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BA 104 – Zusammenfassung (HS 2017/18) 15.12.17/SOSI 0) Einführung Verhältnis Wissenschaft und Praxis der Soz. Arbeit Soziale Arbeit Die direkte Soz. Arbeit wird verstanden als Prozess, indem in einer Abfolge von Schritten und der Kooperation des Klienten das Problem gemeinsam definiert und auf eine gemeinsames Ziel hin gearbeitet wird > z.B. mit Prozess-gestaltungsmodellen (z.B. Hochuli/Freund): 1. Situationserfassung 2. Analyse 3. Diagnose 4. Zielsetzung 5. Interventions-Planung 6. Interventions-Durchführung 7. Evaluation Professionswissen (= Wissensbasis – besteht aus Erklärungs- und Interventionswissen) und umfasst: - Theoriewissen - Ergebnisse aus empirischer Forschung - Reflexionen über Ziele - Methoden- und Handlungswissen - Evaluationswissen - Kennen der Wirkung von Interventionen - Organisationswissen - Erfahrungswissen und Berufsroutine 1) Einführung in wissenschaftl iches Arbeiten Lesen von wissenschaftl ichen Texten Verbindung von Wissenschaft und prof. Praxis Bedeutung von wissenschaftlicher Arbeit? Wissenschaftliches Arbeiten zeigt sich in einer systematischen und methodisch kontrollierten Verbindung eigenständiger Gedanken mit bereits vorhandenen wissenschaftlichen Befunden. Das wissenschaftliche Vorgehen ist sorgfältig, begriffserklärend sowie fach- und disziplinbezogen. Kriterien: - Systematisches, methodisches Vorgehen > Überprüfbarkeit - Anschluss an bisherigen Forschungsstand - Nachvollziehbarkeit (in verständlicher Sprache) - Aussagen werden hergeleitet und begründet > Argumentation Ziele des wissenschaftlichen Lesens: - Sich relevantes Wissen aneignen - Zusammenhänge verstehen - Überblick über aktuellen Forschungsstand erhalten Strategie des Lesens: - Ist der Text überhaupt relevant für das Erkenntnisinteresse? > kursorisches Lesen (Autor, Jahr, Titel, Inhaltsverzeichnis, Zusammenfassung, Literaturverzeichnis, Klappentext) - Herausfinden, was der Text zu einem konkreten Thema aussagt > selektives Lesen (Text überfliegen, relevante Stellen genau lesen, Fragestellung, Abstract, Ergebnisse, neue Fragen, Schlussfolgerungen) - Aussagen und Argumentation des Textes verstehen > studierendes Lesen 1

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BA 104 – Zusammenfassung (HS 2017/18) 15.12.17/SOSI

0)

Einführung

Verhältnis Wissenschaft und

Praxis der Soz. Arbeit

Soziale Arbeit

Die direkte Soz. Arbeit wird verstanden als Prozess, indem in einer Abfolge von Schritten und der Kooperation des Klienten das Problem gemeinsam definiert und auf eine gemeinsames Ziel hin gearbeitet wird > z.B. mit Prozess-gestaltungsmodellen (z.B. Hochuli/Freund):

1. Situationserfassung2. Analyse3. Diagnose4. Zielsetzung5. Interventions-Planung6. Interventions-Durchführung7. Evaluation

Professionswissen (= Wissensbasis – besteht aus Erklärungs- und Interventionswissen) und umfasst:

- Theoriewissen- Ergebnisse aus empirischer Forschung- Reflexionen über Ziele- Methoden- und Handlungswissen- Evaluationswissen- Kennen der Wirkung von Interventionen- Organisationswissen- Erfahrungswissen und Berufsroutine

1)

Einführung in wissenschaftliches

Arbeiten

Lesen von wissenschaftlichen

Texten

Verbindung von Wissenschaft und

prof. Praxis

Bedeutung von wissenschaftlicher Arbeit?

Wissenschaftliches Arbeiten zeigt sich in einer systematischen und methodisch kontrollierten Verbindung eigenständiger Gedanken mit bereits vorhandenen wissenschaftlichen Befunden.

Das wissenschaftliche Vorgehen ist sorgfältig, begriffserklärend sowie fach- und disziplinbezogen.

Kriterien:

- Systematisches, methodisches Vorgehen > Überprüfbarkeit- Anschluss an bisherigen Forschungsstand- Nachvollziehbarkeit (in verständlicher Sprache)- Aussagen werden hergeleitet und begründet > Argumentation

Ziele des wissenschaftlichen Lesens:

- Sich relevantes Wissen aneignen- Zusammenhänge verstehen- Überblick über aktuellen Forschungsstand erhalten

Strategie des Lesens:

- Ist der Text überhaupt relevant für das Erkenntnisinteresse? > kursorisches Lesen (Autor, Jahr, Titel, Inhaltsverzeichnis, Zusammenfassung, Literaturverzeichnis, Klappentext)

- Herausfinden, was der Text zu einem konkreten Thema aussagt > selektives Lesen (Text überfliegen, relevante Stellen genau lesen, Fragestellung, Abstract, Ergebnisse, neue Fragen, Schlussfolgerungen)

- Aussagen und Argumentation des Textes verstehen > studierendes Lesen (Text verstehen und wiedergeben, 2 x lesen > 1 x textimmanente oder 2 x textexmanente Perspektive, Fragen stellen:)

o Text-immanent:

Was sagt der Autor? Worauf stützen sich Aussagen? Wie ist die Argumentation?

o Text-exmanent:

Wird Thema getroffen? Was fehlt? Gibt es Widersprüche?

Aktives Arbeiten mit dem Text:

- Markieren von wichtigen Textstellen- Leitwörter am Rand notieren- Offene Fragen notieren (für weitere Recherche)- Gelesenes in Arbeitsschemen festhalten (Auszüge, Zitate, Paraphrasierungen, offene Fragen notieren):

o in Tabellenformo als Mindmap

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o Zusammenfassungen„Gute Soziale Arbeit“

Gute soz. Arbeit ergibt sich aus dem zielorientierten Zusammenwirken von professioneller Praxis, Aus- und Weiterbildung wie auch Forschung und Entwicklung.

2)

Alltags- und wissenschaftliches

Wissen

Sicherung der Gültigkeit von Aussagen

Wissenschaft und Forschung

Funktion des Alltagswissens:

- Orientierung- Planung- Handlung- Kommunikation- Interaktion

Eine alltägliche Beschreibung ist unsystematisch, persönlich, subjektiv, wertend, einseitig, spekulativ, naiv

Wissenschaftl. Wissen: ist systematisch / weniger subjektiv, individuell, wertend, einseitig / nicht spekulativ, naiv

Wissenschaftliche Erkenntnisse sind:

- vorläufig- kritisierbar- diskursiv- historisch, gesellschaftlich und kulturell mitbedingt

Was ist der aufklärerische Wert der Wissenschaft? Befreit das Denken aus „Unmündigkeit“, Einschränkung und Dogma; kritisiert und erneuert das bisher gültige Wissen.

Scientific Communitiy? Besteht aus Angehörigen der Wissenschaftler einer Disziplin und ist der Ort der Diskussion und Fortentwicklung von Methoden, Forschungsergebnissen und Gültigkeitsfragen.

Wissenschaftliche Kommunikation? Zwang des besseren Arguments, Begründungsverpflichtung, Logik, Kritik, Dynamik des Erkenntnisprozesses, Prinzip der Wahrheit bzw. Gültigkeit.

Wissenschaftliches Wissen ist moralisch nicht besser, wertvoller oder hierarchisch höher einzustufen.

3 Bereiche der Sozialen Arbeit:

- … als Wissenschaft (Disziplin)- … als Praxis (Profession)- … als Ausbildung (Lehre)

Forschung? Prozess der Erzeugung von Wissen, das einen Anspruch auf Gültigkeit machen kann.

Kriterien gültiger Forschung ist:

- theoriegeleitet, methodisch kontrolliert, nachvollzieh- und überprüfbar- logisch und widerspruchsfrei- valide (Übereinstimmung von Aussagen mit Tatsachen, Ereignissen oder Zusammenhängen

Leistung von Forschung? Beschreibung, Erklärung / Rekonstruktion, Prognosen

Empirische Forschung? die Erfahrung (gr. „Empeiria“) steht im Zentrum. > Entscheiden ist:Erfassung des Gegenstandes durch Befragung, Beobachtung oder Messung.

Theorie? Ein System wissenschaftl. Begründeter Aussagen über Sachverhalte, Zusammenhänge, Kausalitäten.

Forschungsmethoden? Kontrolliertes Verfahren der Erkenntnisgewinnung einer wissenschaftl. Disziplin, die zu einem bestimmten Zeitpunkt als zustimmungsfähig und zuverlässig gelten.

Unterschiedliche Forschungsmethoden? Qualitative (beschreibend) - und quantitative (wie viele …) Forschungsmethoden, als auch die Methodenkombination („mixed methods“).

- Design / Mixed-Method-Studie: qualitative und quantitative Teilstudien- Erhebungsmethode: schriftliche Befragung (Fragebogen)- Analysemethode: Statistische Analyse- Rekrutierungsmethode: Absprache mit betroffenen Menschen (Untersuchungs-Subjekten)

3)

Forschung in sozialer Arbeit

- Definition- Forschung und Theorie- Systematisierung von

Forschung

Systematik der Forschung in der Soz. Arbeit:

1. Organisationsbezogene Forschung (Institut. / Org., Verbände, Träger, Einrichtungen)2. Professionsbezogene Forschung (Kompetenz, Wissen und Können der Professionellen, prof. Verstehen

und Handeln, Aus- / Fort- / Weiterbildung, Wirkung von Angeboten und Verfahren – in soz. Arbeit)3. Adressatenbezogene Forschung (Lebens- und Problemlagen, Bedarf und Nachfrage, Unterstützungs-

systeme, Angebotsstrukturen)4. Gesellschaftsbezogene Forschung (soz. Wandel, soz. Probleme, Politik, wohlfahrtsstaatliche Kontexte)

Was ist eine wissenschaftl. Fragestellung? Präzis formulierte Erkenntnisinteresse, was genau herausgefunden werden soll.

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Vom Thema zur Fragestellung:

1. Themensammlung2. Themenwahl3. Brainstorming / Stichwort zum gewählten Thema4. Literaturrecherche zum Thema5. Eingrenzung6. erste Formulierung der Fragestellung7. Präzisierung der Fragestellung8. evtl. Unterfragen

Kriterien einer guten Fragestellung:

- präzise Formulierung- Schlüsselbegriffe- zweckmässige Eingrenzung- beantwortbar- relevant für Soz. Arbeit

4)

Disziplinen und Interdisziplinarität

- Was ist eine Disziplin?

- Die disziplinäre Figur der Soz. Arbeit

Unterschiedliche Perspektiven – verschiedene Disziplinen

Jede Perspektive eröffnet andere An- und Einsichten zum Gegenstand und gewisse Realitäten bleiben deshalb verborgen.

Teilweise Widerspruch und nicht immer miteinander übereinstimmende Behauptungen über die Entstehung bestimmter Phänomene.

Disziplinen als „Perspektiven“ auf bestimmte Realitäten – Materialobjekt > Formalobjekt(e)

Disziplinen bezeichnen eine ganz bestimmte wissenschaftliche Sicht auf bestimmte Gegenstände von Realität.

Eine Disziplin (bilden eine „scientific community“):

- richtet eine bestimmte Fragestellung an ein Formalobjekt und verfügt über einen Wissensbestand- verfügt über einen Wissensbestand- verfügt über eine Ausbildungsstruktur, die neue Forschende in die wissenschaftl. Arbeit einführt ( >

Weiterbestand der Wissenserzeugung- verfügt über ein bestimmtes Set an Forschungsmethoden- verfügt über eine Reihe von typischen Denkmustern- markiert einen bestimmten Arbeitszusammenhang (Teilsystem des Systems Wissenschaft)

Mehrere Disziplinen können zu Gruppen zusammengefasst werden (z.B. Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaft.). Sie verfügen über ähnliche Materialobjekte.

Interdisziplinarität (setzt überhaupt Disziplinen voraus)

Das Ziel von Interdisziplinarität („Austauschbarkeit“ zu anderen Disziplinen) ist die vollständige Erfassung eines Gegenstandes / Problems.

Da Soz. Arbeit (junge Disziplin) eher als Profession, denn als Wissenschaft bezeichnet wird, sei sie blosse Rezeption und Nutzung des Wissens anderer Disziplinen!

Die disziplinäre Figur Sozialer Arbeit

Soziale Problemlagen (von Menschen) / Problembearbeitung / Interventionen in Soz. Arbeit, als Ziele formuliert:

- Lebensbewältigung (Böhnisch)- Gelingender Alltag (Thiersch)- Subjektivität (Winkler)- Erhöhung der Lebenschancen (Hornstein)

5)

Hypothesen und

Beobachten (= Messen(!) / Verfolgen / Befragen)? Bezeichnung aller Aktivitäten, die zur Erfassung des Forschungsgegenstandes eingesetzt werden. Es lässt sich nicht alles messen, z.B. Emotionen, etc.

Die richtige Wahl von Begriffen/Kategorien? Sie sind bedeutsame sprachliche Bezeichnungen für Wirklichkeitsausschnitte. Sie sind notwendig für die Bezeichnung von Realitätsausschnitten. Sie lenken unsere Wahrnehmung des Gegenstandes und der Zusammenhänge vor dem eigentlichen Beobachten.

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> z.B. Medizin!

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Theorien

- Gesetz / Regularität

- Subjektcharakter der Untersuchungsgegenstände von Soz. Wissenschaften

- Abgrenzungen zu anderen Disziplinen

Hypothesen / Thesen / Theorien

Hypothesen? Wörtliche „Unterstellungen“ als Vermutung oder Annahme zu einem Sachverhalt, die aber noch nicht überprüft / erhärtet sind.

Thesen? Geprüfte Aussagen zu Sachverhalten, die sich einstweilen bewährt haben. Sie sind aber nicht einfach gültig und müssen deshalb weiteren Prüfungen unterzogen werden.

Theorien? Sind komplexe Aussagensysteme über Sachverhalte, Zusammenhänge oder Kausalitäten, in die mehrere Thesen eingegangen sind. (Mögl. viele Thesen werden zu einem „Phänomen“ zusammengetragen.)

Gesetze vs. Regularitäten

Mit Gesetzt wird ein allgemeiner Satz, bzw. Allsatz umschreibt nicht einzelne Begebenheiten, sondern Sachverhalte, die überall und uneingegrenzt Gültigkeit haben. > Muster: „Immer wenn A gegeben ist, folgt B“.

Regularitäten

Bei den Soz. Wissenschaften geht man nicht von Gesetz, sondern von Subjekten aus, welche die Umwelt in bestimmter Masse verändern können. > Muster: „Je häufiger (stärker, grösser, etc.) A gegeben ist, desto häufiger (stärker, grösser, etc.) folgt B“.

Subjektcharakter der „Objekte“ von soz. wissenschaftl. Forschung

Menschen als Subjekte verfügen über Fähigkeiten, sich und ihre Umwelten in einem gewissen Masse zu gestalten, also neue Realitäten schaffen.

Deshalb die Konsequenz für die Soz. Wissenschaft:- Involviertheit der Forschenden beachten- keine vollständige Objektivität- Reaktivität der Untersuchten möglich

6) + 8) Keine Vorlesung / Herleitung einer Fragestellung

7)

Grundaufbau wissenschaftl.

Texte

Grundaufbau wissenschaftlicher Texte

- Titelblatt

- Inhaltsverzeichnis / ggf. auch Abbildungsverzeichnis

- Einleitung (Interesse wecken, Überblick über Text geben) – Inhalte:o Themao Problemstellung / Erkenntnisinteresseo Zielsetzung & exakte Fragestellungo Methodisches Vorgeheno Überblick über die Kapitel / Argumentationo evtl. erste Begriffserklärungen

- Hauptteil (…Aufbau für empirische Arbeiten) – Inhalte:o Theorie, Forschungsstand (Hypothesen)o Methode (det. Angabe zur Konzeption und Durchführung der empirischen Erhebung)o Auswertung und Resultateo Interpretation: Erläuterung der Resultate / Rückbezug auf Fragestellung

- Schluss – Inhalte:o Zusammenfassung der Erkenntnisse aus dem Hauptteilo Diskussion der Erkenntnisse in Bezug auf die Fragestellungo Vergleich der Ergebnisse mit anderen Untersuchungen zum Themao Welche neuen Erkenntnisse wurden gewonnen?o Welche Fragen bleiben offen? (Formulierung von mögl. weiterführenden Fragen)

- Literaturverzeichnis

- ggf. Anhänge

Grundregeln für das Formulieren von wissenschaftl. Texten

- keine zu langen Sätze- möglichst Aktiv statt Passiv- mögl. neutral schreiben (d.h. ohne ich, wir, man)- Die Ich-Form darf verwendet werden, wenn Sie sich deutlich von etwas abgrenzen und ihre

Position klar machen wollen.

9)

Wissenschaft-

Induktion, Deduktion und Abduktion? … sind Verfahren logischen Schlussfolgerns.

Aus 2 Sätzen (Prämissen) wird die Schlussfolgerung (Konklusion) abgeleitet. Je nach Anordnung dieser Sätze, wird das Verfahren Induktion, Deduktion oder Abduktion genannt.

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Theorie I

- Logisches Schliessen- Induktion- Deduktion- Abduktion

Induktion: von der Beobachtung von Einzelfällen auf allgemeine Sätze geschlossen (Extrapolation) – darauf beruht Positivismus.

Prämisse:- Zuordnender Satz- Beschreibender Satz - => Allgemeiner Satz / „Allsatz“ (Konklusion)

Deduktion: von allgemeinen Sätzen auf den einzelnen Fall geschlossen (Umkehr zur Induktion) – darauf beruht Rationalismus.

Prämisse:- Allgemeiner Satz / „Allsatz“- Zuordnender Satz - => Beschreibender Satz (Konklusion)

Abduktion: von allgemeinen und beschreibenden Sätzen ausgehend, ein einzelner Fall in bestehende Kategorien einordnen – darauf basiert Hermeneutik.

Prämisse:- Allgemeiner Satz / „Allsatz“- Beschreibender Satz - => Zuordnender Satz (Konklusion)

Wenn ein Prämisse falsch ist, dann entspricht die Schlussfolgerung nicht der Beobachtung,

oder …

wenn Konklusion und Daten nicht übereinstimmen, dann sind die Prämissen falsch.

Beispiele Gonon – Logik der Abduktion1)

2)

3)

10)

Wissenschaft-Theorie II

- kritischer Rationalismus- Technologische

Aussagen I

Kritischer Rationalismus (Chalmers)

„Man kann nur die Falschheit einer Aussage beweisen, nicht die Korrektheit. Eine Aussage kann also nicht bestätigt werden.“

Der Positivismus bezweckt die Grundlagen der empirischen Wissenschaft zu formulieren und allgemein gültige Aussagen aus der Induktion zu machen. Er versucht, die Aussagen zu verifizieren!

Induktions-Problem: Aus gültigen Prämissen (sind eigentlich immer nur historische Daten!) können falsche Sätze gefolgert werden, ohne dass das sichtbar werden könnte. Weil sie also nur provisorisch sind, muss zur Verifikation wirklich nachgemessen (befragt, etc.) werden.

Die Lösung des Induktion-Problems ist demnach der Kritische Rationalismus und (s. unten) die Falsifikation!

Falsifikation und Deduktion 1

Beim Kritischen Rationalismus weist (nach Popper) der Beobachtung eine andere Position zu, als beim Positivismus. Diese sind nicht der Ausgangspunkt von Forschung, sondern das „Material“, mit dem Hypothesen geprüft werden.

Falsifikation und Deduktion 2

Die Forschung stellt Hypothesen (Theorien) als Ausgangsbasis auf. Der Kritische Rationalismus jedoch kehrt die Forschungslogik radikal um. - Es geht nicht um die Verifikation von Aussagen mittels Beobachtung, sondern

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darum, behauptete Aussagen zu prüfen. Erweisen sich also Hypothesen als falsch, dann gelten sie als bewiesen. Dies im Gegensatz zur Behauptung der Gültigkeit von Sätzen.

Falsifikation und Deduktion 3

Ziel kritisch rationaler Wissenschaft ist der Ausschluss von falschen Hypothesen => Falsifikation. Damit ist die empirische Forschung also hypothesenprüfend angelegt.

Sicher ist man sich aber trotzdem nie. Nur soweit, dass der Schluss falsch ist. Man macht folglich eine Annäherung an die Realität durch zahlreiche Beobachtungen.

Logik der Deduktion

Kritisch-rationale Forschung basiert auf Deduktion. In der Deduktion sind Allgemeine Sätze Teil der Prämissen (s. oben). Die erwartete Beschreibung wird schliesslich mit der Beobachtung konfrontiert. Stimmen diese nicht überein, dann ist eine der Prämissen falsch.

Annahmen zum Kritischen Rationalismus

- Hypothesen müssen präzise, kühn, weitreichend, empirisch und falsifizierbar sein- wissenschaftlicher Fortschritt ergibt sich aus konsequenter Falsifikation von Hypothesen- Wissenschaft muss wertneutral sein (falsifizierte Hypothesen werden automatisch wertlos)

Kritik an der Kritisch-rationale Position:

- Was nicht gemessen oder beobachtet werden kann, ist der Wissenschaft nicht zugänglich;- der wissenschaftliche Fortschritt in der Geschichte folgte jedoch anderen Mustern, als die der

strikten Falsifikation;- nicht falsifizierbare Aussagen lässt man einfach wegfallen und schmälert dadurch den Wert der

Wissenschaft.

Raffinierter Falsifikationismus

Dieser weicht vom ursprünglichen kritischen Rationalismus insofern ab, indem er zusätzlich auch der Bewährung von Hypothesen eine Bedeutung für den wissenschaftlichen Fortschritt beimisst.

Denn …

wird eine falsifizierte Hypothese modifiziert, statt einfach fallen gelassen, hat sie sich nämlich einstweilen bewährt, woraus trotzdem Neues gelernt wird und als Fortschritt verzeichnet werden kann.

Der Raffinierte Falsifikationismus macht auch Fortschritte möglich durch die Falsifikation von kühnen oder bedeutsamen Hypothesen (z.B. Widerlegung von bisher Selbstverständlichem).

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Wissenschaft-Theorie III

- TechnologischeAussagen II

Technologische Aussagen

Solche beziehen sich auf Methoden, Verfahren, Prozesse, Angebote, Interventionen und informieren dabei über die Zielerreichbarkeit.

„Technologie (nicht Technik!)“? Produkte, Prozesse oder Programme mit wissenschaftlichem Hintergrund, die einen Entwicklungsprozess mit typischen Schritten wie Design, Test und Evaluation voraussetzen.

Psychosoziale Interventionen? Keine natürlich ablaufenden Prozesse, sondern geplante wissenschaftliche Eingriffe.

Soziale Arbeit als Wissenschaft untersucht die Bearbeitung sozialer Problemlagen und formuliert Aussagen zum Einsatz für Methoden, Verfahren, Angebote und eben Interventionen. Sie ist so zusagen der „klinische Teil“ der Soz. Arbeit und besitzt deshalb eine technologische Dimension.

Soziale Arbeit als Praxis und Profession will etwas bewirken und einen gezielten Nutzen für Klienten erzielen.

Technologische Aussagen informieren über menschliche Handlungsmöglichkeiten, legen weder die Realisierung bestimmter Ziele, noch die Verwendung bestimmter Mittel nahe. Die Technologie unterstützt weder das Handeln, noch die Anwendung der Mittel, sondern erleichtert die Möglichkeitsanalyse (nicht, was soll, sondern was kann getan werden?).

Professionswissen – als Wissensbasis für Professionelle (erklärt am Prozessmodell Staub-Bernasconi, 1986)

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Muster der Technologische Aussagen: Wenn Bedingungen („B“ oder „B1 + B2“ oder …) realisiert sind, dann kann mit den Mitteln/Methoden („M“ oder „M1 + M2“ oder …) ein gesetztes Ziel erreicht werden.Beispiel an jugendlichem Straftäter:

Bedingung „B“ (z.B. Veränderungsmotivation) + Mittel/Methode „M1“+„M2“ (Anti-Aggressivitätstraining, + …) => Ziel: Reduktion von destruktiver Aggressivität.

Forschung über den Effekt von Interventionen

Forschung mit dem Zweck gültiger Aussagen über den Erfolg von Interventionen = > Interventionsforschung. Diese nutzt diverse Methoden und Designs um Aussagen formulieren zu können, ob eine Intervention zielführend ist. Um deren Wirksamkeit belegen zu können, sind in der Regel mehrere Studien dazu notwendig („Zyklus von Forschung“).

Interventionsforschung als Zyklus von Forschung

Solche umfasst die Untersuchungen, ob…:

- die Durchführung von Interventionen gemäss Konzept möglich ist?- die Nutzer damit erreicht werden?- die Ziele in einzelnen Fällen erreicht werden können? => („single case design“)- die Nutzer die Interventionen unterschiedlich beurteilen und wie?- die Effekte auch in Kollektiven erreicht werden können?- auch die Grösse der Effekt richtig sind?- mit unterschiedlichen Interventionen dieselben oder grössere Effekte erzielt werden können, als mit

anderen? => (randomisierte Kontrollstudien – engl. „RST“)

Zur Klärung von Effekten in Kollektiven werden RST (Erfassung von Veränderungen) durchgeführt, indem man die Probanden nach dem Zufallsprinzip in Gruppen einteilt:

a) Experimental-Gruppe mit Durchführung der Intervention;b) Kontroll-Gruppe ohne oder mit einer anderen Intervention.

Randomisierte Studien (in kritisch-rationaler Natur) sind hypothesenprüfend.

Dazu stellt man eine sog. falsifizierbare „Null-Hypothese“ auf. Das heisst: Die Behauptung, es könne kein Effekt erzielt werden, hat sich als falsch erwiesen.

Randomisierte Studien zeigen schlüssig auf, ob sich eine Wirkung einstellt!12)

Hermeneutik

Hermeneutik

Hermeneutik oder „Prozess des Verstehens“ ist ein allgemein wissenschaftstheoretisches Paradigma als auch eine Methodologie (Lehre des methodischen Vorgehens) und stammt ab von „Hermes (gr. „deuten“) und bedeutet:

- deuten, auslegen, verstehen von Sinneszusammenhängen- verstehen von Symbolen, Gesten, Zeichen- interpretieren von Texten- sich in die Position des Schriftstellers hineinversetzen- verstehen von Kunstwerken, Filmen und Musikwerken- steht für etwas, das wir äusserlich nicht erkennen können

Diltheys Erkenntnistheorie

- Natur wird in äusseren Erfahrungen wahrgenommen- geistige Tatsachen werden als innere Erfahrung erlebt

Im Alltag erscheint Vieles als selbstverständlich, weil basierend auf Regeln und Verhaltenserwartungen. Verstehen ist allerdings nicht selbstverständlich. Verstehen und Nicht-Verstehen ist ein Alltagsphänomen.

Anwendung und Auslegungen von Hermeneutik

- Begriffe (Texte oder auch Bilder) haben eine Bandbreite, eine Bedeutung- Jede Auslegung knüpft an Vorbedingungen an- Auslegung bedeutet die Aneignung des Fremden, das durch Auslegung weniger fremd und dadurch

verstanden wird- Vordringen in „geistige Tatsachen“- Beobachtungen in den „Wissenskatalog“ einbetten

Problematik der Kommunikation im hermeneutischen Sinn: Kommunikation ist vage (z.B. Auslassen von Sätzen in einem Gespräch, was aber dennoch als zusammenhängendes Gespräch verstanden wird – bei vertrauten Personen).

Hermeneutik ist methodisch kontrolliertes Verstehen in der Logik der Abduktion.

Prämisse (die Abfolge der Prämissen ist egal):

- Beschreibender Satz

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- Allgemeiner Satz / „Allsatz“ - => Zuordnender Satz (Konklusion)

Etwas (beschreibende Sätze) wird unter Verwendung von allgemeinen Sätzen (z.B. sprachliche, logische, pragmatische Regeln) als etwas Bestimmtes (zuordnender Satz) erkannt.

Eselsbrücke: bei allen Schlussfolgerungs-Modellen immer via Konklusion gehen – dann hat man das „Gstürm“ mit den Prämissen nicht!

Hermeneutische Methodologie zur Rekonstruktion menschlicher Lebenswirklichkeit

Sinnzusammenhänge von Menschen sind für andere nicht immer verständlich. Deshalb muss der Lebensäusserung mittels Gesten, Reden, Texten, Kunstwerken, etc. eine Ausdruckgestalt („Materialisierung“) verliehen werden.

Hermeneutik geht vom Zusammenhang LEBEN – AUSDRUCK – VESTEHEN aus und meint den Prozess der Rekonstruktion der ursprünglichen Lebenserfahrungen.

Methodisches Verstehen baut auf Vor-Verständnis auf, welches sich darauf verändert, erweitert, präzisiert, etc.

Hermeneutischer Zirkel oder Spirale

Innerer – und äusserer Kontext

Die Erweiterung des Verständnisses kann durch die aufschliessende Analyse eines gegebenen Textes erfolgen, sog. „Innerer Kontext“ – man „kontextualisiert“ sozusagen (s. Zahlenbeispiel).

Die Erweiterung des Verständnisses kann auch durch zusätzliche Informationen erfolgen (z.B. Angaben zur historischen Entstehung von Texten – „Äusserer Kontext“.

Hermeneutik ist keine präzise Wissenschaft, sondern protokollierte Lebensäusserungen, weil aus Ausdrücken, Schriften, Gesten, Kunst, etc. immer verschiedene Interpretationen abgeleitet werden können.

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