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FAKTOR [ SPORT ] DAS MAGAZIN DES DEUTSCHEN OLYMPISCHEN SPORTBUNDES EINER KOPFSACHE AUF DER SPUR DEM SCHMERZ SO NAH MAN FREMDELT NOCH [ ] MÜNCHEN IM GESPRÄCH [ ] FEILEN AM WIDERSTAND [ ] Der deutsche Sport und die sozialen Netzwerke Jochen Färber und Stefan Bruckner zur Bewerbung Wintersportler im Audi-Windkanal 3 I 2010

Faktor Sport : EINER KOPFSACHE AUF DER SPUR DEM SCHMERZSO NAH

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FAKTOR [SPORT]: Das Magazin des Deutschen Olympischen Sportbundes

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FAKTOR[SPORT ]DAS MAGAZIN DES DEUTSCHEN OLYMPISCHEN SPORTBUNDES

EINER KOPFSACHE AUF DER SPUR

DEM SCHMERZ SO NAH

MAN FREMDELT NOCH [ ]MÜNCHEN IM GESPRÄCH [ ]FEILEN AM WIDERSTAND [ ]

Der deutsche Sport und die sozialen Netzwerke

Jochen Färber und Stefan Bruckner zur Bewerbung

Wintersportler im Audi-Windkanal

3 I 2010

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was wäre der Sport ohne das Unerwartete? Reizlos. Sport und Spiel trotzen allen Bemühungen, sieberechenbar werden zu lassen.

Das mag Teilnehmer und Publikum zuweilen bekümmern. Oder auch die Planer, die mit Statistikoder im Windkanal nach der gewinnbringenden Formel suchen. Doch gerade das verblüffende Aufund Ab, der Gegensatz von Sieg und Niederlage, das Spiel der Emotionen machen den Sport aus. Das zeigt auch diese Ausgabe von „Faktor Sport“.

Ohne diese Mehrfarbigkeit wäre er nicht einmal halb so interessant. Gerade für die Medien. Zur gelungenen Inszenierung des Sports gehört das Nebeneinander von Triumph und Niederlage, vonSiegesfreude und Schmerz der Enttäuschung längst dazu. Das ist diesmal unser Schwerpunktthema.

Was wäre der Sport ohne Schmerzen? Eine heikle Frage. Legenden ranken sich darum, Helden-geschichten und Erinnerungen an manchen der größten Momente des Sports. Doch die Frage kannauch sehr ins Persönliche reichen. Schmerzen sind wesentlicher Teil des Lebens, selbstverständlich.Aber gehört das Leiden zwingend zum Sport dazu? Wie gehen Athletinnen und Athleten damit um?Wie die Trainer? Nicht nur mit dem körperlichen Erleben, sondern auch mit dem seelischen Leid,das verpasste Ziele bedeuten können? Auch diesen Fragen spüren wir nach.

Dabei bietet der Sport immer neue Facetten. Das haben wir gerade erst bei den ersten OlympischenJugendspielen in Singapur gesehen, wo viele das Gefühl hatten, dass fast so etwas wie eine Utopiewahr geworden sei. Der Sport ist über alle Grenzen hinweg jung und quicklebendig und entdeckt dabei immer neue Wege, das mitzuteilen. Diese Vielfalt will „Faktor Sport“ vermitteln.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

Faktor Sport [ Editorial ] 3

Michael Vesper,Generaldirektor des Deutschen OlympischenSportbundes

Triumph und Leiden liegen im Sporteng beisammen. Ob bei Sprint-Olympiasiegerin Shelly-Ann Fraser(Foto oben) oder Ringer-Olympia-sieger Pasquale Passarelli, der seinen Gegner schmerzhaft fest imGriff hat – die Medien sind immerdabei

LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER,

„Zur gelungenen Inszenierung des Sports gehört das Nebeneinander von Triumph und Niederlage“

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04 [ Inhaltsübersicht ] Faktor Sport

Tribüne

INHALT

06 Pause vom ZeitgeistDer Mensch spielt, auchin einsamen Gegenden

22 Unter ParagrafenDer Sport hat es in den„Lissabonner Vertrag“ geschafft; die Folgen sindnoch ungewiss

24 Nahbare GrößeWas der Nachwuchs von Basketballstar DirkNowitzki lernen kann

32 Wider die NostalgieIm Olympiapark suchenBetreiber und Erben denAusgleich. Geschichteeiner Gratwanderung

36 Mit Konzept zur PartyNur Wettkämpfe reichennicht, Veranstalter müssenmöglichst tolle Stimmungplanen. Geht das?

37 Zwischen Kalkül und FügungOrganisationsexperteHorst R. Schmidt überhohe Event-Ansprüche undEinzelfallentscheidungen

26 HingehocktWie deutsche Skifahrer ihre ideale Abfahrtshaltungim Windkanal ermitteln

[26][06] [22 ] Spiegelbild [32]Meter x SekundeAugenblick, verweile

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Faktor Sport [ Inhaltsübersicht ] 05

[ ][ ]

10 Flutlicht _ Dossier_Schmerz

08 I 39 I 43 I 62 Bewegungsmelder

[40]Vermittlungskunst Zeitgeist

Sport und Leid, das klingt nach einer simplen Geschichte. Mitnichten. Schmerz ist Motorund Bremser des (sportlichen) Lebensweges in einem. Und mögen Medien und Zeitgeistihn auch seiner Privatheit entkleidet haben, persönlich ist er geblieben. Ein Dossier

Zur Vielgestaltigkeit eines Phänomens: 14 Jörg Jaksche | 14 Uli Eicke | 16 DirkLange | 18 Thomas Fuchs | 18 Damiano Belvedere | 20 Ronny Ziesmer

[50] [58] Profile [54]Wechselspiel

40 Einmal Regie führenBislang dominiert dieScheu, doch über sozialeNetzwerke können Ver-bände und Vereine ihreKommunikation selbst indie Hand nehmen

44 Auf Austausch angelegtMedienexperte HendrikSpeck über Web 2.0 unddie zersetzende Kraft desDialogs

46 Ohne Weh nichtswert _ Dossier_SchmerzWas wäre Jubel ohneSchmerz? Die Mediennutzen das Gegensatzpaar,um Sport zu inszenieren

50 Karge ErinnerungKnausern bei der Ver-gangenheit: die schwierigeLage deutscher Sport-museen

58 Beständig im WandelEx-Speerwerferin SteffiNerius und ihr neuesLeben als Behinderten-sporttrainerin

54 Geschwindigkeit erhöhenJochen Färber und StefanBruckner über das neueMarketing- und Kommu-nikationskonzept vonMünchen 2018

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6 [ Augenblick, verweile ] Faktor Sport

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DERMENSCHSPIELT

nerbittlich dringt der sportliche Zeitgeist in die einsamsten Gegendenvor. Auf der Suche nach frischen Herausforderungen haben Gleit-

schirm- und Drachenflieger, Kiteskater und Mountainbiker längst das Piano Grande entdeckt. In diesem tausend Meter hochgelegenen menschenleeren Tal hinter demÖrtchen Castelluccio in der grünen MitteItaliens sind sonst nur Wanderer und Reiteranzutreffen. Und angeblich hin und wiederLuchs, Wolf und Braunbär. Eine grandioseWelt für sich, aus Gras, kargen Bergen undHimmel. Nur, was passiert in der Abge-schiedenheit, wenn der ModesportakrobatGleitschirm und Bike hinterm Wohnmobilverstaut hat und die Abendsonne langeSchatten in die Ebene vor dem 2500 Meterhohen Monte Vettore wirft? Dann genügenein windschiefes, verrostetes Tor und einBall. Für das, was, wie Schiller schon wuss-te, Menschen an jedem Ort tun, wenn siesich auf sich besinnen und ganz Menschsind: Sie spielen. ]

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Faktor Sport [ Augenblick, verweile ] 7

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8 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

Sieht so aus wie bei den Erwachsenen und macht genauso viel Spaß: Die Spanierin Natalia Izquierdo in derStabhochsprung-Qualifikation bei den Olympischen Jugendspielen in Singapur

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VERTEILTER GLANZ

Fast 4000 Athleten im Alter von 14 bis 18Jahren aus 204 Ländern waren in Singapurdabei. 93 Länder waren am Ende im Me-daillenspiegel vertreten, zehn mehr als beiOlympia 2008 in Peking. Der deutscheNachwuchs gewann 23 Medaillen, davonvier goldene durch Ruderin Judith Sievers(Kappeln), die beiden LeichtathletinnenShanice Craft (Mannheim/Diskus) undLena Malkus (Münster/Weitsprung) sowieBoxer Artur Bril (Köln).

ANLEIHE BEIM NACHWUCHS

Das sportliche Gerüst der Spiele in Asien gab einige wertvolle Hinweise für das künf-tige Olympia-Programm. Als nachzuah-mende Ideen gelten etwa die gemischtenStaffel-Wettbewerbe mit Frauen und Män-nern sowie die von Publikum und Aktivenpositiv aufgenommene Basketball-VarianteStreetball. Man denke „sehr ernsthaft“ da-rüber nach, die neuen Wettbewerbe insProgramm der Olympischen Spiele zu inte-grieren. „Das käme allerdings frühestensfür Rio de Janeiro 2016 infrage“, sagteJacques Rogge.

RUN AUF DIE JUGEND

Die Premiere hat anscheinend Lust auf mehr ge-macht: Insgesamt 17 Länder sollen ihr Interessebekundet haben, künftig Jugendspiele auszu-richten. Nach Aussagen von Thomas Bach könn-te eine Entscheidung für den Nachwuchs einegegen die alten Hasen sein. Der IOC-Vizepräsi-dent sagte, dass nach Singapur und Nanking nurLänder folgen sollten, „die nicht Organisatorenvon Olympischen Spielen waren“. Man könnedarüber nachdenken, dass Ausrichter von Ju-gendspielen „für die nächsten acht oder zwölfJahre nicht kandidieren sollten.“

FREUDVOLLER PRÄSIDENT

Jacques Rogge, Wegbereiter der Nach-wuchsveranstaltung , hat sich in seinemFazit der Premiere in Singapur „extrembegeistert“ geäußert. Der Erfolg habeselbst seine kühnsten Erwartungen über-troffen, sagte der IOC-Präsident. „Ichhabe 22 Olympische Spiele an maßgebli-cher Stelle miterlebt, Singapur steht aufdieser Liste ganz oben.“ Die nächstenSpiele werden 2012 in Innsbruck (Winter)und 2014 im chinesischen Nanking (Sommer) ausgerichtet.

Mal hat es „klick gemacht“: So viele Downloads verzeichnete der TV-

Kanal der Olympischen Jugendspiele bei YouTube, vier Millionen Fans

folgten auf Facebook.

Damit toppt der Nachwuchs die „Alten“, wie IOC-Sprecher Mark Adams bestätigt: „Das sindmehr Downloads als während der Olympischen Winterspiele in Vancouver.“ Das deutscheTeam setzte gleichfalls Akzente im Web und präsentierte sich auf Facebook und Twitter mit eigenem Profil. Ganz dem digitalen Auftritt angepasst, war die 252-seitige Mannschafts-broschüre als E-Book gehalten und nur via Internet einzusehen.

MITGESCHNIT TEN

„Das ist eine tolle Geschichte, bei der sich alleausprobieren konnten. Jeder junge Sportlerwill zu den Olympischen Spielen, das ist je-doch ein weiter Weg. Deshalb ist es gut, dasses diese Jugendspiele gibt.“Judith Sievers aus Kappeln, Siegerin im Ruder-Einer

„Das war etwas ganz anderes als eine WM –noch cooler. Es ist für mich ein erster Schrittin Richtung Olympische Spiele. Das Kultur-programm musste nicht unbedingt sein.“Richard Hübers aus Dormagen, Dritter im Säbelfechten

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FIGUREN DES SCHMERZESEr hämmert, zieht und sticht, tritt akut auf, periodisch oder

chronisch, kann aus äußerer wie innerer Verletzung entstehen –

und im Übrigen durchaus fruchtbar sein. Schmerz hat den Sport

immer begleitet, aber die neue Öffentlichkeit hat das Thema

richtiggehend populär gemacht. Annäherung an ein zutiefst

persönliches Phänomen.

TEXT: NICOLAS RICHTER

10 [ Flutlicht_Dossier_Schmerz ] Faktor Sport

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Faktor Sport [ Flutlicht_Dossier_Schmerz ] 11

14 JÖRG JAKSCHE

14 ULI EICKE

16 DIRK LANGE

18 THOMAS FUCHS

18 DAMIANO BELVEDERE

20 RONNY ZIESMER

SECHS GESICHTER,EIN THEMA

r wurde auf Sizilien geboren, er kämpf-te für Deutschland, aber berühmtmachte ihn eine Brücke in Kalifornien.Diese Brücke von Pasquale Passarelli

hielt 90 Sekunden, eine Ewigkeit im Rin-gen. Die Beine und ein Oberarm auf dem Boden, der andere Arm und der Kopf in einen Schraubstock gepresst, in den sichMasaki Etos Oberkörper verformt hatte,stemmte sich der Bantamgewichtler im Finaleder Olympischen Spiele 1984 gegen dieVersuche seines japanischen Gegners, ihnzu schultern. Passarelli schöpfte sichtbaraus dem Letzten, Bewegungen zuckenderVerzweiflung, „unmenschlich“ nannte derModerator die Belastung. Sein Körper,dachte man, fühlte sich jetzt an wie ein gro-ßer Herd drückender, stechender, ziehen-der Schmerzen.

Dachte man. Pasquale Passarelli hat später in einem Interview gesagt: „In dem Momentselber habe ich nichts gemerkt. Wenn man warm und im Kampf ist, gibt es keineSchmerzen.“

Was für eíne Geschichte. Zugespitzt könnteman sie zum Moment erklären, in dem sichdas Verhältnis zwischen Sport und Schmerzzu erweitern begonnen hat und mit ihm seine Wahrnehmung. Denn 1984 ist im Sinndieses Verhältnisses Vorzeit. Für die Mehr-heit in westlichen Gesellschaften ist SportLebensinhalt geworden, er ist Wirtschafts-zweig, Schwergewicht der Alltagskultur, für nicht wenige auch Glücksversprechen.Und seine Omnipräsenz, seine Stilisierung in den Medien (siehe Seite 46) lassen seineSchmerzfacetten deutlicher aufscheinen.

Anni Friesingers Zielrutsche bei den Winter-spielen in Vancouver 2010: Ohne die zigZeitlupen, Interviews, Studiodebatten hätteman das Drama viel weniger als solches erlebt. Andererseits stelle man sich vor, ihrSturz hätte das Aus fürs Team bedeutet:Dann hätte die Aufmerksamkeit ihr Leidnoch gesteigert.

Schmerz ist seiner Privatheit enthoben, imSpitzen- wie im Breitensport. Jeder nimmtan den Debatten um Michael Ballacks Ver-letzungen Teil: seines Knöchels, seines Egos,seiner Ehre. Zugleich kennt nicht nur jederMuskelkater und Pferdekuss, sondern kann

halbwegs erklären, was dabei im Körper pas-siert. Der Schmerzumgang hat sich verzweigt:Wurde Schmerz früher in der Regel schlichterlitten, meidet man ihn nun gezielt – jederFeiertagsjogger wärmt sich leidlich auf –, um ihn andererseits zu suchen, etwa im Ex-tremsport.

DIE PSYCHE ENTSCHEIDET

Ein so großes Thema erlaubt kein Nach-zeichnen, aber ein Skizzieren in Ausschnit-ten. Angefangen mit Passarellis Geschichte:Sie enthält nicht nur diesen klassischen Kern,der vom Durchhaltevermögen, dem Sieges-willen des Athleten und ihrer Faszinations-kraft erzählt. Sie zeigt im Weiteren zum Beispiel, wie besonderes, sichtbares Leideneinen Sieger zum Helden erhebt – Passarellierhielt für seinen Olympia-Auftritt einst einen Ehrenpreis der Goldenen Kamera –oder wie sich (vermeintlicher) Schmerz anderen Menschen wohl am eindrücklichstenmitteilt: nonverbal, über Mimik und Gesten.

Aber die Wahrnehmung von außen ist nurdas eine, die Wurzel des Phänomens kriegtman damit nicht zu packen: Was ist mit demBetroffenen? Warum reagiert dieser so undjener ganz anders auf Schmerz, ob körperlichoder seelisch verursacht?

Spot auf die Wissenschaft. „Schmerz ist im-mer auch ein psychisches Erlebnis“, sagt Jens Kleinert, leitender Professor der Abtei-lung Gesundheit und Sozialpsychologie am Psychologischen Institut der DeutschenSporthochschule in Köln. Letztlich gehe es darum, „wie jemand Schmerz wahrnimmt,einordnet und bewertet“. Natürlich steht das Schmerzempfinden im Verhältnis zumAusmaß einer Verletzung, aber nur zum Teil. Kleinert spricht von „unterschiedlichenmotivationalen Zuständen“ wie Angst undSelbstvertrauen, die sich auf die Wahrneh-mung auswirkten. Thomas Fuchs, Philosoph,Psychiater und Buchautor, sagt: „Schmerzkann in verschiedenem Maß unterdrückt wer-den, und zwar in Abhängigkeit der Aufmerk-samkeit und der Emotionalität der Situation.“

Passarelli, um ihn noch mal zu bemühen, ließsich vom Kampf um Gold offenbar so verein-nahmen, dass sein Schmerz „blockiert“ war.Zudem ist er vielleicht ein harter Hund.

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12 [ Flutlicht_Dossier_Schmerz ] Faktor Sport

Kleinert: „Es ist ein bekanntes Phänomen,dass sich die Schmerzschwelle der Menschensehr ähnelt, während sich die Schmerztole-ranz, also unter anderem die Stärke und Artdes Schmerzempfindens, stark unterschei-det.“ Das hängt unter anderem von den Erfahrungen des Einzelnen ab. Kleinert undFuchs betonen zudem den Einfluss von Kultur, Geschlecht oder sozialer Umgebung.

Was den Sport angeht: Auch er kann dieSchmerzwahrnehmung verändern, der er zu-gleich unterliegt. Die Wechselwirkung ist oft zum Vorteil des Einzelnen, so im Breiten-und Freizeitsport. Leichtes Ausdauertrainingkann Migräne lindern, Kraftgymnastik dasRückenleiden. Und indem sie die Ausschüt-tung von Endorphinen anregt, erhöht Bewe-gung (vorübergehend) die Schmerztoleranzdes Einzelnen – vor allem im Mannschafts-sport respektive Gruppentraining, wie For-scher der Universität Oxford kürzlich festge-stellt haben. Andererseits weist Schmerz aufeine Verletzung oder eine Überlastung desOrganismus hin, sagt dem Hobbyathletenalso, wann sein Körper erst mal genug hat.

AUSHALTEN JA, BETÄUBEN NEIN

Der Hochleistungsanspruch verdichtet dasVerhältnis. Spitzensport verlangt die Über-windung körperlicher und mentaler Grenzen,der Athlet erlebt Schmerz als Begleiterschei-nung seiner Profession – im Sinn äußerer wieinnerer Verletzung, etwa in Form persönlichenVersagens im entscheidenden Moment.

Wer auf Hochleistung aus ist, kann im Rah-men seiner Ziele nicht jedem Warnsignal desOrganismus nachgehen. Er wird auch nichtjede Enttäuschung aufarbeiten – selbst wenner eine Ahnung haben sollte, wie das gehenkönnte. Der verunglückte Turner RonnyZiesmer sagt, was viele Athleten sagen: Leis-tungssport habe ihn gelehrt, nicht zurückzu-schauen (siehe Seite 20). Dass er seine Ge-schichte wider Erwarten nicht als schmerz-haft begreift, sagt zunächst weniger über ihnals über die eigene umfeldgeprägte Vorstel-lung aus. Ziesmer verwehrt der Öffentlich-keit einfache Anteilnahme. Na und?

Jeder muss sich zu Schmerz verhalten, einTopathlet sowieso. Wie, das hängt von derPerson, der Situation, den Eigenheiten der

Disziplin und der Art des Schmerzes ab. ImExtremfall trifft man auf Haltungen wie die des ehemaligen Radsportlers Jörg Jaksche,der sagt: „Man muss als Profi sicher eine gewisse Leidensfähigkeit mitbringen. Du bistmager, jedes Training tut weh, du hast immerAdrenalin in dir und ab und zu Todesangst.Ich habe das geliebt.“

So weit mag nicht jeder gehen, aber Aushal-ten, seltener auch Ausschalten können imSpitzenbereich manchmal als einzige Optionerscheinen – ein Mann wie SchwimmtrainerDirk Lange baut den Schmerzumgang gar zumTaktikelement aus (siehe Seite 16). Systema-tisches, medikamentöses Betäuben hingegenhält die Wissenschaft für keine gute Idee,ganz im Gegensatz zum systematischen Vor-beugen, das auch der (Heil-)Praktiker Uli Eicke empfehlen würde: Der Ex-Kanute muss

seine Patienten durch starken akuten Schmerzführen, um den chronischen zu lösen.

Lösen ist nicht gleich loswerden. Weil diePsyche das letzte Wort hat. Schmerz entstehtimmer im Gehirn, ob die Verletzung körper-lich oder seelisch ist. Die Wissenschaft trifftin der Definition keinen grundlegenden Unterschied zwischen Schmerz durch eineGewebeschädigung und Schmerz durch eine vorgestellte Gewebeschädigung. Kleinert:„Ein Mensch, der sagt: ‚Das zerreißt michinnerlich‘ erlebt einen Schmerz, auch wenner von einem rein psychischen Erlebnisspricht.“ Das Stechen des Bänderrisses, dasStechen der entscheidenden Niederlage –beides wird an gleicher Stelle im Gehirn ver-arbeitet, und beides wird im Gedächtnis gespeichert. Schmerz mag nicht mehr immerprivat sein. Persönlich bleibt er. ]

DIE FALSCHEN MIT TELDer Fall von Arjen Robben hat das Thema wieder hochgespült. Der Konsum von Schmerzmitteln ist im Spitzensport wohl nichtselten – obgleich selten nachgewiesen bisher. „Über das Verhaltenvon Sportlern bei Schmerzen wissen wir relativ wenig“, sagt derSport- und Gesundheitspsychologe Jens Kleinert, der sich an derDeutschen Sporthochschule in Köln mit dem Thema befasst.

Tatsächlich kreist die Medikamenten-Debatte bisher um kon-taktreiche, also schmerzträchtige Teamsportarten mit langen,dichten Saisons, speziell Fußball und Handball. Kleinert legt aberErgebnisse einer Untersuchung vor, in der über 90 Prozent derbefragten Athleten aus dem oberen Leistungsbereich angaben, sie hätten bei Kollegen die Einnahme von Voltaren, Paracetamol,Ibuprofen et cetera beobachtet; im unteren Leistungsbereichwaren es knapp 70 Prozent.

Während die Fachwelt debattiert, ob die Schmerzmitteleinnahmezum Doping zählt, gelten Betäubungsmaßnahmen für unklug,wegen der Nebenwirkungen direkter und indirekter Art. Kleinertfragt: „Ist Schmerz – natürlich nur bis zu einem gewissen Grad –nicht etwas, mit dem ein Sportler genauso umzugehen lernen musswie mit positivem körperlichen Empfinden?“

Das Medizinische ist das eine: Ein Signal wird ausgeschaltet, in einem Heilungsprozess etwa. Zudem gehe es ums Körperver-ständnis:: „Mein Körperbild wird nicht nur über die Wahrneh-mung meiner Leistung, sondern auch über den Umgang mitSchmerzen aufgebaut“, sagt Kleinert. „In diesem Sinne braucheich Schmerzen.“

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mit-doping-ist-alles-umsonst.de

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14 [ Flutlicht_Dossier_Schmerz ] Faktor Sport

und am nächsten Tag gewann der Patientauf dem Lake Casitas bei Los Angeles Gold.Inzwischen glaubt Eicke zu wissen, was ihngerettet hat – und auf welche Weise er heu-te selbst helfen kann. In seiner Praxis inDüsseldorf-Benrath gibt der 58-jährigeHeilpraktiker alles, um bestimmte Muskelnoder Muskelgruppen seiner Patienten wie-der „lang zu kriegen“, wie er sagt. Im Ver-gleich zum Teamarzt von damals setzt erstatt einer Injektion den zielgenauen Druckseiner Hände ein. Und er lehrt praktischeÜbungen, mit denen die Geplagten die„Gegenspieler-Muskeln“ stärken können,zur Entlastung.

Eine verkürzte Muskulatur ist für den Olym-piasieger und dreifachen Vizeweltmeisterdie Ursache beinahe aller Schmerzen, die

Momentaufnahme. Es ist der 20. Juli,der Profi-Radsport rast gerade durch Frank-reich, und Jörg Jaksche ist ganz weit weg. Ersitzt in seinem Stammcafé in der gemütlichenAltstadt von Kitzbühel, ein heißer Tag neigtsich. Vorhin war Jaksche am Kitzbühler Horn,die Abfahrt nahm er wie einst, als er dafür be-zahlt wurde: weitestmöglich ungebremst.Sein Blick erspart jedes Wort: Es war klasse.

Aber es war nur ein flüchtiger Moment inseinem neuen Leben. Ein Leben, in dem erHobbyfahrer ist statt Profi, ein Leben ohneRennen. „Nein“, sagt er kerzengerade, erschaue sich die Tour nicht an. Erinnerungensind in der Saison ohnedies unausweich-lich. Und Erinnerungen tun weh. „Ich habeetwas gesagt, das dem Rechtsempfinden imRadsport widersprach. Damit habe ichmeine Profession und meine Passion getö-tet“, sagt er.

Das Erlebnis. Jörg Jaksche hat jahre-lang gedopt; wie es anscheinend üblich warin der Szene. Er hat geredet; wie es unüblichwar und ist. Der gebürtige Franke war einerder Fahrer, die sich als Kunden des berüch-tigten Eufemiano Fuentes überführt sahen.Zunächst leugnend, sagte er 2007 als Kron-zeuge gegenüber den Justizbehörden, auchim „Spiegel“ aus: über das Fuentes-Netz-werk, Dopingstrategien in seinen früherenTeams. Eine auf ein Jahr begrenzte Sperresollte sein Vorteil sein. Jaksche hatte ge-glaubt, die Zeit sei reif für Aufklärung. EinIrrtum. Als er 2008 seine Sperre verbüßthatte, bewarb er sich bei diversen Topteams.Keine Chance. Irgendwann nahm ihn eindrittklassiger italienischer Rennstall auf –und ging kurz darauf pleite. Jaksche sagt:„Was nutzt eine Kronzeugenregelung, wennder Kronzeuge am Ende arbeitslos ist?“

Der Schmerz. Von „Betrug“ ist im Dopingdiskurs häufig die Rede. Man könnteverstehen, wenn sich Jaksche betrogen

fühlte, aber es hört sich nicht so an. Er stellt fest, bedauert, kritisiert. Aber er hadert nicht. Er beschuldigt, wenn über-haupt, ein gesellschaftliches Ganzes, dassich Wahrhaftigkeit auf die Fahnen schreibt,an Wahrheit aber nur interessiert ist, wennsie nicht kratzt.

Sein Schmerz hat lebensprägende Dimensi-on. Jaksche, heute 34, sieht sich ums Aus-kosten einer erfüllten Liebe gebracht: „Ichhätte noch sechs Jahre fahren können.“ SechsSaisons, die ihm den regelmäßigen „Kick“

„Von Überwindung bin ich weit entfernt. Ich versuche mit derSache klarzukommen“

JÖRG JAKSCHE,ehemaliger RadprofiAusgesprochen ausgebremst: Jörg Jaksche

und der Verlust von Profession und Passion.TEXT: NICOLAS RICHTER

Die Pein der Erlösung: Uli Eicke und die Arbeitam Schmerzpunkt.TEXT: BERTRAM JOB

s kommt der Punkt, an dem Aushaltenkeine Option mehr ist, und wie oft warUli Eicke selbst schon so weit! Als jun-ger Kanute konnte er mit dem akuten

Schmerz, der vom kurzfristigen Überschrei-ten der Leistungsgrenze rührt, recht gut um-gehen. Aber wenn der chronische Schmerzeinsetzt, mit dem der Körper gegen einseitigeBeanspruchung protestiert, ist auch der här-teste Wettkampftyp blockiert.

Eigentlich schien der damals 32-Jährige dasolympische Finale 84 im Einer-Kanadier(1000 Meter) zu verpassen. „Ich konntekein Paddel mehr halten und hätte norma-lerweise meine Sachen gepackt“, erzählt er.Dann injizierte ihm ein Mannschaftsarzt mit vielen feinen Nadeln eine isotonischeLösung in die rechte Schultermuskulatur –

E

garantiert hätten, wie er sagt, die täglicheFrage: Schaffst du’s? Die Qualen des Trai-nings zu überstehen, den Hochdruck imRennen, Abfahrten mit Tempo 100, auch aufnasser Straße. „Greg LeMond hat mal ge-sagt, als Radprofi befinde man sich in kriegs-ähnlichem Zustand mit seinem Körper. Dasstimmt“, sagt Jaksche. Diesen Kampf genießtniemand, aber er bot ihm einen tiefen Reiz,den er nun entbehrt.

Und das ist nicht das Schlimmste. „DasSchlimmste ist, dass ich das Ende meiner

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Faktor Sport [ Flutlicht_Dossier_Schmerz ] 15

Verlust aber – an Lebenszufriedenheit,Selbstwert, auch finanzieller Sicherheit –wiegt schwerer.

Würde er noch mal gestehen? Er fährt eineKurve. „Sagen wir so: Würde mich ein Fah-rer in vergleichbarer Situation fragen, würdeich ihm an meinem Beispiel beide Seitenaufzeigen. Ich schätze mal, er würde danneher kein Kronzeuge.“

Letztlich sei er allein bei dem Thema, sagtJaksche. Eine Bekannte hat Brustkrebs. Er hat ihr mal gesagt, im Vergleich dazu seisein Problem klein. „Sie hat geantwortet,das stimme so nicht. Entscheidend sei, wiesehr einen ein Problem persönlich berühre,das lasse sich von außen nicht beurteilen.“Es ist diese Art Wahrheit, an die Jörg Jak-sche heute glaubt. Sie stützt ihn, wenn Leute sagen: „Der fährt nicht mehr Rad – na und?“ ]

Als die Welt noch einfacher zu sein schien: Zeitfahrenbei der Tour de France 2005

„Wenn der Patient schreit, weiß ich,dass ich richtigliege“

ULI EICKE, Schmerztherapeut

sich an Gelenken und Bandscheiben ledig-lich manifestieren. Das gilt für Leistungs-sportler ebenso wie für viele andere einseitigbeanspruchte Menschen. „Wenn heute Pa-tienten mit Schmerzbildern bei mir auftau-chen, suche ich immer nach den verkürztenMuskeln“, sagt Eicke. „Und wenn ich fündigwerde, ist der Schmerz auch schnell weg –egal wie massiv er vorher war.“

So kommt der Schmerztherapeut dem Orthopäden zuvor, der allzu oft gleich operieren will. Eicke folgt nicht der klassi-schen Schulmedizin, die dem Kanuten imAlter von 28 riet, lieber heute als morgenaufzuhören. Er folgt der Methode der Bio-kinematik, die der Freiburger MedizinerWalter Packi entwickelt hat – und an Athle-ten wie Hammerwerfer Heinz Weis und

Eicke erfolgreich anwandte. Sie setzt an den Rezeptoren an, die den Spannungs-zustand im Muskel steuern, und zielt auf die Wiederherstellung der inneren Muskel-regulation.

Das klingt ein gutes Stück sanfter, als es ist.„Hier wird viel geschrien“, sagt Eicke. „Aberwenn der Patient schreit, weiß ich, dass ichrichtigliege. Ich übe ja Druck auf den Muskelaus, dadurch wird die Spannung rausgenom-men.“ Der ehemalige Aktivensprecher hattePacki am Leistungsstützpunkt Köln kennen-gelernt und dessen Methode zuerst anFreunden und Bekannten ausprobiert. Vorvier Jahren dann quittierte er den Schul-dienst, um seine Praxis zu eröffnen: ein hellgehaltenes Reich der Schmerzen, fußläufigzum Benrather Schloss.

Das Ergebnis seiner vorerst letzten Häu-tung fordert den beharrlichen Sinnsucherähnlich wie sein Sport: „Wenn ich hier achtbis zehn Patienten hatte, kannste mich amAbend vergessen.“ Vor allem Handwerkerund Musiker lösen bei ihm Alarm aus. Undeben Sportler. „Das ist ja fast immer ein-seitig“, sagt Eicke. „Ein Teil der Muskulaturwird trainiert, während ein anderer Teilnicht gebraucht wird und sich abmeldet.Das produziert Schmerzen, wenn man nichtbestimmte Übungen dagegen macht.“

Er bedauert ein bisschen, dass er so relativspät auf diesen Zusammenhang gestoßenist. „Sonst“, sagt er, „hätte das auch öftergeklappt mit mir.“ ]

Karriere nicht selbst wählen konnte. Es warerniedrigend, plötzlich Bittsteller zu sein.“

Die Verarbeitung. Wie er dasitzt underzählt, wirkt Jörg Jaksche nicht unglück-lich. Phasenweise bedrückt, desillusioniert,das schon. Aber stets offen, selten bitter,nie zynisch. Schmerz: Er meidet den Aus-druck, aber spricht über das Gefühl, unge-schönt. „Von Überwindung bin ich weitentfernt. Ich versuche mit der Sache klar-zukommen. Mal gelingt das, mal weniger.“Er schaut dem Verlust ungern in die Augen,natürlich: Keine Tour im TV, kein Kontaktzu Exkollegen.

Sein Geständnis hatte etwas Gutes. Ob-wohl er seit 2009 im Auftrag eines Trai-nings-Dienstleisters in Italien arbeitet,verbringt er jetzt mehr Zeit zu Hause, imBrixental nahe Kitzbühel. „Ich habe so viele nette Menschen kennengelernt.“ Der

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„Sie fliegt nicht mehr“,sagte Dirk Lange bei den Olympischen Spielen2000 über seine Top-athletin Sandra Völker.Die hoch gehandelteMedaillenkandidatinverließ Sydney ohneEdelmetall und in gro-ßer Enttäuschung. Zumkörperlichen Schmerz(noch im Badeanzug)gesellte sich der psy-chische – auch beimTrainer

Training im Stahlbad: Dirk Lange über den Unterschiedzwischen guten und großen Athleten.INTERVIEW: MARCUS MEYER

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Faktor Sport [ Flutlicht_Dossier_Schmerz ] 17

„Lange Arme, langeBeine entscheiden nichtüber den Sieg“

Herr Lange, Schwimmen ist eine Sportart ohneKörperkontakt zum Gegner. In welcher Formspielt Schmerz eine Rolle? Das ist bei unseremSport natürlich anders als zum Beispiel beimFußball, bei dem er in erster Linie durch denGegner im Zweikampf verursacht wird. Bei unsgeht es eher um den Schmerz beim Gegenhaltengegen die Belastung.

Eigener Aussage nach stehen Sie für Wett-kampfhärte und Siegermentalität. Demnachmessen Sie diesem Aspekt große Bedeutung bei?Er ist für mich entscheidend. Ich bin davonüberzeugt, dass sich ein guter und ein großerAthlet darin unterscheiden, wie gut sie mitSchmerz umgehen können. Ich glaube nicht,dass es das Talent schlechthin gibt. Lange Armeund lange Beine entscheiden nicht über denSieg. Mentale Stärke ist wichtiger. Bei der heu-tigen Renneinteilung wissen sie, dass relativschnell der Schmerz kommt. Die Frage ist, wieman damit taktisch umgeht.

Und: Wie geht man damit um? Wir haben be-kanntlich neues Equipment seit Anfang diesesJahres, Rennanzüge sind verboten. Durch dieseAnzüge hatten wir eine Kompression, ein Gleit-vermögen, sodass die Schmerzen nicht so direktund unmittelbar ankamen wie zu Zeiten, in denenin Badehose und Badeanzug geschwommenwurde. Schmerzen tauchten erst so richtig beimAnschlag auf und danach, wenn der Schwimmeraus dem Wasser gestiegen ist.

Rennanzüge haben die Taktik geprägt? Ja, imGegensatz zu den 80er- und 90er-Jahren wurde ein enormes Tempo bereits vorn angelegt.Man wusste: man kommt irgendwie durch. Der Anzug verhinderte die größten Schmerzenund damit den Einbruch. Als die Anzüge ausdem Verkehr gezogen wurden, haben sich natürlich alle gefragt, wie man taktisch mit demRennen umgeht: ändern oder bei dem bleiben,was mit Anzug beherzigt wurde?

Wohin geht die Tendenz? Es zeigt sich, dasszwar einige wieder Gleichmaß schwimmen,aber die meisten einfach so weiterschwimmenwie mit Anzug. So hat das Thema Schmerz eineandere Dimension erhalten, weil sich jederausrechnen kann, dass bei dem hohen Temponoch vor der letzten Bahn extreme Probleme auf ihn zukommen.

Trotz der fehlenden Dämpfung gilt also weiter-hin „volle Pulle“ ... Ich gebe Ihnen ein Beispiel:Wenn man früher 100 Meter geschwommen ist und eine Grenze von 50 Sekunden hatte, istman die erste Bahn mit 24 Sekunden angegan-gen und anschließend eine 26 geschwommen.Heute fangen die Topathleten mit 22,5 oder22,8 an. Sie wissen, dass dieses Vorgehen mehrtaktische Varianten zulässt und der Gegner früher vor Prüfsituationen gestellt wird, in denenes auf die innere Härte ankommt.

Klingt brutal. Paul Biedermann zum Beispiel ist ein Typ, der genau diese Situationen anstrebt,der sich freut, wenn bei der letzten Wende aufder 400-Meter-Strecke Michael Phelps nebenihm liegt. Dann weiß er: Jetzt wird es hart, jetzt werden die Männer, die Helden gemacht.Er versucht bewusst, das Tempo im Vorfeld sohoch zu halten, dass die Gegner, ob Phelps oderandere, schon an ihrem Limit sind und bei derletzten Wende auf dem Zahnfleisch kriechen.

Was bedeutet das für das Training? Die Me-thodik ändert sich. Renntaktische Überlegun-gen rücken stärker in den Trainingsbereich.Früher galt: Gleichmaß schwimmen, Ausdauertrainieren, damit man hinten ankommt. Jetztwerden bereits vorn schnelle Geschwindigkei-ten realisiert, die so lange wie möglich hochge-halten werden müssen. Obwohl man weiß, dassman es wahrscheinlich nicht durchhält. DasTraining bekommt dadurch einen ganz anderenDrive, eine andere Richtung, man bewegt sich im wettkampfnahen Bereich. Man mussöfter an die eigenen Grenzen herangehen, um die Situationen des Rennens zu simulieren.

Auf welcher Ebene laufen die Gespräche mitden Athleten? Sind das diffizile Auseinander-setzungen oder heißt es eher: Augen zu unddurch? Ich war vier Jahre als Cheftrainer inSüdafrika und mir ist aufgefallen, dass beiAustraliern, Engländern und SüdafrikanernBesprechungen vor einem Wettkampf andersablaufen als hier. In Deutschland muss maneher die Gesamttaktik für das Rennen in denVordergrund stellen, während ich bei den Engländern oder Südafrikanern sagen kann: Ich erwarte, dass du vorne voll gehst. InDeutschland heißt es dann sofort: Aber dannsterbe ich zum Schluss. Als Trainer müssen Sie bei deutschen Athleten stärker in den psy-chischen Bereich gehen und die Frage beant-worten, was hinten passiert. ]

DIRK LANGE, Bundestrainer Schwimmen

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18 [ Flutlicht_Dossier_Schmerz ] Faktor Sport

erade hat Matthias Steiner 248 Kilo indie Höhe gewuchtet. Die Spannung imWettkampf der Superschwergewichtlerbei den Olympischen Spielen 2008

steigt. Steiner kann Gold holen. Im nächstenVersuch, seinem letzten, wird sich alles entscheiden. Dann der Satz, der Alarm imdeutschen Lager auslöst: „Ich habe einenBlock.“ Damiano Belvedere versteht sofort.Eine Blockade der Brustwirbelsäule. „Hartwie eine Betonwand“, beschreibt er, wie sichder Muskel in diesem Moment anfühlt. DerPhysiotherapeut hat jetzt nur einen Versuch –und wenig Zeit. Eine Situation, wie er sie aus zig Wettkämpfen zuvor kennt.

Belvedere hat Steiner genau beobachtet,schon seit dem Vormittag, als sie das Hotelverlassen haben und in die Sporthalle der

Universität für Luft- und Raumfahrt in Peking gefahren sind. „Matthias hat nichtviel geredet, keine lockeren Sprüche gemacht wie sonst“, sagt Belvedere. Das ist ein gutesZeichen. „Topathleten haben eine ganz be-stimmte Aura. Aus ihren Sätzen, ihren Ges-ten, ihrem Verhalten kann ich meist schonableiten, wie gut sie im Wettkampf sein wer-den.“ Für Steiner, davon ist Belvedere über-zeugt, ist heute ein guter Tag.

Hunderte Sportler hat der Physiotherapeutschon unter seinen Händen gehabt. Seitmittlerweile 13 Jahren betreut er die Ge-wichtheber-Nationalmannschaft, drei Malwar er bei Olympischen Spielen dabei. „Ichbereite mich auf Wettkämpfe ähnlich intensivvor wie ein Athlet. Ich schlafe ausreichend,ernähre mich bewusst, achte auf mein Wohl-befinden. Schließlich muss ich mental undkörperlich topfit sein.“ Belvedere kennt dieEigenheiten seiner Sportler, typische Sze-nen, mögliche Verletzungen.

Wenn Athleten alles aus sich herausholen,wenn es um Sieg oder Niederlage geht, wennsich Verletzungen ereignen – in solchen Ex-tremsituationen ist der Schmerz immer prä-sent. Belvedere bekämpft ihn im besten Sin-ne handwerklich, aber genauso gezielt mitWorten, Blicken, Gesten, Emotionen. „JederSportler reagiert anders. Der eine brauchtdie harte Ansprache, der andere muss beru-higt werden, um dann diesen gewissen, ent-scheidenden Schmerzpunkt zu überwinden“,sagt Belvedere.

Den dritten Versuch im Reißen schmeißtSteiner hin, den ersten im Stoßen auch.Dann kommt er zurück in den Wettbewerb,mit 248 Kilo. Warum aber versagt jetzt derKörper? Es ist nicht nur die Last auf derHantel, die Steiner zusetzt: Erst ein Jahr ist

G

DER GRENZGANG. Das Gespräch mitThomas Fuchs fordert Aufmerksamkeit, esführt auf Anhöhen – manchmal auch Gipfel –der theoretischen Schmerzforschung, einer-seits. Der Psychiater und Philosoph, Inhaberder Karl-Jaspers-Professur an der Universi-tät Heidelberg, vermag andererseits Brückenzu bauen, Natur- und Geisteswissenschaftenanschaulich zusammenzuführen. Seine Er-kenntnisse begünstigen ein Gesamtverständ-nis des Menschen, das nicht trennt zwischenGeist und Körper. Und sie erhellen besondereAspekte des Beziehungspaares Sport undSchmerz.

DIE ÜBERHÖHUNG. Zahlreiche Men-schen suchen das Außergewöhnliche, auch im Sport. Der Schmerz ist einkalkuliert odergar ersehnter Freund. Spitzen- und Extrem-sport ist oftmals mit äußerster Anstrengungverbunden, die der Mensch für gewöhnlichunangenehm findet und höchstens in Not- situationen erlebt. Fuchs erklärt das eigen-tümliche Streben nach dem Grenzbereich so:„Die Fähigkeit, den Schmerz zu kontrollierenund durchzuhalten, verleiht Leistungssport-lern Macht über den eigenen Körper. DiesesErlebnis kann zum Stachel für das eigeneGrößenerleben werden, geradezu zu einemQuell von Lust.“ Zugespitzt heißt das: Dieselbst erzeugte Tortur zu ertragen, vermittelt –zumindest zeitweilig – das Gefühl der Souve-ränität über das eigene Schicksal.

ZUGANG ZUR WELT. Wenn ThomasFuchs über seine Forschungsmotivationspricht, nennt er an erster Stelle die „sichimmer erneuernde Erkenntnis“, dass derMensch kein reines Geistwesen darstelle,sondern „ganz und gar leiblich“ sei. In diesemZusammenhang ist dem Schmerz eine eigeneRolle zugedacht: „Er hat eine wichtige undmanchmal heilsame Funktion, weil er uns ge-wissermaßen aus der Verstiegenheit des Geis-tes herunterholt in die Niederungen desKörpers hinein. Das ist eine positive Kompo-

„Der Sportler muss spüren, dass ersich im Moment der Grenzerfahrungabsolut auf mich verlassen kann“

DAMIANO BELVEDERE, Physiotherapeut

Heilsame Niederungen: Professor Thomas Fuchsüber die Einheit von Körper- und Seelenschmerz.TEXT: MARCUS MEYER

Pistolengriff zum Gold:Damiano Belvedere unddie Kraft des Handwerks.TEXT: ROLAND KARLE

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es her, dass seine Frau bei einem Verkehrs-unfall ums Leben kam. Und erst wenige Mo-nate vor den Olympischen Spielen erhielt dergebürtige Österreicher den deutschen Pass.Nun ist er der große Hoffnungsträger desVerbandes, der einzige Medaillenkandidat.Belvedere: „Matthias ist mit diesen Umstän-den nach außen hin souverän umgegangen.Jetzt im Wettkampf kommt alles zusammen,drückt die körperliche und die mentale Last.“

Und die Angst vor dem schmerzhaften Versa-gen. „Weltklasseathleten schaffen es, sogarden Widerstand ihres eigenen Körpers zubrechen.“ Belvedere erinnert sich an Sydney2000, an Marc Huster und dessen spektaku-lären Silber-Stoß. Kurz zuvor war der Ge-wichtheber mit Wadenkrämpfen von der Büh-ne gehumpelt. „Der Körper streikte. Dakonnte ich nicht viel tun. Aber ich habe ihmZuversicht eingeimpft, gefragt: ,Merkst du,wie es besser wird?‘ Und auf der Bühne, dabekam Huster dann diesen besonderen Kick.“

Darauf hofft jetzt auch Steiner. „Komm,Matthias, leg dich hin.“ Der Gewicht -heber wälzt sich auf dem blanken Boden.„Ruhig bleiben, langsam atmen.“ Belve-dere dirigiert, gibt kurze, klare Anwei-sungen. „Der Sportler muss spüren, dasser sich in diesem Moment einer absolu-ten Grenzerfahrung völlig auf mich ver-lassen kann.“ Jeder Satz sitzt, der Phy-siotherapeut wählt seine Worte ganz bewusst.

Mit verschränkten Armen vor der Brustliegt Steiner nun vor ihm. Belvedere kenntden Körper seiner Schützlinge wie einKlavierspieler die Tasten seines Pianos.Er beugt sich über den Athleten, tastet dieWirbelsäule entlang. Dann greift Belve-dere zu. Kraftvoll, entschlossen, schnell.Der „Pistolengriff“, wie die Fachleute sa-gen, sitzt. Steiner richtet sich auf. Kurzdanach geht er raus auf die Bühne. Stößt258 Kilo und ist Olympiasieger. ]

nente des Schmerzes. Es ist auch diese Kör-perlichkeit, über die Menschen letztlich mitanderen Menschen verbunden sind – nämlichim Leiden und Mitleiden.“

DAS GEDÄCHTNIS. Gebranntes Kindscheut das Feuer, sagt der Volksmund unddeutet damit einen Zusammenhang an, dendie Neurologie als Schmerzgedächtnis be-zeichnet. Der Organismus merkt sich den Orteines Übels, der Körper nimmt Schon- undSchutzhaltungen ein, um weitere Verletzungenan den empfindlichen Stellen zu vermeiden.Ein für Profi- und Freizeitsportler gleicher-maßen vertrauter Vorgang. Fachlich formu-liert klingt der Verarbeitungsprozess wie folgt:„Wo immer äußerlich oder innerlich eine Blo-ckade oder Verletzung entsteht, wird dieseüber die Schmerzrezeptoren und die sensiblenNerven des Rückenmarks an den Kortex, dieGroßhirnrinde, weitergeleitet. Diesen Prozessnimmt der Mensch nicht wahr“, erläutert derProfessor. Man spürt das Weh am Ort derVerletzung; es entsteht jedoch erst durch dieVerknüpfung von Schmerzreiz und Gehirn.Bei chronischen Fällen lassen sich sogar phy-siologische Veränderungen an den Nerven-bahnen des Rückenmarks nachweisen. DieFolge: Die Schmerzempfindung nimmt durchWiederholung nicht ab, sondern verstärktsich.

DIE ILLUSION. Der medizinisch-techni-sche Fortschritt schürt den Glauben, jedesLeiden sei in den Griff zu bekommen und frü-her oder später zum Verschwinden zu bringen.Die unbestritten großen Errungenschaften inder medizinischen Entwicklung lassen kör-perliche Kümmernisse wie Überbleibsel auseiner anderen Zeit erscheinen. Verletzungen?Der Doc wird’s schnell richten. Man kennt dieWunderheilungen im Fußball. Niederlagen?Daraus schöpft man Kraft, bloß nicht inne-halten. Aber zu welchem Preis? Schmerz istein Grundphänomen, dafür empfänglich zusein, eine wesentliche Eigenschaft des Lebens.Das gilt erst recht für den seelischen Aspekt.Fuchs: „Die psychische Komponente desSchmerzes können wir nicht kontrollieren undaus der Welt schaffen, sie ist Teil unseres Da-seins.“ Er rät davon ab, um jeden Preis dage-gen anzukämpfen, geistig oder medikamentös.Nicht um heroisch zu leiden, sagt ThomasFuchs, sondern weil der Widerstand gegen dasLeiden nur noch mehr Leid produziere. ]

„Der Widerstand gegen das Leidenproduziert nur noch mehr Leid“

THOMAS FUCHS,Psychiater und Philosoph

Gekonntes Handwerk:Damiano Belvedereund Matthias Steinernach der Goldmedaillebei den OlympischenSpielen in Peking

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„Als ob man alles mit Boxhandschuhen machen würde“

RONNY ZIESMER,ehemaliger Turner

2003 deutscher Meister im Mehrkampf warund heute Biotechnologie studiert. „Alles,was in der Vergangenheit geschehen ist, kannich nicht ändern.“

Gelernt habe er diesen Umgang mit Unabän-derlichem als Leistungssportler. „Sich nachNiederlagen immer wieder hochzuarbeiten,prägt den Charakter“, sagt er und findet, alsSportler habe er deshalb einen Vorteil gegen-über anderen. „Man lernt auch, sich aufs Wesentliche zu fokussieren und dass man sichvon null aus dem tiefsten Loch rausarbeitenkann. Schon in den ersten beiden Wochen im Krankenhaus hatte er die Idee, eine For-schungsstiftung zu gründen, die „Allianz derHoffnung“ (www.allianzderhoffnung.de).Die gibt es seit 2006. „Durch Ziele, die mansich stellt, blendet man auch Gefühle aus, dieeinen hindern, aus dem Tal rauszukommen.“Ronny Ziesmer sagt selten „ich“. Vielleichtschafft er sich mit dem „man“ ein bisschenDistanz. Vielleicht steht es auch dafür, dasser seine Geschichte nur als ein Beispiel fürdas Leben vieler Behinderter sieht.

Er beschreibt sich als „schlechter Tetraplegi-ker“. So wird seine Lähmung in seinem neuenSport, dem Handbiken, klassifiziert. Bei sei-nen Armen funktioniert nur noch der Bizeps.„Und mein vegetatives Nervensystem ist einbissel durch den Wind“, sagt er. Das bran-denburgische „bissel“ lässt es weniger be-drohlich klingen, dass sein Körper nicht

mehr gut schwitzt und sportliche Belastun-gen entsprechend schlechter ausgleichenkann; dass er unter Missempfindungen lei-det. „Manchmal tut mir nach einer Stunde imRollstuhl mein Hintern so weh, als hätte ichzehn Stunden auf einer Holzbank gehockt“,beschreibt er das Gefühl und schiebt hinter-her: „Wenn man dann nachguckt, ist da keeneDruckstelle und auch sonst nichts kaputt.“

Sein Humor hilft ihm oft. Zum Beispiel,wenn ihm etwas runterfällt und er es nichtaufheben kann wie früher. Früher war da-mals. Heute ist jetzt. Er hat kein Gefühl mehrin den Fingern. „Das ist so, als wenn man al-les mit Boxhandschuhen machen würde“,sagt er. „Manchmal lasse ich etwas aus Trotzeinen Tag am Boden liegen und lache darü-ber.“ Die Dinge dauern heute länger.

Seit zweieinhalb Jahren hat er eine neueFreundin. Familie? Vielleicht mal. Noch stu-dieren sie ja beide. Und eigentlich will er2011, wenn er sein Studium fertig hat, nocheinmal voll in den Sport einsteigen. Arbeitenkönne man noch das ganze Leben, Leis-tungssport machen nicht. „Ich genieße daswohlige Gefühl der Erschöpfung wie früher“,sagt er, „da kann ich mich so richtig auskot-zen.“ Sport heißt, an die Grenzen zu gehen.Heißt: sich vitaler fühlen, fitter zu sein, Wet-terschwankungen besser zu ertragen undsich wendiger zu bewegen. Deshalb hält erSport gerade für Behinderte für wichtig.

Im September tritt er zum zweiten Mal mitdem Handbike beim Berlin-Marathon an.„Ob man da irgendwann mal Schmerzen wiefrüher beim Turnen spürt, weiß ich nicht“,sagt er, „vielleicht, wenn man wieder hoch-leistungsmäßig an seine Grenzen geht.“ Jetztsei das Ziel erst mal: „Durchkommen.“ Dannsagt er: „Aber meine Zeit zu unterbieten,wäre schon schön.“ Pause. „Also am liebstenunter zwei Stunden.“ Denn eigentlich ist dasZiel 2016: die Paralympischen Spiele. ]

ber den Moment, als er aus seinem al-ten Leben fiel, sagt Ronny Ziesmer:„Passiert ist passiert.“ Ein Trainings-sprung vor den Olympischen Spielen

2004. Für Sekundenbruchteile zieht er dieKnie beim Salto nicht hoch genug untersKinn, ist einen Wimpernschlag zu langsamund schlägt mit dem Nacken auf dem Bodenauf. Seitdem ist er vom fünften Halswirbelabwärts gelähmt.

„Jeder verarbeitet den Trennungsschmerzanders“, sagte Andreas Niedeggen, derChefarzt des Unfallkrankenhauses Berlin-Marzahn laut Berliner Zeitung. Trennungheißt: Abschied vom normalen Leben. RonnyZiesmer sagt heute: „Bis dahin war man javollständig und konnte mit seinem Körperalles machen, vom Durch-die-Luft-Fliegenbis – keene Ahnung.“ Alles eben. Der Medi-ziner sprach von einer Depression, die sechsMonate dauern könnte oder auch zwei Jahre,nur eins sei klar: „Auftreten wird sie auf jeden Fall.“

Sechs Jahre später hat die Depression RonnyZiesmer nicht eingeholt. „Schmerz ist fürmich kein Thema“, sagt er und klingt nichtwie einer, der den Tatsachen nicht ins Augeschauen will. Er hat hingesehen und ent-schieden, loszulassen und nach vorn zu bli-cken. Warum ich? Was wäre gewesen, wenn?Nicht seine Fragen. „Das ist nur verschenkteKraft“, sagt der 31-jährige Cottbuser, der

20 [ Flutlicht_Dossier_Schmerz ] Faktor Sport

Blickt voraus: RonnyZiesmer entzündet mit Unterstützung derolympischen Nach-wuchsathleten EricKrüger und LenaGohlisch die Flammevor dem Branden-burger Tor (v.l.)

Ü

Keene Druckstelle: Ronny Ziesmer und die ausgefallenen Depressionen.TEXT: SILVIA FEIST

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Gemeinsam mehr erreichen

Birgit PrinzRekord-Fußballnationalspielerin und Botschafterin des „Grünen Bandes“

Alles läuft rund, wenn die Talentförderung stimmt.Sport fördern heißt Menschen begeistern.

Als Partner des Deutschen Olympischen Sportbundes unterstützt die Commerzbank mit dem Wett-bewerb „Das Grüne Band für vorbildliche Talentförderung im Verein“ junge Nachwuchsathleten auf ihrem Weg in den Spitzensport. Gemeinsam mit ihnen teilen wir die Begeisterung für den Sport und setzen ein Zeichen dafür, dass Erfolge mit fairen Mitteln möglich sind.

www.dasgrueneband.com www.dosb.de

Eine gemeinsame Initiative von:

001_BPrinz_CB-CD_210x297_04 1 18.05.2010 10:36:21 Uhr

Trap Editor
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22 [ Spiegelbild ] Faktor Sport

EINE FRAGE DER AUTONOMIE

ean-Marc Bosman hat seinen Namenallzu oft hergeben müssen, für Abhand-lungen, Berichte, studentische Arbeitenso ziemlich aller Art. Leider ist er auch

in diesem Zusammenhang logischer Be-zugspunkt: Der Belgier hat einer neuen eu-ropäischen Sportpolitik den Weg bereitet.

Nur kurz noch mal: Fußballprofi Bosmanwollte 1990 nach Ablauf seines Vertragsbeim RFC Lüttich zum USL Dünkirchenwechseln. Lüttich verlangte eine hohe Ablö-sesumme, die der französische Zweitligistnicht zahlen wollte, und ließ ein daraufhinvereinbartes Leihgeschäft später platzen.Bosman wurde Regeln des belgischen Ver-bands gemäß ein Jahr gesperrt, lebte alsArbeitsloser am Existenzminimum undkämpfte vor Gerichten. In letzter Instanzkam der Europäische Gerichtshof (EuGH)seinem Verlangen nach Ablösefreiheit nach.Das Urteil vom 15. Dezember 1995 brachteihm 780.000 Euro zur Entschädigung undden „Ehrenpreis für Kampfesmut“ derUNESCO ein.

Jean-Marc Bosman hat mit dem von ihmerwirkten Urteil „einen wesentlichen An-

stoß“ dafür gegeben, dass der Sport in denam 1. Dezember 2009 in Kraft getretenenLissabon-Vertrag einbezogen wurde, sagtThomas Bach. Mit dem Vertrag ist ein Rah-men gesetzt: Nun ist es an Politik undSport, gemeinsame europäische Regeln undAbsprachen zu treffen. Denn, so sagt derDOSB-Präsident: „Sportpolitik solltenicht, wie bisher geschehen, durch Gerichtegestaltet werden.“

Bisher war das so eine Sache mit der Ge-meinsamkeit. Der Bosman-Rechtsstreithatte einen fundamentalen Dissens offen-bart zwischen dem Internationalen Fuß-ball-Verband FIFA und der EuropäischenFußball-Union UEFA einer- und demEuGH andererseits. Im Kern drehte sichdie Debatte über Transferregeln versus Ab-lösefreiheit um die Fragen: Wie autonomdarf der Sport sein, und darf er auf seinewirtschaftliche Funktion reduziert werden?

Grundsätzlich scheint das durch den Lissa-bon-Vertrag beantwortet. IOC-PräsidentJacques Rogge nennt die Einbeziehung desSports einen „historischen Schritt nach 12-jährigem Kampf um eine Rechtsgrundlage

J

Chance, aber auch Risiko: Durch die Aufnahme in den Lissabon-Ver-

trag der EU hat der Sport eine Rechtsgrundlage für seine Förderung.

Nun geht es um die Ausgestaltung des Geschriebenen.TEXT: GÜNTER DEISTER

WAS AUS LISSABON FOLGTMit dem am 1. Dezember 2009 in Kraft gesetzten Vertrag von Lissabon ist der Sporterstmals in den Verträgen der EuropäischenUnion verankert worden. Die Konsequenzen:

RECHTLICH:Sport bleibt im Grundsatz Sache der Mit-gliedsstaaten und der Sportverbände. Die EU erhält durch den Lissabon-Vertrag keineunmittelbare rechtliche Kompetenz, ihr wird eine „unterstützende Funktion“ zugeschrieben.

INSTITUTIONELL:Es wird ein EU-Sportministerrat als erstesEntscheidungsgremium gebildet, Sport wirdan die von der Zyprerin Androulla Vassiliougeführte Kommission Bildung und Kultur angegliedert. Zur Absprache zwischen EU und Sport entsteht ein „ständiges bilateralesKonsultationsforum“.

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG:Ab 2012 gilt ein Zweijahresplan, danach soll ein Siebenjahresplan folgen, über dessenAusstattung die Europäische Kommissionund das Europäische Parlament mitentschei-den. Bisher gab es nur eine minimale EU-Förderung für Einzelprojekte, 2009 betrug sie insgesamt 4,5 Millionen Euro.

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zur Unterstützung durch die EU“. Der Sportwerde nicht länger als „reine wirtschaftlicheAktivität begriffen, sondern in seinen Be-sonderheiten anerkannt, unter Wahrungseiner Autonomie“.

Ob das wirklich so ist, muss sich erweisen.Der Lissabon-Vertrag gesteht dem Sport„besondere Merkmale“ zu, vermeidet aberjede Definition und damit auch den Begriffder „Autonomie“. Die EU sieht durch denneuen Artikel ihre Bestimmungen des Wett-bewerbsrechts oder des Binnenmarktesnicht außer Kraft gesetzt.

DER DOPING-UNTERSCHIED

Woraus leitet der Sport seinen Anspruchab, sich – mit der Politik als unterstützen-dem Partner – innerhalb staatlicher undzwischenstaatlicher Regeln selbst zu orga-nisieren?

Zunächst stimmt es, dass er längst zu einembeachtlichen Wirtschaftsfaktor gewachsenist. Der Sport beschäftigt laut einer wäh-rend der österreichischen Ratspräsident-schaft 2006 erstellten Studie etwa 15 Mil-lionen EU-Bürger, ein Anteil am Arbeits-markt von 5,4 Prozent; die jährlicheWertschöpfung der Branche wurde auf 41Milliarden bis 407 Milliarden Euro errech-net, je nachdem wie weit man „Sport“ fasstund ob man indirekte Effekte einbezieht.Darüber hinaus, und das ist aus seiner Sichtentscheidend, bereichert der Sport die Ge-sellschaft auch auf den Feldern der Ge-sundheit, der Erziehung, des Sozialen undder Kultur.

Letztlich geht es weniger um die theoreti-sche als die praktische Anerkennung derAutonomie. Stichwort Doping. 2004 hatder EuGH dem Sport in einem Grundsatz-urteil das Recht zugesprochen, einschlägigeVergehen zu bestrafen; zwei Schwimmerhatten gegen eine Zweijahressperre geklagt.Es sei allein Aufgabe der Sportgremien, Re-geln auf diesem Feld zu erlassen, hieß es.Zwei Jahre später ließ der Gerichtshof ineiner Berufung das Urteil bestehen, kas-sierte allerdings die Begründung. Demnachfällt die Ausübung des Sports unter Ge-meinschaftsrecht, „wenn sie Merkmale ent-geltlicher Arbeits- und Dienstleistung auf-

weist“. Könnte heißen: Ein Sportprofi un-terliegt bei einem Dopingvergehen anderenSanktionsbedingungen als ein Nichtprofi.Die Debatte läuft.

DEN FÖRDERTÖPFEN SO NAH

Der europäische Sport begreift den Lissa-bon-Vertrag vor allem deshalb als Chance,weil er mit seinen diversen Projekten derErziehung, Gesundheit und Ausbildung denBrüsseler Fördertöpfen ganz nahgekommenist. Anfang des Jahres wurde der EU-Präsi-

dentschaft ein Grundsatzpapier mit aller-dings wenig konkretem Inhalt überreicht.Der Sport möchte demnach den „Schutzseiner Besonderheit“ und der Autonomieseiner Verbände festgeschrieben sehen undstrebt eine enge Kooperation im Kampf ge-gen Wettbetrug, Korruption und Doping an,unter Anerkennung der Regeln der Welt-Antidoping-Agentur WADA.

Das Papier entstand unter Führung desIOC, daran mitgewirkt haben alle europäi-schen NOKs und Fachverbände einschließ-lich der besonders interessierten FIFA undUEFA. Sie sehen die Chance, die Freigabefür Ausländer in Profiteams durch ein 6-zu-5-Modell zu ersetzen, im Sinne desNachwuchses eines Landes.

Der Lissabon-Vertrag schafft Chancen undRisiken – für beide Seiten. Als nunmehr in-stitutioneller Teil einer mächtigen Bürokra-tie ist der Sport mit der EU eine Partner-schaft der Ungleichen eingegangen. Läuft erGefahr, überreguliert zu werden? Für Tho-mas Bach geht es in der bevorstehenden„Zeit der Richtungsentscheidungen darum,die eigenen Positionen ganz klar und ganzdeutlich zu formulieren“. Bei allen großenBürokratien gebe es „Tendenzen, sich Re-gelhoheiten anzumaßen“. Jean-Marc Bos-man hat einst davon profitiert. ]

DEUTSCHE VERTRETUNGSeit Beginn des Jahres wird der euro-päische Sport in Brüssel durch einachtköpfiges Büro vertreten. Es wirdvom DOSB-Vertreter Folker Hell-mund geführt und ist die erweiterteRepräsentanz des 1993 eingerichteten„EU-Büros des deutschen Sports“.Dessen Leiter war der Belgier Chris-tophe de Kepper, 2001 aufgestiegenzum Bürochef von IOC-PräsidentJacques Rogge. Das Büro ist Kontak-ter, Beobachter, Informant für denSport und Lobbyist zugleich. Wich-tigster deutscher Sportrepräsentant inder EU ist Innenminister Thomas deMaizière als Mitglied des künftigenSportministerrates.

Ein Urteil aus dem vergangenen Jahrtausend mit weitreichenden Folgen bis ins 21. Jahrhundert: Jean-Marc Bosman und seine Anwälte

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von Touristen weisen darauf hin: Hier stehtder wohl einzige echte Weltstar des Sportsaus Deutschland vor dem BrandenburgerTor. Japaner winken ihm zu, „Dörrk!“, rufteine Gruppe junger Amerikaner.

Der Profi, der bei den Dallas Mavericks ge-rade einen neuen Vierjahresvertrag über 80Millionen Dollar unterzeichnet hat, grüßtzurück. Freundlich.

Der nahbare Weltstar: Das ist Nowitzkis Ruf,der ihm auch bei den Teenies auf dem Wegnach Singapur vorauseilt. Sie alle kennen jadie Bekenntnisse sportlicher Aufsteiger, vonwegen „Ich hebe nicht ab, ich bleibe, wie ichbin“ und so. Nowitzki spart sich solche Sät-ze, nicht nur heute, da ihm die IOC-Trophyunter dem Motto „Sports inspiring youngpeople“ verliehen wird. Karolin Weber,deutsche Juniorbotschafterin für Singapur,hält die Laudatio auf den Langen. Menschen

s wirkt, als sei David von seinem Sockel gestiegen. Als schreite er mit lockigem Haar durch die Menge, umsich ein wenig die Beine zu vertreten –

allerdings bekleidet mit legerem rotem T-Shirt, weiten Jeans und nur halb geschnürtenSneakers, Größe 54. Dieser 2,13 Meter gro-ße David blickt nicht wie Michelangelos Kolossalfigur mit stolzer Überheblichkeitüber die Köpfe hinweg. Der braungebrannteblonde Riese verteilt Autogramme und bücktsich noch für den Schnappschuss, wenn dasWeitwinkel die Gestalt nicht fassen will.

Dirk Nowitzki besucht Berlin. Der Sponsorhat gerufen, und der Basketballer folgt gernauch der Bitte, zusammen mit Ex-BobpilotAndré Lange die deutsche Mannschaft zuden Olympischen Jugendspielen zu verab-schieden. Im Rahmen der Zeremonie wirdihm DOSB-Präsident Thomas Bach zudemdie IOC-Trophy überreichen. Reaktionen

Der Star aus den USA:Dirk Nowitzki in Berlin bei der Verabschiedung derdeutschen Jugend-Olympiamannschaftnach Singapur

Die paar Quadratmeter Spielfeld:

Sie sind das Zentrum im Leben

von Dirk Nowitzki, aber längst

nicht dessen einziger Inhalt.

Beim Auftritt vor dem Team für

die Jugendspiele in Berlin be -

stätigt der beste deutscher Bas-

ketballer aller Zeiten, was man

sich von ihm erzählt: so cool wie

nahbar zu sein und einen wirkli-

chen Vertrauten zu haben.

TEXT: JÖRG STRATMANN

24 [ Spiegelbild ] Faktor Sport

E

DER SANFTERIESE

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Faktor Sport [ Spiegelbild ] 25

wie er seien „Vorbild und Trendsetter“, sagtsie unter anderem.

Das Normale macht Nowitzki speziell. Der32-Jährige wirkt immer noch ein wenig wieder Bub aus Würzburg, gewiss erwachsen,gelassener gegenüber all der Aufmerksam-keit, aber auch entwaffnend natürlich. Er hatsich in der nordamerikanischen NBA durch-gesetzt, in dieser durchorganisierten Erfolgs-welt der Muskeln, Machtspiele und Dollar-Millionen, aber das hat ihn nicht in jederHinsicht gestählt. Sein Pathos scheint glaub-haft, als er erzählt, wie er als Fahnenträger inPeking 2008 „quasi eine Nation ins Stadionführen durfte“. Das gern genommene „Ichhabe schon als kleiner Junge von Olympia ge-träumt“: Aus seinem Mund klingt’s echt.

Was können die 14- bis 18-Jährigen auf demSprung – nach Singapur, vielleicht ins Leis-tungssportleben – von Nowitzki lernen?

Dass sich fleißig trainieren lohnt („gym rat“,Hallenratte, nennen die Kabinenkollegenden Power Forward)? Geschenkt. Was esheißt, richtig lässig zu sein? Klar doch. Wases wert sein kann, einen kritisch-wohlwol-lenden Begleiter an der Seite zu haben? Dasauf jeden Fall.

„Mentor“ Nowitzkis wird Holger Ge-schwindner oft genannt. Da steckt mehr„Lehrer aller Klassen“ als „väterlicherFreund“ drin, aber der 64-Jährige ist beides.Geschwindner, unbequemer Kritiker desVerbandsbasketballs, unorthodoxer Berater,der auch auf VIP-Empfängen in selbst ge-strickten Wollsocken erscheint, hat Nowitzkiseit 1995 die Feinheiten des Spiels beige-bracht: alles, was er als 150-facher Natio-nalspieler und viermaliger Deutscher Meis-ter beherrscht und als Physiker und Mathe-matiker auf der Suche nach dem idealenWurf theoretisch ergründet hat.

Außerdem hat der Unternehmer mit philo-sophischer Neigung ihm vieles über das Le-ben außerhalb der paar Quadratmeter Spiel-feld vermittelt. Der Athlet hat Bücher gele-sen, zu denen der Abiturient gewiss nichtfreiwillig gegriffen hätte, von Nietzsche oderConrad. Nowitzki spielt Saxofon. Er hilftohne große Worte. Es gibt eine Dirk-No-witzki-Stiftung in Deutschland, und dieNBA-Größe ist Schirmherr von „Baskid-ball“: einem Projekt, das Geschwindner2007 in Bamberg mit dem Verein InnovativeSozialarbeit initiierte und das heute ein bun-desweites Netz bildet.

Die paar Jahre Sport und Glamour – das istdoch nicht das Leben, sagt Geschwindnerund zählt die ein oder andere heimischeSportgröße auf, die nach der Karriere ver-geblich eine Aufgabe sucht. Nowitzki scheintdie richtige Welt zu kennen. Er macht Urlaubmit seiner Familie, in dem er tut, was Urlau-ber so tun, und mit den Kindern seinerSchwester spielt. Er führt Gespräche mitGeschwindner, über Verantwortung imReichtum, auch über so etwas wie Glück.

AUSTAUSCH AUF AUGENHÖHE

Der sanfte Riese kennt die schmerzhafte Seitedes Starlebens. Die dramatisch verloreneNBA-Finalserie 2006, die leidvolle Affäremit der mutmaßlichen Betrügerin Crystal AnnTaylor im vorigen Jahr. Sowieso soll man No-witzki ja nicht überhöhen. Er tritt sympa-thisch auf, spielt sagenhaft Basketball und 14-bis 18-jährigen Sportlern kann er unbemühtviel vermitteln. Nicht mehr, nicht weniger.

Die Beziehung zu Geschwindner ist beson-ders, keine Frage. Als es Nowitzki auf demBerliner Empfang, bei dem sich auch dieHonoratioren um ihn drängen, ein wenig engwird, sucht er den Blick des Vertrauten. Einleichtes Heben der Augenbraue, ein Lächeln.

Honoratioren gehören dazu. Viel wohlerfühlt sich der Star unter Athleten. Im Ge-spräch mit der Berliner WasserspringerinKieu Duong zeigt er größten Respekt vor derLeistung, von einem 10-Meter-Turm zuspringen. Die zierliche Frau reicht ihm biszum Bauch, Nowitzki lässt es wirken, alssprächen zwei Sportler Aug’ in Aug’. Dersanfte Riese passt auf keinen Sockel. ]

„Ich habeschon als

kleiner Junge

von Olympia geträumt“

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26 [ Meter x Sekunde ] Faktor Sport

IM AUGE DES STURMSIm Windkanal von Audi werden

Feinheiten geschliffen. Meistens

am Äußeren von Autos, manchmal

an der Technik von Skifahrern.

Vor Beginn einer wegweisenden

WM-Saison suchen die deutschen

Abfahrer dort nach Idealpositionen

und Sekundenbruchteilen. TEXT: NICOLAS RICHTER

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Faktor Sport [ Meter x Sekunde ] 27

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an stellt sich die Frage, wie das soist: stillzustehen bei 120 Stunden-kilometern. Später, im weiterenVerlauf dieser zugigen Trainings-

einheit, wird Tobias Stechert das klären: „Esgeht schon, in der Hocke merkt man’s kaum.Wenn man sich aufrichtet, muss man sichhalt nach vorn legen.“

Was unspektakulär klingt, sieht ausgespro-chen schräg aus. Wie sich der Abfahrer dazwischen den Messungen aus der Rennposi-tion löst, die Knie streckt. Wie sich der Kör-per in den Wind neigt, sich die Arme mit denStöcken vom Rest absetzen, bis das Ganzeden Punkt der Balance trifft; alles schönlangsam. So von der Seite, Augen zusam-mengekniffen, erinnert Tobias Stechert dabeian eine behutsam geführte Marionette.

Eigentlich geht es um Höchsttempo. UmSpeed, wie man das Metier nennt, in demsich die Skisportler Tobias Stechert undHannes Wagner auch hier, im Audi-Wind-kanal, bewegen: Abfahrt und Super-G. Unddas Bild von der Marionette löst sich beimNähertreten auf wie eine Fata Morgana. Ste-chert steht wie Wagner als Naturbursch da.Beide an die 1,90, dunkle Haare, gebräunteGesichter, lange Glieder, große Muskeln.Ihre Sprache sagt: Allgäuer Holz. Stechert,25, fährt für den SC Oberstdorf, Wagner, 24,für den SV Hindelang.

Eben waren sie im Trainingslager in Zermatt,bald folgen drei Wochen Chile. Es ist August,Hochsommer könnte man sagen, wenn’snicht so kühl wäre. Der Deutsche Skiverband(DSV) kommt in der Regel zweimal jährlichauf das Angebot seines Hauptsponsors zu-rück, den Windkanal in Ingolstadt zu nutzen.Einmal studieren die Skispringer ihre An-fahrts- und Flughaltung, das andere Malarbeiten ausgewählte Alpine an ihrer Hock-position. Materialfragen – die sich wegender strikten Ausrüstungsregeln nur bedingtstellen – klärt der DSV mithilfe von Puppen,bei Audi oder im Windkanal der TU München.

VERFLIXTE HOCKE

Die Audi-Anlage, 1999 eröffnet und viel-leicht die modernste der Welt, besteht imKern aus einer Halle mit dem eigentlichenKanal und einem Messzentrum. Wer Letzte-

M 1,90 Meter Allgäuer Holz: Für einen extrem langbeinigenFahrer wie Hannes Wagner ist die optimale Abfahrtshockegar nicht so leicht zu finden

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Faktor Sport [ Meter x Sekunde ] 29

res betritt, wähnt sich im Aufnahmestudio.Eine Glasfront gibt den Blick frei auf einebeleuchtete Bahn. Sie wird links und rechtsvon zwei Tunnelöffnungen begrenzt, die diebeschleunigte Luft aus- respektive einatmen.

Hier, wo eine Crew um Windkanal-Inge-nieur Robby Pyttel sonst Aerodynamik undWindgeräusche werdender Autos misst –vom ersten „Clay-Modell“ aus Kunststoff biszum serienreifen Prototyp –, stellen sichheute die vier Weltcup-Abfahrer des DSV inden künstlichen Sturm. Es wurde ein biss-chen umgebaut, sagt Pyttel. Ein Videobild fürdie Athleten wird auf den Boden, ein Schat-tenbild für die Trainer auf die Stirnwand ge-worfen, unter anderem.

Die Trainer, das sind Abfahrtschef ThomasAschauer und sein Assistent Hannes Gru-mer. Sie arbeiten mit Athletenpaaren. AufStechert und Wagner, zum fünften respektivevierten Mal hier, folgen nachher StephanKeppler, 27, und der 22-jährige Andreas

Strodl. Sie jagen nach einem Teil der Zeit, diesie von der Weltspitze trennt, zu der unterden DSV-Männern nur Techniker FelixNeureuther zählt.

Man macht sich als Laie kaum klar, welchkomplexes Produkt die Koordination einerHocke ist. Charly Waibel hat das zwei Tagezuvor am Telefon deutlich gemacht. Es gehtum den flachen Oberkörper, der durch einhohes Gesäß entsteht; um die Haltung derArme, der Knie, der Hände und des Kopfes;letztlich und vor allem: um ein harmonischesGanzes. Den Nutzen des Labortrainings erklärt der Bundestrainer Alpin Herren so: „Die Athleten bekommen ein Gespür dafür,was Luftwiderstand bedeutet. Im Windkanalwird jedem klar, dass er auf die Nuancen inder Körperhaltung achten muss. Natürlich sprechen wir das immer an, aber hier sieht er sofort den Effekt, das ist etwas anderes.“

Das bestätigen die Athleten ausdrücklich.Gemäß Versuchsanordnung testen Stechert

und Wagner abwechselnd, von den Skiernabgesehen, in Wettkampfmontur. Erst Su-per-G, dann Abfahrt, je zwei Durchgängemit je zwei Messungen bei je zwei Windstu-fen, 80 und 100 respektive 100 und 120Stundenkilometer. Am Ende liegen den Trai-nern also mehrere Werte pro Athlet, Diszip-lin und Geschwindigkeitsstufe vor.

Sie stellen sich hin, der Wind rauscht an. DasVideobild auf dem Boden zeigt eine Ampel:Grün heißt entspannen, Gelb Hocke ein-nehmen, Rot Position halten, 10 Sekundenlang. Eine Leinwand schräg vorn spiegeltlaufend den Luftwiderstandswert. Er reagiertin der Tat auf jede Bewegung: Arme hoch,Wert springt, Rücken flacher, Wert sinkt.

KNACKPUNKT HAND

Es geht hier und heute „um einen kleinen,wichtigen Teil im Gesamtanforderungsprofileines Skifahrers“, wie Waibel sagt. Aschauererläutert: „Eine optimale Hocke kann ein

VOM GEBLÄSE BIS ZUM SCHIRM1 V O N HIER WEHT DER WINDDas Gebläse im Windkanal von Audi hat einenDurchmesser von fünf Metern und leistet 2,4Megawatt, mit denen sich die Luft auf maxi-mal 300 Kilometer pro Stunde beschleunigenlässt. Von der Turbine aus durchströmt sie diegekrümmte Hälfte eines Tunnels, bevor sieeine scharfe Kurve macht, durch die „Düse“austritt und aufs Testobjekt trifft.

2+3 HIER WIRKT DER WIND Blick aus der Düse (oben): Über dem Lauf-band im Zentrum stehen für gewöhnlich Autosin früher Entwicklungsphase, meist Audis,drei Tage pro Monat auch Modelle andererMarken aus dem VW-Konzern. Um die Aero-dynamik von Abfahrern wie Tobias Stechert(unten mit Trainer Hannes Grumer) zu tes-ten, wird die Anlage leicht umgebaut, unteranderem werden Einheitsski installiert. DerWind trifft später auf den Athleten, bevor er inden „Kollektor“ mündet und dann umgelenktwird Richtung Ausgangspunkt.

4+5 HIER WIRKT DIE TECHNIKGrumer nimmt die Athleten für spätere Ana-lysen auf Video auf. Im Messzentrum erfassenAudi-Experten die Ergebnisse. Die Luftwi-derstandskraft wird über eine spezielle An-ordnung von Kraftmesszellen pro Sekundeeinmal gemessen und direkt vor die Skifahrerprojiziert. Gleichzeitig wird eine Auswertungmit Foto und Messresultat erstellt.

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paar Zehntelsekunden Unterschied ma-chen.“ Im Einzelnen hängt das von der Stre-cke und dem Anteil flacher Passagen ab, zu-dem vom Sportler. „Die Spitzenfahrer habenso viel Selbstvertrauen, Erfahrung und Mut,die bleiben auch in der Hocke, wenn’s etwasriskanter wird“, sagt Waibel. Zudem fändensie besonders schnell und zielsicher ihrebeste Position.

Selbstvertrauen und Mut leiten sich, in Tei-len, von Erfolg ab. Davon trennen die Deut-schen zumindest vorerst noch etwas Zeit undGlück. Im vergangenen Jahr hatte sich Ste-chert der Weltklasse genähert, im Super-Gvon Lake Louise wurde er 21. Zwei Wochen

später in Gröden riss sein Kreuzband, Endeder Saison. Für 2010/2011 nun stehen denvier Deutschen erst mal zwei Startplätze of-fen. Es wird darum gehen, möglichst bald indie Punkte zu fahren (Top 30), um die Quotezu erhöhen.

Aschauer sitzt heute im Windkanal-Zen-trum, um die Voraussetzungen zu verbes-sern. Beinahe in Echtzeit können ihm dieAudi-Techniker nach jeder 10-Sekunden-Phase den durchschnittlichen cw-Wert nen-nen – Vergleich ermöglicht Korrektur. „Derzweite Wert bei 100 war besser“, sagt er zuStechert nach einem Super-G-Durchgang.„Schau, dass du das verfestigst: die Knie vor,den ganzen Körper flacher als am Anfang.“In der Folge pendelt sich der Sportler auf na-hezu identische Daten ein.

Darum geht es: persönliche Idealpositionfinden, „Koordinaten“ speichern. ObjektiveMaßstäbe taugen nur sehr bedingt. „Ichkann mir abschauen, wie ein Svindal fährt,aber ob die Position für das Gesamtsystemmeines Körpers optimal ist, ist eine ganz andere Frage“, sagt Waibel.

Idealposition also. Wagners Super-G-Werteschwanken leicht. Der niedrigere entsteht,als er seine Hände nicht an die Knie lehnt,sondern leicht abstreckt. „Mist, das hätte ichmir anders erhofft“, sagt er. „Die Position istanstrengender. Da muss der Rumpf mehr arbeiten.“ Sein größeres Problem hat derLangbeinige bei der tieferen Abfahrtshocke.„Viel zu hoch“, sagt Aschauer nach dem ers-ten Test – man ahnt, was Waibel am Telefonmeint, wenn er von „sich einschleichendenWohlfühlhaltungen“ spricht. Jetzt zeigt derWindkanal seine Stärke: Wagner beugt sichbeim zweiten Mal „so weit runter, wie’s fürmich geht“, sein cw-Wert fällt um rund 15Prozent.

Ein Vorsprung ist keiner, wenn ihn alle ha-ben. Audi ist Partner von elf nationalen Ski-verbänden Europas. Man könnte also auf dieIdee kommen, der Windkanal-Zugang seikein Wettbewerbsvorteil für die DSV-Alpi-nen. Außer ihnen testen hier bisher aber nurSchweizer und Österreicher regelmäßig,einmal waren die Schweden da. Münchenliegt Ingolstadt halt doch etwas näher als derRest Europas. ]

AUDI BAUT AUF BRET TER Skisport und Quattro, das gehört zusam-men, meinte Audi 1985. Damit beganndamals eine Partnerschaft mit dem Deut-schen Skiverband, die bis heute währt.2011 wird dabei eine besondere Saison.Audi, seit 2002 Titel-Partner des Welt-verbandes FIS für den Weltcup, begleitetals Presenting-Sponsor auch die Alpin-WM in Garmisch im Februar. Auf Ver-bandsebene fördert die Marke außer dem DSV die alpinen Nationalteams aus Österreich, der Schweiz, Schweden,Finnland, Frankreich, Liechtenstein, Italien, Bulgarien, den Niederlandensowie den Vereinigten Staaten. Seit denWinterspielen 2010 in Vancouver ist die Marke zudem Olympia Partner des Deutschen Olympischen Sportbundes.

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eschichte kann eine Last sein. Das giltgrundsätzlich selbst hier, wo das Lufti-ge, Leichte, Transparente zum Pro-gramm erhoben wurde. Jetzt aber

kommt im Münchner Olympiapark von 1972,der nach Willen der Stadt auch Mittelpunktder Winterspiele 2018 werden soll, die Nos-talgie ganz unbeschwert daher.

Sie steckt in einem Mittdreißiger mit Zopfund Gesundheitssandalen, der dem Besu-cher auf der Fußgängerbrücke über denGeorg-Brauchle-Ring seine Kamera entge-genhält. „Würden Sie ein Foto von mir ma-chen mit dem Zeltdach im Hintergrund?“,bittet er. „Es gibt nämlich ein Bild von mei-nen Eltern von 1972. Genau an dieser Stelle.“Aber gern. Die richtige Perspektive ist

schnell gefunden: Fokus auf die schwingendeSilhouette glänzender Haut, die sich alsDach über die „Große Olympiahalle“spannt, und Zeichen der Veränderung –Bäume, zwei Kräne – ausgeblendet. Es soll jaaussehen wie damals. Fertig, bitte schön.

So ist das im Olympiapark: Wandel verkleidetsich als Kontinuität. Die Haut des Zeltdachsstrahlt wie einst – wieder. Milchig-trübewaren die Acrylscheiben, die das riesige Netzbeschichten, über die Jahrzehnte geworden,ein Flickerlteppich, ehe sie vor elf Jahrenausgetauscht wurden.

So wiegt das Leichte schwer: Die Schön-heitsreparatur verschlang den Restbetrag dereinkalkulierten Rücklagen von 1972, damals

rund 100 Millionen Mark. Seit 2007 kom-men die Stadtwerke München (SWM) alsBesitzer für die Instandhaltung auf. Zwarwar nie erwartet worden, dass sich die nach -olympische Nutzung selbst trägt, aber dasändert nichts an den Kosten.

Die nicht nur für das Dach anfallen. DieSWM und die Olympiapark München GmbH(OMG) als Betreiber des Geländes müssenAltersspuren verschwinden lassen und Tech-nik erneuern. Zurzeit geschieht da einiges,und darüber hinaus sind Neubauten imEntstehen. Die in ihrer Höhe variierendenPachtzahlungen der OMG an die Stadtwer-ke, 12 bis 16 Millionen Euro jährlich, werdendie kalkulierten Kosten von 170 MillionenEuro bis 2017, die unabhängig von Olympiaauflaufen, nicht decken. Bei einem Zuschlagfür die Spiele wären weitere Maßnahmenmöglich und nötig.

GEIST DES GLEICHGEWICHTS

Es ist ein Balanceakt, nicht nur finanziell: einerseits dem Denkmal gerecht zu werdenund andererseits der Zukunft des Parks,vielleicht einer weiteren olympischen, einestabile Grundlage zu bauen. „Klar, unserwertvollstes Gut ist unsere Architektur“, sagtArno Hartung, Leiter Kommunikation derOMG. Aber ebenso klar sei zum Beispiel,dass München noch eine Eishockey- undeine Mehrzweckhalle brauche (beide bräch-ten die Spiele 2018 mit sich). Die Konse-quenz beschrieb Ralph Huber schon vor einem Jahr, als er gerade Geschäftsführerdes Olympiaparks geworden war: „Natürlichkommen wir bisweilen in Zielkonflikte.“

Nicht selten mit dem Urheberrecht. DiesesRecht wurde seinerzeit „in der Euphorie umdie Spiele sehr langfristig“ eingeräumt, wieHartung sagt, und geht nach und nach auf die Erben der Architektengruppe um GünterBehnisch, den kürzlich verstorbenen Erbau-er, über. Auf das farbliche Erscheinungsbildachten Nachfolger des Designers Otl Aicher.Und beim Grünflächenkonzept des Land-schaftsbauers Günther Grzimek stehen dieStadt selbst und ihr Gärtner in der Pflicht,sich an die Vorgaben zu halten.

Die Interessen der Architekten werden seiteiniger Zeit von Fritz Auer vertreten. Der 77-

G

DIE LAST DES LEICHTENDer Münchner Olympiapark ist ein Geschenk der Vergangenheit und

eine Verpflichtung für die Zukunft. In der Gegenwart geht es vor

allem darum, die Interessen der Betreiber und der Erbauer unter

einen Hut zu bringen. TEXT: JÖRG STRATMANN

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Faktor Sport [ Tribüne ] 33

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Jährige, der Behnischs Büro 1979 verließ, istletzter aktiver Sachwalter der Gruppe. Ernimmt für sich in Anspruch, einst dem Wett-bewerbsentwurf für 1972 die entscheidendenKonturen gegeben zu haben und gemeinsammit dem Kollegen Cord Wehrse auf die kon-geniale Zeltdachlösung des KonstrukteursFrei Otto gestoßen zu sein. „Wenn es um denursprünglichen Geist geht, da bin ich gefor-dert“, sagt er und spricht von „Verantwor-tungsbürde“.

Hartung beschreibt den Gesprächspartnerso: „Herr Auer hat seine Prinzipien, aber istauch konziliant.“ Erscheinungen der moder-nen Eventkultur zum Beispiel schrecken denHüter des Erbes nicht. Im Gegenteil. „Sopositiv hätte ich mir das nie vorgestellt“, sagtAuer über die moderne Art nacholympischerNutzung: Rolling Stones, AC/DC, PublicViewing während der Fußball-WM, dem-nächst sollen gar Rennwagen der DeutschenTourenwagen-Meisterschaft durchs Stadiondröhnen. Entweihung? Ach wo, sagt Auer.„So ein Gebäude verträgt auch Spektakel.“

KUNST DES KOMPROMISSES

Aber wann ist es zu viel? Heikle Frage. AlsStadt und Betreiber hier, Architekten da vorzehn Jahren heftig über Bundesligafußball de-battierten, scheiterte der Versuch, einen Kom-promissentwurf Behnischs mit abgesenktemRasen und überdachter Osttribüne zu ver-wirklichen. Während eines letzten Hearingsmit allen Beteiligten äußerte ausgerechnet einMitglied des Architektenteams plötzlich mas-sive Bedenken gegen den Umbau des Olym-piastadions. Die Klubs Bayern und 1860 er-richteten ihre eigene Arena. Für den Park, sa-gen die Betreiber, war das „das Schlimmste“.

Sie haben einen schweren Job, auch jenseitsder Grundsatzfragen. Die heiteren Pastell-farben zum Beispiel, in die Otl Aicher einstdie Spiele tauchte, decken (mit Ausnahmevon Rot, das der Designer als absolutistischablehnte) das ganze Spektrum eines Regen-bogens ab – in einem Ton, den ein Anstrei-cher auf keiner Skala der Farbnorm RAL fin-det. Was exakte Neuanstriche so aufwendigwie teuer machen würde und die Integrationder zehn OMG-Wirtschaftspartner ins Er-scheinungsbild extra schwierig. Kompro-miss: eine größtmögliche Annäherung.

Früher bargen die tausend Detailfragenmanchmal richtig Zunder. In den Achtzigernging es um die Modernisierung derSchwimmhalle. Die Erbauer bestanden da-rauf, dass neben den Becken der ursprüngli-che Noppenboden zu verwenden sei. „Wirwollten es funktional und günstig, Herr Beh-nisch wollte das Original. Wir wären beinahvor dem Kadi gelandet“, erzählt Hartung.

Das ist vorbei. Aber gelingt der Balanceakt engros, bei den echten Eingriffen? Aufstiegzum Olympiaberg. Ganze 52 Meter Höhe,und doch gewinnt der Besucher hier denbesten Überblick über die Anlage, die Ur-sprungsidee und die neuen Pläne. Von hierwirkt das Ensemble der Sportstätten tatsäch-lich wie die Silhouette der Alpen, die im Sü-den aus dem Dunst ragen. So war es gewollt,so zeigt es sich auch im geschwungenen Sig-net der Bewerbung für die Olympischen undParalympischen Winterspiele 2018.

Die Veränderungen widersprechen dem ge-nialen Wurf von einst nicht. Bei der neuen,bis zu 4000 Besucher fassenden „Kleinen

Olympiahalle“ neben dem Fernsehturm er-gibt sich das schon aus dem Konzept: Siewird bei Fertigstellung 2011 unter der Erdeverschwunden sein.

Die zweite aktuelle Großbaustelle, noch imFrühherbst weicht sie, schafft sichtbare Ver-änderung. Seit einigen Wochen ragt aus derSeite der seit 2007 umgestalteten Olympia-halle ein gläserner Finger auf den Couber-tinplatz Richtung Stadion. Es ist das langvermisste Restaurant, mit Biergarten untenund VIP-Räumen im Obergeschoss.„Schwierig. Ein echter Hammer“, sagt FritzAuer, „aber ein positiver Eindringling in denFreiraum.“ Wobei man erklären muss: Er hatdas Gebäude ebenso selbst entworfen wie dieKleine Olympiahalle.

Aber es geht ja ums Ganze. Ab und zu radeltAuer durch den Park: Ausschau zu haltennach dem „ursprünglichen Geist“. Und? „Esgeht unheimlich lebendig zu. Das Tolle ist dieVielschichtigkeit.“ Das scheint zu sein, wo-nach Behnisch, er und die anderen strebten:„Der Geist ist da.“ ]

Der Fußball zog davon.

Das war für den Park

„das Schlimmste“Arno Hartung

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DIE GROSSE WIRD SCHICK, DIE KLEINE TAUCHT AB Faktor Sport [ Tribüne ] 35

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Im Münchner Olympiaparkläuft seit 2007 eine Phase derModernisierung, die 2017endet. In Summe sind dafürknapp 170 Millionen Euro be-willigt. Es gibt drei Großbau-stellen:

34 MILLIONEN EURO erforderte der praktisch ab-geschlossene Umbau derOlympiahalle. Weitere 20Millionen Euro werden bis2017 nötig sein, um unter an-derem die Betriebstechnik zuerneuern.

GUT 30 MILLIONEN EUROkostet der Neubau der Klei-nen Olympiahalle. Sie soll imkommenden Jahr fertig sein.

42 MILLIONEN EUROfließen ins Olympiastadion:Über 30 Millionen verlangender Austausch der Betriebs-technik und die Erneuerungdes Brandschutzes, für etwa12 Millionen werden Rand-balken und Betonelementeinstand gesetzt.

HEUTE IN ZAHLEN

GESTERN IN BILDERN 1

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Anlauf auf 72 (von oben): Im Februar1968 präsentieren OK-Präsident WilliDaume (M.) und die Architekten GüntherBehnisch (r.) und Jürgen Joedicke dasMünchner Stadionmo-dell, im Sommer 69 folgen Grundsteinlegungund Baubeginn

OLYMPIAHALLEZuschauerversorgung, Erschei-nungsbild, Höchsttempo spielenim modernen Eventgeschäft tra-gende Rollen, das lässt die Mo-dernisierung der Olympiahalleerkennen. Der Bau hat sich seit2007 in nahezu jedem Detailverwandelt, bei laufendem Be-trieb. Seit Kurzem gibt es ein

Restaurant – zum Foyer umbaubar, sonst 480 Plätze plus 1000 im Bier-garten, je ein nach innen und außen gerichteter Bereich – und sechs Vi-deowände, nun wird noch die Bestuhlung erneuert. Schon 2009 warenunter anderem feste Kioske, Teleskoptribünen, eine neue Decke und einneuer Boden installiert worden. Überdies steht die um 1500 auf etwa13.600 Sitzplätze gewachsene Halle künftig mit anderer Logistik-Infra-struktur und neuem Hospitality-Bereich da.

KLEINE OLYMPIAHALLESie ist jetzt eigenständig, fast je-denfalls. Bis 2007 stand die so-genannte Kleine Olympiahallehinter der Bühne der Olympia-halle. Zurzeit entsteht sie neu –auf der Ostseite ihrer großenSchwester, mit der sie übereinen Tunnel verbunden seinwird. Bei bestimmten Großver-anstaltungen, etwa beim Reit-

turnier „Munich Indoors“, werden beide Gebäude benötigt. Um denarchitektonischen Gesamteindruck nicht zu stören, entsteht die Neu-konstruktion mit ihren maximal 4000 Plätzen unterirdisch. ReichlicheVerglasung soll einen Mangel an Tageslicht vermeiden.

OLYMPIASTADION

OLYMPIA-SCHWIMMHALLE

EVENT-ARENA

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GUT GELAUNT GENIESSENGroße Sportveranstaltungen gelten nur dann als gelungen, wenn die Atmosphäre stimmt.

Aber kann man ein „Sommermärchen“ planen? Nicht ganz, sagen Experten, aber ein bisschen schon.

TEXT: KLAUS JANKE

rüher, bis in die 80er-Jahre hinein,ging es bei Sportveranstaltungen ei-gentlich nur um Sport. Heute sindOlympische Spiele, Fußball-Weltmeis-

terschaften oder die Formel 1 Events, dienicht nur Spannung, sondern auch Unterhal-tung und Gemeinschaftsgefühl bieten müs-sen. Anders ist es nicht möglich, das Zu-schauerinteresse auf dem aktuell sehr hohenNiveau zu halten – ohne Emotion und Enter-tainment würden die mühsam hinzugewon-nenen „Nicht-Experten“ wieder abspringen.Und viele Sponsoren gleich mit. Die Organi-satoren sind immer stärker gefordert, für guteStimmung und eine positive Wahrnehmung inder Öffentlichkeit zu sorgen. Nur wie?

Zur Pflicht gehören „harte Faktoren wie aus-reichende Infrastruktur, umfassende Sicher-

Fheit, hervorragende Organisationsprozesseund Abläufe“, erklärt der Sportmanager Mikede Vries. Daneben werden „immer mehr wei-che Faktoren wie ganzheitliche Integrationder Gesellschaft und vor allem strategischeKommunikation relevant“. De Vries hat schonviele Höhen und Tiefen in der Event-Arbeiterlebt, unter anderem als Organisator derStandortkampagne „Deutschland – Land derIdeen“ und der Olympiabewerbung Leipzig2012. Zuletzt betreute der Sportmanager dieBegegnungsplattform „International FootballVillage“ bei der Fußball-WM in Südafrika. Erweiß, wie schwer es ist, Verantwortungsbe-wusstsein in der Bevölkerung zu schaffen – soschnell fühlt sich eine Privatperson nicht als„Gastgeber“. Dennoch sei es absolut nichtausreichend, Events „rein über politischeEbenen oder kommerzielle Ansätze zu imple-

mentieren“. Mühsame, kleinteilige, frühzeitigeinsetzende Kommunikationsarbeit auf vielenEbenen, anders geht es nicht.

Als gelungenes Beispiel nennt de Vries dieOlympischen Spiele in Sydney 2000: „EinGrund war sicherlich die globale, frühzeitige,umfassende und hoch emotionale Kommu-nikationskampagne mit tollen Bildern undsehr sympathischen Menschen.“ Und vorOrt habe sich dann gezeigt: „Es war wirklichso.“ Das Gegenbeispiel habe man vier Jahrespäter in Athen erlebt: neben den organisa-torischen Problemen im Vorfeld „keine Un-terstützung und Begeisterung innerhalb derBevölkerung“.

Die höchsten Maßstäbe hat dann 2006 dieFußball-WM in Deutschland gesetzt: Tolles

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Faktor Sport [ Tribüne ] 37

ERZIEHUNG ZUMBOTSCHAFTER

Wenn es um die Organisation sportlicher Großver -

anstaltungen geht, zählt Horst R. Schmidt zur ersten

Garde in Deutschland. Im Interview spricht der DFB-

Schatzmeister über die veränderten Anforderungen

bei der Planung, Grenzen des Wachstums und die

Erfolgskriterien der FIFA. INTERVIEW: KLAUS JANKE

Herr Schmidt, seit den Olympischen Spielen 1972 in München sindSie an der Organisation von Sport-Events, vor allem Fußballwelt-meisterschaften, beteiligt. Welches war Ihr schönstes Erlebnis? DieFußball-WM 2006 in Deutschland – auch im Vergleich über dieJahrzehnte. Die Public-Viewing-Bewegung war für uns in diesemAusmaß eine große Überraschung. Nur der Weltmeistertitel wärenoch das Sahnehäubchen obendrauf gewesen.

Die Top-Veranstaltungen sind in den vergangenen vier Jahrzehn-ten gigantisch gewachsen. Welche Herausforderungen haben sichfür die Organisatoren besonders stark verändert? Neben der Ver-marktung, der Logistik und den Sicherheitsanforderungen vor allemdie Ausstattung der Stadien und die technische Infrastruktur für denTelekommunikationsbereich. Vor allem Letzteres ist für Länder, dienicht bereits über bestehende Strukturen verfügen, eine gewaltigeAufgabe. Die FIFA musste ihre Anforderungen im Lauf der Jahre im-mer weiter erhöhen, nicht zuletzt wegen vertraglicher Verpflichtun-gen aus der Rechtevermarktung.

Die Atmosphäre im Austragungsland hängt immer vom Abschnei-den des eigenen Teams ab. Wie kann man im Vorfeld verhindern,dass die Stimmung durch ein frühzeitiges Ausscheiden kippt? Dasbekommt man organisatorisch nicht verlässlich in den Griff. Ent-scheidend ist, dass die Beteiligten – sowohl Institutionen und Unter-nehmen als auch jeder einzelne Fan – für eine Gastgeberrolle sensi-bilisiert werden. Schon im Vorfeld muss man Freundlichkeitskampa-gnen starten und in unzähligen Einzelgesprächen klarmachen, dasses nicht nur um das sportliche Ereignis, sondern auch um die Ver-mittlung eines Deutschlandbilds geht. Dann kann der Funke über-springen: Jeder wird dann zum deutschen Botschafter.

Was passiert bei einem Unglück oder einem Anschlag? Wann würdeeine Fußball-WM abgebrochen? Ereignisse wie der Terroranschlagin München 1972 sind ja bei allen Sicherheitsvorkehrungen nichtvöllig auszuschließen. Das kann man nicht schablonenhaft festlegen.Ein einzelnes Spiel kann abgebrochen und wiederholt werden, dafür

Wetter, starke deutsche Mannschaft – na-türlich war viel Glück im Spiel. Aber aucheine nahezu perfekte Organisation hat zureuphorischen Stimmung beigetragen. Kannman das „Sommermärchen“ planmäßig wie-derholen? Dieser Frage sind Torsten Heine-mann und Christine Resch, Soziologen ander Frankfurter Goethe-Universität, nach-gegangen. Gemeinsam mit einem Team ha-ben sie die WM 2006 und danach 2008 inWien die Fußball-Europameisterschaft ana-lysiert, die gemeinsam von Österreich undder Schweiz ausgerichtet wurde. Die Ergeb-nisse haben sie dieses Jahr im Buch „(K)einSommermärchen: kulturindustrielle Fuß-ball-Spektakel“ veröffentlicht.

Der Befund: „In Wien wurden grundlegendeorganisatorische Fehler gemacht, die auf dieStimmung gedrückt haben“, sagt TorstenHeinemann. Besonders problematisch fielauf, dass die Österreicher die Public-Viewing-Bereiche im Zentrum der Innenstadt platzierthatten. „Dadurch war die Ringstraße auch anspielfreien Tagen gesperrt, was von vielenBewohnern als störend empfunden wurde.“

Hinzu kam, dass in diesem Bereich durch-gehend Sicherheitspersonal postiert war,sodass Passanten während des gesamtenTurnierzeitraums kontrolliert wurden oderden Bereich umgehen mussten. Damit diePublic-Viewing-Bereiche nicht als Hinder-nis wahrgenommen werden, empfiehlt er, sieweniger zentral zu positionieren. Deutsch-land habe in dieser Hinsicht 2006 einglücklicheres Händchen bewiesen, auch mitallgemein diskreter agierender Polizei undprivaten Ordnern.

Ein weiteres Ergebnis: Eine zusätzliche „Be-spaßung“ der angereisten Fans über die Fuß-ballspiele hinaus ist nicht notwendig. „In

Die richtige Mischung ausdiskretem Auftritt und abschreckenderWirkung: Poli-zisten beim WM-Eröffnungsspiel2006 in Mün-chen zwischenDeutschlandund Costa Rica

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38 [ Tribüne ] Faktor Sport

gibt es jeweils Planungen. Alles andere muss man im Einzelfall ent-scheiden. Ein Abbruch eines gesamten Turniers hätte Folgen, die inihrem Ausmaß gar nicht übersehen werden können. Insofern müsstewohl mehr passieren als in München. Der Sicherheitsaufwand istmittlerweile immens, weil meist eine gewisse Bedrohungslage vor-liegt. Wir haben während der Fußball-WM 2006 Bombendrohungenbekommen. Es stellte sich heraus, dass die Terroristen, die man we-gen der geplanten Anschläge auf deutsche Nahverkehrszüge ermittelthat, ursprünglich während der WM zuschlagen wollten.

Welche Faktoren sind für die FIFA bei der Bewertung des Erfolgs einer Weltmeisterschaft entscheidend? Viele, bedeutsam sind abervor allem die TV-Einschaltquoten und die Besucherzahlen in denStadien.

Letztere lassen ja zu wünschen übrig. In Südafrika fielen die zahl-reichen leeren Plätze sehr unangenehm auf. Das Problem der „noshows“ wird man nie völlig lösen, weil man niemanden, der eine Kar-te gekauft hat, ins Stadion zwingen kann. Die Ticketpreise orientie-ren sich generell an der Wertigkeit des Turniers und können deshalbnicht beliebig zurückgefahren werden. Allerdings bietet die FIFA fürdie heimischen Fans eine besonders preisgünstige Kategorie an, diein Südafrika in der Vorrunde bei 20 US-Dollar lag, natürlich immernoch für viele Menschen unerschwinglich. Im Übrigen wissen wiraus Erfahrung, dass man durch das Verschenken von Karten Stadiennicht verlässlich füllen kann.

Die Großveranstaltungen wachsen immer weiter. Gibt es organisa-torisch eine Grenze? Die ist bislang noch nicht in Sicht. Die Fußball-WM 2014 in Brasilien wird in Stadien mit großer Kapazität laufen.Grenzen des Wachstums sind insofern erkennbar, weil Stadien janicht nur für eine WM, sondern für die spätere Nutzung im Liga-spielbetrieb gebaut werden. ]

Wien hat man das für notwendig erachtet,weil man offenbar fürchtete, den Fans werdeansonsten langweilig“, so Heinemann. Alsogab es schwach besuchte Entertainment- undMusikveranstaltungen – DJ Ötzi legte vor ei-nem traurigen Häufchen von 50 bis 100 Leu-ten auf. „Solche Bilder drücken auch auf dieStimmung“, sagt der Soziologe. „Deshalb sollteman auf ein Rahmenprogramm verzichten –die Fans sind sich selbst genug.“

Das Spiel ist für die Organisatoren so gut wiegewonnen, wenn die Medien mitspielen. „Je-der Chefredakteur ist sich natürlich bewusst,dass eine starke mediale Unterstützung un-verzichtbar ist“, erklärt der DFB-Schatz-meister Horst R. Schmidt, der an der Orga-nisation zahlreicher Turniere beteiligt war.Verlässlich ins Boot ziehen kann man dieJournalisten aber meist nicht: „Allen steht esfrei, sich auch auf unerfreuliche Aspekte ei-nes Events zu stürzen – was ja auch passiert“,so Schmidt. Grundsätzlich gehorchen Me-dien dem Prinzip der Verstärkung: Ist die At-mosphäre gut, wird sie durch die Berichter-stattung noch besser und umgekehrt. „Daskonnte man in Deutschland 2006 sehr gutsehen: Auch da gab es Ausschreitungen, überdie aber verhältnismäßig wenig berichtetwurde“, sagt der Soziologe Heinemann. „Alsin Wien dagegen der Unmut über die Public-Viewing-Bereiche laut wurde, haben sich die Medien darauf gestürzt.“ ]

Als der „Funke“übersprang:Fußballfansbeim friedlichenPublic Viewingvor der BerlinerSiegessäule

VERSIERTER EVENTPLANERHorst R. Schmidt, 68, blickt auf umfangreiche Erfahrungen in der Organisation von Sport-Events zurück: Der gelernte Verwaltungs-fachmann war bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in MünchenMitarbeiter des Organisationskomitees (OK), genau wie zwei Jahrespäter bei der Fußball-WM in Deutschland. Von 1976 bis 1992 arbei-tete er als Abteilungsleiter und Direktor in der DFB-Zentrale, danachbis 2007 als DFB-Generalsekretär. Zudem hat Schmidt im Rangeeines geschäftsführenden OK-Vizepräsidenten von Januar 2001 bisSommer 2006 an der Planung und Durchführung der Fußball-WM inDeutschland mitgewirkt. Seine Expertise stellte er der FIFA auch für die WM in Südafrika zur Verfügung. Seit Oktober 2007 ist SchmidtDFB-Schatzmeister. Er ist verheiratet und lebt in Aschaffenburg.

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Faktor Sport [ Bewegungsmelder ] 39

63 Verhaltensdimensionen hat Markus-Oliver Schwaab bewerten las-

sen: im Zuge einer Untersuchung, in der der Professor am Human

Resources Competence Center der Hochschule Pforzheim beleuch-

tete, welche Qualitäten ehemalige Spitzensportler im normalen

Berufsleben auszeichnen.

Schwaab verfolgte in der vom DOSB unterstützten Studie das Ziel, „plausible Vermutungen“ in diesem Zusammenhang durch empirisch erhobene Daten zu ersetzen. Tatsächlich erbrachtedie onlinegestützte anonyme Befragung von 61 Führungskräften und Personalmanagern Resul-tate, die den sportlichen Mitarbeitern überwiegend schmeicheln. Mit einer Ausnahme bestä-tigten alle Studienteilnehmer, die Ex-Athleten als „im betrieblichen Kontext leistungsfähiger“ zu erleben als die Kollegen, so Schwaab.

Im Detail weisen die Ergebnisse darauf hin, dass sich die früheren Sportler in allen Dimensio-nen ausgeprägter verhalten als die Vergleichspersonen. In der einen Hinsicht deutlicher – etwaunter dem Aspekt „Belastbarkeit“, siehe Grafik –, in der anderen weniger deutlich, zum Beispiel„Streben nach Macht“. Insgesamt werden sie laut Schwaab als besonders leistungsfähig, zielorientiert und selbstbewusst empfunden.

Natürlich taugt nicht jeder Athlet zum „High Potential“, betont Schwaab. Zudem unterscheidensich auch Leistungssportler stark untereinander, laut Studie etwa in der Kritikfähigkeit, derSelbsteinschätzung, dem Organisationstalent, auch in der sozialen Kompetenz. Trotzdem siehtsich Schwaab darin bestätigt, dass sie abseits von Kriterien wie Höchstalter, Studiendauer undExamensnote „für Unternehmen ein interessantes Potenzial darstellen, das vielleicht irrtümlichlange Zeit wenig genutzt worden“ sei.

ZIELORIENTIERT UND SELBSTBEWUSSTSTARK UND WENIGER STARK AUSGEPRÄGTE VERHALTENSWEISEN VON MITARBEITERN MIT LEISTUNGSSPORTHINTERGRUND

DEIN NAME AUF ACHSE

Anfang dieses Jahres hat die Stiftung Deut-sche Sporthilfe die Spendenkampagne„Dein Name für Deutschland“ ins Lebengerufen, nun geht sie damit auf die Straße.Ende August begann die Deutschland-Tourbeim Hanse Cup (Ruderrennen) in Rends-burg; bis zu den Olympischen Spielen inLondon 2012 soll der Truck jährlich zu 20bis 30 großen Sportveranstaltungen inDeutschland touren und für die Sport-hilfe-Förderung werben.

Die Kosten für die Kampagne werden vonden Nationalen Förderern der Sporthilfegetragen. Neben Mercedes-Benz und derDeutschen Bank zählen die Telekom undLufthansa dazu, die beide auch als Partnerdes Deutschen Olympischen Sportbundes(DOSB) und des Deutschen Behinderten-sportverbandes (DBS) im olympischen undparalympischen Bereich engagiert sind.

Ziel der Spendenaktion ist es, möglichstviele Menschen dafür zu gewinnen, Nach-wuchstalente und Spitzensportler mit dreiEuro pro Monat als Sponsor zu unterstüt-zen. Nächste Stationen der Roadshow wer-den der Berliner Marathon Ende Septembersowie das Fest der Begegnung der SporthilfeMitte Oktober in Mannheim sein.

AUG' IN AUG'

Internet und Fernsehen sind fast vergleich-bar, zumindest was die Reichweite anbe-langt. Das ist eines der Ergebnisse der neu-esten Online-Studie von ARD und ZDF.Rund 49 Millionen Deutsche über 14 Jahrenutzen das Web, was einen Anteil von knapp70 Prozent an der entsprechenden Bevölke-rungsgruppe bedeutet. Im Vergleich zumVorjahr surfen rund 5,5 Millionen Men-schen mehr in den Tiefen der digitalen Welt. Besonders attraktiv sind anscheinend Be-wegtbilder: 65 Prozent der User schauen imNetz Videos, hauptsächlich über Videopor-tale, und die TV-Sender, die inzwischen von24 Prozent der Onliner (ca. zwölf MillionenMenschen) mehr oder weniger regelmäßigfrequentiert werden.

Belastbarkeit in arbeitsintensiven PhasenMotivation im Beruf, Leistung zu bringen Selbstbewusstes AuftretenZielorientierung RisikobereitschaftFinanzielle ErwartungenStreben nach MachtHerausstellen der eigenen Leistungen

+ 2,57+ 2,43+ 2,18+ 2,16+ 0,95+ 0,90+ 0,66+ 0,62

Verhaltensaspekt Mi ttelwert*

Basis: 61 Führungskräfte und Personalmanager von Unternehmen, die Ex-Leistungssportler beschäftigenQuelle: Human Resources Competence Center, Hochschule Pforzheim

* Durchschnittswert aller Befragten auf einer Skala von +4 bis -4 (Verhalten von Leistungssport-lern ist sehr viel stärker bzw. sehr viel schwächer ausgeprägt als von gewöhnlichen Mitarbeitern)

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40 [ Vermittlungskunst ] Faktor Sport

ieser Rückstand dürfte selbst für denFC Bayern München vorerst schwereinzuholen sein. 25:1 führt der FC Bar-celona im direkten Vergleich. Nicht auf

dem Fußballfeld, sondern auf Facebook. Derspanische Top-Klub versammelte Ende Au-gust rund vier Millionen Anhänger auf seineroffiziellen Seite, 25 Mal so viele wie der Deut-sche Meister, der zeitgleich etwa 160.000registrierte Fans zählte.

Facebook verändert die Kommunikation. DieInternetplattform hat sich mit 500 Millionenaktiven Nutzern an die Spitze einer gewalti-gen Bewegung gesetzt: Social Media. Nebendem Weltmarktführer und dem größten deut-schen Pendant, der VZ-Gruppe (StudiVZ,

DSoziale Netzwerke im

Internet wie Facebook,

Twitter und YouTube weiten

den Kommunikationsspiel-

raum der Sportakteure:

vom Hobbyteam bis zum

Groß-Klub. Zwar halten sich

deutsche Nutzer bislang

zurück, doch offensichtlich

ist: Nie waren Mitgliederan-

sprache und Fanbindung

so einfach wie heute.

TEXT: ROLAND KARLE

DIE NEUEFREIHEIT

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Faktor Sport [ Vermittlungskunst ] 41

Laut einer aktuellen Sport + Markt-Studienutzen auch ältere Deutsche Social Mediazum Sportschnack. Bei Facebook bilden die30 bis 39 Jahre alten Sportinteressierten diegrößte Gruppe. Die Studie verdeutlicht zu-dem, dass Sport und Social Media in Deutsch-land noch kein vertrautes Paar sind. Lediglich18 Prozent der 14- bis 65-jährigen Sportin-teressierten, die sich im Internet über Sportinformieren, nutzen YouTube; Facebook anzweiter Stelle gar nur 13 Prozent. „Deutsch-land hinkt anderen Nationen deutlich hinter-her“, so Papendorf. Doch die Nutzung werdezunehmen. „Verbände, Vereine und Veran-staltungen sollten in den sozialen Netzwerkenpräsent sein. Sie können dadurch mit Mit-gliedern schneller, direkter und häufigerkommunizieren. Außerdem bietet sich ihnenvergleichsweise einfach die Chance, neueZielgruppen anzusprechen und für sich zugewinnen.“

Facebook, YouTube, Twitter & Co vervielfälti-gen nicht nur die Kontaktmöglichkeiten, son-dern geben Akteuren, Funktionären und An-hängern des Sports die Chance, in der Kom-munikation selbst stärker Regie zu führen.„Hatten es früher etliche Sportarten aus un-teren Wettkampfligen schwer, in Zeitungen,Radio und Fernsehen berücksichtigt zu wer-den, können die Akteure Ergebnisse und Er-lebnisse nun selbst transportieren und derÖffentlichkeit anbieten“, sagt Gerhard Tro-sien, Professor für Sportmanagement an derFachhochschule Heidelberg. „Der Trichter,den klassische Medien bildeten, ist außerKraft gesetzt.“ Benötigte der Vereinsfunktio-när zum Auf- und Ausbau von Homepagesder ersten Internetgeneration noch Program-mierkenntnisse und meist Expertenunter-stützung, kann er Mitglieder heute perKnopfdruck ansprechen. Einfach bedienba-rer Blog-Software und auf Interaktion ausge-richteter Oberflächen à la Facebook sei Dank.

SchülerVZ, MeinVZ), haben auch andereNetzwerke des Web-2.0-Zeitalters wie dieVideo-Plattform YouTube und der Kurznach-richtendienst Twitter erheblich an Reichweitezugelegt.

Wie lawinenartig Social Media die Welt er-obert hat, zeigt ein Medienvergleich, den ErikQualman, US-Autor des Buches „Socialno-mics“, angestellt hat. Während das Radio 38Jahre brauchte, um 50 Millionen Hörer zugewinnen, genügten dem Fernsehen 13 Jahre,dem Internet 4 Jahre. Facebook schaffte es inweniger als einem Jahr, 100 Millionen Men-schen zu erreichen.

Angezogen hat die Jünger vor allem eins:Während traditionelle Medien primär infor-mieren und unterhalten, bieten soziale Netz-werke die Möglichkeit, in Echtzeit und überallmiteinander zu kommunizieren.

„Kleben Sie ein Plakat mit der Aufschrift ,So-cial Mediaʻ an eine Tür und schon drängenMenschentrauben in den Saal. Kongresse undSeminare zu diesem Thema sind regelmäßigausgebucht“, sagt der Düsseldorfer Medien-experte Thomas Koch. Bahnt sich ein Para-digmenwechsel in der Kommunikation anoder handelt es sich schlicht um einen Hype,wie er vor wenigen Jahren die virtuelle Weltdes heute selten geführten „Second Life“ er-fasste? Und wie wird sich das auf die Kom-munikation im Sport auswirken?

SCHNELL, DIREKT, ZUGÄNGLICH

Die Diskussion um Social Media ist häufigvon Lagerdenken geprägt: hier begeisterteAnhänger, dort Medien-Puristen. Tatsächlichist das Phänomen der sozialen Netzwerke zufrisch, sind die Erfahrungen von Sportlern,Vereinen und Verbänden noch zu gering, umbereits einen aussagekräftigen Befund zu lie-fern. Fest steht: „Die Philosophie des Mittei-lens im Sport verändert sich“, sagt Simon Pa-pendorf, Senior Consultant bei Sport + Marktin Köln. „Das Kommunizieren über digitalesoziale Netzwerke wird selbstverständlichwerden, nicht nur für die junge Generation,die damit aufgewachsen ist.“

Olympische Jugendspiele in Singapur, dervereinseigene Kanal „Hansa-TV – von Fansfür Fans“ des Fußball-Drittligisten F. C.Hansa Rostock oder die Jumpstyle-Turnvor-führung des TSV Münchingen während sei-ner Weihnachtsfeier gehören mittlerweileselbstverständlich zum Repertoire von You-Tube. Jeder kann Spiele oder Sequenzen on-line stellen. Ein entscheidender Unterschiedzum traditionellen Mediensystem, in dem dieHierarchie zwischen Sender und Empfängerzementiert ist. Hinzu kommt: Nutzer könnenunmittelbar reagieren, Kommentare abgeben,sich mit anderen Interessierten austauschen.

Nicht nur große Vereine und bekannteSportler profitieren davon. Amateurklubsumgibt ein natürliches Netzwerk von mitei-nander bekannten Personen, das sich imGrunde leicht ins Internet übertragen lässt.

Ein Beispiel: Ein Verein startet eine Fanseiteauf Facebook. Nutzer können auf den „Ge-fällt mir“-Button klicken, Kommentareschreiben, Informationen auf der Online-Pinnwand hinterlassen, Videos und Bildereinstellen. Durch die Netzwerkstruktur ma-chen Nachrichten die Runde, die Mitgliederwerden auf dem Laufenden gehalten undbringen sich selbst ein. So ist es möglich, sichschnell über aktuelle Themen auszutauschen(braucht die Mannschaft Verstärkungen inder Winterpause?), Termine zu vereinbaren(wann soll der nächste Vereinsausflug sein?),Meinungen über bevorstehende Entschei-dungen (wie kann die Jugendarbeit besserorganisiert werden?) oder realisierte Aktio-nen (wie kommt das musikalische Vorpro-gramm an?) einzuholen. --›

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42 [ Vermittlungskunst ] Faktor Sport

SUPERSTARS TEILEN SICH MIT

Social Media ersetzt auf diese Weise zwarnicht das persönliche Gespräch, aber for-ciert im Sinne eines virtuellen Stammtischsden Austausch. Was die Bindung zum Vereinoder Sportler stärkt. Außerdem wird durchdas Netzwerk der Nutzer auch deren Be-kanntenkreis auf die Fanseite aufmerksam,der Verein kann weitere Freunde und imbesten Fall Mitglieder und Förderer gewin-nen – zumal er durch den schieren Einsatzdieses Mittels Dynamik signalisiert. „DurchSocial Media haben wir Personen wieder ak-tiv an den Verein herangeführt und zum Bei-spiel auch ehrenamtliche Mitarbeiter gefun-den“, sagt Andreas Will, der die Facebook-Seite und den Twitter-Account des SSVReutlingen betreut. Diese Kanäle seien kos-tengünstig und wirkungsvoll. Will: „Sie sindzur wichtigsten Kommunikationsplattformfür den Verein geworden.“

Die relativ schwache Nutzung von SocialMedia im deutschen Sport betrifft die Ama-teurszene ebenso wie das Profitum. Ein Blicknach Amerika hilft, brachliegende Möglich-keiten zu entdecken. Bei den Clubs der gro-ßen Sportligen (American Football, Eis-hockey, Basketball) sind die Präsenz bei Fa-cebook und Twitter sowie Blogs selbstver -ständlich.

Unter twitter-athletes.com waren Mitte Au-gust 2600 Sportler registriert, und jederzeitkönnen die Top 10 in der Publikumsgunstaufgerufen werden. So führt BasketballerShaquille O’Neal mit 3,2 Millionen Followersdie Rangliste an, gefolgt von Radfahrer LanceArmstrong (2,6 Millionen), SkateboarderTony Hawk (2,2 Millionen) und Fußball -spieler Kaká (1,8 Millionen). Klingt wie einenette Spielerei, aber dahinter steckt mehr:Bindung der Anhänger durch die Stars.

Auch wenn sie bisweilen scheinbar Banales –Armstrong: „Habe gerade den Dokumentar-film ,Beyond the Lighted Stageʻ gesehen.Toll.“ – mitteilen, lassen sie ihre Fans teil -haben an dem, was sie tun, nehmen Einflussauf sie und halten direkten Kontakt.

Man kann sich auch fragen, warum ein Spielder „Chicago Bulls“ über 50.000 Besucherauf dem Twitter-Account verzeichnet.Sportprofessor Trosien liefert die Antwort:„Weil sie dadurch ein Stück hinter die Kulis-sen des Spiels schauen können, und das fin-den viele Fans faszinierend.“

Ein begeisterter Sozialnetzwerker ist derUS-Tennisprofi Andy Roddick. Weil er sofleißig Meldungen absetzte, wurde er bei denUS Open 2009 streng aufgefordert, keineInsiderinformationen per SMS ins Internet

zu stellen. Auch die National Football League(NFL) sah sich gezwungen, einen Verhaltens-kodex für Social Media zu erarbeiten: Spie-lern, Trainern und Funktionären ist es unter-sagt, eineinhalb Stunden vor dem Spiel undbis zu den Interviews danach zu twittern oderüber sonstige Kanäle zu kommunizieren. In-formationen über Verletzungen, die Taktikoder die Stimmung in der Mannschaft könn-ten, so die Begründung der NFL-Oberen, zuWettmanipulationen führen.

Es wird noch ein Weilchen dauern, bis manSocial Media in Deutschland für solche Pro-bleme verantwortlich machen kann. ]

ANZAHL DEUTSCHER INTERNETNUTZER,D I E S I C H M I T T E L S S O Z I A L E R N E T Z W E R K E Ü B E R S P O R T I N F O R M I E R E N B Z W. A U S T A U S C H E NYouTube

Facebook

StudiVZ

SchülerVZ

MeinVZ

meinSport

MySpace

StayFriends

Twitter

wer-kennt-wen

2.500.000

1.800.000

1.250.000

970.000

970.000

830.000

690.000

560.000

420.000

280.000

SPORT+MARKT Sportsponsoring 2010, Basis 1. Welle: 357 sportinteressierte TV-Zuschauer im Altervon 14 bis 65 Jahren, die sich via Internet über Sport informieren

Grundgesamtheit: ca. 39,5 Mio. sportinteressierte Bundesbu ̈rgerErhebungszeitraum: 12. und 13. Kalenderwoche 2010

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Faktor Sport [ Bewegungsmelder ] 43

Wie selbstverständlich: Bundespräsident Christian Wulffführt die DOSB-Schirmherrschaft seines Vorgängers fort

14Jahre lang fand der Sports Business Summit (SpoBiS) in München

statt. Dort hat sich der Sportwirtschaftskongress – unter wechseln-

den Namen – zu der Fachtagung rund um das Thema Sport und

Wirtschaft entwickelt.

Nun wird der nach eigenen Angaben größte europäische Sportbusiness-Kongress seinen bisherigen Standort verlassen und nach Düsseldorf ziehen. Vorausgegangen war eine deutsch-landweite Ausschreibung unter mehreren Städten. Der Austragungsort des 14. SpoBiS am 7. und 8. Februar 2011 wird das CCD Congress Center Düsseldorf sein. Erwartet werden 1600Teilnehmer und rund 150 Referenten.

BEDINGT HAFTBAR

Das Saarländische Oberlandesgericht(OLG) in Saarbrücken hat eine Entschei-dung gefällt, die Freizeitsportlern mehrRechtssicherheit gibt. Wer als Amateurseinen Gegner verletzt, kann nur bei vorsätzlichem und grob fahrlässigem Verhalten auf Schadensersatz undSchmerzensgeld haftbar gemacht werden.Das Urteil fußt auf einem konkreten Fall:Ein Altherren-Fußballer wurde bei einemFreundschaftsspiel durch ein Foul einesGegenspielers verletzt. Die Klage aufSchmerzensgeld wies das Landgericht ab.Auch die Berufung beim OLG blieb ohneErfolg. Schadensersatz und Schmerzens-geld könne es nur geben, wenn die imWettkampf erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße missachtetworden sei.

STILLGESTELLTE BEWEGUNG

Sport lebt von derGeschwindigkeit,das macht einenTeil seiner Faszina-tion aus. Genausospannend kann esjedoch sein, Zeitund Bewegung an-zuhalten, den Wett-kampf einzufrieren.Welche Wirkungauf den Betrachterdiese konserviertenMomente habenkönnen, ist derzeitim Kölner Sport &Olympia Museum in der Ausstellung„Athletische Momente“ zu erleben. Gre-gor Hübl hat Sportler im entscheidendenMoment fotografisch festgehalten, in ungewöhnlicher Perspektive und vor einerdunklen Kulisse. Daraus sind mehr als 20Fotos ganz eigener visueller Kraft und Ästhetik entstanden, unter anderem vonAthleten wie Steffi Nerius, Wojtek Czyzoder Kerstin Vogel (siehe Foto oben). DieAusstellung läuft vom 10. September biszum 12. Dezember 2010.

PRÄSIDIALER SCHIRM

Trotz Wechsel der Amtspersonen bleibt dem Deutschen Olympischen Sportbund(DOSB) die Schirmherrschaft des Bundes-präsidenten erhalten. Das hat ChristianWulff, im Juni zum Staatsoberhaupt gewählt,DOSB-Präsident Thomas Bach brieflichmitgeteilt. Die Aufgabe übernehme er „inbewährter Tradition gerne“, schrieb Wulff in einer seiner ersten Amtshandlungen.„Wir freuen uns sehr, dass BundespräsidentChristian Wulff dem Sport so verbundenist“, sagte Bach. Wulffs AmtsvorgängerHorst Köhler hatte die Schirmherrschaftüber den DOSB mit dessen Gründung imJahr 2006 übernommen.

VERNETZTE UNTERSTÜTZERDie Gesellschaft lebt vom Engagement desEinzelnen. Viele Menschen halten sich daranund setzen sich für Mitbürger und sozialeProjekte ein. Die neue Internetplattformwww.engagiert-in-deutschland.de bietet dieMöglichkeit, sich miteinander zu vernetzen –und zwar auch mit Unternehmen, Organisa-tionen und Institutionen. Das Projekt wirdvom Bundesministerium für Familie, Senio-ren, Frauen und Jugend gefördert, Partner ist das Centrum für Corporate CitizenshipDeutschland (CCCD), Träger der DeutscheVerein für öffentliche und private Fürsorgee.V.. Auf der Website finden sich Initiativen,aktuelle Nachrichten, Fachinformationen undVeranstaltungen rund um die Themen, für diesich Menschen in Deutschland einsetzen. Inmoderierten Themenräumen werden Enga-gierte eingeladen, gemeinsam Ideen zu ent-wickeln, umzusetzen und weiterzuverbreiten.

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44 [ Vermittlungskunst ] Faktor Sport

„KEIN SAMMELBECKEN SOZIALER AUTISTEN“Hendrik Speck, Professor für digitale Medien an

der Universität Kaiserslautern, über die Vorteile und

Tücken sozialer Netzwerke für den Sport – sowie

Ähnlichkeiten von Vatikan und Fachverbänden.

INTERVIEW: MARCUS MEYER UND ROLAND KARLE

Herr Speck, das Thema Social Media hat Konjunktur, auch imSport. Ein Facebook-Account gehört zum guten Ton, über Twitterwird Krisenkommunikation betrieben. Was macht es so reizvoll?Es ist offensichtlich, warum auch Sportorganisationen in dieseMärkte drängen. Facebook hat gerade den 500-millionsten „Ein-wohner“ verkündet. Wenn Sie so wollen, ist es das drittbevölke-rungsreichste Land der Erde. Wir haben in Untersuchungen fest-gestellt, dass es in diesen sozialen Medien Produkte und Dienst-leistungen gibt, die von mehreren 100 Millionen Menschen zurKenntnis genommen wurden. Damit verglichen sind TV-Reichwei-ten eher mickrig, selbst die 20 oder 30 Millionen Zuschauer bei der

Fußball-WM in Südafrika. Von den vor sich hin siechenden Zei-tungen ganz zu schweigen. Gerade in der Krisenkommunikationhaben Sie den Vorteil, nicht allein von den über die Medien trans-portierten Meinungen abhängig zu sein, sondern direkt mit denKunden oder Fans in Kontakt zu treten.

Klingt gut. Und wo sind die Hürden? Der Vorteil ist zugleich einAnspruch. Viele Organisationen, Parteien und Unternehmen habensich zwar Facebook und Co angenommen, aber nicht begriffen,dass es sich nicht um ein Sammelbecken von sozial isolierten Autisten handelt, sondern um ein Medium, das bewusst auf Aus-tausch angelegt ist. Wenn man nicht wahrnimmt, dass es sich umein Dialoginstrument handelt, verschenkt man dessen eigentlichesPotenzial.

Was stellt sich dieser Erkenntnis in den Weg? Vor allem Organisa-tionen und Strukturen, die hierarchisch aufgebaut sind, habenProbleme. Ein Beispiel: Ich hatte einen Beratungsauftrag in einemöffentlich-rechtlichen Medienrahmen, dort sind die Sitze nachProporz verteilt. Irgendwann stand ein Teilnehmer auf und fragte:„Wie müsste die Social-Media-Strategie für den Vatikan aussehen?“

Das würde uns auch interessieren. Die Antwort ist zunächst analogzu klassischen Werbeansätzen: Sie überlegen sich, was der Vatikanerreichen will, welche Zielgruppen er ansprechen möchte, welcheInhalte er zur Verfügung stellen kann und dann wählen sie die ent-

Web 2.0 und Social Media sind Schwerpunkte in der wissenschaftlichen Arbeit von Hendrik Speck. Der 34-Jährige lehrt als Professor für Informatikund Interaktive Medien an der Technischen Universität Kaiserslautern

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Faktor Sport [ Vermittlungskunst ] 45

sprechenden Kommunikationskanäle aus. Anschließend nutzen Siealle Möglichkeiten, um Informationen und Botschaften kostenloszu verbreiten, um dann – das ist der Unterschied zur klassischenWerbung - in den Dialog mit den Usern zu treten. Über den Erfolgder Maßnahmen entscheidet letztlich, ob es gelingt, das Commu-nity-Feedback innerhalb ihrer Strukturen zu spiegeln und daskreative Potenzial zu integrieren.

Was würde das für den Vatikan bedeuten? Auch der Vatikanmüsste das Feedback in die Netzwerkstrukturen einbauen, dezen-tralisieren und die Gläubigen wesentlich mehr in Entscheidungs-prozesse einbeziehen. Irgendwann stockte ich bei meinen Ausfüh-rungen. Mir wurde klar: Das wäre im Endeffekt natürlich eine sehreffiziente Struktur – aber nicht mehr die katholische Kirche mitihrem streng hierarchischen Zuschnitt.

Wo kann der Mehrwert für den Sport liegen? Auf Veränderungender Sportkultur könnte schneller und besser reagiert werden. AuchJugendliche, deren Interessen in den klassischen Strukturen nichtrichtig abgebildet werden, könnten entsprechend abgeholt werden– ihre Anliegen müssten in diesem dialogischen Prozess nicht im-mer langwierige Gremien passieren. Es wäre eine Möglichkeit, demVereinsleben einen neuen Anstrich zu geben, es nicht auf das Ver-einsheim zu beschränken. Oder sehen Sie die Trägheit der Syste-me, etwa bei Übertragungen in den Medien oder bei der Aufnahmevon neuen Sportarten zu Olympischen Spielen. Wie lange das dau-

ert. Dabei ist der Wille schon vieleJahre formuliert, bevor die Neue-rung in den sportpolitischen Gre-mien ihre Abbildung findet.

Wie sollen Organisationen damitumgehen, dass trotz des ZulaufsMenschen ausgeschlossen wer-den? Was ist mit denen, die keineLust auf soziale Medien habenoder denen schlicht die Kenntnisfehlt? Das Ausgrenzen ist nichtdas Problem. Nehmen Sie zumBeispiel das Programm der öffentlich-rechtlichen Sender. Hier werden die Interessen jungerMenschen systematisch vernach-lässigt, was auch am hohen Alters-durchschnitt der Zuschauer abzulesen ist. Andererseits sinddie über 55-Jährigen auch die amschnellsten wachsende Nutzer-gruppe in den sozialen Netzwer-ken. Wichtig ist, in das Themaeinzusteigen. Die neuen Medienverursachen relativ geringe Kos-ten, damit ist die Hürde für einen

eigenen Kommunikationsweg drastisch gesunken. Es ist viel teurer,einen TV-Kanal aufzumachen.

Die Kosten mögen geringer sein. Aber was kommt danach? Die Vereine müssen dranbleiben. Das Interessante ist: In dem Au-genblick, wo sie das Projekt starten, erhalten sie schon Feedback.Dem müssen sie sich aussetzen. Mit den neuen Technologien, mitder Aufhebung von Distanz – inhaltlicher, räumlicher wie zeitli-cher – und der Möglichkeit zum direkten Feedback erwarten dieNutzer, dass die Apparate auch Nutzerinteressen berücksichtigen.Und das setzt voraus, dass sich Strukturen ändern können.

Learning by Doing? Eher Learning by Feedback. Es ist wenig sinn-voll, die Guidelines runterzurattern. Was gefordert wird, kristalli-siert sich im Dialog sehr schnell heraus.

Bedenkt man, dass die Mehrzahl der Vereine ehrenamtlich orga-nisiert ist und dass es vielleicht der IT-kundige Student ist, derden Online-Auftritt managt, so wäre er derjenige, der in Dialogtreten müsste - ohne sich mit dem Präsidenten abzustimmen. Das meinte ich mit Veränderung von Organisationsstrukturen, die sich automatisch ergeben. Sie müssen bereit sein, sich zu öffnen und sich potenziell zu verändern. Was Sie mit dem Beispieldes Studenten als Ressourcenproblematik beschrieben haben, wirdmittelfristig und langfristig nicht mehr auftreten. Bei einem erfolg-reichen Kanal übernimmt die Community sukzessive das Verwaltender Rechte und das Betreuen der Inhalte. Sie sorgt selbst dafür,dass sie sauber bleibt – das klassische Wikipedia-Prinzip. Hun-dert Augen sehen mehr als die des Administrators. So kann aufFehler schneller reagiert werden.

Überspitzt könnte man sagen: Es ist eigentlich egal, welche Inhal-te sie reinstellen. Richtig, der Dialog ist das Ziel. Machen sie es gut,bedeutet es am Ende nicht mehr, sondern weniger Arbeit.

Verbände, die klassisch hierarchisch organisiert sind, haben dem-zufolge eine Menge Arbeit vor sich. Na ja, drücken wir es so aus:Sie sind in Bezug auf ihre Finanzierungs- und Organisationsstruk-tur bestimmten Herausforderungen ausgesetzt. Der Druck wirdwachsen, soziale Medien als Ort des demokratischen Prozesses zubegreifen.

Gilt das für alle Organisationen? Es gilt abzuwägen. Das BeispielVatikan zeigt: die neuen Strukturen müssen auch zur Organisationpassen, zur Marke. Ich kann bei Facebook Flagge zeigen, doch dieNutzung hängt letztlich vom Selbstverständnis ab. Man muss sichallerdings bewusst machen, dass diejenigen, die die neuen Mediennicht nutzen, perspektivisch schlechter im Wettbewerb dastehenwerden.

Man sollte also auf den Zug aufspringen? Vielleicht kann man esso sagen: Die größten Kosten bei den sozialen Medien entstehendadurch, dass man sie nicht nutzt. ]

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46 [ Vermittlungskunst_Dossier_Schmerz ] Faktor Sport

DER BLICK AUFS

LEIDENOb es die Tränen des Verlierers sind oder der

Aufschrei des Gefoulten: Die Medien inszenieren

nicht nur den Jubel der Sportler, sondern auch

den Schmerz – ein Balanceakt mit Tücken.

TEXT: KLAUS JANKE

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Faktor Sport [ Vermittlungskunst_Dossier_Schmerz ] 47

ie Seele eines Volkes drücke sich durchihre Schriftsteller aus, glaubte man infrüheren Zeiten. Für einen Tag im Juliwurde diese längst vergessene Vorstel-

lung wieder Wirklichkeit: Martin Walser ver-öffentlichte in der „Süddeutschen Zeitung“einen offenen Brief an Bastian Schweinstei-ger, in dem er dem Fußballer nach der WM-Niederlage gegen Spanien seine Hochach-tung aussprach: „Die, die gewonnen haben,sind nicht halb so eindrucksvoll wie die, dieverloren haben“, schreibt Walser, und es istdas Bild des einsam auf dem Rasen kniendenSchweinsteiger, das ihn besonders berührthat: „Ich finde, das Bild, das so zustandekam, der gloriose Fußballer kniet allein, dieStirn im Gras, dieses Bild hat es verdient,gespeichert zu werden, überall. Dass es inuns, den Zuschauern, gespeichert ist, daraufkönnen Sie sich verlassen.“

Walser kann da sicher sein. So wie den Fansdie Bilder gefeierter Triumphe in Erinnerungbleiben, so prägen sich die Bilder der Ent -täuschung und des Schmerzes ein. „DerSchmerz gehört von jeher zum Sport dazu“,erklärt Armin Grasmuck, stellvertretenderChefredakteur von „Sport Bild“, „und er hatauch schon immer die Reporter, die über Siegund Niederlage berichten, sehr interessiert.“

Es ist nicht der Schmerz selbst, der berührt,sondern seine Inszenierung durch die Me-dien. Fernsehen und Radio, Zeitungen undZeitschriften haben die Emotionalisierungdes Sports in den vergangenen Jahren voran-getrieben. Das schmerzverzerrte Gesicht desgefoulten Fußballers, die Wut des Tennis-spielers, der im entscheidenden Augenblickeinen Doppelfehler produziert hat – dieseBilder vermitteln, dass es dort auf dem Platzwirklich um etwas geht.

„Wir zeigen, wie Menschen an ihre Grenzengehen“, erklärt der Chefreporter des ZDF-Sports, Wolf-Dieter Poschmann. Und geradedie Enttäuschung ist seiner Ansicht nach einwesentlicher Faktor des Sports: „Die Inter-

views mit den Verlierern sind oft interessanterals die mit den Siegern, aber natürlich auchschwieriger zu führen.“ Poschmann versuchtNachwuchsjournalisten immer wieder klarzu-machen, dass sie sich in die Sportler hinein-versetzen müssen, wenn diese zum Beispielgerade einen Wettkampf verloren haben, aufden sie sich ein Jahr vorbereitet haben. NichtFreund oder Freundin sind es, mit denen derSportler zuerst spricht, sondern der Reporter.Und der sollte dann die richtigen Fragen stel-len. Vom Speziellen zum Allgemeinen, so lau-tet Poschmanns Devise: „Erst konkrete Fra-gen zum Wettkampf, später zu den Perspekti-ven für die Karriere.“

Für den Zuschauer besteht der Reiz imWechselspiel der Emotionen: Man brauchtdie Erfahrung des Mit-Leidens, um dannauch wieder jubeln zu können. Für die In-szenierung in den Medien ist es daher wich-tig, dass der emotionale Kontrast stets betontwird: „Ein Bild der Enttäuschung hat nur ei-nen Effekt, wenn auch die Gegenseite, etwadie jubelnde gegnerische Mannschaft, ge-zeigt wird“, erläutert der Live-RegisseurVolker Weicker. Zu seinem Handwerk gehörtes, auch den Schmerz der Sportler immerwieder ins Blickfeld zu rücken. Fast alle Ka-meras laufen heute auf Slow Motion, sodasssehr intensive Zeitlupenaufnahmen aus na-hezu allen Blickwinkeln möglich sind.

Weicker warnt davor, durch die Möglichkeitender Technik in Effekthascherei zu verfallen.Skeptisch sieht er vor allem die seit einigenJahren in Mode gekommenen Highspeed-Kameras, die eine besonders langsame Zeit-lupe möglich machen: „Dies verleiht selbstSzenen mit schmerzhaften Fehltritten eineästhetische Komponente. Ich rate vom Ein-satz bei Fouls daher ab, weil man so demSchmerz seinen Schrecken nimmt.“

Medial gefragt ist der Schmerz fast aus-schließlich als Antithese zum Jubel, nicht umseiner selbst willen. „Schmerzhafte Szenenentscheiden nicht über die Attraktivität einesSpiels oder eines Events“, so der Medienwis-senschaftler Holger Schramm vom Institutfür Publizistikwissenschaft und Medienfor-schung an der Universität Zürich. Er erinnertan den Boxer Arthur Abraham, der 2006 sei-nen Weltmeistertitel verteidigte, indem ermehrere Runden mit gebrochenem Unter-kiefer und stark blutend weiterkämpfte: „Dasging zu weit. Das wollen die Zuschauer nichtmehr sehen.“

ERBARMUNGSLOSE KAMERA

Das Spiel mit den Gefühlen steuern nicht nurdie Medien, sondern gemeinsam mit ihnendie Sportler selbst. „Viele wissen, wie manEmotionen inszeniert“, so Schramm. „Schon

D

Highspeed-Kameras zerlegen den kompakten Bewegungsablauf in einzelne Momente. Doch was im Normalfallgroße Faszination ausübt, führt bei Verletzungen leicht zu einer Ästhetisierung des Schmerzes

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Boris Becker und John McEnroe konnten dasperfekt. Das hat ihnen die starken Sympa-thien der Zuschauer eingebracht: Sie warenTypen, bei denen man mitgelitten hat.“ Doch nicht jeder beherrscht das Spiel. Allzuhäufig leiden daher Athleten darunter, dassdie Kamera erbarmungslos draufhält, derReporter unsensibel auch nach den kleinstenDetails der Verletzung fragt. Damit müssensie leben, so Poschmann: „Der Sportler be-tritt die Bühne bewusst und freiwillig. Da istes zumutbar, auch zu zeigen, wenn jemandleidet.“

Wenn es nicht gerade in eine Inszenierungs-strategie passt, reden Leistungssportler nurungern über Schmerzen. „Sie wollen demGegner in dieser Hinsicht keinen Angriffs-punkt bieten“, erklärt Grasmuck. „Vielmehrgilt körperliche und mentale Stärke heute alseiner der entscheidenden Erfolgsfaktoren imHochleistungssport. In Einzelfällen berich-ten Sportler erst nach ihrer aktiven Karriereüber Verletzungen und Krankheiten, die sieeinst plagten.“

Gerade das weckt aber häufig den Jagdin-stinkt der Journalisten. Sie müssen Seitenund Sendungen füllen und bohren nach,wenn jemand Probleme hat, ob körperlichoder seelisch. „Es gibt einen Punkt, da be-ginnt einfach das Privatleben, und das wissenviele Journalisten nicht“, sagt der Bad Vilbe-ler Berater Bernhard Schmittenbecher, dervor allem Biathleten betreut. „Auch das Um-feld der Sportler schert das nicht. So äußernsich häufig Mediziner sehr offen zu Verlet-zungen der Sportler. Wurden die von derärztlichen Schweigepflicht entbunden?“

GEFÄHRLICHE ENTTÄUSCHUNG

Schmerz und Enttäuschung müssen nichtüber die Sportler inszeniert werden – auchdie Zuschauer vor Ort geben dankbare Pro-tagonisten des Leidens ab. Wer die deutscheWM-Niederlage gegen Spanien verfolgt hat,erinnert sich an das weinende kleine Mäd-

chen, das im Anschluss minutenlang imFernsehen gezeigt wurde. Die Kamerafahrtdurchs Publikum ist zu einem beliebten Stil-mittel geworden. „Ich bin dazu übergegan-gen, beim Fußball einzelne Fans immer wie-der einzublenden“, so Weicker, „weil sich inihrer Mimik und Gestik das komplette Spielwiderspiegeln kann.“

Die Verantwortung der Medien ist groß:„Durch ein Fußballspiel kann die Stimmungeiner ganzen Nation kippen“, so Schramm.„Als das Schweizer Team bei der Weltmeis-terschaft 2006 unglücklich ausgeschiedenist, konnte man durch Umfragen nachweisen,dass unter anderem die Leistung der Regie-

rung plötzlich schlechter beurteilt wurde.“Drückt man also nach der Niederlage als Reporter zusätzlich auf die Tränendrüse,kann man regelrecht politischen Schadenanrichten.

„Man darf die Dramatisierung nicht über-treiben“, resümiert Poschmann und warntvor allzu pathetischer Rhetorik: „Der Begriff,Scheitern‘ zum Beispiel ist bei uns verpönt.Man kann ein Finale verpassen, deswegen istman aber nicht gescheitert.“ Denn einesdürfe man nicht vergessen: „Es geht am Endedes Tages im Sport bei aller wirtschaftlicherund gesellschaftlicher Bedeutung doch umSpaß und gute Unterhaltung.“ ]

„Viele wissen,

wie man

Emotioneninszeniert“

Auch als Altstarnoch Meisterdes Schauspiels:John McEnroe

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50 [ Zeitgeist ] Faktor Sport

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Die Geschichte des Sports ließe sich vortrefflich inszenieren,

was fehlt, sind Mittel und Willen. TEXT: MATTHIAS B. KRAUSE

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Faktor Sport [ Zeitgeist ] 51

esse Owens gräbt seine Schuhspitze indie Aschenbahn des Berliner Olympia-stadions. Armin Hary bereitet sich aufseinen gefürchteten Blitzstart im olym-

pischen Rund zu Rom vor. Der Startschussfällt. Das Grundrauschen der Zuschauer-masse schwillt an zu einem einzigen langenAnfeuerungsjubel. Rechts sprintet Owens,links Hary. Nach gut zehn Sekunden ist allesvorbei, Hary gewinnt die 100 Meter mit ei-nem Zehntel Vorsprung: 10,2 Sekunden. Undin der Mitte der staunende Fan. Falls er mit-gesprintet ist, befindet er sich wahrschein-lich gerade irgendwo zwischen der 50- undder 75-Meter-Marke.

In Wirklichkeit hat das Duell zwischen demamerikanischen Ausnahmeläufer der Olym-pischen Spiele 1936 und dem deutschenOlympiasieger von 1960 natürlich nichtstattgefunden. Und in der Realität haben nurihre Konkurrenten die beiden so hautnahmiterlebt. Aber falls das „Digitale VirtuelleOlympische Museum“ jemals so gebaut wird,wie es dem Darmstädter Architekturprofes-sor Manfred Koob und seinen Mitarbeiternvorschwebt, dann könnten sich dessen Besu-cher irgendwann einmal genau so eine Er-lebniswelt zusammenstellen.

MUSEALER GEGENENTWURF

„Sport ist Dynamik, ein zeitbasiertes Ereig-nis, alles Statische ist suspekt“, sagt Koob.Um dem gerecht zu werden, hat er einen ra-dikalen Ansatz gewählt. Eine 400-Meter-Bahn soll reinpassen in das Museum, 6000Besucher müssen gleichzeitig Platz finden.So ein Gebäude hätte einen Umfang von 100Metern, wäre groß wie ein Stadion. In derMitte würde eine Doppelspirale den Besu-chern den Weg nach oben, immer tiefer indie Materie eröffnen, darum herum spanntesich eine riesige LED-Hülle, selbstleuchtendnach innen und nach außen. Keine Kunster-zeugnisse sollen in so einem Museum stehen,alles ist virtuell, medial, gesteuert von Com-putern – zum Nacherleben, neu finden. Bisjemand den Stecker zieht. Ein konsequenterGegenentwurf in jedem Fall zu dem klassi-schen Museumskonzept des 19. und 20.Jahrhunderts. Das klassische Museum sei imWesentlichen ein „Aufbewahrungsort fürArtefakte“, sagt Koob. Die findet er „ziemlichverstaubt, vertrocknet und langweilig.“

Trotzdem dominieren sie bis heute. Wobeider deutsche Sport schon froh sein könnte,wenn er von Ausstellungsorten klassischerPrägung genug hätte. Bestes Beispiel ist dasSportmuseum in Berlin. Wer es finden will,muss sich zum Olympiastadion aufmachen,dessen Grundmauern noch jene sind, in de-nen Owens 1936 vier Goldmedaillen gewann.Nördlich davon befindet sich ein großer,seltsam unbenutzt wirkender Gebäudekom-plex und man muss schon sehr genau hingu-cken, um die kleinen und seltenen Wegweiserzu entdecken, die zu einer unscheinbarengrauen Tür im Seitenflügel führen. Eintrittnur mit Termin. Öffentlich präsentiert sichdas Sportmuseum Berlin derzeit lediglich imkleinen Lichthof des um die Ecke gelegenen„Haus des Sports“.

chermaßen die deutsch-deutsche Vergan-genheit wie den geringen Stellenwert wider,den der Sport selbst seiner Geschichts-schreibung beimisst.

Nach dem Zusammenbruch der DDR ging dessen „Sammlungszentrum ZentralesSportmuseum“ an das Land Berlin über. Ge-meinsam mit dem Westberliner „Forum fürSportgeschichte“ sollte ein zentrales Archivmit fester Ausstellung entstehen. Doch diePläne verfingen sich im Gestrüpp der kultu-rellen Interessen der Stadt und der Sportpo-litik. Heute gibt es sie immer noch nicht, diezentrale Ausstellung. Und das Sportmuseumist dem Innensenator untergeordnet, nichtder Kultur.

Drei Viertel ihrer Arbeit bestehe darin, Ma-terial zur deutschen Sportgeschichte zu sam-meln, zu systematisieren und zu archivieren,sagt Museumsleiterin Martina Behrendt.Doch öffentlich wahrgenommen wird ihreInstitution nur, wenn sie eine Show organi-siert. Dabei umfasst die Sammlung des Ber-liner Sportmuseums, die bis auf das 1924 ge-gründete „Museum für Leibesübungen“ zu-rückgeht, mehr als 100.000 Objekte und 1,4Millionen Fotos. Sie ist damit die umfang-reichste und die am weitesten zurückrei-chende in Deutschland. Das älteste Objekt,ein Paar Schlittschuhe, datiert auf das 18.Jahrhundert zurück. Die Geschichte der In-stitution, die Behrendt seit 1991 leitet, spie-gelt mit ihren Irrungen und Wirrungen glei-

„Es gibt dieses Pingpongspiel, das kann manwunderbar spielen“, sagt Behrendt, „und wirblicken dann in das schwarze Loch.“ Willheißen, dass sich auf der einen Seite derSport hauptsächlich für das Hier und Jetztinteressiert, für die Bewahrung und Aufar-beitung der Vergangenheit sind weder Mittelnoch Kraft da. Die Hüter der Kulturetatswiederum verweisen auf die hohen Gehälter,die im Fußball oder im Tennis fließen, undkommen zu dem Trugschluss, im Sport gebees genug Geld für die Schaffung eines kollek-tiven Gedächtnisses. Als Folge ist Behrendtderzeit gezwungen, mit einem Sachetat von64.000 Euro pro Jahr zu wirtschaften.Dabei muss, wer heute eine olympischeGoldmedaille aus den 50er- oder 60er-

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„Keine Artefakte sollen in so einem

Museum stehen, alles ist virtuell,

medial”

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:::::::::::::: Nichts zum Anfassen: Für

Besucher des „Digitalen Virtuellen Olympische Mu-seums“ verschmelzen Inhalt,Architektur und Technik zueinem Gesamt erlebnis. DerEntwurf des DarmstädterProfessors Manfred Koobkann als Prototyp einerMuseumsarchitektur nachdem Ende des analogenZeitalters verstanden werden

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Faktor Sport [ Zeitgeist ] 53

Jahren auf den einschlägigen Auktionen fürseine Sammlung ersteigern will, gut und ger-ne 10.000 Dollar ausgeben.

So kommt es, dass es in Deutschland zwarzwischen 70 und 80 Sportmuseen gibt (sogenau hat niemand den Überblick), die we-nigsten davon aber ständig öffentlich zu-gänglich, geschweige denn kommerziell er-folgreich sind. Selbst das Vorzeigevorhaben,das „Deutsche Sport & Olympia Museum“ inKöln, musste lange Jahre um seine Ausstel-lungsräume kämpfen – und an Depots fehltes ihm immer noch. Gleichzeitig sinkt dieZahl jener, die sich hauptberuflich wissen-schaftlich mit Sportgeschichte befassen.Behrendt sagt: „Das Fach ist auf dem abster-benden Ast.“

Da wirken die Pläne des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), eine 30 Millionen Euro teureKultstätte für das Spiel mit dem runden Le-der in Dortmund zu errichten, wie ein Vor-stoß aus einer anderen Welt. Im Gegensatzzu praktisch allen anderen hat der DFB Geldgenug, um so ein Projekt innerhalb dernächsten drei Jahre zu realisieren. Behrendthat die Pläne gesehen und findet sie giganto-manisch. Vor allem aber, sagt sie, habe dasmit einem Museum nichts mehr zu tun:„Wenn der DFB sich eine Erlebnisweltwünscht und finanziert, dann sollte er dasnicht Museum nennen.“ Die Funktion, alsBewahrer des historischen Erbes aufzutre-ten, fehlt ihr völlig.

Auch Vordenker Koob wundert sich ein we-nig darüber, was in Dortmund geplant ist,allerdings aus einem anderen Grund. Bei ihmhat sich noch niemand erkundigt, wie maneine solche Erlebniswelt schaffen kann. Da-bei ist es Koob, der seiner Zeit wenigstens15 Jahre voraus war, als er das „Digitale Vir-tuelle Olympische Museum“ entwickelte.Das war damals übrigens eine Auftragsarbeitfür die Olympischen Spiele 2008 in Peking.Und obwohl das Konzept zu den vier Gewin-nern eines Wettbewerbs gehörte, wurde esnie realisiert. „Die große Macht China hatsich nicht getraut“, sagt Koob, „Peking hatAngst bekommen.“ Nicht zuletzt wohl auchvor den Kosten, die der Architekt auf 160Millionen Dollar alleine für den Bau ansetz-te. Hinzu wäre die Herkules-Aufgabe ge-kommen, die Hightech-Hülle mit Inhalten

aus 120 Jahren Olympia-Geschichte zu fül-len. Geschätzter Kostenpunkt: weitere 240Millionen Dollar.

„Wenn man sich klarmacht, dass ein einzigesStadion bei der Fußball-WM in Südafrika270 Millionen Dollar gekostet hat, sind dasPeanuts“, sagt Koob. „Wenn’s am Geld schei-tert, wär’s der billigste Grund.“ Möglicher-weise trifft aber auch eine andere Vermutung

des Architekten zu. „Vielleicht“, sagt er,„muss einfach erst noch eine Generation vonMuseumsdirektoren aussterben.“ Derweilhofft er, dass die Spiele 2020 in eine Regionvergeben werden, die sich traut, seine Visionzu verwirklichen. Im Augenblick fällt ihm danur eine ein: „Die Vereinigten ArabischenEmirate könnten sich das leisten. Nur vonunserem europäischen Kulturerbe wird dannwohl nicht viel übrig bleiben.“ ]

RINGEN UM DAS ERBEDas Deutsche Sport & Olympia Museum in Köln, das Sportmuseum Berlin und jenesin Leipzig beherbergen die zahlenmäßiggrößten historischen Sammlungen zumThema in Deutschland. Doch nur das 1999eröffnete Haus am Rhein hat Räume füreine ständige Ausstellung, die jedes Jahrvon rund 150.000 Menschen besucht wird.

Die Verantwortlichen in Berlin und inLeipzig ringen seit Jahren vergeblichdarum, ihre Exponate ständig der Öffent-lichkeit vorzuführen. Darüber hinaus gibtes in Leverkusen sowie in Frankfurt amMain und Frankfurt an der Oder Samm-lungen, die den Anspruch haben, den Sportin seiner Gesamtheit abzubilden. Andere,wie etwa das Alpine Museum des Deut-schen Alpenvereins in München oder dasDeutsche Schützenmuseum in Coburg,haben sich mit Spezialsammlungen und -ausstellungen einen Namen gemacht.

Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft vonSportmuseen, Sportarchiven und Sport-sammlungen führt auf ihrer Webseite 31 Institutionen auf, insgesamt wird dieZahl der Museen und – zum Teil privaten –Kollektionen, die sich in Deutschland mit dem Sport beschäftigen, auf bis zu 80 geschätzt. Der Deutsche Fußball-Bundplant mit seinem nationalen Fußballmu-seum in Dortmund das größte neue Pro-jekt. Es soll 30 Millionen Euro kosten und 2014 fertiggestellt sein.

Zentrales Haus für die olympische Sportge-schichte ist das Museum am Hauptsitz desInternationalen Olympischen Komitees imschweizerischen Lausanne.

Blicke in die Vergangenheit des Sports: Olympiafackeln und Fußballschuhe aus den20er-Jahren im Sport & Olympia Museum inKöln, Jesse Owens im Endkampf des olympi -schen Weitsprung-Wettbewerbes 1936 (MuseumBerlin) sowie der traurige Pierre de Coubertin im Leipziger Museum (v. o.)

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„DIE ABSTIMMUNG BLEIBT DAS ENTSCHEIDENDE“Am 6. Juli 2011 fällen die IOC-Mitglieder in Durban (Südafrika) ihr Votum über den Ausrichter

der Olympischen Winterspiele 2018. München liegt mit dem südkoreanischen Pyeongchang

und dem französischen Annecy aussichtsreich im Wettbewerb. Zuletzt allerdings sorgten

negative Nachrichten aus Garmisch-Partenkirchen für Turbulenzen. Ein Gespräch mit Jochen

Färber und Stefan Bruckner, Direktoren für Kommunikation und Marketing in der Bewerbungs-

GmbH, über neue Pläne, starke Partner und knifflige Probleme.

INTERVIEW: MARCUS MEYER

Herr Bruckner, Herr Färber, Sie beide sind noch recht neubei der Münchener Bewerbung. Ihr Engagement war eindeutliches Signal, die Themen Marketing und Kommuni-kation neu aufzustellen. Wo liegen Ihre Schwerpunkte?Bruckner: Im Vordergrund steht in Deutschland ganz klar, dieBevölkerung zu begeistern. Nur so kann die Bewerbung er-folgreich sein. Färber: In der Kommunikation denken wir sowohl national alsauch international. Im Ausland müssen wir in den Ländernpunkten, aus denen IOC-Mitglieder kommen. In Deutsch-land gilt es, zunächst das Grundstücksproblem in Gar-misch-Partenkirchen zu lösen, denn das ist auch ein kom-munikatives. Die Stimmung ist allerdings nicht so schlecht,wie sie vielfach dargestellt wird. Bei Gesprächen, die wir vorOrt führen, klingt es längst nicht so negativ wie in denSchlagzeilen. Man hat den Eindruck, dass eine kleine Scharvon Leuten das öffentliche Konzert bestimmt. Wir wollenden anderen Stimmen wieder mehr Gehör verschaffen.

Nach einem insgesamt guten Bewerbungsstart für Mün-chen 2018 beuteln Sie die schlechten Nachrichten. Wie er-klären Sie sich diesen Umschwung?Färber: Großereignisse fordern immer Widerspruch heraus.Es gibt Organisationen, die wollen so einen Sportevent nichthaben und wissen die Klaviatur der Medien zu bedienen. Siedürfen nicht vergessen, dass wir und das IOC im Vorfeld derBewerbung Umfragen durchgeführt haben, die rund 70Prozent Zustimmung für eine Olympiabewerbung ergebenhaben. In Garmisch lag der Zuspruch bei 65 Prozent, 20Prozent waren dagegen. Es gibt immer Vor- und Nachteile.Aber Nachteile werden oft lieber zitiert als die vielen Vortei-

le von Olympischen und Paralympischen Spielen in Mün-chen, etwa die Nachhaltigkeit der Sportstätten, die hohenUmweltschutzstandards, die positiven Auswirkungen auf dieWirtschaft und die Menschen.

IOC-Präsident Rogge hat gesagt, Probleme mit Grundstü-cken seien aus vielen Ländern bekannt, das sei an sichnichts Besonderes. Die Bewerbung Münchens sei derzeitkeineswegs in Gefahr. Trotzdem hat das Thema diesesAusmaß angenommen ...Färber: ...Es sind viele Mosaiksteine. Wenn ich ein Grund-stück habe und muss in der Zeitung lesen, was damit ge-schehen soll, ohne dass ich vorher gefragt wurde, dann rea-giere ich auch mit Unverständnis. Nur kann man den Ver-antwortlichen nicht vorwerfen, sie seien nicht dort gewesenund hätten nicht mit den Menschen gesprochen, aber viel-leicht war die Ansprache nicht direkt genug oder der Tonfalsch.

Der Vorstand des neuen Nationalen Förderers BayWa hatin einem Interview moniert, dass die Olympia-Chancennicht ausreichend transportiert worden seien. Wie wollenSie das ändern? Bruckner: Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck an einem inte-grierten Marketingkonzept; ein wesentlicher Baustein derMaßnahmen werden Werbespots sein, die auch die Natio-nalen Förderer, wo immer es möglich ist, mit transportieren.Die Menschen, vor allem auch junge Leute, werden erleben,was Olympische und Paralympische Spiele bedeuten, siewerden die Faszination dieses größten Sportereignisses derWelt spüren.

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Faktor Sport [ Wechselspiel ] 55

ZWEI FÜR 2018 Zugegeben, dialektal verbindet die beidennicht viel: Stefan Bruckner nennt Münchenseine Heimat, und das ist hörbar. JochenFärber stammt von der Schwäbischen Alb,doch die tonale Färbung hat sich abge-schliffen. Was sie eint? Die Überzeugungs-kraft sowie die Begeisterung, die sie für dieOlympischen Spiele in München und Gar-misch-Partenkirchen entfachen wollen, umdie Bewerbung erfolgreich zu gestalten.

Bruckner hat in seiner Karriere für zahlrei-che Top-Konzerne der deutschen Wirt-schaft integrierte Marketing- undKommunikationskonzepte entwickelt undumgesetzt. Durch seine Tätigkeit für dasBewerbungskomitee Leipzig 2012 machte ersich mit dem olympischen Thema bekannt.Der 49-Jährige, seit Mai dieses Jahr imAmt, verantwortet für die München 2018GmbH den Bereich Marketing.

„Journalist von der Pike“ steht im Lebens-lauf von Jochen Färber. Print, Hörfunk, TV(Eurosport), der 43-Jährige hat über Sportin allen Mediengattungen berichtet. 1993wechselte Färber die Seite und wurde Pres-sechef des Internationalen Fechtverbandes(FIE). Seit 2007 berät er das InternationaleParalympische Komitee (IPC). Beide Jobshaben Färber zu mehreren Olympischenund Paralympischen Spielen geführt. Undnun zur Bewerbung Münchens, für die erseit Juli 2010 die Kommunikation leitet.

Man würde meinen, das hätte schon früher passieren können.Bruckner: Wir sind, zugegeben, ein bisschen spät dran. Nunmüssen wir raus und zeigen: Es wird ein mitreißendes Er-eignis, wie es nur Olympia bieten kann, konkreter gesagt,wie es nur München 2018 bieten kann.

Was sind die vordringlichsten Wünsche aus der Wirtschaft?Bruckner: Die Geschwindigkeit zu erhöhen. Die Budgetierungenfür 2011 in den Unternehmen laufen, sie müssen Entschei-dungen treffen. Sie möchten wissen, wie die weiteren Schritteaussehen werden, um das Bewerbungskonzept in ihre eigeneKommunikation zu integrieren, stärker und konkreter als es inder Vergangenheit der Fall war. Sie wollen nicht daneben ste-hen, sondern Teil der Kampagne sein. Wir haben ihnen zuge-sichert, dass sie die Informationen künftig schneller von unserhalten und sie nicht erst aus der Zeitung erfahren.

Sie haben sieben Nationale Förderer, also Großsponsoren,zehn waren angestrebt. Bekommen Sie die zusammen?Bruckner: Das ist richtig, wir wollen zehn Nationale Förderergewinnen. Aber wir haben nicht nur sieben, sondern insge-samt über 20 Unternehmen, die sich engagieren, wenn mandie Ausrüster und Freunde der Bewerbung dazuzählt. EinBudget zu realisieren, das ausschließlich privatwirtschaft-lich finanziert ist, haben andere Länder bei vergangenen --›

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Bewerbungen nicht geschafft. Aber wir streben noch mindes tens drei weitere Nationale Förderer an und sind opti-mistisch, sie in den kommenden zwei Monaten zu gewinnen.

Gute und wirkungsvolle Kommunikation braucht Anlässe.Das strapaziert das Budget, wenn man sie sich selbstschaffen muss. Haben Sie genug von dem einen oder dem anderen? Färber: Aber ja. Ende des Jahres erfolgt die Umfrage des IOC,die die öffentliche Zustimmung zur Bewerbung ermittelnsoll. Am 11. Januar steht die offizielle Abgabe des Bewer-bungsbuches an. Dieses Bidbook stellt einen wichtigen Teildes abzuschließenden Vertrags dar. Da steht drin, worin derMehrwert für das IOC liegt, Olympische und ParalympischeSpiele in diese Region zu vergeben. Und als sportliche Qua-si-Generalprobe kommt der Ski-WM in Garmisch-Parten-kirchen vom 6. bis 20. Februar besondere Bedeutung zu. Imdirekten Anschluss an die WM überprüft die IOC-Evaluie-rungskommission schließlich, ob die Angaben im Bidbookauch realistisch sind. Unsere klassische Kommunikationwird spätestens Ende Oktober starten, um das Feld für dieMarktforschung des IOC zu bereiten – und übrigens auchfür unsere eigene.

Das betrifft Deutschland. Bieten sich international ähnliche Möglichkeiten? Färber: Auf dem Weg nach Durban liegen noch etwa ein Dutzendbedeutende Termine. Dort dürfen die Bewerber offiziell auf-treten und für ihre Stadt werben. Darunter fällt das Treffen derPräsidenten der weltweiten NOKs in Acapulco genauso wie dieAsienspiele im Dezember im chinesischen Guangzhou oderSportaccord im April nächsten Jahres in London. Bruckner: Bei diesen Auslandsauftritten werden Willy Bognerund Katarina Witt die Bewerbung voller Leidenschaft prä-

sentieren. Der eine als Chef und die andere aus der Historieheraus, mit ihrem ganzen strategischen Denken und derAusstrahlung als internationaler Star, von denen wir so viele ja nicht haben. Dazu kommen der Münchener OBChristian Ude, Ministerpräsident Horst Seehofer, Innen-minister Thomas de Maizière und natürlich DOSB-Präsi-dent Thomas Bach. Werbung für München ist ein personen-gebundenes Geschäft und die genannten Galionsfigurenwissen, wie man es betreibt.

Kann man mit öffentlicher Kommunikation überhaupt dasAbstimmungsverfahren beeinflussen?Färber: Ich erinnere gern an einen Satz von Lord SebastianCoe: Demnach habe er noch nie ein IOC-Mitglied getrof-fen, das nicht für London gestimmt habe. Soll heißen: Man bekommt viel mit, auch Feedback, aber die Abstim-mung bleibt das Entscheidende und Unvorhersehbare. Bruckner: Das stimmt. Wir müssen auch die Vorteile für München und für Deutschland im Vorfeld deutlich und ver-ständlich machen, ohne die Mitbewerber zu diskreditieren:eine Millionenmetropole, praktisch in den Bergen. Sport-event-erfahrene Partnerstädte mit Garmisch und Schönauam Königssee, in der Welt höchst reputiert. Zusammen bie-tet das ein kompaktes Gesamtpaket an Sportbegeisterung,Entertainment, Kultur, Kunst und Nachtleben. Wenn wirdas alles transportieren können, dann sage ich: IOC-Mit-glieder sind auch nur Menschen.

Hilft die Erfahrung, die das IOC mit Vancouver gemachthat?Färber: Das Modell kam gut an, unten die Urbanität, oben inden Bergen das Wintersportgefühl. Die Distanz war einigennoch zu weit – aber die würde ja bei München deutlich geringer ausfallen. ]

WIRTSCHAFTLICHER SCHUBMünchen 2018 kann auf 24 Firmen zählen (Stand Anfang Sep-tember 2010), die die Bewerbung mit Geld und Sachleistungenin unterschiedlicher Höhe unterstützen. Diese Partner sindauf drei Kategorien verteilt: Nationale Förderer, Natio-nale Ausstatter und Freunde der Bewerbung. Zu derhöchsten Vermarktungsebene der Nationalen Förderergehören die Unternehmen Adidas, Allianz, BayWa,BMW Group, Flughafen München, Lufthansa und dieSparkassen-Finanzgruppe. Bis Ende des Jahres könn-ten noch drei bis vier weitere Partner dieser Güte Platzfinden. Über die privatwirtschaftlichen Kooperationen sindderzeit rund zwei Drittel des 33 Millionen Euro großen Bewer-bungsetats abgedeckt.

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38% der Deutschen sind

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58 [ Profile ] Faktor Sport

MITTEN IM ZIELIhre sportliche Karriere krönte Steffi Nerius im

vergangenen Jahr mit dem WM-Sieg im Speerwurf.

Seitdem arbeitet die 38-Jährige als Trainerin in

der Behindertensportabteilung des TSV Bayer 04.

Porträt einer entspannten Botschafterin der

paralympischen Bewegung.TEXT: SILVIA FEIST

er Himmel über dem Stadion in Lever-kusen ist grau an diesem Sommertag.In einem Flachbau, durch den es in dieimposante Halle des TSV Bayer 04

geht, sitzt Steffi Nerius in ihrem Büro, dassie sich mit zwei Kollegen teilt. Es ist der ers-te Tag nach einer Woche Urlaub auf ihrerHeimatinsel Rügen. Davor war sie bei derEuropameisterschaft in Barcelona. Als Tou-ristin.

Ein Jahr ist es her, dass sie sich in Berlin indie Annalen der Sportgeschichte geworfenhat: 67,30 Meter, Speerwurf-Weltmeisterin,

die erste deutsche. Ob es sie da in Barcelonanicht in der Schulter gejuckt hat? „Damithabe ich abgeschlossen“, sagt die 38-Jährigeund ihre Nase kräuselt sich, wie immer, wennsie lächelt, „wenn man nicht trainiert hat,kommt man gar nicht auf die Idee, werfen zuwollen.“

Sie sieht entspannt aus. Karierte Bermudas,Trainingsjacke über Tanktop, das – ge-bräunt, wie sie ist – gleich noch weißerstrahlt. „Ostseebräune“, schwärmt sie, „amMittelmeer bekomme ich immer Allergiepi-ckel, auf Rügen nie.“ Es ist diese flapsig-bo-

denständige Art, die sie bei den Zuschauernebenso beliebt gemacht hat wie bei anderenAthleten.

Der Übergang von der Leistungssportlerinzur Trainerin sei ihr leichtgefallen. Andert-halb Wochen vor der Weltmeisterschaft hatteihr Rücken mal wieder verrücktgespielt. „Ichmusste fit gespritzt werden, damit ich über-haupt werfen konnte“, erzählt sie. Ihr Körpersignalisierte schon seit Längerem: Zeit,Schluss zu machen. „Ich habe gewusst, dasist mein letztes Jahr. Deshalb habe ich nocheinmal alles aus mir rausgeholt.“

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Faktor Sport [ Profile ] 59

WOHLBEDACHTER WECHSEL

2008 hatte sie mit 68,34 Meter ihre Bestweiteerzielt, dann das WM-Gold – trotzdem wares keine Versuchung, weiterzumachen.„Diese Motivation, mit der ich alles ins letzteJahr reingegeben habe, hätte ich nicht nocheinmal aufbringen können.“ Weltmeisterin,Champion des Jahres, Sportlerin des Jahres.„Das war ein Traum“, sagt sie, „ich denke,jeder Leistungssportler wünscht sich, so auf-zuhören.“ Ihren Umstieg hatte sie lange vor-bereitet. Schon seit 2002 arbeitet SteffiNerius als Trainerin; im vergangenen Jahr

bot der TSV Bayer 04 der Diplom-Sportleh-rerin dann die Vollzeitstelle an.

Die Behindertensportabteilung des Ver-eins gehört mit gut 330 Mitgliedern zu dengrößten in Deutschland – und zu den er-folgreichsten. „Wer hier trainiert, will ge-fördert und gefordert werden“, sagt sie.Reha und Behindertensport waren im Stu-dium ihr Schwerpunkt. Von den zehn Ath-leten und Athletinnen, die sie betreut, hatdie Hälfte gute Aussichten, bei den nächs-ten Paralympischen Spielen in Londondabei zu sein.

Auf dem Weg zum Trainingstreffen reißendie Wolken auf. Sie bezeichnet sich selbst alsSonnenkind: „Gib mir Sonne, blauen Him-mel und Wasser – und ich bin glücklich.“Nicht ganz so glücklich ist sie, dass sich Lau-ra in ihrer Abwesenheit ein bisschen durchden Trainingsplan gemogelt hat. Aus Geräte-mangel sozusagen. „Und du hast wirklichniemanden gefunden, der dir den Schrankaufgeschlossen hat?“

Steffi Nerius hat die schmalen Hände in denHosentaschen vergraben, aber ihre Laune isteinfach zu gut, um sich ein Grinsen verknei-

Zufrieden im neuen Leben: Der Übergang von der Leistungssportlerinzur Trainerin sei ihr leichtgefallen, sagt Steffi Nerius

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60 [ Profile ] Faktor Sport

fen zu können. Sie ist gern Trainerin. „Ichmöchte aus meinen Athleten dasselbe raus-kitzeln, was Helge Zöllkau aus mir rausge-holt hat“, sagt sie. Sie war schon 28, bis esihr gelang, sich bei den Olympischen Spie-len in Sydney richtig in der Weltspitze zuetablieren.

Dabei war sie schon viel früher in der Positi-on, Medaillen zu holen. Theoretisch. 1995fuhr sie als Jahresbeste zu den Weltmeister-schaften und warf 10 Meter weniger; 1996wurde sie bei den Spielen in Atlanta Neunte,um dann zwei Wochen später, damals nochmit dem alten Speer, 69 Meter zu werfen –damit wäre sie Olympiasiegerin geworden.„Es war für mich ein langer Weg, dass ich sofit im Kopf war, dass ich auch an dem Tag, andem es darauf ankam, weit geworfen habe“,erzählt sie. „Helge hat die Saison so geplant,dass man an den entscheidenden Tagen seinebesten Ergebnisse erzielen kann. Das istauch mein Ziel als Trainerin.“

Sie arbeitet mit Biomechanikern und Ortho-pädietechnikern zusammen, sammelt Erfah-rungswerte und fordert Rückmeldungen von

ihren Athleten. „Ich kann mich nur begrenztin die Lage einer Athletin versetzen, die dop-peloberschenkelamputiert ist“, sagt sie,„gleichzeitig möchten meine Athleten an ihreGrenzen geführt werden.“ Die lotet sie ge-meinsam mit ihnen aus.

SCHWIERIGER VERGLEICH

Sie steht voll und ganz hinter ihren Sport-lern. Aber davon, die Leistungen behinder-ter Sportler mit denen nicht behinderter zuvergleichen, hält sie wenig. „Wenn ein Au-ßenstehender dazu was sagt, ist schnell vonDiskriminierung die Rede. Ich kann mirhier schon eher ein Urteil erlauben“, sagtsie. Und das tut sie auch.

Der Knackpunkt sei immer noch, dass diebisherigen Punktesysteme für ein Publikumwenig anschaulich seien. „Wenn zum Bei-spiel ein Oberschenkelamputierter denSpeer 20 Meter wirft und ein Unterschen-kelamputierter 40 Meter und dann gewinntder Oberschenkelamputierte, weil er imVerhältnis zu seiner Schadensklasse weitergeworfen hat, dann ist das zwar fair, aber

für die Zuschauer schwer nachvollziehbar.“Vom Zuschauerinteresse hängt das Interes-se der Sponsoren ab und davon die Prämi-en. So ist das eben. Zumindest noch.

UNGESCHMINKTES URTEIL

Sie legt den Fokus eher auf die positivenEntwicklungen, etwa dass es bei den Para-lympischen Winterspielen in Vancouvererstmals ein Deutsches Haus gab. „DieAthleten konnten umsonst essen, umsonsttrinken und alle Sponsoren der Nicht-behinderten waren beteiligt.“ Sie findet,das sollte man erst mal schätzen. Punkt.

Von ihrer Offenheit fühlen sich manchebrüskiert. Was sie nicht weiter beirrt.„Franka sagt immer: ‚Auf deine Ehrlichkeitkann man sich verlassen'.‘“ Mit der Dis-kuswerferin Franka Dietzsch ist sie engbefreundet. „Ich sag dann auch schon mal:‚das Kleid geht gar nicht!‘, aber wenn das soist, soll ich ihr da was anderes erzählen?“Nicht ihre Vorstellung von Freundschaft.

Was das angeht, fühlt sie sich angekom-men. Und eigentlich stimmt auch so allesim Leben. Nur Familie, die hätte sie schongern. Klassisch mit einem Mann. Obwohlsie zwischendurch auch Frauen geliebt hat.Verrückt machen will sie sich deshalbnicht. Onlinedating? Bloß nicht! „Waskommt, das kommt. Wenn nicht, dannnicht“ – eine Entschiedenheit, die darüberhinwegträgt, dass es sie nicht ganz unbe-rührt lässt.

Andererseits ist es ja nicht so, als wenn sienicht genug zu tun hätte. Sie malt gern mitAcryl. Sie will eine Riesencollage aus denBildern ihrer vier Olympia-Starts machen.Und ein Hund wäre auch nicht schlecht.„Ich hätte gern entweder eine Mischung ausschwarzem Labrador und Schäferhund odereinen Irish Setter“, sagt sie. Aber zwischenTrainingslagern, Wettkämpfen und Groß-einsätzen wie vier Wochen Weltmeister-schaft in Neuseeland ist das gar nicht soleicht. „Ich bin mal gefragt worden, was ichtäte, wenn ich mein Leben mit jemandemtauschen könnte“, sagt sie, „aber ich binsehr glücklich in meinem Leben. Ich habeeinen guten Job, ich habe ein Haus und mirgeht es super.“ ]

GELUNGENER WURFDAS SCHICKSALSteffi Nerius war Ende der 80er-Jahre kurz davor, den Leistungssportin der DDR aufzugeben. „Dass dieWende kam, war mein Glück“, sagtsie, „danach fanden andere Kontrol-len statt, und ich habe die Chance gesehen, ganz oben zu stehen.“

DIE ERFOLGEIhr größter Erfolg in den 90er-Jah-ren war der Europacup-Sieg 1995.Dass sie nicht häufiger ganz vorndabei war, lag daran, dass sie nicht„fit im Kopf“ war, wie sie sagt. DerDurchbruch an die Weltspitze gelangbei den Olympischen Spielen in Syd-ney, wo sie Vierte wurde; 2004 holtesie in Athen olympisches Silber. Dievierfache Deutsche Meisterin wurde2006 Europameisterin. Ihre Best-weite von 68,34 Meter warf sie 2008.Bei Weltmeisterschaften schien sielange auf Bronze abonniert, dreimalwurde sie Dritte, um dann ihre Kar-riere 2009 zu krönen: 67,30 Meter,Speerwurfweltmeisterin. Website:www.steffi-nerius.de

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Anz_Paralympics_4c_Faktor Sport A4_apu 26.08.2010 9:59 Uhr Seite 1

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62 [ Bewegungsmelder ] Faktor Sport

20000 Euro Preisgeld winken den Vereinen, die die besten ökologischen

Ideen beim DOSB einreichen. Der Wettbewerb „Klimaschutz im Ver-

ein“ findet im Rahmen der Kampagne „Klimaschutz im Sport“ statt,

die das Bundesumweltministerium mit 270000 Euro unterstützt.

Vereine haben bis zum 1. November 2010 Zeit, die Projekte zum Thema Klimaschutz vorzule-gen. Das Spektrum möglicher Ideen ist groß und kann den Bereich Energie und Ressourcen-einsparung genauso abdecken wie etwa Umweltbildung oder klimafreundliche Sportveran-staltungen. Ziel ist, Aktive für eine Reduzierung von umweltschädlichen Treibhausgasen zusensibilisieren und konkrete Möglichkeiten aufzuzeigen, wie man den Energieverbrauch imSportbereich vermindern kann.

Interessenten können sich Flyer und Bewerbungsbogen auf www.klimaschutz-im-sport.de herunterladen. Das Internetportal ist eigens zur DOSB-Kampagne entwickelt worden.

TV–MARKT AM MIT TELMEERSie umweht ein Hauch von Glamour und sie istbedeutend: die Sportel. Es ist die Hautevoleedes TV-Sportrechtehandels, die sich vom 11. bis 14. Oktober bei der 21. Auflage in Monaco treffen wird. Mehr als 2000 Expertenpräsentieren ihre Events oder bieten Plattformenund Technik für eine zeitgemäße Vermarktung.Der zunehmenden Geltung digitaler Verbrei-tungsformen entsprechend, haben die Ausrich-ter der Rechtemesse im vergangenen Jahr denZusatz „New Media“ verpasst.

VORSCHAU

SPORT ALS AUFBAUHELFERVom 7. bis 13. November findet in Rheinsberg beiBerlin unter dem Namen „Communities and Crisis –Inclusive Community Building Through Sport“ ein Seminar zur Rolle des Sports in Krisen statt.Zur Zielgruppe des Kurses gehören Psychologen,Sozialarbeiter und andere Fachkräfte. Sie sollen lernen, Sport und Bewegungsprogramme in Kon-fliktgebieten, bei der Katastrophenhilfe und in Ent-wicklungsgebieten anzuwenden. Veranstalter sindder Weltrat für Sportwissenschaft und Leibeser-ziehung sowie die Kennesaw State University (USA).

WEITERE TERMINE17. – 26. SEPTEMBER: Woche des bürgerschaftlichen Engagements, Ma-terialien unter: www.engagement-macht-stark.de

22. – 23 OKTOBER: Vollversammlung der Athletenvertreter und Spitzenverbände in München

28. OKTOBER: Seminar „Starker Sport – starke Städte“ (Frankfurt/Main), Anmeldung: [email protected]

4. – 6. NOVEMBER:Internationale Sport-Management-Konferenz in Lausanne

17. – 19. NOVEMBER:Deutscher Sportökonomie-Kongress in Köln

26. – 28. NOVEMBER:Hallenrad-WM in Stuttgart

4. DEZEMBER: Mitgliederversammlung des DOSB in München

8. DEZEMBER: Vierte Ausgabe „Faktor Sport“

IMPRESSUMHerausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund | Generaldirektor Dr. Michael Vesper | Otto-Fleck-Schneise 12 |D - 60528 Frankfurt am Main | AG Frankfurt | VR 13581 | Deutsche Sport-Marketing GmbH | Geschäftsführer AxelAchten | Schaumainkai 91 | D – 60596 Frankfurt am Main | AG Frankfurt | HRB 26615 | USt-ID-Nr. DE114139775 |Redaktionsleitung: Marcus Meyer | E-Mail: [email protected] | Jörg Stratmann | E-Mail: [email protected] | Bildnachweis: Abbildungen aus „Digitales Virtuelles Olympisches Museum“ | Audi AG | Bewerbungs-gesellschaft München 2018 GmbH, Martin Hangen | Damiano Belvedere | dpa Picture-Alliance GmbH | ThomasFuchs | Gregor Hübl | Olympiapark München GmbH | Uli Eicke, Fotos von Edgar R. Schoepal | Hendrik Speck |Jörg Stratmann | Konzeption, Realisation, Druck, Vermarktung: medienfabrik Gütersloh GmbH | Carl-Bertels-mann-Straße 33 | 33311 Gütersloh | Telefon: 05241/23480-0 | Telefax: 05241/23480-215 | www.medienfabrik.de |Autoren: Günter Deister | Silvia Feist | Klaus Janke | Bertram Job | Roland Karle | Matthias B. Krause | MarcusMeyer | Nicolas Richter | Jörg Stratmann

Mit freundlicher Unterstützung der Fotoagentur dpa Picture-Alliance GmbH

KOOPERATION STAT T KONFRONTATIONTue nicht nur Gutes, sondern rede auch darüber. Und zeige dich. Das wird der DOSB auf demDeutschen Naturschutztag (DNT) in Stralsund tun und erstmals mit einem eigenen Stand ver-treten sein. Der Dachverband will die Veranstaltung vom 27. September bis zum 1. Oktober nut-zen, um Inhalte aus dem Arbeitsbereich Umwelt-, Natur-, und Klimaschutz zu präsentieren.

Der DNT gilt seit rund 80 Jahren als der zentrale Fachkongress in Deutschland zum Thema Na-turschutz. In diesem Jahr stehen die vielfältigen Formen des Wasserschutzes im Vordergrund.Die Tagung soll Kenntnisse vermitteln, die den Teilnehmern größere Handlungsmöglichkeitenin Sachen Sport und Landschaftserhaltung eröffnen. Informationen sind unter www.deutscher-naturschutztag.de erhältlich. Auch die Anmeldung ist unter der Adresse möglich.

Wer erfahren möchte, welche interessanten Kooperationen Sport und Umweltschutz schonzusammengeführt haben, der sei auf das Heft „Natur und Landschaft“ verwiesen, das AnfangSeptember erschienen ist. Verwirklicht wurde es in Gemeinschaftsarbeit zwischen dem Bun-desamt für Naturschutz (BfN) und dem DOSB. Das Werk ist über den Verlag W. Kohlham-mer, Tel.: 0711 7863-7280, Fax: 0711 7863-8430, oder über das Internet unter www.natur-und-landschaft.de zu beziehen. Der Preis beträgt 14,50 Euro zzgl. Versand.

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Sport ist unsere Leidenschaft!Am gleichen Strang ziehen, für dasselbe Ziel kämpfen. Teamwork, Fair Play und Spaß an der Sache: Brillante Erfolge sind immer eine Mannschaftsleistung. Und weil wir wissen, wie wichtig Teamgeist für jedes Unternehmen ist, sind wir seit Jahren intensive Förderer des Spitzen-, Breiten- und Behindertensports.

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