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Ein halbes Jahrhundert Schaffner - Dieses Jubiläum haben wir zum Anlass genommen, die abwechslungsreiche Geschichte der Schaffner Gruppe über fünf Jahrzehnte zu recherchieren und aufzuschreiben, von den Anfängen des Unternehmens bis zur heutigen Stellung als Weltmarktführer. Die Schaffner-Chronik wird ab Juni 2012 erhältlich sein, sie ist für Schaffner-Aktionäre und -Mitarbeitende gratis.
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50 Jahre Schaffner 1962–2012
Inhalt
«Vom Affen gebissen»Gründer- und Aufbaujahre – 1962 bis 1981 9–21
In fremden HändenIm Portefeuille der Elektrowatt – 1982 bis 1993 23–29
Glücksritter in stürmischen ZeitenManagement-Buy-out und Gang an die Börse – 1994 bis 2000 31–35
Die ReifeRezession und Neuausrichtung – 2001 bis 2006 37–41
Weltweites WachstumSchaffner wird zum Global Player – 2007 bis heute 43–53
5 I
7 I
50 Jahre Schaffner Gruppe
1962
Über Satellitenfunk kommt die erste Fernsehübertragung zwischen den USA und
Europa zustande. Der Kalte Krieg steuert mit der Kubakrise zwischen den USA und
der Sowjetunion ihrem Höhepunkt zu. In Deutschland wird das erste Patent für eine
«Waschanlage für Kraftfahrzeuge» angemeldet. In England nehmen die Beatles ihre
erste Single «Love Me Do» auf, und die Rolling Stones haben ihren ersten Auftritt im
Londoner Marquee Club. Brasilien gewinnt die Fussball-WM in Chile. Sam Walton er-
öffnet in den USA den ersten Wal-Mart-Discount City Store. Und in der Schweiz legt
Dr. Hans Schaffner im Gebäude des Solothurner Kinos Canva den Grundstein für die
Schaffner Gruppe.
Seither hat sich das kleine Solothurner Start-up zum global tätigen Unternehmen
entwickelt, zu der mit Lösungen für einen effizienten und zuverlässigen Betrieb elek-
tronischer Systeme international führenden Schaffner Gruppe.
In den vergangenen fünfzig Jahren galt es, zahlreiche Herausforderungen zu meis-
tern. Doch Folgendes zeichnet Schaffner über all die Jahre aus: Innovationskraft, der
Wille zu Spitzenleistungen und Leadership.
Die Schaffner Gruppe feiert 2012 ihr 50-jähriges Bestehen, und sie ist fit für die nächsten
50 Jahre.
Luterbach, im Juni 2012
Eine der ersten Bestellungen
«Vom Affen gebissen»
9 I
Die Gründung der Schaffner AG im Jahr
1962 war ein Glücksfall – auch wenn sie
dem Pech des Firmengründers Hans
Schaffner zu verdanken ist. Denn der woll-
te bei seinem Arbeitgeber General Motors
in Amerika Abteilungsleiter werden. Den
Posten bekam aber ein anderer, und so
entschied sich Schaffner kurzerhand, sei-
ne Sachen zu packen und in die Schweiz
zurückzukehren. Die USA waren zuvor 15
Jahre lang seine Wahlheimat gewesen.
Bis zum Bruch mit seinem Arbeitgeber
war Hans Schaffner fest davon überzeugt,
dass die Zukunft für ihn und seine fünf-
köpfige Familie in den USA liegen würde.
In der Kleinstadt Kokomo im Bundesstaat
Indiana hatte der Schweizer während
mehrerer Jahre eine Gruppe von 50 For-
schern geleitet. Das Team hatte in den
50er-Jahren den Auftrag, Lösungen zur
Entstörung von Autoradios zu entwickeln.
Als zwei Abteilungen zusammengelegt
und ein anderer Leiter Hans Schaffner vor
die Nase gesetzt worden war, beschloss
der 40-Jährige, den USA den Rücken zu-
zukehren und in der Schweiz sein Glück
zu versuchen.
Doch Hans Schaffner packte nicht nur sei-
ne Taschen und brachte seine Familie zu-
rück nach Europa. Er hatte ein Projekt im
Gepäck, als er im Februar 1962 wieder hei-
mischen Boden betrat: Schaffner wollte
eine Elektronikfirma aufbauen. Sein Vater,
der Gründer der seit 1936 bestehenden
Rohrbogen AG in Pratteln bei Basel, hat-
te ihm Geld vermacht. Mit diesem Start-
kapital und zwei Produktideen im Kopf
machte Hans Schaffner sich ans Werk. Im
Frühling 1962 war es so weit: Hans Schaff-
ner gründete das «Ingenieurbüro für an-
gewandte Elektronik».
Mit vier Mitarbeitern fing Schaffner an. In
fünf Räumen im damaligen Gebäude des
Solothurner Kinos Canva an der Luzern-
strasse wurden zunächst Halbleiter-Relais
und Wärmeableiter zur Kühlung von Tran-
Gründer- und Aufbaujahre – 1962 bis 1981
Die ersten Mitarbeitenden 1962: Robert Engist, Peter Ruepp, Rita Stauffer und Rolf Nussbaumer (v.l.)
Frühes internationales Renommee:Geschäftskorrespondenz aus Londonkommt auch ohne Ortsangabe an
11 I
Verdünner sechs Paar Gummihandschu-
he und vier Pinsel verbraucht. Zur Feier
dieser Bestellung gab der Chef seinem
Team dann ein Essen aus. Damals erziel-
te Schaffners Firma im Jahr einen Umsatz
zwischen 20 000 und 30 000 Franken.
Die ersten elektronischen Schaffner-Relais
stiessen anfangs auf grosses Interesse bei
den Kunden. «Wir hatten über hundert
Anfragen», berichtet Robert Engist, ein
Mann der ersten Stunde, der am 1. Juli
1962 seine Stelle als Maschineningeni-
eur bei Schaffner angetreten hatte. Doch
trotz des starken Interesses blieben Be-
stellungen aus, das Produkt wurde kom-
merziell «zum kompletten Flop», erinnert
sich Engist. Der Grundgedanke war zwar
richtig, in einer bis dato mechanischen
Schaltung ein elektronisches Relais ein-
zusetzen, um die Funktionsfähigkeit auch
bei starker Beanspruchung zu erhalten.
Doch die Entwicklung von Steuerungen
war so rasant, dass in kürzester Zeit durch-
gängig elektronische Steuerungen die
Regel waren.
In der Anfangszeit wurde bei Schaffner
an einer Vielzahl von Projekten gearbeitet,
wie an Viskositätsregelanlagen für Tief-
druckrotationsmaschinen, Füllstandsan-
zeigen für Getreidesilos, einer Lösung zur
1963 waren es schon sechs Mitarbei-tende: Robert Engist, Peter Ruepp, Ernst Meier, Rita Stauffer, Reto Kessler und Rolf Nussbaumer (v. l.)
sistoren und Gleichrichter entwickelt. Die
später schwarz eloxierten Wärmeableiter
wurden in der Anfangszeit grundiert und
schwarz gestrichen. Als eine Grossbestel-
lung für zehn blanke Exemplare eintraf,
aber nur zehn schwarze Stücke am Lager
waren, arbeiteten zwei Männer mehr als
einen Tag, um mit Verdünner die gestri-
chenen Wärmeableiter wieder blank zu
putzen. Dabei wurden neben 25 Litern
Die ersten Büroräume im Gebäude des Solothurner Kinos Canva an derLuzernstrasse
Messestand an der Composants Electroniques in Paris 1965,Dr. Hans Schaffner und Verkaufsmitarbeiterin
Zusammenführung von Münzautoma-
ten und Durchflussmesseinrichtungen
für Tankstellen sowie verschiedenen For-
schungsaufträgen unter anderem aus der
Uhrenindustrie.
Am 14. September 1962 liess Hans Schaff-
ner die Firma «Intronics» im Solothur-
ner Handelsregister eintragen. Inhaber
dieser Einzelfirma für «Herstellung und
Verkauf von Geräten und Bestandteilen
der Elektronik ist Dr. Hans Schaffner von
Anwil (Basel-Landschaft)», wie es im Re-
gister heisst. Offensichtlich hatte der Fir-
mengründer Zweifel an der Eignung des
Firmennamens, denn bereits zwei Mona-
13 I
te später, am 9. November 1962, liess er
den Namen ändern in «Hans Schaffner,
elektronische Bauteile».
Die neue Firma entwickelte sich in der
Gründerzeit erfolgreich. Bereits nach zwei
Jahren musste Schaffner sich nach grösse-
ren Räumen umsehen. Verteilt auf vier Ge-
bäude fand er den nötigen Platz in Deren-
dingen. Gleichzeitig erhielt die Firma den
Auftrag, für die Landesausstellung EXPO
64 in Lausanne die elektronische Steue-
rung für eine Holzbearbeitungsmaschine
zu entwickeln. Mit dieser Maschine konn-
te aus einem Baumstamm Vierkantholz
gefertigt werden. Der Schweizer Ingeni-
eur Peter Ruepp, einer der ersten Mitar-
beiter, den Schaffner in den USA kennen-
gelernt und dann zu seiner Firma geholt
hatte, entwickelte diese Steuerung.
Ausserdem führte das Unternehmen
Lohnaufträge für die damalige Hasler AG
in Bern, die heutige Ascom, aus. In diesem
Jahr wurden die ersten Heimarbeiter ein-
gestellt.
In den folgenden Jahren entwickelte
sich die junge Firma kontinuierlich, aber
offenbar entsprach die Rentabilität noch
nicht den Erwartungen von Patron Hans
Schaffner. Aus dieser Zeit ist eine Weisung
Patron Hans Schaffner mit Mitarbei-tenden bei einem Firmenausflug 1966 (3. v. l.)
Schaffners überliefert, auf Anrufe der Kun-
den zu warten, anstatt die Kunden selbst
anzurufen, um Telefonkosten zu sparen.
Im April 1966 wandelte er das Unterneh-
men in eine Aktiengesellschaft um, die
Hans Schaffner AG, mit ihm als Verwal-
tungsratspräsident und seiner Frau Eli-
sabeth M. Schaffner als Mitglied. Damals
erwarb Hans Schaffner von der Gemein-
de Luterbach auch das Baurecht für den
künftigen Firmensitz an der Nordstrasse
11 in Luterbach und schloss bereits ei-
nen Vorvertrag für zwei weitere Parzellen
ab – für den Fall, dass der Erfolg der Firma
später Erweiterungsbauten notwendig
machen würde. Vom Wirtschaftsboom
in den 60er-Jahren profitierend, zog die
Firma 1967 mit inzwischen 20 Mitarbei-
tenden und einem Jahresumsatz von
rund 700 000 Franken in das neue, über
800 Quadratmeter grosse Gebäude um
Das erste eigene Werk:das Schaffner-Betriebsgebäude an der Nordstrasse 11 in Luterbach (1967)
I 14
und begann mit der Produktion in dem
Bereich, der Schaffner später zu Weltruhm
führen sollte: Komponenten für den Stör-
schutz von elektrischen Geräten und An-
lagen. «Hans Schaffner hat sich richtig-
gehend hineingekniet in dieses Thema»,
erinnert sich Robert Engist.
Mit dem Thema Störschutz von elektri-
schen Geräten war Schaffner bereits in
den USA in Kontakt gekommen. Nachdem
er an der Eidgenössischen Technischen
Hochschule ETH Zürich das Diplom als
Elektroingenieur erworben hatte, zog er
im Jahr 1946 mit einem Stipendium in die
USA. An der University of Illinois erhielt der
damals 25-jährige Schaffner einen Lehr-
auftrag und schloss seine Studien 1949
mit einem Doktortitel ab. Seine Karriere
führte ihn zu einem Betrieb der General
Electric Corporation in der Kleinstadt Syra-
Familie Schaffner mit Hund Waldi beim Dinner in Syracuse (New York, USA) (1954)
15 I
cuse im Bundesstaat New York. Hier arbei-
tete er in einem Team mit, das sich in der
Frühphase des Computers mit der Ent-
wicklung von Transistoren beschäftigte.
Einige Jahre später übernahm er in einem
Betrieb von General Motors in Kokomo
im Bundesstaat Indiana die Leitung einer
Gruppe von 50 Forschern, die Pionierar-
beit auf einem Gebiet leistete, auf dem die
Schaffner Gruppe ein halbes Jahrhundert
später Weltmarktführer sein sollte: Elektro-
magnetische Verträglichkeit (EMV).
Das Forscherteam von Hans Schaffner be-
schäftigte sich zu der Zeit mit dem Schutz
von Autoradios vor elektromagnetischen
Störsignalen. Bei in Automobilen einge-
bauten Radioapparaten kam es häufig zu
unangenehmen Störgeräuschen, die von
anderen elektrischen Teilen der Fahrzeu-
ge verursacht wurden. Oft war im Auto-
radio nur ein schnarrendes und krächzen-
des Geräusch zu hören. Schaffner kniete
sich mit der ihm eigenen Energie in die-
se Aufgabe: «Es lagen damals zahlreiche
Bücher bei uns zu Hause herum, die sich
mit diesem Thema beschäftigten», erzählt
Joey Schaffner, der älteste Sohn des Fir-
mengründers. Zwar habe sein Vater die
Firma in Solothurn anfangs anders aufge-
stellt, doch die Idee, sich mit EMV zu be-
schäftigen, sei «nicht vom Himmel gefal-
len», sagt Joey, sondern muss in der Zeit
in den USA entstanden sein.
Die anregende Zeit des Studiums und die
faszinierende Arbeit in den USA gehör-
ten neben dem späteren Aufbau und der
Leitung des eigenen Unternehmens zu
seinen glücklichsten Jahren, sagte Hans
Schaffner später. Er war am 11. Dezem-
ber 1921 in Schwanden im Kanton Glarus
in bescheidenen Verhältnissen geboren
worden. Die Grosseltern arbeiteten als
Tagelöhner in einer Scheune an Webstüh-
len für einen Fabrikanten. Das Geld war
knapp, Hans und sein vier Jahre jünge-
Die Schaffner-Brüder Dölf und Hansin Schwanden (v. l., 1929)
rer Bruder Dölf mussten auch schon mal
ohne Schuhe auskommen. «Mein Vater
erlebte Armut noch am eigenen Leib»,
sagt Joey Schaffner.
Von der mütterlichen Familienseite her
wurde Schaffner in seiner Kindheit durch
eine streng zwinglianische Erziehung
geprägt: «Man spricht nicht über sich,
sondern hilft anderen», beschreibt Joey
Schaffner ein Grundprinzip der Erziehung
seines Vaters. Aus dieser Weltanschau-
ung heraus hatte Schaffners Tante «Didi»
Katharina Blumer ein Hilfswerk gegrün-
det, das Notleidende und später vor der
Verfolgung durch die Nationalsozialisten
fliehende Juden aufnahm und betreute.
«Dieses soziale Engagement hat meinen
Vater geprägt. Das hat sich später auch
in den überdurchschnittlich guten Sozi-
alleistungen in seinem Unternehmen wi-
dergespiegelt», sagt Joey Schaffner. Hans
Schaffners Unternehmen gewährte Mut-
terschaftsurlaub, und als einer der ersten
Unternehmer im Kanton Solothurn führte
er eine Pensionskasse für alle Mitarbeiten-
den ein.
Doch am stärksten geprägt wurde Hans
Schaffner durch seinen Götti (Patenonkel)
Samuel Blumer. Der Bruder seiner Mut-
ter Betti hatte im Jahr 1907 die Therma
AG in Schwanden gegründet, ein Unter-
nehmen, das elektrische Haushaltsgerä-
te entwickelte. Im Jahr 1913 gelang der
Durchbruch mit einer selbst entwickelten
elektrischen Kochplatte, 1931 trugen rund
70 Prozent der Haushaltapparate in der
Schweiz den Namen Therma. Die Therma
AG wurde 1978 von der Electrolux-Grup-
I 16
Bundespräsident Willi Ritschard bei seinem Besuch inLuterbach mit Yvette und Hans Schaffner (1978)
Besuch des Bundesrates Willi Ritschard in seinem Präsidialjahr 1978 inLuterbach
17 I
pe übernommen, die bis 2005 Produkte
unter der Marke Therma vertrieb und in
der Schweiz heute noch in Schwanden
produziert. «Samuel Blumer war ein Un-
ternehmertyp», sagt Joey Schaffner. Er
hatte zusammen mit seinen Schwestern
schon früh die Familie unterstützt und
war als Firmenleiter und Mensch ein Vor-
bild für Hans Schaffner und seinen Bruder
Dölf. Der Vater der Buben, Hans Schaffner
senior, hatte im Kanton Tessin bei der Post
in Bellinzona das Postexamen bestanden
und war im höheren Postdienst bei der
Kreispostdirektion beschäftigt. 1918 trat
er eine Stelle bei der Therma AG an. Er
stieg bis zum Vizedirektor auf und heira-
tete die Schwester des Firmengründers,
Betti Blumer. Die Ehe zerbrach bereits
früh, und Hans Schaffner senior verliess in
den 20er-Jahren die Familie und die Firma
seines Schwagers im Glarnerland. In An-
wil im Kanton Baselland gründete Hans
Schaffner senior 1936 kurz nacheinander
zwei Unternehmen, darunter die inter-
national erfolgreich auf dem Gebiet der
Herstellung von nahtlosen Rohrbogen im
Kaltbiegeverfahren aktive Rohrbogen AG
mit Sitz in Pratteln.
Der junge Hans Schaffner blieb bei seiner
Mutter und besuchte die Primarschule
in Schwanden, später folgten Schulen in
Glarus und in Trogen. 1941 schloss Hans
Schaffner als 19-Jähriger die Mittelschule
Hoher Besuch 1979:Dr. Hans Schaffner (4. v. l.) führt dieSolothurner Kantonsregierung durchsein Unternehmen in Luterbach
EMV-Drosselproduktion in Luterbach
mit der Matura Typus C (mathematisch-na-
turwissenschaftliches Gymnasium) ab und
nahm an der ETH Zürich das Studium der
Elektrotechnik auf, das er 1946 als Elektro-
ingenieur abschloss, bevor er in die USA
auswanderte. Am 25. August 1950 heirate-
te Hans Schaffner Elisabeth Krieg, die Toch-
ter von Messerschmied Krieg am Kronen-
stutz in Solothurn. In Amerika wurden der
jungen Familie drei Kinder geboren: 1952
der Sohn Joey, 1956 die Tochter Betsy und
1962 der zweite Sohn Tom. Hans Schaffner
war überzeugt, dass die Zukunft für ihn und
seine Familie in den USA liegen würde. Er
hatte die amerikanische Staatsbürgerschaft
angenommen. Auch sprachen er und sei-
ne Frau nur Englisch mit den Kindern, was
zeigt, wie ernst es ihnen damit war, in den
USA zu bleiben. «Wir Kinder sprachen kein
Wort Deutsch, als wir 1962 in die Schweiz
kamen», erzählt Joey Schaffner.
Der Tod seiner Frau Elisabeth im Jahr 1974
war ein grosser Schlag für Hans Schaffner.
Er traf ihn mitten in der Aufbauarbeit sei-
ner wachsenden Firma. «Sie hatte es ange-
sichts meiner Arbeit für das Unternehmen
oft wirklich nicht leicht», gestand er später
einem Freund. «Als Unternehmer bist du
vom Affen gebissen, hat mein Vater immer
gesagt», erinnert sich Joey Schaffner. Er sei
von der Idee der Firma so überzeugt ge-
wesen, dass er alles andere dem Wohl des
Unternehmens untergeordnet und sein
ganzes Streben auf das Geschäft ausge-
richtet habe.
«Wir haben immer gespürt, dass der Pat-
ron da war», erzählt Charles Klaus, der seit
1979 für die Schaffner Gruppe arbeitet.
Wenn das Umsatzziel erreicht war, gab es
schon mal ein Picknick im Grünen hinter
dem Firmengebäude in Luterbach. «Da
sass Hans Schaffner dann hemdsärmelig
bei uns und genoss den Erfolg», sagt der
gelernte Radio- und TV-Elektriker Klaus.
Auch Firmenausflüge mit der Eisenbahn
nach Montreux oder mit Ross und Wagen
ins Emmental hat der Gründer für seine
Mitarbeitenden organisiert. Im Unterneh-
19 I
Dr. Hans Schaffner in seinem Büroin Kokomo (Indiana, USA)
Hans Schaffner mit seinem Sohn Joeyin Syracuse (New York, USA)
Spatenstich für das neue Gebäude in Luterbach: Robert Engist, Dr. Hans Schaffner,Gemeindepräsident Rolf Liechti, Bürgergemeindepräsident Albert Lehmann, Peter Fluri (v. l.)
21 I
men kannte man den Patron nur im An-
zug, den Ingenieur, Tüftler und Theoretiker.
In der Freizeit fehlte das Buch in der Hand
von Hans Schaffner selten. Er war zeit sei-
nes Lebens ein richtiger Bücherwurm.
«Wenn wir im Auto an einer Bahnschran-
ke warten mussten, nahm mein Vater das
bereitliegende Buch vom Beifahrersitz und
las», erinnert sich Joey Schaffner. Im Hause
Schaffner in Solothurn wurden drei Tages-
zeitungen gelesen. Zum Mittagessen kam
Hans Schaffner nach Hause. Während der
Mahlzeit wurden um 12.30 Uhr die Nach-
richten auf Radio Beromünster gehört.
«Dann sassen nicht nur die Familie und
die Firma, sondern die ganze Welt mit am
Tisch», beschreibt Joey Schaffner das Bild.
An Sonntagen durften die Kinder oft mit
dem Vater ins Büro: «Er hatte immer etwas
aufzuarbeiten oder vorzubereiten.»
Während seiner Zeit bei General Motors
in den USA hatte Schaffner die Massen-
produktion bereits kennengelernt. Mit der
rasch zunehmenden Automatisierung in
Industrie, Handwerk und in allen Bereichen
des modernen Lebens erkannte er die Be-
deutung von elektromagnetischen Stö-
rungen in einer Welt mit immer mehr elek-
trischen und elektronischen Systemen. Mit
der Lancierung des ersten EMV-Netzfilters
1970 und der Sortimentserweiterung um
eigene EMV-Testgeräte 1971 legte Hans
Schaffner den Grundstein für die globale
Marktführerschaft seines Unternehmens.
Hans Schaffner baute die internationale
Präsenz des Unternehmens in den Fol-
gejahren zielbewusst aus. Die erste Toch-
tergesellschaft wurde 1975 in Paris ge-
gründet. Weitere Tochtergesellschaften in
Deutschland (1978) und in den USA (1981)
folgten. Im Jahr 1978 übertraf der Umsatz
der Schaffner Gruppe erstmals die Zehn-
Millionen-Franken-Marke.
Das Unternehmen war über die Jahre stark
gewachsen, und der grosse Investitions-
bedarf, um weiterhin am Markt erfolgreich
zu sein, konnte nicht mehr aus eigener
Kraft finanziert werden. Hans Schaffner
war aber nicht bereit, einer Bank Einfluss
zu geben, lieber wollte er einen klaren
Schnitt. «Hans Schaffner hatte seine Prin-
zipien. Er wollte die Führung nicht teilen,
das Heft nicht aus der Hand geben», sagt
Heinrich Kunz, ein ehemaliges Geschäfts-
leitungsmitglied. 1981 verkaufte Schaffner
seine Firma, die er knapp zwanzig Jahre er-
folgreich geführt hatte, an die Elektrowatt
AG, eine aus der europäischen Elektroin-
dustrie hervorgegangene Finanzierungs-
gesellschaft, deren damalige Haupteigen-
tümerin die Schweizerische Kreditanstalt
SKA, die heutige Credit Suisse, war.
Blick hinter die Kulissen beim Tag der offenen Tür am 25. Oktober 1980
Drosselproduktion in Luterbach (1980)
Ehemaliger Sitz der Elektrowatt im Zürcher Seefeld
23 I
In fremden Händen
Im Portefeuille der Elektrowatt – 1982 bis 1993
Im Portefeuille der Finanzierungsgesell-
schaft Elektrowatt ist Schaffner eine Gesell-
schaft unter vielen. Doch dem Unterneh-
men gelang es in diesen Jahren trotzdem,
das Firmenfundament zu festigen und die
Weichen für die internationale Expansion
zu stellen. Das Computerzeitalter hat-
te begonnen, und elektronische Steue-
rungen etwa in der Telekommunikation
und in der Automobilelektronik wurden
zu Beginn der 80er-Jahre immer wichti-
ger. Gleichzeitig wurden immer grössere
Schaltanlagen für die industrielle Produk-
tion benötigt. Doch die Auswirkungen
der Emissionen elektrischer Installationen
und die Herausforderungen an die elekt-
romagnetische Verträglichkeit (EMV) elek-
trischer Geräte waren noch nicht richtig
erkannt. Die Folge: Viele Anlagen funk-
tionierten nicht so, wie sie sollten. Elekt-
rostatische Entladung konnte zu einem
Aussetzen der Elektronik führen und Teile
der Maschinen beschädigen. «Es herrsch-
te eine grosse Verunsicherung in der In-
dustrie und in der Elektronikbranche»,
erklärt Heinrich Kunz, ehemaliges Schaff-
ner-Geschäftsleitungsmitglied. «Die Leute
fragten sich, warum funktioniert es nicht,
und waren ratlos», erinnert sich der Elekt-
rotechniker, der 1977 als Manager in der
Abteilung Forschung und Entwicklung
zur Schaffner Gruppe kam.
Diese Lücke konnten die Experten von
Schaffner mit ihrem Wissen schliessen.
Die Ingenieure, Wissenschaftler und Fach-
IEC-Steckerfilter-Werbung aus den 90er-Jahren
I 24
Schaffner-Produktionsgebäude in Lamphun, Thailand, mit derBelegschaft (1990)
arbeiter des Schweizer Unternehmens
hatten bereits seit zehn Jahren auf dem
Gebiet der elektromagnetischen Verträg-
lichkeit (EMV) geforscht, Lösungen ent-
wickelt und EMV-Komponenten verkauft.
Als Marktführerin für EMV-Produkte bot
die Schaffner AG Vorträge, Schulungen
und Symposien in den USA, Grossbritanni-
en, China und Japan an. Schaffner besass
mit den EMV-Komponenten nicht nur die
notwendigen Produkte, um von elektro-
magnetischen Einflüssen verursachte Stö-
rungen zu verhindern, sondern verfügte
auch über die Testsysteme und die erfor-
derlichen Simulationseinrichtungen, um
potenzielle Störquellen zu erkennen und
zu messen. Mithilfe von mobilen Simula-
toren waren Schaffner-Ingenieure ausser-
dem in der Lage, in der Automobil- und
der Computerindustrie oder zum Beispiel
bei grossen Maschinensteuerungen direkt
bei den Kunden vor Ort zu testen. «Wir
kannten die Produkte und die Normen
und verfügten über die Lösungen, um zu
helfen», sagt Kunz, der als Schaffner-Vertre-
ter viele Jahre in diversen Kommissionen
mitarbeitete, die sich mit der Festlegung
von EMV-Normen beschäftigten. Zudem
unterstützten die Luterbacher auch die
Forschung an der ETH Zürich.
In diesen Jahren sollte eine internationa-
le Vertriebsorganisation unter Einbezug
aller Tochtergesellschaften aufgebaut
werden. Als Richard Müller 1982 als Ge-
schäftsleitungsmitglied für den Bereich
Marketing und Verkauf zu Schaffner kam,
beschäftigte das Unternehmen weltweit
250 Mitarbeitende, davon arbeiteten 200
in Luterbach. Der Umsatz der Gruppe
lag zwischen 18 und 20 Millionen Fran-
ken jährlich, fast 35 Prozent wurden in
der Schweiz erwirtschaftet. «Es galt, den
Umsatz ausserhalb der Schweiz zu stei-
gern, um das Unternehmen bereit für die
Zukunft zu machen», sagt der Elektro-
ingenieur. Mit einem jährlichen Wachstum
25 I
Schaffner-Geschäftsleitung und Mitglieder der Königsfamilie in der Produktionsstätte in Thailand
Traditionelle thailändische Zeremonie zur Werkseröffnung in Lamphun
von rund 30 Prozent in den Jahren 1982
bis 1987 erlebte Schaffner eine starke Ex-
pansionsphase. 1984 wurde Schaffner UK
im englischen Wokingham gegründet. Im
selben Jahr übertraf der Umsatz erstmals
die 50-Millionen-Franken-Schwelle. 1987
wurde mit der Altrac AG in Dietikon ein
Handelsunternehmen für elektronische
Komponenten übernommen. 1991 kauf-
te Schaffner die irische Intepro Systems
Ltd., eine Herstellerin von automatischen
Testsystemen, und baute damit die tech-
nologische Kompetenz des eigenen Test-
system-Angebots aus. Schaffner war jetzt
in der Lage, die Stromversorgung von
rund 100 streichholzkopfgrossen Modu-
len für Computer sehr grosser elektroni-
scher Steuerungen gleichzeitig zu testen.
«Wir sind in diesen Jahren zwar markant
gewachsen, doch gleichzeitig wurde die
Konkurrenz durch Produkte aus Asien
und den USA immer stärker», erinnert sich
Müller. Um die Herstellungskosten zu sen-
ken, begann Schaffner, ab 1987 die Pro-
Messeauftritt von Schaffnerim Jubiläumsjahr 1987
27 I
Pläne für den 1985 fertiggestellten Erweiterungsbau in Luterbach
duktion in asiatische Länder zu verlagern.
Von strategischer Bedeutung war die Er-
öffnung eines eigenen Werks in Thailand
im Jahr 1989. Die thailändische Prinzes-
sin war dabei, als bei der Einweihung das
Schaffner-Logo an der Produktionshalle
befestigt wurde. Das ist eine grosse Ehre
für Schaffner und auch der Grund dafür,
dass heute zwei Logos an der Produkti-
onshalle zu sehen sind. Schaffner-Mitarbeiterinnen bereiten EMV-Komponenten für den Versand vor
In den 80er-Jahren liess die Schaffner AG
viele Produkte von Heimarbeitenden in
Handarbeit in bäuerlichen Betrieben im
Berner Oberland herstellen. Ein Team von
zwölf Schaffner-Mitarbeitenden war allein
mit der Bereitstellung des Materials für
die in Heimarbeit hergestellten Produkte
beschäftigt. Ende der 80er-Jahre beschäf-
tigte Schaffner zusätzlich zu den rund
500 Mitarbeitenden am Firmensitz in Lu-
terbach noch einmal die gleiche Zahl an
Heimarbeitenden. Doch die Fertigung
im neuen Werk in Thailand ermöglichte
deutlich niedrigere Produktionskosten bei
gleicher Qualität. Das hatte Konsequen-
zen für die Produktion in der Schweiz: «Wir
mussten Ende der 80er-Jahre 220 Mitar-
beitende entlassen. Das war sehr schwer»,
sagt Heinrich Kunz, der damals den Be-
reich Testsysteme leitete.
Schaffner war den Aufbau in Thailand sehr
vorsichtig angegangen: «Das war ein gros-
ses Abenteuer. Wir wussten nicht, ob das
Werk lange bestehen würde», erklärt Wer-
ner Hungerbühler, der das Projekt vor Ort
begleitete. Man habe sehr vorsichtig in-
vestiert und sich mit Improvisation gehol-
fen. So gab es zum Beispiel einen oberen
Boden, der als Lager genutzt werden soll-
te. Da der Lift weit weg von der Fertigung
am anderen Ende der Halle war, nahmen
Ehemaliges Schaffner-Messlabor für die Autoindustrie
29 I
die Schaffner-Mitarbeitenden die Dinge
selbst in die Hand und bauten kurzerhand
eine Treppe aus Bambusstangen. Diese
so genannte «Urwald-Treppe» existierte
einige Jahre. «Das sah abenteuerlich aus,
wie im Film, aber die Treppe erfüllte ihren
Zweck», erinnert sich Hungerbühler.
Auch in anderer Hinsicht mussten die
Angestellten erfinderisch sein: Als sich im
Frühling der Betonboden des Werks auf
einmal grün färbte, weil das Gras von un-
ten durch den dünnen Zementbelag hin-
durch in die Werkhalle wuchs, trugen die
Mitarbeitenden kurzentschlossen eine di-
cke Farbschicht auf – eine Praxis, die sich
ebenfalls über viele Jahre halten sollte.
Und ein jährliches Ritual ist bis heute die
Sicherung des Werkes – das in Lamphun,
im Norden Thailands, liegt – in der Re-
genzeit. «Da gibt es ein Schaffner-Einsatz-
kommando, das Sandsäcke aufschichtet
und Maschinen anhebt, um sie vor dem
drohenden Hochwasser in Sicherheit zu
bringen», erklärt Hungerbühler. Bisher ist
die Schaffner-Produktion in Thailand ver-
schont geblieben, doch viele Werke in
der Umgebung stehen jedes Jahr bis zu
einem Meter unter Wasser.
Die Produktion in Thailand entwuchs
schnell den Kinderschuhen. Bereits 1992
konzentrierte Schaffner die Komponen-
tenfertigung in mittelgrossen und gros-
sen Serien bei der Tochtergesellschaft in
Thailand. «Mit der Produktion in Thailand
haben wir unsere Konkurrenzfähigkeit
massiv verbessert», sagt Müller. Mit der
Entscheidung, die Produktion in ein Land
mit deutlich niedrigeren Lohnkosten zu
verlegen, war die Schaffner Gruppe ihren
europäischen Konkurrenten voraus und
schuf sich eine gute Ausgangslage für die
vor ihr liegenden Herausforderungen.
Serienfertigung in der ehemaligen Produktionshalle in Luterbach
Der Mut der Manager brachte Schaffnerauf die Titelseite der «Solothurner Zeitung»
31 I
Glücksritter in stürmischen Zeiten
Management-Buy-out und Gang an die Börse – 1994 bis 2000
Mitte der 90er-Jahre beschloss die Credit
Suisse, aus dem Energiegeschäft auszu-
steigen und die Elektrowatt aufzuspalten.
Die Beteiligungen, zu denen die Schaff-
ner AG seit 1981 gehörte, sollten sukzes-
sive verkauft werden. «Wir hatten davon
gehört und waren nervös», erinnert sich
Richard Müller an die turbulente Zeit.
«Wer weiss, was ein anderes Unterneh-
men mit uns gemacht hätte. Als einer der
möglichen Käufer war damals Siemens im
Gespräch», sagt er. Die vier Mitglieder der
damaligen Schaffner-Geschäftsleitung,
Dr. Alex Oechslin, Thomas Grichting, Ri-
chard Müller und Heinrich Kunz, setzten
sich zusammen und überlegten, was zu
tun sei.
Die Schaffner Gruppe stand zu dem Zeit-
punkt gut da. 1992 war ein Verkaufsbüro
in Mailand gegründet worden. Die IT-Zen-
tralisierung des Vertriebs im Euro-Logistik-
Zentrum im Elsass verlief erfolgreich. «Wir
hatten über lange Zeit hinweg an der
Erstellung einer Software gearbeitet, die
weltweit die Bereiche Produktion, Lager
und Vertrieb abbilden kann. Endlich war
es uns gelungen», kommentiert Müller.
1994 wurden die schwedische Tochter-
gesellschaft in Sollentuna und die Nie-
derlassung in Tokio gegründet. 1995 kam
ein Verkaufsbüro in Peking hinzu. Auch
finanziell war die Gruppe gesund, 1994
übertraf der Umsatz erstmals die 100-Mil-
lionen-Franken-Grenze.
Vor diesem Hintergrund überlegten die
vier Geschäftsleiter fieberhaft, wie der
Verkauf an ein anderes Unternehmen
verhindert werden könnte. Da kam ihnen
ein abenteuerlicher Gedanke: Was wäre,
wenn die Geschäftsleitung die Schaffner
Gruppe in einem Management-Buy-out
(MBO) selber kaufen würde? MBOs waren
in den 80er-Jahren in den USA bekannt
geworden. Auch in der Schweiz gab es
bereits einige Beispiele für erfolgreiche
Firmenübernahmen durch das Manage-
ment. «Im Grunde wussten wir nicht,
wovon wir redeten», erzählt Müller kopf-
schüttelnd. Die vier Geschäftsleiter glaub-
ten am Anfang selbst nicht an ihren Plan,
sie nannten die Idee Project Crazy (ver-
rücktes Projekt).
Ein grosses Stück Arbeit war es, die Elek-
trowatt-Verantwortlichen zu überzeugen,
dass das Schaffner-Management ein vala-
bler Käufer war. Nach vielen Gesprächen
an der Bellerivestrasse in Zürich eröffnete
die Elektrowatt den Managern schliess-
lich, dass das Management zusammen
mit den externen Investoren die Firma
zu einem Kaufpreis von 85 Millionen Fran-
Das Beispiel Schaffner macht Schule
33 I
Werbung für das Schaffner IPOim Juni 1998
ken übernehmen könne. Allerdings stellte
die Elektrowatt die Bedingung, innerhalb
von zwei Wochen eine Bankgarantie in
der Höhe von 85 Millionen Franken aufzu-
bringen. «Das war hochgradig unfair», är-
gert sich Müller noch heute, «die dachten
wahrscheinlich, wir schaffen das nie.»
Doch das Schaffner-Team hatte Erfolg.
Es fand in der Zürcher Zurmont Finanz
AG und der Private-Equity-Gesellschaft
der britischen Bank HSBC zwei Hauptin-
vestoren, die als Beteiligungsgesellschaft
fungieren, aber keinen operativen Einfluss
nehmen wollten. So brachten die vier Ge-
schäftsleiter die notwendigen Mittelzu-
sagen zusammen, damit der Kaufvertrag
mit der Elektrowatt besiegelt werden
konnte.
Der MBO war auf gutem Weg. Aber dann
geschah das Unerwartete. Die Schweizer
Banken kündigten die seit Jahren beste-
henden Kreditlinien mit der Schaffner
Gruppe auf. «Das war eine Riesenaufre-
gung», erzählt Müller. Plötzlich schienen
Der Kauf von Schaffner-Aktien durch die Gemeinde Luterbach war ein gros-ses Thema in den regionalen Medien
35 I
sich die Pläne der Manager in Luft auf-
zulösen. Die Geschäftsleiter setzten alles
auf eine Karte und flogen nach London.
Durch die Vermittlung der HSBC fanden
sie in der Fujibank London eine Bank, die
bereit war, den MBO mit dem notwendi-
gen Fremdkapital auszustatten. «Dann
hatten wir unser Facility Agreement, der
Deal war gerettet», erzählt Müller. Insge-
samt wurden 159 Millionen Franken für
die Übernahme der Schaffner AG bereit-
gestellt.
Diese «hochintensive Zeit» hatte den
Mitgliedern der Geschäftsleitung viele
schlaflose Nächte bereitet, doch gleich-
zeitig war es eine sehr interessante Phase,
wie sich Müller erinnert: «So etwas ist ein
Glücksfall, das passiert nur einmal im Le-
ben.»
In den Verträgen mit den Investoren war
festgelegt, dass die Schaffner Gruppe
innerhalb von sieben Jahren an die Bör-
se gehen sollte. «Das haben wir in zwei
Jahren geschafft», sagt Müller. Nach einer
intensiven Vorbereitungszeit einschliess-
lich Roadshows (Firmenpräsentationen)
in Zürich, Genf, Amsterdam, Paris, Lon-
don und Edinburgh war es so weit: Am
17. Juni 1998 wurden die Namenaktien
der Schaffner Holding AG erstmals an
der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange
gehandelt. Schaffner war jetzt eine Pub-
likumsgesellschaft und hatte auf einen
Schlag über 1000 Aktionärinnen und Ak-
tionäre. Es folgte ein stürmisches Wachs-
tum. Noch im selben Jahr übernahm
Schaffner die britische Chase EMC Ltd. in
Capel, ein auf Prüfeinrichtungen für strah-
lungsgebundene elektromagnetische
Störungen spezialisiertes Unternehmen,
und die irische Power Test Electronics Ltd.
in Dublin, die automatische Testsysteme
für Strom- und Spannungsversorgun-
gen entwickelte und produzierte. Eine
Verkaufsgesellschaft in Singapur wurde
aufgebaut, und die auf EMV-Messgeräte
spezialisierte MEB Messelektronik Berlin
GmbH in Berlin wurde 1998 und 1999 in
zwei Schritten übernommen. Der Umsatz
der Schaffner Gruppe übertraf im Ge-
schäftsjahr 1998/1999 die 150-Millionen-
Franken-Schwelle.
Im Geschäftsjahr 1999/2000 wurde das
Werk in Ungarn eröffnet, die Produktions-
fläche in Thailand verdoppelt und Schaff-
ner Altrac, die zur Hauptsache Fremdpro-
dukte im schweizerischen Elektronikmarkt
absetzte, an die deutsche Fortec Elektro-
nik AG verkauft. In diesem Jahr erzielte
die Schaffner Gruppe den neuen Rekord-
umsatz von 185 Millionen Franken.
Auszug aus dem Geschäftsbericht 2002/2003
Das Geschäftsjahr 2000/2001 markiert
einen Wendepunkt in der Entwicklung
der Schaffner Gruppe. Einerseits wur-
den wichtige Weichen für die Zukunft
gestellt. Andererseits lag der Umsatz im
Geschäftsjahr 2000/2001 nach einer stür-
mischen Wachstumsphase erstmals unter
dem Vorjahr.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends ak-
quirierte Schaffner den finnischen Kom-
ponentenhersteller ElectroFERRUM. In
Shanghai wurde das erste eigene Werk in
China eröffnet. Dr. Alex Oechslin, der die
Gruppe seit der Zeit im Elektrowatt-Porte-
feuille geführt hatte, übergab die opera-
tive Leitung der Schaffner Gruppe an Dr.
Fritz Gantert und konzentrierte sich auf
das Präsidium des Verwaltungsrats.
Das Platzen der Dotcom-Blase und das
Scheitern der New Economy gingen nicht
spurlos an der Schaffner Gruppe vor-
bei. Im Geschäftsjahr 2001/2002 war das
Unternehmen in einer sehr schwierigen
Lage: Erstmals in der Firmengeschichte
machte Schaffner Verlust. «Die Umsätze
in der Telekommunikation reduzierten
sich schmerzlich», erinnert sich Dr. Mar-
tin Zwyssig, ehemaliger Finanzchef der
Schaffner Gruppe. «Und dieses Geschäfts-
feld machte im Geschäftsjahr 2000/2001
37 I
Die Reife
Rezession und Neuausrichtung – 2001 bis 2006
etwa ein Fünftel des Gesamtumsatzes der
Schaffner Gruppe aus.»
Die Schaffner Gruppe erwartete für
2001/2002 rund 200 Millionen Franken
Umsatz. Doch als das Telekommunika-
tions-Geschäft schwächelte, erreichte der
Umsatz lediglich noch 159 Millionen Fran-
ken. Das führte zu einem Verlust von 5,8
Millionen Franken. «Schaffner hatte hohe
Fixkosten und war entsprechend unter
Druck», sagt Zwyssig. «Wir mussten dras-
tische Kostensenkungsmassnahmen lan-
cieren.»
Im Zug der Turnaround-Massnahmen
wurde eine neue Finanzierung der Grup-
pe umgesetzt. «Wir haben eine Wandel-
anleihe ausgegeben, die die traditionelle
Bankenfinanzierung abgelöst hat», berich-
tet Zwyssig. «Das hat uns etwas Luft gege-
ben.»
Das Hauptgeschäft der Schaffner Gruppe
waren über Jahrzehnte hinweg Produkte
im Bereich der elektromagnetischen Ver-
träglichkeit (EMV) gewesen. «Aber das
Entwicklungspotential in diesem Markt
ist begrenzt», erklärt Zwyssig. Ein neues
Produkt musste her: Da entdeckten die
Schaffner-Manager eine neue Markt-
nische: die «schlüssellosen Einstieg-Sys-
teme» bei Automobilen. Dieses damals re-
lativ neue Produkt bestand aus einer Karte,
die ein Wagenhalter in der Jackentasche
trug, und wenn er sich seinem Auto nä-
herte, erkannte der Wagen den Code und
entriegelte wie von Geisterhand die Türen.
Der Autofahrer konnte in seinen Wagen
einsteigen, ohne ihn jemals per Schlüssel
aufgeschlossen zu haben. Schaffner liefer-
te die Antennen für die Systeme.
Der Kontakt zur Automobilindustrie «half
dem etwas schläfrigen Unternehmen
Schaffner, fit für den Markt zu werden»,
sagt Zwyssig. In der Automobilbranche
geht es mehr als in anderen Industrien
um Effizienz, Geschwindigkeit und darum,
«den letzten Cent herauszuholen», erklärt
Zwyssig. «Unser Engagement in diesem
Markt hat uns geholfen, den Staub aus
den hintersten Ecken des Unternehmens
herauszufegen», beschreibt Zwyssig die
Entwicklung der Schaffner Gruppe in die-
ser Zeit. Zwar sei damals nicht das erhoff-
te Wachstumsvolumen realisiert worden,
doch das Geschäft hat dem Unternehmen
in einer schwierigen Lage geholfen, «über
die Runden zu kommen», sagt Zwyssig.
Damals wurde der Grundstein gelegt für
die später sehr erfolgreichen Schaffner-
Produkte für die Komfort- und Sicherheits-
elektronik in Autos.
Im Zug der Kostensenkungen wurde die
Produktion weiter in Länder mit tiefen
Herstellungskosten verlagert. Bereits zwei
Jahre nach der Eröffnung wurde die Pro-
duktionskapazität des Schaffner-Werks in
Shanghai verdreifacht.
IEC-Steckerfilter für den chinesischen Markt
Einphasenfilter zum Einsatz in industriellen Anlagen und medizinischen Geräten
I 38
39 I
Die kostensenkenden Massnahmen waren
erfolgreich. Im Geschäftsjahr 2002/2003
war die Lage trotz eines weiterhin tiefen
Umsatzes von 163 Millionen Franken und
eines erneuten Verlusts wieder besser.
«Wir hatten den operativen Turnaround
geschafft, mussten aber in der Bilanz noch
Fehler aus der Vergangenheit korrigieren»,
sagt Zwyssig. Im Geschäftsjahr 2003/2004
erreichte Schaffner dann mit einem Um-
satz von 175 Millionen Franken und einem
Gewinn von 2,25 Millionen Franken wie-
der die Gewinnzone.
Im Anschluss an die Generalversamm-
lung 2005 wurde der langjährige Verwal-
tungsratspräsident und vormalige Un-
ternehmensleiter Dr. Alex Oechslin nach
Erreichen der statutarischen Grenze des
siebzigsten Altersjahrs verabschiedet. Sein
Nachfolger als Präsident des Verwaltungs-
rats wurde der ETH-Ingenieur Leo Steiner.
Die wirtschaftliche Lage des Unterneh-
mens hatte sich deutlich entspannt, und
die Köpfe waren wieder frei für strategi-
sche Überlegungen. Über Jahrzehnte hin-
weg hatte die Schaffner Gruppe aus zwei
Geschäftsfeldern bestanden: den Kompo-
nenten und den Testsystemen. Die Kom-
ponenten hatten sich seit der Lancierung
des ersten EMV-Netzfilters im Jahr 1970
zum Rückgrat des Unternehmens entwi-
ckelt. Die Testsysteme hingegen, die in der
Anfangsphase wichtig waren und durch
Messungen bei Kunden Erfolge und Ge-
schäfte brachten, hatten sich uneinheit-
lich und insgesamt wenig erfolgreich
entwickelt. «Die Testsysteme brachten
gut 50 Millionen Franken Umsatz, warfen
aber zu wenig Profit ab», erklärt Zwyssig.
«Es war ein sehr heterogenes Geschäft.
Die Produkte hatten wenig miteinander
zu tun», sagt er. Entsprechend konnten
keine Synergien geschaffen werden. Eine
Senkung der Kosten etwa durch gemein-
same Produktion oder vereinheitlichten
Vertrieb innerhalb der Schaffner-Organi-
sation war nicht möglich.
Im Geschäftsjahr 2005/2006 zeigte die
Analyse einer Unternehmensberatung,
dass die Schaffner-Testsysteme «überall
dabei waren», aber auf einem zu tiefen Ni-
veau. «Wir machten einfach kein Geschäft
Schaffner eröffnete 2001 die erste eigene Produktion in China, bereits 2003 konnte die Kapazität verdreifacht werden
Im Sommer 2004 wurde die letzte Tiefziehpresse in Luterbach ab-
transportiert, nachdem in der Blechstanzerei über zwanzig Jahre
an den Maschinen gearbeitet worden war. Anfang der 80er-Jahre
war es dem damaligen Leiter der Blechbearbeitung bei Schaffner,
Bruno Flückiger, nach monatelanger Tüftelei gelungen, die Tief-
ziehpresse so auszulegen, dass erstmals ein Neusilbergehäuse mit
der geforderten Geometrie und Toleranz aus einem flachen Neu-
silberblech tiefgezogen werden konnte. «Wir haben damals von
Senf über Ketchup und Mayonnaise bis hin zu Spezialstoffen alles
ausprobiert, was man als Schmiermittel benutzen konnte», erin-
nert sich Flückiger, der von 1974 bis 2008 in Luterbach beschäftigt
war. Über zwanzig Jahre wurden die in zwei Tiefziehpressenstras-
sen aufgestellten vier Maschinen bis zu drei Schichten täglich be-
trieben – nachts in einer Geisterschicht, also ohne die Anwesen-
heit einer Person. Dabei brachte die Presse mit jedem Hub eine
Lampe zum Leuchten und Erlöschen, bis zu 15 Mal pro Minute.
Das blinkende Licht konnte Flückiger von seinem Wohnzimmer
aus sehen. «Wenn es dunkel blieb, bin ich in die Firma gekommen
und habe die Tiefziehpresse wieder in Betrieb genommen», er-
zählt er. Später konnten die Neusilbergehäuse durch Stahlgehäu-
se ersetzt werden, welche viel einfacher gefertigt werden können.
Mit der Verlagerung der Montage nach Asien wurden dann die tief-
gezogenen Gehäuse lokal eingekauft und die in Luterbach nicht
mehr benötigten Maschinen verkauft.
41 I
damit», fasst Zwyssig das Ergebnis zusam-
men. Daraufhin entschied die Geschäfts-
leitung, sich auf das Komponentenge-
schäft zu konzentrieren. Im selben Jahr
wurde der Bereich Leistungselektronik-
Testsysteme an die auf die Vermarktung
dieser Produkte im nordamerikanischen
Markt ausgerichtete Intepro America, LLC
veräussert und der Verkauf des Bereichs
EMV-Testsysteme im Rahmen eines Ma-
nagement-Buy-out an eine Investoren-
gruppe unter Führung des Divisionsleiters
Testsystems Johannes Schmid vollzogen,
die das Geschäft unter der Firma Teseq AG
weiterführte.
Ein richtungsweisender Schachzug
gelang Schaffner im Geschäftsjahr
2005/2006 mit dem Kauf der deutschen
Jacke Transformatoren GmbH. Mit Jacke
erwarb Schaffner die Power-Quality-Tech-
nologie und schaffte den Einstieg in ein
Marktsegment mit grossem Wachstums-
potenzial. Die Integration verlief anfäng-
lich schwierig: «Die Jacke Transformatoren
GmbH war zum Zeitpunkt der Übernah-
me ein Gewerbebetrieb und funktionier-
te nach ganz anderen Mustern als die
international tätige und börsenkotierte
Schaffner Gruppe», beschreibt Zwyssig
die Schwierigkeiten. «Es war eine Heraus-
forderung, Jacke einzugliedern, aber es
hat sich gelohnt.» Das Unternehmen war
wegen seines Power-Quality-Know-hows
gekauft worden. «Wir wollten die Kompe-
tenz nutzen und die Power-Quality-Tech-
nologie unter anderem auch nach China
transferieren. Das ist uns sehr gut gelun-
gen», sagt Zwyssig.
Ende des Geschäftsjahrs 2005/2006 verliess
der bisherige Unternehmensleiter, Dr. Fritz
Gantert, die Schaffner Gruppe. Bis zur Ein-
setzung des neuen Chief Executive Officer,
Alexander Hagemann, übernahm Ver-
waltungsrat Hans Hess interimistisch die
operative Führung der Gruppe. Nach der
Bewältigung der bisher schlimmsten Krise
in der Firmengeschichte war die Schaff-
ner Gruppe zu Beginn des Geschäftsjahrs
2006/2007 neu ausgerichtet, und die Auf-
holjagd im Kampf um Anteile am Wachs-
tumsmarkt in Asien konnte beginnen.
Hochwertige magnetischeKomponenten DSC9364 für denEinsatz in Antrieben und Hilfsbetrieben von Zügen
Mit der Integration derPower-Quality-Technologie hat sich Schaffner den Zugang zu attraktiven Wachstumsmärkten wie Bahntechnik, energieeffiziente Antriebssysteme und erneuerbare Energien eröffnet
Crown of the East – der chinesische Pavillon und das Wahrzeichen der Expo 2009 in Shanghai. Auf dem Dach des Pavillons wurden Photovoltaikanlagen installiert, die mit Schaffner-Komponenten ausgerüstet sind
43 I
Weltweites Wachstum
Schaffner wird zum Global Player – 2007 bis heute
Als der neue Chief Executive Officer, Alex-
ander Hagemann, am 1. März 2007 seine
Arbeit bei Schaffner aufnimmt, tut er dies
mit dem Auftrag des Verwaltungsrats,
gemeinsam mit seinen Kollegen die um
die Power-Quality-Kompetenz erweiter-
te «neue» Schaffner fit für die Zukunft zu
machen. Die im EMV-Segment führende
Gruppe sollte sich auch im stark frag-
mentierten Power-Quality-Markt weltweit
eine starke Stellung erarbeiten. Das Un-
ternehmen musste nach dem erfolgrei-
chen Turnaround Mitte der 2000er-Jahre
und der Akquisition der Power-Quality-
Technologie der Jacke Transformatoren
GmbH im Oktober 2006 seine Strategie
neu formulieren.
Nach wenigen Tagen im Büro in Luter-
bach packte der neue Chef seinen Koffer
und besuchte alle Schaffner-Standorte
rund um den Globus. «Diese Kontakte
waren sehr wichtig. In kurzer Zeit habe
ich unzählige Mitarbeitende und viele
Kunden kennengelernt», sagt er. «In den
vielen Gesprächen kamen zahlreiche Ide-
en zusammen, die die Grundlage für die
Neuausrichtung von Schaffner bildeten.»
Die neue Strategie der Schaffner Gruppe
berücksichtigt zum einen das Entwick-
lungspotenzial der verschiedenen Regio-
nen, in denen Schaffner Geschäfte macht,
zum anderen definiert sie strategische
Märkte, die verstärkt bearbeitet werden.
Dabei kommt der internationalen Zusam-
menarbeit unter den Schaffner-Gesell-
schaften und Abteilungen insbesondere
auch der globalen Verkaufsorganisation
eine wichtige Rolle zu. Wenn ein Kunde
beispielsweise die Produktion von den
USA nach China verlegt, macht die glo-
bale Verkaufsorganisation es möglich,
dass die Kundenbetreuung von Schaffner
nahtlos an den neuen Standort wechselt.
Die Geschäftsleitung nahm die einzel-
nen Absatzmärkte des Unternehmens
genau unter die Lupe und richtete das
Unternehmen auf die verschiedenen An-
sprüche aus. Im Geschäftsjahr 2006/2007
entsprach der Umsatzbeitrag der Regi-
on Asien rund einem Sechstel des Grup-
penumsatzes. Vier Jahre später stammte
ein gutes Drittel des Schaffner-Umsatzes
aus dieser Region, und die strategischen
Wachstumsmärkte energieeffiziente An-
Schaffner-Lösungen für die Bahntechnik sind weltweit im Einsatz
I 44
Luterbach, Schweiz
Hauptsitz110 MitarbeitendeForschung- und Innovations-Center
Wytheville, USA
76 MitarbeitendeEntwicklung undProduktion Power Magnetics
Büren, Deutschland
137 MitarbeitendeEntwicklung und Produktion Power Magnetics
45 I
Kecskemét, Ungarn
183 MitarbeitendeProduktion EMV und Power Magnetics
Shanghai, China
628 MitarbeitendeEntwicklung, Produktion EMVund Power Magnetics
Lamphun, Thailand
887 MitarbeitendeEntwicklung, Produktion EMV und Automotive
I 46
Hochwertige magnetische Komponenten DSC9364
Für den Einsatz in Antrieben und Hilfsbetrieben von Zügen
DC-Filter FN2200 Zum Schutz von Solarmodulen
Kombination aus Transformator und Drossel DSC9943 Für die konforme Netz anbindung von Foto voltaikanlagen
Oberwellenfilter ECOsine Zur Verbesserung der Qualität und Effizienz in Stromnetzen
EMV-Filter FN3268 Zur Sicherstellung der elektromagnetischen Verträglichkeit
Durchführungs- filter FN7611 Für die Hoch- frequenztechnik in der Telekom- Infrastruktur
Antennen und Sensoren Für Komfort- und Sicherheits-applikationen in Automobilen
Kompakte EMV-Filterlösung Für Zuverlässigkeit in der Elektromobilität
Steckerfiltermodul FN9280 -
termodul zur Sicherstellung der elektromagne tischen Verträglichkeit u.a. in der Medizintechnik
Sinusfilter FN5040
Zum Schutz und zur Erhöhung der Lebensdauer von Elektromotoren
EMV-Summenfilter FN3280 Für höchste Anforderungen im modernen Werkzeug-maschinenbau
Bahntechnik Automobilelektronik
Telekommunikation
Stromversorgung für elektronische
Geräte
Werkzeugmaschinen und Robotik
EMC
PQ
AM
Antriebssysteme
Erneuerbare Energien
47 I
Hochwertige magnetische Komponenten DSC9364
Für den Einsatz in Antrieben und Hilfsbetrieben von Zügen
DC-Filter FN2200 Zum Schutz von Solarmodulen
Kombination aus Transformator und Drossel DSC9943 Für die konforme Netz anbindung von Foto voltaikanlagen
Oberwellenfilter ECOsine Zur Verbesserung der Qualität und Effizienz in Stromnetzen
EMV-Filter FN3268 Zur Sicherstellung der elektromagnetischen Verträglichkeit
Durchführungs- filter FN7611 Für die Hoch- frequenztechnik in der Telekom- Infrastruktur
Antennen und Sensoren Für Komfort- und Sicherheits-applikationen in Automobilen
Kompakte EMV-Filterlösung Für Zuverlässigkeit in der Elektromobilität
Steckerfiltermodul FN9280 -
termodul zur Sicherstellung der elektromagne tischen Verträglichkeit u.a. in der Medizintechnik
Sinusfilter FN5040
Zum Schutz und zur Erhöhung der Lebensdauer von Elektromotoren
EMV-Summenfilter FN3280 Für höchste Anforderungen im modernen Werkzeug-maschinenbau
Bahntechnik Automobilelektronik
Telekommunikation
Stromversorgung für elektronische
Geräte
Werkzeugmaschinen und Robotik
EMC
PQ
AM
Antriebssysteme
Erneuerbare Energien
The Schaffner Universe – Märkte der Schaffner Gruppe
I 48
triebssysteme, erneuerbare Energien und
Bahntechnik sowie Automobilelektronik
steuerten im Geschäftsjahr 2010/2011
über 60 Prozent zum Gruppenumsatz bei.
Intern wurden wichtige Weichen gestellt.
Die Produktpalette wurde gestrafft, Ab-
läufe und Prozesse wurden analysiert und
optimiert. Mit der Definition von «Lean-
Manufacturing-Prozessen» wurden im
ganzen Unternehmen schlanke Produk-
tionsabläufe eingeführt. Das neue Schaff-
ner-Werk in Shanghai, das am 18. Oktober
2011 eingeweiht wurde, wurde nach dem
«Schaffner Manufacturing System» ge-
plant, das vorgibt, was bei der Herstellung
«lean», also schlank und profitabel, be-
deutet. Im Gegensatz zu den herkömmli-
chen I-Linien, bei denen die Mitarbeiten-
den in einer Reihe hintereinander stehen
oder sitzen, befinden sich die Leute bei
Schaffner in einem u-förmig angelegten
Bereich und konzentrieren sich gemein-
sam auf die Herstellung einer Einheit, be-
vor zusammen an den nächsten Stücken
gearbeitet wird. Gleichzeitig wird das
notwendige Arbeitsmaterial auf Regalen
direkt bei der Produktion gelagert, und
nicht im Lagerhaus. Ein Team bearbeitet
dabei die Einheit, was auch die kollektive
Verantwortung der Mitarbeitenden für
das von ihnen hergestellte Produkt hebt.
Entstanden ist eine «state-of-the-art facili-
ty» für die Produktion und das Testen von
leistungselektronischen Komponenten,
die weltweit ihresgleichen sucht.
Das Unternehmen machte gute Fort-
schritte bei der Neuausrichtung, bis 2008
etwas passierte, was nicht nur für Schaff-
ner, sondern für viele Unternehmen zu ei-
ner grossen Herausforderung wurde: Vom
Schaffner-Technologie sorgt in moder-nen Schiffen und Zugkompositionen für stabile Bordnetze und effizienten Antrieb
49 I
Platzen der Immobilienblase in den USA
ausgelöst, griff die amerikanische Banken-
krise auf die internationalen Finanzmärkte
über und löste eine globale Wirtschafts-
krise aus. In der Automobilbranche wur-
den Firmen teilweise für einige Monate
komplett geschlossen. Das war eine enor-
me Herausforderung. Es gab Monate, in
denen Schaffner in einzelnen Bereichen
bis zu 80 Prozent weniger Umsatz mach-
te als im Jahr zuvor. «Da haben wir uns
in der Geschäftsleitung tief in die Augen
geschaut. Alle wussten, dass wir harte
Massnahmen ergreifen mussten, um die
Fixkosten so schnell wie möglich zu sen-
ken», erinnert sich Hagemann.
Durch das entschlossene Vorgehen liess
sich verhindern, dass die für die Zukunft
wichtigen Bereiche Verkauf und Entwick-
lung geschwächt wurden. Alle strategi-
schen Projekte konnten weitergeführt
werden. Gleichzeitig beschloss Schaffner
als eines der ersten Unternehmen in der
Schweiz eine befristete Gehaltskürzung
für das Management. «Das Ziel war, das
Schiff so schnell wie möglich wieder auf
Kurs zu bringen», sagt Kurt Ledermann,
seit Mitte 2008 Finanzchef der Schaffner
Gruppe. In nur sechs Monaten wurde das
von der Geschäftsleitung entwickelte «Fit-
nessprogramm» weltweit umgesetzt.
Das schnelle und konsequente Handeln
hat Schaffner nachhaltig gestärkt und die
Voraussetzungen geschaffen, dass das
Unternehmen schon früh von der Erho-
lung der Weltwirtschaft profitieren konn-
te. Im Geschäftsjahr 2009/2010 wuchs der
Umsatz um fast die Hälfte, und Schaffner 1
2
Ecosine®-Oberwellenfilter von Schaffner sorgen für zuverlässige und effiziente Stromnetze im One Island East in Hongkong (1) und im Galaxy Hotel/Casino in Macao (2)
51 I
war knapp zwei Jahre nach dem Einbruch
grösser und ertragreicher als vor der Kri-
se. Schaffner profitierte auch von der Sti-
mulation der Nachfrage durch staatliche
Fördermassnahmen zum Ausbau der
Photovoltaik in Europa, der steigenden
Nachfrage in der Bahntechnik insbeson-
dere in China und der rasch wachsenden
Bedeutung von effizienten Antriebssys-
temen und Lösungen zur Sicherstellung
der Netzstabilität unter anderem in der
Gebäudetechnik.
Die Investition in die Power-Quality-
Technologie zahlt sich aus. Die aktiven
Oberwellenfilter ECOsine® active sind auf
positives Marktecho gestossen und vie-
le wichtige Projekte konnten gewonnen
werden. Es war klar, dass die Power-Quali-
ty-Technologie so rasch wie möglich nach
China gebracht werden musste, um dort
den lokalen Markt zu erschliessen.
Die Schaffner-Manager machten in der
Anfangsphase auch Fehler. «Wir hatten
die Produktionstechnik der Power-Qua-
lity-Produkte noch nicht richtig verstan-
den», erinnert sich Hagemann. Als zum
Beispiel bestimmte Herstellungsprozes-
se von Deutschland nach China verla-
gert werden sollten, wunderten sich die
Verantwortlichen, warum die Produktion
in China nicht so klappte wie in Deutsch-
land, «bis wir merkten, dass es an der
Maschine in China lag: Die konnte das
einfach nicht», schmunzelt Hagemann.
Sobald das Gerät nachgerüstet war, lief
die Herstellung wie am Schnürchen.
«Der Einstieg in die Power Quality war
geschafft.»
Schaffner State-of-the-Art-Produktion in Shanghai
Die internationale Zusammenarbeit der
Mitarbeitenden ist ein wichtiger Faktor
für den nachhaltigen Erfolg der Schaff-
ner Gruppe. Er spiegelt sich auch in der
aktuellen «Unternehmensstrategie 2015»
wider.
Die «Unternehmensstrategie 2015» ba-
siert auf den drei Säulen «Innovation»,
«Excellence» und «Leadership».
Die neue Strategie wurde den Mitarbei-
tenden in Gesprächen vor Ort und via
Webcasts intensiv kommuniziert. Talen-
tierte Mitarbeitende werden konsequent
unterstützt. Junge Führungskräfte erhal-
ten die Gelegenheit, anspruchsvolle Kur-
se für «Management and Leadership» zu
belegen und sich im Rahmen der Ausbil-
dung mit Mitgliedern der Geschäftsfüh-
rung und des Verwaltungsrates zu treffen.
Mit der Schliessung der letzten Produk-
tionsaktivitäten in Luterbach im Januar
2010 ging 48 Jahre nach der Gründung
des Unternehmens ein wichtiges Kapitel
in der Firmengeschichte zu Ende. Die Pro-
duktion in der Schweiz war wirtschaftlich
nicht mehr zu rechtfertigen. Es war eine
Entwicklung, die sich über viele Jahre an-
gekündigt hatte. Bereits Ende der 80er-
Jahre war die Belegschaft verkleinert
worden. Im Juni 2004 wurde mit dem
Abtransport der letzten tonnenschwe-
ren Tiefziehpresse aus den Schaffner-
Werkhallen in Luterbach ein vorläufiger
I 52
Schaffner-Technologie kommt bei der Nutzung erneuerbarer Energien zum Einsatz
53 I
Auch in Fahrstühlen und Rolltreppen sorgen Schaffner-Komponenten für effiziente und einwandfreie Funktion
Schlusspunkt gesetzt. 2010 wurden die
letzten in der Schweiz verbliebenen Pro-
duktionsaktivitäten in das neue Schaffner-
Werk in Ungarn verlegt. Am Firmensitz der
Gruppe in Luterbach befinden sich heute
das wichtigste Innovations- und Entwick-
lungszentrum des weltweit tätigen Unter-
nehmens, das Management der Gruppe
sowie ein Marketing- und Verkaufsteam.
Im September 2011 ist es der Schaffner
Gruppe gelungen, mit der Übernahme
der Trockentransformatoren-Division der
amerikanischen MTC-Transformers Inc.
mit einer eigenen Produktion in Nord-
amerika Fuss zu fassen und die starke
Position als globaler Partner im internati-
onalen Markt für leistungselektronische
Systeme zu festigen. Schaffner hat den
Anspruch, in allen Bereichen eine führen-
de Rolle einzunehmen. Um diese Positi-
on zu erreichen und zu halten, investiert
Schaffner kontinuierlich in den Bereich
Forschung und Entwicklung.
Die Schaffner Gruppe ist bereit für die He-
rausforderungen der Zukunft. Lösungen
von Schaffner machen Stromnetze zuver-
lässig. Sie unterstützen die effiziente Nut-
zung von elektrischem Strom und sind Teil
nachhaltiger Fahrzeugkonzepte. Bereits
heute erwirtschaftet Schaffner mehr als
die Hälfte des Umsatzes mit Komponen-
ten, die in energieeffizienten Motorantrie-
ben, Solarwechselrichtern, Windturbinen,
Bahnen und in Hybrid- oder Elektrofahr-
zeugen eingesetzt werden.
Impressum
Bildnachweis und Copyright:
S. 8 Eine der ersten Bestellungen – aus Privatbesitz Robert Engist
S. 9 Die ersten Mitarbeitenden – aus Privatbesitz Robert Engist
S. 10 Geschäftskorrespondenz aus London – aus Privatbesitz Robert Engist
S. 11 Kino Canva – Kino Canva, Solothurn
Team 1963 – aus Privatbesitz Robert Engist
S. 12 Messestand an der Composants Electroniques in Paris 1965 – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 13 Firmenausflug – aus Privatbesitz Robert Engist
S. 14 Schaffner Betriebsgebäude – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
Familie Schaffner – aus Privatbesitz Joey Schaffner
S. 15 Schaffner-Brüder – aus Privatbesitz Joey Schaffner
S. 16 Besuch Bundespräsident Ritschard – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 17 Besuch Kantonsregierung – aus Privatbesitz Robert Engist
S. 18 Produktion in Luterbach – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 19 Hans Schaffner im Büro, Hans Schaffner mit Sohn – aus Privatbesitz Joey Schaffner
S. 20 Spatenstich – aus Privatbesitz Robert Engist
S. 21 Tag der offenen Tür – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 22 Ehemaliger Hauptsitz Elektrowatt – Foto Guido Wanner
S. 23 IEC-Steckerfilter-Werbung – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 24/25 Schaffner Thailand – aus Privatbesitz Werner Hungerbühler
S. 26 Messestand 1987 – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 27 Pläne für Erweiterungsbau/Versand – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 28 Schaffner-Messlabor – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 29 Produktion Luterbach – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 30 Solothurner Zeitung – aus Privatbesitz Heinrich A. Kunz
S. 32 SonntagsZeitung – aus Privatbesitz Heinrich A. Kunz
S. 33 Werbung Schaffner-IPO – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 34 Regionalzeitung – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 36 Schaffner Geschäftsbericht – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 38 IEC-Steckerfilter/Einphasenfilter – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 39 Produktionsgebäude Shanghai – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 40 Tiefziehpresse – aus Archiv Schaffner Gruppe
S. 41 Bahntechnik – Shutterstock images
Raffinerie – Shutterstock images
Erneuerbare Energien – Shutterstock images
DSC9364 – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 42 Crown of the East – istockphoto
S. 43 U-Bahn – Shutterstock images
S. 44/45 Schaffner-Niederlassungen – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 46/47 Schaffner-Universum – aus Fotoarchiv Schaffner Gruppe
S. 48 Schiff – Shutterstock images
Lokomotive - Shutterstock images
S. 49 One Island East – Swire Propertis, Hongkong
Galaxy Hotel/Casino, Macao – Galaxy Entertainment Group, China
S. 51 Produktionsgebäude Shanghai – flamisch photography, Düsseldorf
S. 52 Photovoltaik – Shutterstock images
Windenergie – Shutterstock images
S. 53 Fahrstuhl – istockphoto
Rolltreppe – Shutterstock images
Herausgeber:
Schaffner Group, Luterbach
www.schaffner.com
Inhaltskonzept/Text:
Iris Kallin; Walter Lutz – apr AG, Zollikon-Zürich
Gestaltung/Prepress:
Guido Wanner – peonaj.ch
Bildredaktion:
Corporate Marketingkommunikation/Schaffner Group
Guido Wanner – peonaj.ch
Druck:
Merkur Druck AG, Langenthal
Buchbinderei:
Schumacher AG, Schmitten
Gesamtverantwortung:
Frank Almer
Corporate Marketingkommunikation/Schaffner Group
©Juni 2012, Schaffner Group, Luterbach
ISBN: 978-3-905817-41-6