vorgenommen werden.

3.7 Die Proben

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112 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

RegiemeetingDas Regiemeeting bildet den gemeinsamen „Startschuss“ der Showproduktion vor Ort für die Technik-Crew. Ziel ist es, alle abzuholen, sie vertraut zu machen mit dem Kunden, dem Projekt und dem Showablauf sowie noch offene Fragen in der Showgestaltung zu klären. Daher sollten zwingend ALLE an der Show beteiligten Techniker an diesem Meeting teilnehmen. Dies hat zwei Gründe: Zum einen ist es für einen Regisseur zeitlich meist nicht möglich, die Abläufe immer wieder für ver-schiedene Kleingruppen zu erläutern. Zum anderen sollen in diesem Meeting auch technische Detailabstimmungen und Abhängigkeiten zwischen einzelnen Gewerken diskutiert und entschieden werden – und dies ist nicht machbar, wenn ein Teil der mitwirkenden Techniker fehlt. Auch die Anwesenheit der Kameraleute ist grundsätz-lich verpflichtend und zielführend, wenn man gute Live-Bilder produzieren möchte. Lediglich bei sehr simplen Veranstaltungsabläufen und einer untergeordneten Rolle des Live-Bilds kann auf die Kameraleute im Regiemeeting verzichtet werden.

Vertreter von Kundenseite sind hingegen im Regiemeeting nicht vorgesehen. Hierfür gibt es auch einen klaren Grund: Die Crew muss erst einmal mit dem Pro-jekt und der aktuellen „Gefechtslage“ vertraut gemacht werden. Dazu gehören auch Erörterungen über aktuell noch bestehende Probleme sowie emotionale und zwischenmenschliche Befindlichkeiten. Zudem müssen manche Herausforderun-gen diskutiert und ein für alle tragbarer Lösungsweg besprochen werden. Wenn nun Kunden im Regiemeeting anwesend sind, wird hier ein offener Austausch nur sehr bedingt möglich sein. Darüber hinaus gehört es zu einem professionellen Dienstleistungs-Auftritt nach außen, dass Probleme erst intern erörtert und dann als konsolidiertes Ergebnis an den Kunden herangetragen werden.

Das Regiemeeting beginnt immer mit einer Vorstellungsrunde: Wie heißen die Beteiligten und für welchen Bereich sind sie zuständig? Der Regisseur sollte sich hierbei bereits Namen und Gesichter einprägen, um die einzelnen Personen ab sofort namentlich ansprechen zu können.

Im Anschluss empfiehlt sich eine kurze Einführung in die Rahmendaten des Kunden und den Hintergrund des Projektes: In welchem Bereich ist der Kunde tätig, welche Vertreter des Kunden sind projektführend vor Ort, was ist das Ziel der Veranstaltung, um welche Inhalte geht es, was sind die Kernaussagen und der rote Faden, wer sind die geladenen Gäste. Hierbei ist es nicht nötig, ausschwei-fend zu referieren – auch an dieser Stelle ist weniger meist mehr. Aber ein Grund-verständnis über den Kunden und das Projekt sollte definitiv jeder Mitarbeiter haben – und dies nicht erst nach der Show!

Im nächsten Schritt geht es dann in medias res. Der letzte Stand des Regieplans wird verteilt und die Showabläufe werden Schritt für Schritt besprochen. Neben den reinen Showabläufen werden hierbei alle wichtigen technischen und logisti-schen Fragen geklärt, wie z. B.: Zwischen welchen Geräten müssen Signalwege

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vorhanden sein? Wer bekommt welchen Input? An welchen Stellen müssen ein-zelne Gewerke synchronisiert werden? Wer spielt welche Media- oder Audio-Zuspieler zu? Welche Zuspieler liegen bereits vor, welche fehlen noch? Was müssen die einzelnen Redner auf den Vorschaumonitoren auf der Bühne sehen? Welcher Redner wird den Teleprompter10 nutzen, wer nicht? Und wann und wo werden die Redner verkabelt? Eine weitere wichtige Frage für den Regisseur: Welche Systeme haben ein Back-up? Und läuft das Back-up permanent „scharf“ mit, oder benötigt man im Bedarfsfall kurz Zeit, um Systeme umzustecken?

Wenn all diese Fragen geklärt sind, kann man zur Probenplanung überge-hen. Zunächst wird der Probenplan gemeinsam besprochen: Wer kommt wann zu welcher Probe und was muss bis dahin fertig vorbereitet sein? Hierbei ist es wichtig, bei der Technik-Crew abzufragen, ob für alle Beteiligten die geplanten Proben-Slots machbar erscheinen und was sie noch benötigen, um reibungslose Probenabläufe zu gewährleisten. Die noch erforderlichen Unterlagen, Daten und Informationen müssen im Anschluss vom Regisseur (oder von seinem Assisten-ten) bei Agentur, Kunde und Medienagentur angefordert werden.

Um eine gute Team-Kommunikation während des gesamten Probenzeitraums zu gewährleisten, ist es zielführend, wenn das Regiemeeting nicht das einzige Meeting bleibt. Vielmehr sollte jeder Probentag mit einem kurzen Abschluss-Meeting enden, in dem der aktuelle Status aller Beteiligten abgefragt und die Aufgaben für den nächsten Tag besprochen werden. Hierbei ist es sinnvoll, auch alle Gewerke hinzuzuziehen, deren Arbeit von den Proben direkt tangiert wird, wie z. B. Messebau, Fahrer und Catering.

Festlegung der Kommunikation während Proben und ShowZum Abschluss des Regiemeetings sollten die Kommunikationskanäle der Inter-com besprochen werden: Sind alle auf einem Kanal, der sogenannten „Party-line“, oder gibt es mehrere Kanäle? Wer kann und muss mit wem über welchen Kanal sprechen? Bei kleineren Produktionen ist die Kommunikation für alle auf der Partyline durchaus ausreichend und machbar. Je mehr Personen jedoch auf der Intercom sind, desto sinnvoller ist es, über mehrere Kreise zu sprechen. Als Erstes werden in der Regel die Kameraleute eliminiert, weil zwischen Kame-ras und Bildregisseur11 eine sehr rege Kommunikation stattfindet. Dies bedeu-tet: Der Bildregisseur hat zwei Kanäle, zum einen die Partyline, über die er mit

10Der Teleprompter ist ein separater Bildschirm, auf dem der Redetext angezeigt und pas-send zum Tempo des Redners vom Prompter-Operator durchgescrollt wird.11Der Bildregisseur koordiniert die Kameraleute und schneidet aus allen eingehenden Kamerabildern das zu sendende Programm-Bild live zusammen.

3.7 Die Proben

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114 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Regisseur und anderen Gewerken kommuniziert, und zum anderen den Kreis mit den Kameraleuten. Außerdem empfiehlt es sich, Personen zu eliminieren, die sehr präzise arbeiten müssen, aber weniger Showerfahrung haben. Dazu zählen beispielsweise Autofahrer bei einem Fahrzeugballett oder Bühnenhelfer. Diese Personen tun sich oftmals schwer, aus dem Dauerfeuer von Anweisungen her-auszufiltern, welche für sie bestimmt sind. Hier ist es gängige Praxis, dass der Regisseur auf der Partyline die generellen Informationen für die Gesamt-Crew gibt und mit den Autofahrern über einen separaten Kanal spricht. Bei sehr großen Produktionen kommt eine Kommunikations-Matrix zum Einsatz. Hierbei hat der Regisseur eine Sprechstelle vor sich, an der er zwischen mehreren Kreisen aus-wählen kann. So lassen sich beispielsweise die Gewerke einzeln ansprechen oder andere vorab definierte Benutzergruppen.

Grundsätzlich sind ausschließlich die Personen auf der Intercom, mit denen der Regisseur eine Kommunikation während der laufenden Show für erforderlich hält. Organisatorische Abstimmungen mit Pro-jektleitern, Caterern, Teilnehmer-Management oder Busfahrern haben auf der Intercom nichts zu suchen. Ebenso sollte man dringend von Personen absehen, die mit den Spielregeln der Intercom-Kommunika-tion und des Show-Callings nicht vertraut sind.

BeispielWährend der Generalprobe einer Fahrzeug-Premiere hatte ein Kunde darum gebeten, dass er eine Wireless-Intercom bekommt, um die Kommunikation der technischen Gewerke mit zu verfolgen. Die Höhepunkt-Inszenierung hatte gerade begonnen, der Reveal-Film lief, die ersten Seilartisten kamen aus der Decke und das Tor für die Fahrzeugeinfahrt ging auf. Plötzlich hörte man auf der Intercom einen lauten Schrei: „Stopp!!!“ Jeder dachte, dass der Regisseur eine Gefahrensituation wahrgenommen hatte. Der Film stoppte, die Musik ging aus, für die Motoren der Seilartisten wurde der Not-Aus gedrückt. Doch was war geschehen? Der Kunde hatte einen Caterer bemerkt, der soeben einen klappernden Geschirrwagen zum Haupteingang hereinrollen wollte. In der Hektik drückte er versehentlich die Sprechtaste der Intercom, anstatt in sein Funkgerät zu sprechen. Die Seilartisten mussten daraufhin mit Höhenrettern aus ihrer misslichen Lage befreit werden. Glücklicherweise handelte es sich um die Generalprobe und nicht die Show!

Vorproben in der LocationEs gibt regelmäßig Showparts, die zwar vorab sehr detailliert geplant und zum Teil auch geprobt werden können, deren tatsächliche Machbarkeit jedoch erst in

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der Original-Location überprüft werden kann. Manches lässt sich sogar aufgrund logistischer Gegebenheiten erst auf der Originalbühne proben. Hierzu gehören beispielsweise Autofahrten auf der Bühne oder manche Tanz-Choreografien. Sind die Wege und Distanzen in den geplanten Timings machbar? Reicht der Platz für Wendekreise? In der Regel wird hierfür anfangs keine Mitwirkung der Technik-Crew benötigt. Nachdem gegebenenfalls benötigte Anpassungen und Änderungen der bisherigen Pläne Zeit in Anspruch nehmen, sollten diese Machbarkeits-Checks und Trockenproben noch vor dem Beginn der technischen Proben statt-finden.

Vorproben mit Tänzern und Artisten sind relativ unspektakulär. Hierbei geht es unter anderem darum zu testen, ob der Bodenbelag die notwendige Rutsch-festigkeit aufweist, ob der Platz für bestimmte Showsequenzen ausreicht und ob die geplanten Strecken in der von der Showmusik vorgegebenen Zeit zu bewäl-tigen sind. Dies betrifft nicht nur die Strecken auf der Bühne, sondern auch die Distanzen „im Off“, wie zum Beispiel das Verschwinden durch eine Tür und das Erscheinen durch eine andere Tür wenige Sekunden später. Artisten kontrollie-ren darüber hinaus, ob beispielsweise ihre Hängepunkte an den definierten Stellen angebracht sind und Motoren die notwendige Geschwindigkeit leisten können.

Für die Vorproben eines Fahrzeugballetts gibt es ebenso bewährte Abläufe. Während man bis vor einiger Zeit noch einzig mit einem großen maßstabsge-treuen Bühnenplan und dazu passenden Spielzeug-Autos im identischen Maßstab versucht hat, die Fahrbewegungen eines Fahrzeugballetts zu erklären, ist es mitt-lerweile Usus, für Autoballette kleine Animationsfilme zu erstellen. Dies hat auch den Vorteil, dass diese Filme vorab den Fahrern zugeschickt werden können und sie somit bereits vorbereitet anreisen. Ein höchst simples, aber zweckdienliches Programm hierfür ist „Keynote“ von Apple. Über die große Auswahlmöglichkeit an Animationen können mit einfachsten Mitteln Bühnenbewegungen hervorra-gend in kürzester Zeit dargestellt werden. Darüber hinaus ist das ursprüngliche Handwerkszeug mit Bühnenplänen und „Matchbox“-Autos jedoch weiterhin ein sehr gutes Hilfsmittel, um in Meetings oder auch während Proben Fahrbewegun-gen einfach zu erklären und zu diskutieren.

Bevor die Fahrer jedoch bei den Vorproben in ihr Auto steigen, ist es sinn-voll, dass jeder seine Strecken abgeht. Auch wenn es zunächst einen spaßig aus-sieht, wenn mehrere Fahrer auf Zuruf kreuz und quer über eine Bühne laufen: Es verkürzt die späteren Proben mit den Fahrzeugen ungemein, die ja auch nicht überall beliebig wenden können. Sobald sich alle Fahrer ihre Fahrstrecken ein-geprägt haben, wiederholt man den Ablauf mit den Fahrzeugen so oft, bis jeder seinen Part beherrscht. Ein kritischer Moment ist oftmals das Stoppen des Fahr-zeugs auf der Bühne am absolut richtigen Punkt. Nur wenn ein Auto mittig auf

3.7 Die Proben

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einer Drehscheibe zum Stehen kommt, wird es sowohl im richtigen Licht stehen als auch drehbar sein. Ebenso wird man nur dann ein symmetrisches Abschluss-bild von Fahrzeugen erhalten, wenn alle im richtigen Winkel auf dem richtigen Platz stehen. Um die genauen Stopp-Punkte zu finden, gibt es mehrere Hilfs-möglichkeiten. Zum einen kann sich ein Fahrer Orientierungspunkte und -linien in der Halle suchen, die aus seiner Perspektive aussagekräftig sind (Falls diese im Original-Showlicht nicht mehr erkennbar sind, können sie mit selbstleuchten-dem Phosphorklebeband nachgeklebt werden). Zum anderen können Markierun-gen auf der Bühne oder auch an Hallenwände geklebt werden. Ein weiteres gutes Hilfsmittel ist ein Lichtspot, den der Lichttechniker in die entsprechende Showse-quenz einprogrammiert und der beispielsweise genau mittig auf das Armaturen-brett leuchtet, sobald das Auto an der richtigen Position ist. Die Festlegung der Hilfspunkte im Raum ist bereits während der Vorproben sinnvoll.

Sobald die Abläufe im Rahmen der Vorproben funktionieren, können diese dann später im eigentlichen Probenslot des Showacts mit den übrigen technischen Gewerken zusammengeführt und feinjustiert werden.

Technische Proben Die Metapher des Orchesters eignet sich bestens für die technischen Proben: Bevor Solisten hinzugezogen werden, muss sich erst das Orchester zu einem einheitlichen Klangkörper formieren. Dies geschieht, indem zunächst alle Inst-rumente gestimmt werden, um sich dann im nächsten Schritt aufeinander einzu-spielen. Beim Stimmen der Instrumente muss jedes Instrument in sich stimmig sein, aber auch zu allen anderen Instrumenten.

Und so ist es auch bei der Technik. Zunächst sieht man sich jedes Gewerk ein-zeln an: Wurde eine gleichmäßige Ausleuchtung der Bühne und passende Licht-stimmungen für die verschiedenen Sequenzen vorbereitet? Passt die Tonqualität im gesamten Publikumsbereich sowohl für Sprach- als auch für Musikbeschal-lung? Liegen alle Video-Zuspieler in der richtigen Reihenfolge und in der passen-den Qualität vor?

Natürlich kann ein Tontechniker nicht jeden qualitativ minderwertigen Zuspie-ler „schön drehen“, ebenso können schlechte oder fehlerhafte Filme nur begrenzt optimiert werden. Bei Bedarf muss an dieser Stelle qualitativ besseres Ton- und Filmmaterial nachgefordert werden. Es ist empfehlenswert, die Projektleiter von Agentur und/oder Kunde bereits zu diesem Zeitpunkt dazuzuholen und ihnen minderwertige Zuspieler zu zeigen. So haben diese noch ausreichend Zeit zu reagieren – oder auch zu entscheiden, dass für sie die Qualität tragbar ist.

Ebenso sind in diesem Schritt die Kamerapositionen nochmals zu überprü-fen: Im Optimalfall hat man für ein Standard-Set-up drei Kameras. Eine mittige

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Kamera, die auch weiter hinten im Saal stehen kann (sogenannte „Führungska-mera“) und eine zentrale Aufsicht auf die Bühne liefert, sowie je eine links und rechts (meist etwas nach vorne in Richtung Bühne gezogen), die für Details und Zwischenschnitte benutzt werden. Je nachdem, welche Bilder in den verschiede-nen Szenen der Show eingefangen werden müssen, können aber auch deutlich mehr Kameras notwendig und auch andere Kamerapositionen durchaus sinnvoll sein. In der Regel legt der Regisseur gemeinsam mit den technischen Planern die Anzahl und Positionen der Kameras bereits in der technischen Planungsphase fest. An dieser Stelle der Proben werden diese Planungen nochmals überprüft und beim Staging (siehe unten) später feinjustiert.

Als Nächstes geht es um die Abstimmung zwischen den Gewerken: Funktio-nieren alle Signalwege zwischen den einzelnen Pulten? Haben Filmzuspieler die gleiche Tonqualität und Klangfarbe wie reine Tonzuspielungen?

Ein weiterer wichtiger Schritt ist das sogenannte Staging: Hierbei werden alle geplanten Positionen auf der Bühne definiert. Wo steht der Redner, wo steht Mobiliar wie Rednerpult, Stehtisch, eine Sitzgruppe für die Talkrunde, wo wird ein Fahrzeug oder sonstiges Exponat stehen? In der Theorie klingt dies zunächst einfach, in der Praxis ist es aber manchmal ein ziemliches Puzzlespiel, da hier-bei viele wichtige Regeln und Einschränkungen berücksichtigt werden müssen – besonders, wenn ein Kamera-Live-Bild geplant ist. Die wichtigsten Regeln für das Staging sind nachstehend genannt:

Grundregeln beim Staging• Ein Redner sollte immer so stehen, dass er gut ausgeleuchtet werden

kann, und zwar von vorne, von der Seite und von hinten. Steht er zu weit hinten, fällt zu viel Streulicht auf die Leinwand, steht er zu weit vorne, ist u. U. das Frontlicht zu steil, sodass der Redner große Schatten im Gesicht hat.

• Die Rednerposition ist so zu definieren, dass der Redner von allen Zuschauerplätzen gut zu sehen ist und man im Kamerabild hinter dem Redner einen „sauberen“ Hintergrund hat, also keine Messebaukanten, technisches Equipment oder abgeschnittene Wörter der Bühnenrück-wand.

• Im Hintergrund des Redners sollte auch niemals ein Ausschnitt des Live-Bildes zu sehen sein (Video-Feedback, sogenannter „Tunnel-Effekt“). Daher empfiehlt es sich, das Live-Bild so weit wie möglich außen zu positionieren und außerdem Redner und Live-Bild diagonal zu

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versetzen (wenn das Live-Bild rechts oben ist, sollte der Redner auf der Bühne leicht links von der Mittelachse versetzt stehen und umgekehrt).

• Falls ein Redner Vorschaumonitore und/oder Teleprompter nutzt, sollten diese jeweils so positioniert sein, dass sie dem Redner mindestens zwei Blickachsen ermöglichen, bei denen er die Inhalte auf den Bildschirmen gut sehen kann und gleichzeitig seinen Blick nicht allzu weit vom Pub-likum abwendet (häufiger Fehler: Redner starrt entweder permanent auf den Boden oder hoch in die Luft).

• Die Auf- und Abgangswege auf der Bühne sollten kurz gehalten wer-den (damit nicht jeder Protagonist quer über die gesamte Bühne laufen muss) und sich bei aufeinander folgenden Protagonisten im Optimalfall nicht auf der Bühne kreuzen.

• Bei Talkrunden sollte der Moderator entweder rechts oder links außen von der Gruppe stehen/sitzen, damit er immer alle Talkgäste im Blick hat.

• Talkrunden sollten so positioniert sein, dass sie sowohl für das Publi-kum gut einsehbar sind als auch mit den vorhandenen Kameraperspekti-ven gut abgebildet und separiert werden können.

Die nach diesen Regeln gefundenen Positionen für Moderatoren, Redner, Mobi-liar und sonstiges Bühnenequipment werden dann auf der Bühne mit Klebeband markiert und beschriftet. Darüber hinaus empfiehlt es sich bei komplexeren Büh-nenaufbauten, das Ganze auch zu fotografieren, um eine Referenz für die nächs-ten Probentage zu haben. Noch ein wichtiger Hinweis: Informieren Sie bereits frühzeitig (und nachdrücklich) das Reinigungsteam, dass die Markierungen auf dem Boden nicht entfernt werden dürfen! Sonst spielen Sie ab sofort „Und täg-lich grüßt das Murmeltier …“.

Das „Stimmen des Orchesters“ ist nun abgeschlossen, sodass der Regisseur zum „Einspielen“ übergehen kann. Ziel ist es, dass sich Regisseur und alle Tech-niker aufeinander „einspielen“. Eine Show wird nur richtig harmonisch wirken, wenn alle Elemente sekundengenau (und manchmal sogar noch genauer) zusam-menspielen. Hierzu müssen die Techniker ein Gefühl dafür bekommen, wie ein Regisseur „callt“, also seine Anweisungen gibt. Für jeden Cue (Einsatz) sollte es eine Vorwarnung/Ankündigung geben, also „Achtung für …“ oder „Standby für …“ und dann den Einsatz an sich, meist ein „und go“. Sehr präzise Einsätze sollten darüber hinaus eingezählt werden, also „und 3, 2, 1 go“. Wichtig hierbei ist, dass eine Formulierung konsequent durchgezogen wird. Wenn man hin- und

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herspringt zwischen „Achtung“, „Standby“, „Go“, „Los“ und „jetzt“, wird nie-mals eine präzise Routine eintreten. Außerdem ist es wichtig, dass trotz der Not-wendigkeit sehr kurzer und knapper Formulierungen noch so viel Information enthalten ist, dass jeder genau versteht, wer und was gemeint ist.

Dass sich die Techniker an den Regisseur gewöhnen, ist eine Teilaufgabe des „Einspielens“. Die fast noch wichtigere Aufgabe ist es, dass der Regisseur Tech-nik und Techniker besser kennenlernt und genau unter die Lupe nimmt. Zum einen gibt es den Bereich der technische Delays. Dies bedeutet, dass ein Techni-ker einen Knopf drückt, das Signal aber so viele Prozesse durchlaufen muss, dass man erst deutlich später auf der Bühne das Ergebnis des Knopfdrucks sieht. Zum anderen gibt es aber auch personenabhängig „menschliche Delays“, also Tech-niker, die ein wenig langsamer reagieren, oder auch die „schnellen Finger“, die tendenziell schon vor dem „go“ drücken. Es gibt Mitarbeiter, bei denen man Auf-gaben sehr präzise und ausführlich formulieren muss, bei manchen reicht schon ein Wort. All diese Besonderheiten und unterschiedlichen Delay-Zeiten muss ein Regisseur zunächst eruieren und dann in die Art und Weise, wie er welches Team-mitglied callt, übernehmen.

Für den Arbeitsschritt des „Einspielens“ eignet sich ein eher kniffliger und präziser Part der Show. Manchmal ist das direkt die Eröffnungssequenz, manch-mal aber auch eine Sequenz der Highlight-Inszenierung. Mit diesem Part sollte die Probe beginnen. Schritt für Schritt wird dieser Showpart zusammengebaut und so oft wiederholt, bis alle Beteiligten absolut präzise miteinander harmonie-ren. Es ist durchaus eine gute Investition, sich hierfür ausreichend Zeit zu nehmen und hohe Ansprüche an die Perfektion zu stellen – denn so gut, wie das Orches-ter am Anfang eingespielt wird, so gut und präzise werden alle miteinander die gesamte Show hindurch harmonieren. Gelegentlich hat es sich sogar gezeigt, dass im Anschluss an ein sehr aufwendiges und konzentriertes Einspielen die kom-plette Show fast „vom Blatt gespielt werden kann“.

Wenn das Einspielen abgeschlossen ist und alle Techniker einen harmonischen „Klangkörper“ bilden, können die technischen Durchlaufproben starten. Hierzu wird die Show vom Anfang – und damit ist die Einlass-Situation gemeint – bis zum Ende – dem Auslass der Gäste – Schritt für Schritt durchgespielt. Enorm hilfreich ist es hierbei, wenn man auf Redner-Double, sogenannte Stand-Ins, zurückgreifen kann. Denn nur wenn wirklich ein Mensch die Bühne betritt, auf dem für den Redner markierten Punkt steht und dort einen Quasi-Dialog mit einem Moderatoren-Double führt, wird man sehen können, ob der Auftrittsjin-gle lang genug, das Rednerlicht ausreichend hell, die Kamerabilder geeignet, die Schriften auf Vorschaumonitoren und Telepromptern lesbar und die Position des Moderators geeignet sind.

3.7 Die Proben

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Ein wichtiges Augenmerk liegt bei diesen wie auch allen folgenden Proben auf den Übergängen, denn gute und runde Übergänge sind oftmals die größere Herausforderung einer Show als die Showparts an sich. Dementsprechend kön-nen Showparts, für die später nochmals separate Proben-Slots angesetzt sind, im Schnelldurchlauf übersprungen werden. Wichtig ist nur zu proben, wie man die-sen Showpart einstartet und wie man am Ende aus der letzten Sequenz wieder herauskommt.

Falls der erste technische Durchlauf noch sehr wackelig läuft, sollte man zunächst die schwierigsten Stellen nochmals einzeln proben, um dann erneut einen Komplettdurchlauf zu starten. Wenn dieser dann reibungslos funktioniert, ist das Team startklar für alles, was kommt.

Künstler/ShowactsDie Ausgangslage bei Künstlern und Showacts ist enorm unterschiedlich. Teil-weise ist lediglich ein bereits fertiger und schon mehrfach aufgeführter Showact in die aktuelle Show zu integrieren, teilweise ist jedoch auch eine hochkomplexe Show mit vielen Mitwirkenden ganz neu zu erarbeiten. Ein wichtiger Grundsatz gilt hier jedoch für jegliche Art von Proben: Die Probenarbeit ist wie ein Com-puterspiel. Man beginnt erst einmal simpel mit einem einfachen, ersten Level und fügt dann von Level zu Level immer neue Herausforderungen hinzu, bis das Final-Level erreicht ist. Hierbei ist es wichtig, genau zu beobachten und einzu-schätzen, wie schnell der Schwierigkeitsgrad angehoben werden kann. Ist man zu schnell, entsteh schnell Verwirrung – ist man zu langsam, braucht man zu viel Probenzeit und wird „hinten raus“ nicht mehr fertig.

Häufig liegt ein besonderer Fokus auf der Kamera-Crew, weil die bildliche Auflösung von Showacts teilweise sehr anspruchsvoll sein kann: Wann liefert welche Kamera welches Bild? Wo genau müssen die Schnitte liegen, damit man alle sehenswerten Höhepunkte der Show einfangen und abbilden kann? Meist ist es hierbei sinnvoll, den Showact erst einmal fertig zu proben, dann eine kurze Pause einzulegen, in der sich der Bildregisseur einen Schnittplan zurechtlegen kann, um dann nochmals einige Durchläufe für die Kameras zu machen.

Ein sehr wichtiger Aspekt bei Showacts und Künstlern, der niemals vernach-lässigt werden darf, ist: Safety first! Ein Regisseur darf niemals eine Probe star-ten, wenn nicht alle relevanten Sicherheitsvorkehrungen für Mensch und Material eingehalten sind – auch nicht „mal nur kurz testen“. Auch wenn es bei jeder Veranstaltung zuständiges Personal für Sicherheitsfragen gibt, so sollte sich ein Regisseur dennoch ganz besonders seiner Autorität bewusst sein. Wenn ein Regis-seur „go“ sagt, dann heißt das „go“! Wenn hierbei jeder Mitwirkende immer erst einmal überlegen würde, ob ein „go“ denn wohl sinnvoll ist und alle notwendigen

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Vorbereitungen getroffen und überprüft wurden, würde kein einziger Einsatz sau-ber funktionieren. Dementsprechend groß ist die Verantwortung eines Regisseurs, bedacht und umsichtig zu handeln. In der Praxis hat es sich hierbei bewährt, für sicherheitskritische Punkte oder Vorgänge einen Verantwortlichen zu bestimmen, mit dem Aufgabenstellung und Erwartungshaltung vor der ersten Probe bespro-chen werden, z. B. „Wenn wir eine Fahrprobe starten, musst Du dafür sorgen, dass die Fahrwege frei sind.“ Bevor nun ein Probendurchlauf startet, wird bei diese Person namentlich über die Intercom nachgefragt: „Können wir loslegen?“ Erst nach einem positiven Feedback kann dann die Probe beginnen.

Bildregie und KameraprobenEin Live-Bild im Saal hat in der Regel die Funktion eines „Vergrößerungsglases“, das dem Publikum auch in den hinteren Rängen die Details einer Bühnenshow genauso klar erkennbar präsentieren soll, wie es den Gäste in den ersten Reihen möglich ist. Manche Showelemente sind sogar so detailliert, dass das Live-Bild für alle Gäste einen Mehrwert generiert. Komplexität und erforderliche Präzision der Live-Bilder entscheiden darüber, ob für eine Show separate Kameraproben angesetzt werden müssen.

Für eine Rede ist es meist ausreichend, wenn die Kameraachsen vorab exakt definiert werden und sich die Kameras dann später während der Redner-Probe ein wenig auf den Protagonisten „einschießen“. Besondere Beachtung finden hierbei die Dynamik und der Bewegungsradius des Sprechers – je dynamischer ein Redner agiert, desto offener sollte die Kameraeinstellung gewählt werden, damit der Prot-agonist sich nicht aus dem Bildausschnitt heraus bewegt. Ebenso müssen Talkrun-den oder vergleichbar statische Showparts meist nicht separat mit den Kameras geprobt werden. Es sollte jedoch zunächst definiert werden, mit welcher Kamera welche Bildausschnitte und Personen abgebildet werden. Hierzu sollten zumindest Doubles auf den Plätzen der späteren Protagonisten sitzen oder stehen, damit die möglichen Bildausschnitte akkurat auf Separationsmöglichkeit und Hintergründe geprüft werden können. Außerdem ist es hilfreich zu wissen, wie die Talkrunde grob ablaufen soll. Stellt nur der Moderator Fragen und ein definierter Gast ant-wortet? Oder kann nach Belieben jeder Gast antworten? Ist es darüber hinaus vor-gesehen, dass auch die Gäste untereinander frei diskutieren? Diese Informationen helfen dem Bildregisseur und dem Kamerateam, möglichst geeignete Bildaus-schnitte und notwendige Zwischenschnitte (z. B. eine „Totale“) vorzubereiten.

Anders sieht es aus bei im Raum bewegten Inszenierungen und künstlerischen Darbietungen wie z. B. bei Tänzern, Akrobaten und sonstigen Showacts. Hier sollten die Kameras alle wichtigen und beeindruckenden Details einfangen und dem Publikum in geeigneten Bildern präsentieren. Das kann für einen Augenblick

3.7 Die Proben

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das Close-up einer Hand sein, um eine besondere Fingerfertigkeit zu zeigen, im nächsten Moment ein Vertikaltuchkünstler, der mit einem dreifachen Salto aus der Saaldecke fällt, und Sekunden später eine größere Gruppe, deren syn-chrone Bewegungen beeindruckend wirken – der Bildregisseur und das Kame-rateam haben es in der Hand, ob die Faszination eines Showacts nicht nur auf die ersten Reihen, sondern auf das gesamte Publikum überspringt. Dies bedeutet, dass Schritt für Schritt für jede einzelne Showsequenz definiert sein muss, wel-che Kamera welchen Bildausschnitt und welches Detail übernimmt. Und dies kann bei sehr kleinteiligen Shows durchaus einige Stunden an Vorbereitung in Anspruch nehmen. Im Anschluss muss die Show dann einige Male durchgespielt werden, damit sich die Kamera-Crew den definierten Ablauf einprägen und üben kann.

Ein anderer Bereich, der ausführliche Kameraproben mit sich bringt, sind Fahrzeugpräsentationen. Im Automobilbereich ist es Usus, dass von Konzernseite sehr klar definiert ist, aus welcher Blickachse mit welchem Bildausschnitt ein Fahrzeug gezeigt werden darf – und auch, welche Kameraschüsse definitiv nicht gezeigt werden dürfen. Diese „verbotenen“ Schüsse beziehen sich in erster Linie auf Bilder, die ein Fahrzeug verzerrt, flacher oder höher, breiter oder schmaler wirken lassen, aber auch auf diverse Anschnitte des Fahrzeugs. Gerade bei einer fahraktiven Inszenierung bedeutet dies oft langwieriges Tüfteln und Ausprobie-ren, bis die gesamte Autofahrt im Raum durch geeignete Bilder abgedeckt ist.

Das Live-Bild sollte neben den inhaltlichen Anforderungen aber auch ästheti-schen Ansprüchen genügen. Egal, welche Bildsprache gewählt wird – von klas-sischem Stil bis zum modern-verrückten MTV-Style: Alle Kameras sollten die gleiche Sprache sprechen. Ebenso führt ein harmonischer Schnitt-Rhythmus zu einem ästhetischen Gesamteindruck. Es gilt jedoch auch hier: „Form follows function.“ Dies bedeutet, Man nimmt es besser in Kauf, kurzzeitig aus dem har-monischen Schnitt-Rhythmus zu fallen oder temporär eine andere Bildsprache zu nutzen, als auf den Schnitt eines wesentlichen Show-Details aus ästhetischen Aspekten zu verzichten.

Im Bereich der Bildregie gibt es natürlich auch Regeln – was sollte wie aufei-nander geschnitten werden und was nicht. Diese Regeln sind abgeleitet aus den Kenntnissen des Filmschnitts.

Die wichtigsten Grundsätze der Bildregie• Bildsprünge vermeiden: Wenn zwei Bilder hintereinander geschnit-

ten werden, die den gleichen Bildinhalt mit den ungefähr gleichen Größenmaßstäben haben, so wirkt es auf den Zuschauer, als wenn der

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Bildinhalt plötzlich auf eine andere Position springt. Daher sollten sich aufeinander folgende Bilder entweder im Inhalt oder im Größenmaßstab deutlich unterscheiden.

• Redner im Satz schneiden: Wenn ein Redner am Satzende geschnitten wird, fällt dies deutlich auf und führt bisweilen zu Irritationen. Daher wird ein Redner im Satz geschnitten. Ausnahme: Ein Absatz soll präg-nant herausgehoben werden.

• Gesprächspartner in den Sprechpausen schneiden: Für die klare Ver-ständlichkeit und Zuordnung sollte auf den nächsten Redner, kurz bevor dieser zu sprechen beginnt, geschnitten werden, wobei kurze Rückfra-gen des Moderators nicht zwingend geschnitten werden müssen. Oft-mals ist die mimische Reaktion des Befragten sogar interessanter. Bei einem schnellen Diskussionstempo empfiehlt sich eine offene Zweier- oder Dreier-Einstellung, bevor man den jeweiligen Rednern hinterher schneidet.

• Einheitliche Einstellungsgröße bei mehreren Personen: Sehr nahe Einstellungen von Menschen vermitteln mehr Emotionen, während offene Einstellungen eher sachlich wirken. Um allen Protagonisten auf der Bühne die gleiche emotionale Nähe oder Distanz zu gewähren, sollte eine einheitliche Einstellungsgröße für alle definiert werden.

• Cut in action: Die Bewegung eines Objekts oder einer Person bekommt eine zusätzliche Dynamik, wenn in die Bewegung und in die Bewe-gungsrichtung hinein geschnitten wird.

• Schnittfrequenz und Bildsprache an die Gesamtsituation anpassen: Dine dynamische Inszenierung darf durchaus auch schnelle Schnitte oder sehr kreative Schüsse aufweisen, wohingegen eine konzentrierte, ruhige Rede auch zwingend ruhige, wenige Schnitte sowie seriöse Bild-einstellungen erfordert. Wenn Schnittfrequenz und Bildauswahl nicht der emotionalen Situation angepasst werden, so wirkt dies auf den Zuschauer mindestens irritierend, wenn nicht sogar störend.

• Live-Übertragungen (in Nebenräume, Live-Stream, TV) sollten immer mit einer Orientierungstotale beginnen. Ebenso sollten räum-liche Änderungen über eine Orientierungstotale eingeleitet und immer wieder untermauert werden, weil der Zuschauer sonst das Geschehen nicht verorten und verstehen kann. Offene Einstellungen sollten länger stehen als nahe Einstellungen, weil hierbei vom Zuschauer mehr Bildin-halte verarbeitet werden müssen, um das Bild zu verstehen.

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• Pro Verwendungszweck ein Schnitt: Live-Übertragungen benötigen einen anderen Kameraschnitt als das Live-Bild im Veranstaltungssaal oder als Kontrollmonitore im Backstage-Bereich oder im Foyer. Dem-nach erfordert jeder Verwendungszweck seinen eigenen Bild-Regisseur. Falls dies nicht realisierbar ist, muss vorab eine klare Priorisierung des Bildschnitts definiert werden.

„Form follows function“ gilt jedoch auch für die Regeln des Bildschnitts: Ein Regelbruch ist mitunter zwingend erforderlich, um zu vermeiden, dass ein wesentliches Element der Show verloren geht.

Moderations-ProbenIm nächsten Schritt wird der Moderator/die Moderatorin (im Folgenden der Einfachheit halber nur noch die männliche Form) in das bereits bestehende Showgerüst integriert. Da der Moderator viele ablauftechnische und inhaltliche Schnittpunkte mit den Rednern hat, ist es sinnvoll, die Probe des Moderators direkt vor den ersten Rednerproben anzusetzen.

Arbeitsgrundlage für den Moderator ist der sogenannte Moderationsleitfa-den. Dieses Dokument wird in der Vorbereitung vom Kunden und der Agentur erstellt:

Der Moderationsleitfaden beinhaltet folgende Daten• Hintergrundinformationen zum Kunden, zur Veranstaltung, zu den rele-

vanten Produkten/Themen und zu den Personen, die auf der Bühne auf-treten werden

• Organisatorische Informationen wie Adresse von Hotel & Location, Probenzeiten, Kontaktdaten von wichtigen Ansprechpartnern

• Moderationstexte mit Ablauferläuterungen und Regie-Anmerkungen

Die Moderationstexte müssen in diesem Leitfaden nicht zwingend komplett ausformuliert sein, sie sollten jedoch einen vollständigen Überblick liefern, welche Inhalte in welchem Moderationsteil erwartet werden. Inhalte, die für Außenstehende nicht selbsterklärend sind, sollten durch eine Erläuterung ergänzt werden – denn der Moderator muss stets auch inhaltlich verstehen, wovon er gerade spricht.

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Es wäre falsch zu erwarten, dass der Moderator vorgeschriebene Texte Wort für Wort auswendig lernt. Auch wenn er es könnte – er wird nur authentisch und präsent wirken, wenn er die Formulierungen wählt, die ihm liegen und seiner Per-sönlichkeit entsprechen.

Eine nicht immer ganz einfache Entscheidung ist die Frage, ob der Modera-tor einen „Knopf im Ohr“/In-Ear erhält. Manche Moderatoren fühlen sich unwohl damit – vermutlich aus irgendeiner leidvollen Erfahrung heraus, als ein völlig übermotivierter Regisseur deutlich mehr aufs Ohr gesprochen hat, als sinnvoll und notwendig war, und dabei eher für Chaos denn für Unterstützung gesorgt hat. Und für manche, recht simple Shows ist es zugegebenermaßen auch ein wenig überzogen. Allerdings ist es mitunter eine sehr hilfreiche Präventiv-Maßnahme: Kann der Regisseur den Moderator direkt ansprechen, sind viele Pannen und Unebenheiten vermeidbar. Egal, ob der anzukündigende Redner plötzlich nicht mehr auffindbar ist, ob der Moderator in seiner Aufregung versehentlich die Abläufe durcheinanderbringt und gerade auf dem besten Wege ist, einen falschen Showact anzumoderieren, oder ob aufgrund technischer oder organisatorischer Pannen der Ablauf kurzfristig geändert werden muss – mit einem Knopf im Ohr können derartige Hürden elegant gemeistert werden. Die Entscheidung hängt somit von den Rahmenbedingungen ab: Je komplexer die Abläufe, desto hilfrei-cher ist ein In-Ear für den Moderator. Falls jedoch permanent ein Regie-Assistent mit Intercom direkt in Bühnennähe ist, kann dieser von dort aus ebenso, wenn auch weniger elegant, Informationen übermitteln und schwierige Situationen ent-schärfen.

Proben mit dem Moderator beginnen immer mit einem Soundcheck. Wie klingt das Mikrofon, und wo kann sich der Moderator ohne technische Probleme bewegen?

Im nächsten Schritt wird mit dem Moderator das Staging durchgegangen. Die eher philosophisch anmutenden Fragen „Wo komme ich her? Wo gehe ich hin?“ bekommen nun eine sehr praktische, anwendungsorientierte Bedeutung. Die Erläuterung der Kamerapositionen beantwortet im Folgenden dann auch noch die letzte Frage, nämlich: „Wo blicke ich hin?“

Nachdem alle grundsätzlichen Themen und Fragen besprochen wurden, kann die Probe beginnen. Auch der Moderator sollte vom ersten bis zum letz-ten Moderationseinsatz alle verschiedenen Parts einmal auf der Bühne durchge-spielt haben – zumindest in einem verkürzten Schnelldurchlauf. Hierbei ist es ebenfalls hilfreich, wenn bei einer Anmoderation wirklich ein Gast- oder Redner-Double/Stand-In auf der Bühne erscheint, um auch die Positionen zwischen Gast und Moderator einmal gestellt zu haben.

3.7 Die Proben

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Nachdem bei den Moderations-Proben neben dramaturgischen und ablauf-technischen Themen oftmals auch inhaltliche Fragen auftreten, ist es sinnvoll, wenn spätestens ab den Moderations-Proben immer ein Vertreter von Kunden- oder Agenturseite im Probenraum anwesend ist, sodass inhaltliche Fragen direkt geklärt werden können. Einer der größten „Zeitfresser“ für alle Beteiligten ist es, eine Probe mit einer langen Liste ungeklärter Fragen beenden zu müssen.

Redner-ProbenHäufig erhält man in der Vorbereitung einer Veranstaltung folgende Information: „Unser Redner kommt nicht zur Probe, er ist ein guter Redner und braucht das nicht!“ Hierbei wird übersehen, dass eine Veranstaltung – um nochmals diese Analogie zu bemühen – einem Orchester-Konzert gleicht. Natürlich probt das Orchester erst einmal alleine, bevor der Solist dazukommt. Aber irgendwann müssen sich alle Beteiligten aufeinander einstimmen! Dies bedeutet übersetzt: Der Tonmann sollte vorab die Chance auf einen Soundcheck haben, um den Red-ner optimal einpegeln zu können, gegebenenfalls auch nochmals ein unbequemes Headset gegen ein bequemeres zu tauschen; falls der Redner sich auf der Bühne viel bewegt, muss evtl. auch die Bühne noch weiter ausgeleuchtet werden. Kame-raleute sollten ein Gefühl dafür bekommen, wie offen sie bleiben müssen, damit ihnen der Redner nicht aus dem Bild läuft; Absprachen für Auf- und Abgänge sowie die genauen Stichworte für Videozuspielungen sollten getroffen werden. Darüber hinaus ist es regelmäßig der Fall, dass erst in der Probe gewisse Längen in der Rede auffallen. Oftmals werden dort auch inhaltliche Widersprüche, Fehler oder Dopplungen zwischen einzelnen Rednern festgestellt.

Ja – man kann auch ohne Probe auftreten! Doch selbst Weltstars der Musik-branche würden dies niemals tun, weil sie guten Support erhalten wollen und sollen. Und dies ist eben nur möglich, wenn alle eine Chance hatten, sich aufein-ander einzustimmen.

Manche Redner stehen jedoch auch nur in sehr begrenzten Zeitfenstern zur Verfügung, sodass gelegentlich der ein oder andere bereits ganz am Anfang vor den technischen Durchläufen proben möchte. Hier ist die dringende Empfehlung: Vermeiden Sie das, wenn irgendwie möglich! Wenn Sie nicht sicher sind, dass der gewünschte Redenpart zu 100 % technisch sauber vorbereitet ist, sollten Sie niemanden auf die Bühne lassen. Denn dies sind die Situationen, in denen Mur-phys Gesetz wirkt – was schiefgehen kann, geht schief. Plötzlich ist das Format der PowerPoint zerschossen, die Filme laufen nicht korrekt oder haben keinen Ton – oder es sind gar die falschen Filme, und als Auftrittsjingle ertönt plötz-lich wahlweise „Happy Birthday“ oder „Der Fluch der Karibik“, auf dem Vor-schaumonitor erscheint ein erfreuliches Testbild und auf den Telepromtern der

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altbekannte Blindtext „Lorem ipsum dolor sit amet …“. Neben der Tatsache, dass der Regisseur in eine denkbar unangenehme Situation gerät, sinkt das Vertrauen des Redners (der dann nach Murphys Gesetz meist auch ein wichtiger Vorstand des Kunden-Konzerns ist!) in die Dienstleister und seine Sicherheit als Bühnen-Protagonist sinkt rapide. Seine Assistenten sowie die Agenturmitarbeiter werden plötzlich hektisch und nervös, und alle Beteiligten wachen ab diesem Moment mit Argusaugen über jeden Schritt des Technik-Teams. Dies ist eine Arbeitsatmo-sphäre, die sich niemand wünscht; eine verfrühte Rednerprobe läuft daher meist unter dem Motto „Viel gewollt und nichts gekonnt“.

RednerpultEine wichtige Frage für die Rednerprobe ist: Wo soll der Redner auf der Bühne stehen? „Hinter dem Rednerpult!“ war bis vor wenigen Jahren die meist zutref-fende Antwort. Das Rednerpult stellte ursprünglich die „All-in-One“-Lösung eines Stehtisches für das Manuskript mit integrierten kabelgebundenen Mikrofo-nen und einer Blende für den „Kabelsalat“ dar. Gleichzeitig spiegelte das Redner-pult die damalige Form der eher frontalen, belehrenden Kommunikation wider. Darüber hinaus gibt es dem Redner Sicherheit, er kann sich daran festhalten, dahinter verschanzen, und gegebenenfalls lediglich ein vorgefertigtes Manuskript „verlesen“. Gerade für lange Reden und für Redner, die kaum Vorbereitungs-zeit für ihre Rede einplanen, ist daher das Rednerpult nach wie vor ein beliebtes Möbelstück.

Doch welche Wirkung hat ein Rednerpult? Es schafft Distanz zwischen Red-ner und Zuhörern, es vermittelt einen eher belehrenden und dozierenden Cha-rakter des Redners, es reduziert deutlich die Möglichkeit für menschliche und emotionale Wirkung. Der bekannte Redner-Coach Hans-Uwe Köhler bringt es mit folgendem Satz auf den Punkt: „Das Rednerpult ist der perfekte Sarg für jeden Redner“ (Köhler 2011). Um die Zuhörer also direkt zu erreichen, zu emo-tionalisieren, muss der Redner sein Bollwerk verlassen! Er muss präsent sein – mit seinem gesamten Körper, mit Mimik, Gestik, Körperhaltung. Er muss gefühlt MIT dem Publikum reden, nicht ZU dem Publikum.

Hierfür empfiehlt sich eine freie Rednerposition möglichst mittig auf der Bühne. Gerne kann man dem Redner einen kleinen Stehtisch mit einem Glas Wasser zur Seite stellen, wo er bei Bedarf auch Notizkarten oder Ähnliches able-gen kann. Aber er benötigt unbedingt seinen Freiraum, um wirken zu können. Dabei gilt: Zu weit vorne an der Bühnenkante wirkt aufdringlich, zu weit hinten auf der Bühne wirkt distanziert. Testen Sie selbst auf der Bühne, wo genau der passende Platz ist – auch ohne Publikum spüren Sie intuitiv, wo Sie das richtige Maß an Präsenz haben.

3.7 Die Proben

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128 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Ebenso wie mit dem Moderator beginnt auch die Redner-Probe mit einem Soundcheck – idealerweise konnte der Regisseur den Redner von einem Headset-Mikrofon überzeugen, das mit Abstand das beste und am besten geeignete Red-ner-Mikrofon ist.

Im Anschluss erfolgt das Staging. Hier kommen wieder die bekannten drei Fragen ins Spiel: „Wo komme ich her?“, „Wo gehe ich hin?“ und „Wo blicke ich hin?“. Die Vorschaumonitore und Teleprompter müssen überprüft werden – ist die Schriftgröße für den Redner lesbar? Und sind die jeweiligen Inhalte zu sehen, die der Redner benötigt? Für die Vorschaumonitore gibt es unterschiedliche Vorlie-ben. Manche Redner möchten nur ihre PowerPoint- oder Keynote-Charts sehen, manche die aktuellen und die folgenden Charts, manche benötigen zusätzlich oder ausschließlich ihre Rednernotizen. Dringend zu empfehlen ist es, zusätzlich für jeden Redner eine Countdown-Uhr einzublenden, die die jeweilige Redezeit nach unten zählt. Viele Redner verlieren während ihres Auftritts das Zeitgefühl, was nicht nur sie selbst verunsichert, sondern auch Abläufe und Zeitplanungen gravierend beeinflussen kann.

Im nächsten Schritt wird nochmals der detaillierte Ablauf der Rede bespro-chen. Zu welchem Stichwort kommt ein Filmzuspieler? Wo gibt es wichtige Schlüsselmomente, die mit den Kameras speziell eingefangen werden müssen? Wenn all diese Punkte geklärt sind, kann die Durchlaufprobe starten – und zwar nicht mit der Rede, sondern einen Schritt zuvor mit der Ankündigung durch den Moderator und dem Aufgang des Redners.

Natürlich kann eine Rednerprobe im Rahmen eines Events kein kom-plettes Redner-Coaching ersetzen. Es gibt jedoch einige Eckpunkte, die auch in diesem Rahmen berücksichtigt werden sollten

• Aufgang- und Abgang: dynamisch, energiegeladen und selbstbewusst.• Körperhaltung: Ein Redner sollte aufrecht stehen, mit geradem Kopf,

leicht zurückgenommenen Schultern und beiden Füßen stabil auf dem Boden.

• Bewegung: Auch wenn ein Redner sich später gerne auf der Bühne bewegen darf (solange es kein hektisches oder nervöses „im Käfig umhertigern“ darstellt), sollte er am Anfang dennoch erst eine stabile und ruhige Position einnehmen, um Präsenz zu zeigen.

• Blick: Der Redner sollte Blickkontakt mit dem Publikum aufnehmen und somit weder in die Luft noch auf den Boden starren. Außerdem sollte ein Redner niemals nach hinten auf die Leinwand blicken, dazu

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hat er die Vorschaumonitore vor sich – ein Redner, der nach hinten blickt, zieht sich Schritt für Schritt vom Publikum zurück und orientiert sich immer mehr an den Inhalten hinter sich.

• Hände: Die Hände sollten „mitsprechen“ dürfen, also gestisch das Gesprochene auf natürliche Art und Weise unterstreichen. Dies gelingt automatisch, wenn die Hände frei sind und man nicht bewusst darüber nachdenkt. Hände zeigen den Gemütszustand: Daher sollten sie weder verkrampft zu Fäusten geballt oder vor dem Körper/hinter dem Rücken verschränkt sein noch typische Nervositäts-Bewegungen machen (wie Finger aneinander reiben, mit dem Ring spielen, am Ohrläppchen oder an den Haaren zupfen, an der Stirn oder im Gesicht kratzen).

• Redetempo: Redner, die sehr langsam, aber ohne unnötige Füllwörter sprechen, sind meist hoch konzentriert und haben Angst davor, etwas falsch zu machen. Hier helfen Ermutigung und Bestätigung, damit diese ein wenig lockerer werden. Redner, die zwar entspannt wirken, aber viele Füllwörter wie „äh“, „also“, „ja“ benutzen, sind erfahrungsgemäß mit ihrer Rede noch nicht ausreichend vertraut – zwei bis drei weitere Durchgänge schaffen hier Abhilfe. Manche Redner zeigen bereits in der Probe, dass sie wahre Schnellsprecher sind. Hier ist es wichtig, auf die Bremse zu treten, Atempausen in das Skript einzutragen und das Augenmerk auf die deutliche Aussprache zu richten – das mäßigt das Redetempo normalerweise ein wenig. Ebenso bewirkt der direkte Blick-kontakt mit dem Publikum eine gewisse Entschleunigung. Auch Redner, die in der Probe nur ein wenig zu schnell sind, sollten deutlich gebremst werden – da die meisten während der Show, mit Adrenalin im Blut, noch schneller vortragen.

• Stimmlage: Eine Stimme sollte selbstsicher, begeistert und entspannt klingen. Manche Redner wechseln unter Anspannung in eine höhere oder nasale Stimmlage, was meist mit einem beschleunigten Redetempo verbunden ist. Ruhe, Atempausen und ein stabiler, aufrechter Stand füh-ren in der Regel zurück in die natürliche Stimmlage. Ebenso führt dies als sehr angenehmer Nebeneffekt dazu, dass der Redner seine Sätze wieder mehr moduliert, während zu hohes Redetempo zu stimmlicher Monotonie führt.

• Fachterminus: Manche Redner verfallen, ohne es zu merken, in sehr komplexe Fachtermini, in interne Abkürzungen und branchenspezifi-schen „Slang“. Je größer oder heterogener die Anzahl der Zuhörer ist,

3.7 Die Proben

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130 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass einige Gäste nicht mehr verstehen, was damit gemeint ist.

• Kleidung: Zunächst gibt die Veranstaltungsform bereits eine erste Klei-derordnung vor – von Business Casual bis Abendgarderobe. Auf der Bühne ist es empfehlenswert, abenteuerlich-bunte Flora-und-Fauna-Musterungen zu vermeiden. Unifarbene Hemden, Blusen und Krawatten dürfen aber durchaus auch eine kräftigere Farbe haben. Darüber hinaus sollte sich die Kleidung farblich von dem Bühnenhintergrund unter-scheiden. Zu vermeiden sind sehr kleine Musterungen wie Karos und Streifen, weil diese im Live-Bild zu unschönen Moiré-Effekten führen.

• Abgang: Ein Redner sollte nach dem letzten Wort nicht fluchtartig die Bühne verlassen, sondern seinen Applaus noch in Ruhe und dankend in Empfang nehmen – zumindest die ersten Sekunden des Beifalls!

Diese Auflistung bietet Anhaltspunkte, worauf bei Rednern zu achten ist – mit Abstand am wichtigsten ist jedoch, dass der Redner Sicherheit gewinnt oder behält. Wenn ein Regisseur den Redner in der Probe erst einmal komplett „durch den Fleischwolf dreht“, kann er am Showtag kaum mit einer guten Leistung rech-nen. Motivation und lobende Worte sind folglich der unerlässliche Einstieg für jedes Feedback. Bei den Kritikpunkten sollte man sich vorab genau überlegen, welches die wichtigsten Punkte sind und wie viele Anregungen der Redner vor-aussichtlich umsetzen kann. Ziel ist die bestmögliche Verbesserung, nicht die vollständige Aufzählung aller wahrgenommenen Defizite!

Hostessen und StagehandsHostessen und Stagehands werden als Helfer auf der Bühne eingesetzt – egal, ob für die Siegerehrung eine Urkunde angereicht werden muss, ob Tore für Auf-tritte oder Einfahrten manuell geöffnet oder geschlossen werden müssen oder ob während der laufenden Show weiteres Bühnenmobiliar oder -equipment gebracht werden muss. Hierbei ist zu beachten, dass diese Personen in der Regel keine oder kaum Showerfahrung haben. Daher müssen deren Tätigkeiten definitiv geprobt werden, bei Interaktion mit anderen Personen auf der Bühne auch mit Statisten – denn es kommt (auch) auf die Kleinigkeiten an: Wie muss ein Möbel-stück getragen werden, damit es nicht auseinanderfällt? Sieht man bei Showlicht noch die Markierungen, wo die Möbel abgestellt werden müssen? Muss man die Urkunde dem Laudator direkt am Anfang anreichen oder erst, nachdem er den Gewinnern per Handschlag gratuliert hat? Auch mögliche Pannen und Eventua-

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litäten müssen besprochen werden: Was mache ich, wenn der Gewinner, der auf-gerufen wird, einen anderen Namen trägt als der auf der Urkunde vermerkte? Was ist zu tun, wenn der Laudator bereits vor dem Gruppenfoto einfach die Bühne verlässt? Und wie soll der Stagehand am Bühnentor reagieren, wenn das einzu-fahrende Auto nicht anspringt oder kein Redner kommt?

Ebenso müssen diese Personen in die Besonderheiten des Event-Business ein-geführt werden. Meist haben sie noch nie zuvor etwas von Standby-Zeiten oder Funkdisziplin gehört. Es gilt: Der Regisseur kann nur das erwarten, was er vorab explizit besprochen und geprobt hat.

Kurze Gastauftritte und „Nachzügler“Selten können wirklich alle Showbeteiligten durch die regulären Proben abge-deckt werden. Meist gibt es Nachzügler, die aufgrund ihres sehr kurzen Auf-tritts, von terminlichen Problemen oder ihres Prominenten-Status erst kurz vor der Show anreisen. Doch auch diese Personen brauchen ein Briefing zu ihrem Auftritt. Hierbei der Tipp: Als Regisseur sollten Sie dies so weit wie irgendwie möglich immer selbst übernehmen und nicht delegieren, denn nur der Regisseur kann, kurz und knapp, die wesentlichen Informationen auf den Punkt bringen. Im besten Fall befinden sich noch keine Gäste im Saal, sodass man mit dem „Nach-zügler“ direkt auf der Bühne kurz die Wege und Positionen sowie die Abläufe durchsprechen kann. Zumindest sollte man auf einem Bühnenplan kurz die Posi-tionen zeigen und beschreiben, denn für Mitwirkende ist es höchst peinlich, wenn sie sich während der Show auf der Bühne verlaufen.

Falls ein Nachzügler erst während der bereits laufenden Show am Veranstal-tungsort eintrifft, muss vorab definiert werden, wer ihn in Empfang nimmt. Der Regisseur sollte einen kleinen Zettel schreiben mit den wichtigsten Punkten, die dem Mitwirkenden als Kurz-Briefing mit auf den Weg gegeben werden können. Mit den „wichtigsten Punkten“ ist ein Umfang gemeint, der in maximal drei bis fünf Sätzen vermittelt werden kann – für ausführliche Erläuterungen fehlt zum einen meist die Zeit, zum anderen kann sich dies auch niemand merken!

Pausen und Crew-CateringEin Probenplan, der keine ausreichenden Pausen aufweist, ist kein realistischer Probenplan. Denn eine gute Probe bedeutet konzentriertes, fokussiertes Arbei-ten – und dies ist ohne Pausen nicht möglich. Darüber hinaus werden auch immer wieder Zeitslots benötigt, in denen technische Einstellungen nochmals angepasst, neue Versionen von Filmen und Charts im System aufgespielt und Erkenntnisse der Proben eingearbeitet werden. Demnach erfordert jede Probe nicht nur eine

3.7 Die Proben

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132 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

technische Vorbereitung, sondern auch eine technische Nachbereitung. Und diese Slots sollten von vornherein auch in einem Probenplan ganz klar ausgewiesen sein.

Um die verfügbaren Probezeiten bestmöglich nutzen zu können, empfiehlt es sich, vor Ort für alle Showbeteiligten ein Crew-Catering anzubieten. Denn ein Mittagessen in einem nahe gelegenen Restaurant oder Imbiss kostet in der Regel deutlich mehr Zeit als eine Verpflegung vor Ort. Darüber hinaus gibt es kaum ein besseres Motivations-Instrument als eine gute Verpflegung! Damit sind nicht Champagner und Kaviar gemeint – ein schmackhaftes, ausgewogenes Essen mit sinnvollen Verfügbarkeits-Zeiten sowie durchgängig Getränke, Kaffee und ein wenig Obst und Snacks sind völlig ausreichend. Klug organisiert ist dies auch keine Herausforderung für das Budget; Angebote mit dem besten Preis-Leis-tungs-Verhältnis findet man bei den Anbietern von Film- und TV-Catering, wäh-rend der Haupt-Caterer der Show oft nicht genügend Zeit und Mühe in ein gutes Crew-Catering investieren kann – dessen Fokus liegt auf dem Gäste-Catering und einem gegebenenfalls komplexen Fünf-Gänge-Menü für den Showabend. Leider wird durch ein ordentliches Crew-Catering nicht immer die angemessene Wert-schätzung zum Ausdruck gebracht. Den Mitwirkenden wird eine Höchstleistung abverlangt, oftmals deutlich über einen Zehn-Stunden-Tag hinaus. Eine Flasche Wasser und – zwischen 12.00 und 12.30 Uhr – Würstchen mit Kartoffelsalat aus dem Eimer sind dem gegenüber keine Zugeständnisse, sondern eine Zumutung. Falls Sie Veranstalter sind, so investieren Sie durchaus ein paar Gedanken in eine gute Lösung für die Versorgung „Ihrer“ Crew – es wird sich bezahlt machen.

3.7.3 Probentransparenz gegenüber Kunden

Für Außenstehende sind die Abläufe und Prioritäten während der Proben oftmals nicht ersichtlich. Personen, die mit Showproben bestens vertraut sind, erken-nen, wenn gerade eine sehr wichtige und intensive Probe stattfindet, während nicht Eingeweihte das Gefühl haben: „Da geht doch gar nichts richtig vorwärts!“ Ebenso ist manchen nicht bewusst, dass es während der Proben oftmals Einzel-aspekte gibt, auf die man sich konzentriert, während andere nebensächlich wer-den. So ist es beispielsweise in einem Probenabschnitt, in dem an Präsenz und Redefluss eines Vortragenden gearbeitet wird, relativ egal, ob die Rednercharts im Hintergrund auf die Sekunde pünktlich kommen. Sie laufen halbwegs korrekt mit, aber dies hat in diesem Moment nicht die höchste Priorität. Ebenso ist es zielführend, dass Tänzer oder Artisten nicht in jeder Probe komplett an ihre Gren-zen gehen, sondern vielmehr manche Passagen nur andeuten.

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Diese Situationen führen oft dazu, dass Kunden oder auch Agenturmitarbeiter nervös werden und bemüht sind, mit Hinweisen und Interventionen die Proben in die aus ihrer Sicht richtigen Bahnen zu lenken. Gleichzeitig gibt es nichts, was die Konzentration mehr stört als permanente Zwischenrufe, Verbesserungsvor-schläge und Einwände aus den verschiedensten Richtungen. Doch wie kann eine derartige Situation verhindert werden?

In erster Linie durch eine gute Kunden- und Agenturführung. Der Regisseur ist in der Pflicht, Kunde und Agentur im Hinblick auf die geplanten Proben abzu-holen. Wenn alle Beteiligten wissen, was in den nächsten Stunden passiert und wofür diese Proben wichtig sind, wird ihnen die Sicherheit vermittelt, dass alles auf einem guten Weg ist. Ebenso sollten im Probenplan ausreichend Zwischenab-nahmen, sogenannte „Schulterblicke“, eingeplant werden. So fällt es auch nicht schwer, allen Beteiligten klar zu kommunizieren: „Wir müssen jetzt in Ruhe und konzentriert arbeiten – um 15.00 Uhr würden wir Ihnen dann gerne die ers-ten Probenergebnisse zeigen.“ Im Anschluss an die Zwischenabnahmen sollte es ein kurzes Feedback-Gespräch geben, in dem Kunde und Agentur dem Regisseur gesammelt ihre Anmerkungen vortragen und dazu diskutieren können.

Ruhe und Konzentration während der Proben liegen also großteils in der Hand des Regisseurs!

3.7.4 Hire and fire?

Zum Glück passiert es nur ab und zu: Ein Künstler, Moderator oder Techniker zeigt bei den ersten Proben, dass er die an ihn gestellten Erwartungen bei Wei-tem nicht erfüllen kann. Die Ursache ist meist nicht die Unfähigkeit der Person, sondern es liegt eine klassische Fehlbuchung vor. Eine klassische Ballett-Tän-zerin wird nun mal keinen Breakdance beherrschen, ein klassischer Telepromp-ter-Operator muss nicht zwingend auch ein fähiger Bildregisseur sein, und eine Health-and-Beauty-Moderatorin wird man in der Kürze der Zeit nicht zu einer Hightech-Spezialistin machen können.

Doch wenn man feststellt, dass ein Crew-Mitglied völlig ungeeignet ist, ist guter Rat teuer – should he stay or should he go? Zunächst gilt es, die Proben unmerklich in eine Richtung zu lenken, in der die Möglichkeiten der betreffenden Person nochmals detaillierter ausgelotet werden können. Sobald Sie als Regisseur für sich zu einer Einschätzung gefunden haben, können Sie den aktuellen Pro-benslot schnellstmöglich zu Ende bringen und eine Kaffeepause oder einen Slot für technische Programmierarbeiten ankündigen. Und dann gilt es zu überlegen: Kann die Aufgabenstellung so abgeändert werden, dass sie von der betreffenden

3.7 Die Proben

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134 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

Person zu bewältigen ist? Oder können Personen innerhalb des bereits bestehen-den Teams gegeneinander ausgetauscht werden? Bei technischen Mitarbeitern bietet sich manchmal die sehr simple Lösung an, dass zwei Techniker einfach ihre jeweilige Arbeitsposition miteinander tauschen, ebenso bei einer größeren Künstlergruppe. Wenn es einen Moderator betrifft, ist zu überlegen, ob Moderati-onstexte unter Umständen so eingekürzt werden können, dass es noch einen Weg zum Ziel gibt.

Doch wenn all diese Möglichkeiten ausscheiden, wird man eine strategische Entscheidung, zusammen mit Agentur und Kunde, treffen müssen: Kann die Show auch ohne diesen einen Part weiterleben? Oder kann die betreffende Per-son gegen einen neu akquirierten Mitwirkenden ausgetauscht werden? Einerseits ist in dieser Situation Besonnenheit gefragt – panischer Aktionismus hilft nicht weiter. Andererseits ist hier jedoch auch Entschlussfreudigkeit vonnöten! Gerne tendieren Kunden aus Gründen der Empathie oder aus Angst vor etwas Neuem zu der Aussage: „Wir sollten ihm noch eine Chance geben – vielleicht wird er ja noch ein wenig besser, wenn man viel mit ihm probt.“ Doch jede Stunde, die ab hier noch in den Plan A investiert wird, verschließt Schritt für Schritt die Tür zu einem Plan B. Oftmals ist es dann zielführender, rasch die sicherlich mutige Entscheidung zu fällen und die betreffende Person auszutauschen. Bis ein Nach-folger gefunden und eingetroffen ist, kann die Zeit sinnvoll genutzt werden für andere Proben, die Ersatzperson wird dann später in das bereits erarbeitete Show-gerüst integriert.

Gleiches gilt im Übrigen, wenn man feststellt, dass Showparts aus techni-schen, logistischen oder Wirkungs-Gründen nicht realisierbar sind. Auch hier lautet die Devise: Wenn man trotz ausreichender Versuche zu der festen Überzeu-gung kommt, dass etwas definitiv nicht gelingen wird, sollte man all seine Ener-gie auf einen Plan B verwenden – und nicht krampfhaft auf Biegen und Brechen am Plan A festhalten, bis schließlich ein Plan B nicht mehr realisierbar ist.

3.7.5 Proben-Psychologie

Der wesentlichste Faktor für das qualitative Ergebnis einer Show ist die psycholo-gische Komponente. Alle Mitwirkenden sind, je näher eine Show rückt, irgendwo zwischen leicht angespannt und äußerst nervös. Das Einzige, was man als Regis-seur dem entgegensetzen kann, ist ein Gefühl der Sicherheit.

Dies bedeutet eine individuelle Abwägung gegenüber jedem Mitwirkenden: Wird er durch weitere Proben nervöser oder ruhiger? Kann er weiteren inhaltli-chen Input überhaupt verarbeiten oder verunsichert ihn das zunehmend? Gerade

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bei Rednern gilt es auch zu beobachten, ob sie durch detailliertes Proben eventuell ihre Lockerheit und Spontaneität verlieren und zunehmend verkrampft werden.

Auch die Zeitachse spielt eine wesentliche Rolle beim Sicherheitsgefühl. Während man einem Moderator zwei Tage vor der Show durchaus einen Zet-tel mit wirren Orga-Infos in die Hand drücken kann, die er lächelnd zur Kennt-nis nimmt, wird ihn der gleiche Zettel zehn Minuten vor dem Showstart unter Umständen in völlige Panik versetzen.

Dementsprechend hat der Regisseur, bei allem Anspruch an eine Show mit höchster Perfektion, immer abzuwägen und auszuloten, wer wann wie viele Infor-mationen verträgt. Das Ziel ist, aus allen Mitwirkenden das Maximum herauszu-holen – und nicht, alle möglichen Defizite und Optimierungen irgendwann einmal der Vollständigkeit halber gesagt zu haben. Gleichzeitig hat er auch die Aufgabe, Informationen zu filtern und auf den Punkt zu bringen. Menschen haben die Ten-denz, nervös zu werden, wenn sie eine ihnen mitgeteilte Information nicht verste-hen – und wenn sich nun jemand verrückt macht ob einer Information, die für ihn völlig irrelevant ist, dann ist dies wenig sinnvoll. Daher sollte jeder nur die Infor-mation bekommen, die er wissen und verstehen muss. So interessiert es beispiels-weise die Techniker in der Regel nicht, wenn der Moderator am Ende der Show abgeänderte Orga-Infos vorträgt. Ebenso interessiert es den Moderator nicht, aus welchen organisatorischen oder logistischen Gründen und Diskussionen heraus die Orga-Infos noch einmal geändert werden mussten – er sollte lediglich kurz und knapp erfahren: Was ist konkret verändert gegenüber der Vorgänger-Version?

Ein weiterer Aspekt zur Schaffung eines Sicherheitsgefühls betrifft nicht den Regisseur, sondern Projektbeteiligte von Agentur- und Kundenseite und lässt sich mit folgendem Motto der Event-Branche zusammenfassen: „One show – one call.“ Dies bedeutet: Während Proben und Show macht ausschließlich der Regisseur Ansagen an das Team und dessen Mitglieder. Ein Regisseur hat keine Chance, Ruhe und Sicherheit in ein Team zu tragen, wenn beispielsweise ver-schiedene Personen nach der Probe zu einem der Mitwirkenden gehen und ihr persönliches Feedback sowie Verbesserungsvorschläge und Änderungswünsche platzieren. Ebenso kann ein Videotechniker unmöglich die Übersicht behalten, wenn er von verschiedenen Personen mehrere USB-Sticks mit angeblich wichti-gen, sofort einzubauenden Show-Inhalten geliefert bekommt. Besonders abenteu-erlich wird es, wenn unterschiedliche Personen dann auch noch widersprüchliche Informationen weitergeben.

Folglich muss jeglicher Input beim Regisseur zusammenlaufen, der dann sor-tiert, selektiert und weiterleitet – und der dabei immer Ruhe und Souveränität ausstrahlen sollte. Hierfür muss ein Regisseur gelegentlich ganz besonders ner-venstark sein – denn er ist nun mal die „Mutter der Kompanie“.

3.7 Die Proben

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136 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

3.7.6 Generalprobe

Am Ende all der Einzel- und sequenziellen Proben erfolgt in der Regel die Gene-ralprobe mit sämtlichen Mitwirkenden, soweit vorhanden. Die Generalprobe soll die reguläre Show so realistisch wie möglich abbilden – daher ist es von Vorteil, wenn diverse Projektmitarbeiter als „Gäste“ im Publikum sitzen. Denn es gibt ein wichtiges Element der Show, das bisher nicht geprobt wurde: der Umgang mit Applaus. Entsprechend kann eine Generalprobe mit einer kurzen Ansprache an die Gäste beginnen. Zum einen ist hier Platz für Dank gegenüber allen, die das Show-Team in den vergangenen Tagen, während der Proben, unterstützt haben. Zum anderen kann man die Besucher der Generalprobe bitten, sich so zu verhal-ten, wie sich auch die Gäste während der Show voraussichtlich verhalten werden: klatschen, trampeln, pfeifen, lachen – all das ist erlaubt. Ebenso sollten Fragen, die Redner oder Moderatoren an das Publikum stellen, beantwortet werden. Und bei einer Siegerehrung sollten auch tatsächlich Personen auf die Bühne kommen und einen Preis in Empfang nehmen.

Falls es absehbare Stolperfallen in einem Showablauf gibt, die bereits wäh-rend der Probe besprochen wurden, kann man auch vor der Generalprobe ein-zelne Gäste gezielt zur Seite nehmen und briefen, um die Probe aufs Exempel zu machen: Wie reagiert der Moderator etwa bei einem Gast, der als Preisträger auf die Bühne kommt und in einer anderen Sprache zu sprechen beginnt? Oder wie verhält sich ein Siegerehrungs-Team, wenn ein aufgerufener Gewinner nicht auf der Bühne erscheint und durch Abwesenheit glänzt? Diese Tests sollte man jedoch nicht auf die Spitze treiben – wenn man einen Moderator bereits in der General-probe übermäßig belastet, ist dies keine optimale Basis für eine gute Show.

Eine Generalprobe sollte, wenn irgendwie möglich, nicht unterbrochen wer-den. Es geht auch darum, trotz einer Panne weiterzumachen. Lediglich wenn dadurch ein kompletter Showteil entfallen würde, ist eine Intervention sinnvoll.

Darüber hinaus sollten alle Darsteller bereits im Original-Show-Outfit auftre-ten. Ob ein Redner nun bereits seinen richtigen Anzug trägt, ist vielleicht nicht so wichtig – lediglich die Rutschfestigkeit von Schuhen mit Ledersohle ist durchaus einen Test wert. Aber gerade Künstler-Outfits, Moderatoren-Outfits und gewagt hohe Schuhe sollten definitiv bereits hier zum Einsatz kommen.

Outfit-PannenDer Pinguin

Eine Moderatorin wollte in der Generalprobe noch nicht ihr Show-Kleid tragen. Lediglich ihre High Heels wurden getestet. So kam es, wie es kommen

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musste: Sie erschien zum Showbeginn am oberen Ende der Gala-Treppe, wollte die erste Stufe nehmen – und merkte dabei, dass sie mit ihrem bis zu den Knöcheln recht eng geschnittenen Kleid die Stufen, die zugegebenerma-ßen ein ungewöhnliches Stufenmaß hatten, nicht hinunterschreiten konnte. Wie ein Pinguin tippelte sie nun seitlich vor 1500 Gästen Stufe für Stufe die Treppe hinunter. Für sie selbst war der Abend hier bereits gelaufen – während sich die Gäste vor Lachen bogen. Nach der Pause hatte das Kleid dann plötz-lich einen großen Schlitz …

Der blanke SkandalDas helle Show-Outfit der Tänzer war mehrfach abgenommen – und wirkte bei der Präsentation zwar sexy eng anliegend, aber dennoch auch elegant. Die Generalprobe lief. Das Licht ging aus, die Tänzer nahmen im Dunkeln auf der Bühne ihre Startposition ein, alle mit dem Rücken zum Publikum, das Licht ging wieder an … Und plötzlich standen zwölf nackte Tänzer auf der Bühne! Hektische Blicke in den Vorstandsreihen. Unfassbar, welch üblen Scherz sich die Tänzer da erlaubten. Doch während noch fieberhaft überlegt wurde, wie man mit dieser Situation umgehen sollte, änderte sich die Lichtstimmung – und es war klar zu erkennen, dass die Tänzer vollständig bekleidet waren! Lediglich die cremefarbenen Outfits wirkten in einer bestimmten Lichtstim-mung hautfarben. Die betreffende Lichtstimmung bekam umgehend den Arbeitstitel „nude“ und wurde nach der Generalprobe aus allen Showsequen-zen eliminiert.

Am Ende der Generalprobe steht zunächst das Kunden-Feedback an den Regis-seur, gefolgt von der team-internen Manöver- Kritik. Auch hier gilt es wieder abzuwägen: Welche Änderungen werden vorgenommen, und mit welcher Prio-risierung? Und welche Änderungswünsche können nicht realisiert werden, weil das Risiko für die Stabilität der Showabläufe zu groß ist? Kleine Anpassungen, Nachjustierungen und Schönheitskorrekturen sind selbstverständlich machbar. Für größere Änderungen gilt jedoch oftmals der Leitspruch: „Never change a running system.“ In der Regel steht nach einer Generalprobe nicht mehr ausrei-chend Zeit zur Verfügung, um gravierende Änderungen technisch und ablauflo-gistisch mehrfach auf Herz und Nieren zu testen und zu proben. Falls nun ein Kunde zwingend auf umfangreiche Änderungen besteht, so muss ihm zumindest das Risiko bewusst sein, das er damit eingeht. Ebenso muss er wissen, dass die Show-Crew nicht für eine fehlerfreie Umsetzung garantieren kann.

3.7 Die Proben

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138 3 Vom Konzept zur Show: Die 8 Arbeitsschritte

3.7.7 Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis

Wir haben uns nun ausführlich mit den Abläufen von Showproben auseinander-gesetzt. In der Theorie klingt dies alles sehr logisch, systematisch und struktu-riert. Doch leider ist dies eben nur der theoretische Part einer Showproduktion. Zum einen sind jede Show und jedes Team sehr individuell. Zum anderen geht es in der Praxis oftmals kunterbunt „drunter und drüber“. Ein Protagonist verpasst seinen Flug, die Fahrzeuge für das Fahrzeugballett kommen zwei Tage später als geplant an, der Messebauer hat zum Probenbeginn die Bühne noch nicht fertig oder die Proben müssen wegen eines technischen Ausfalls bereits zum dritten Mal gestoppt werden. Was dann zu tun ist, findet man in keinem Lehrbuch.

Ein erster TippBewahren Sie Ruhe. Hektik und der Aufbau von Druck bringen rein gar nichts. Natürlich wäre es schön, wenn man so proben könnte, wie es der sinnvolle Show-aufbau vorgibt. Aber es geht eben auch anders. Hier ist Improvisations-Talent gefragt. Vielleicht kann man die Bühnengrundrisse auf einem großen Parkplatz mit Hütchen abstecken, sodass man mit ganz normalen Straßen-Pkws bereits erste Fahrproben machen kann? Und vielleicht können auch die Tänzer den Bühnen-grundriss in einer Nachbarhalle abkleben und dort schon einmal proben? Viel-leicht kann man einen anderen Redner, der schon vor Ort ist, vorziehen? Oder man schickt alle Techniker bis auf die, die das technische Problem beheben müssen, zurück ins Hotel und setzt später am Abend eine Nachtprobe an? Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt – wichtig ist, dass der Regisseur agiert, dass er sich Alternativen überlegt und seinen Plan B nach Abklärung der Machbarkeit klar kommuniziert. Denn nur abzuwarten hat nichts mit Leadership zu tun – außerdem wird sich das Team irgendwann zu Recht beschweren, wenn es nach sechs Stunden des Wartens dann auch noch eine Nachtprobe absolvieren muss. Dies gilt übrigens nicht nur für Problem-Situationen: Geben Sie als Regisseur immer eindeutig an, was Sie als Nächstes planen, wann eine Pause beginnt und wann sie zu Ende ist.

Der Änderungs-VirusEbenso Teil der idealisierten Theorie ist die Annahme, dass zum Probenbeginn alle Inhalte vorliegen – geschweige denn, dass die bereits vorliegenden Inhalte die finale Version sein könnten. Leider ist der „Änderungs-Wahnsinn“ eine immer stärker grassierende Krankheit in der Event-Branche. Im Zehn-Minuten-Takt wer-den USB-Sticks mit neuen Versionen abgeliefert – die teilweise schon wieder ver-altet sind, bevor man sie überhaupt im System aufspielen konnte. Würde man dies

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immer zeitnah bearbeiten, könnte keine einzige Probe mehr stattfinden. Daher müssen Änderungen klar kanalisiert werden.

Es empfiehlt sich beispielsweise, zweimal pro Probentag einen Änderungs-Slot einzurichten. In diesem Slot können diverse Daten-Lieferanten mit ihren neuen Files kommen, erläutern, worin die Änderungen liegen, und diese gemeinsam mit dem Regisseur in der Videoregie einbauen lassen. Und es gibt einen ganz klaren Annahme-Schluss: Was zwei Stunden vor der Generalprobe nicht abgegeben wurde, kann nicht mehr in die Show integriert werden. Am Showtag selbst sollte gar nichts mehr geändert werden.

Schon zu oft ist es vorgekommen, dass eine neue Datei, die in letzter Minute geliefert wurde, fehlerhaft war oder gar einen Virus hatte und Teile des techni-schen Systems lahmlegte. Und dies ist dann der Preis dafür, dass in einer Power-Point-Präsentation nochmals zwei Kommata und eine Zahl geändert wurden! Hier stimmt die Verhältnismäßigkeit zwischen Risiko und Mehrwert nicht mehr. Doch da Außenstehende dies nicht wissen können, ist an dieser Stelle eine ganz klare Haltung, die auch rechtzeitig offen kommuniziert wird, enorm wichtig.

3.8 Die Show

Alle Proben sind beendet, letzte Feedbacks wurden gegeben und der Adrenalin-spiegel steigt langsam an – eine angespannte Ruhe ist das deutliche Zeichen dafür, dass die Show bald beginnt. Doch ist es falsch, die Aktivitäten jetzt nur auf hoffen und beten zu beschränken.

3.8.1 Der Arbeitsplatz des Regisseurs

Während der Probe war der Regisseur die meiste Zeit im Publikumsbereich rela-tiv weit vorne an der Bühne. Auch wenn er sowohl über die Intercom als auch in den Proben mit einem Handsender jederzeit laut und verständlich kommunizie-ren kann: Es gibt viele sehr persönliche Feedbacks an Redner, Moderatoren und Künstler, die niemals über ein Mikrofon erfolgen sollten, sondern immer direkt, persönlich, unter vier Augen. Dementsprechend war die Nähe zur Bühne während der Probe wichtig. Doch wo ist der Regisseur während der Show? Egal, welche voll klimatisierten, mit vielen Monitoren ausgestatteten Regieräume ihm hinter

3.8 Die Show

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der Bühne oder auf Galerien angeboten werden – der Platz des Regisseurs ist im Saal, sprich in direktem visuellen und akustischen Kontakt mit dem Publikum und der Bühne. Denn nur hier hat man den kompletten Überblick und erhält auch ein Gefühl dafür, was im Saal passiert. Die Show muss aus der Zuschauer-Perspektive ideal sein, und nicht aus der Perspektive einer Überwachungskamera. Und selbst bei hoch qualitativer Bild- und Tonübertragung aus einem Veranstaltungssaal gehen immer wichtige Details verloren, die der Regisseur aber zwingend braucht. An seinem Arbeitsplatz am FoH12 oder an einer anderweitigen Stelle im Saal braucht der Regisseur sein Handwerkszeug. Dazu gehören eine kabelgebundene Intercom-Station, Vorschaumonitore, die im Split Screen die einzelnen Kameras, Charts und sonstige Zuspieler zeigen, einen Lautsprecher, auf dem sich der Regisseur selbst einen Redner bei Bedarf lauter drehen kann, eine Leselampe, einen Regie-Hand-sender sowie, falls Protagonisten der Show ein Regie-In-Ear tragen, die entspre-chenden kabelgebundenen Schalter-Mikrofone. Für Notfall-Kommunikation mit dem Organisations-Team von Agentur und Kunde sollte er außerdem ein Funkgerät mit dem Orga-Kanal zur Hand haben, das jedoch während der Show aus ist und nur im Bedarfsfall eingeschaltet wird. Und als letztes Requisit ist es hilfreich, wenn man immer ausreichend stilles Wasser am Arbeitsplatz hat – es gibt kaum etwas Ungünstigeres, als während der Show einen „Frosch im Hals“ zu haben.

3.8.2 Das Adrenalin steigt

Eine Show wird immer nur so gut, wie alle Beteiligten zu einer fokussierten, aber dennoch entspannten Konzentration finden können. Dies bedeutet zunächst: Egal, was auch passiert – die letzten Proben sollten spätestens zwei Stunden vor Show-beginn beendet werden! Jedes Teammitglied sollte nochmals ausreichend Mög-lichkeit haben, seine Dokumente und Arbeitsunterlagen zu sortieren, noch letzte Dinge zu testen oder in Startposition zu bringen, eventuell noch einmal in Ruhe eine Kleinigkeit zu essen oder einen Kaffee zu trinken. Außerdem müssen sich alle Bühnendarsteller noch umziehen und gegebenenfalls in die Maske. Auch an dieser Stelle gilt: Hektik schafft Unsicherheit und Unkonzentriertheit. Aus diesem Grund hat ein Regisseur hier eine ganz wichtige Rolle: Seien Sie der Ruhepol, ein Fels in der Brandung! Drehen Sie nochmals eine Runde durch alle Räume, schauen Sie, ob es allen gut geht, und seien Sie präsent, falls noch letzte Fragen auftauchen. Ermutigen Sie, ermuntern Sie, loben Sie – und geben Sie bei Bedarf nochmals einen letzten Hinweis oder Merksatz mit auf den Weg.

12Front of House: Technikregieplatz vor der Bühne im Publikum.

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Diese Anforderung zeigt deutlich: Es funktioniert nur, wenn ein Regisseur selbst absolute Nervenstärke besitzt. Ein Mensch, der unter starkem Lampenfie-ber leidet, wäre so sehr mit sich selbst und seinen Ängsten beschäftigt, dass er sich nicht ruhig und entspannt um sein Team kümmern könnte. Der Regisseur darf durchaus auch Nervosität kennen – aber er sollte quasi als „Adrenalin-Jun-kie“ Spaß daran haben und die Nervosität als Konzentrations-Booster nutzen. Im Optimalfall kann er seinen Adrenalinpegel wie ein Gaspedal beim Autofah-ren beeinflussen. Ihn anzuheben ist nicht schwer, dazu muss man gedanklich nur die möglichen Pannen der kommenden Show durchgehen. Ihn auf ein produktives Maß zu senken ist schon eher die Kunst. Hierfür muss jeder im Laufe der Zeit seine eigene Methode entwickeln. Ein Weg ist beispielsweise, sich zwei Minuten ausschließlich auf eine tiefe, entspannte Atmung zu konzentrieren. Ebenso sehr geeignet sind imaginative Verfahren sowie Elemente des autogenen Trainings. Rein theoretisch wäre auch Yoga geeignet – jedoch dürfte es zu Irritationen füh-ren, wenn Sie vor versammelter Mannschaft mit „Hund“, „Schwan“, „Raupe“ und „Gecko“ den halben städtischen Zoo durchturnen …

Ungefähr eine halbe Stunde vor Showstart sollten alle Techniker an ihrem Platz und alle sonstigen Mitwirkenden an einem vereinbarten Ort, zum Beispiel in der Garderobe oder im Backstage-Raum, standby sein. Es gibt kaum Aufre-genderes kurz vor der Show, als dass ein Mitwirkender nicht auffindbar ist! Über die Intercom wird kurz vor dem Showstart noch einmal abgefragt, ob alle Perso-nen da sind, ob alle Systeme gecheckt sind, ob alle Mobiltelefone ausgeschaltet sind, ob, falls vorgesehen, die Aufnahmegeräte laufen und alles Equipment/alle Requisiten am Start sind. Ebenso sollte man sich gerade bei ungeübteren Rednern nochmals vergewissern, dass sie ihr Manuskript oder ihre Rednerkarten haben.

Doch wie kommuniziert der Regisseur mit Mitwirkenden, die im Backstage-Bereich sind oder bereits in der ersten Publikumsreihe sitzen? Hierfür hat er Regie-Assistenten oder Stage-Manager, die als sein verlängerter Arm an den neu-ralgischen Stellen positioniert sind und dort koordinierend unterstützen.

Ein wichtiger Hinweis noch zu Redner-, Moderationskarten und Manuskripten: Diese Dokumente sollten zwingend immer mit Seiten-zahlen versehen sein, notfalls lässt sich das auch rasch handschriftlich nachtragen. Falls diese Unterlagen in der Aufregung kurz vor dem Auftritt herunterfallen, hat man sonst keine Chance mehr, sie in der Kürze der Zeit zu sortieren.

Falls ein Redner den Teleprompter nutzt, sollte außerdem ein ausgedrucktes Redenmanuskript, am besten in Form von Rednerkarten, beim Regie-Assistenten oder Stage-Manager hinterlegt sein, das dieser während der Rede mitblättert und

3.8 Die Show

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im Falle eines Technikausfalls, bereits an der richtigen Stelle aufgeschlagen, dem Redner anreichen kann.

Außerdem sollte der Regie-Assistent oder Stage-Manager einen Ersatz-Hand-sender haben, den er im Bedarfsfall anreichen kann. Zum einen kann immer ein Mikrofon ausfallen, zum anderen kam es auch schon vor, dass sich ein Redner wenige Sekunden vor seinem Auftritt hinter der Bühne beim Anziehen des Sak-kos das Headset vom Kopf gerissen hat.

3.8.3 Die Show beginnt

Wie bereits beschrieben, gibt es vor dem Start der Show, ähnlich einem Piloten im Cockpit, eine Checkliste, die abgefragt werden muss. Darüber hinaus sollten immer wieder, in Rücksprache mit dem Agentur- oder Kundenteam, Ansagen erfolgen, in wie vielen Minuten die Show startet. Gerade bei Verzögerungen aus organisatorischen Gründen ist es für Mitwirkende zermürbend, wenn sie Minuten lang in ihrer Startposition verharren.

Falls es zu deutlichen Verzögerungen kommt, ist es sinnvoll, das Publikum zu beobachten. Ein paar Minuten Verspätung sind Usus, doch sobald die Gäste unruhig werden, ist es Zeit für eine Information. Nachdem der erste Auftritt des Moderators jedoch meist einen gewissen Glamour-Faktor haben soll, empfiehlt es sich, an dieser Stelle mit einer Off-Voice durch den Regisseur zu arbeiten.

Wenn es dann endlich losgeht, ist es egal, wie viele Personen nervös gesti-kulierend und drängend vor dem Regisseur auf- und abtanzen. Erst wenn eine positive Rückmeldung auf alle Check-Fragen erfolgt ist, startet die Show. Ein überstürzter Start, bei dem noch einzelne Mitwirkende fehlen – auch wenn sie erst in einigen Minuten dran sind – ist nicht nur ein Nervenkiller, sondern gele-gentlich auch faktisch ein Showkiller.

3.8.4 Die Maschinerie läuft

Der Regisseur führt mit ausreichenden Vorwarnungen und klaren, präzisen Cues durch die Show. Hierbei ist es wichtig, zum einen immer alle Gewerke im Blick zu haben und zum anderen auch die nächsten drei, vier Schritte der Show zu bedenken. Während für einen Moderator, von dem man weiß, dass er direkt hinter der Bühne steht, eine etwas kurzfristigere Standby-Ankündigung ausreicht, braucht es für eine große Künstlergruppe durchaus etwas länger. Ebenso muss ein Fahrzeug erst gestartet werden, bevor es losfährt. Für den Start eines Motors

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(oder andere Geräusch verursachenden Tätigkeiten) sollte im Übrigen bereits in den Proben eine Stelle der Show mit lauter Musik vorab ausgewählt werden, sodass man möglichst viel vom Überraschungseffekt erhalten kann.

Eine gute Show wird so gecallt, dass niemals ein Tonloch entsteht – ein Moment, in dem plötzlich absolute Stille herrscht (ausgenommen hiervon ist natürlich die Stille als dramaturgisches Stilmittel, mit dem man jedoch sehr gekonnt umgehen muss, damit es nicht den Eindruck eines Fehlers vermittelt). Gleichzeitig sollte man sich jedoch durch diese Maxime nicht zu einer hektischen Gesamtwirkung verleiten lassen. So ist es beispielsweise sehr unschön, wenn der Applaus des Publikums abgewürgt wird, indem man voreilig einen Film startet. Ebenso sollte man den Schlussakkord einer Inszenierungsmusik kurz stehen las-sen, bevor man fortfährt.

Eine weitere Regel für eine flüssig wirkende Show ist Synchronizität – und hierbei muss die Synchronisation meist vom Ende her betrachtet werden. Kas-kadierende Einsätze sind durchaus ein schönes Stilmittel, das oft gewählt wird. Doch das Ende einer Showsequenz sollte synchron und selbsterklärend sein. Wenn die Musik zu Ende ist, aber der Showact noch weiterläuft, wirkt dies als Fehler – ebenso umgekehrt, wenn der Showact zum Ende kommt und die Musik noch eine Weile „vor sich hinplätschert“. Dasselbe gilt auch für kurze Inszenie-rungsmomente, wie z. B. einen Redner-Aufgang: Es macht durchaus Sinn, dass erst der Auftrittsjingle ertönt und der Redner erst zwei bis drei Sekunden später erscheint. (Die Reihenfolge funktioniert in manchen Situationen auch anders herum.) Doch wenn der Redner an seiner Position steht, muss der Schlussakkord erklingen. Dies bedeutet in der Praxis: Der Regisseur muss verschiedene Einsätze so geben, dass das Ende synchron ist. Um dies zu erreichen, kann sich der Regis-seur während der Probe entweder mit einer Stoppuhr verschiedene Startzeiten ausstoppen oder sich die entsprechende Musik- oder Filmpassage einprägen.

Warum ist die Synchronizität des Endes so wichtig? Es gibt beim Publikum ein erlerntes Applausverhalten. Zum einen am Ende einer deutlichen Ankündi-gung („Bitte begrüßen Sie auf der Bühne: den Vorstandsvorsitzenden der ABC AG, Michael Müller!“), zum anderen bei einem klaren Abschluss einer Sequenz. Wenn nun der Abschluss unklar („ausplätschernd“) oder widersprüchlich ist (Klatscht man, wenn die Musik aus ist oder wenn der Künstler fertig ist?), gibt es immer die peinliche Situation des sehr verhaltenen Applauses. Und dies ist nicht nur für das Publikum eine unangenehme Situation (Habe ich als Gast einen Feh-ler gemacht, weil ich zu klatschen begonnen habe?), sondern es vermittelt auch den Eindruck, dass das Publikum gerade nicht so recht begeistert ist von dem, was da passiert, es schmälert damit die Gesamtwirkung der Show. Dementspre-chend werden bei der Ankündigung einer Person zunächst der Titel und sonstige

3.8 Die Show

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Ergänzungen genannt – und mit dem Namen der Person geendet: Der Name ist die intuitive Applaus-Aufforderung.

Dieser Aspekt ist so wichtig, weil man ihn während der Probe meist nicht bemerken kann – denn der Faktor Applaus kommt bis auf ein paar vereinzelte Proben-Claqueure das erste Mal in der Show vor.

3.8.5 Pleiten, Pech und Pannen

Im besten Falle erreicht man im Laufe einer Show einen Zustand, der wohl dem Flow eines Spitzensportlers am nächsten kommt: eine Situation der angstfreien, höchsten Konzentration – und das sichere Gefühl „Es läuft!“. Dieses Gefühl ist großartig, es ist Teil der nicht monetären Vergütung für Show-Beteiligte! Doch diese Situation tritt bei Weitem nicht immer ein. Manchmal holpert und rum-pelt es, und man muss sich Schritt für Schritt mehr oder weniger durch die Show „hindurchackern“. Bekanntermaßen treten Probleme oftmals dort auf, wo man sie am wenigsten vermutet; so gibt es kaum eine Panne oder einen Zwischenfall, den es nicht schon einmal gab – und nach Murphys Gesetz treten diese Überraschun-gen nicht schon in den Proben, sondern erstmalig in der Show auf.

Doch was ist zu tun, wenn es „mal richtig schiefläuft“? Die wenig befriedi-gende Antwort lautet: Es gibt keine allgemeingültige Regel. Jede Pannensituation ist einzigartig und muss auch als solche behandelt werden. Jedoch gibt es ein paar Leitlinien, die es einfacher machen, situativ richtige Entscheidungen zu finden.

Immer nach vorne denkenBei den Springreitern gibt es eine goldene Regel: Denke immer an das nächste Hindernis, niemals an das vorherige. Und diese Regel gilt gleichermaßen in der Showbranche. Wenn ein Fehler passiert ist, ist es sinnlos, weiter darüber nachzu-denken, wie und warum dies geschehen ist, wer die Schuld dafür trägt und wie es hätte verhindert werden können. Im Gegenteil, meist führt dies dazu, dass nach einer kleinen Panne eine größere Panne folgt, weil das Gehirn in der Vergangenheit festhängt und demzufolge Gegenwart und Zukunft nicht mehr bewältigen kann.

Daher gilt: Immer nach vorne schauen, innerlich abhaken, kon-zentriert weitermachen! Bei Bedarf sollte der Regisseur auch eine entsprechende Team-Ansage machen, um alle wieder zurück ins Boot zu holen.

Diese Regel, immer nach vorne zu denken, darf aber nicht verwechselt werden mit einem fatalistischen „Augen zu und durch!“. Wenn der Fehler durch kurzes

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menschliches Versagen entstanden ist, so sollte man in der Tat keinen einzigen Gedanken mehr daran verschwenden. Wenn die Panne jedoch ein erstes Anzei-chen dafür war, dass ein technisches Problem vorliegt oder dass einem Mit-wirkenden die Nerven versagen, so ist es durchaus wichtig kurz zu überlegen, ob man etwas dagegen unternehmen kann – aber eben konstruktiv, nach vorne gerichtet, mit dem Gedanken „Welche Konsequenzen ziehen wir daraus?“

Seismografische WahrnehmungBesonders wertvoll ist es, wenn ein Regisseur eine nahezu seismografische Wahr-nehmung besitzt – und dies nicht nur während der Show, sondern bereits während der Proben. Denn einige Pannen kündigen sich fast unmerklich schon vorher an. Beispiele hierfür:

• Ein Moderator, der im Gespräch mehrfach zwei Redner miteinander verwech-selt hat.

• Ein Redner, der in der Probe einen wichtigen Part übersprungen hat oder leicht fahrig wirkte.

• Eine LED-Wand, die während der Show hier und da kurz dezent blitzt.• Eine PowerPoint-Präsentation, die beim Weiterklicken immer gefühlt einen

Moment zu lang braucht, bis sich die nächste Seite aufbaut.• Ein Fahrzeug, das in der Probe nicht immer angesprungen ist.• Ein Teammitglied, das vor Showbeginn leichenblass ist oder stark zittert.

Je früher man die ersten Anzeichen eines möglichen Problems erkennt, desto grö-ßer sind die Chancen für eine unauffällige Lösung. So kann man etwa in einem günstigen Moment schon auf das Backup-System umsteigen, bevor das Haupt-system endgültig ausfällt, oder ein System in einem geeigneten Augenblick der Show neu starten. Und man kann, mit etwas mehr Ruhe, einen möglichen Plan B überlegen. So sollte man sich über gängige oder absehbare mögliche Fehler bereits vor dem Showstart Gedanken gemacht haben: Was ist die beste Entschei-dung, falls Fall X eintritt? Dies bedeutet nicht, dass man gedanklich versucht, jede erdenkliche Fehlentwicklung bis ins Detail zu durchdenken oder statistische Wahrscheinlichkeitsanalysen zu bemühen, um sich selbst damit völlig verrückt zu machen. Aber es ist durchaus sinnvoll, am Ende der Proben noch einmal kurz dar-über nachzudenken, wo die größten Stolperfallen der geprobten Show liegen und wie man diese im Bedarfsfall gut handhaben könnte. Diese verschiedenen Sze-narien finden jedoch ausschließlich im Kopf des Regisseurs statt und sind nicht Teil einer Teambesprechung, weil dies mehr Verunsicherung als Hilfe bedeuten würde.

3.8 Die Show

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Falls es jedoch einen bestimmten Showpart gibt, dessen Gelingen sehr unsi-cher ist, weil es beispielsweise in den Proben immer mal wieder ein identisches Problem gab, so sollte man vor Showbeginn auch den Plan B mit dem Team besprechen, wie z. B.: „Falls das zweite Auto wieder nicht anspringt, so bleibt das Tor zu und wir starten direkt den dritten Showpart ein.“ Gleiches gilt für die Situ-ation eines sehr knapp anreisenden Redners. Auch hier sollte vorab klar kommu-niziert werden, wie mit einer zu späten Ankunft umgegangen wird und wer wen über seine Ankunftszeit informiert.

Klare KommunikationsregelnGerade in Problem-Situationen ist es von entscheidender Bedeutung, dass alle Beteiligten eine sehr klare, kurze und präzise Sprache gebrauchen. Im Pannenfall muss ein Regisseur oftmals in wenigen Sekunden eine Entscheidung treffen, wie es weitergeht. Aber um eine Entscheidung treffen zu können, braucht er Entschei-dungsgrundlagen in Form von Informationen aus dem Team! Er muss beispiels-weise wissen, ob ein Redner kurz vor seinem Auftritt schlichtweg nicht mehr auffindbar ist oder ob er sich nur einige Meter vom Bühnentor wegbewegt hat. Entsprechend hilft die Information: „Tja, ääähhm, der is nich da …“ nicht wirk-lich weiter. Ebenso gilt dies für Techniker. Wenn auf der Bühne für einige Sekun-den das Licht ausgeht, ist es enorm hilfreich, wenn der Regisseur auf die Frage: „Was war das?“ eine kurze Antwort bekommt wie z. B.: „Ein Cue falsch pro-grammiert“, „Falsche Taste gedrückt“, „Das Pult hängt“ oder „Stromprobleme“ – mit diesen Informationen kann man etwas anfangen und sehr schnell entscheiden, ob man daraus irgendwelche Konsequenzen für die Show ziehen muss.

Gleichzeitig sollte allen Beteiligten immer bewusst sein: Derartige Nachfragen des Regisseurs sind niemals als Zurechtweisung oder Kritik zu verstehen, son-dern lediglich als Informations-Abfrage. Daher ist hier keinerlei Rechtfertigung, Entschuldigung oder Erklärung als Antwort notwendig.

Besonders viel kommunikative Disziplin ist erforderlich, wenn größere Kom-plikationen auftreten. Hierbei geschieht es dann häufig, dass alle Personen, die unmittelbar betroffen sind, aufspringen und versuchen, das Problem zu lösen – und plötzlich ist niemand mehr auf der Intercom erreichbar. Gerade wenn dies außerhalb des Sichtfeldes des Regisseurs passiert, z. B. im Backstage-Bereich oder in einem abgetrennten Technik-Raum, ist es für den Regisseur nicht mög-lich, gute Entscheidungen zum weiteren Verlauf der Show zu treffen.

In diesen Situationen gilt immer: Eine Person, die in direkter Nähe zur Problemstelle ist, muss zwingend die Kommunikation aufrechterhalten.

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Entscheidend sind, ähnlich einem Polizei-Notruf, vier bis fünf „W“-Fragen:

1. Was ist los?2. Wer ist betroffen?3. Wie kann das Problem behoben werden?4. Wie viel Zeit nimmt das schätzungsweise in Anspruch?

Manche Konsequenzen aus dem Problem sind eindeutig, manchmal gibt es auch keine Konsequenzen, weil nach der Problembehebung alles wieder zu 100 % funk-tioniert. Falls beides nicht der Fall ist, spielt die fünfte Frage auch noch eine Rolle:

5. Welche Konsequenzen bringt das mit sich?

In der Praxis würde das beispielsweise bedeuten:

1. Ausfall eines Stromaggregats.2. Alle kopfbewegten Lampen betroffen.3. Wir stecken um auf einen anderen Stromkreis.4. In ca. fünf Minuten ist alles wieder spielfertig.

Manchmal kann man sich – leider – auf die Fragen 1 und 5 beschränken. Als Bei-spiel folgende Situation: „1. Komplettausfall des rechten Beamers, irreparabel – 5. Ab sofort rechts kein PiP mehr möglich.“

Entscheidungen in Problem-SituationenDer bekannte Kolumnist und Schiffskapitän Jürgen Schwandt wird gerne mit folgender Aussage zitiert: „Bei ruhiger See wissen immer alle genau, was zu tun ist. Führungsstärke zeigt sich dann, wenn es ungemütlich wird“ (Krücken 2016). Und so ist es auch bei Shows. Für die meisten Probleme gibt es mehrere Vari-anten, die Hürde zu meistern. Aber egal, ob Sie sich für links herum oder rechts herum entscheiden: Es gilt, das Ruder in die Hand zu nehmen und das gesamte Team ruhig und souverän um die Klippe herum zu steuern.

Die Herausforderung in Shows, wie in vielen anderen Notfall-Situationen des Lebens, ist ein gewisser Zeitdruck. Denn irgendwie muss es weitergehen – und wenn das im schlimmsten Fall die Ankündigung eines Show-Abbruchs ist! Man hat keine Zeit, sich zu beratschlagen, mehrere Meinungen einzuholen oder den Kunden um eine Entscheidung zu bitten.

3.8 Die Show

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Und dies müssen auch Kunden und Agenturen wissen: Bei Pan-nen und Problemen hat der Regisseur die Entscheidungshoheit! Ein Kapitän wird bei einem plötzlich auftretenden Orkan auch nicht die Reederei anfunken und sein geplantes Vorgehen abstimmen – seine Aufgabe ist es zu handeln und zu entscheiden.

Selbst wenn die Intuition der wichtigste Ratgeber bei schnellen Entscheidungen ist, gibt es dennoch eine Kernfrage, die beantwortet werden muss: Kann man das Problem in irgendeiner Weise kaschieren, sodass das Publikum nichts mit-bekommt – oder muss man das Problem gegenüber dem Publikum offenlegen? Es gibt hierbei niemals eine pauschale Ja- oder Nein-Entscheidung, lediglich das Abwägen verschiedener Vor- und Nachteile. Natürlich ist das Kaschieren eines Fehlers die eleganteste Lösung, solange dies nicht zulasten des Gesamtergebnis-ses geht. Kaschieren bedeutet immer Improvisation und damit auch ein gewisses Risiko. Zudem ist eine Improvisation nur selten qualitativ besser und wirkungs-voller als die ursprünglich geprobte Show. Gleichzeitig gibt es gerade bei klei-neren Problemen genügend improvisierte Lösungen, mit denen nicht nur den Gästen, sondern gelegentlich sogar den projektbeteiligten Kunden ein Fehler ver-borgen bleibt. Im Wesentlichen gibt es vier Entscheidungskriterien, die die Wahl zwischen „kaschieren“ und „offenlegen“ maßgeblich beeinflussen. Diese vier Kriterien zeigt die Abb. 3.6.

Wir sehen uns diese vier Entscheidungskriterien im Folgenden anhand von Beispielen an:

• Ein Film lässt sich nicht starten: Ist es ein wichtiger Film, der unbedingt gezeigt werden sollte? Falls ja, stellt sich als nächstes die Frage: Macht der Film nur und ausschließlich an dieser Stelle Sinn (weil beispielsweise der folgende Redner sich permanent auf diesen Film bezieht), oder könnte er zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden? Wenn auch ein späterer Zeit-punkt möglich ist, stellt sich nur noch die Frage, wie man die Entscheidung, den Film nachzureichen, auf die Bühne kommuniziert. Mit etwas Glück steht im Moment der Moderator mit In-Ear auf der Bühne, sodass der Regisseur ihm diese Information kurz mitteilen kann. Wenn ihm das Glück nicht hold ist und er keinen Sprechkontakt zum Protagonisten auf der Bühne hat, so heißt es erst einmal kurz zu beobachten: Manche Redner lösen die Situation selbst elegant, indem sie in irgendeiner Art und Weise weitermachen. Falls der Redner jedoch stumm wartend stehen bleibt, gibt es nur noch die Möglich-keit des Regie-Mikrofons, indem der Regisseur dem Redner, aber damit auch allen Gästen mitteilt: „Der Film liegt momentan nicht vor und wird später

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nachgereicht.“ Sobald der Film zum Laufen gebracht wurde, kann man ele-ganterweise über einen Info-Text auf dem Vorschaumonitor mitteilen: „Der Film liegt jetzt vor.“

Falls der Film zwingend notwendig ist und auch nur an dieser einen Stelle gezeigt werden kann, muss man im Notfall das Publikum um kurze Geduld bitten und so lange warten, bis die Filmzuspielung funktioniert.

• Der Moderator kündigt anstelle eines Redners einen Showact an: Ist der Moderator noch auf der Bühne und hat ein In-Ear, sodass er auf einen Hinweis des Regisseurs hin selbst den Fehler elegant ausmerzen kann? Falls nein: Sind die Künstler Backstage verfügbar, weil sie ohnehin in fünf Minuten ihren Ein-satz haben? Und kann die Technik direkt in den Showact springen? Falls ja, sollte

Abb. 3.6 Vier Entscheidungskriterien im Problemfall

3.8 Die Show

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man den Showact vorziehen. Wenn dies nicht der Fall ist, kann man entweder den Redner losschicken, der die Situation selbst mit einem humorvollen Anfangs-satz klärt – oder, falls man ihm das nicht zutraut, wird nochmals der Moderator auf die Bühne gebeten.

• Kurz vor einer Highlight-Inszenierung treten Probleme beim Medienser-ver auf: Kann die Inszenierung nach hinten geschoben werden? Meist nicht, weil die Show dramaturgisch auf diesen Moment hinarbeitet. Sollte man star-ten und hoffen, dass alles gut geht? Nein, die Probleme sind ein Indiz dafür, dass das System komplett zusammenbrechen könnte – und die Highlight-Inszenierung ist der wichtigste Part der Show. Sollte man eine Durchsage machen und die Show unterbrechen? Nur im größten Notfall, weil damit die aufgebaute Spannung zerstört wird. Doch wie kann die Situation gerettet wer-den?

Zeit gewinnenBeim letzten Beispiel stellt sich die berechtigte Frage: Was kann man tun? Die Antwort lautet: Zeit gewinnen! Und dieser Aspekt Zeit gewinnen ist das aller-wichtigste Hilfsmittel bei elementaren Problemen. Der Regisseur sollte immer vorab Wege überlegen, mit denen er Zeit gewinnen kann. Im voranstehenden Bei-spiel wäre es etwa ein guter Weg, ein „Intro“ zu improvisieren. Hierzu braucht es eine mitreißende Musik im Stil der Inszenierung, die bereits in den Proben als „Einlassmusik B“ beim Tontechniker abgegeben wurde – und ein paar Licht-Presets, die sowieso für die Show programmiert wurden. Und während der Saal dunkel wird und alle Medienwände erlöschen, startet diese Musik. Der Lichttech-niker improvisiert ein wenig Lichtstimmungen dazu – und der Videotechniker startet den Medienserver neu oder schaltet, falls verfügbar, auf die Backup-Sys-teme um. Sobald von allen Seiten das Feedback kommt, dass alle startklar sind, wird die Musik langsam ausgefadet und die eigentliche Inszenierung gestartet. Im Nachgang werden zwar manche Gäste sagen, dass sie das Intro zu lang oder unnötig fanden – aber niemand wird auf die Idee kommen, dass man soeben die Überbrückung eines gravierenden technischen Problems erlebt hat.

Womit kann man noch Zeit gewinnen? Ein Weg kann es sein, den Modera-tor oder einen Redner zu bitten, ein wenig Zeit zu puffern. Man kann z. B. am Ende einer Rede durch den Moderator noch ein kurzes Interview improvisieren. Eine wesentlich einfachere und unspektakulärere Variante ist es, eine Kaffeepause oder den nächsten Gang des Menüs vorzuziehen. So können problemlos 20 oder 30 min gewonnen werden – und in dieser Zeit lassen sich viele Probleme lösen bzw. Alternativ-Lösungen vorbereiten! Lediglich ein „SOS-Funk“ in Richtung Catering sollte bei dieser Variante definitiv nicht vergessen werden!

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Es wurde vorstehend erläutert, dass es nicht ganz einfach ist, bei Pannen eine gute Entscheidung zu treffen.

Jedoch muss abschließend festgehalten werden: Jede Entscheidung ist besser als KEINE! Der Regisseur ist der Kapitän auf hoher See, der entschlossen und souverän handeln muss.

ShowabbruchManche Shows enden abrupt, beispielsweise bei einem kompletten Stromaus-fall. Darüber hinaus gibt es jedoch Situationen, in denen der Regisseur eine Show aktiv abbrechen muss. Wenn etwa ein partieller Stromausfall dafür sorgt, dass wichtige Teile der Technik nicht mehr funktionieren, ergibt eine Weiterführung der Show keinen Sinn mehr. Doch wie bricht man eine Show ab? Auch hier ist der Regie-Handsender gefragt. Wichtig ist es in solchen Ausnahme-Situationen, immer genau zu überlegen, wie man eine Durchsage formuliert, um einerseits jegliche Form von Panik zu vermieden und andererseits dem Publikum eine klare und verständliche Anweisung über das weitere Verhalten zu geben. Meist sind zunächst Ursache des Stromausfalls und Dauer der Problembehebung nicht klar. Daher empfiehlt sich anfangs eine Durchsage, die sinngemäß folgende Informa-tion beinhaltet: „Meine Damen und Herren, aufgrund eines Stromausfalls müssen wir die Show an dieser Stelle kurzzeitig unterbrechen. Bitte bleiben Sie auf Ihren Plätzen, wir informieren Sie in Kürze über das weitere Vorgehen! Vielen Dank für Ihr Verständnis.“ Sobald die Dauer der Problembehebung klar ist, muss eine Ent-scheidung getroffen werden, ob das Publikum weiterhin sitzen bleibt oder ob man die Gäste zwischenzeitlich ins Foyer bittet.

Darüber hinaus gibt es anderweitige Notfälle, die einen Showabbruch erzwin-gen. Auch wenn diese Situationen glücklicherweise sehr selten eintreten, werden sie hier der Vollständigkeit halber erwähnt13.

In bestimmten Gefahrenlagen wie z. B. bei Feuer oder einer Bombendro-hung ist ein Showabbruch notwendig. Für derartige Situationen schreibt die Ver-sammlungsstättenverordnung (Leber 2013) eine sogenannte Sprachalarmanlage (SAA) vor; dies gilt für Gebäude ab 1000 m2 Grundfläche ebenso wie für Ver-sammlungsstätten mit über 3000 Plätzen oder Verkaufsräume ab 2000 m2 (diese Festlegung kann sich je nach Bundesland unterscheiden). Die SAA wird von Sicherheitsmitarbeitern des Gebäudes gesteuert. In diesem Fall muss sich der Regisseur auch keine Gedanken über einen korrekten Showabbruch machen.

13Zu Sicherheit bei Veranstaltungen siehe Moroff und Luppold (2017).

3.8 Die Show

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Schwieriger ist es in kleineren Hallen und temporären Bauten, bei denen die Tonanlage der Show die einzige Beschallungsmöglichkeit darstellt. Ver-antwortlich in diesen Situationen ist immer der Sicherheitsbeauftragte der Veranstaltung: Sobald dieser einen sofortigen Showabbruch anweist, ist dem Folge zu leisten – egal, welcher hochkarätige Gast gerade auf der Bühne steht. Im besten Fall ist der Sicherheitsbeauftragte in der Nähe des Regisseurs oder der Bühne, sodass dieser ein Mikrofon übernehmen und die entsprechenden Sicher-heitsanweisungen geben kann. Dann ist es lediglich die Aufgabe des Regisseurs, die Show zu stoppen und dafür zu sorgen, dass der entsprechende Handsender aktiv ist. Gelegentlich ist es jedoch auch der Fall, dass der Sicherheitsbeauf-tragte nicht persönlich greifbar ist, weil er weitere Notfallmaßnahmen zu koor-dinieren hat und deshalb die Gefahrenlage lediglich über die Intercom weitergibt oder anderweitig kommuniziert. Dann ist der Regisseur gefordert, da ein Brie-fing von Moderator oder Redner in der Kürze der Zeit nicht machbar ist. Der Regisseur sollte die Show jedoch nicht abbrechen, bevor er vom Sicherheitsbe-auftragten klare Informationen und Anweisungen über die Inhalte der Durchsage erhalten hat. Denn eine Durchsage: „Wir haben eine Gefahrensituation, aber wir können Ihnen noch nicht sagen, wie Sie sich nun zu verhalten haben“, würde ein gefährliches Chaos verursachen. Sobald feststeht, ob und in welche Richtung entfluchtet wird, muss es schnell gehen. Die Show wird gestoppt und es erfolgt eine Sicherheitsdurchsage, die immer ein großes Augenmerk auf Panik-Vermei-dung hat. Ein passender Text hierzu wäre beispielsweise:

Sehr geehrte Damen und Herren, aufgrund einer Störung muss die Veranstaltung leider unterbrochen werden. Bitte verlassen Sie jetzt den Saal (über die vorderen/hinteren/seitlichen Ausgänge) und halten Sie sich … (meist Sammelplatz vor dem Gebäude) auf. Bitte folgen Sie den Anweisungen der Sicherheitskräfte. Bitte bewah-ren Sie Ruhe und helfen Sie Kindern und anderen hilfsbedürftigen Personen. Benut-zen Sie bitte die Treppen, die Aufzüge sind außer Betrieb. Vielen Dank!

Ein weiterer Abbruchgrund kann ein medizinischer Notfall auf der Bühne oder im Publikum sein. Hierbei gilt in der Regel: Wenn lediglich zwei Sanitäter den Saal betreten und einen der Gäste hinaustragen, kann die Show meist fortgesetzt werden – gerade, wenn etwa der Einsatz im hinteren Bereich des Saals stattfindet. Gleiches gilt, wenn Künstler einen gestürzten Kollegen von der Bühne begleiten. Sobald jedoch eine notärztliche Versorgung direkt in der Halle und im Sichtbe-reich der Gäste notwendig wird, egal ob auf der Bühne oder im vorderen Bereich des Publikums, sollte die Show unterbrochen und verfügbares Personal gebeten werden, eine Decke oder Ähnliches als Sichtschutz vor den Einsatzort zu halten.

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Denn weder ein Redner noch das Publikum können sich weiter auf das Bühnen-geschehen konzentrieren, wenn Notärzte und Sanitäter im Saal einen größeren Einsatz haben. Darüber hinaus ist es pietätlos, wenn auf der Bühne die große Show gefeiert wird, während in den ersten Reihen im Publikum ein Gast viel-leicht um sein Leben kämpft. Falls absehbar ist, dass der Einsatz länger dauert, sollte man das Publikum in das Foyer bitten – zunächst sollten die Gäste rund um den Einsatzort den Saal verlassen, im Anschluss daran die restlichen Gäste. Ob, wann und wie die Show fortgesetzt wird, muss im Anschluss mit dem Kunden und der Agentur abgestimmt werden.

3.8.6 Es ist geschafft

Egal, ob die Zeit wie im Flug verging oder ob man sich jede Minute der Show hart erkämpfen musste – irgendwann ist es geschafft! Nun bleibt nichts mehr, als allen Beteiligten zu danken und ein wenig zur Ruhe zu kommen. Auch hier noch ein kleiner Tipp: Direkt im Anschluss an die Show ist nicht der richtige Zeitpunkt für Manöverkritik. Hierzu sollte man zunächst Ablauf und Ergebnisse der Show auf sich wirken lassen – und eine Nacht darüber schlafen. Denn unter nachwir-kender Anspannung (und auch nachwirkendem Adrenalin) sieht man die Dinge nicht klar – und gibt gegebenenfalls ein Feedback, das später bereut werden könnte. Ebenso sind auch Mitwirkende direkt nach der Show erschöpft und dünn-häutig – und daher nicht offen für Kritik, auch nicht wenn sie noch so konstruktiv sein mag.

Zum Schluss noch ein wichtiger Gedanke: Gerne lassen wir uns im Event-Zirkus dazu verleiten, uns so intensiv und voller Emotionen in ein Projekt zu stürzen, dass ein realistisches Maß verloren geht. Natür-lich erfordert eine Show auch Leidenschaft, selbstverständlich setzt man alles daran, ein großartiges Projekt zu realisieren. Aber dennoch müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen: Es ist eine Show, ein Arbeitsprojekt – es ist keine Operation am offenen Herzen, es geht nicht um Leben und Tod! Folglich dürfen für das Gelingen einer Show niemals Gesundheit und Unversehrtheit aufs Spiel gesetzt werden.

3.8 Die Show

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Internationale Projekte

Bisher haben wir die Abläufe einer Showproduktion unter der Annahme betrach-tet, dass sich alle Beteiligten in einem einheitlichen Kulturkreis bewegen. Ein wenig komplexer wird die Gemengelage bei internationalen Projekten.

Nicht ohne Grund gilt das in Deutschland gängige Projekt-Management1 in der Event-Branche als vorbildlich. Wir pflegen ein Qualitäts- und Präzisions-niveau, das weltweit führend ist. Eine fortschreitende Globalisierung zeigt sich zunehmend auch darin, dass deutsche Projektbeteiligte sowohl international ein-gesetzt werden und dort dann in die Situation kommen, mit anderen nationalen Projekt-Teams zusammenzuarbeiten, als auch in heimischen Regionen für Pro-jekte internationaler Kunden arbeiten. Jedoch wird man dort scheitern, wenn man in einer Form des Ethnozentrismus nach unseren deutschen Maßstäben bewertet, was gute und was schlechte Projektumsetzung ist – und dementsprechend agiert. Nur wer sich mit den unterschiedlichen kulturellen Eigenheiten auseinandersetzt, diese akzeptiert und in sein Handeln einfließen lässt, wird auch internationale Projekte erfolgreich und nervenschonend realisieren können.

4.1 German Gruendlichkeit

Die „German Gruendlichkeit“ spiegelt sich natürlich auch in der Event-Branche wider: Für alles gibt es Zeitpläne, Handbücher, Ablauf- und Orga-Pläne, Excel-Listen und PowerPoint-Charts. Nichts bleibt dem Zufall überlassen, alles ist in irgendeiner Form dokumentiert und vorab in der Theorie durchgespielt. In einem deutschen Agentur-Pitch wäre es beispielsweise undenkbar, Vorschläge

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© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 M. Graf und S. Luppold, Event-Regie, https://doi.org/10.1007/978-3-658-20350-4_4

1Grundlagen hierzu liefern u. a. Beiträge von Bauer (2017) und Maier und Luppold (2017).

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und Konzepte zu unterbreiten, die nicht bis ins Detail durchdacht und auf Mach-barkeit geprüft sind. In den meisten anderen Ländern findet man hingegen oft Kreativ-Pitches, die einfach eine gute Idee abbilden. Ob diese dann auch wirklich realisierbar ist, ob die Location oder der Showact zur Verfügung steht, ob man für Spezialkonstruktionen überhaupt eine Baugenehmigung bekommt, steht hierbei erst einmal nicht zur Diskussion. Entsprechend setzen uns solche möglicherweise unrealistischen Agentur-Vorschläge aus anderen Kulturkreisen auch wesent-lich mehr unter Druck: Für uns gilt, dass man das Konzept irgendwie, unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten, realisieren muss. Die Information an den Kunden, dass ein Vorschlag nun doch nicht möglich ist, gilt für uns als absolute Ultima Ratio. In anderen Ländern hingegen ist dies kein Problem und gilt auch nicht als Versagen der Dienstleister.

Ebenso ist Pünktlichkeit für Deutsche nicht nur eine erstrebenswerte Tugend, sondern gelebte Realität im Berufsalltag eines Dienstleisters – zumindest in wei-ten Bereichen. Ein Techniker, der regelmäßig zehn Minuten zu spät kommt, wird in Deutschland bald nicht mehr gebucht – wohingegen er in vielen Ländern der Welt damit der Held an Pünktlichkeit wäre!

Daher sollte man sich bei internationalen Projekten zunächst einmal ent-spannen – auch wenn man nicht alle gewohnten Organisations-Dokumente und Detailplanungen vorfindet. In den meisten Ländern wird mehr improvisiert, auf dem kurzen Dienstweg vor Ort besprochen und pragmatisch gelöst. Es läuft alles ein wenig anders; Deutschen fehlt dabei das Sicherheitsgefühl der „professionel-len Planung“ – doch interessanterweise funktioniert eben auch der andere Weg.

4.2 German Deutlichkeit

Im deutschen Berufsalltag pflegen wir eine Kommunikationskultur, die sehr sach-lich und fokussiert ist. Wir kommen gerne schnell auf den Punkt, Diskussionen auf Augenhöhe zwischen Projektbeteiligten unterschiedlicher Hierarchiestufen sind bei uns Meeting-Alltag. Mit dieser Art der Kommunikation werden wir aber in vielen Ländern als äußerst unfreundlich und rüde wahrgenommen.

Im asiatischen Raum etwa hat die zwischenmenschliche Beziehung Vorrang vor dem Projekt. Erst nach einem Beziehungsaufbau ist nach und nach auch eine Projekt-Kommunikation möglich. Und selbst dann wird man überwiegend freundlich Informationen austauschen und nicht hart um die Sache diskutieren. Direkte Kritik an Vorschlägen ist ein absolutes Tabu, ebenso wird Ablehnung niemals direkt ausgesprochen, sondern nonverbal ausgedrückt. Eine weitere spannende kulturelle Besonderheit in Asien: Es besteht dort eine große Angst

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davor, das Gesicht zu verlieren. Dementsprechend wird man immer den Schein eines Lösungsversuches wahren, auch wenn man intern bereits eine Lösung ausschließt. Ebenso werden Asiaten nicht nachfragen, wenn sie eine Aufgaben-stellung nicht verstanden haben. Vielmehr werden sie immer verständig und freundlich lächelnd nicken. Generell ist die Kommunikation im asiatischen Raum sehr subtil und implizit – eine wahre Herausforderung für uns Mitteleuropäer, wo man Informationen direkt und unmissverständlich mitgeteilt bekommt!

Auch die Kommunikation in der US-amerikanischen Kultur hat ihre Beson-derheiten: Die Anrede aller Mitarbeiter beim Vornamen wirkt auf uns zunächst wesentlich kollegialer und freundschaftlicher. Doch darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Managementstrukturen deutlich hierarchischer und dominanzgeprägter sind. Ausführliche kontroverse Diskussionen werden als mangelnde Leadership wahrgenommen. In der Kommunikation jedoch wird man dieses tendenziell dominante Führungsverhalten nicht auf den ersten Blick erken-nen, denn die US-Amerikaner kommunizieren ebenso eher indirekt und subtil. Es wird immer alles „positiv verpackt“, Feedbacks werden gerne in Superlati-ven formuliert, Motivation und positive Ansprache gehören zum guten Ton. Ein gutes Projekt ist nicht „good“, nicht „very good“, sondern „excellent“. Entspre-chend empfinden US-Amerikaner unsere sachliche, fokussierte und emotionslose Kommunikation durchaus als rüde.

4.3 Entscheidungsfindung und -stabilität

Die oben angesprochenen unterschiedlichen Kulturen im Verhalten und in der Kommunikation kommen auch in der Entscheidungsfindung zum Tragen. In Deutschland werden zunächst alle Fakten und Optionen gesammelt, Pro- und Contra-Listen (zumindest gedanklich) erstellt und verschiedene Szenarien ein-schließlich eines Worst Case durchgespielt. Falls irgendwelche Folgen einer Ent-scheidung nicht ausreichend absehbar sind, wird bei Bedarf noch eine weitere Analyse oder zusätzliche Studie in Auftrag gegeben. Argumente werden sehr direkt ausgetauscht, gerne pocht man auf die Einhaltung von Verträgen und Absprachen. Auf dieser Basis wird eine Entscheidung getroffen – und sie ist dann in Stein gemeißelt und wird wie verabredet nach Plan umgesetzt.

In Asien ist eine Entscheidungsfindung innerhalb eines Meetings unmöglich. Wie beschrieben finden dort keine kontroversen Diskussionen am runden Tisch statt. Konflikte werden so weit wie möglich vermieden. Vielmehr finden Abstimmungen nach strengen hierarchischen und kulturellen Richtlinien in unzähligen Vier-Augen-Gesprächen statt. Dies führt zu meist langwierigen Entscheidungsprozessen – auf

4.3 Entscheidungsfindung und -stabilität

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158 4 Internationale Projekte

deren Weg nach außen keine produktive Annäherung an eine Entscheidung wahr-nehmbar, keine Tendenz absehbar ist. Am Ende wird eine Entscheidung mitgeteilt – bei negativen Entscheidungen so subtil, dass Sie ganz genau hinhören müssen, um sie zu erkennen. Nachdem Flexibilität und Beziehungsebene kulturell eine entschei-dende Rolle spielen, können Entscheidungen auch jederzeit geändert und angepasst werden, wenn es der gemeinschaftlichen Win-win-Situation und Harmonie dient.

In den USA steht „straight forward“ im Mittelpunkt – Amerikaner wünschen immer eine schnelle Entscheidung, ein schnelles Ergebnis und sind hierbei deut-lich risikofreudiger – trial and error gehört zum Geschäftsalltag. Entsprechend rasch können eingeschlagene Wege wieder verlassen werden, sobald eine man-gelnde Zielerreichung offenkundig wird. Diese Neuausrichtung wird nicht als ursprünglich schlecht durchdachte Entscheidung kritisiert, sondern als gängiges Procedere angesehen. Hinfallen, aufstehen und Neues probieren kennzeichnet die US-amerikanische Mentalität.

4.4 Hilfen in der Praxis

Wenn Sie in einem internationalen Projekt unterwegs sind, hilft es zunächst, die Hintergründe der verschiedenen Kulturen zu kennen. Doch mit Kenntnis und Verständnis allein ist es natürlich nicht getan.

Erst einmal ist es sinnvoll, für die Ihnen nicht geläufigen Sprachen einen eigenen Dolmetscher dabei zu haben. Gerne wird versucht, diesen Posten ein-zusparen, indem beispielsweise Englisch als Produktionssprache definiert wird. Doch häufig trifft man dabei auf rudimentäre englische Grundkenntnisse (und das dann manchmal auch noch mit höchst abenteuerlichen Dialekten und Ent-fremdungen), sodass ein präzises Gespräch über Details unmöglich ist. Zudem kann ein Dolmetscher, der sich in der Kultur des Kunden oder Dienstleisters auskennt, auch erklären, was bei dem jeweiligen Dienstleister gerade vor sich geht, und erläutern, ob ein „Ja“ auch als „Ja“ zu verstehen ist – oder eventuell nur die freundliche Formulierung eines „Neins“ war. Wichtig hierbei ist, dass der Dolmetscher von Ihnen gebucht und bezahlt wird – denn in vielen Kulturen ist die Loyalität mit dem Auftraggeber so groß, dass nur jene Teile eines Gesprächs übersetzt werden, die im Sinne des Auftraggebers sind! Inhaltlich vollständige und korrekte Wiedergabe eines Sachverhaltes spielen dann nur eine untergeord-nete Rolle.

Darüber hinaus ist es stets hilfreich, wenn bei Projekten in Kulturkreisen, über die sehr wenig Erfahrungswissen vorhanden ist, eine DMC (Destination Manage-ment Company), also ein „lokaler Experte“, involviert ist. Es gibt vielfältige

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1594.4 Hilfen in der Praxis

Hürden und Herausforderungen, die man zu Beginn eines Projektes nicht beden-ken könnte: beispielsweise die Notwendigkeit, Zieladressen in der Landessprache (Asien!) für Taxifahrer aufzuschreiben, bürokratische Hürden mit Zoll und Poli-zei zu meistern oder der Umgang mit landestypisch notwendigen „Trinkgeldern“ (Bakschisch) für den Erhalt von Informationen und Genehmigungen. Bei all die-sen regional typischen Aufgabestellungen ist eine DMC Gold wert.

Setzen Sie außerdem Uhrzeiten immer sehr großzügig an – ein definier-ter Arbeitsbeginn wird in einigen Ländern als „Vorschlag“ oder Orientierung betrachtet, nicht als fixierte Information. Dies hat zur Konsequenz, dass man dort erst ca. 60 bis 90 min nach der angegebenen Zeit mit der Arbeit beginnen kann. Und vergessen Sie die Uhr – arbeiten Sie sich Schritt für Schritt durch den Tag und genießen Sie die Wartepausen zwischendrin, statt sich zu ärgern. Ebenso empfiehlt es sich in allen anderen Projektbereichen, die Präzisionsansprüche um ein paar Prozentpunkte nach unten zu schrauben.

Und als letzten Tipp Sehen Sie internationale Projekte als spannen-des, interessantes Abenteuer und beobachten Sie mit kindlicher Neu-gier und großen Augen, was um Sie herum so alles passiert. Die oft ein wenig verbissene deutsche Erwartungshaltung an den Verlauf eines Projektes könnte andernfalls zur völligen Verzweiflung führen – und dies wäre sehr schade bei all den spannenden neuen Eindrücken von internationalen Projekten!

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Fit für die Zukunft – Sieben wichtige Trends

Alles, was Sie bisher in diesem Buch gelesen haben, bezieht sich auf den Ist-Zustand in der Event-Branche. Doch die Wirtschaftsgeschichte hat gezeigt, dass langfristig derjenige am erfolgreichsten ist, der künftige Entwicklungen mög-lichst früh erkennt, antizipiert und in seinen Entscheidungen berücksichtigt. Daher ist es durchaus lohnenswert, abschließend zu betrachten, in welche Rich-tung sich die Event-Branche entwickeln wird. Auch wenn die Zukunft immer unbestimmt bleiben wird: Es gibt einige Tendenzen und Trends in unserer Bran-che, die die Richtung aufzeigen.

5.1 Architektonische und inhaltliche Gestaltung: Back to the roots

Die Gesellschaft erlebte in den letzten Jahren einen Trend, den man mit „Back to the roots“ überschreiben könnte. Shabby Chic, Vintage-Style und Naturmate-rialien sind im Bereich des Interior-Designs und der Architektur absolut ange-sagt. Restaurants und Caterer, die sich in Reduktion auf das Wesentliche, auf möglichst natürliche, reine Geschmackserlebnisse konzentrieren und Lebens-mittel nicht mehr in komplexen Mischungen aus unterschiedlichsten Gewürzen, Marinaden und Dressings ertränken, sind auf dem Vormarsch. Glücklicherweise findet sich dieser Trend auch in der Event-Branche; die Zeiten des Schneller, Lauter und Bunter neigen sich definitiv dem Ende zu. Weshalb glücklicherweise? Zum einen haben sich die großen, oftmals sehr beeindruckenden Inszenierun-gen schon immer schwergetan, eine Kernbotschaft zu kommunizieren. Ein Feu-erwerk an Impressionen erzeugt von vielem etwas, aber oft nichts richtig. Zum anderen wirkt blütenweiße Perfektion häufig unnatürlich, roboterhaft, künstlich

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und dadurch seelenlos. Natürliche Materialien mit den ihnen eigenen Uneben-heiten, authentische unperfekte Dialoge statt durchgeskripteter Reden, persönli-che Aktionen anstelle von technischen Highendl-Lösungen hingegen haben einen viel engeren und authentischeren Bezug zum Leben und der Erfahrungswelt eines Gastes. „Back to the roots“ schafft somit größere Möglichkeiten der Emotionali-sierung im Rahmen eines Events.

Gleichzeitig trägt dieser Trend zwei weiteren wichtigen Aspekten Rechnung. Zum einen dem der Nachhaltigkeit: Der unperfekte Handcrafted-Look bedient sich vorzugsweise gebrauchter (Upcycling) und natürlicher Materialien. Zum anderen ist die Partizipation, also die Mitwirkung/Mitgestaltung einer Veranstal-tung durch die Gäste, oftmals ein Element der „Back to the roots“-Konzepte, was einen wichtigen Erfolgsfaktor künftiger Projekte darstellt.

5.2 Ökologische Nachhaltigkeit: Quantifizierbare Pflicht statt Bauchgefühl-Kür

Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein, Green Meetings und Sustainable Events sind in der Veranstaltungs-Branche schon längst ein Thema. Während jedoch in der Vergangenheit viele Unternehmen Nachhaltigkeit lediglich in einem Unter-nehmens-Leitbild verankert hatten, streben diese jetzt immer häufiger seriöse Zer-tifikate und Qualitätssiegel an. Somit entwickelt sich das Thema, das man auch im Kontext von CSR (Corporate Social Responsibility) betrachten kann, auch für kleine und mittlere Unternehmen von einer rein freiwilligen Leistung aus Über-zeugung zum nachzuweisenden und überprüfbaren Pflicht-Programm. Zertifizie-rungen werden meist von den Unternehmen mit dem Ziel angestoßen, Marken oder Produkten einen Mehrwert zu verschaffen. Jedoch stellen sie nach Erteilung eine verpflichtende Handlungsmaxime für sämtliche Unternehmensbereiche dar – somit auch für die Veranstaltungsaktivitäten eines Unternehmens. Bei Nichtein-haltung der vereinbarten Regeln kann es in der Konsequenz zu einer Aberken-nung kommen.

Die Verfolgung ökologischer Ziele nicht mehr nur „nach bestem Wissen und Gewissen“, sondern entlang international anerkannter, messbarer Kriterien wird somit in absehbarer Zeit eine wichtige Grundvoraussetzung für alle in der Event-Branche tätigen Unternehmen sein.

Im Bereich Messebau zeigen sich bereits gute Ansätze zur Müllvermeidung beispielsweise in Form von mehrfach verwendbaren, modularen Konzepten. Künftig sind jedoch vonseiten der Architekten und Messebauplaner noch weitrei-chendere, intelligente Ideen für eine explizite Nachhaltigkeit gefragt.

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1635.2 Ökologische Nachhaltigkeit: Quantifizierbare Pflicht …

Die CO2- und NO2-Emmissionen durch An- und Abreise der Event-Teilnehmer scheinen hingegen auf den ersten Blick schwer reduzierbar. Nachdem ein Event ja das Ziel hat, Menschen zusammenzubringen, gibt es keine Alternativen, die die Reisetätigkeit an sich reduzieren können. Auch wenn Optimisten die Hoffnung hegen, dass die virtuelle Teilnahme an einer Veranstaltung durch Live-Übertragung oder Online-Streaming die reale Anwesenheit zum Teil ersetzen wird, so erscheint dies, unabhängig von technischen Möglichkeiten, nur bedingt zielführend. Emoti-onalisierung durch multisensorische Ansprache und die Möglichkeiten der aktiven Beteiligung und des persönlichen Austauschs sind wesentliche Elemente der – deshalb auch so genannten – Begegnungs-Kommunikation. Daher bleibt nur der Hebel, die Reisen ökologisch sinnvoll zu planen.

Doch wie bekommt man so viele Gäste unter einen Hut? Selbst wenn für die An- und Abreise ein Bus gebucht wird, lässt es sich meist nicht vermeiden, dass Teilnehmer trotzdem individuell mit Pkw oder Flugzeug anreisen. Ein Ansatz ist es, das Event bereits mit der Anreise beginnen zu lassen. Was spricht dage-gen, schon während der Fahrt in einem exklusiv angemieteten Zugabteil die ers-ten Workshops stattfinden zu lassen? Die Reisezeit als Erlebnis- und Arbeitszeit! Hierfür wären jedoch auch künftig flexiblere Angebote der Deutschen Bahn wün-schenswert, um derartige Angebote kundenfreundlicher realisieren zu können.

Gleichzeitig sollten Kompensationszahlungen für die tatsächlich entstandene Umweltbelastung nicht mehr eine freiwillige Entscheidung, sondern ein Pflicht-Posten in Veranstaltungsbudgets sein.

Ein weiterer Aspekt aus Umweltsicht ist die teilweise überhandnehmende No-Show-Quote. Gäste melden sich sicherheitshalber für eine Veranstaltung an, gerade wenn die Teilnahme kostenlos ist, entscheiden dann aber spontan, ob sie wirklich kommen oder nicht. Hierbei wird in allen Teilbereichen völlig überflüs-sig zu viel vorgehalten und produziert. Mobiliar wird verpackt und transportiert, Broschüren und Namensschilder gedruckt, Give-Aways produziert, ein zu großer Raum gemietet und klimatisiert, Essen zubereitet etc. Bei einer No-Show-Quote von 10 % bedeutet dies, dass 10 % der betreffenden Umweltbelastung bei einer rechtzeitigen Absage eingespart werden könnten. Was könnte hier Abhilfe schaf-fen? Einerseits sollte ein unentschuldigtes Fehlen sanktioniert werden (z. B. durch Storno-Gebühren), und andererseits sollten Eventplaner mehr Mut bei der Einpla-nung von No-Show-Quoten zeigen.

Ein letzter, eher kleiner Ansatzpunkt für ökologisches Handeln, der jedoch regelmäßig für Unmut sorgt, stellt das Catering dar. Dies beginnt im Crew-Cate-ring, bei dem auch heute noch oftmals Getränkespender oder sehr große Geträn-keflaschen angeboten werden, die dazu führen, dass jedes Crew-Mitglied im Laufe eines Tages problemlos fünf bis zehn Papp- oder Plastikbecher verbraucht – oder

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alternativ viele Flaschen antrinkt, die dann halb voll irgendwo stehen bleiben. Hier-bei wären kleinere 0,5 l-Pfandflaschen mit Schraubverschluss wesentlich nachhal-tiger. Darüber hinaus ist es immer noch en vouge, bei Flying Buffets für die Gäste kleine Teller oder Gläser so sparsam zu befüllen, dass ein Gast unter Umständen 15 bis 20 Geschirrteile verwendet, bis er annähernd satt ist. Dies wirkt sich natür-lich nicht nur auf die Geschirrberge aus, sondern verursacht auch auf einen deutlich höheren Personalaufwand.

FazitDie Auseinandersetzung mit Umweltschutz-Themen wird künftig nicht mehr ein Attribut für das gute Image sein, wofür bisher Hinweise auf der Unterneh-mens-Homepage und vereinzelte Alibi-Projekte ausgereicht haben. Zukunfts-fähig werden diejenigen Unternehmen sein, die (ökologische) Nachhaltigkeit professionell, qualifiziert und quantifizierbar in ihre Arbeitsprozesse integrieren.

5.3 Thema künftiger Mitarbeiter-Veranstaltungen: Digitale Transformation

Das häufigste Thema bei Mitarbeiter-Veranstaltungen der vergangenen Jahre war „Changemanagement“. Durch die zunehmende Globalisierung befördert, waren viele Unternehmen gefordert, Anpassungen an internationale Standards, Fusionen und Umstrukturierungen voranzutreiben. Auf diesem Weg war es stets ein wichti-ger Aspekt, die Mitarbeiter mitzunehmen und um deren Unterstützung zu werben.

Das Thema, das uns künftig am meisten beschäftigen wird, heißt „digitale Transformation“. Im weitesten Sinne gehört die digitale Transformation ebenso in den Bereich des Changemanagements, doch sie geht weit darüber hinaus. Industrie 4.0, Internet der Dinge, künstliche Intelligenz und digitale Disruption sind Schlagworte, die immer öfter fallen und zeigen, dass mit der Digitalisierung ein neues (Industrie- und Dienstleistungs-)Zeitalter eingeläutet wird. Digitalisie-rung bedeutet hierbei für Unternehmen nicht, dass man auf ein weitestgehend papierloses Büro umstellt, den einen oder anderen Produktionsschritt automa-tisiert und neben dem Direktvertrieb nun auch mit einem Online-Shop die Dis-tribution betreibt. Vielmehr verbirgt sich hinter einer erfolgreichen digitalen Transformation, dass die bisherige Wertschöpfungskette komplett neu gedacht und möglicherweise völlig umgestaltet werden muss. Also keine vereinzelten Schönheitsreparaturen, sondern eine Kernsanierung. Für manche Unternehmen könnte sie sogar „Abriss“ und Neuaufbau bedeuten.

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1655.4 Präsentationen – optische Erlebniswelten statt PowerPoint

Erste Unternehmen installieren bereits einen Chief Digital Officer in der Vor-standsetage. Doch mit diesem Ressort allein ist es nicht getan. Vielmehr wird die digitale Transformation einer bisher noch kaum da gewesenen Aufklärung und Motivation der Mitarbeiter bedürfen, um alle auf dieser Reise mitzunehmen.

FazitDie Herausforderung für die Event-Branche wird es sein, im Rahmen von Ver-anstaltungen eine Dynamik zu erzeugen, die Menschen dazu bewegt, bisherige Wege, Verhaltensformen und Überzeugungen radikal zu verlassen und disrup-tive Denkansätze zuzulassen. Wer hier mit wirkungsvollen, kreativen Ideen aufwarten kann, wird in Zukunft erfolgreich sein.

5.4 Präsentationen – optische Erlebniswelten statt PowerPoint

Über Jahre hinweg verhieß die Ankündigung, dass ein Redner eine PowerPoint-Präsentation mitbringen wird, nichts Gutes: ein weißes Rechteck, auf das ziem-lich lieblos verschiedenste Textfelder, Grafiken und Aufzählungslisten gepackt waren, in einer Größe, die ab der dritten Publikumsreihe bereits nicht mehr les-bar war. Ein buntes Gewirr aus unterschiedlichen Schriftarten und vielen unter-schiedlichen Animations-Elementen sowie seitenlang komplett ausformulierten Sätzen, die dann nur noch vom Redner verlesen wurden. Dies ließ Beteiligte oft-mals nur noch fassungslos den Kopf schütteln. PowerPoint-Präsentationen waren häufig kein Mehrwert, sondern ein Störfaktor für das Publikum. Doch glückli-cherweise stellen Redner in letzter Zeit immer höhere Ansprüche an ihre Präsen-tationsmedien. Großflächige Bilder oder Hintergrund-Loops, kurze Schlagworte und übersichtliche, verständliche Grafiken erinnern immer öfter nicht mehr an eine PowerPoint-Präsentation, sondern an von einer Designagentur gestaltete Großwerbeflächen. Egal ob Keynote von Apple, Prezi oder eben weiterhin das Microsoft-Produkt PowerPoint: Die aktuellen Versionen ermöglichen es jedem Redner, an seinem eigenen Computer höchst ansprechende Präsentationen zu erstellen oder, falls sie vorab von einem Mitarbeiter oder einer Agentur erstellt wurden, zu überarbeiten. Und genau diese kurzfristige Änderungsmöglichkeit durch den Redner selbst ist auch der unschlagbare Vorteil dieser Programme.

Der neue Stil der Präsentationen bringt jedoch auch neue Herausforderun-gen mit sich: So werden in letzter Zeit gelegentlich nicht mehr wie früher USB-Sticks abgegeben, die eine Datei zwischen 20 und 200 MB enthalten. Vielmehr händigen Redner gelegentlich Festplatten aus, auf denen sich nicht selten ein

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Datenvolumen von 1,5 GB oder mehr befindet. Und sie beinhalten keine Filme, die man herausnehmen und separat zuspielen könnte, vielmehr blähen bewegte Hintergrund-Loops und diverse Animationen die Datei auf. Dies bedeutet, dass die Rechner, über die die Präsentationen während der Show zugespielt werden, deutlich leistungsfähiger sein müssen als bisher.

Darüber hinaus ist es gerade bei Veranstaltungen mit vielen unterschiedlichen Rednern und deren Präsentationen immer öfter erforderlich, einen spezialisierten Präsentations-Profi im Technikteam zu haben. Wie immer steckt nämlich der Teu-fel auch hier im Detail: So kann es sein, dass eine einzelne Software-Funktion entgegen der Hersteller-Aussage doch nicht auf- oder abwärtskompatibel ist, dass einzelne Animationen zwar in der amerikanischen Ausgabe, aber nicht in der europäischen Ausgabe einer bestimmten Versionsnummer funktionieren oder dass Kompatibilitätsprobleme zwischen Mac- und Windows-Versionen auftreten. Diese Fehler zu finden und zu beheben setzt sehr weitreichende Kenntnisse aller Präsentationsprogramme voraus, die nicht zwangsläufig durch einen normalen Veranstaltungstechniker erfüllt werden können. Darüber hinaus nimmt eine Feh-lersuche so viel Zeit in Anspruch, dass ein Video-Operator damit den weiteren Probenverlauf blockieren würde.

FazitWer also künftig bei Redner-Präsentationen nicht ins Schwitzen kommen möchte, sollte zeitnah sowohl technisch als auch personell nachrüsten.

5.5 Influencer: One-Million-Dollar-Shot für Jedermann

Über einen langen Zeitraum hinweg beschränkte sich die mediale Aufmerksam-keit einer Veranstaltung einzig auf die Presse-Berichterstattung und die hierbei veröffentlichten Aufnahmen oder Filmbeiträge der Fotografen und Fernsehteams. Die zu publizierenden Bilder waren dadurch relativ gut steuerbar. Fehler und Pan-nen mussten schon gravierend sein, um von der Presse aufgegriffen zu werden. Doch im Zeitalter von Facebook & Co. ist potenziell jeder Gast auch ein „klei-ner Publizist“ – und dies wird künftig nochmals deutlich zunehmen. Was bedeutet dies für die Macher eines Events?

Zunächst, dass wir immer noch mehr in Bildern denken müssen. Was wäre ein guter Shot? Wer viele Möglichkeiten für tolle Bilder schafft, wird medial deutlich präsenter sein. Dies kann eine faszinierende Kulisse für Selfies sein – und auch ausreichend Zeit für das Publikum bedeuten, diese Selfies zu schießen. Dies kann

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1675.6 Interaktiv und Digital – Auflösung der bisherigen Abgrenzungen

ebenso eine Foto-Opportunity mit Prominenten, Maskottchen, Star-Produkten oder Ähnlichem in einem clever durchdachten Kontext sein. Es kann aber auch bedeuten, dass man eine beeindruckende Showsequenz, die dramaturgisch eigent-lich nur ein paar wenige Sekunden dauern würde, etwas in die Länge zieht – oder kurz darauf nochmals wiederholt. Wenn plötzlich das gesamte Publikum Smart-phones in die Luft hält, haben Sie mit Sicherheit vieles richtig gemacht!

Die zunehmende Bedeutung der sozialen Medien bringt es auch mit sich, dass wir uns noch viel intensiver mit Influencer-Marketing auseinandersetzen müssen. Influencer-Marketing gilt als die Kommunikationsform mit der höchsten Glaub-würdigkeit. Die Modebranche hat dieses Potenzial bisher am besten erkannt und umgesetzt: So sitzen heute bei den großen Modenschauen in Paris, Mailand und New York nicht mehr Mode-Redakteure und Prominente in der ersten Reihe, son-dern zunehmend Bloggerinnen. Doch in den meisten anderen Branchen gibt es hier im Hinblick auf Blogger, YouTuber und Co. noch Nachholbedarf.

5.6 Interaktiv und Digital – Auflösung der bisherigen Abgrenzungen

Momentan finden wir in der Event-Branche eine zunehmende Tendenz, Inter-aktion und Partizipation vereinzelt in Events einzustreuen – egal ob vor Ort, im Vorfeld oder im Nachgang. Wie wir in Abschn. 3.3.1 gesehen haben, ist dies eine sehr wichtige, bereichernde und aktivierende Veränderung. Ebenso finden sich immer öfter digitale Elemente, zum Teil als Partizipations-Tool, zu einem anderen Teil aber auch als unabhängiger Informations-Mehrwert, wobei interaktive und digitale Elemente jedoch überwiegend noch den Charakter eines Add-ons, einer besonderen Erweiterung einer Veranstaltung, haben.

Doch die jüngere Generation – die Digital Natives – kennt die starren Abgren-zungen zwischen digital und real nicht mehr. Für sie gehört dies alles zusammen. Und so wird es auch zukünftig in der Event-Branche sein: Das Event wird nicht mehr einen singulären Lebensmoment gestalten, vielmehr wird es Teil eines Lebensabschnittes sein. Digitale und analoge Elemente, Partizipation und Rezep-tion werden gemeinsam eng verwoben eine komplexe Welt gestalten, in der sich Gäste für einen gewissen Zeitabschnitt aufhalten, virtuell verbunden bleiben und gelegentlich immer wieder zurückkommen werden. So wird es zunehmend wich-tiger, nicht mehr linear zu denken, nicht mehr in Veranstaltung und Begleitmaß-nahmen zu unterscheiden, sondern in komplexen 360-Grad-Erlebniswelten zu denken und zu planen – mit allem was dazugehört. Hybride Events zeigen das bereits ansatzweise auf (Dams und Luppold 2016).

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Dies fordert jedoch auch einen nochmals höheren konzeptionellen Marketing-Ansatz. Denn eine komplexe, schlüssige Multi-Channel-Welt zu schaffen geht einen Schritt über das hinaus, was die bisherige Event-Welt gefordert hat.

Außerdem werden in diesem Kontext die Themen Big Data und Social Robots eine immer größere Rolle spielen. So behauptet der Sozialforscher und Experte für Psychometrik Michal Kosinski, dass er mit dem von ihm entwickelten OCEAN-Verfahren allein aufgrund von Facebook-Likes ein äußerst treffsicheres psychologisches Persönlichkeitsprofil erstellen könne (Das Magazin 2016). Dies würde bedeuten, dass künftig eine sehr präzise Zielgruppenanalyse- und -anspra-che möglich sind. Doch bei diesen neuen Methoden werden nicht nur die tech-nischen Möglichkeiten, sondern insbesondere die juristischen und moralischen Grenzen zu betrachten sein.

5.7 Menschliche Belastungsgrenzen – Ein starkes Team für den Erfolg

Höher, schneller, weiter: Kunden fordern heutzutage immer mehr – und das Ganze in immer kürzerer Zeit. Wie bereits in Abschn. 2.3.2 erörtert liegt dies aber nicht am Kunden an sich. Vielmehr ist der Kunde auch nur ein Teil der gesell-schaftlichen Entwicklung. Die Amazon-Generation ist es gewohnt, Wünsche zu äußern – egal wie ausgefallen oder ungewöhnlich – und dass diese innerhalb von 24 h bedient werden. Die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten werden jedoch schon seit geraumer Zeit nicht mehr als begeisternde Innovation empfunden; sie sind als neue Realität ins Unterbewusstsein sowie in den Alltag eingegangen. Wir gehen mit Einkäufen und Anschaffungen wesentlich entspannter um und empfin-den deutlich geringeren Druck zu weitsichtigen und vorausplanenden Überlegun-gen. Man muss nicht Monate im Voraus festlegen, wo man den Sommerurlaub verbringen will – man wird auch drei Wochen vorher noch etwas Passendes fin-den. Man muss auch nicht permanent den Füllstand seines Druckertoners über-wachen oder bereits Ersatzpatronen lagern – die Warnmeldung des Druckers signalisiert immer noch früh genug, dass eine Bestellung zu tätigen ist (mit Blick auf die digitale Transformation: Einige Drucker – und andere Geräte – erledigen diese Nachbestellung schon selbstständig!). Entsprechend empfinden auch Kun-den keinen ausgeprägten Druck mehr, frühzeitig verbindliche Entscheidungen zu treffen – irgendwie geht doch immer was! Dieses Rad wird sich nicht mehr zurückdrehen lassen.

Gleichzeitig lässt sich jedoch leider beobachten, dass immer mehr Dienstleis-ter in der Event-Branche ihre physischen und psychischen Grenzen regelmäßig

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1695.7 Menschliche Belastungsgrenzen – Ein starkes Team für den Erfolg

überschreiten müssen, um diesen volatilen Kundenanforderungen gerecht zu wer-den. Die gleichzeitig bei Events üblichen, enorm hohen Stress- und Adrenalinpe-gel wirken als weitere Belastungs-Katalysatoren. Langfristige Krankheitsausfälle, Burn-out, chronische Erkrankungen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch sind die Folge. Dies zeigt, dass die Event-Branche, wie im Übrigen einige andere Branchen auch, noch keine strukturellen Lösungen gefunden hat, diese neuen Kundenanforderungen geeignet zu bedienen.

Während zahlreiche Großkonzerne wirksame Maßnahmen zur Verhinderung von Geschäfts-E-Mails in Freizeit und Urlaub ergriffen haben, sind mittelstän-dische Agenturen und freiberufliche Dienstleister meist noch pausenlos online erreichbar. Gleiches gilt für geregelte Arbeitszeiten: Wer in einem Konzern Über-stunden macht, bekommt Ärger mit dem Betriebsrat – wer in einer Agentur Über-stunden macht, reiht sich lediglich in die branchenübliche Praxis ein. Und der Status des Selbstständigen wird definiert als „selbst und ständig arbeiten“. Doch dies kann nicht zielführend sein. Zahlreiche Studien belegen, dass Überlastung die Arbeitsqualität signifikant schmälert. Es muss also das Ziel sein, die Arbeits-belastung zu reduzieren, indem die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt wird.

Etat-Direktoren werden, mit Blick auf die Budgets, kommentieren, dass mehr oder höher qualifiziertes Personal nicht wirtschaftlich zu realisieren sei. Dem ist jedoch entgegenzusetzen, dass regelmäßig erhebliche ungeplante Mehrkosten auf Agenturseite dadurch entstehen, dass Mitarbeiter durch mangelnde Erfahrung und/oder Überlastung kostenintensive Fehler machen, oder auch durch den Ein-satz von teuren „Emergency-Teams“ zur Rettung von Projekten, die von viel zu kleinen und/oder unerfahrenen Teams „in den Graben gefahren wurden“. Man kann deshalb schlussfolgern: Am Personal zu sparen bringt in der gesamtwirt-schaftlichen Betrachtung keine echten finanziellen Vorteile. Es ist eher ein wenig wie beim Lottospiel: Manchmal gewinnt man etwas – in den meisten Fällen jedoch verliert man.

Um den neuen Kundenbedürfnissen gewachsen zu sein, ohne dadurch einzelne Mitarbeiter zu überfordern, benötigen wir flexible Teams, „mobile Einsatztrup-pen“, interkontinentale Zusammenarbeit und weitere kreative Ansätze. Wie zum Beispiel eine deutsche Agentur, die Präsentations-Grafiker in den USA als Part-ner hat. Für eine Pitch-Präsentation werden in Deutschland die Inhalte zusam-mengestellt – das Team in den USA gestaltet daraus dann (über Nacht, dank der Zeitverschiebung) eine ansprechende Präsentation. Ähnliches gilt für einen Guest-Management-Dienstleister, der mit einem australischen Partner zusammen-arbeitet: Wenn die deutschen Mitarbeiter morgens an ihren Schreibtisch kommen, sind bereits alle Gäste-Anmeldungen über Nacht aktualisiert, und eine To-do-Liste für den gerade begonnenen Arbeitstag ist vorbereitet.

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170 5 Fit für die Zukunft – Sieben wichtige Trends

Um arbeitsteilig agieren zu können, müssen jedoch dafür Voraussetzungen geschaffen werden. Nur durch klare Prozessstrukturierung, Vereinheitlichung von Arbeitsabläufen und verständliche Dokumentation ist es möglich, eng mitei-nander verbundene Arbeitsbereiche aufzugliedern. In manchen Unternehmungen der Event-Branche existiert jedoch nach wie vor ein ausgeprägter Mitarbeiter-Individualismus: Jeder hat sein eigenes Vorgehen, seine eigene Dokumenten-struktur und das Wissen über ein Projekt lediglich in seinem Kopf.

Ein weiterer Aspekt, um den Kundenanforderungen gewachsen zu sein, ist die Angebots-Struktur von Agenturen und manchen freien Dienstleistern. So ist es gelegentlich verwunderlich, dass für den Kunden im Zusammenhang mit Technikfirmen klar ist, dass ein Tagessatz lediglich eine begrenzte Stundenzahl beinhaltet und Mehrstunden auch Mehrkosten verursachen, wohingegen die Leistung von Agenturmitarbeitern als „All-Inclusive-Paket“ angeboten wird – unabhängig von Änderungsschleifen, von Über-Nacht-Aktionen und sonstigen nicht geplanten und nicht vorhersehbaren Mehrleistungen. Dadurch kann eine Agentur natürlich sehr schnell in eine kalkulatorische Schräglage kommen und sich in der Konsequenz zu einer grenzwertigen Personalplanung gezwungen sehen. Dementsprechend muss eine leistungsabhängige Bezahlung künftig auch zwingend die Antwort auf die neuen Kundenbedürfnisse sein.

FazitEs sind diejenigen Dienstleistungs-Anbieter in der Event-Branche zukunfts-fähig, die intelligente Lösungen hinsichtlich Arbeitsteilung, Teamaufstellung und Angebotsgestaltung finden, mit denen sie die immer kurzfristigeren Kun-denanforderungen wirtschaftlich bedienen und dabei ihre eigenen Mitarbeiter gesund erhalten können.

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Sachverzeichnis

AAbhängigkeit, 102Ablaufplan, 86, 89, 104, 108Ablauf-Regisseur, 4Abweichung

asynchrone, 32synchrone, 32

Agentur, 50, 51, 56, 59, 64, 71, 76, 95, 109, 110, 113, 116, 124, 126, 133, 135, 148, 155

Agieren, arbeitsteiliges, 170Aktivierung, 87All-Inclusive-Paket, 170Amerika, 157, 158Amygdala, 12Änderung, 137, 138Anfang, 91Animation, 80, 95Animationsgeschwindigkeit, 95Applaus, 74, 130, 143, 144Arbeitsplatz des Regisseur, 139Arbeitspsychologie, 43Architektur, 161Asien, 156, 157Auftreten, 46, 47, 52Auftrittsjingle, 119, 143Augmented Reality, 42Ausschreibung, 78Autofahrer, 114Automobilbranche, 7

Automobilmesse, 7Autorität, 57

natürliche, 46wertschätzend-wachsame, 46

BBack to the roots, 161Backup, 113, 145Bauchbinde, 96Belastungsgrenze, 168Beleuchtung, 27, 28Beteiligung, emotionale, 89Bewegtbild, 80Bewegungsgeschwindigkeit, 95Bewusstsein, 17Big Data, 168Bildregie, 121, 122Bildregisseur, 113, 120, 121Bildschnitt, 122Bildsprung, 122Blogger, 167Bombendrohung, 151Briefing, 94

Darsteller, 131Medien, 95, 99Musik, 99

Budget, 6, 132Bühnenmarkierung, 116, 118

Page 187: Event-Regie: Der spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung

176 Sachverzeichnis

CCatering, 132, 163Changemanagement, 164Chief Digital Officer, 165Commitment Act, 94Content, 95, 98

Liste, 98Crew, 44

Catering, 132CSR (Corporate Social Responsibility), 162Cue, 96, 118, 142Cut in action, 123

DD3, 39Datenvolumen, 43, 166Deadline, 102Deeskalation, 47Delay, 32, 33, 119

Audio, 32, 33Differenz, 21Digital Natives, 167Digitalisierung, 164Disruption, 164Dissonanz, kognitive, 20, 22, 66, 92Distributionspolitik, 11DMC (Destination Management Company),

158Dolmetscher, 158Double, 119, 1253D-Raum, 38, 39Durchlaufprobe, technische, 119Durchsage, 151

EEinbindung, 87, 88Einstellungsgröße, 123Element, digitales, 167Emotion, 11, 13, 14, 87, 90Emotionalisierung, 14, 162, 163Ende, 94Entscheidung, 168Entscheidungsfindung, 157Entscheidungsprozess, 157

Entscheidungsstärke, 47Epileptiker, 95Erinnerung, 12Etat, 6Event-Regisseur, 4Experiment, 12, 18, 19

FFachkompetenz, 10, 57Fachkongress, 90Fahrer, 116Fahrzeug, 115Fahrzeugballett, 5, 111, 115, 138Fakt, 52Farbe, 14Farbtemperatur, 26Feedback, 153, 157

Audio, 30Regel WWW, 55

Fehler, 144, 148Fernsehmoderator, 74Fernseh-Regisseur, 3Feuer, 151Film, 80, 148Film-Regisseur, 3Filmzuspieler, 80, 128Flexibilität, 169Folgekosten, 54Führung, 43, 51, 147Führungskamera, 117Führungspersönlichkeit, 57Führungsstil, 45

autoritärer, 45, 46Laissez faire, 45

GGassenlicht, 28Gastredner, 71Gedächtnis, 13, 90Gefahrenlage, 151Gefühl, 12, 13, 15Gegenlicht, 28Gehirn, 12, 17, 20GEMA, 82

Page 188: Event-Regie: Der spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung

177Sachverzeichnis

Generalprobe, 136Geschichte, 90Geschmack, 52, 69Geschmacksentscheidung, 52, 69Gestaltungselement, 95Gestik, 46Gesundheit, 169Glaubwürdigkeit, 47, 167Globalisierung, 164Grafik

Animation, 95Element, 96

HHandover, 109Hierarchie, 157Hippocampus, 12Hire and fire, 133Hirnaktivität, 12, 17Höhepunkt, 92

emotionaler, 92Hormon, 13Hostess, 130

IImage, 22Improvisation, 138, 148, 156In-Ear, 33, 125, 149Influencer, 166Inszenierungs-Film, 97Interaktion, 85, 87, 167Intercom, 79, 113, 139, 146

Partyline, 113Regel, 146

Involvement, 72, 87

KKamera, 24, 26, 32, 34, 112, 113, 116, 120,

121, 128Kamerabild, 117, 126Kameraeinstellung, 32, 121Kameramann, 112, 113Kameraposition, 116

Kameraprobe, 121Kanal, Intercom, 113Kaschieren eines Fehlers, 148Keynote-Speaker, 71Kinetik, 83Klangqualität, 31Kleidung, 136Kommunikation, 11, 14, 52, 146, 156Kommunikationskultur, 156Kommunikationspolitik, 11Kommunikationsregel, 146Kompensationszahlung, 163Kompetenz, 48, 52Kompetenzfelder, 10Komplikation, 144, 146Komponente, 69Konflikt, 157Kongruenz, 21Kontinuität, 107Kontrolle, 47Konzeption, 168Körperhaltung, 46Krankheit, 169Kritik, 153, 156Kronen-Moment, 53Kugelmikrofon, 30Kunde, 59Kundenführung, 50, 51, 133Kunst, 55Künstler, 24, 33, 55, 73, 80, 81, 100, 120,

133Auswahl, 73

Kunstlicht, 26

LLangzeitgedächtnis, 12, 13Laudator, 72Lavalier, 31LED, 25Licht, 24

hartes, 25kamerataugliches, 24weißes, 26

Lichtdesigner, 26Lichtsetzung, 26

Page 189: Event-Regie: Der spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung

178 Sachverzeichnis

Lichttechnik, 24lippensynchron, 32Live-Bild, 24, 32, 112, 117, 121, 122Live-Stream, 123Live-Technologie, interaktive, 85Live-Übertragung, 123Logistik, 56Lösungsorientierung, 53

MMapping, 38, 39Markenpositionierung, 65Marketing, 9, 61, 64

Event, 6Influencer, 167Instrument, 10Positionierung, 64

Markierung, Bühne, 116, 118Medienbespielung, 96Medien-Briefing, 95Medienliste, 98Medienserver, 34, 36, 99, 150

live-generierender, 36, 40Timeline-basierter, 36

Medientechnik, 34Medientechniker, 37Medienzuspieler, 34Menschlichkeit, 48Metaphorik, 18, 19Mikrofon, 28, 29, 33, 128, 140Mikrofontyp, 29Mimik, 46Mitarbeiterführung, 45Moderationskarte, 141Moderationsleitfaden, 124Moderationstext, 124Moderator, 33, 74, 118, 124, 135, 150

Fernsehen, 74Motivation, 46, 87, 130, 132, 157Multi-Channel, 168Musik, 81, 99, 143

Briefing, 99Einlass, 81GEMA, 82Showmusik, 81, 143

NNachhaltigkeit, 162Nervosität, 134, 140Neuromarketing, 69No-Show-Quote, 163Notfall, 151, 152

OÖkologie, 162One show – one call, 135Operator, 23Orientierungspunkt, 116Outfit, 136Out-of-Sync, 32

PPandoras Box, 38Panik-Vermeidung, 152Panne, 125, 144, 146Partizipation, 87, 162, 167Partyline, 113Pause, 131Personal austauschen, 133Personalplanung, 169, 170PiP (Picture in Picture), 35, 98, 106Pitch, 59, 155Plan B, 134, 138, 145, 146Planung, technische, 76Planungsbüro, 77Playback-System, 36Positionierung, 61, 64–66, 68

konkurrierende, 68Markenpositionierung, 65Produktpositionierung, 65Umsetzung, 66Unternehmenspositionierung, 65

PowerPoint, 165Präsentation, 96Präsenz, 74, 125, 127Pre-Production, 94Preroll, 96Preset, 35Probe, 104, 108–110, 115

Ablauf, 110Psychologie, 134

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179Sachverzeichnis

Redner, 126Showact, 120technische, 116

Probenplan, 110, 111, 113, 131, 133Probenstruktur, 110Probezeit, 132Produktions-Timeline, 52, 102Produktpositionierung, 65Projekt, internationales, 155Projektleiter, 50, 51, 64, 102, 109, 116Projekt-Management, 155Projektzeitenplan, 102Protagonist, 92Prozessstrukturierung, 1704 Ps (Product, Price, Place, Promotion), 11Psychologie, 43, 134

Probe, 134Pünktlichkeit, 156

QQualitätssiegel, 162

RRede, 70Redetempo, 129Redner, 69, 117, 126

externer, 70Gastredner, 71Hände, 129interner, 69Keynote-Speaker, 71Kleidung, 130Körperhaltung, 128Laudator, 72Position, 117, 118, 127Probe, 126Uhr, 128

Rednerpult, 127Regie-Assistent, 6, 107, 141Regiemeeting, 112Regieplan, 86, 104, 112

Änderung, 108Format, 107

RegisseurArbeitsplatz, 139callen, 118, 119

Rendern, 40, 41Renderzeit, 40Reveal, 92Richtcharakteristik, 29Risiko, 137, 139, 148, 158Rückkopplung, 31Rückmeldung, 48

SSchallgeschwindigkeit, 32Schallquelle, 28Schallwelle, 28, 29Scheinwerfer, 25Schnittfrequenz, 123Schulterblick, 133Screen Management System, 35Selfie, 166Shot, 166Show, 139

callen, 143Showabbruch, 151Showact, 73, 120, 149

interaktiver, 100, 102Show-Caller, 5, 56, 61Showflow, 86Show-Komponente, 69Showmusik, 81, 143Showstart, 142Sicherheit, 120, 151, 152Sicherheitsanweisung, 152Sicherheitsbeauftragte, 152Sicherheitsgefühl, 135, 140, 156Sicherheitsvorkehrung, 120Smartphone, 85, 167Social Robots, 168Soundcheck, 125, 126Special Effect, 83Stagehand, 130Stage-Manager, 5, 107, 141Staging, 117, 125, 128Standby, 119, 131, 141, 142

Page 191: Event-Regie: Der spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung

180 Sachverzeichnis

Stand-In, 119, 125Stimmlage, 47, 129Story, 90Storybook, 86Storytelling, 90Streulicht, 117Stromausfall, 151Switcher, 34, 35Synchronisation, 84Synchronität, 143

TTageslicht, 26Tänzer, 115, 120Team, 45, 51, 168

Wahrnehmung, 145Zusammenstellung, 51

Technik, 75Ausschreibung, 78Intercom, 79Kinetik, 83Planungsbüro, 77Qualitätssicherung, 78Synchronisation, 84technische Planung, 76Timecode, 84

Techniker, 112, 118, 119Teleprompter, 113, 118, 128, 141Theater-Regisseur, 3Timecode, 84Timeline, 102Timing, 97Ton-Delay, 33Tonloch, 143Tontechnik, 28Tracking, 38, 39Transformation, digitale, 164Trend, 161

UÜbergang, 35, 37, 40, 120Überlastung, 169Überzeugung, 23

Umstrukturierung des Projekt-Team, 109Umweltschutz, 164Unterbewusstsein, 17Unternehmenspositionierung, 65USA, 157, 158

VVentuz, 41Verankerung, emotionale, 11Veranstaltungsformat, 7Veranstaltungstechnik, 23Verhalten, 19, 87Versagen, menschliches, 145Verständnis, 49Vertrauen, 51Vorderlicht, 27Vorprobe, 115Vorschaumonitor, 113, 128vvvv-System, 42

WWachsamkeit, 49Wahrnehmung, 145Watchout, 37Weißlicht, 26Wings, 38Wirkung, 14, 17Wirkungspsychologie, 69WWW (Wahrnehmung, Wirkung,

Wunsch), 54

ZZeit gewinnen, 150Zeitdruck, 147Zeitersparnis, 103Zeitpuffer, 102, 150Zertifikat, 162Zertifizierung, 162Ziel, 61

Diffundierung, 62Zielsetzung, 61Zwischenabnahme, 133

Page 192: Event-Regie: Der spannende Weg vom ersten Konzept zur finalen Show – eine 360-Grad-Betrachtung der Live-Inszenierung