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39 Fragebeantwortung unter www.falkfoundation.de Falk Gastro-Kolleg Akute Virushepatitis Zusammenfassung Bis heute sind 5 primär hepatotrope Hepatitisviren identifiziert: das Hepatitis-A-Virus (HAV), das Hepatitis-B-Virus (HBV), das Hepatitis-C-Virus (HCV), das Hepatitis-Delta-Virus (HDV) und das Hepatitis-E-Virus (HEV). Weitere Non-A–E-Hepatitisviren (GBV-C, HGV, TTV, SENV u. a) sind bisher nicht als Ursache einer akuten oder chronischen Lebererkrankung gesichert und spielen in der Praxis keine Rolle. Im Folgenden werden die Klinik, Diagnos- tik, Therapie und Prävention der akuten Hepatitis A–E zusammenfassend dargestellt. Schlüsselwörter Hepatitis-A-Virus | Hepatitis-B-Virus | Hepatitis-C-Virus | Hepatitis-Delta-Virus | Hepatitis-E-Virus | Klinik | Diagnostik | Therapie | Prävention Prof. Dr. R. Thimme Medizinische Klinik II Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg Titelbild: Elektronenmikroskopisches Bild des Hepatitis-B-Virus Falk Gastro-Kolleg Leber und Gallenwege

Falk Gastro-Kolleg Leber und Gallenwege · Die HAV-Infektion ist eine akute, selten protrahiert verlaufende Erkrankung. Sie wird nie chronisch und führt nicht zur Leberzirrhose oder

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39

Fragebeantwortung unter

www.falkfoundation.de

Falk Gastro-Kolleg

Akute Virushepatitis

Zusammenfassung

Bis heute sind 5 primär hepatotrope Hepatitisviren identifiziert: das Hepatitis-A-Virus (HAV), das Hepatitis-B-Virus (HBV), das Hepatitis-C-Virus (HCV), das Hepatitis-Delta-Virus (HDV) und das Hepatitis-E-Virus (HEV). Weitere Non-A–E-Hepatitisviren (GBV-C, HGV, TTV, SENV u. a) sind bisher nicht als Ursache einer akuten oder chronischen Lebererkrankung gesichert und spielen in der Praxis keine Rolle. Im Folgenden werden die Klinik, Diagnos-tik, Therapie und Prävention der akuten Hepatitis A–E zusammenfassend dargestellt.

Schlüsselwörter

Hepatitis-A-Virus | Hepatitis-B-Virus | Hepatitis-C-Virus | Hepatitis-Delta-Virus | Hepatitis-E-Virus | Klinik | Diagnostik | Therapie | Prävention

Prof. Dr. R. ThimmeMedizinische Klinik IIAlbert-Ludwigs-Universität FreiburgHugstetter Str. 5579106 Freiburg

Titelbild: Elektronenmikroskopisches Bild des Hepatitis-B-Virus

Falk Gastro-KollegLeber und Gallenwege

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Akute Virushepatitis

Hepatitis A

Das Hepatitis-A-Virus (HAV) ist ein kleines RNA-Virus von etwa 27 nm Durchmesser, das zur Familie der Picornaviren gehört. HAV kommt weltweit vor. In Ländern mit hohem Hygienestandard kam es in den letzten Jahrzehnten zu einem erheblichen Rückgang der Erkrankungshäufigkeit. Der Mensch ist Hauptwirt und scheidet die Viren mit dem Stuhl aus. Die HAV-Infektion wird meist enteral (fäkal-oral) durch kontaminiertes Wasser, verunreinigte Nahrungsmittel oder Kontakt mit HAV-Infizierten übertragen. Die Hepatitis A gilt als eine typische Reisekrankheit, und doch werden heute die meisten Infektionen in Deutschland erworben (ca. 60%). Risikogruppen sind ferner intravenös Drogenabhängige und Homosexuelle. Zur Prävention stehen neben allgemeinen hygienischen Maßnahmen eine passive (Anti-HAV-Immunglobuline) und eine aktive Immunisierung (inaktiviertes HAV) zur Verfügung. Primär wird heutzutage die aktive Immunisierung durchgeführt. Die Stän-dige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt eine Impfung als Präexpositionsprophylaxe für Reisende in Endemiegebiete, als Postexpositionspro-phylaxe sowie bei Kontakt mit HAV-infizierten Risikogruppen, wie z. B. homosexuell aktiven Männern, Personen, die an chronischen Leberkrankheiten oder einer substitu-tionspflichtigen Hämophilie leiden. Außerdem wird die Impfung für Hepatitis-A- gefährdetes Personal im Gesundheitsdienst, in Laboratorien, Kindertagesstätten, Kinderheimen oder psychiatrischen Einrichtungen, sowie für Kanalisations- und Klär-werksarbeiter mit direktem Kontakt zu Abwasser empfohlen.

Klinik

Die HAV-Infektion ist eine akute, selten protrahiert verlaufende Erkrankung. Sie wird nie chronisch und führt nicht zur Leberzirrhose oder einem hepatozellulären Karzi-nom (HCC). Während etwa 70–80% der akut HAV-infizierten Erwachsenen Symptome einer akuten Virushepatitis zeigen, verläuft die Infektion bei Kindern unter 5 Jahren bei > 90% asymptomatisch. Die klinischen Symptome der HAV-Infektion beginnen meist abrupt nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich 25 Tagen. Neben Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Brechreiz sind die ersten und häufigsten klinischen Zeichen eine Dunkelfärbung des Urins, Hellfärbung des Stuhls und das Auftreten eines Ikterus (Abb. 1).

P Die HAV-Infektion wird meist enteral (fäkal-oral) durch kontaminiertes Wasser, verunreinigte Nahrungsmittel oder Kontakt mit HAV-Infizierten übertragen. Es gibt eine aktive und eine passive Immunisierung.

P Die HAV-Infektion wird meist enteral (fäkal-oral) durch kontaminiertes Wasser, verunreinigte Nahrungsmittel oder Kontakt mit HAV-Infizierten übertragen. Es gibt eine aktive und eine passive Immunisierung.

Abb. 1Abb. 1

Klinischer, biochemischer und serologischer Verlauf der akuten HAV-Infektion

Symptome

Ikterus

HAV-Infektion

Anti-HAV total

Anti-HAV-IgM

Transaminasen

0 2 4 6 8 10 12 14Wochen nach Infektion

Klinischer, biochemischer und serologischer Verlauf der akuten HAV-Infektion

Symptome

Ikterus

HAV-Infektion

Anti-HAV total

Anti-HAV-IgM

Transaminasen

0 2 4 6 8 10 12 14Wochen nach Infektion

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Typischerweise dauert die ikterische Phase weniger als 2 Wochen. Eine komplette klinische und biochemische Normalisierung wird bei ca. 60% der Patienten innerhalb von 2 Monaten und bei nahezu 100% der Patienten innerhalb von 6 Monaten beob-achtet. Nach Ausheilung der Infektion sind die Patienten lebenslang immun, vermit-telt durch Anti-HAV-IgG-Antikörper. Bei 6–12% der Patienten mit Hepatitis A werden protrahierte oder rezidivierende Verläufe mit Wiederauftreten von Ikterus und Anstieg der Transaminasen 30–90 Tage nach initialer Besserung beobachtet. Auch diese Verläufe sind klinisch meist mild und heilen spontan aus. Bei Erwachsenen kann die Hepatitis A auch primär cholestatisch verlaufen mit über Monate anhaltendem Ikterus bei nur mäßig erhöhten Transaminasen, assoziiert mit Juckreiz, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust und extrahepatischen Manifestationen wie Arthritiden und Vaskuliti-den. Die Prognose der cholestatischen Hepatitis A ist ebenfalls sehr gut. Fulminante Verläufe der Hepatitis A sind sehr selten, werden vor allem bei Drogenabhängigen und älteren Patienten beobachtet und haben eine relativ gute Prognose.

Diagnostik

Die Diagnostik der HAV-Infektion basiert auf dem serologischen Nachweis von Anti-HAV-Antikörpern (Tab. 1, Abb. 1).

Anti-HAV-IgM beweist eine akute oder frisch abgelaufene HAV-Infektion. Ein negativer Anti-HAV-IgM-Test schließt bei immunkompetenten Personen eine akute HAV-Infek-tion aus. Der Nachweis von HAV RNA im Stuhl oder Blut ist daher klinisch ohne Bedeu-tung.

Therapie

Die Therapie der akuten Hepatitis A ist symptomatisch. Lediglich bei der primär cho-lestatischen Hepatitis kann eine kurzzeitige Steroidtherapie indiziert sein (30 mg/Tag mit raschem Ausschleichen innerhalb von 3 Wochen). Eine Isolierung von akut infi-zierten Personen ist nicht notwendig, da die Ausscheidung des Virus über den Stuhl und damit die Infektiosität bereits vor Beginn der klinischen Symptome deutlich zu-rückgeht und das Transmissionsrisiko deshalb gering ist. Bei ausreichender oraler Flüs-sigkeits- und Kalorienzufuhr ist eine Hospitalisation in der Regel nicht notwendig. Bei der sehr seltenen fulminanten Hepatitis A ist eine intensivmedizinische Betreuung in-diziert, eine Lebertransplantation ist jedoch nur selten erforderlich.

P Diagnostik durch Anti-HAV-IgM. Die Prognose ist sehr gut. Normalisie-rung der Transaminasen bei fast 100% innerhalb von 6 Monaten.

P Diagnostik durch Anti-HAV-IgM. Die Prognose ist sehr gut. Normalisie-rung der Transaminasen bei fast 100% innerhalb von 6 Monaten.

Tab. 1Tab. 1HAV HBV HCV HDV HEV

Genom RNA(+) DNA RNA(+) RNA(+) RNA(–)

Diagnose Anti-HAV- IgM

HBsAg Anti-HBc

Anti-HCV HCV-PCR

Anti-HDV HBsAg

Anti-HEV

Übertragung enteral parenteral parenteral parenteral enteral

Antivirale Therapie

nein nein ja nein nein

Immun-prophylaxe

+ + – – + Koinfektion

HAV HBV HCV HDV HEV

Genom RNA(+) DNA RNA(+) RNA(+) RNA(–)

Diagnose Anti-HAV- IgM

HBsAg Anti-HBc

Anti-HCV HCV-PCR

Anti-HDV HBsAg

Anti-HEV

Übertragung enteral parenteral parenteral parenteral enteral

Antivirale Therapie

nein nein ja nein nein

Immun-prophylaxe

+ + – – + Koinfektion

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Hepatitis B

Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist ein DNA-Virus aus der Familie der Hepadnaviridae [2]. Es wird parenteral übertragen. Weltweit sind etwa 350 Millionen Menschen chro-nisch infiziert. Die Inzidenz neuer Infektionen konnte in den industrialisierten Ländern durch die HBV-Impfung, Screening von Blut und Blutprodukten, von Organspendern und Schwangeren in den letzten Jahren deutlich gesenkt werden. Zusammen mit HCV ist die HBV-Infektion die häufigste Ursache der chronischen Hepatitis, Leber-zirrhose und des HCC. Bei etwa 5–8% der deutschen Bevölkerung finden sich sero-logische Marker einer abgelaufenen HBV-Infektion (Anti-HBc, Anti-HBs) und etwa 0,4–0,7% sind Virusträger. Der Häufigkeitsgipfel liegt in der Altersgruppe der 25–29-Jährigen. In Regionen mit hoher HBV-Prävalenz wird das Virus meist perinatal von in-fizierten Müttern auf Neugeborene oder im frühen Kindesalter übertragen. In Regi-onen mit niedriger HBV-Prävalenz, wie Nordamerika oder Westeuropa, wird die Infektion überwiegend im Erwachsenenalter parenteral oder sexuell übertragen. Be-sondere Risikogruppen sind intravenös Drogenabhängige, Homosexuelle sowie z. B. medizinisches Personal durch Kontakt mit Blut und Blutprodukten. Dabei wird HBV wesentlich effizienter übertragen als HIV oder HCV. Weitere Übertragungswege sind Haushaltskontakt zu HBV-Infizierten, Hämodialyse, Tätowierungen und Piercing, Blut-transfusionen, Organtransplantationen sowie zahnmedizinische oder medizinische Eingriffe, einschließlich künstlicher Befruchtung.Neben der Expositionsprophylaxe (z. B. vorsichtiger Umgang mit infektiösem Material, Testung von Blutspendern sowie Blutprodukten, Vermeidung von Promiskuität bzw. Benutzung von Präservativen, Vermeiden von „needle sharing“ etc.) steht eine aktive sowie eine passive Immunisierung gegen HBV zur Verfügung.Die aktive Immunisierung mit rekombinantem HBsAg wird von der STIKO am RKI seit einigen Jahren bei allen Säuglingen (im „Impfkalender“ im 3., 5. sowie 12.–15. Monat vorgesehen) sowie bei allen bisher nicht geimpften Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 17. Lebensjahr empfohlen. Darüber hinaus wird die aktive Immuni-sierung von Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko empfohlen, die in der Indikati-onsliste der STIKO aufgeführt sind, u. a. Personal, Auszubildende und Studenten in medizinischen Einrichtungen, Dialysepatienten, Hämophile, Homosexuelle, Prostitu-ierte, Drogenabhängige, Häftlinge und enge Kontaktpersonen von HBV-Infizierten. Aufgrund der hohen Anti-HBs-Serokonversionsrate nach Impfung bei Gesunden und des lang andauernden Impfschutzes (auch nach Abfall des Anti-HBs unter die Nach-weisgrenze) ist eine Kontrolle des Impferfolgs sowie eine Auffrischimpfung in der All-gemeinbevölkerung nicht erforderlich. Bei medizinischem Personal sowie Mitgliedern der Risikogruppen ist hingegen eine Impferfolgskontrolle indiziert. Eine aktiv-passive Simultanimmunisierung (aktive Immunisierung sowie Gabe von aus menschlichem Serum gewonnenem Hepatitis-B-Immunglobulin, HBIG) ist als Postex-positionsprophylaxe bei Neugeborenen HBsAg-positiver Mütter sowie nach Nadel-stichverletzungen mit HBsAg-positivem Material bei nicht-immunen Personen indi-ziert.

Klinik

Der klinische Verlauf der HBV-Infektion ist vor allem vom Alter des Patienten zum Zeit-punkt der Infektion abhängig. Bei Neugeborenen oder Kindern verläuft die HBV-Infek-tion meist asymptomatisch und geht in > 90% in eine meist mild verlaufende chro-nische HBV-Infektion über. Bei Erwachsenen hingegen verläuft die Infektion nach einer Inkubationszeit von durchschnittlich 75 Tagen (25–160 Tage) häufig symptoma-tisch und heilt in > 90% aus (Abb. 2).

P Die Hepatitis B wird parenteral übertragen. Nur in etwa 30% sympto-matischer Verlauf. Bei Erwachsenen Chronifizierung der Hepatitis B in < 10% der Fälle. Weltweit sind etwa 350 Millionen Personen chronisch infiziert.

P Die Hepatitis B wird parenteral übertragen. Nur in etwa 30% sympto-matischer Verlauf. Bei Erwachsenen Chronifizierung der Hepatitis B in < 10% der Fälle. Weltweit sind etwa 350 Millionen Personen chronisch infiziert.

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Typische, aber unspezifische Symptome sind Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Muskel- bzw. Gelenkbeschwerden, Übelkeit sowie Fieber. Etwa 30% der Erwachsenen zeigen einen ikterischen Verlauf. Die akute selbstlimitierte Hepatitis B dauert selten länger als 4 Monate, der Ikterus selten länger als 4 Wochen. Normalerweise sind die Symptome innerhalb von 3–6 Wochen regredient. Parallel dazu kommt es zu einer Serokonversi-on von HBeAg zu Anti-HBe und von HBsAg zu Anti-HBs (Abb. 2). Die Hepatitis B ist dann klinisch ausgeheilt und der Patient vor einer Reinfektion geschützt. Die akute Hepatitis B kann auch symptomarm oder sogar asymptomatisch verlaufen und hat dann eine erhöhte Chronifizierungsrate. Eine chronische HBV-Infektion ist als Persis-tenz von HBsAg über mehr als 6 Monate definiert (Abb. 3).

Klinisch besondere Verlaufsformen sind die seltene fulminante (ca. 1%) oder subfulmi-nante Hepatitis B und die fibrosierende cholestatische Hepatitis B (FCHB). Die fulmi-nante Hepatitis B ist die häufigste virale Ursache des akuten Leberversagens. Etwa 50% der Patienten mit fulminanter Hepatitis B sind mit Hepatitis-Delta-Virus (HDV) koinfiziert und meist intravenös Drogenabhängige. Die FCHB ist eine besondere Form der Hepatitis B, die bei Patienten nach Lebertransplantation und HBV-Reinfektion des Transplantats auftritt; sie führt meist zum Transplantatversagen innerhalb von etwa 1 Jahr.

Abb. 2Abb. 2

Klinischer, biochemischer und serologischer Verlauf der akuten, selbstlimitierten HBV-Infektion

Ikterus

Symptome

Infektion

Anti-HBs

Anti-HBcAnti-HBe

0 1 2 3 4 5 6 12 24Monate

GPT (ALT)

HBsAg

HBV DNA

HBeAg

Klinischer, biochemischer und serologischer Verlauf der akuten, selbstlimitierten HBV-Infektion

Ikterus

Symptome

Infektion

Anti-HBs

Anti-HBcAnti-HBe

0 1 2 3 4 5 6 12 24Monate

GPT (ALT)

HBsAg

HBV DNA

HBeAg

Abb. 3Abb. 3

Klinischer, biochemischer und serologischer Verlauf der chronischen HBV-Infektion mit Übergang von der hoch-replikativen in die niedrig-replikative Phase

(Ikterus)

(Symptome)

Infektion

Anti-HBc

Anti-HBe

0 1 2 3 4 5Monate

GPT (ALT)

HBsAg

HBV DNAHBeAg

Jahre

Klinischer, biochemischer und serologischer Verlauf der chronischen HBV-Infektion mit Übergang von der hoch-replikativen in die niedrig-replikative Phase

(Ikterus)

(Symptome)

Infektion

Anti-HBc

Anti-HBe

0 1 2 3 4 5Monate

GPT (ALT)

HBsAg

HBV DNAHBeAg

Jahre

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Diagnostik

Der wichtigste serologische Marker einer HBV-Infektion in der klinischen Praxis ist das HBsAg (Tab. 1) [14]. Der HBsAg-Nachweis allein sichert die Diagnose einer HBV-Infek-tion und ist der Screening-Test der Wahl bei Patienten mit klinischen oder laborche-mischen Hinweisen auf eine Hepatitis. Bei der akuten symptomatischen Hepatitis B ist HBsAg kurz vor, während und kurz nach der klinischen Krankheitsphase und Erhö-hung der Transaminasen nachweisbar bei gleichzeitig frühem Auftreten von Anti-HBc-IgM und nachfolgend IgG-Antikörpern (Abb. 2). HBeAg als Hinweis auf hohe Virusreplikation und Infektiosität findet sich meist in der Frühphase der Erkrankung. Eine Leberbiopsie ist bei serologisch und klinisch sowie laborchemisch eindeutiger akuter Hepatitis B nicht indiziert. Mit Abklingen der klinischen Symptome und Norma-lisierungstendenz der Transaminasen kommt es zunächst zur Elimination von HBeAg und HBsAg und im weiteren Verlauf zur Serokonversion zu Anti-HBe und Anti-HBs. Die serologische Konstellation mit Anti-HBc-, Anti-HBe- und Anti-HBs-Antikörpern charak-terisiert die abgelaufene Hepatitis B und zeigt Immunität gegen eine HBV-Reinfektion an.

Therapie

Die Therapie der akuten HBV-Infektion ist symptomatisch. Eine antivirale Thera-pie ist aufgrund der hohen Spontanheilungsrate (bei Erwachsenen > 95%) nicht indi-ziert. Bei fulminantem Verlauf sollte frühzeitig eine Therapie eingeleitet werden und eine frühzeitige Verlegung in ein Lebertransplantationszentrum erfolgen. Dieses Vor-gehen wurde in kleinen Studien für Lamivudin gezeigt, aktuell würde aber eine Thera-pie mit einer stärker wirksamen Substanz wie Tenofovir oder Entecavir empfohlen werden. Die Therapie sollte für 3 Monate nach HBsAg-Serokonversion und 6 Monate nach HBeAg-Serokonversion (ohne Verlust von HBsAg) fortgesetzt werden.

Hepatitis C

Das Hepatitis-C-Virus (HCV) ist ein RNA-Virus, das zur Familie der Flaviviren gehört. Die HCV-Infektion ist eine der häufigsten Ursachen der chronischen Hepatitis, Leber-zirrhose und des HCC [8]. Die dekompensierte Leberzirrhose als Folge einer chro-nischen Hepatitis C stellt heute in den meisten Industrienationen die führende Indika-tion zur Lebertransplantation dar. Obwohl die Inzidenz neuer Infektionen seit Einführung des Anti-HCV-Screenings von Blut und Blutprodukten 1991/1992 deutlich zurückgegangen ist, wird für die nächsten 20–30 Jahre eine weitere Zunahme von Patienten mit Spätfolgen der chronischen Hepatitis C erwartet. Da 70–80% der Infek-tionen chronisch verlaufen, gibt es in Deutschland derzeit nach Schätzungen des RKI 400.000–500.000 Virusträger. Die Inzidenz lag 2003 bei 8,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Männer sind fast doppelt so häufig infiziert wie Frauen. Die höchs-te Inzidenz findet sich bei Männern im Alter von 20–29 Jahren. Die HCV-Infektion wird meist parenteral durch Blut oder Blutprodukte übertragen. Übertragung durch Nadelstichverletzung, Mutter-Kind-Übertragung und sexuelle Transmission sind mög-lich, aber selten und korrelieren mit der Höhe des Virustiters. Weitere Risikogruppen sind intravenös Drogenabhängige, Personen, die operative oder invasive Eingriffe (z. B. Piercing) erhalten oder durchführen, sowie Organtransplantatempfänger. In der kli-nischen Praxis lässt sich jedoch heute bei ca. 50% der HCV-Infizierten kein Risikofaktor eruieren („sporadische HCV-Infektion“).Außer allgemeinen hygienischen Maßnahmen und Expositionsprophylaxe, wie be-reits bei der HBV-Infektion aufgeführt, steht zur Prävention einer HCV-Infektion bisher keine aktive oder passive Immunisierung zur Verfügung.

Klinik

Die akute HCV-Infektion verläuft in der Regel asymptomatisch und wird dann in 70–80% chronisch (Abb. 4 und 5).

P HBs-Antigen ist der beste Screening-Marker für eine Hepatitis B. Bei Neugeborenen HBsAg-positiver Mütter und bei Nadelstichverletzung durch HBsAg-positives Blut bei nicht-immunen Personen: simultane aktiv-passive Immunisierung.

P HBs-Antigen ist der beste Screening-Marker für eine Hepatitis B. Bei Neugeborenen HBsAg-positiver Mütter und bei Nadelstichverletzung durch HBsAg-positives Blut bei nicht-immunen Personen: simultane aktiv-passive Immunisierung.

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Nur etwa 25% der Verläufe sind ikterisch. Patienten mit einem klinisch symptoma-tischen Verlauf eliminieren das Virus in ca. 50% spontan. Besondere klinische Verlaufs-formen der Hepatitis C sind die fulminante oder subfulminante Hepatitis C und die cholestatische Hepatitis C. Bei Immunkompetenten bzw. sonst gesunden Personen sind fulminante oder subfulminante Verläufe der Hepatitis C vor allem in Japan be-schrieben. In sehr seltenen Fällen kommt es zu einer primär cholestatischen Verlaufs-form der Hepatitis C mit rascher Progression und Leberversagen. Diese Verlaufsform wird vor allem bei Patienten unter Immunsuppression nach Organtransplantation be-obachtet.

Abb. 4Abb. 4

Verlauf der akuten selbstlimitierten HCV-Infektion

Wochen nach Infektion

Anti-HCV800

600

400

200

0

ALT

(U/l)

HC

V RN

A (l

og IU

/ml)

7

6

5

4

3

2

1

HCV RNA

ALT

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24

Verlauf der akuten selbstlimitierten HCV-Infektion

Wochen nach Infektion

Anti-HCV800

600

400

200

0

ALT

(U/l)

HC

V RN

A (l

og IU

/ml)

7

6

5

4

3

2

1

HCV RNA

ALT

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24

Abb. 5Abb. 5

Verlauf der akuten persistierenden HCV-Infektion

Wochen nach Infektion

Anti-HCV800

600

400

200

0

ALT

(U/l)

HC

V RN

A (l

og IU

/ml)

7

6

5

4

3

2

1

HCV RNA

ALT

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24

Verlauf der akuten persistierenden HCV-Infektion

Wochen nach Infektion

Anti-HCV800

600

400

200

0

ALT

(U/l)

HC

V RN

A (l

og IU

/ml)

7

6

5

4

3

2

1

HCV RNA

ALT

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24

P Die HCV-Infektion wir parenteral übertragen. Nur ca. 25% verlaufen symptomatisch und können in bis zu 50% ausheilen. 70–80% der asympto-matischen HCV-Infektionen werden chronisch. Screening-Parameter ist Anti-HCV. HCV-PCR, wenn Anti-HCV positiv ist.

P Die HCV-Infektion wir parenteral übertragen. Nur ca. 25% verlaufen symptomatisch und können in bis zu 50% ausheilen. 70–80% der asympto-matischen HCV-Infektionen werden chronisch. Screening-Parameter ist Anti-HCV. HCV-PCR, wenn Anti-HCV positiv ist.

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Diagnostik

Die Primärdiagnostik ist der Nachweis von Anti-HCV-Antikörpern durch sensitive und spezifische Enzymimmunoassays (EIAs, Tab. 1) [8]. Anti-HCV zeigt eine aktive (aku-te oder chronische) oder abgelaufene Infektion an. Anti-HCV wird durchschnittlich 7–8 Wochen nach Infektion positiv. Der rekombinante Immunoblotassay (RIBA) wird als Bestätigungstest nur noch in speziellen Situationen empfohlen, z. B. bei Anti-HCV-positiven Personen mit negativem HCV-RNA-Nachweis (DD: falsch-positiver EIA oder Status nach durchgemachter Hepatitis C). Der qualitative Nachweis von HCV RNA erfolgt mittels Reverse Transkriptase-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR). Die Durch-führung einer Leberbiopsie ist bei der akuten Hepatitis nicht indiziert.

Therapie

Für die akute Hepatitis C bestehen noch keine klaren Therapieempfehlungen. In ei-ner prospektiven, allerdings nicht kontrollierten klinischen Studie an 44 akut HCV-infi-zierten Patienten konnte mit 5 Mio. Einheiten Interferon-α täglich für 4 Wochen und dann dreimal pro Woche für weitere 20 Wochen bei 98% der Patienten ein dauer-haftes virologisches Ansprechen erreicht werden [6]. Da symptomatische Patienten die HCV-Infektion jedoch in etwa 50% der Fälle spontan eliminieren und auch bei späterem Therapiebeginn ein günstiges Ansprechen zeigen, wird aufgrund von neueren Studien bei symptomatischen Patienten ein abwartendes Vorgehen empfohlen: Eliminieren die Patienten die HCV-Infektion nicht spontan innerhalb von 12–15 Wochen, so kann mit einer Peginterferon-α-Monotherapie über 12–24 Wochen in > 90% eine Ausheilung erreicht werden [3, 10, 11]. In einer aktuellen Studie von HEP-NET (Kompetenznetz Hepatitis) wird dieses Vorgehen derzeit untersucht. Bei akuter HCV-Infektion sollte daher ggf. mit einem hepatologischen Zentrum Kontakt aufgenommen werden.

Hepatitis D

Das Hepatitis-Delta-Virus (HDV) ist ein defektes RNA-Virus, das sich nur in Gegen-wart von HBV propagieren kann [13]. In Deutschland ist die HDV-Infektion relativ sel-ten. Weltweit lassen sich unterschiedliche epidemiologische Muster erkennen:1. Endemische HDV-Infektionen mit besonders hoher Prävalenz im Mittelmeerraum,

wie z. B. in Süditalien und Griechenland, wo 20–30% der HBsAg-positiven Personen Antikörper gegen HDAg (Anti-HDV) haben.

2. Epidemische HDV-Infektionen, wie z. B. in der Amazonasregion von Venezuela oder Ecuador.

3. HDV-Infektionen in Hochrisikogruppen, wie intravenös Drogenabhängigen und Hä-mophilen, die in 10–75% Anti-HDV-positiv sind.

Im Vergleich zu HBsAg unerwartet hohe HDV-Prävalenzen wurden in Rumänien (> 80%) und auf einigen Pazifikinseln (23–69%), unerwartet niedrige HDV-Prävalenzen in Süd-afrika (< 1%) registriert.

Klinik

Die HDV-Infektion kann sich klinisch als breites Spektrum von der akuten, fulminanten Hepatitis D bis zum asymptomatischen HDV-Trägerstatus präsentieren. Die akute Hepatitis D wird klinisch-epidemiologisch entweder durch eine Koinfektion, bei der das Inokulum HBV und HDV enthält, oder durch eine Superinfektion, bei in der Regel vorbestehender chronischer HBV-Infektion, mit HDV verursacht und verläuft in 2–20% fulminant oder subfulminant. Nach der akuten HBV-HDV-Koinfektion sind die klinischen Zeichen und Symp-tome bei 90–95% der Patienten innerhalb von 2–10 Wochen regredient. Bei 20–30% der Patienten ist der klinische Verlauf jedoch biphasisch mit nochmaligem Anstieg der Transaminasen 2–4 Wochen nach Beginn der Erkrankung. Die zweite Phase kann im Einzelfall sehr schwer verlaufen und in eine fulminante Hepatitis D übergehen.

P HDV wird parenteral übertragen. HBV-HDV-Koinfektion oder HDV-Superinfektion bei chronischer Hepatitis B. Diagnose durch Anti- HDV-Antikörper bei gleichzeitigem Vorliegen von HBsAg.

P HDV wird parenteral übertragen. HBV-HDV-Koinfektion oder HDV-Superinfektion bei chronischer Hepatitis B. Diagnose durch Anti- HDV-Antikörper bei gleichzeitigem Vorliegen von HBsAg.

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Die akute HBV-HDV-Superinfektion verläuft ebenfalls bei 10–20% der Patienten fulminant oder subfulminant. So sind etwa 50% der Patienten, die sich mit fulminanter Hepatitis B präsentieren, auch mit HDV infiziert. Ein asymptomatischer HDV-Trägersta-tus ist beschrieben, jedoch selten. Klinisch-epidemiologische Studien machen es wahrscheinlich, dass dieser Status am ehesten bei Superinfektion von HBV-Infizierten entsteht, die keine Hinweise auf eine HBV-Replikation haben (HBeAg und HBV DNA negativ). Die Prognose dieser seltenen Verlaufsform ist günstig. Die chronische Hepatitis D entwickelt sich vor allem bei Superinfektion von HBV-Infizierten, besonders bei den Patienten mit Hinweisen auf eine HBV-Replikation.

Diagnose

Die Diagnose der HDV-Infektion basiert auf dem Nachweis von Antikörpern gegen HDAg (Anti-HDV) im Serum bei gleichzeitiger Positivität für HBsAg (Tab. 1). Anti-HDV wird bei etwa 90% der Patienten mit akuter Hepatitis D innerhalb von 1–2 Mona-ten positiv. Nachfolgend variiert der Anti-HDV-Titer je nach klinisch-epidemiologischer Situation. Bei der akuten HBV-HDV-Koinfektion ist der Anti-HDV-Titer in der Regel niedrig (< 1:100) oder manchmal erst bei wiederholter Untersuchung eben nachweis-bar und nimmt mit Ausheilung der Hepatitis dann weiter ab. Bei der akuten HBV-HDV-Superinfektion hingegen ist Anti-HDV früher und hochtitrig nachweisbar. Bei der sich daraus meist entwickelnden chronischen Hepatitis D können die Anti-HDV-Titer > 1:1.000.000 sein; Titer von > 1:1000 sind diagnostisch für eine chronische Hepatitis D.Da die HDV-Infektion nur zusammen mit einer HBV-Infektion auftreten kann, sollte vor der Suche nach HDV die HBV-Infektion diagnostiziert werden. Praktisch alle Patienten mit Hepatitis D sind HBsAg-positiv. Die einzige wichtige Ausnahme ist die akute oder fulminante Hepatitis D, bei der 10–15% der Patienten HBsAg-negativ sind. Alle diese Patienten sind jedoch Anti-HBc-IgM-positiv. HDV RNA kann durch molekulare Hybridi-sierungsanalysen oder PCR-Amplifikation im Serum oder Lebergewebe von HDV-Infi-zierten nachgewiesen werden. Diese Analysen sind jedoch nur in ganz speziellen Situationen indiziert, z. B. bei Patienten, die aufgrund einer Immundefizienz keine Anti-HDV-Antikörper bilden können sowie zum Nachweis einer akuten HDV-Infektion vor Serokonversion zu Anti-HDAg.

Therapie

Bei fulminanten Verläufen können eine Intensivtherapie und eine Lebertransplantati-on indiziert sein. Die Reinfektion des Lebertransplantats ist bei der Hepatitis D weni-ger häufig als bei der Hepatitis B ohne HDV. Das Reinfektionsrisiko kann durch die Gabe von HBIG weiter gesenkt werden.

Hepatitis E

Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist ein kleines RNA-Virus von 32–34 nm Durchmesser, das der Familie der Caliciviren nahe steht. Die HEV-Infektion wird ähnlich wie die HAV-In-fektion meist enteral (fäkal-oral) übertragen und tritt daher gehäuft in Ländern mit niedrigem sozioökonomischem Standard auf [1]. Im Unterschied zu HAV ist HEV sehr instabil und nur sehr schwer aus dem Stuhl zu isolieren. Die Viruskonzentration ist ebenfalls sehr niedrig, weshalb die HEV-Infektion deutlich seltener auftritt als die HAV-Infektion. So lag die Inzidenz von HEV in Deutschland im Jahr 2003 bei 0,04 pro 100.000 Einwohner. Außer allgemeinen hygienischen Maßnahmen steht zur Prävention einer HEV-Infekti-on keine aktive oder passive Immunprophylaxe zur Verfügung. Schwangere Frauen sollten nicht in Endemiegebiete reisen. Eine neuere Phase-II-Studie aus Nepal konnte zeigen, dass eine rekombinante HEV-Vakzine bei überwiegend freiwilligen Männern (Armeeangehörigen), die zur Hochrisikogruppe gezählt werden, effektiv eine klinische Hepatitis E verhindern kann [12]. Die Dauer der induzierten Immunität und die Effizi-enz in der Verhinderung einer asymptomatischen HEV-Infektion bleiben derzeit aber noch unklar.

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Klinik

Der klinische Verlauf der HEV-Infektion ist in der Regel akut und selbstlimi-tierend. Nach einer Inkubationszeit von etwa 40 Tagen (10–56 Tage) kommt es meist zu einer symptomatischen akuten Hepatitis mit Dunkelfärbung des Urins, Hellfärbung des Stuhls und Ikterus [9]. Die klinischen Zeichen und Symptome sind meist innerhalb von 2–3 Wochen regredient. Die HEV-Infektion kann jedoch insbesondere bei schwan-geren Frauen im dritten Trimenon fulminant verlaufen und ist dann mit einer Mortali-tät von 10–20% assoziiert. Wie bei der HAV-Infektion ist auch bei der HEV-Infektion ein primär cholestatischer Verlauf mit guter Prognose beschrieben. Chronische Verläufe oder ein HEV-Carrierstatus sind bei Immunkompetenten unbekannt. Aktuelle Arbei-ten zeigten jedoch, dass eine HEV-Infektion bei transplantierten Patienten einen chro-nischen Verlauf nehmen kann [4, 5, 7]. So wurde in einer Studie bei 14 Transplantat-empfängern (3 Leber, 9 Nieren, 2 Niere und Pankreas) eine akute HEV-Infektion identifiziert. Eine chronische HEV-Infektion mit dauerhaft erhöhten Transaminasen, HEV RNA im Serum und histologischen Zeichen einer chronischen Hepatitis ent-wickelte sich bei 8 der 14 Patienten. Somit stellt die chronische HEV-Infektion in dieser besonderen Patientengruppe eine, wenn auch seltene, Ursache von erhöhten Leber-werten dar.

Diagnose

Die Diagnose der HEV-Infektion beruht auf dem serologischen Nachweis von Anti-HEV (Tab. 1). Die IgM-Antikörper verschwinden nach wenigen Monaten, wäh-rend IgG für einige Jahre persistiert. Der Nachweis von HEV RNA aus Stuhl oder Serum ist in der Regel nicht erforderlich.

Therapie

Die Therapie ist symptomatisch. Eine spezifische antivirale Therapie gegen Hepa-titis E existiert nicht. Patienten mit einer fulminanten Hepatitis E sollten frühzeitig für eine Lebertransplantation evaluiert werden.

P Die Hepatitis E wird enteral über-tragen. In der Regel heilt sie aus, kann aber bei transplantierten Patienten einen chronischen Verlauf nehmen. Bei schwangeren Frauen im dritten Trimenon kann die HEV-Infektion fulminant verlaufen und ist dann mit einer Mortalität von 10–20% assoziiert. Die Diagnose basiert auf dem Nachweis von anti-HEV.

P Die Hepatitis E wird enteral über-tragen. In der Regel heilt sie aus, kann aber bei transplantierten Patienten einen chronischen Verlauf nehmen. Bei schwangeren Frauen im dritten Trimenon kann die HEV-Infektion fulminant verlaufen und ist dann mit einer Mortalität von 10–20% assoziiert. Die Diagnose basiert auf dem Nachweis von anti-HEV.

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Zu empfehlende Literatur

1 Emerson SU, Purcell RH. Hepatitis E virus. Rev Med Virol 2003; 13: 145–154.

2 Ganem D, Prince AM. Hepatitis B virus infection – natural history and clinical consequences. N Engl J Med 2004; 350: 1118–1129.

3 Gerlach JT, Diepolder HM, Zachoval R, Gruener NH, Jung MC, Ulsenheimer A, Schraut WW, Schirren CA, Waechtler M, Backmund M, Pape GR. Acute hepatitis C: high rate of both spontaneous and treatment-induced viral clearance. Gastroenterology 2003; 125: 80–88.

4 Gérolami R, Moal V, Colson P. Chronic hepatitis E with cirrhosis in a kidney-transplant recipient. N Engl J Med 2008; 358: 859–860.

5 Haagsma EB, van den Berg AP, Porte RJ, Benne CA, Vennema H, Reimerink JH, Koopmans MP. Chronic hepatitis E virus infection in liver transplant recipients. Liver Transpl 2008; 14: 547–553.

6 Jaeckel E, Cornberg M, Wedemeyer H, Santantonio T, Mayer J, Zankel M, Pastore G, Dietrich M, Trautwein C, Manns MP; German Acute Hepatitis C Therapy Group. Treatment of acute hepatitis C with interferon alfa-2b. N Engl J Med 2001; 345: 1452–1457.

7 Kamar N, Selves J, Mansuy JM, Ouezzani L, Péron JM, Guitard J, Cointault O, Esposito L, Abravanel F, Danjoux M, Durand D, Vinel JP, Izopet J, Rostaing L. Hepatitis E virus and chronic hepatitis in organ-transplant recipients. N Engl J Med 2008; 358: 811–817.

8 Poynard T, Yuen MF, Ratziu V, Lai CL. Viral hepatitis C. Lancet 2003; 362: 2095–2100.

9 Purcell RH, Emerson SU. Hepatitis E: an emerging awareness of an old disease. J Hepatol 2008; 48: 494–503.

10 Santantonio T, Fasano M, Sinisi E, Guastadisegni A, Casalino C, Mazzola M, Francavilla R, Pastore G. Efficacy of a 24-week course of PEG-interferon alpha-2b monotherapy in patients with acute hepatitis C after failure of spontaneous clearance. J Hepatol 2005; 42: 329–333.

11 Santantonio T, Wiegand J, Gerlach JT. Acute hepatitis C: current status and remaining challenges. J Hepatol 2008; 49: 625–633.

12 Shrestha MP, Scott RM, Joshi DM, Mammen MP Jr, Thapa GB, Thapa N, Myint KS, Fourneau M, Kuschner RA, Shrestha SK, David MP, Seriwatana J, Vaughn DW, Safary A, Endy TP, Innis BL. Safety and efficacy of a recombinant hepatitis E vaccine. N Engl J Med 2007; 356: 895–903.

13 Taylor JM. Hepatitis delta virus. Virology 2006; 344: 71–76.

14 Thimme R, Spangenberg HC, Blum HE. Chronische Hepatitis B. Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 135–138.

LiteraturLiteratur

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Wichtig:Fragebeantwortung unter

www.falkfoundation.de

Falk Gastro-Kolleg

Fragen zur akuten VirushepatitisFrage 1:Welche Viren werden enteral übertragen?w HAV + HEVw HBV + HCVw HBV + HCV + HEVw HAV + HDV + HEVw HAV + HBV + HEV

Frage 2:Welche Aussage zur Hepatitis-A-Virus-Infektion trifft nicht zu?w HAV wird fäkal-oral übertragenw Die aktive HAV-Immunisierung wird insbesondere für Patienten mit vorbestehen-

der Lebererkrankung (z. B. chronische HBV- oder HCV-Infektion) empfohlenw Die akute HAV-Infektion geht in ca. 20% der Fälle in eine chronische Infektion

mit dem Risiko der Entwicklung einer Leberzirrhose überw Die Therapie der HAV-Infektion ist supportivw Zur Diagnosestellung der HAV-Infektion ist in der Regel der Nachweis von

anti-HAV-IgM ausreichend

Frage 3:Welcher Marker ist allein zum Screening auf eine Hepatitis-B- Virus-Infektion am besten geeignet?w Anti-HBcw HBeAgw HBV DNAw Anti-HBsw HBsAg

Frage 4:Welche Aussage über die Hepatitis-B-Virus-Infektion trifft zu?w Die akute Hepatitis B geht im Erwachsenenalter in ca. 50% der Fälle in eine

chronische Infektion über.w Der wichtigste serologische Marker für das Vorliegen einer Hepatitis B ist das HBsAg.w Eine Therapie mit Interferon ist Therapie der Wahl bei der akuten Hepatitis B.w Die HBV-Infektion verläuft immer symptomatisch.w Alle Aussagen sind richtig.

Frage 5:Welche Aussage zur Diagnostik der Hepatitis-C-Virus-Infektion trifft nicht zu?w Screening-Parameter auf eine akute HCV-Infektion ist Anti-HCVw Bei positivem Anti-HCV sollte die Diagnose einer HCV-Infektion durch eine

HCV-PCR gesichert werdenw Eine symptomatische HCV-Infektion ist deutlich häufiger als eine asymptomatischew Bei der symptomatischen akuten HCV-Infektion ist keine Leberbiopsie indiziertw Bei der akuten, asymptomatischen HCV-Infektion muss in der Regel keine Leberbi-

opsie durchgeführt werden

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Frage 6:Welche Aussage zur Hepatitis-Delta-Virus-Infektion ist falsch?w Eine erfolgreiche aktive HBV-Immunisierung schützt auch effektiv vor der

HDV-Infektionw Eine HDV-Infektion ist nur bei vorbestehender chronischer HBV-Infektion möglichw Die Übertragungswege der HDV-Infektion entsprechen denen der HBV-Infektionw Die Prävalenz der HDV-Infektion unter chronisch HBV-Infizierten ist regional sehr

variabelw Bei zusätzlicher HDV-Infektion kann HBV in seiner Replikation supprimiert werden

(niedrige HBV-Viruslast trotz hoher Transaminasen)

Frage 7:Welche Aussage zur Hepatitis-E-Virus-Infektion trifft zu?w HEV wird parenteral übertragenw Bei Schwangeren ist die HEV-Infektion häufig fulminant und in bis zu 20% der

Fälle letalw Zur Diagnosestellung der HEV-Infektion ist primär eine Bestimmung der HEV RNA

angezeigtw Für die HEV-Infektion existieren eine aktive sowie eine passive Immunisierung,

die als Reiseprophylaxe in Endemiegebiete angezeigt istw HEV ist ein DNA Virus

Frage 8:Welche Aussage trifft zu?w Die Diagnose einer HAV-Infektion basiert auf der Klinik und dem Antikörper-

nachweisw HBV ist die häufigste Ursache einer akuten Hepatitisw Eine chronische HEV-Infektion kann nicht auftretenw Die akute HBV-Infektion nimmt häufiger einen chronischen Verlauf als die akute

HCV-Infektionw Die HDV- Infektion kann nur bei gleichzeitigem Vorliegen einer HCV-Infektion

auftreten

Frage 9:Welche Aussage über die Hepatitis-C-Virus-Infektion trifft zu?w HCV ist ein DNA-Virusw Die akute HCV-Infektion muss immer behandelt werdenw Die akute HCV-Infektion nimmt häufiger einen asymptomatischen als einen

symptomatischen Verlaufw Die akute HCV-Infektion geht in 20% der Fälle in eine chronische Infektion überw Die akute HCV-Infektion nimmt in bis zu 20% der Fälle einen fulminanten Verlauf

Frage 10:Welche Aussage trifft zu?w Für HAV steht keine Immunisierung zur Verfügungw Für HCV steht eine aktive Impfung zur Verfügungw Für die HDV-Infektion steht nur eine passive Immunisierung zur Verfügungw Für HBV stehen eine aktive wie passive Immunisierung zur Verfügungw Für HEV steht bereits eine Impfung zur Verfügung, die allen Neugeborenen

verabreicht werden soll

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