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OPTIMIERTER BETRIEB VON KWKK-SYSTEMEN MIT SPEICHERN CASE STUDY AM BEISPIEL EINER LIEGENSCHAFT K. Klein 1 , A. Wahl 2 , M. Huang 1 , M. Sonntag 1 , D. Kalz 1 und S. Herkel 1 1) Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg, Germany 2) Dekra SE, Stuttgart, Germany KURZFASSUNG Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Energieversorgungssystem einer Liegenschaft mit Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) und Erzeugungskapazitäten von 1,2 MW el (Strom), 2,8 MW th (Wärme) und 1,55 MW th (Kälte). Die Bestandsanlage wurde über einen Zeitraum von einem Jahr detailliert und in hoher zeitlicher Auflösung messtechnisch untersucht, in der dynamischen Simulationsumgebung Dymola/- Modelica nachgebildet und anhand der Messdaten kalibriert. Basierend auf dem aktuellen Versorgungs- system wurden verschiedene hydraulische und regelungstechnische Maßnahmen zur Steigerung der Anlageneffizienz und zur Senkung der Betriebs- kosten erarbeitet. Für die bevorzugte Systemvariante wurde ein Kältespeicherkonzept zur Senkung der Betriebskosten und Steigerung des Strom-Eigen- versorgungsanteiles entwickelt. Die Ergebnisse zeigen große Potentiale zur Senkung der Betriebskosten um bis zu 14% im Sommerbetrieb und um bis zu 22% im Winterbetrieb bezogen auf die aktuelle Anlagenkonfiguration durch eine deutliche Senkung des Netzstrombezuges. Gleichzeitig ist es aufgrund der hohen wechselseitigen Beeinflussung der unterschiedlichen Energieströme eine große Herausforderung, für sämtliche, saisonal stark unterschiedliche Lastanforderungen eine optimale Abstimmung des Systems zu erreichen und gleich- zeitig die erforderliche Versorgungsqualität zu gewährleisten. Durch den Speicher konnte im Sommerbetrieb eine Betriebskostensenkung von 4% erreicht werden, im Winterbetrieb erwies sich die definierte Lade- und Entladestrategie jedoch als unzureichend und erzielte keine Verbesserungen im Systembetrieb. EINLEITUNG UND ZIELE Anlagensysteme mit Kraft-Wärme-Kältekopplung (KWKK) bieten ein hohes Potential für eine sehr effiziente Energieversorgung. Darüber hinaus sind KWKK-Systeme in ihrem Betrieb äußerst flexibel und können sowohl Strom aus dem öffentlichen Netz beziehen als auch lokal produzierten Überschuss- strom ins Netz einspeisen. Somit sind KWKK- Systeme grundsätzlich gut geeignet, um durch „netzdienliche“ Regelung die Stromnetze zu entlasten. Insbesondere größere Einheiten wie Liegenschaften oder Quartiere sind dazu gut geeignet, da sie über signifikante Erzeugungs- leistungen und ein leistungsfähiges Regelsystem verfügen und üblicherweise durch einen professionellen Anlagenbetreiber mit entsprechen- dem Know-How betreut werden. Im Rahmen des Projektes wird untersucht, wie Phasenwechselspeicher in Liegenschaften eingesetzt werden können, um den Anlagenbetrieb zu flexibilisieren und einen netzdienlichen Betrieb zu ermöglichen. Die Untersuchung erfolgt am Beispiel eines mittelständischen Firmensitzes mit vier Bürogebäuden mit einer NGF von ca. 61.000 m 2 , Laboren und Servereinrichtungen. In der vorliegenden Studie wird der Betrieb der KWKK-Anlage auf Basis eines Langzeitmonitorings analysiert, darauf aufbauend werden Maßnahmen zur Effizienzsteigerung identifiziert und in dynamischen Simulationen getestet. Ziele der Optimierungs- maßnahmen sind zunächst die Senkung der Betriebs- kosten und die Steigerung der energetischen Effizienz bei gleichzeitiger Sicherstellung der erforderlichen Versorgungsqualität. Ein weiteres Ziel ist die Entwicklung und Integration eines Speicher- konzeptes für das untersuchte Anlagensystem, mit dem sich die Netzdienlichkeit der Anlage weiter steigern lässt. Detaillierte Untersuchungen zum PCM-Verhalten und die Entwicklung netzreaktiver Regelkonzepte werden in späteren Studien addressiert und sind noch nicht Bestandteil der vorliegenden Untersuchung. Abbildung 1: Methodische Vorgehensweise VORGEHENSWEISE ANALYSE DER LIEGENSCHAFT MESSDATEN- ANALYSE OPTIMIERUNGS- ANSÄTZE · Verbraucher- und Anlagentopologie · Wirtschaftliche Randbedingungen · Langzeit- Monitoringsystem · Gesamtenergie- bilanzen · Versorgungs- qualität · Auffälligkeiten im Betrieb · Komponenten- modellierung · Kalibrierung mit Messdaten · Validierung des Systemverhaltens · Hydraulik Kälteerzeugung · Reduktion Soll- Netzbezug · Wärmenutzung in Kühlperiode · Integration eines Kältespeichers MODELLIERUNG + VALIDIERUNG METHODIK Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University - 402 -

Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University · AKM KKM Mischung y = 568,793.61ln(x) + 330,401.52 R² = 0.97 0 250 500 750 1000 0 0.5 1 1.5 2 Motorwärmeleistung

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OPTIMIERTER BETRIEB VON KWKK-SYSTEMEN MIT SPEICHERN

– CASE STUDY AM BEISPIEL EINER LIEGENSCHAFT

K. Klein1, A. Wahl

2, M. Huang

1, M. Sonntag

1, D. Kalz

1 und S. Herkel

1

1) Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg, Germany

2) Dekra SE, Stuttgart, Germany

KURZFASSUNG

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem

Energieversorgungssystem einer Liegenschaft mit

Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) und

Erzeugungskapazitäten von 1,2 MWel (Strom),

2,8 MWth (Wärme) und 1,55 MWth (Kälte). Die

Bestandsanlage wurde über einen Zeitraum von

einem Jahr detailliert und in hoher zeitlicher

Auflösung messtechnisch untersucht, in der

dynamischen Simulationsumgebung Dymola/-

Modelica nachgebildet und anhand der Messdaten

kalibriert. Basierend auf dem aktuellen Versorgungs-

system wurden verschiedene hydraulische und

regelungstechnische Maßnahmen zur Steigerung der

Anlageneffizienz und zur Senkung der Betriebs-

kosten erarbeitet. Für die bevorzugte Systemvariante

wurde ein Kältespeicherkonzept zur Senkung der

Betriebskosten und Steigerung des Strom-Eigen-

versorgungsanteiles entwickelt. Die Ergebnisse

zeigen große Potentiale zur Senkung der

Betriebskosten um bis zu 14% im Sommerbetrieb

und um bis zu 22% im Winterbetrieb bezogen auf die

aktuelle Anlagenkonfiguration durch eine deutliche

Senkung des Netzstrombezuges. Gleichzeitig ist es

aufgrund der hohen wechselseitigen Beeinflussung

der unterschiedlichen Energieströme eine große

Herausforderung, für sämtliche, saisonal stark

unterschiedliche Lastanforderungen eine optimale

Abstimmung des Systems zu erreichen und gleich-

zeitig die erforderliche Versorgungsqualität zu

gewährleisten. Durch den Speicher konnte im

Sommerbetrieb eine Betriebskostensenkung von 4%

erreicht werden, im Winterbetrieb erwies sich die

definierte Lade- und Entladestrategie jedoch als

unzureichend und erzielte keine Verbesserungen im

Systembetrieb.

EINLEITUNG UND ZIELE

Anlagensysteme mit Kraft-Wärme-Kältekopplung

(KWKK) bieten ein hohes Potential für eine sehr

effiziente Energieversorgung. Darüber hinaus sind

KWKK-Systeme in ihrem Betrieb äußerst flexibel

und können sowohl Strom aus dem öffentlichen Netz

beziehen als auch lokal produzierten Überschuss-

strom ins Netz einspeisen. Somit sind KWKK-

Systeme grundsätzlich gut geeignet, um durch

„netzdienliche“ Regelung die Stromnetze zu

entlasten. Insbesondere größere Einheiten wie

Liegenschaften oder Quartiere sind dazu gut

geeignet, da sie über signifikante Erzeugungs-

leistungen und ein leistungsfähiges Regelsystem

verfügen und üblicherweise durch einen

professionellen Anlagenbetreiber mit entsprechen-

dem Know-How betreut werden.

Im Rahmen des Projektes wird untersucht, wie

Phasenwechselspeicher in Liegenschaften eingesetzt

werden können, um den Anlagenbetrieb zu

flexibilisieren und einen netzdienlichen Betrieb zu

ermöglichen. Die Untersuchung erfolgt am Beispiel

eines mittelständischen Firmensitzes mit vier

Bürogebäuden mit einer NGF von ca. 61.000 m2,

Laboren und Servereinrichtungen.

In der vorliegenden Studie wird der Betrieb der

KWKK-Anlage auf Basis eines Langzeitmonitorings

analysiert, darauf aufbauend werden Maßnahmen zur

Effizienzsteigerung identifiziert und in dynamischen

Simulationen getestet. Ziele der Optimierungs-

maßnahmen sind zunächst die Senkung der Betriebs-

kosten und die Steigerung der energetischen

Effizienz bei gleichzeitiger Sicherstellung der

erforderlichen Versorgungsqualität. Ein weiteres Ziel

ist die Entwicklung und Integration eines Speicher-

konzeptes für das untersuchte Anlagensystem, mit

dem sich die Netzdienlichkeit der Anlage weiter

steigern lässt. Detaillierte Untersuchungen zum

PCM-Verhalten und die Entwicklung netzreaktiver

Regelkonzepte werden in späteren Studien

addressiert und sind noch nicht Bestandteil der

vorliegenden Untersuchung.

Abbildung 1: Methodische Vorgehensweise

VORGEHENSWEISE

ANALYSE DER

LIEGENSCHAFT

MESSDATEN-

ANALYSE

OPTIMIERUNGS-

ANSÄTZE

· Verbraucher- und Anlagentopologie

· Wirtschaftliche Randbedingungen

· Langzeit-Monitoringsystem

· Gesamtenergie-bilanzen

· Versorgungs-qualität

· Auffälligkeiten im Betrieb

· Komponenten-modellierung

· Kalibrierung mit Messdaten

· Validierung des Systemverhaltens

· Hydraulik Kälteerzeugung

· Reduktion Soll-Netzbezug

· Wärmenutzung in Kühlperiode

· Integration eines Kältespeichers

MODELLIERUNG +

VALIDIERUNG

ME

TH

OD

IK

Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University

- 402 -

Die Untersuchung erfolgt in den in Abbildung 1

dargestellten, zeitlich und inhaltlich aufeinander

aufbauenden Schritten, welche in der Gliederung

dieses Beitrags aufgegriffen werden.

ANALYSE DER LIEGENSCHAFT

Verbraucher und Anlagentopologie

Bei dem untersuchten Objekt handelt es sich um

einen mittelständischen Firmensitz. Die Liegenschaft

umfasst vier Bürogebäude mit einer Nettogrund-

fläche von ca. 61.000 m2, welche über ein

campuseigenes Wärme- und Kältenetz miteinander

verbunden sind. Die hier vorgestellte Analyse bezieht

sich jedoch ausschließlich auf das Hauptgebäude mit

einer NGF von 31.100 m2, welches etwa zu gleichen

Teilen als Bürofläche, als Tiefgarage und für sonstige

Zwecke genutzt wird (Fact, 2013). Die übrigen

Gebäude werden zum Zeitpunkt der Erstellung dieses

Beitrages saniert bzw. neu gebaut und werden im

späteren Projektverlauf in die Untersuchung

einbezogen. Das hier untersuchte Hauptgebäude

verfügt über vier Heizkreise (statische Heizung,

Lüftung, Warmwasser, Verbindungsleitung zu

Gebäude 2) und drei Kältekreise (Server,

Umluftkühler, Lüftung).

Das betrachtete Anlagensystem verfügt über drei

BHKW (je 400 kWel) und einen Gaskessel

(1000 kWth) zur Wärmeerzeugung sowie eine

Absorptionskältemaschine (AKM; 500 kWth) und

eine Kompressionskältemaschine (KKM; 1050 kWth)

zur Kälteerzeugung (Abbildung 2). Während BHKW

und AKM als Grundlasterzeuger dienen, kommen

Kessel und KKM zur Deckung von Spitzenlasten

zum Einsatz.

EN

DE

NE

RG

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EN

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WÄRME

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AKM500 kWth

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KESSEL1000 kWth

KKM1050 kWth

Mo

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ärm

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Abbildung 2: Anlagenschema mit Komponenten und

den zwischen ihnen ausgetauschten Energieströmen

Das System weist einige Besonderheiten auf:

· Die BHKW haben getrennte Kreisläufe für

Motorwärme und Abgaswärme. Während die

Motorwärme ausschließlich ins Heiznetz

eingespeist werden kann, wird die Abgaswärme

mittels eines Dreiwegeventils verteilt: sie wird

entweder als Antriebswärmestrom in der AKM

genutzt oder fließt ebenfalls ins Heiznetz.

· Die BHKW verfügen über kein Rückkühlwerk

bzw. keinen Kühlturm, sondern lediglich drei

gering dimensionierte, hier nicht dargestellte

100 kW Luftkühler.

· Somit stellen das Heiznetz im Hauptgebäude und

die AKM die einzigen signifikanten Verbraucher

für die BHKW-Wärme dar.

Wirtschaftliche Randbedingungen

Der Anlagenbetreiber erhält aufgrund der geltenden

Stromverträge keine Vergütung für eine Strom-

einspeisung ins öffentliche Netz. Um den

Gasaufwand zu minimieren, wird daher eine

Stromeinspeisung regelungstechnisch verhindert.

Die exakten Strom- und Gaspreise können aus

Datenschutzgründen nicht genannt werden, weshalb

die Darstellung der Ergebnisse relativ, d.h. bezogen

auf den aktuellen Anlagenzustand erfolgt. Qualitativ

lässt sich jedoch sagen, dass der Anlagenbetreiber

aufgrund der hohen abgenommenen Gasmenge und

der deutlich geringeren abgenommenen Strommenge

einen relativ günstigen Gaspreis, aber einen relativ

hohen Strompreis zahlt. Darüber hinaus ist die

Mineralölsteuer auf das in den BHKW genutzte Gas

rückerstattungsfähig, sofern ein monatlicher

Brennstoffnutzungsgrad > 70% erreicht wird wo-

durch der effektive Gaspreis nochmals sinkt. Infolge

dessen ist der Netzbezug von Elektrizität deutlich

teurer als die Eigenstromproduktion. Das effektivste

Mittel zur Betriebskostensenkung ist daher die

bilanzielle Reduktion des Netzstrombezuges.

Langzeitmonitoring

In der realen Anlage wurde ein Monitoring-System

bestehend aus 12 thermischen Messstellen und 10

elektrischen Messstellen installiert. Die zu den

thermischen Messstellen gehörenden Volumenstrom-

messgeräte sind in Clamp-on Ultraschalltechnik

ausgeführt, um die Zählerinstallation ohne Öffnung

des hydraulischen Systems im laufenden Betrieb zu

ermöglichen. Für die Analyse stehen die

vollständigen Messdaten seit dem 08.11.2013 in der

erforderlichen Qualität und einer zeitlicher

Auflösung von drei Minuten zur Verfügung.

MESSDATENANALYSE

Abbildung 3: Gemessene Energieströme,

Zeitraum: 18. Nov.-17. Dez. 2013

Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University

- 403 -

Abbildung 3 zeigt die gemessenen Energieströme der

Energieträger Wärme, Kälte, Gas und Strom für den

30-tägigen Zeitraum vom 18. November bis 17.

Dezember 2013. Mit einer durchschnittlichen

Außentemperatur von 1,7°C handelt es sich um den

kältesten Zeitraum in Winter 2013/14. Zentrale

Ergebnisse der Messdatenanalyse sind:

· Die BHKW stellen zusammen ca. 60% der

verbrauchten Wärme bereit. Die Stromkennzahl

beträgt 0,66, etwa 57% der erzeugten Wärme

entfallen auf den Motorwärmekreis.

· Ca. 27% des verbrauchten Stroms werden aus

dem öffentlichen Netz bezogen, trotz der

deutlich günstigeren Kosten bei Eigenerzeugung

und der geringen Auslastung der BHKW von ca.

45%.

· Die Kompressionskältemaschine stellt nahezu

die gesamte Kälte mit einer Arbeitszahl von 2,42

kWhtherm/kWhel bereit. Die AKM erreicht

aufgrund der geringen Leistung und Temperatur

des Antriebswärmestroms nur ein

Wärmeverhältnis von 0,23.

· Trotz der niedrigen Außenlufttemperaturen ist

im Auswertungszeitraum ein signifikanter

Kälteverbrauch (> 20% des Wärmeverbrauchs)

zu verzeichnen, welcher zum überwiegenden

Teil auf die Serverkühlung entfällt.

· Die Vorlauftemperaturen im Kältenetz werden

nicht gut eingehalten. Die KKM liefert im Mittel

eine Vorlauftemperatur zwischen 6 und 7 °C, die

AKM liefert eine (ungeregelte)

Vorlauftemperatur zwischen 10 und 12 °C. Es

stellt sich eine Misch-Vorlauftemperatur von ca.

8-8.5 °C ein, die in Spitzen sogar 10 °C erreicht,

obwohl das Kältesystem auf eine

Vorlauftemperatur von 6 °C ausgelegt ist.

Abbildung 4: Gemessene Vorlauftemperaturen im

Kältenetz: AKM, KKM und Mischtemperatur

ANLAGENMODELLIERUNG

Komponentenmodellierung und -kalibrierung

Die dynamische Simulationsstudie zum

ausgewählten System wird in der Simulations-

umgebung Dymola 2014 durchgeführt. Die

Modellierung der Anlage umfasst drei Bereiche: die

Erzeuger, die Lasten und die Regelung. Die

Erzeugermodelle basieren auf Kennlinien für

Leistung und Effizienz, welche mit Hilfe der

Messdaten ermittelt wurden. Die Lasten basieren auf

den gemessenen Leistungen in den Verbraucher-

kreisen. Die Anlagenregelung wurde teilweise aus

Angaben des Betreibers, teilweise aus

Beobachtungen im Betriebsverhalten abgeleitet.

BHKW

Abbildung 5: Stundenwerte der BHKW

Motorwärmeleistung und abgeleitete Kennlinie

Die drei identischen BHKW in der realen Anlage

werden in der Simulationsumgebung zur

Vereinfachung in einer einzigen Komponente

modelliert, welche Teillastzustände zwischen 0 und 3

annehmen kann. Das BHKW-Modell verfügt über

zwei Fluidkreisläufe: einen Motorwärme- und

Abgaswärmekreis, in welche die jeweiligen

Wärmeströme (Motorwärme bzw. Abgaswärme

) eingespeist werden. Die Berechnung der

elektrischen und thermischen Leistungen und des

Gasverbrauches erfolgt gleichungsbasiert in

Abhängigkeit des Teillastverhältnisses, welches von

der Regelung vorgegeben wird. Die entsprechenden

Kennlinien wurden aus den gemessenen

Stundenwerten ermittelt (Abbildung 5). Oberhalb

einer Rücklauftemperatur im Motorkreislauf von

71°C werden die Notkühler aktiviert, welche die

effektive Motorwärmeleistung reduzieren.

Die Regelung der BHKW erfolgt stromgeführt,

sodass ein Soll-Netzbezug von 170 kW eingehalten

wird. Da die einzelnen Einheiten nur zwischen 60

und 100% von modulieren können, wird im

Simulationsmodell ebenfalls die Folgeschaltung der

drei Einheiten in Abhängigkeit der gemessenen

elektrischen Last abgebildet. Beispielsweise wird das

zweite BHKW erst aktiviert, wenn die elektrische

Last 600 kW erreicht oder zwei Minuten lang über

550 kW liegt.

Absorptionskältemaschine

Da keine Messdaten zur Kondensatortemperatur

verfügbar sind, wird der aufgenommene Antriebs-

wärmestrom als Funktion des Massenstroms und der

Vorlauftemperatur am Generator modelliert. Die

Vo

rla

ufte

mp

era

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[°C

]

6

8

10

12

So., 17

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Mi., 20.1

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12

So., 8.

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Sa., 14

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Di., 17

.12

AKM KKM Mischung

y = 568,793.61ln(x) + 330,401.52R² = 0.97

0

250

500

750

1000

0 0.5 1 1.5 2

Mo

torw

ärm

ele

istu

ng

in k

W

Teillastverhältnis

Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University

- 404 -

erzeugte Kälteleistung wird als quadratische

Funktion in Abhängigkeit des Antriebswärmestroms

berechnet. Die Funktionen sind so beschränkt, dass

die AKM eine maximale Kälteleistung von 500 kWth

bei einem Wärmeverhältnis von 0,7 erzeugt.

Kompressionskältemaschine

Die Kälteleistung wird als lineare Gleichung der

Nennkälteleistung und des von der Regelung

vorgegebenen Teillastverhältnisses modelliert. Die

elektrische Leistungsaufnahme ist eine quadratische

Funktion der Kälteleistung. Da die Kondensator-

temperatur nicht gemessen wird, fließt diese nicht in

die Leistungs- und Effizienzberechnungen ein.

Dennoch zeigt sich eine gute Übereinstimmung

zwischen den gemessenen und simulierten Werten,

da der COP der KKM jeweils in einem kleinen

Bereich um 2,5 streut.

Regelung und Gesamtsystem im Bestand

Da alle Heiz- und Kühlkreise von einem

gemeinsamen Wärme- bzw. Kälteverteiler

angeschlossen sind, werden die gemessenen Wärme-

und Massenströme addiert und als ein

Wärmeverbraucher und ein Kälteverbraucher

modelliert.

Die Leistungsregelung der einzelnen Komponenten

erfolgt im aktuellen Modell folgendermaßen:

· Die BHKW werden stromlastgeführt nach einer

definierten Folgeschaltung mit An- und

Abwahlgrenzen betrieben. Ein Mischventil im

Motorwärmekreis zur Rücklaufanhebung wird so

geregelt, dass die Vorlauftemperatur auf 73°C

gehalten wird. Ab einer Rücklauftemperatur im

Motorkreis von 81°C wird die thermische

Leistung der BHKW durch Aktivierung der

Notkühler reduziert; ab einer Rücklauf-

temperatur von 90°C erfolgt die Notabschaltung.

· Der Kessel wird mittels eines PID-Reglers auf

die Verteiler-Vorlauftemperatur geregelt. Somit

deckt er als Spitzenlasterzeuger die Heizlasten,

welche nicht vom BHKW gedeckt werden.

· Die AKM wird in der Bestandsanlage nicht

leistungsgeregelt: der Verdampfer wird konstant

mit dem Nenn-Volumenstrom durchströmt. Die

Kälteleistung resultiert aus dem zur Verfügung

stehenden Antriebswärmestrom.

· Die Leistung der KKM wird auf die lokale

Vorlauftemperatur geregelt. Der Verdampfer

wird wie bei der AKM mit einem konstanten

Volumenstrom durchströmt. Die Leistung der

KKM hängt somit einzig von ihrer Rücklauf-

temperatur ab.

· Das Dreiwegeventil, welches die BHKW-

Abgaswärme zwischen AKM und Heiznetz

verteilt, wird in Abhängigkeit der Vorlauf-

temperatur im Heiznetz geregelt: unterhalb von

71 °C Vorlauftemperatur wird die gesamte

Wärme ins Heiznetz geleitet, oberhalb von 80°C

vollständig in die AKM. Dazwischen öffnet und

schließt das Ventil nach einer linearen

Charakteristik.

Modellvalidierung

Abbildung 6: Vergleich simulierter und gemessener

Werte. Oben: Monatsenergiebilanz. Mitte: täglicher

KKM Strombezug. Unten: Dynamischer Verlauf der

BHKW-Stromproduktion für eine Beispielwoche

Die Validierung des Simulationsmodells erfolgt mit

Hilfe von Messdaten aus dem 30-tägigen Zeitraum

vom 18. Nov. 2013 bis 17. Dez. 2013. Als Rand-

bedingungen werden die gemessenen Heiz-, Kühl-

und Stromlasten in stündlicher Auflösung

vorgegeben. Abbildung 6 (oben) zeigt die relativen

Abweichungen der simulierten zu den gemessenen

monatlichen Energiemengen. Bei allen

Energieströmen liegen die Abweichungen zwischen

den simulierten und gemessenen Werten unterhalb

von 5%. Lediglich bei der AKM Kälte tritt eine hohe

relative Abweichung von fast 24% auf, was auf die

sehr geringe Kältemenge im Winter zurückzuführen

ist. Abbildung 6 (Mitte) zeigt die täglichen

Abweichungen der von der KKM bezogenen

elektrischen Energie für den Validierungszeitraum.

Es wird deutlich, dass die Abweichungen eine

geringe Streuung zwischen den einzelnen Tagen

KKM Stromverbrauch, 17.11.-16.12.2013

Ta

ge

se

ne

rgie

me

ng

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kW

h]

1000

2000

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So.

, 17.

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Mi., 2

0.11

Sa.

, 23.

11

Di., 2

6.11

Fr., 2

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Mo.

, 2.1

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Do.

, 5.1

2

So.

, 8.1

2

Mi., 1

1.12

Sa.

, 14.

12

gemessensimuliert

gemessen = 76.9 MWh

simuliert = 75.6 MWh

Abweichung = -1.8 %

Elektrische Gesamtleistung BHKW [kW]: 25.11.-1.12.2013

El. L

eis

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HK

W [kW

]

400

500

600

700

800

Mo.

, 25.

11

Di., 2

6.11

Mi., 2

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, 28.

11

Fr., 2

9.11

Sa.

, 30.

11

So.

, 1.1

2

simuliert

gemessen

Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University

- 405 -

aufweisen und die gute Übereinstimmung in der

Monatsbilanz auch für kürzere Zeiträume erreicht

wird. Der dynamische Verlauf der elektrischen

Leistung der BHKW für eine ausgewählte Woche

(Abbildung 6, unten) zeigt, dass nicht nur die

bilanziellen Energiemengen, sondern auch die

Dynamik des Systems hinreichend genau abgebildet

werden.

Eine Wiederholung der Validierungsrechnung für

einen weiteren Zeitraum mit höheren

Außentemperaturen führt zu ähnlichen relativen

Abweichungen in der monatlichen Energiebilanz.

OPTIMIERUNGSANSÄTZE

In dieser Studie werden vier Optimierungsansätze

vorgestellt und getestet: eine Korrektur der

Kältenetz-Hydraulik, die dynamische Reduktion des

Soll-Netzbezuges, eine optimierte Wärmenutzung in

der Kühlperiode und die Integration eines

Kältespeichers. Tabelle 1 gibt einen Überblick

darüber, welche Maßnahmen in welcher simulierten

Systemvariante implementiert sind.

Tabelle 1: Simulierte Systemvarianten und darin

implementierte Optimierungsmaßnahmen

MASSNAHME REF V1 V2 V3

Hydraulik Kälte - x x x

Reduktion Netzbezug - x x x

Optimale Wärmenutzung - - x x

Integration Kältespeicher - - - x

Hydraulik Kälteerzeugung

AKM KKM

T

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AKM KKM

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VL-Sammler

T

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Käl

teve

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uch

er

Bestand Optimiert

Abbildung 7: Hydraulik der Kälteerzeuger (aktueller

Zustand und optimiertes Konzept)

Istzustand: Beide Kältemaschinen werden auf der

Kaltwasserseite konstant mit dem Nennvolumen-

strom durchströmt. Somit hängt ihre Vorlauft-

emperatur nur von der Rücklauftemperatur und der

Kälteleistung ab.

Die KKM regelt ihre Leistung nach ihrer lokalen

Vorlauftemperatur (Abbildung 7 links). Da die

Leistung der AKM vom verfügbaren Antriebs-

wärmestrom abhängt, wird ihre Vorlauftemperatur

nicht geregelt. Nach Mischung der Kaltwasserströme

von KKM und AKM stellt sich somit im Kälte-

Vorlaufsammler eine ungeregelte Mischtemperatur

ein, die meist deutlich über der Kaltwasser-

Solltemperatur liegt (Abbildung 4).

Die Problematik wird durch die Hydraulik der

Kälteerzeugung noch verstärkt: die Verbraucher-

kreise benötigen meist nur einen Bruchteil der

konstanten erzeugten Kaltwassermenge. Das

überschüssige Kaltwasser fließt über eine Überström-

leitung in den Rücklauf der KKM, senkt ihre lokale

Rücklauftemperatur und somit die erzeugte

Kälteleistung, während die AKM ausschließlich das

warme Rücklaufwasser der Verbraucher erhält.

Optimierung: Im optimierten Konzept werden beide

Kältemaschinen mit Dreiwegeventilen versehen,

welche den effektiv ans Kältenetz gelieferten

Kaltwasservolumenstrom regulieren (Abbildung 7

rechts). Im Falle der AKM wird das Ventil so

geregelt, dass die Soll-Vorlauftemperatur eingehalten

wird. Bei der KKM wird die Leistung weiterhin auf

die Soll-Vorlauftemperatur geregelt und das

Mischventil der KKM wird so geregelt, dass ein

geringer Überschuss-Volumenstrom über die

Überströmleitung fließt und somit die zuverlässige

Versorgung der Verbraucher gewährleistet ist. Dies

geschieht über die Messung der Rücklauf-

temperaturen vor und hinter der Überströmleitung.

Ergebnis: Das optimierte Konzept ermöglicht eine

wirksame Vorlauftemperaturregelung und somit eine

bessere Versorgungsqualität, wenngleich sich dies in

der Bilanz der monatlichen Energiestöme nicht oder

nur geringfügig bemerkbar macht. Desweiteren ist

die Korrektur der Hydraulik Voraussetzung für das

entwickelte Kältespeicherkonzept.

Reduktion des Soll-Netzbezuges

Abbildung 8: Kennlinien des Soll-Netzstrombezug

(aktueller Zustand und optimiertes Konzept)

Istzustand: Im aktuellen Zustand wird die Regelung

so eingestellt, dass ein Soll-Netzbezug von 170 kW

nicht unterschritten wird. Ziel dieser Regelung ist

zum einen die Vermeidung von unabsichtlicher

(unvergüteter) Stromeinspeisung ins öffentliche Netz

0100200300400500600

70 90

Soll-

Net

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ug

[kW

]

TVL Heiznetz-Verteiler [°C]

Bestand

0100200300400500600

70 90

Soll-

Net

zbez

ug

[kW

]

TVL Heiznetz-Verteiler [°C]

Optimiert

Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University

- 406 -

bei plötzlichem Abfall der elektrischen Last und zum

anderen eine Vermeidung von Überhitzung im

Sommerbetrieb.

Optimierung: Das Konzept sieht eine dynamische

Anpassung des Soll-Netzstrombezuges in Abhängig-

keit der Vorlauftemperatur im Heiznetz vor. Solange

keine Überhitzung im System droht, wird der Soll-

Netzbezug bis auf Null reduziert. Ab einer Vorlauf-

temperatur von 80 °C wird der Soll-Netzbezug

schrittweise um 50 kW/K erhöht, bis bei 90 °C die

Notabschaltung der BHKW erfolgt. Diese Maß-

nahmen sind in Systemvariante V1 implementiert.

Ergebnis: Der Netzstrombezug wird gegenüber dem

Bestandssystem im Sommer und im Winter jeweils

um ca. 75% reduziert (vgl. Systeme „Ref.“ und „V1“

in Abbildung 13), wodurch die Betriebskosten für

Strom und Gas um ca. 15% sinken. Gleichzeitig steht

mehr BHKW-Abgaswärme für den Betrieb der AKM

zur Verfügung, sodass ihre Produktion sich nahezu

verdoppelt. Durch die zusätzliche Motorwärme kann

die Wärmeproduktion des Kessels im Winter um

28% reduziert werden.

Wärmeausnutzung in Kühlperiode

Abbildung 9: Wärmeverbrauch im betrachteten

Sommer- und Wintermonat

Istzustand: Abbildung 9 zeigt, dass der Heizwärme-

verbrauch im wärmsten Monat des Monitoring-

zeitraums etwa halb so hoch ist wie im kältesten

Monat. Lediglich rund ein fünftel dieser Wärme wird

für Trinkwarmwasser (TWW) aufgewendet. Der

übrige Verbrauch ist darauf zurückzuführen, dass die

Motorwärme der BHKW in der derzeitigen

hydraulischen Verschaltung nicht zum Betrieb der

AKM genutzt werden kann (Abbildung 10 links).

Optimierung: Im optimierten Konzept (Abbildung 10

rechts) werden Motor- und Abgaswärmetauscher

parallel verschaltet. Beide Anteile fließen durch das

Dreiwegeventil, welches die Wärme zwischen

Heiznetz und AKM-Generator verteilt.

Für den Simulationszeitraum Sommer (14.08.2013-

12.09.2013) werden im Folgenden nur die

Verbräuche für Warmwasser sowie die Wärme-

Verteilverluste im Modell berücksichtigt.

MWT AWT Gene-rator

VL-Sammler

RL-Sammler

Heiznetz

BHKW AKM

AWT Gene-rator

VL-Sammler

RL-Sammler

MWT

Heiznetz

BHKW AKM

Bestand Optimiert

Abbildung 10: Hydraulik der BHKW-Wärmekreis-

läufe. (aktueller Zustand und optimiertes Konzept)

Die vermeidbaren Heizlasten (in Abbildung 9 nach

den Heizkreisen „RLT“, „SHK“ und „toQ2“

bezeichnet) werden zu null gesetzt. Somit wird

angenommen, dass in der Sommerperiode keine

Wärme ins Heiznetz fließt.

Gleichzeitig wird in Abstimmung mit dem

Projektpartner angenommen, dass die vermeidbare

Heizenergie keine Auswirkung auf die Kühllast hat,

da die Wärme derzeit ausschließlich in

unklimatisierte Zonen fließt. Somit wird für den

Sommerzeitraum die Heizlast reduziert, während die

Kühllast unverändert bleibt. Die beschriebenen

Maßnahmen sind in Systemvariante V2

implementiert.

Ergebnis: Im Sommermonat kann die gesamte

Wärmeproduktion um 16% gesenkt werden (vgl.

Varianten V1 und V2 in Abbildung 13). Durch die

Reduktion der Heizlast kann wesentlich mehr Wärme

für den Betrieb der AKM aufgewendet werden, die

ihren Anteil an der Kälteerzeugung etwa verdoppelt.

Durch die veränderte Hydraulik der Wärme-

erzeugung steigt das Temperaturniveau im Heiznetz

und die Netzbezugsregelung erhöht den Netzbezug

etwas, um eine Überhitzung zu vermeiden. In der

Sommerperiode werden – vor allem durch den

reduzierten Gasverbrauch – Kosteneinsparungen von

ca. 5% erzielt, während die Modifikation in der

Winterperiode Mehrkosten von ca. 4,5% hervorruft.

Hier wird deutlich, dass die Optimierung und

Feinabstimmung des Systems, insbesondere der

Wärmeverteilung zwischen AKM und Heiznetz, für

einen bestimmten Lastfall zu einem schlechteren

Verhalten führen kann, wenn sich das Verhältnis aus

Wärme-, Kälte- und Strombedarf maßgeblich

verändert.

Integration eines Kältespeichers

Hydraulik

Im Rahmen des Projektes wird ein thermischer

Speicher in die Anlage integriert, um eine

Verschiebung zwischen Wärme-, Kälte- und

Stromanforderungen zu erzielen und den

Systembetrieb zu flexibilisieren.

Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University

- 407 -

AKM500 kWth

KKM1050 kWth

T

Regler

T T

T

T

Tank

VL-Sammler

RL-Sammler

EDV RLTULK

Abbildung 11: Hydraulik des Kältespeicherkonzeptes

Aufgrund der Anlagentopologie und der

Bedingungen vor Ort wird ein hybrides

Kältespeicherkonzept gewählt, bestehend aus einem

70 m3 Sprinklertank aus dem Anlagenbestand und

einem neu aufzubauenden 30 m3 PCM-Speicher. Da

derzeit lediglich die angestrebte Speicherkapazität

von ca. 580 kWh und die Spreizung von 4 K, nicht

jedoch das temperaturabhängige Verhalten des PCM-

Anteils bekannt sind, wird dieser als vergrößerter

Wasserspeicher mit 210 m3 modelliert. Beide

Speicheranteile sind drucklos und können daher nur

indirekt über einen Wärmeübertrager ins

hydraulische System integriert werden. Die

Einbindung erfolgt in der Überströmleitung. Die Be-

und Entladung des Speichers erfolgt über die

Differenz zwischen den Erzeuger- und

Verbrauchermassenströmen: im Ladefall wird mehr

Kaltwasser erzeugt als von den Verbrauchern

bezogen und es strömt überschüssiges Kaltwasser

vom Vorlauf über den Wärmeübertrager in den

Rücklauf, wodurch der Speicher herabgekühlt wird.

Im Entladefall wird mehr Kaltwasser von den

Verbrauchern bezogen als von den Kältemaschinen

erzeugt und die Differenz wird vom Speicher

geliefert. Der Speicherkreislauf wird so ausgeführt,

dass der Wärmeübertrager zum Kältenetz immer im

Gegenstromprinzip durchströmt wird.

Speicherstrategie

Bei der Analyse der Stromlast und des Netzbezuges

wird folgende Charakteristik deutlich:

· Nachts fällt die Stromlast häufig unter die

Abwahlgrenze des zweiten BHKW, bleibt

jedoch über der Maximalleistung eines BHKW.

· Tagsüber liegt die Stromlast über der

Maximalleistung von zwei BHKW, ist jedoch zu

niedrig für die Aktivierung des dritten BHKW.

Ziel der Speicherstrategie ist es, durch gezielten

Betrieb der KKM die Stromlast so zu manipulieren,

dass das zweite BHKW durchgängig betrieben

werden kann. Nachts wird der Kältespeicher beladen

und die Stromlast erhöht. Tagsüber wird der Speicher

entladen, wodurch die KKM weniger genutzt wird

und Stromlast und Netzbezug sinken.

Nach Analyse der Wärme-, Kälte- und Stromlast-

kurven wird der Zeitbereich für die Speicherbeladung

auf 20:00 bis 9:00 Uhr festgelegt und der Rest des

Tages als Zeitbereich für die Speicherentladung.

Zur Ladung des Speichers wird die Soll-

Vorlauftemperatur von 12 °C auf 7 °C abgesenkt.

Der Ladevorgang wird beendet, wenn die Temperatur

im oberen Teil des Speichers 8 °C unterschreitet. Die

Entladung des Speichers wird beendet, wenn die

Temperatur im oberen Teil des Speichers 12 °C

übersteigt oder die zulässige Vorlauftemperatur um

mehr als 2 K überschritten wird, d.h. die

Speicherleistung nicht zur Deckung der Kühllasten

ausreicht.

Abbildung 12: Nutzung des Speichers: Netzbezug,

Stromlast und thermische Speicherleistung (7 Tage)

Ergebnis: In der Sommerperiode wird das

gewünschte Verhalten teilweise erzielt. Abbildung 12

zeigt, dass durch nächtliches Laden des

Kältespeichers der KKM und Entladen tagsüber der

Strombedarf so beeinflusst werden kann, dass er

weitestgehend im Betriebsbereich von zwei BHKW

bleibt (orangene Grenzen im mittleren Diagramm).

Dadurch kann der Netzstrombezug in der

Monatsbilanz um etwa 30% gesenkt werden. Zur

Optimierung des Lade- und Entladevorgangs ist eine

genauere Modellierung des Speichers und seiner

internen Wärmeübergänge notwendig.

Im Winter ist die definierte Betriebsstrategie nicht

wirksam. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die

AKM aus Mangel an Antriebswärme kaum Kälte

produziert und im Entladefall die Kühllast fast

vollständig durch den Speicher gedeckt werden muss.

Da dessen Kälteleistung nicht ausreicht, um die

erforderliche Vorlauftemperatur zu halten, wird der

Entladevorgang meist schon nach kurzer Zeit wieder

Leis

tung

Net

zbez

ug [k

W]

0

50

100

150

200

250

300Ref. V2 V3

Stro

mla

st [k

W]

600

800

1000

Ref. V2 V3 Pel_min/max,2BHKW

Kälte

leis

tung [kW

]

-200

0

+200

Mo., 19.8

.

Di., 20

.8.

Mi., 21.8

.

Do., 22

.8.

Fr., 23

.8.

Sa., 24

.8.

So., 25

.8.

Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University

- 408 -

unterbrochen. Zur Lösung dieses Problems kann

entweder das regelbasierte Betriebskonzept erweitert

und optimiert werden oder ein völlig neues

Energiefluss- und Speichermanagement auf Basis

einer Echtzeitoptimierung entwickelt werden.

SIMULATIONSERGEBNISSE

Abbildung 13: Simulationsergebnisse der vier

untersuchten Systemvarianten im Winter- und

Sommerfall

FAZIT UND AUSBLICK

Anhand des gewählten Fallbeispiels konnten die

hohen Effizienzpotentiale eines KWKK-Systems

aufgezeigt werden. Mit Hilfe der vorgestellten

Maßnahmen konnten die Betriebskosten der

untersuchten Liegenschaft um 14% (Winter) bzw.

22% (Sommer) gesenkt werden. Das entwickelte

Kältespeicherkonzept basiert auf einer gezielten

Beeinflussung der Stromlast und führt im Sommer zu

Betriebskosteneinsparungen von 7%. Für den

Winterbetrieb ist jedoch ein anderes Konzept zur

Speicherentladung notwendig.

Das implementierte Betriebs- und Speicherkonzept

ist regelbasiert und beruht auf Temperatur-

messungen. Somit ist es im Vergleich zu optimalen

und prädiktiven Regelkonzepten vergleichsweise

anwendungsnah und leicht zu implementieren. Es

wird jedoch deutlich, dass es selbst bei einer sehr

guten Systemkenntnis und mit einem vollständigen

Simulationsmodell der Anlage schwierig und sehr

zeitaufwändig ist, ein regelbasiertes Betriebskonzept

so einzustellen, dass die Anlage unter sämtlichen

Betriebszuständen und Verhältnissen der Wärme-,

Kälte- und Stromlasten hinreichend effizient

funktioniert.

In der hier dargestellten Studie wurde mit dem

Simulationsmodell und dem hydraulischen Speicher-

konzept die Grundlage für die Entwicklung eines

netzdienlichen Betriebs- und Speicherkonzeptes

gelegt und eine erste Speicherstrategie vorgestellt. Im

weiteren Projektverlauf wird das Anlagensystem um

die neu entstehenden Gebäude und Anlagen erwei-

tert, die PCM-Charakteristik im Speicher modelliert

und die Regelung beim Be- und Entladevorgang

feinabgestimmt. Weiterhin werden in Abstimmung

mit den Projektpartnern wirtschaftliche und tech-

nische Randbedingungen für die Stromeinspeisung

definiert. Basierend auf diesen Fortentwicklungen

wird ein Betriebskonzept definiert, das neben

Kosten- und Energieeffzienz ein netzdienliches

Verhalten erzielt. Eine Möglichkeit zur Quantifi-

zierung und Bewertung der Netzdienlichkeit bietet

die dimensionslose Kennzahl R (Klein et al., 2014).

Die Untersuchung soll zeigen, wie und in welchem

Umfang Liegenschaften zur Stützung der Stromnetze

und des Energiesystems beitragen können.

DANKSAGUNG

Diese Arbeit entstand im Rahmen des Projektes

LaNeGe, welches im Rahmen des Förderprogramms

BWPLUS vom Ministerium für Umwelt, Klima und

Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg

unter der Zuwendungsnummer BWE13010 gefördert

wird.

LITERATUR

Fact GmbH. 2013. Liegenschaftsenergiekonzept.

Internes Planungsdokument

Klein, K., Kalz, D., Herkel, S. 2014. Netzdienlicher

Betrieb von Gebäuden: Analyse und Vergleich

netzbasierter Referenzgrößen und Definition

einer Bewertungskennzahl. Bauphysik 36

(2014), Heft 2, S. 49-58

Ref.

V1

V2

V3

Brennstoffkosten Wintermonat

System

Bre

nnsto

ffkoste

n b

ez. auf R

efe

renzsyste

m [%

]

020

40

60

80

100

Strombezug Gas

71

29

77

8

80

10

80

10

100

8690 90

Zeitraum: 18.11.13-17.12.13

Ref.

V1

V2

V3

Brennstoffkosten Sommermonat

System

Bre

nnsto

ffkoste

n b

ez. auf R

efe

renzsyste

m [%

]

020

40

60

80

100

Strombezug Gas

66

34

76

9

68

13

70

9

100

8581 78

Zeitraum: 14.08.13-12.09.13

Ref.

V1

V2

V3

Stromverbrauch Wintermonat

System

El. E

nerg

ie b

ez. auf R

efe

renzsyste

m [%

]

020

40

60

80

100

120

Netzbezug BHKW

74

26

91

8

86

9

86

9

100 98 95 95

Zeitraum: 18.11.13-17.12.13

100% = 531 MWh

Ref.

V1

V2

V3

Stromverbrauch Sommermonat

System

El. E

nerg

ie b

ez. auf R

efe

renzsyste

m [%

]

020

40

60

80

100

120

Netzbezug BHKW

75

25

90

6

78

10

81

6

100 9688 87

Zeitraum: 14.08.13-12.09.13

100% = 551 MWh

Ref.

V1

V2

V3

Wärmeverbrauch Wintermonat

System

Wärm

e b

ez. auf R

efe

renzsyste

m [%

]

020

40

60

80

100

120

Kessel BHKW

61

39

76

28

72

38

72

39

Zeitraum: 18.11.13-17.12.13

100% = 977 MWh

Ref.

V1

V2

V3

Wärmeverbrauch Sommermonat

System

Wärm

e b

ez. auf R

efe

renzsyste

m [%

]

020

40

60

80

100

Kessel BHKW

95113

95 98

5100

113

95 98

Zeitraum: 14.08.13-12.09.13

100% = 675 MWh

Ref.

V1

V2

V3

Kälteverbrauch Wintermonat

System

Kälte b

ez. auf R

efe

renzsyste

m [%

]

020

40

60

80

100

AKM KKM

87

13

75

25

57

43

57

43

100 100 100 99

Zeitraum: 18.11.13-17.12.13

100% = 209 MWh

Ref.

V1

V2

V3

Kälteverbrauch Sommermonat

System

Kälte b

ez. auf R

efe

renzsyste

m [%

]

020

40

60

80

100

AKM KKM

80

20

62

38

27

73

24

76

100 100 100 101

Zeitraum: 14.08.13-12.09.13

100% = 321 MWh

Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University

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