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Ausgabe 7 | 14. September 2016 www.exportmanager-online.de Export Manager Ausgewählte Informationen für Exportverantwortliche Schwerpunktthema dieser Ausgabe: Südostasien Singapur blickt nach vorne | Vietnam wächst durch Handel | Laos zeigt Widerstandskraft | Erfolgsfaktor Trade-Receivables-Management | Trade-Compliance im Asien-Export | Technologietransfer in der Export- kontrolle | Neues zum Ersatzteileexport

ExportManager...2016/09/07  · Außerdem wurden gleich vier Freihandelsabkommen auf den Weg gebracht. Fakten, die aufhorchen lassen und das Interesse wecken, einen genaueren Blick

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Ausgabe 7 | 14. September 2016www.exportmanager-online.de

ExportManagerAusgewählte Informationen für Exportverantwortliche

Schwerpunktthema dieser Ausgabe: Südostasien

Singapur blickt nach vorne | Vietnam wächst durch

Handel | Laos zeigt Widerstandskraft | Erfolgsfaktor

Trade-Receivables-Management | Trade-Compliance

im Asien-Export | Technologietransfer in der Export-

kontrolle | Neues zum Ersatzteileexport

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Ausgabe 7 | 14. September 20162 | ExportManager

Für die exportstarken Länder Süd-

ostasiens sind der schwache Welt-

handel und die geringere Wachstums-

dynamik in China konjunkturelle Brem-

sen, aber auch strukturelle Chancen.

Dem modernen Singapur eröffnet der

technologische Wandel neue Wachs-

tumsfelder. Vietnam und Laos können

sich in der internationalen Arbeits-

teilung neue Märkte erschließen.

Die vorliegende Ausgabe des Export­Managers stellt außerdem Lösungen

für das Liqiditätsmanagement sowie

Anforderungen an die Compliance im

internationalen Handel vor. Nicht nur

für den Export von Produkten, sondern

auch für den Technologietransfer sowie

die Lieferung von Ersatzteilen müssen

die Regeln der Exportkontrolle beachtet

werden.

Sie erhalten unseren Newsletter jähr-

lich in zehn Ausgaben kostenlos online,

wenn Sie möchten. Gerne stehen wir

Ihnen für weitere Informationen zur

Verfügung. Nutzen Sie bitte die Regis-

trierungsmöglichkeit und weitere

Informationen auf unserer Website

www.exportmanager­online.de.

Themen

Verkaufen

➤➤ Singapur im Jahr 50 plus 1 3Klaus Sander, Director – Head of Representative Office Singapur, KfW

➤➤ Vietnam wächst durch internationalen Handel 6Dr. Peik Achtert, Country CEO ASEAN, Commerzbank AG

➤➤ Laos: Wirtschaft zeigt Widerstandskraft 9Christoph Witte, Direktor Deutschland, Credimundi, Member of the Credendo Group

➤➤ Getrübte Zahlungserfahrungen deutscher Firmen 12Erich Hieronimus, Pressesprecher, Coface

Vernetzen

➤➤ Warmlaufen für den russischen Markt 15Gunther Schilling, Leitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

➤➤ EuroBLECH: Investitionen in neue Technologien 17Susanne Neuner, PR & Marketing Director, Mack Brooks Exhibitions

Finanzieren

➤➤ Erfolgsfaktor Trade­Receivables­Management 19Peter Tinney, Produktspezialist Trade Finance, Deutsche Bank AG

➤➤ Finanzierungslösung für längere Zahlungsziele 21Dirk Oliver Haller, Vorstandsvorsitzender, DFT Deutsche Finetrading AG

Liefern

➤➤ Trade­Compliance im Asien­Export 23Kai Schwab, Sales Director Germany, Amber Road Inc.

➤➤ Technologietransfer in der Exportkontrolle 25Axel Krause, Rechtsanwalt, Diplom-Finanzwirt (Zoll), Graf von Westphalen

➤➤ Neues zum Ersatzteileexport 28PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann Rechtsanwälte

Strategische Partner und Impressum 30

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Singapur im Jahr 50 plus 1

Der Stadtstaat Singapur feierte 2015 den 50sten Jahrestag seiner Unabhängigkeit. 2015 war aber auch das Jahr, in dem mit Lee Kuan Yew der Mann verstarb, der Singapur zunächst in die Unabhängigkeit von Großbritannien und 1965 aus der Förderation mit Malaysia in die Eigenständigkeit führte. Er gestaltete maßgeblich die Entwicklung Singapurs zur heutigen Größe und Wirtschafts-macht. In jeder Hinsicht also ein einschneidendes Jahr. Wie steht es nun um Singapur „im Jahr 1 danach …“?

Der amtierende Premierminister, Lee Hsien Loong (Lee Kuan Yews Sohn), stellte jüngst im Rahmen einer Rede anlässlich des diesjährigen Nationalfeiertages am 9. August heraus, dass von allen Herausfor-derungen, mit denen Singapurs Volks-wirtschaft in der heutigen Zeit zu kämp-fen hat, die entscheidende sei, wie man der „Disruption“ begegne. In einem sich schnell ändernden, von technologischem Wandel und Globalisierung geprägten Umfeld funktionieren etablierte Modelle nicht mehr, und neue werden schnell und kontinuierlich entwickelt.

In diesem Zusammenhang führte er als gut nachvollziehbares Beispiel die Taxige-sellschaften Singapurs an. Bis vor kurzem galt das Taxigeschäft im Stadtstaat als integraler Bestandteil des sehr gut ausge-bauten und funktionierenden Personen-nahverkehrs. Mit dem Markteintritt von privaten Mitfahrdiensten wie z.B. „Uber“ oder „Grab a Taxi“, die inzwischen welt-weit tätig sind, sehen sich die Taxibetrei-ber Singapurs massiv den Auswirkungen neuer, disruptiver Wettbewerbsmodelle ausgesetzt. Ähnliches gilt auch für den

Einzelhandel, wo u.a. die großen Shop-ping Malls auf der Orchard Road (der gla-mourösen Haupteinkaufsstraße) unter der anhaltenden Popularität des Online-shoppings leiden.

Premierminister Lee machte in seinen Ansprachen zum Nationalfeiertag auch deutlich, dass die hohen Wachstumsraten der vergangenen Jahrzehnte so nicht ohne weiteres fortgeschrieben werden können. Zum einen hat die Volkswirt-schaft Singapurs einen hohen Reifegrad erreicht. Zum anderen leidet Singapur unter dem eingetrübten Wachstumssze-nario der Weltwirtschaft sowie der schwa-chen Binnennachfrage.

Anfang August wurden die offiziellen Zahlen für das erwartete Wirtschafts-wachstum 2016 (erneut) nach unten revi-Der Hafen hat Singapur Eigenständigkeit und Wohlstand gebracht. Nun lockt die digitale Wirtschaft.

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Klaus SanderDirector – Head of Represen-tative Office Singapur, KfW IPEX-Bank

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„Die hohen Wachstumsraten der vergangenen Jahrzehnte können nicht ohne weiteres fortgeschrieben werden.“

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4 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 7 | 14. September 2016

diert. Man geht nun von 1%–2% Wachs-tum für das Gesamtjahr aus. Jüngst veröf-fentlichte Exportzahlen (NODX – Non-Oil Domestic Exports) zeigen im Juli einen Rückgang um knapp 11% im Vergleich zum Vorjahreswert. Unter den Werten für die zehn wichtigsten Zielmärkte Singa-purs war nur der Wert für die EU nicht rückläufig. Am stärksten betroffen waren die Exporte nach China (–16,6%), in die USA (–19,1%) und nach Indonesien (–22,6%).

Umbruch in den traditionellen Branchen

Die Generation um den Staatsgründer und Strategen Lee Kuan Yew setzte konse-quent auf den Auf- und Ausbau jener Industriesektoren, die stark von der vor-teilhaften Lage Singapurs am Eingang der meistbefahrenen Schifffahrtsroute für den weltweiten Güterhandel profitierten. Die sogenannte „Strait of Malacca“ ist heutzutage auch die zweitwichtigste Route für den internationalen Handel mit Öl. Demzufolge entwickelte sich Singapur in den ersten 50 Jahren seiner Unabhän-gigkeit zu einem Wirtschaftsstandort von internationaler Bedeutung, dessen Erfolgsmodell u.a. auf den wesentlichen Eckpfeilern Warenumschlag (Hafen, Flug-hafen), Transport (Fluggesellschaft, Con-tainerschifffahrt), Schiffbau (inkl. Anlagen für die Öl-&-Gas-Offshoreindustrie) und Finanzdienstleistungen gründete.

Andere, in jüngerer Vergangenheit auf-strebende Wirtschaftsstandorte nahmen sich das „Modell Singapur“ zum Vorbild. So z.B. das Emirat Dubai in den Vereinig-ten Arabischen Emiraten, das öffentlich bekundete, das Singapur des Mittleren Ostens werden zu wollen. In der Tat gibt es einige Parallelen: So war der „Port of Singapore“ sicherlich das Vorbild für den Aufbau des Hafens „Jebel Ali“ in Dubai. Das Emirat ist heute einer der größten Betreiber von Containerhäfen weltweit. „Emirates (Airlines)“ eine „Blaupause“ von „Singapore Airlines“, das Bankenzentrum Singapur als Vorgabe für die Entwicklung des „Dubai International Financial Centre (DIFC)“: Die Liste ließe sich fortsetzen.

Allerdings stecken gerade die Industrie-sektoren, die entscheidend zur „Erfolgs-story Singapur“ beitrugen, seit geraumer Zeit in Schwierigkeiten. Die staatliche Investmentgesellschaft „Temasek Hol-dings“ hat zum Beispiel Ende 2015 ihren Mehrheitsanteil an der „Neptune Orient Lines (NOL)“, einem „Eigengewächs“ Sin-gapurs, an die französische CMA CGM ver-kauft. Einst einer der fünf größten Contai-nerschiffbetreiber weltweit, war man nach eigenen Aussagen nicht in der Lage, den Kostenblock schnell genug zu sen-ken. In einer Branche, deren Dienstleis-tungen zunehmend standardisiert wur-den, bedeutete dies für NOL, dass das Unternehmen letztendlich nicht mehr wettbewerbsfähig war und in der Phase des Abschwungs der vergangenen Jahre um die Existenz kämpfen musste.

Ein weiteres Beispiel für eine Branche, die momentan vor großen Herausforderun-gen steht, ist der Schiffbau inklusive Anla-genbau für die Öl-&-Gas-Offshoreindus-trie. Diese Branche steht in Singapur für circa 19% aller industriellen Arbeitsplätze und mit „Keppel Corp.“ und „Sembcorp Marine Ltd.“ sind hier die beiden größten Anlagenbauer für die Öl-&-Gas-Offshore-industrie angesiedelt. Der starke Rück-gang der Ölpreise in Verbindung mit den weltweit rückläufigen Investitionen in diesem Segment sowie der enorme Wett-bewerb und Kostendruck sind die Haupt-ursachen der aktuellen Branchenkrise.

Jüngstes Opfer ist die „Swiber Holdings Ltd“: einst ein Vorzeigeunternehmen, das nun im Juli Schritte zur Liquidation einge-leitet hat und damit eine regelrechte „Schockwelle“ in Singapur auslöste – ins-besondere unter den lokalen, aber auch den internationalen Banken, die insge-samt ein vergleichsweise hohes Krediten-gagement mit Öl-&-Gas-Dienstleistern in Singapur verzeichnen.

Haushaltspolitische Maßnahmen

Angesichts dieser Bedingungen ist es nicht erstaunlich, dass die Regierung die Zusammenfassung des Budgets 2016 auf ihrer Website mit der folgenden Parole einleitet: „Es geht um Innovation und darum, den kommenden Sturm zu über-stehen“. Die Kernpunkte des Haushalts zielen entsprechend darauf ab, Unterneh-

men unmittelbare Entlastungen zu gewähren (u.a. fiskalpolitische „Stimulus-pakete“, Steuererleichterungen für KMUs, Zuschüsse zu Gehältern bei Einstellung älterer Arbeitnehmer) und die längerfris-tige Transformation der Wirtschaft zu unterstützen (u.a. Förderung von Innova-tion und Automation durch Zuschüsse zu F&E- und Projektkosten, Schaffung der notwendigen Infrastruktur in Form eines Industrieparks, Aus- und Weiterbildungs-programme).

Ausbau der Infrastruktur

Ein ganz wesentlicher Wettbewerbsvor-teil Singapurs als attraktiver Investitions-standort und Firmensitz mit „Regional Hub“-Funktion ist seine exzellente Infra-struktur. Und die wird weiter konsequent ausgebaut. Zum einen hilft die Auftrags-vergabe bei der Ankurbelung der Wirt-schaft. Zum anderen sichert Singapur damit seine Anziehungskraft als führen-des Wirtschaftszentrum Südostasiens auch für die Zeit nach der Krise und den folgenden Aufschwung. Aktuelle (alle aus Juli/August 2016) Beispiele sind:

➤➤ Flughafenausbau des internationalen Drehkreuzes „Changi Airport“: Auf-tragsvergabe (1,1 Mrd SGD) im Zusam-menhang mit der Erweiterung und Operationalisierung des Landebahn-systems.

➤➤ Unterzeichnung einer Absichtserklä-rung der Premierminister von Singa-

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pur und Malaysia, eine Hochgeschwin-digkeitszugverbindung zwischen Kuala Lumpur und Singapur zu bauen. Ende dieses Jahres sollen rechtlich verbindliche Verträge unterschrieben und die internationalen Ausschrei-bungsverfahren angestoßen werden. Das sogenannte „KL-Singapore High Speed Rail (HSR) Project“ (350 km Schiene, sechs Zwischenbahnhöfe, Fahrzeitverkürzung auf 90 Minuten von aktuell ca. 5 Stunden) soll geschätzt ca. 12 Mrd USD kosten; die Inbetriebnahme ist für 2026 geplant.

➤➤ Die „Urban Redevelopment Authority“ (URA) hat den Bau eines zweiten „Cen-tral Business District“ (CBD) in Jurong (im Westen Singapurs) angekündigt. Das Herzstück des sogenannten „Jurong Lake District“ (JLD) soll das Terminal der KL-Singapore High Speed Rail (HSR) werden. Das gesamte Gelände umfasst ca. 360 ha und wird in drei Bezirke aufgeteilt sein, die u.a. hochwertige Büro- und Wohngebäude sowie diverse Business-Park-Cluster beheimaten werden.

➤➤ Im Rahmen der Konferenz „Singapore International Water Week (SIWW) 2016“ wurde bekanntgegeben, dass Singapur demnächst Projekte in den Bereichen Wasser, Abwasser und Abfallentsorgung im Umfang von ca. 9,5 Mrd SGD ausschreiben wird. So wird z.B. erwartet, dass die nationale Wasserbehörde „Public Utilities Board“

(PUB) ab dem dritten Quartal 2016 mit der Ausschreibung umfangreicher Aufträge im Zusammenhang mit der zweiten Phase des „Deep Tunnel Sewage Systems“ beginnt. Dieses Pro-jekt allein soll ca. 6,5 Mrd SGD kosten; die Fertigstellung ist für 2025 geplant.

Ausblick

Singapurs Wirtschaft geht momentan sicherlich durch eine schwierige Phase und muss sich wesentlichen Herausforde-rungen stellen. Diese sind jedoch nicht unüberwindbar, und der Stadtstaat inves-tiert weiterhin konsequent in einen Hauptwachstumstreiber langfristigen Wachstums – die Infrastruktur.

Die insgesamt höchst umfangreichen Pro-jekte erfordern in vielen Fällen den Ein-satz internationaler Spitzentechnologie und Dienstleister. Dies sollte über die kommenden Jahre Geschäftsmöglichkei-ten für deutsche und europäische Unter-nehmen aus diversen Branchen eröffnen.

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Vietnam wächst durch internationalen Handel

Für Vietnams Wirtschaft war 2015 erneut ein gutes Jahr: Das Wirtschaftswachstum erreichte fast 7%, die Inflationsrate lag zum Jahresende unter 2% und erreichte damit einen historischen Tiefstand. Außerdem wurden gleich vier Freihandelsabkommen auf den Weg gebracht. Fakten, die aufhorchen lassen und das Interesse wecken, einen genaueren Blick auf das Land in Fernost zu werfen.

Kaum ein anderes Land hat in den vergan-genen Jahren so von der Verlagerung der Lieferketten aus China in andere asiati-sche Länder profitiert wie Vietnam. Für zahlreiche Produkte der Leichtindustrie hat sich das südostasiatische Land längst als attraktive Alternative zum Reich der Mitte etabliert. Vor allem Firmen aus Japan, Südkorea und Taiwan lassen hier Bekleidung nähen oder Elektronik zusam-mensetzen. Vietnam ist im weltweiten Vergleich bereits drittgrößter Exporteur von Schuhen und viertgrößter von Beklei-dung. Nur China liefert mehr Handys und Smartphones in die Welt als Vietnam – ins-besondere aufgrund der Milliardeninves-titionen von Samsung in Vietnam als Pro-duktionsstandort.

Das vietnamesische Wirtschafts­wunder begann vor 30 Jahren

Die Erfolgsgeschichte begann 1986 mit der von Hanoi eingeleiteten Reformkam-pagne Doi Moi zur wirtschaftlichen Öff-nung des Landes. Die kommunistische Führung hat sich an einigen Kapiteln aus der Reformagenda Pekings orientiert und

sich für ausländische Investitionen geöff-net, obwohl die Staatswirtschaft weiter eine wichtige Rolle spielt. In den darauf-folgenden zweieinhalb Jahrzehnten hat das Land einen fulminanten wirtschaftli-chen Aufschwung mit Wachstumsraten von zumeist 7%–8% erlebt. Von der Wirt-schafts- und Finanzkrise 2008/09 erholte sich Vietnam vergleichsweise schnell.

Über 8% Exportwachstum

Der vietnamesische Außenhandel wächst weiterhin expansiv – getrieben vor allem durch die Produktion ausländischer Unternehmen in Vietnam. Der Wert der Exporte belief sich 2015 auf 162,4 Mrd USD, ein Plus von 8,1% gegenüber dem Vorjahr.

Die wichtigsten Außenhandelspartner sind China, die anderen ASEAN-Staaten (Laos, Kambodscha, Thailand, Indonesien, Malaysia, Singapur, die Philippinen, Bru-nei und Myanmar), die USA, die Europäi-sche Union (EU), Südkorea und Japan. Im Vergleich zum Vorjahr haben die USA (41,5 Mrd USD) dabei die EU (41,4 Mrd USD) in der Rangfolge der Handelspartner auf Platz 4 verdrängt. Dominierende Exportgüter sind weiterhin Mobiltelefone und Ersatzteile (30,6 Mrd USD), Textilien und Bekleidung (22,6 Mrd USD), Schuhe (12 Mrd USD), Computer und Teile (15,8 Mrd USD) sowie Maschinen und Ersatz-teile (8,2 Mrd USD).

China bleibt wichtigstes Lieferland – trotz Spannungen

Die vietnamesischen Importe stiegen 2015 um 12% auf 165,6 Mrd USD. Die größte Rolle spielen dabei Maschinen und Anlagen (27,6 Mrd USD), Elektronikartikel und Teile (23,3 Mrd USD), Mobiltelefone und Teile (10,6 Mrd USD), Stoffe (10,2 Mrd USD) sowie Eisen und Stahl (7,3 Mrd USD). Größter Importpartner bleibt mit 49,3

Vietnam wächst! Wer die Früchte ernten will, sollte die Besonderheiten des Landes im Auge behalten.

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Dr. Peik AchtertCountry CEO ASEAN,Commerzbank AG

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Mrd USD, trotz politischer Spannungen, weiterhin China.

Deutsch­vietnamesischer Handel legt mit 14% kräftig zu

Deutschland ist innerhalb der EU der größte Handelspartner Vietnams. 2015 betrug das Außenhandelsvolumen der beiden Länder nach der vietnamesischen Statistik 8,9 Mrd USD – 14% mehr als 2014 (7,8 Mrd USD). Die Exporte aus Vietnam nach Deutschland stiegen um 10% auf 5,7 Mrd USD (2014: 5,18 Mrd USD). Die wich-tigsten vietnamesischen Exportprodukte nach Deutschland sind Schuhe, Textilien, landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Kaf-fee und Pfeffer, Meeresfrüchte und mitt-lerweile auch Elektronikartikel sowie Möbel.

Außenhandelsabkommen sorgen für neue Impulse

Im Verlauf des Jahres 2015 hat das viet-namesische Ministerium für Industrie und Handel vier Freihandelsabkommen erfolgreich abgeschlossen: mit der Kau-kasischen Zollunion (März 2015), mit Süd-korea (Mai 2015), mit der multilateralen Pazifik-Freihandelszone „Trans-Pacific Partnership“ (Oktober 2015) und mit der Europäischen Union (Dezember 2015).

Für das größte Aufsehen hat der Abschluss der Transpazifischen Partnerschaft ge-sorgt. Das zwischen den USA und elf Pazifikanrainern – ohne China – in den

Grundzügen vereinbarte Abkommen soll die zollbegünstigte Lieferung in diese Länder ermöglichen. Vietnam weist dabei von allen Mitgliedern die niedrigsten Lohnkosten auf.

Deutsche Direktinvestitionen stocken

Ausländische Unternehmen haben 2015 mit 22,8 Mrd USD rund 12,5% mehr als im Vorjahr in Vietnam investiert. Die Dyna-mik setzte sich auch zum Jahresanfang 2016 fort. Rund drei Viertel des ausländi-schen Kapitals fließen in das verarbei-tende Gewerbe. In Dienstleistungen und Wissenschaft wurden hingegen weniger als 5% angelegt. Die größten Ursprungs-länder für ausländische Direktinvestitio-nen bleiben Japan mit fast einem Drittel, Südkorea insbesondere mit Großinvestiti-onen von Samsung und Taiwan mit seiner Textilindustrie sowie den Elektronikauf-tragsfertigern.

Deutsche Unternehmen dagegen hielten sich zuletzt auffallend zurück: Zwar pro-duzieren beispielsweise Bosch und Schäff-ler in Dong Nai, Daimler montiert Limou-sinen und Lkw in Ho-Chi-Minh-Stadt. Doch insgesamt wurden 2015 von deut-schen Investoren nach vietnamesischen Angaben lediglich 74,3 Mio USD inves-tiert, ein Rückgang um mehr als die Hälfte im Jahresvergleich. Damit kam Deutsch-land lediglich auf Rang 24 der ausländi-schen Investoren, nachdem es im Vorjahr noch Rang 15 belegt hatte. Gleichwohl ist

das Potential vorhanden, u.a. in der Pro-duktion von Bekleidung und Kfz-Teilen, aber auch im Maschinenbau und der Bau-wirtschaft. Daneben wird der Umwelt- und Energiesektor inklusive erneuerbarer Energien immer interessanter für deut-sche Firmen. Die Voraussetzungen sind gut: Kein Land in Südostasien hat histo-risch so enge Beziehungen zu Deutsch-land wie Vietnam, insbesondere zu den ostdeutschen Bundesländern. Hinter-grund ist die intensive Zusammenarbeit der ehemaligen DDR mit Vietnam – so wurden z.B. viele Kaffeeplantagen mit Unterstützung der DDR angelegt.

Viel Licht und ein wenig Schatten

Vietnam hat 2009 die Grenze von 1.000 USD Jahreseinkommen pro Kopf über-schritten und ist seitdem ein „Middle Income Country“. 2015 betrug das Brutto-inlandsprodukt 196 Mrd USD, und das Pro-Kopf-Einkommen erreichte 2.230 USD. Dazu bietet das Land stabile Investi-tionsbedingungen, die Bevölkerung von 92 Millionen Einwohnern ist im Schnitt 29 Jahre jung und gilt als fleißig. Zusätzlich schlagen Lohnkosten zurzeit nur mit etwa einem Drittel des chinesischen Niveaus zu Buche. Die öffentliche Hand hat darüber hinaus zahlreiche Industrieparks aufge-baut und die Logistikinfrastruktur in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Strukturelle Schwächen für ein florieren-des Vietnam-Geschäft bleiben allerdings Korruption und ein nicht immer verlässli-ches Rechtssystem.

Viel Zukunftspotential

Der dynamische vietnamesische Markt bietet deutschen Unternehmen große Chancen im Im- und Exportgeschäft – ein-schließlich des Zugangs zu Ostasien, das nach Ansicht von Ökonomen eine der dynamischsten Wirtschaftsregionen der Welt bleiben wird.

Lokales Know­how

Trotz seiner rasanten Entwicklung steht außer Frage, dass Vietnam derzeit noch ein klassisches Schwellenland ist und folglich für an Handelsgeschäften interes-sierte Unternehmen weiterhin die eine oder andere Herausforderung bereithält. Wichtig bleibt es daher, sich vor einem Geschäft umfassend beraten zu lassen.

Entscheidend ist dabei vor allem lokales Know-how, wie es beispielsweise die Commerzbank mit ihrer Repräsentanz in Ho-Chi-Minh-Stadt bereitstellt. Außer-dem hat sie kürzlich mit zwei führenden vietnamesischen Banken eine Zusam-menarbeit im Firmenkundengeschäft ver-einbart – der Techcombank und der Vie-tinBank. Ab sofort können deutsche Unternehmen die Produkte und Services beider Institute nutzen. Firmen, die in anderen südostasiatischen Ländern geschäftlich aktiv sind, bietet die Com-merzbank in ihrer Filiale in Singapur umfassende Beratungsangebote und Finanzierungsprodukte.

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Teilnahmeentgelt: 270,00 € zzgl. MwSt.

Programm -Änderungen vorbehalten-

09:15 Uhr Registratur und Ankommen: Networking bei Butterbrezeln

10:00 Uhr Begrüßung und Einführung Tassilo Zywietz, Geschäftsführer, IHK-Exportakademie GmbH Birgit Berger, Regierungsdirektorin, Hauptzollamt Stuttgart

Zollrecht aktuell: Der Unionszollkodex

10:15 Uhr Update: Der Unionszollkodex (UZK) - ein halbes Jahr nach Inkrafttreten Felix Wemmer, Sachgebiet Abgabenerhebung, Hauptzollamt Stuttgart

10:30 Uhr Der UZK aus Sicht der Wirtschaft Marc Bauer, Leiter Internationaler Warenverkehr, IHK Region Stuttgart

10:45 Uhr Änderungen bestehender Bewilligungen von vereinfachten Verfahren; Gesamtsicherheit Ausblick Felix Wemmer, Sachgebiet Abgabenerhebung, Hauptzollamt Stuttgart

11:15 Uhr Diskussionsrunde zum UZK mit Vertretern der Zollverwaltung Moderation: Marc Bauer, Leiter Internationaler Warenverkehr, IHK Region Stuttgart

Management von Ursprungsnachweisen

11:30 Uhr Made in Germany: Ursprungskenn- zeichnung in Drittländern Kolja Mendel, Geschäftsführender Gesellschafter, Mendel Verlag GmbH & Co. KG

12:00 Uhr Best Practice: Umgang im Betrieb Markus Saile, Leitung Zoll und Außenhandel, Ensinger GmbH

12:45 Uhr Mittagspause mit Networking

Exportkontrolle

13:45 Uhr Export Business vs. Embargo Compliance: Regulatorische und vertragliche Herausforderungen! Dr. Philip Haellmigk, LL.M., Rechtsanwalt (Deutschland) Solicitor (England & Wales) Licencie en Droit (France), Kanzlei HAELLMIGK

14:45 Uhr Best Practice: Compliance in Unternehmen Thomas Stühle, Head of Customs & Foreign Trade, Karl Simon GmbH & Co. KG 15:15 Uhr Kaffeepause

15:45 Uhr US-(Re-)Exportkontrolle: Aus- wirkungen auf die Unternehmen Dr. Ulrike Jasper, Juristin Bereich Außenwirtschaftsrecht, AEB GmbH

Betriebsprüfung Außenwirtschaft

16:15 Uhr Prüfungsablauf der Betriebsprüfung Ewald Plum, Leiter Zoll und Außenwirtschaft, Associate Partner, Rödl & Partner

16:30 Uhr Abschlussdiskussion mit Vertretern der Zollverwaltung

Moderation: Marc Bauer, Leiter Internationaler Warenverkehr, IHK Region Stuttgart

Einladung Zollforum Baden-Württemberg Gastkongress im Rahmen der „GlobalConnect“

Donnerstag, 27. Oktober 2016 Stuttgart

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Laos: Wirtschaft zeigt Widerstandskraft

Laos ist als Binnenland ohne Zugang zum Meer geographisch gegenüber seinen Nachbarn im Nachteil. Doch die natürliche Energiequelle Wasserkraft, der enge Austausch mit China und die politische Stabilität bilden die Grundlage für eine hohe Leistungs-fähigkeit und Belastbarkeit der laotischen Wirtschaft. Ein Schwachpunkt ist die hohe Auslandsverschuldung, die jedoch in ertragreiche Projekte fließt. Daher dürfte sich auch die finanzielle Situation des Landes in den kommenden Jahren verbessern.

Im vergangenen Jahrzehnt wies Laos mit durchschnittlich 7,8% das robusteste Wirtschaftswachstum Asiens auf. Dank wichtiger Investitionen in die Energiege-winnung aus Wasserkraft und relativ diversifizierter Exporte, die von Elektrizi-tät und Bergbau bis hin zu einer rasch wachsenden Tourismusindustrie reichen, setzt sich dieser Trend Prognosen zufolge in den kommenden Jahren fort (+7,4%). Da nahezu 30% der laotischen Gesamt-

ausfuhren auf den Export von Kupfer und Energie aus Wasserkraft entfallen, ist die Wirtschaft leicht anfällig für niedrigere Kupferpreise, den Konjunkturabschwung in China, sowie für etwaige geringere Direktinvestitionen in einem Klima zuneh-mender globaler Risikoaversion. Dieses moderate Risiko spiegelt sich in einem anhaltenden, hohen (jedoch zurückge-henden) Leistungsbilanzdefizit wider (50% der Exporterlöse von 2015), das auf

hohe Importe aufgrund von Wasserkraft-projekten und den fehlenden Meereszu-gang des Landes zurückzuführen ist.

Investitionen in Wasserkraftwerke

Dennoch dürfte die kleine laotische Volks-wirtschaft weiterhin vergleichsweise hohe ausländische Direktinvestitionen in Wasserkraftwerke erhalten, da sich das Land zur „Batterie Südostasiens“ entwi-

ckeln möchte. Tatsächlich verfügt Laos über eine ideale Lage in der Mekong-Region zwischen den Nachbarländern Thailand, Vietnam und China, in die es Strom exportiert (in Höhe von 10% der gesamten Exporterlöse). Trotz des nach-lassenden Wachstums in China gibt es in der Region einen stetig wachsenden Strombedarf, zu dessen Deckung Laos dank neuer Wasserkraftwerke, die in die-sem Jahr in Betrieb gehen oder künftig noch geplant werden, beitragen kann.

Daher wird erwartet, dass die höheren Stromexporte, insbesondere nach Thai-land, das Leistungsbilanzdefizit bis 2020 schrittweise auf etwa 30% senken. Wei-tere Wasserkraftprojekte, der Bau einer grenzüberschreitenden Eisenbahninfra-struktur sowie eine starke Entwicklung von Immobiliensektor und Tourismus dürften sich in den kommenden Jahren als Wachstumsmotoren erweisen und die unter Umständen dauerhaft niedrigeren Kupferpreise ausgleichen.

Laos zählt zu den ärmsten und am wenigs-ten entwickelten Staaten Südostasiens.

Dank seiner Staudämme verfügt Laos über große Kapazitäten zur Energiegewinnung aus Wasserkraft.

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Christoph WitteDirektor Deutschland,Credimundi, Member of the Credendo Group

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10 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 7 | 14. September 2016

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Die Regierung versucht, die laotische Bevölkerung stärker in der Industrie zu beschäftigen, da ein Großteil der Men-schen in der Subsistenzlandwirtschaft tätig ist. Das schwierige globale Umfeld zwingt die Regierung zudem, ihre Politik der Haushaltskonsolidierung zu lockern. Die derzeitige Lage erfordert weitere Fortschritte bei der Entwicklung der Ener-gie- und Transportinfrastruktur sowie die Umsetzung wichtiger Strukturreformen zur dauerhaften Gewährleistung des Wachstums und zur Reduzierung der Armut. Vor diesem Hintergrund dürfte das chronische Haushaltsdefizit in diesem Jahr auf 4% des BIP anwachsen.

In der Folge wird die Staatsverschuldung bis 2020 schrittweise auf ein geschätztes Niveau von 70% des BIP steigen (von 60% im Jahr 2013). Die langsame Verschlechte-rung des schwachen laotischen Staats-haushalts erfolgt in einem Kontext bei-spiellos niedriger Inflation, die auf niedri-gere Lebensmittel- und Kraftstoffpreise sowie die Anbindung des Kip an einen starken US-Dollar zurückzuführen ist.

Die Wirtschaft bleibt nach wie vor hinter der anderer kommunistischer Staaten Asi-ens wie China und Vietnam zurück, und der Wandel ist noch nicht vollständig voll-zogen. Dies spiegelt sich wider in domi-nierenden Staatsunternehmen, aber auch in hoher Korruption und den typischen Problemen eines Einparteienregimes, wie mangelnder Transparenz, willkürlichen Regeln und einer politisierten Judikative.

Dennoch hat Laos seit Mitte der 80er Jahre im Rahmen der wirtschaftlichen Integration der ASEAN-Staaten Fort-schritte bei der Umsetzung von Reformen erzielt, die dem Land 2013 den Beitritt zur WTO ermöglichten. Es wird erwartet, dass eine fortschreitende Integration inländi-sche Unternehmen auf eine stärkere Kon-kurrenz innerhalb der neu gegründeten Asean Economic Community vorbereiten wird. Der Finanzsektor weist eine gradu-elle Entwicklung auf, und der Zugang zu Kapitalmärkten erweitert sich langsam. Der staatlich dominierte Bankensektor sieht sich dennoch mit einer steigenden Zahl notleidender Kredite im Infrastruk-turbereich konfrontiert, nachdem die Kre-ditvergabe jahrelang stark gewachsen, inzwischen allerdings auf eine Jahresrate von ca. 20% zurückgegangen ist. Er bedarf daher gründlicher Überwachung.

Auslandsverschuldung belastet

Als deutliche Schwäche ist zu verzeich-nen, dass Laos zur Finanzierung seiner Entwicklung von Auslandskrediten ab-hängig ist, in zunehmendem Maße aus einzelnen Quellen wie z. B. China. Gleich-wohl dürfte die Schuldenlastquote (Aus-landsverschuldung im Verhältnis zu den Exporteinnahmen), die derzeit über 190% liegt, in den Jahren nach 2020 sukzessive auf weniger als 150% reduziert werden. Ein Großteil der staatlichen Auslands-schulden, die über die Hälfte der gesam-ten Auslandsverschuldung ausmachen, steht mit Investitionen in Wasserkraft in

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Verbindung. Folglich werden diese Beträge nach Beendigung der Projekte bis zu einem gewissen Grad durch Energie-einnahmen zurückgezahlt.

Auch das Nichtzahlungsrisiko im Zusam-menhang mit einer auf Fremdwährung lautenden Staatsverschuldung wird durch ausgesprochen günstige Finanzierungs-konditionen und einen stabilen Wechsel-kurs eingedämmt. Die externe Liquidität des Landes verbessert sich langsam: Die Währungsreserven befinden sich, absolut gesehen, auf Rekordniveau und decken damit in den kommenden Jahren den Schuldendienst ab. Obwohl sie seit 2012 aufgrund der erhöhten investitionsbe-dingten Einfuhren weniger als sechs Wochenimporte abdecken, wird das Risiko externen Drucks vom hohen Dol-larisierungsgrad der Wirtschaft sowie von kräftigen Zuflüssen ausländischer Direkt-investitionen eingedämmt. Daher stuft die Credendo Group Laos hinsichtlich des kurzfristigen politischen Risikos in Kate-gorie 6 von 7 ein.

Die anhaltende politische Stabilität unter der Herrschaft der kommunistischen Ein-heitspartei LPRP kommt Laos sehr zugute. Da es keinerlei organisierte Opposition

gibt, sind politische Proteste trotz des repressiven und intransparenten Regimes der alles dominierenden LPRP eine Sel-tenheit. Die größten Risiken für die politi-sche Zukunft stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit den Folgen des gra-duellen Wandels der laotischen Wirtschaft von einem landwirtschaftlich geprägten hin zu einem industriebasierten Modell. So nehmen soziale Unruhen und Umwelt-probleme zu, und trotz der bisher recht erfolgreichen Anstrengungen bei der Armutsbekämpfung verschärft sich auch die Ungleichheit. Diese Risiken sind jedoch beherrschbar und stellen keine größere Gefährdung für die Legitimität der LPRP dar.

Die stabile innenpolitische Situation geht einher mit den guten Beziehungen zu den Nachbarstaaten, insbesondere zum tradi-tionellen Partner und größten Investor China. Da die enorme Dominanz Chinas zunehmend antichinesische Stimmungen und soziale Spannungen unter der laoti-schen Bevölkerung schürt, beabsichtigt die neue politische Führung, den Schwer-punkt der Wirtschafts- und Außenpolitik leicht zu verlagern. Trotzdem dürfte China weiterhin bedeutender Einfluss zukom-men, da es beträchtliche Investitionen in Wasserkraft, Bergbau und Transport tätigt und als zuverlässiger Geldgeber auftritt.

Weitere Länderberichte und aktuelle Risikobewertungen von Credimundi finden Sie unter www.credimundi.de.

„Die stabile innenpolitische Situation geht einher mit den guten Beziehungen zu den Nachbarstaaten.“

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12 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 7 | 14. September 2016

Getrübte Zahlungserfahrungen deutscher Firmen

Für 83,7% der Unternehmen in Deutschland sind Zahlungsverzögerungen ihrer Kunden Alltag, trotz der guten Konjunkturlage der deutschen Wirtschaft. Das ist das Ergebnis einer neuen Befragung des Kreditversicherers Coface zum Zahlungsverhalten im Geschäft zwischen Unternehmen (B2B). Damit liegt der Anteil sogar über demjenigen in China (rund 80%). An der Umfrage in Deutschland haben sich im Befragungszeitraum Juni 2016 insgesamt 850 Unternehmen beteiligt.

Warten aufs Geld ist Alltag

In der deutschen Unternehmensland-schaft sind Zahlungsverzögerungen aus-geprägter bei Unternehmen, die vorran-

gig vom Exportgeschäft abhängig sind. Sie verbuchen zu fast 90% Verzögerun-gen, bei den auf den deutschen Markt konzentrierten Unternehmen sind es 82,8%.

„Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Umfang der Außenstände tendenziell leicht verringert“, erklärt Dr. Mario Jung, Economist für Nordeuropa bei Coface und Autor der Studie. Denn rund 20% der befragten Unternehmen berichten von geringeren Außenständen, während 16,9% einen Anstieg vermerken. Über 60% sehen keine Veränderung in ihren Außenständen.

Unter den exportorientierten Unterneh-men fällt das Bild etwas gemischter, aber dennoch tendenziell positiv aus. Dort sehen gut 24% eine Verringerung ihrer Außenstände. Dem steht allerdings ein deutlich höherer Anteil – im Vergleich zum Durchschnittswert von 16,9% – von 23,3% mit gestiegenen Außenständen gegenüber.

Gemischtes Bild bei Branchen

Der Anteil der Unternehmen, die Zah-lungsverzögerungen erleiden müssen, schwankt über die 13 betrachteten Bran-chen hinweg um rund 10 Prozentpunkte um den Durchschnitt. Am stärksten

betroffen von Zahlungsverzögerungen ist mit deutlichem Abstand der Bereich Tex-til/Leder/Bekleidung mit einem Anteil von 94,4%, gefolgt von den Sektoren Papier/Verpackung/Druck (89,3%) sowie Holz/Möbel (87,5%). Am wenigsten betroffen von Zahlungsverzögerungen sind die Mechanik- und die Präzisionsin-dustrie mit „nur“ 75,0%. Auch die Kfz- und Fahrzeugindustrie (78,8%) sowie der Großhandel (81,0%) notieren unter dem Durchschnitt.

Für die deutschen Unternehmen bleiben in zeitlicher Perspektive die Zahlungsver-zögerungen in einem überschaubaren Rahmen. Für mehr als drei Viertel liegt die Dauer der Zahlungsverzögerungen bei maximal 60 Tagen. Damit stellt sich die Situation für deutsche Unternehmen deutlich besser dar als für ihre chinesi-

Zahlungsverzögerungen führen viele Unternehmen auf finanzielle Schwierigkeiten ihrer Kunden zurück.

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Erich HieronimusPressesprecher, Coface

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„Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Umfang der Außen­stände tendenziell leicht verringert.“

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13 | ExportManager | Verkaufen Ausgabe 7 | 14. September 2016➤

schen Pendants: Dort beträgt der Anteil der Verzögerungen von bis zu 60 Tagen nur 60%. Weitaus kritischer ist dort auch der Anteil von sehr langen Zahlungs-störungen von über 150 Tagen mit 10%, der sich infolge der chinesischen Wachs-tumsabkühlung innerhalb eines Jahres fast verdoppelt hat. Bei den auf den deutschen Markt konzentrierten Unter-nehmen liegt dieser Anteil sogar bei nur 1,9%, bei exportorientierten Unterneh-men bei 7%.

Schwierigkeiten der Kunden bringen Lieferanten in Gefahr

Gefragt nach dem Hauptgrund für Zah-lungsverzögerungen, benennt mehr als jedes zweite Unternehmen finan zielle Schwierigkeiten seiner Kunden. Dagegen spielen wirtschaftliche Streitfälle, bei-spielsweise um die Produktqualität, eine nachgeordnete Rolle (9,4%). Auch Be-trugsfälle sind gerade einmal bei 3,8% Hauptursache. Für exportorientierte Unternehmen fällt die Antwortstruktur sehr ähnlich aus. Allerdings berichten sol-che Unternehmen auch öfter von Proble-men bei der Wechselkursfestsetzung oder im Devisenverkehr allgemein.

Dass Kunden Zahlungsfristen eingeräumt werden, ist nach der aktuellen Coface-Studie gängige Praxis. Demnach haben die befragten Unternehmen in den zurückliegenden zwölf Monaten mit einer satten Mehrheit von 84,4% ihren Kunden Zahlungsfristen eingeräumt. Bei

Unternehmen, die vor allem am Export-geschäft hängen, sind es fast 92%. Rund jedes zweite Unternehmen bezeichnet die Erfordernisse am Markt als Haupt-grund für die Gewährung von Zahlungs-fristen, da dies als Standard angesehen werde. 14,1% der Unternehmen räumen Zahlungsziele ein, um eine angespannte Liquiditätslage ihrer Kunden abzufedern. „Das ist besonders gefährlich“, warnt Téva Perreau, General Manager Nordeuropa bei Coface. „Diese Unternehmen bege-ben sich selbst auf eine höhere Risiko-stufe.“

Vergleichsweise kurze Zahlungsziele

Deutsche Unternehmen räumen im inter-nationalen Vergleich relativ kurze Zah-lungsfristen ein. Bei gut 56% beträgt die durchschnittliche Zahlungsfrist 30 Tage. Nimmt man noch das Zahlungsziel 60 Tage hinzu, gewähren mehr als 92% der Unternehmen im Durchschnitt Zahlungs-ziele von bis zu 60 Tagen. Bei den maxima-len Zahlungszielen fällt das Ergebnis etwas gemischter aus, bestätigt aber auch die Tendenz zu kürzeren Fristen. Dem-nach gewährt fast die Hälfte der Unter-nehmen maximal 60 Tage. Allerdings berichten auch immerhin 12% der Unter-nehmen von maximalen Zahlungsfristen von mehr als 120 Tagen. Dies ist vor allem bei exportorientierten Unternehmen gra-vierend, bei denen der Anteil sogar bei einem Drittel liegt.

Nach den Erfahrungen von Coface wer-den rund 80% der offenen Zahlungen nicht mehr vollständig getilgt, wenn die Unternehmen damit bereits länger als sechs Monate in Verzug sind. Übertreffen die offenen Zahlungen 2% des Jahresum-satzes, können sie die Liquidität des Liefe-ranten beeinträchtigen. Für die gesamte deutsche Unternehmenslandschaft liegt der Anteil von länger als sechs Monate fäl-ligen Zahlungen, die mindestens 2% des Jahresumsatzes ausmachen, bei 13,4%. Im Vergleich: In China sind es deutlich über 30%. Etwas schlechter sieht die Situ-ation allerdings wiederum für exportori-entierte Unternehmen in Deutschland aus. Denn diese berichten von einem Anteil von rund 20%.

Professionelles Management und Prinzip Hoffnung

Die große Mehrheit der Unternehmen hat ein eigenes Kreditrisikomanagement, das zu rund 30% auch eine eigene Organisa-tionseinheit bildet. Knapp 17% haben kein eigenständiges Management von Risiken im Forderungsgeschäft. „Nach wie vor gibt es große Unterschiede im Debitorenmanagement der deutschen Unternehmen. Insbesondere kleineren Unternehmen fehlt es an der technischen Unterstützung, dem Wissen und der Expertise, die man braucht, um offene Forderungen konsequent einzufordern. Aber auch die Sorge, einen Kunden zu verärgern, spielt immer wieder eine Rolle“, erklärt Jochen Böhm, Regional Risk

Underwriting Director bei Coface. 5,2% der befragten Unternehmen verzichten sogar vollständig auf eine direkte und gezielte Steuerung ihres Kreditrisikos. „Das ist unternehmerischer Blindflug oder Glücksspiel“, sagt Téva Perreau.

„Die deutsche Wirtschaft wird auch in diesem und im kommenden Jahr nicht ungeschoren davonkommen, wenn man die erheblich gestie genen globalen Risi-ken betrachtet“, meint Dr. Mario Jung. Neben dem anhaltenden Kriechgang der Emerging Markets seien es gerade die aus dem unmittel baren europäischen Umfeld stammenden politischen Risiken, die von den expor tierenden Unternehmen immer mehr wahrgenommen würden. Der Volks-wirt erwartet auch deshalb keine Verbes-serung im Zahlungsverhalten: „Mit Blick auf die kommenden zwölf Monate sind die Erwartungen über die Branchen hin-weg gemischt. Für den Unternehmens-sektor insgesamt dürfte der Umfang aus-stehender Zahlungen mehr oder weniger gleich bleiben.“

Die Studie kann über diesen Link heruntergeladen werden.

„Die deutsche Wirtschaft wird auch in diesem und im kommenden Jahr nicht ungeschoren davon kommen.“

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15 | ExportManager | Vernetzen Ausgabe 7 | 14. September 2016

Warmlaufen für den russischen Markt

Nach dem Einbruch der Ölpreise und der Verschlechterung der Handelsbeziehungen mit der EU durchlief die russische Wirtschaft 2015 eine harte Anpassungsphase. Inzwischen ist die konjunkturelle Talsohle erreicht, und die Wachstumsaussichten bessern sich. Das schlägt sich auch in den Auftragsbüchern deutscher Exporteure nieder: Russland steht vor dem Comeback. Nun suchen deutsche Unternehmen neue Ansätze, um die gute Zusammenarbeit mit Russland fortzusetzen.

Die Landtechnik macht es vor: Während der deutsche Maschinenexport nach Russland im ersten Halbjahr 2016 noch um gut 5% sank, zog der Verkauf von Landmaschinen und Traktoren dorthin bereits wieder an – wenn auch von einem sehr niedrigen Niveau kommend, wie VDMA-Geschäftsführer Dr. Bernd Scherer berichtet. Auch vor Ort können deutsche

Hersteller punkten: Im Juni erhielt der Landmaschinenhersteller Claas auf dem Petersburger Wirtschaftsforum die Aner-kennung als „russischer Betrieb“. Mit dem Sonderinvestitionsvertrag kommt das Unternehmen in den Genuss beachtlicher Wettbewerbsvorteile, da die Regierung seinen Kunden umfangreiche Zuschüsse und Steuererleichterungen gewährt.

Neue Ansätze gesucht

Lokalisierung ist im Trend. Deutsche Unternehmen vor Ort passen sich den veränderten Rahmenbedingungen an, um ihre Marktposition zu halten. Auch der in Russland stark engagierte Chemiekon-zern BASF baut seine Produktion vor Ort aus. Außer in der Öl- und Gassparte ist das

Unternehmen unter anderem in der Agrarchemie und der Bauchemie in Russ-land aktiv. Auf dem Petersburger Wirt-schaftsforum Mitte Juni verabredeten Norilsk Nickel und BASF eine langfristige Zusammenarbeit, in Podolsk hat das Unternehmen seine Produktpalette für die Bauindustrie erweitert. 2017 soll in Sankt Petersburg ein weiteres Werk für Bauchemikalien eröffnet werden.

Neue Ansätze im Russland-Geschäft ste-hen im Mittelpunkt eines Roundtables, den der ExportManager am 19. Septem-ber 2016 in der Pagode der F.A.Z. durch-führt. Dr. agr. Thomas Keller, der für die BASF Strategie und Marktentwicklung unter anderem in Russland koordiniert, spricht mit dem Vorstandsvorsitzenden der VTB Bank (Deutschland), Arthur Illyav, über Marktentwicklung, Restrukturierung und Lokalisierung in Russland. Unter anderem geht es um die Frage, wie deut-sche Unternehmen auf das veränderte Marktumfeld reagieren.

Dabei stellen sich rechtliche und steuerli-che Fragen, die Marc Batholomy, Partner

Klare Linien auf dem Roten Platz – auch im Geschäft mit russischen Partnern ist Geradlinigkeit gefragt.

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Gunther SchillingLeitender Redakteur ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

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bei Clifford Chance CIS, und Dr. Jochen Pörtge, Counsel bei Clifford Chance Deutschland, erörtern. Schließlich geben Anna V. Ponomareva, Managing Director Trade and Export Finance der JSC VTB Bank, und Thomas Baum, Head of Division Underwriting von Euler Hermes, einen Überblick über Finanzierungslösungen und Absicherung im Russland-Geschäft.

Exportabsicherung möglich

Vor allem bei der Finanzierung zeigen sich die negativen Auswirkungen der westli-chen Sanktionen gegen Russland. Im Zusammenhang mit der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland schränkte die EU am 31. Juli 2014 unter anderem den Zugang russischer Staatsbanken zu den Kapitalmärkten ein.

Doch nicht nur die Verfügbarkeit von Finanzierungslinien aus dem Ausland, sondern vor allem auch der Rückgang der Erlöse aus dem Ölexport und die Abwer-tung des Rubel ließen die russischen Importe sinken. In der Folgezeit ging der deutsche Handel mit Russland deutlich zurück. Parallel zu den geringeren Expor-ten verringerten sich auch die Exportde-ckungen des Bundes für Russland. Weiter-hin bleibt Russland jedoch eines der Län-der mit den höchsten von Deutschland übernommenen Deckungen.

Für die russische Wirtschaft sprechen einige positive Weichenstellungen, die ein stärkeres Wachstum der produzieren-

den Industrie ermöglichen. Nicht allein die Importsubstitution durch die Förde-rung der Inlandsproduktion, auch die durch die Abwertung des Rubel gestie-gene preisliche Wettbewerbsfähigkeit sowie die Ausweitung des Handels mit den Partnern der Eurasischen Wirtschafts-zone und China können Impulse geben. Doch die russische Industrie kann derzeit nur in wenigen Bereichen gegen westli-che und chinesische Konkurrenz beste-hen.

Deutsche Unternehmen sind daher als Modernisierungspartner in Russland hochwillkommen. Auf der Internationalen Wirtschaftskonferenz in Sankt Petersburg schwärmte BASF-Vorstandsmitglied Harald Schwager Mitte Juni von selbstfah-renden Traktoren und satellitengestützter Pestizidverteilung durch eine gemein-same Digitalisierung der Landwirtschaft.

Weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit für Unternehmens-vertreter zur kostenlosen Teilnahme halten wir unter www.exportmanager-online.de/roundtable bereit.

„Für die russische Wirtschaft sprechen einige positive Weichen­stellungen, die ein stärkeres Wachstum der produzierenden Industrie ermöglichen.“

MitveranstalterVeranstalter Veranstaltungspartner

Partner

1. Deutscher Exporttag 2016: Themenplattform für die Exportpraxis

www.deutscher-exporttag.de

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17 | ExportManager | Vernetzen Ausgabe 7 | 14. September 2016

EuroBLECH: Investitionen in neue Technologien

Die 24. Internationale Technologiemesse für Blechbearbeitung findet vom 25.–29. Oktober 2016 in Hannover statt. Im Fokus der Veranstaltung steht die innovative Produktion im Zeitalter fortschreitender Digitalisierung. Die EuroBLECH 2016 umfasst die gesamte Prozesskette der Blechbearbeitung. Mehr als die Hälfte der Aussteller unternehmen und mehr als ein Drittel der Besucher kommen aus dem Ausland.

Effizientere Blechbearbeitung

Zur Steigerung der Kosteneffizienz, Flexi-bilität und Prozessstabilität werden auf der EuroBLECH 2016 zahlreiche neue Lösungen entlang der gesamten Techno-logiekette der Blechbearbeitung angebo-ten. Insgesamt 1.550 Ausstellerunterneh-men aus 40 verschiedenen Ländern haben derzeit ihren Stand auf der welt-weiten Leitmesse für die blechbearbei-tende Industrie gebucht. Mit mehr als 89.000 qm Nettoausstellungsfläche belegt die Messe acht Hallen auf dem Messegelände in Hannover und kann gegenüber der Vorveranstaltung ein Flä-chenwachstum von gut 3% verbuchen.

Zu den Themenbereichen der EuroBLECH 2016 zählen alle Produktionsschritte der Blechbearbeitung: Halbzeuge, Zuliefer-teile, Handling, Trennen, additive Ferti-gung, Umformen, flexible Blechbearbei-tung, Fügen, Schweißen, Rohr-/Profil-bearbeitung, Verarbeitung hybrider Strukturen, Oberflächenbearbeitung, Werkzeuge, Steuerungs- und Regeltech-nik, CAD-/CAM-/CIM-Systeme, Qualitäts-

sicherung, Betriebseinrichtung und For-schung & Entwicklung. Die Messe wendet sich an alle, die Blech herstellen, verarbei-ten oder damit handeln. Wichtige Bran-chen, die auf der Besucherseite vertreten sind, sind neben vielen anderen der Maschinenbau, die Automobilindustrie und ihre Zulieferer, Elektrotechnik- und Elektrogeräte, Stahl- und Leichtmetallbau sowie die Eisen- und Stahlgrundindus-trien.

Im Interview erklärt Susanne Neuner, PR & Marketing Director beim Veranstalter der EuroBLECH, Mack Brooks Exhibitions, Bedeutung und Entwicklung der Messe:

➤2 Welchen Status hat die EuroBLECH in der Branche?

➤� Für Branchenspezialisten ist die Euro-BLECH als internationale Leitmesse für die blechbearbeitende Industrie ein wichti-

ger Impulsgeber für technologische Neu-erungen sowie ein Konjunkturbarometer der weltweiten Märkte. Durch die erneut sehr hohe Internationalität ermöglicht die EuroBLECH 2016 den Unternehmen, ihre Position im globalen Wettbewerb einzu-ordnen, sich eventuell neu auszurichten und ihre Produkte entsprechend den unterschiedlichen Bedarfen in verschie-denen Märkten herzustellen.

➤2 Welche Veränderung gibt es im Ver-gleich zur letzten Veranstaltung bei der Ausstellerpräsenz und den Themen?

➤� Viele Unternehmen präsentieren sich dieses Jahr auf vergrößerten Standflä-chen, und wir verzeichnen einen erhöh-ten Anteil von 20% an Neuausstellern. Dass die Aussteller noch mehr Produkte auf erweiterten Messeständen vorführen und auch viele neue Unternehmen auf der Messe vertreten sind, zeigt, dass die Blechbearbeitung eine Branche ist, die sich dynamisch weiterentwickelt. Ein übergreifend wichtiger Wandel, der sich seit der letzten Veranstaltung nun konkre-tisiert hat, ist sicherlich die Verknüpfung

Blechbearbeitung mit digitaler Kommunikation – die EuroBLECH erschließt neue Technologien.

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Susanne NeunerPR & Marketing Director,Mack Brooks Exhibitions

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18 | ExportManager | Vernetzen Ausgabe 7 | 14. September 2016➤

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Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.transatlantikkonferenz.de

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The Transatlantic Marketplace 2016:Leadership in a Challenging World

Erfahrungsaustausch, Strategien und Impulse für die wirtschaftliche und politische PartnerschaftDas beschäftigt uns in diesem Jahr: Nach den Präsidentschaftswahlen – neue Impulse für die

transatlantische Partnerschaft? Der europäische Traum – Stärke durch Integration Go digital! – Geschäftsmodelle im Wettbewerb

10. Transatlantische JahreswirtschaftskonferenzErfahrungsaustausch, Strategien und Impulse für die wirtschaftliche und politische Partnerschaft

9./10. November 2016Commerzbank Tower, Frankfurt am Main • Hilton Frankfurt Airport, Frankfurt am Main

von Produktionsprozessen mit dem Inter-net. Hier können sich Besucher auf erste anwendbare Lösungen freuen und anhand von Livepräsentationen einen Blick in die Zukunft werfen.

➤2 Wie schätzen Sie die allgemeine Kon-junktur in der Branche ein?

➤� Insgesamt herrscht in der Branche eine positive Stimmung. Neue Technolo-gien rund um das Thema smarte Ferti-gungsprozesse sind die Treiber dafür, dass Unternehmen ihre Fertigungssysteme auf- und umrüsten und sich damit einen Wettbewerbsvorsprung sichern. Das Thema ist zwar momentan noch in erster Linie für Firmen aus den technologisch hochentwickelten Ländern relevant beziehungsweise für Unternehmen, die Highendprodukte fertigen, aber auch Branchenvertreter aus Schwellenmärkten sind am Trend zur steigenden Digitalisie-rung in der Fertigung durchaus interes-siert, denn auch sie suchen Ansatzpunkte, um von den neuen Technologien zu profi-tieren. Es herrscht also derzeit eine Art technologisch motivierter Aufbruchs-stimmung in der Branche.

➤2 Wie stellt sich die Internationalisie-rung der Messe dar, wie entwickeln sich die einzelnen Märkte?

➤� Bei den Ausstellern setzt sich der Trend zur weiteren Internationalisierung fort; der Auslandsanteil der Ausstellerfirmen ist über die Jahre kontinuierlich gewach-

sen. Ein Grund: Ausstellerfirmen aus Län-dern, in denen die Binnenkonjunktur eher schwach ist, wie beispielsweise Italien, nutzen die Messe als Plattform für neue internationale Geschäftskontakte. Firmen aus aufstrebenden Märkten wie China oder auch Unternehmen aus den USA stellen aus, um sich im wichtigen europäi-schen Markt zu positionieren.

Der Anteil an internationalen Besuchern ist ebenfalls über die Jahre stetig ange-wachsen. Besuchern der EuroBLECH, egal ob sie aus Deutschland oder Übersee kommen, geht es darum, die richtige Fer-tigungslösung für ihr Unternehmen und ihre Abnehmermärkte zu finden. Keine andere Messe in dieser Branche bietet ein so großes, umfassendes Angebot, das von Hightechprodukten bis hin zu traditionel-len Systemen reicht.

Auf den Weltmärkten lassen sich derzeit einige Verschiebungen beobachten, die die Branche betreffen. China holt techno-logisch weiter auf, es besteht dort aber andererseits in vielen Bereichen noch enormer Importbedarf, zum Beispiel bei der Automationstechnologie. Märkte, die vor einigen Jahren als sehr vielverspre-chend galten, wie Brasilien und Russland, sind momentan zurückgefallen. Aber es sind auch neue Märkte im Entstehen, zum Beispiel in Südostasien. In Ländern wie Indonesien oder Thailand ergeben sich für die Branche vielversprechende Geschäftsmöglichkeiten.

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19 | ExportManager | Finanzieren Ausgabe 7 | 14. September 2016

Erfolgsfaktor Trade-Receivables-Management

In einem stetig wachsenden, internationalen Markt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihr Kapital möglichst effizient einzusetzen. Sie kaufen Waren und Dienstleistungen von ihren Lieferanten, müssen gegebenenfalls die Produktion bzw. die Lager-haltung übernehmen und das (End-)Produkt wiederum gewinnbringend an ihre Abnehmer verkaufen. Dieser Prozess bindet Liquidität, die für andere Verwendungszwecke nicht zur Verfügung steht.

Optimierung der Liquiditäts­steuerung und des Risikomanage­ments

Der betriebliche Wertschöpfungsprozess bindet einen Großteil wertvoller Liquidi-tät im Unternehmen, die ansonsten z.B. für wichtige Investitionen verwendet wer-den könnte. Die Liquidität ist im Rahmen dieser komplexen Wertschöpfungspro-zesse so lange gebunden, bis der Erlös aus dem Verkauf auf dem Konto der Unter-nehmen eingeht.

Von den Vertragsverhandlungen mit den Geschäftspartnern bis hin zum Geldein-gang ist daher ein effizientes Liquiditäts- und Risikomanagement von großer Bedeutung. Für Unternehmen mit inter-nationaler Ausrichtung stellt sich dieses Thema noch komplexer dar.

Gefragt sind Finanzierungslösungen, die die klassische Kreditaufnahme ergänzen sowie Sicherheit und Liquidität ideal kom-binieren. Damit können die Position gegenüber den Geschäftspartnern im In- und Ausland verbessert, die Wettbe-

werbsfähigkeit gestärkt, die Liquiditäts-beschaffung beschleunigt und Ausfallrisi-ken reduziert werden.

Optimierung von Trade Receivables

Die entstehenden Forderungen aus Liefe-rung und Leistung von erfolgten Waren- oder Dienstleistungsverkäufen (Trade Receivables) werden häufig erst zu einem vereinbarten späteren Zeitpunkt begli-

chen. Als Folge dessen kann es zu Liquidi-tätsengpässen kommen, bei denen u.a. folgende Fragen zu berücksichtigen sind:

➤➤ Wie lang ist das gegenüber dem Abnehmer eingeräumte Zahlungsziel?

➤➤ Bezahlt der Abnehmer seine Rech-nung pünktlich bei Fälligkeit, oder ver-längert er „eigenmächtig“ das grund-geschäftlich vereinbarte Zahlungs-ziel?

➤➤ Wie kann dieses Zahlungsziel verkürzt werden, möglichst ohne dem Abneh-mer Preiszugeständnisse machen zu müssen?

➤➤ Welche Herausforderungen und Risi-ken sind bei einer zunehmenden Internationalisierung des Handels/Verkaufs zu berücksichtigen?

Mit dem Forderungsverkauf, z.B. an Ban-ken, kann – bei gleichbleibender Laufzeit der ausstehenden Forderungen – der Finanzierungsbedarf des Verkäufers redu-ziert werden, ohne hierfür dem Abneh-mer Preiszugeständnisse, wie etwa in Form von Boni oder Skonti, machen zu müssen.

Generell sind sowohl ein einmaliger als auch ein revolvierender Verkauf der For-derungen möglich. Dabei können über ein Forderungsankaufsprogramm unter-schiedliche Größenordnungen der Einzel-rechnungsbeträge dargestellt werden. Auch evtl. bestehende Sicherheiten wie Dokumentenakkreditive, Garantien bzw. Stand-by-L/Cs (Letters of Credit) oder

Je länger der Wertschöpfungsprozess dauert, umso mehr Liquidität wird in der Regel benötigt.

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Peter TinneyProduktspezialist Trade Finance, Deutsche Bank AG

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20 | ExportManager | Finanzieren Ausgabe 7 | 14. September 2016➤

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Veranstaltung:6. Thementag

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(staatliche) Warenkreditversicherungen können in die Strukturierung miteinbezo-gen werden.

Die durch den Forderungsverkauf erziel-ten Liquiditätseffekte können dem Ver-käufer dabei helfen, Finanzierungen bei Dritten zu reduzieren, wodurch er seine Liquiditätsquellen breiter streuen kann.

Zudem ist eine Verbesserung der Unter-nehmenskennzahlen möglich, da die Forderung i. d. R. regresslos verkauft wird und somit nicht mehr in der Bilanz erscheint (True Sale).

Des Weiteren sichert sich der Verkäufer zusätzlich gegen Abnehmer- und Länder-risiken ab. Ein solcher regressloser Forde-rungsverkauf reduziert die Risiken eines Forderungsausfalles und eröffnet die Chance, ohne eigene Übernahme dieser Risiken neue Absatzmärkte zu erschlie-ßen.

Nicht zu vernachlässigen sind auch mögli-che positive Auswirkungen auf die Ver-käufer-Abnehmer-Beziehung. Diese kann durch eine solche Abnehmerfinanzierung

und evtl. daraus entstehende Zahlungs-zielverlängerungen gestärkt werden.

Beispiel: längere Zahlungsziele als Verkaufsargument

Ein deutsches Unternehmen mit einem saisonal schwankenden Forderungsvolu-men verkauft seine Waren innerhalb Westeuropas, aber auch weltweit, teil-weise abgesichert durch eine WKV (Warenkreditversicherung). Der Umsatz beträgt 60 Mio EUR p.a., die Hälfte des jährlichen Umsatzes generiert das Unter-nehmen in den Monaten August bis Okto-ber, jeweils 10 Mio EUR pro Monat.

Mit Blick auf den Wettbewerb sowie die Geschäftsbeziehungen mit den Abneh-mern möchte das Unternehmen längere Zahlungsziele (von durchschnittlich 90 Tagen) gewähren. Auf der Einkaufsseite muss jedoch innerhalb von 30 Tagen an die Lieferanten gezahlt werden, so dass mindestens 60 Tage bis zum Eingang der Verkaufserlöse zu überbrücken sind. Eine Ausweitung der eigenen Kreditlinie bei den Banken ist nicht ohne weiteres mög-lich. Das Unternehmen möchte sich darü-ber hinaus gegen die entstehenden Abnehmer- und Länderrisiken absichern.

Lösung: Forderungsverkauf

Das Unternehmen verkauft einen Teil sei-ner Forderungen aus Lieferungen an die Bank. Um das Volumen der Forderungen trotz der saisonalen Schwankungen über

das Jahr hinweg konstant zu halten, passt das Unternehmen das zu verkaufende Forderungsvolumen entsprechend an. Dadurch kann das Unternehmen seinen Abnehmern längere Zahlungsziele gewähren und die Geschäftsbeziehungen auch wettbewerbsbedingt stärken.

Durch den revolvierenden Forderungs-verkauf kann die Bilanzposition „Forde-rungen aus Lieferung und Leistung“ ent-sprechend gesenkt werden. Ggf. können auch Unternehmenskennzahlen (z.B. DSO) generell verbessert werden.

Fazit

Dieses Beispiel verdeutlicht mögliche positive Auswirkungen eines professio-nellen Trade-Receivables-Managements. Insbesondere die flexible Ausgestaltung bzw. Strukturierung eines solchen Forde-rungsankaufsprogramms ermöglicht eine Lösung, die unter Berücksichtigung bestimmter Parameter individualisiert von Unternehmen eingesetzt werden kann.

Insbesondere bei exportierenden Unter-nehmen, die weltweit tätig sind, bietet sich die Zusammenarbeit mit einem Finanzpartner mit internationalem Netz-werk, ausgeprägtem Know-how und langjähriger Erfahrung im Bereich Forde-rungsankauf an.

„Die durch den Forderungsverkauf erzielten Liquiditätseffekte können dem Verkäufer dabei helfen, Finan­zierungen bei Dritten zu reduzieren, wodurch er seine Liquiditätsquellen breiter streuen kann.“

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21 | ExportManager | Finanzieren Ausgabe 7 | 14. September 2016

Finanzierungslösung für längere Zahlungsziele

In der Exportfinanzierung gewinnt der Faktor Zeit zunehmend an Bedeutung. Der Trend geht derzeit in vielen Ländern Europas hin zu einer Verlängerung der Zahlungsziele, da vor allem mittelständische Unternehmen aufgrund schwieriger Finanzierungs-bedingungen vermehrt Lieferantenkredite nutzen. Mit Finetrading können Exporteure ihren Abnehmern großzügige Zahlungs-fristen gewähren, ohne erhöhte Ausfallrisiken in Kauf nehmen zu müssen.

Die Konjunktur in den europäischen Län-dern zeigt sich derzeit alles andere als homogen: Während Deutschland dank eines soliden Wirtschaftswachstums und niedriger Arbeitslosenquote zuletzt einen Haushaltsüberschuss ausweisen konnte, haben andere Länder wie Frankreich oder Italien mit wirtschaftlicher Stagnation und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen.

Das wirkt sich auch auf das Zahlungsver-halten aus, das auf europäischer Ebene regelmäßig von der Finanzdienstleis-tungsgruppe EOS untersucht wird. Der aktuellen EOS-Studie zum Zahlungsver-halten in Europa zufolge ist zu befürchten, dass sich die Zahlungsmoral in etlichen EU-Ländern nach einer positiven Entwick-

lung in den vergangenen Jahren nun wie-der verschlechtern könnte.

Noch hat sich die Zahlungsmoral im euro-päischen Durchschnitt nicht entschei-dend verschlechtert – allerdings mehren sich die dunklen Wolken am Horizont. In Westeuropa wurden zuletzt 80%, in Ost-europa 74% der Rechnungen pünktlich bezahlt. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies in beiden Hälften Europas ein leichter Rückgang um jeweils 1 Prozentpunkt. Beim Blick auf die Forderungsausfälle leuchten in Griechenland, Ungarn und der Slowakei Warnsignale: Während im europäischen Durchschnitt die Ausfall-quote bei 3% liegt, hat sich in diesen drei Ländern der Anteil der Forderungsaus-fälle auf 5% erhöht.

Nur in Spanien verkürzen sich die Zahlungsfristen

Dazu kommt, dass beim Einräumen von Zahlungszielen auf Seiten der Gläubiger eher ein Trend zur Großzügigkeit zu beob-achten ist. Europaweit verlängerten sich die durchschnittlichen Zahlungsziele um

zwei Tage auf nunmehr 36 Tage. Beson-ders auffällig ist die Verlängerung in Ungarn, wo Unternehmen ihren Kunden jetzt eine sieben Tage längere Zahlungs-frist einräumen als zuvor. Auch in Großbri-tannien ist mit einem Plus von vier Tagen auf durchschnittlich 35 Tage eine großzü-gigere Haltung der Lieferanten zu beob-achten. Rückläufig ist die Entwicklung nur in Spanien, wo sich die durchschnittliche Zahlungsfrist um zwei Tage auf 40 Tage verkürzt hat.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Erwartungen an die künftige Entwicklung der Zahlungsmoral eingetrübt. Nur noch eines von vier Unternehmen geht davon aus, dass sich die Zahlungsmoral seiner Kunden verbessern wird. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein Rückgang um 4 Prozentpunkte.

Lieferantenkredit als Alternative zur Bankfinanzierung?

Bei der Nennung von Gründen für Zah-lungsverzug finden sich die Angaben, die man üblicherweise vermutet: Am häufigs-

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Dirk Oliver HallerVorstandsvorsitzender, DFT Deutsche Finetrading AG

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Zeit ist Geld! Gut, wenn man

sich Zeit lassen kann und

trotzdem sein Geld bekommt.

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22 | ExportManager | Finanzieren Ausgabe 7 | 14. September 2016➤

ten geben Geschäftskunden Liquidi-tätsengpässe als Grund für verspätete Zahlungen an, als weitere Gründe werden unter anderem Zahlungsausfälle bei eige-nen Kunden, die aktuelle Konjunktur und rückläufige Aufträge genannt. Den größ-ten prozentualen Zuwachs verzeichnet mit einem Plus von 4 Prozentpunkten auf 31% die Begründung, Lieferantenkredite durch ein möglichst langes Hinausziehen der Zahlung ausnutzen zu wollen.

Die Ausdehnung bei der Inanspruch-nahme von Lieferantenkrediten deutet darauf hin, dass trotz Niedrigzinsen die Suche nach Kreditgebern für viele Unter-nehmen in Europa ein schwieriges Unter-fangen bleibt. Davon betroffen sind vor allem kleine und mittelgroße Unterneh-men, denen im Vergleich zu Großkonzer-nen der Zugang zu kapitalmarktbasierten Finanzierungen verschlossen ist.

Während der deutsche Mittelstand der-zeit überwiegend einfachen Zugang zu Bankkrediten hat, sieht es vor allem in südeuropäischen Ländern anders aus – dort leiden oftmals gerade die kleineren Banken, die traditionell Geldgeber des Mittelstands sind, unter Kapitalknappheit, Kreditausfällen und den verschärften Regulierungsvorschriften.

Auswirkung auf Exportunternehmen

Für mittelständische Betriebe in Deutsch-land, die an ebenfalls mittelständische

Abnehmer in anderen EU-Ländern liefern, können sich diese Trends auf die Export-aktivitäten auswirken. Zum einen stellt sich die Frage, wie der Exporteur mit län-ger werdenden Zahlungszielen umgeht – denn daraus resultiert letztlich ein höhe-rer Vorfinanzierungsbedarf für die Abwicklung von Exportaufträgen. Zum anderen wird es für Abnehmer in einigen EU-Ländern zunehmend schwierig, für die Finanzierung eines größeren Einkaufsvo-lumens einen Kreditgeber zu finden. Das kann dazu führen, dass größere Aufträge in finanzierbare Tranchen aufgesplittet werden, was jedoch sowohl für den Abnehmer wie auch für den Lieferanten weniger effizient ist als eine größere Kom-plettlieferung.

Exportunternehmen, deren Kunden schwerpunktmäßig aus mittelständi-schen Betrieben bestehen, sollten daher überlegen, ob es nicht sinnvoll sein kann, dem Auslandskunden nicht nur die Liefe-rung der Waren, sondern dazu gleich auch eine passende Finanzierungslösung mit anzubieten. Wird dabei kein externer Finanzierungspartner mit einbezogen, besteht die Lösung zumeist darin, dem Abnehmer ein verlängertes Zahlungsziel oder die Begleichung der Rechnung in mehreren Raten anzubieten. Dabei erhöht sich jedoch nicht nur der Bestand an offenen Forderungen in der betriebswirt-schaftlichen Auswertung, sondern auch das Ausfallrisiko – denn dieses steigt im Regelfall an, wenn sich die Zahlungs-fristen verlängern oder der Lieferant über

die Ratenzahlung praktisch zum Kredit-geber wird.

Auslagerung der Finanzierung

Vor diesem Hintergrund erscheint es meist empfehlenswert, die Finanzierung mitsamt den damit verbundenen Risiken an einen externen Partner auszulagern. Bei Exportgeschäften kommt jedoch die Hausbank kaum in Frage, da diese dann einen neuen Geschäftskunden im Aus-land aufnehmen müsste – für die im Mit-telstand besonders stark präsenten Spar-kassen und Genossenschaftsbanken wäre dies schon allein wegen des Regionalprin-zips von vornherein ausgeschlossen.

Als Alternative zu einer Bank als Kreditge-ber kann auch eine Finetrading-Finanzie-rung als bankenunabhängige Lösung in Betracht gezogen werden. Bei Finetrading handelt es sich um ein einfach zu handha-bendes Finanzierungsmodell, das auf einem Handelsgeschäft anstatt auf einem Kreditvertrag beruht. Der Finetrader wird als Zwischenhändler in das Exportge-schäft eingebunden, indem er die Waren vom Exporteur erwirbt und sie im glei-chen Zuge an den Abnehmer weiterver-äußert. Die Finanzierung erfolgt dabei über die unterschiedlichen Zahlungsziele: Während der Finetrader die Rechnung des Lieferanten sofort begleicht, kann sich der Abnehmer mit der Bezahlung bis zu sechs Monate Zeit lassen. Bei Investiti-onsgütern ist ein Zahlungsziel von zwölf Monaten möglich.

Flexible Einsatzmöglichkeiten

Je nach Art der Geschäftsbeziehung kön-nen über Finetrading wahlweise einzelne Exportgeschäfte finanziert oder Finanzie-rungslinien eingerichtet werden. Letztere können innerhalb des Finanzierungsrah-mens flexibel in Anspruch genommen werden und funktionieren damit ähnlich wie ein klassischer Kontokorrentkredit.

Da der Finetrader als Zwischenhändler nur die Finanzierungsfunktion über-nimmt, können Lieferant und Abnehmer wie gewohnt ihre Preis- und Liefermodali-täten untereinander aushandeln. Auch die physische Lieferung der Ware erfolgt direkt vom Lieferanten an den Abnehmer.

Gerade für mittelständische Exportunter-nehmen bietet Finetrading neben der ein-fachen Handhabung und der sofortigen Generierung von Liquidität noch einen weiteren Vorteil: Befindet sich der Sitz des Finetraders in Deutschland, kann aus Sicht des Verkäufers die Transaktion wie ein Inlandsgeschäft abgewickelt werden.

Weil der Finetrader die Bonitätsprüfung des im Ausland ansässigen Abnehmers übernimmt, braucht der Exporteur keine eigene Länderexpertise aufzubauen. Für viele mittelgroße Exportunternehmen kann dieses Modell somit den Weg für Exportgeschäfte bereiten, die ansonsten aufgrund eines erschwerten Kreditzu-gangs des Kunden im Ausland schwierig zu realisieren wären.

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Trade-Compliance im Asien-Export

Der deutsche Handel mit Asien hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt und nimmt weiter zu. Vor allem der chinesische Markt bietet weiterhin gute Absatzchancen. Trotz schwächeren Wachstums ist China der stärkste Treiber der Weltwirtschaft. In Asien können möglicherweise Präferenzabkommen und Zollvergünstigungen in Anspruch genommen werden. Doch es lauern auch Risiken, gegen die sich Exporteure wappnen sollten, um stets rechtskonform zu handeln.

Um das Asien-Geschäft nachhaltig und gewinnbringend zu betreiben, sind gute Kenntnisse der vielfältigen, zum Teil sehr unterschiedlichen asiatischen Volkswirt-schaften, der politischen Entwicklungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in diesen Ländern unerlässlich. Aber auch die deutschen Ausfuhrvorschriften für die Zielmärkte sollten bekannt sein.

Beim Export nach Asien gilt zunächst der Grundsatz des freien Warenverkehrs. Allerdings unterliegt der Handel mit ver-schiedenen Ländern zum Schutz von außen- und sicherheitspolitischen Inter-essen gewissen Beschränkungen (z.B. Myanmar). Wer mit Firmen in Asien han-delt, muss eigenverantwortlich sicherstel-len, dass das Exportkontrollrecht und andere handelsrelevante Gesetze und Vorschriften eingehalten werden.

KMUs gehen ihre internationale Expan-sion meist chancenorientiert an und ver-nachlässigen dabei die damit verbunde-nen Risiken. Gesetzesverstöße können aber weitreichende Folgen haben. Der Ruf eines Unternehmens ist schnell rui-

niert. Märkte können verloren, Bewilli-gungen entzogen werden. Es kommt zu Verzögerungen bei der Ausfuhr und Zoll-abwicklung mit negativen Konsequenzen für Liefertermine. Dazu kommen straf-rechtliche Risiken für einzelne Mitarbeiter und das Unternehmen. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes riskant, erst dann zu agieren, wenn das Kind in den Brunnen

gefallen ist. Die Exportkontrolle und das Risikomanagement im Unternehmen soll-ten daher Chefsache sein.

Schritt für Schritt

Was genau müssen Unternehmen tun, um regelkonform zu exportieren? Erste Schritte sind eine fundierte Stamm-

datenaufbereitung und die Zuordnung von Zolltarif- und Exportkontroll-Güter-listennummern. In einem zweiten Schritt sollte geklärt werden, ob es sich bei der zu exportierenden Ware um ein kritisches Gut (z.B. ein Produkt mit doppeltem Verwendungszweck, Dual-Use-Güter) handelt. Dann muss untersucht werden, ob Embargos und damit Verbote oder Genehmigungspflichten für das Ziel- land bestehen. Anschließend sollten eine Prüfung des Endverwendungszwecks vorgenommen und ggfs. eine Ausfuhr- und Durchfuhrgenehmigung eingeholt werden. Schließlich muss ein Sanktions-listenscreening für den Endabnehmer, Zwischenhändler respektive Spediteure im Zielland durchgeführt werden. Hier ist es ratsam, neben den Sanktionslisten der EU und UNO auch die US-amerikanischen Listen zu beachten. Denn wer gegen personen- bzw. organisationsbezogene Sanktionslisten verstößt, läuft Gefahr, selbst auf einer der „schwarzen Listen“ zu landen.

Besondere Aufmerksamkeit sollten Fir-men außerdem dem US-Reexport-Kon-

Bei der Geschäftstätigkeit in und mit Asien sollten Regeln und Rechte sorgfältig geprüft werden.

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Kai SchwabSales Director Germany, Amber Road Inc.

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trollrecht schenken, denn dieses bean-sprucht extraterritoriale Geltung. Unter-nehmen, die US-Waren kaufen und weitervertreiben, in ihre Produkte ein-bauen oder US-Technologien verwenden, sollten daher genau prüfen, ob bei einer Lieferung zusätzlich das US-Recht beach-tet werden muss.

Zu guter Letzt sollte der Exporteur respek-tive sein Kunde untersuchen, ob er even-tuell von einem Präferenzabkommen pro-fitieren und Zollvergünstigen in Anspruch nehmen kann.

IT­gestützt

Unternehmen, die nur wenige Außenhan-delstransaktionen pro Jahr durchführen, können sich selbst oder mit Hilfe des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr-kontrolle) einen Überblick über die rele-vanten Exportvorschriften verschaffen. Je höher die Zahl der Transaktionen, umso aufwendiger werden jedoch die Suche und Kontrolle, zumal häufige Ergänzun-gen und Aktualisierungen die Komplexi-tät der Exportregularien kontinuierlich steigern.

Verschiedene Softwarehäuser bieten IT-Lösungen an, die die Suche nach der rich-tigen Zolltarifnummer und Exportkon-troll-Güterlistennummer unterstützen. Nur so ist erkennbar, ob für eine Ware Verbote und Beschränkungen bei der Ausfuhr bestehen. Bei der Länderprüfung hilft die Software, indem Lieferungen in

Embargoländer gesperrt werden und nur durch einen festgelegten Personenkreis, wie z.B. den Compliancemanager, aufge-hoben werden können. Sanktionslisten-prüfungen sollten in jedem Fall elektro-nisch durchgeführt werden; denn ein manueller Abgleich mit inzwischen über 300 Listen weltweit ist praktisch unmög-lich.

Ausgefeilte Systeme informieren ein Unternehmen nicht nur, welche Vorschrif-ten bei der Ausfuhr zu beachten, welche Dokumente notwendig sind und welche Handelsabkommen genutzt werden kön-nen. Sie zeigen dem Nutzer auch, wo für ihn als Industrie- und Handelsunterneh-men oder Logistikdienstleister, insbe-sondere als AEO, Risiken bestehen. Und sie dokumentieren die firmeninternen Exportkontrollen für Behördennachfra-gen. Ferner lassen sie sich in CRM-, ERP- und Logistiksysteme integrieren.

Asien­Spezialist

Speziell für den Handel aus und nach China bietet Amber Road die webbasierte On-Demand-Lösung, „China Trade Management“, an, die die Automatisie-

rung sämtlicher Import- und Exportpro-zesse und deren vollständige Integration in ein globales Supply-Chain-Manage-ment ermöglicht. Komplexe und regional unterschiedliche behördliche Auflagen für Ein- und Ausfuhren sowie Veredlungs-verkehre und elektronische Zollabwick-lung werden lückenlos erfüllt. Die Lösung hilft außerdem, die Vorteile von Freihan-delsabkommen, Freihandels- und Indus-triezonen sowie Freihäfen auszuschöpfen. Sie lässt sich schnell und kostengünstig implementieren und generiert sofort einen Mehrwert in Form von Prozessbe-schleunigung und Zolleinsparungen.

Die Lösung wurde inzwischen auf vier weitere asiatische Länder erweitert: Indien, Südkorea, Thailand und Singapur. Amber Roads „China respektive Asia Trade Management“ ist Teil einer umfassenden Global-Trade-Management-Plattform „Trade Automation15“. Diese unterstützt Firmen beim Export und der häufig kom-plizierten Zollabwicklung in asiatischen Ländern. Amber Road kann hier mit sei-nem Know-how, seiner jahrelangen Erfah-rung und guten Beziehungen zu Zollbe-hörden punkten.

Zum Ziel

Stets rechtskonform zu handeln, d.h., compliant zu sein, und die Exportkontrol-len in den betrieblichen Alltag zu integrie-ren, ist keine einfache Aufgabe. Es bedarf einer stringenten Ablauforganisation, um sicherzustellen, dass Verbote, Genehmi-

gungs- und sonstige Pflichten eingehal-ten werden. In fast jeder Abteilung gibt es Tätigkeiten, die zur Exportkontrolle zäh-len. Der Vertrieb muss wissen, welche Länder kritisch sind. Techniker müssen hinzugezogen werden, wenn es um die Klassifizierung von Gütern geht. Sachbe-arbeiter in der Auftragsabwicklung müs-sen Kunden und Dienstleister mit den Sanktionslisten abgleichen. Und der Ein-kauf sollte bereits bei der Rohstoff- und Komponentenbeschaffung die Klassifizie-rung der Ware im Blick haben. Die Mitar-beitenden müssen die geltenden Gesetze kennen, verstehen und befolgen und sich kontinuierlich über Änderungen im Außenwirtschaftsrecht informieren.

Fazit

Für den Erfolg im Asien-Export braucht es ein proaktives Vorgehen, um eine rechts-konforme Lieferfähigkeit zu gewährleis-ten. Reaktives Risikomanagement reicht nicht aus. International tätige Handels- und Industrieunternehmen können ihre Außenhandelsrisiken durch Prozessauto-matisierung verringern. Sie können zu-dem ihre Wettbewerbsposition durch das systematische Ausschöpfen von Handels-vorteilen durch Präferenzabkommen ver-bessern. Je größer das Unternehmen, umso größer der Handlungsdruck.

Weitere wertvolle Informationen zum Thema China und Asien finden Sie HIER.

„Exporteur und Kunde sollten prüfen, ob sie eventuell von einem Präferenzabkommen profitieren und Zollvergünstigungen in Anspruch nehmen können.“

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Technologietransfer in der Exportkontrolle

Im Juli veröffentlichte das BAFA eine überarbeitete Fassung des Merkblatts „Technologietransfer und Non-Proliferation“ als Leitfaden für Industrie und Wissenschaft, welches das vorherige Merkblatt aus dem April 2011 ablöst. Neben redaktionellen Änderungen, die durch die Novelle des Außenwirtschaftsrechts zum 1. September 2013 notwendig waren, wurde inhaltlich zwar wenig verändert. Neu ist jedoch, dass das Thema Cloud-Computing aufgenommen und ausführlich vom BAFA behandelt wurde.

Risko Technologietransfer

Das nach eigener Aussage des Bundes-amtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) durch seine Komplexität geprägte Thema „Technologietransfer“ stellt Unter-nehmen in der Praxis häufig vor Prob-leme. Der Anwendungsbereich der Ex-portkontrolle in Bezug auf das Know-how eines Unternehmens erscheint vielfach nebulös: Was ist etwa zu beachten, wenn Mitarbeiter aus der Forschung und Ent-wicklung oder dem Kundenservice bei einer Auslandsreise sensitive Informatio-nen „im Kopf“, auf Papier, auf einem Lap-top, USB-Stick etc. dabei haben, um im Ausland einen Vortrag zu halten oder eine Reparatur durchzuführen? Ist es export-kontrollrelevant, wenn nur über das Tele-fon und innerhalb ein und desselben Unternehmens Informationen übermit-telt werden, die der Empfänger mögli-cherweise aufzeichnet oder sich hand-schriftlich notiert? Oder was ist, wenn aus dem Ausland aufgrund von länderüber-greifenden Projekten per Intranet auf Technologien unbeschränkt zugegriffen werden kann?

Auf alle diese Fragen hat die Export-kontrolle zwar Antworten, aber manche Antworten und Sichtweisen mögen für Unternehmen, die sich bisher nicht intensiver mit diesem Thema beschäftigt

haben, überraschend sein. Der nach-folgende Beitrag soll Unternehmen für den Technologietransfer in der Export-kontrolle sensibilisieren und die Paralle-len und Unterschiede zur klassischen

Exportkontrolle aufzeigen sowie Praxis-tipps zum Einstieg geben.

Der Güterbegriff in der Exportkontrolle

Der Güterbegriff in der Exportkontrolle umfasst neben (physischen) Waren auch Technologie und Software. Die Kontrolle des Technologietransfers verfolgt schon daher per se die gleichen Ziele und folgt

denselben Prinzipien wie die Export-kontrolle im „klassischen“ Warenverkehr. Bei der Exportkontrolle geht es um die Verhinderung der Verbreitung von Mas-senvernichtungswaffen und um die Kon-trolle des Versands kritischer Güter und Exportkontrolle bezieht sich nicht nur auf Produkte und Materialien, auch das Know-how kann sensibel sein.

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Axel KrauseRechtsanwalt, Diplom-Finanzwirt (Zoll), Graf von Westphalen

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„Unternehmen, die mit gelisteten Waren umgehen, sollten auch entsprechende Kontrollen zur Überwachung der mit diesen Waren verbundenen Technologien organi­sieren, um so Compliancerisiken zu vermeiden.“

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Technologie in sensitive Länder. Techno-logie ist definiert als das „spezifische tech-nische Wissen, das für die Entwicklung, Herstellung oder Verwendung eines Pro-dukts nötig ist.“

Aus Sicht der Exportkontrolle gilt es daher nicht nur zu verhindern, dass (a) kritische Waren in die falschen Hände geraten, son-dern auch – was noch viel schwerer wie-gen würde –, dass (b) die Technologie für die Entwicklung, Herstellung und Ver-wendung kritischer Waren in solche fal-schen Hände gerät. Würde Letzteres pas-sieren, wäre es dem Empfänger überlas-sen, unbegrenzt Nutzen daraus zu ziehen (Multiplikatoreffekt) und mit diesem Know-how kritische Waren selbst zu pro-duzieren.

Eigenverantwortlichkeit

Wie in der „klassischen Exportkontrolle“ für Waren gilt auch für den Technologie-transfer das Prinzip der Eigenverantwort-lichkeit. Dadurch werden Unternehmen angehalten, entsprechende Compliance-prozesse vorzuhalten, die sicherstellen, dass es zu keinen ungenehmigten oder gar verbotenen Handlungen durch sie kommt.

Rechtlich verantwortlich für die Organisa-tion solcher Complianceauf gaben sind die Geschäftsführung bzw. der Vorstand. Wurde gegenüber dem BAFA ein Ausfuhr-verantwortlicher aus der Geschäftsfüh-rung/dem Vorstand benannt, so ist diese

Person persönlich verantwortlich. Dieser Verantwortung kommen diese Personen nach, wenn sie sich der Organisation auch annehmen, indem sie sich bei der Aus-wahl des Personals für die Exportkon-trolle, seiner Weiterbildung, der Aufbau- und Ablauforganisation und seiner Über-wachung entsprechend einbringen. Diese Personen haben somit eine Schlüssel-funktion, deren Nicht- oder Schlechterfül-lung bei Verstößen u.a. sowohl bußgeld- als auch strafrechtliche Konsequenzen für sie haben kann.

Praktische Besonderheiten beim Technologietransfer

Auch Unternehmen, die bereits über eine funktionierende Exportkontrolle für ihre Warenexporte verfügen, tun sich mitun-ter schwer mit der entsprechenden Kon-trolle des Technologietransfers. Dies liegt oftmals daran, dass beim Technologie-transfer andere Ansätze und Prozesse als im klassischen Warenverkehr erforderlich sind. Die Stellen im Unternehmen, bei denen ein Technologietransfer stattfin-den kann, sind entsprechend zu sensibili-sieren und ggf. anzuweisen, wie sie sich in bestimmten Situationen zu verhalten haben.

Beginnend mit einer Sensibilisierung der Geschäftsführung z.B. durch eine Präsen-tation, sollten zunächst die einen Techno-logietransfer maßgeblich verursachen-den Personen/Abteilungen im Unterneh-men bestimmt werden. Durch eine

anschließende Schulung dieser Personen können dann Prozesse erarbeitet werden, die einen ungenehmigten Technologie-transfer verhindern. Das neue Merkblatt zum Technologietransfer wäre dafür ein guter Aufhänger.

Gleicher rechtlicher Ansatz der Exportkontrolle für den Technologietransfer

In der Exportkontrolle ist der Technologie-transfer nicht als eigener Genehmigungs-/Verbotstatbestand definiert. Da die Ex-portkontrolle nach ihren Genehmigungs- und Verbotstatbeständen auf „Güter“ Anwendung findet und der Güterbegriff nach seiner gesetzlichen Definition so-wohl Waren wie auch Technologie und Software umfasst, gelten alle Tatbestände der Exportkontrolle, die sich auf Güter beziehen, immer auch für Technologie und Software.

Die Genehmigungstatbestände der „tech-nischen Unterstützung“ in der Exportkon-trolle nehmen dagegen nicht auf Güter, sondern auf reine Dienstleistungen Bezug, bei denen Know-how im Zusam-menhang mit kritischen Verwendungen

oder kritischen Gütern weitergegeben werden soll. Ein Technologietransfer kann daher sowohl in Form von Gütern als auch in Form einer Dienstleistung – z.B. einer technischen Hilfe in Verbindung mit der Reparatur, der Entwicklung, der Herstel-lung, der Montage, der Erprobung, der Wartung oder jeder anderen technischen Dienstleistung – stattfinden.

Prüfungsreihenfolge und erfasste Technologie

Ebenso wie in der klassischen Exportkon-trolle sind bei der Prüfung nach mögli-chen Verboten oder Genehmigungs-pflichten auch bei einem Technologie-transfer zunächst EU-embargorechtliche Vorgaben zu beachten, darüber hinaus die Exportkontrollvorschriften der EU und nationale Vorschriften der EU-Mitglied-staaten. EU- und nationale Genehmi-gungstatbestände greifen aber regelmä-ßig erst, wenn Güter gelistet sind, d.h., wenn nach deren Tatbeständen in Verbin-dung mit den Anmerkungen zu diesen Listen eine Technologie in einer Liste spe-ziell erfasst ist.

Entsprechend den Anmerkungen zu den Listen, ist solche Technologie nicht erfasst, die „das unbedingt notwendige Minimum für Aufbau, Betrieb, Wartung und Repara-tur derjenigen Güter darstellt, die nicht erfasst sind oder für die eine Ausfuhrge-nehmigung erteilt wurde.“ Die Beschrän-kungen hinsichtlich der Ausfuhr von Tech-nologie gelten ebenso nicht für allgemein

„Eine technische Unterstützung kann unabhängig von einer Ausfuhr sowie zusätzlich dazu erfolgen und ist daher immer mit zu prüfen.“

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zugängliche Informationen, wissenschaft-liche Grundlagenforschung oder für die für Patentanmeldungen erforderlichen Informationen. Für Nukleartechnologie gelten diese Ausnahmen allerdings nur teilweise. Auch eine nicht in den einschlä-gigen Güterlisten der Exportkontrolle beschriebene Technologie kann bei einer kritischen (z.B. militärischen) Verwendung in einem Waffenembargoland eine Unter-richtungs- und Genehmigungspflicht aus-lösen.

Übertragung und Bereitstellen von Technologie als Ausfuhr/ Verbringung

Technologie und Software kann auf allen möglichen Datenträgern (USB-Stick, CD, Laptop etc.) „klassisch“ in Nicht-EU-Länder ausgeführt bzw. in andere EU-Mitglied-staaten verbracht werden. Daneben ist aber auch die Übertragung von Technolo-gie oder Software auf elektronischem Wege (E-Mail, Telefax, Telefon etc.) als Aus-fuhr/Verbringung erfasst. Darüber hinaus kann auch das bloße IT-mäßige Bereitstel-len von Software und Technologie für mögliche Zugriffe aus dem Ausland als Ausfuhr/Verbringung bewertet werden. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn die IT-Zugriffsrechte nicht konsequent beschränkt wurden und ein Zugriff aus dem Ausland auf Technologie und Soft-ware im Inland erfolgen kann.

Um das unkontrollierte Abfließen von kri-tischer Technologie und Software zu ver-

hindern, müssen zunächst alle Konstella-tionen eines solchen möglichen Abflie-ßens als Ausfuhr/ Verbringung oder aber als technische Unterstützung erfasst wer-den können. Ob es anschließend auch zu einer Genehmigungspflicht oder einem Verbot kommt, hängt dagegen von der weiteren Erfüllung der jeweiligen Geneh-migungs-/Verbotstatbestände ab. Die Erfassung eines Technologietransfers als Ausfuhr/Verbringung oder technische Unterstützung im ersten Schritt ist daher von der Frage einer etwaigen Genehmi-gungspflicht oder eines Verbots im zwei-ten Schritt zu trennen.

Cloud­Computing

Da die Art und Weise der Übertragung oder des Bereitstellens von Technologie für ihre notwendige Erfassung keine Rolle spielt, führt auch das Cloud-Computing in seinen möglichen verschiedenen Ab-wandlungen zu einer Erfassung eines damit verbundenen Technologietransfers, da ansonsten eine gefährliche Lücke in der Exportkontrolle entstünde, durch wel-che kritische Technologie unkontrolliert und ungeahndet quasi „hinter einer Wolke“ verschwinden könnte.

Das BAFA hat in seinem neuen Merkblatt die drei Formen des Cloud-Computings angeführt und dargelegt, wo jeweils darin eine Ausfuhr/Verbringung in Form der Übertragung oder eines Bereitstellens liegt. Gleiches hat das BAFA auch für damit typischerweise zusammenhän-

gende Sachverhalte getan, wie z.B. die Verlagerung eines Servers in ein Drittland, das Überspielen und Abspeichern von Daten.

Beim Cloud-Computing werden regelmä-ßig Daten in das Ausland ausgeführt bzw. verbracht, wodurch diese Datentransfers als Ausfuhr/Verbringung von Technologie exportkontrollrechtlich erfasst werden können. Mit als Ausfuhr gilt auch hier das bloße Bereitstellen für einen Zugriff auf Technologie aus dem Ausland, z.B. bei einer konzerninternen Cloud. Dabei spielt es keine Rolle, dass der mögliche Daten-verkehr zwar länderübergreifend, aber ausschließlich innerhalb eines Unterneh-mens beabsichtigt ist. Auf einen tatsächli-chen Download kommt es dabei ebenfalls nicht an, denn die bloße Möglichkeit eines nicht durch IT-Rechte entsprechend beschränkten Zugriffs auf Technologie reicht bereits aus.

Selbst wenn solche Zugriffe auf Techno-logie lediglich von Deutschland aus und nur auf einen in Deutschland stehenden Server erfolgen sollten, kann dies export-kontrollrechtlich eine technische Unter-stützung darstellen. Würden diese Zu-griffsrechte in Deutschland für Zugriffe aus dem Ausland auf Technologie im Ausland gewährt, läge darin zwar keine Ausfuhr oder technische Unterstützung, es könnte jedoch exportkontrollrechtlich ein Handels- und Vermittlungsgeschäft vorliegen.

Fazit

Unternehmen und ihre Ausfuhrverant-wortlichen, die aufgrund ihrer Geschäfte die Exportkontrolle zu organisieren haben, sollten dabei das Thema Technolo-gietransfer im Kopf behalten. Selbst wenn Technologie nur innerhalb der Grenzen des Unternehmens und seiner Mitarbeiter transferiert oder bereitgestellt wird, wer-den die Tatbestände der Ausfuhr/des Ver-bringens bereits durch das Übertragen

oder Bereitstellen der Technologie über Ländergrenzen hinweg regelmäßig erfüllt sein. So gelistete Technologie davon betroffen ist oder auch nur nichtgelistete Technologie einer kritischen Endverwen-dung zugeführt werden könnte, sind früh-zeitig Genehmigungs- und Verbotstat-bestände in den Blick zu nehmen. Für Exportkontrollbehörden wie Unterneh-men ist der Technologietransfer in einer digital vernetzten Geschäftswelt daher eine Herausforderung, die zunehmend im Fokus steht und die es gemeinsam zu bewältigen gilt. Dafür schlägt das neue BAFA-Merkblatt eine Brücke.

„Unternehmen und ihre Ausfuhr­verantwortlichen, die aufgrund ihrer Geschäfte die Exportkontrolle zu organisieren haben, sollten dabei das Thema Technologie­transfer im Kopf behalten.“

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Neues zum Ersatzteileexport

Bedarf ein Exporteur, der mit einer BAFA-Genehmigung eine Anlage exportiert hat, später für die Ausfuhr von gelisteten Ersatzteilen erneut einer Genehmigung? Wenn ja, gibt es hierfür Erleichterungen nach einem ca. im Juli 2016 veröffentlichten Merkblatt des BAFA zur Exportkontrolle von gelisteten Ersatzteilen (Stand: April 2016)? Diese Möglichkeiten werden in diesem Beitrag analysiert.

Fall

Firma D in Deutschland hat eine auf Anhang I Dual-Use-VO (DUV) gelistete Entsalzungsanlage (Wert 30.000 EUR) an C in China geliefert. Für diese Ausfuhr hatte D zuvor eine Ausfuhrgenehmigung des BAFA erhalten. Etwa ein Jahr nach dem Export benötigt C einen ebenfalls auf Anhang I DUV gelisteten Sensor (Wert 2.500 EUR) als Ersatzteil für diese Anlage. Diesen möchte C ebenfalls von D bezie-

hen. D fragt sich nun, ob sie für den Export des Sensors erneut eine Einzelausfuhrge-nehmigung (EAG) des BAFA beantragen muss oder ob hierfür Erleichterungen zur Verfügung stehen.

Abwandlung

Die Anlage, die D an C geliefert hat, war nicht gelistet und konnte somit ohne Genehmigung ausgeführt werden. D fragt sich wieder, ob für den Export des

gelisteten Sensors Vereinfachungen für eine EAG erhältlich sind.

Drei Vereinfachungen für Ersatzteile

Für die Ausfuhr des gelisteten Sensors ist eine Exportgenehmigung des BAFA erfor-derlich. Es fragt sich, ob eine der drei nachfolgenden Erleichterungen eingreift: (1) 25%-Regelung, (2) Allgemeingeneh-migung, (3) Sammelgenehmigung.

(1) 25%-Regelung: Die 25%-Regelung kann entweder gemeinsam mit der Genehmigung für den Export der Haupt-sache oder auch nachträglich, bis zum Ende der Gültigkeit der Ausfuhrgenehmi-gung für die Hauptsache (also in der Regel innerhalb von zwei Jahren nach Ausfuhr der Anlage), beantragt werden. Der Vor-teil dieser Regelung besteht darin, Ersatz-teile, die für den Betrieb der Hauptsache erforderlich sind, ohne Vorlage einer neuen Ausfuhrgenehmigung exportieren zu können, sofern der Wert der Ersatzteile weniger als 25% der Hauptsache aus-macht. Allerdings kann dieser Vorteil umfassend vor allem dann genutzt wer-

den, wenn die 25%-Regel sofort zusam-men mit der Genehmigung für die gelis-tete Hauptsache beantragt wird. In der Güterbeschreibung (Feld 14) reicht es, wenn dort „Ersatzteile“ – ohne Einzelauf-schlüsselung – steht. Wenn die Ersatzteile unter eine andere Güterlistennummer als das Hauptgut fallen, sollte diese Güterlis-tennummer angegeben werden. Ein EUC ist nur für das Hauptgut vorzulegen; für die Ersatzteile verzichtet das BAFA auf dessen Vorlage.

Wenn dieser Antrag später gestellt wird, reicht eine vereinfachte Fassung des Genehmigungsantrags: In Feld 14 reicht wieder die Angabe „Ersatzteile“, und in Feld 23 (Zusatzinformationen) reicht die Bezugnahme auf die Vorgangsnummer des Genehmigungsantrags für die Haupt-sache und die 25%-Regelung; ein EUC ist wieder entbehrlich.

(2) Allgemeine Genehmigung: Neben einer EAG und der Anwendung der 25%-Regelung kommen auch Allgemeine Genehmigungen in Betracht. Sie haben, sofern ihre Voraussetzungen beachtet

Ersatzteillieferungen können von Erleichterungen bei der Exportkontrolle profitieren.

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PD Dr. Harald HohmannRechtsanwalt,Hohmann Rechtsanwälte

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werden, die gleiche Wirkung wie eine EAG, müssen aber nicht beantragt wer-den. Allerdings sind meist Registrierun-gen und halbjährliche Meldungen für sie erforderlich. Für gelistete Ersatzteile geht es meist um die Anwendung einer der fol-genden Allgemeingenehmigungen:

➤➤ EU003 (Wiederausfuhr von Gütern nach Instandsetzung/Austausch, sofern die beabsichtigte Ausfuhr bin-nen fünf Jahren nach der ursprüngli-chen BAFA-Genehmigung stattfindet),

➤➤ AG12 (sofern die Wertfreigrenze von 5.000 EUR nicht überschritten wird),

➤➤ AG14 (Ventile und Pumpen, typische Ersatzteile für größere Anlagen) und

➤➤ AG17 (Frequenzumwandler, ebenfalls typisches Ersatzteil für größere Anla-gen).

(3) Neue Sammelgenehmigungen SAG ERS I und II: Sammelgenehmigungen müssen wie eine EAG beantragt werden, berechtigen aber zu einer Vielzahl von Exporten, auch an verschiedene Empfän-ger in verschiedenen Ländern. Die neue SAG ERS I erlaubt Ersatzteillieferungen an namentlich benannte Empfänger/End-verwender; sie wird vor allem dann gewählt, wenn die Hauptsache (die Anlage) nicht gelistet ist. Die neue SAG ERS II wird hingegen vor allem dann gewählt, wenn die Anlage gelistet ist und die Ausfuhr binnen fünf Jahren ab Ertei-lung der EAG unter Verweis auf diese erteilte EAG des BAFA erfolgt. Vor Ertei-lung der SAG muss der Exporteur nach-

weisen, dass er ein effektives ICP (Internal Compliance Programme) hat, welches vom BAFA überprüft wird. Es gibt hier halbjährliche Meldepflichten, Dokumen-tationspflichten zu Weiterlieferungen, und meist wird die SAG mit umfassenden Nebenpflichten versehen.

Lösung Ausgangsfall

Der Sensor ist gelistet, so dass für dessen Ausfuhr nach China eine Exportgenehmi-gung des BAFA erforderlich ist. Es können alle drei genannten Vereinfachungen genutzt werden:

➤➤ 25%-Regel: Der Wert der von D mit der BAFA-Genehmigung an C geliefer-ten Anlage liegt bei 30.000 EUR. Der Sensor entspricht mit seinem Wert von 2.500 EUR nur einem Wertanteil von 8%. Daher kann D hier die 25%-Rege-lung anwenden. Am einfachsten wäre es, wenn die Anwendung dieser Regelung sofort mit dem Export der Anlage beantragt würde. Dies kann aber auch noch ein Jahr später mit einem vereinfachten Genehmigungs-antrag erfolgen.

➤➤ Allgemeingenehmigung: Eine priori-tär zu prüfende EU-Allgemeingeneh-migung ist nicht ersichtlich. In Betracht kommt hier vor allem die AG12, da der Wert des Sensors mit 2.500 EUR unter der 5.000-EUR-Grenze liegt und es nicht um eine Lieferung in ein Waffen-embargoland nach Art. 4 DUV oder

eines der neun zusätzlich ausgeschlos-senen Länder geht (China gilt nicht als Waffenembargoland im Sinne des Art. 4 DUV).

➤➤ Sammelgenehmigung: Da hier eine EAG des BAFA für die Anlage vorliegt, die noch keine fünf Jahre alt ist, bietet sich v. a. die SAG ERS II an. D muss eine Verknüpfung zwischen der Ersatzteil-lieferung und der Lieferung der Anlage herstellen; außerdem muss er durch Abschluss von Vereinbarungen sicher-stellen, dass auch seine Empfänger den Genehmigungsinhalt und die Nebenbestimmungen der SAG ein-halten.

Lösung Abwandlung

Die Ergebnisse zur AG12 bleiben gleich. Die 25%-Regel scheidet aufgrund fehlen-der EAG für die Anlage aus. Änderungen ergeben sich bei der SAG: Mangels einer erteilten EAG für die Anlage scheidet die SAG ERS II aus. In Betracht kommt allein die SAG ERS I für namentlich benannte Endverwender.

Resümee

Indem jetzt drei Vereinfachungen für Ersatzteillieferungen zur Verfügung ste-hen, wird der Export für Ersatzteile libera-lisiert, so dass flexibler geliefert werden kann. Dabei sind v.a. die unbürokrati-schen Instrumente (die neue 25%-Regel und die Nutzung einer Allgemeingeneh-

migung) für die Exportwirtschaft zu begrüßen. Gut ist auch, dass die Anforde-rungen an die SAG etwas abgesenkt werden sollen. Es muss sich aber noch zei-gen, innerhalb welchen Zeitrahmens die beiden neuen Sammelgenehmigungen SAG ERS I und II erteilt werden können: Bei einem möglichen Zeitaufwand von sechs bis zwölf Monaten für den Antrag, wenn es in kritische Länder geht, könnte die angedachte Liberalisierung etwas fraglich werden.

Sehr gut ist aber, dass bei der SAG ERS II auch Lieferungen an pauschale Endver-wender bzw. Länder (z.B. „Endverwender von Werkzeugmaschinen, die mit einer deutschen EAG des Genehmigungsinha-bers geliefert wurden, im Land X“) zuläs-sig sind, wobei dies nur Personen umfasst, die vorher in EAGs als Empfänger genannt worden sind. Sollten allerdings solche Komponenten/Ersatzteile ein Hauptbe-standteil der Anlage werden, so hätte der Exporteur vor einer Weiter lieferung durch den Empfänger erst den Endverwender zu prüfen und möglicherweise eine BAFA-Zustimmung einzuholen (vgl. Jahrbuch Außenwirtschaft 2016, S. 70 ff.). Insgesamt also: Ein wichtiger Fortschritt für den Export von Ersatzteilen!

Wegen aktueller Hinweise zum Iran-Embargo vgl. auch: http://hohmann-rechtsanwaelte.de/rechtstexte-iranembargo.html

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