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Aktuelle Informationen aus Praxis, Forschung, Beratung und Verwaltung Schwerpunktthemen in diesem Heft sind: Fischereitag der Küstenfischer M-V ICES-Quotenempfehlung für Ostsee 2017 Landesdelegiertenversammlung LAV M-V Vergleich Abwuchsleistungen von Forellen Fischerei & Fischmarkt in Mecklenburg-Vorpommern 2/2016 – 16. Jahrgang

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Aktuelle Informationen aus Praxis, Forschung, Beratung und Verwaltung

Schwerpunktthemen in diesem Heft sind:Fischereitag der Küstenfischer M-VICES-Quotenempfehlung für Ostsee 2017Landesdelegiertenversammlung LAV M-VVergleich Abwuchsleistungen von Forellen

Fischerei & Fischmarktin Mecklenburg-Vorpommern

2/2016 – 16. Jahrgang

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/2016 3

Vorwort

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

in den vergangenen Wochen war die Abstimmung über den Austritt der Briten aus der Europäischen Union eines der beherrschenden Themen in den Medien. Die Vorga-ben und das Handeln der Brüsseler Behörden wurden und werden europaweit sehr kontrovers diskutiert. Neben vie-len Vorteilen im Bereich der Wirtschaft, der Reisefreiheit und gleichen Zahlungsmitteln in vielen Mitgliedsstaaten, gibt es andererseits viele Vorschriften die von der EU erlassen werden, die mit einem hohen Verwaltungsauf-wand verbunden sind, oder sie passen nicht zu den regionalen Bedingungen. Unter dieser unnötigen Verein-heitlichung leidet besonders die Fischerei an der Küste und den Meeresgebieten. Vielfach werden dabei angebliche Brüsseler Entscheidungen genutzt, um Konflikten auf der eigenen Entscheidungsebene aus dem Wege zu gehen. Mit Verweis auf Vorgaben der Kommission werden un-bequeme Entscheidungen vermieden. Die Verantwortung wird an die Europäischen Institutionen abgeschoben. Das ist sicher für einige Politiker angenehm. Stellt aber, wie das Abstimmungsergebnis in Großbritannien zeigt, das Projekt eines vereinten Europas in Frage.

Auch im Bereich des Naturschutzes werden die Vorgaben der EU zum Anlass genommen, die Fischerei und auch das Angeln zu reglementieren. Immer wieder hören wir von den Naturschutzverwaltungen, nicht nur in unserem Bundesland, dass die Vorgaben der EU vieles verbieten. Das wird bei der Erarbeitung der Managementpläne zu den Natura 2000 – Gebieten besonders deutlich. Wie Vorgaben aus Brüssel fehlinterpretiert werden, hat der Präsident des Landesanglerverbandes Mecklenburg – Vorpommern, Prof. Karl – Heinz Brillowski mit seiner Rede auf der Landesdelegiertenkonferenz am 18.6. in Linstow deutlich aufgezeigt in dem er die Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission wie folgt zitierte:

„Das Natura 2000 Netz ist nicht nur ein Netz von Naturschutzgebieten. Seine Vision ist, das Menschen und Natur am besten in einer Partnerschaft zusammen arbeiten. Natura 2000 strebt nicht danach, Wirtschaftsmöglichkeiten des Menschen auszugrenzen, sondern gewährleistet, dass sie mit dem Erhalt von wertvollen Arten und Lebensräu-men vereinbar sind. Durch Förderung von nachhaltiger Forstwirtschaft, Fischerei, Landwirtschaft und nachhaltigem Tourismus eröffnet das Netz den Menschen, die in diesem Gebiet leben und auf Wirtschaftstätigkeit angewiesen sind, eine langfristige Zukunft.“

Vergleicht man diese Definition mit den Vorgaben und Diskussionen, die bei der Erarbeitung der FFH – Manage-mentpläne von den Behörden vorgegeben werden, muss man zu dem Eindruck kommen, dass es sich hier um unterschiedliche Vorhaben handelt. Die Praxis, der Europäischen Union die Verantwortung für eigene politische Handlungsunwilligkeit zu zuschieben, bringt letztlich Ergebnisse wie das Abstimmungsergebnis in Großbritannien. Sicher sind nicht alle EU – Richtlinien für die Fischerei in Deutschland positiv, aber der Zerfall der Union wäre für uns wirtschaftlich wesentlich schwieriger zu verkraften. In Bezug auf die Problematik der Natura 2000 – Gebiete haben wir allen Grund, die Definition der Kommission zu übernehmen.

Ulrich Paetsch, Präsident des Landesverbandes der Binnenfischer M-V e.V.

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Aus dem Inhalt

Seite

• Vorwort 3

Aus dem Landwirtschaftsministerium/Aus der Verwaltung• Forschungsprojekte im Rahmen des EFF 2007-2013 5• Erschienen 6

Aus dem Landesfischereiverband M-V e.V.• Fischereitag 2016 des LVKK MV in Negast 6 Thorsten Wichmann, Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Naturschutz des LFV M-V e.V.• Fischereitag, 3.06.2016 2016 in Negast 9 Norbert Kahlfuss, Vorsitzender des LVKK-MV• Frühjahrsheringssaison in der westlichen Ostsee erfolgreich beendet 12 Claus Ubl, Referent für Öffentlichkeitsarbeit des DFV und Dr. Uwe Richter, Euro-Baltic GmbH• ICES veröffentlicht Fangempfehlungen für die Ostsee 2017 14 Claus Ubl, Referent für Öffentlichkeitsarbeit des DFV• LDK und LAV-Wahl – Im Amt bestätigt 16 Claudia Thürmer, Landesanglerverband M-V e.V.• Eröffnungsansprache LDK 2016 18 Prof. Dr. Karl-Heinz Brillowski, Präsident des Landesanglerverbandes M-V e.V.• Drohendes Verbot der Freizeitfischerei in der AWZ von Ost- und Nordsee 20 Thorsten Wichmann, LAV-Vizepräsident für Umwelt-, Natur- und Artenschutz

Aus der Forschung• Vergleichende Untersuchungen der Abwachsleistungen von Forellen (Oncorhynchus mykiss) (Walbaum, 1792) der Selektionslinie BORN mit Stahlkopfforellen 22 Dr. Ralf Bochert – LFA MV, Institut für Fischerei, Aquakultur Born Dr. Tom Goldammer – Leibniz-Institut für Nutztierbiologie, Abteilung Fischgenetik, Dummerstorf• Einheitsfanganalysen als praxisnahes Hilfsmittel zur Abschätzung der Fischbestandsentwicklung in Binnengewässern 30 Prof. Dr. Robert Arlinghaus, Thilo Pagel, Daniel Hühn, Dr. Tobias Rapp• Fortbildungsseminar für Fluss- und Seenfischer 2015 am Institut für Fischerei der LfL in Starnberg 42 Dr. E. Leuner, LfL, Institut für Fischerei, Starnberg• KORREKtUR: Die Kormoransituation in Polen 45• Fortbildungsveranstaltung für Fischhaltung und Fischzucht, Institut für Fischerei (IFI), Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Starnberg 12. – 13.01.2016 46 Bartschat, P., Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit Brandenburg (LAVG), Dr. Meinelt, T., Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), Wichmann, T., Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern (LAV-MV)• Erfahrungsaustausch zwischen Praxis, Fischereiverwaltung und angewandter Forschung. Fachtag Fischerei des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), Königswartha, 08.-09-03.2016 52

Impressum 58

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Aus der Verwaltung

Forschungsprojekte im Rahmen des EFF 2007-2013

In Mecklenburg-Vorpommern wurden im Rahmen des Europäischen Fischereifonds EFF zahlreiche Forschungsvorhaben begleitet. Schwerpunkt dabei war die Aquakulturfor-schung. Folgende Übersicht mit Stand 31.12.2015 verdeutlicht den Umfang. Die finanzi-ellen Angaben sind gerundet.

Vorhaben Auszahlung Fördermittel (€)

Schutz und Entwicklung der Wasserfauna und -floraKünstliches Riff 3.783.619Durchführung von Aalbesatzmaßnahmen in den ausgewiesenen Aaleinzugsgebieten Mecklenburg-Vorpommerns zur Umsetzung der VO (EG) Nr. 1100/2007 mit Maßnahmen zur Wiederauffüllung des Bestandes des Europäischen Aals

1.180.162

PilotprojekteErprobung eines Aquakulturvorhabens zur Produktion der Rotalge Delesseria sanguinea am Riff Nienhagen und weiterführende Untersuchungen für die wirtschaftliche Verwertung der sulfatierten Polysaccharide dieser Alge

1.150.767

Realisierung der Aalmanagementpläne für die Aaleinzugsgebiete Mecklenburg-Vorpommerns 2.336.732Maßnahmen zur Umsetzung eines aquakulturgestützten Fischereimanagements von Beständen der Großmaräne (Coregonus lavaretus) in Binnengewässern und des Ostseeschnäpels (Coregonus lavaretus balticus) in Küstengewässern des Landes Mecklenburg-Vorpommern

1.514.788

Aufbau und Entwicklung einer Edelkrebsaquakultur (Astacus astacus) in Mecklenburg-Vorpommern 256.947Überprüfung von süßwassergespeisten Kaltwasserkreisläufen für die Entwicklung der Aquakultur in Mecklenburg-Vorpommern 1.344.911Aufbau und Entwicklung einer Ostseeschnäpelaquakultur (Coregonus lavaretus balticus) in Mecklenburg-Vorpommern 768.359

Überprüfung von brackwassergespeisten Warmwasserkreisläufen für die Entwicklung der Aqua-kultur in Mecklenburg-Vorpommern 3.078.639

Aufbau und Entwicklung einer Zanderaquakultur (Sander lucioperca L.) in Mecklenburg-Vorpommern 6.753.605Einführung eines SkySails-Systems auf dem Fischereifahrzeug ROS-171 „Maartje theadora“ zur Minderung der Betriebskosten und Verringerung der Umweltbelastung durch Reduzierung des Emissionsausstoßes bei transferfahrten und im Fischereibetrieb

765.280

Betäuben und Schlachten von afrikanischen Welsen 68.412Entwicklung eines Zooplankton-Reaktors zur Unterstützung der Fischlarvenaufzucht relevanter Zielfischarten in Mecklenburg-Vorpommern 548.070

Biotechnologische Prüfung selektierter Regenbogenforellen (Stamm BORN) auf Eignung als Standortlinie und tiermodell in differenten regionalen Aquakulturanlagen 932.667

Nährstoffaustragsysteme unter Brackwasserbedingungen 643.756Fischzuchtlinien für standortgerechte Aquakultur - Biotechnologische Analysen zum Nachweis der Eignung des Ostseeschnäpels (Coregonus lavaretus balticus, tHIENEMANN 1922) für eine nachhaltige regionale Aquakultur

576.634

Etablierung von Nutzfischmodellen am Standort Born zur Entwicklung robuster Zuchtlinien für die regionale Aquakultur am Beispiel des Schnäpels (Coregonus lavaretus balticus) in Mecklenburg-Vorpommern

423.116

Modulares Gewächshausanbausystem zur aquaponischen Produktion von Warmwasserfischarten unter minimalem Ressourcenverbrauch in Mecklenburg-Vorpommern – Eine Innovationsinitiative zur energie- und nährstoffeffizienten NahrungsmittelproduktionAkronym: „FischGlasHaus“

2.534.324

Baltic IMtAVerfahrensentwicklung einer Integrierten Multi trophischen Aquakultur für die Küstengewässer Mecklenburg-Vorpommerns

1.233.692

Entwicklung einer Flussbarsch-Aquakultur unter Brackwasserbedingungen in Mecklenburg-Vorpommern 274.571

Maßnahmen zur Bestandsabschätzung adulter Meerforellen in der Mecklenburger Bucht 47.147gesamt 30.216.198

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/20166

Aus der Verwaltung/Aus dem Fischereiverband

Erschienen:

Empfehlung (EU) 2016/688 der Kommission vom 2. Mai 2016 zur Überwachung und Kontrolle des Vorkommens von Dioxinen und PCB in Fisch und Fischereierzeugnissen aus dem Ostseeraum(ABl. L 118 vom 04.05.2016)

Verordnung (EU) 2016/891 des Rates vom 6. Juni 2016 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/72 hinsichtlich bestimmter Fangmöglichkeiten(ABl. L 151 vom 08.06.2016)

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Die Aufstellung ist nur eine Auswahl und kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Nach der Eröffnung des Fischereitages des Landes-verbandes der Kutter- und Küstenfischer M-V und der Begrüßung der Gäste gab der Vorsitzende, Herr Norbert Kahlfuss, den Jahresbericht für das Geschäfts-jahr 2015 ab: Die wirtschaftliche Lage in M-V war insbesondere beim Hering positiv und beim Dorsch weiterhin negativ. Ein Höhepunkt im Jahre 2015 war mit Sicherheit der Deut-sche Fischereitag in Rostock. Für ihn gab es viel Lob. Er sagte weiterhin: „Ein Ereignis, das mehr außerhalb unseres Verbandes beachtet wurde, aber für uns künftig sehr wichtig sein wird, ist die Gründung der Initiative „PRO NAtUR MV“. Sieben so genannte Nutzerverbän-de haben sich ähnlich wie in anderen Bundesländern auch, zusammengeschlossen, um gegen einen über-zogenen Naturschutz Front zu machen, der nach dem Motto „Schutz der Natur vor dem Menschen“ agiert.“

Im Mittelpunkt seines Berichtes stand die FFH-Manage-mentplanung: „Aktuelle Beispiele: Alle NAURA 2000 – Gebiete in der deutschen AWZ in Nordsee und Ostsee sollen Naturschutzgebiete werden. Wer sich genauer in-formieren möchte, dem empfehle ich „Das Fischerblatt“ 4/2016 ab Seite 4. In diesen Gebieten soll die Frei-zeitfischerei ganz verboten werden. Die Berufsfischerei wird zum Schutz von Schweinswalen und Seevögeln mit dem Verbot der Stellnetzfischerei belegt und zum Schutz von Sandbänken und Riffen mit dem Verbot der Fischerei mit bodenberührenden Geräten. Als erstes geht es den Anglern an den Kragen, dann folgen die Nordseefischer in der AWZ, dann die Ostseefischer in der AWZ und dann??? Logischerweise folgen dann die

12sm-Zone einschließlich Boddengewässer und letztlich auch die Gewässer im Land, oder?“ …

„Und abschließend aus der Vielzahl der Schutzplä-ne und deren Sinn bzw. Unsinn oder Nutzen bzw. Schaden: Unser Freund, der Kormoran. Mehrere Jahre hatten wir ihn nicht ernsthaft auf unserer tagesordnung. Bekanntlich hatte die Uni Rostock einen Forschungsauf-trag. Der wurde inzwischen erfolgreich abgeschlossen. Wenn auch nach wie vor der Fischer keinen Schaden geltend machen kann (der Fisch im Wasser gehört ihm nicht) so ist nunmehr bewiesen, dass der Kormoran Schäden am Fischbestand verursachen kann und das auch tut. Siehe Zander – und seltene geschützte Arten verschmäht er auch nicht – also wäre es an der Zeit, seinen Schutzstatus zu ändern.

•EingriffeindenBrutkolonien•EingriffeimgesamtenBrutzeitraum•KoordinationmitNachbarländernimOstseebereich,

aber auch mit den betroffenen Bundesländern•BereitstellungvonEU–Landes-undBundesmittelnfür

Maßnahmen und Entschädigungen.“ …

„Wenn das thema Natur-, Umwelt- und Artenschutz auch in den Mittelpunkt unserer Arbeit gerückt ist“, sagte der Vorsitzende, „so heißt das leider nicht, dass es keine anderen wichtigen Probleme zu bewältigen gibt. Eins davon: Stillliegeprämie oder auch Sozialprä-mie oder wie auch immer genannt. Geringe Quoten, Schonzeiten-Verlängerung, alle möglichen anderen Auf-lagen ließen die Forderung nach einer angemessenen

Fischereitag 2016 des Landesverband der Kutter- und Küstenfischer M-V in Negast

Thorsten Wichmann, Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Naturschutz des LFV M-V e.V.

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Aus der Verwaltung

Ausgleichzahlung wiederaufleben. Die allerwichtigste Voraussetzung ist jedoch nach wie vor der Mehrarten-plan für die Ostsee – lange erwartet, aber wie schon so oft immer wieder hinausgezögert.“ (Die komplette Rede ist nachfolgend abgedruckt.)Im Anschluss hielt der Staatssekretär des Landwirt-schafts- und Umweltministeriums Dr. Peter Sanftleben sein Grußwort. Er berichtete von der wirtschaftlichen Lage der Küstenfischerei im letzten Jahr, sprach zu MSC-Zertifizierung, sicherte Unterstützung zu und kam auf die Quoten in der Ostsee in 2017 zu sprechen. Die Kürzung der Quote für den Westdorsch um 88% würde einen Einbruch um ca. 1 Mio. Euro bedeuten, was sozioöko-nomische Schritte nötig mache. Er deutete an, dass bei vorübergehendem Fangstopp Prämien möglich seien, allerdings müsse dann jeglicher Fang (auch anderer Arten) unterbleiben. Im Bundeshaushalt seien 2 Mio. Euro für solche Zwecke vorhanden. Das Ausbleiben der Rekrutierung eines Jahrgangs sei ein alarmierendes Signal, aber noch sind Unklarheiten, ob die Datenlage des ICES fehlerfrei sei. Dr. Sanftleben möchte auch die Anglerfänge beim Dorsch einbeziehen. Der Mehrjah-resartenplan für die Ostsee ist ausverhandelt und soll im Juli in Kraft treten. Im weiteren Verlauf seiner Rede ging der Staatssekretär auf die Ausbildungssituation, zu wenig Nachwuchsgewinnung, die Erreichung der Ziele der Wasserrahmen-RL trotz Nutzung der Ostsee und die neuen Regelungen in der Ostseefischerei ein. Den Vorschlag des BMUB zum Verbot der Freizeitfischerei in der AWZ trage sein Ministerium nicht mit. Auch die vorgesehenen Verbote von Stellnetz und Schleppnetz in der AWZ (Nordsee aktuell, für Ostsee zu vermuten) finde sein Ministerium sehr fragwürdig. Staatssekretär Dr. Sanftleben versicherte, dass das Verschlechterungs-verbot in Schutzgebieten gelte. Einschränkungen könne es nur geben bei wissenschaftlichen Beweisen für Ver-schlechterungen sowie Nachweis der Verursacher. Das basiere auf Beschlüssen der Agrarministerkonferenz (AMK) von 2011. Das Ministerium unterstütze auch freiwillige Vereinbarungen beim Naturschutz auf der Grundlage von Managementplänen in FFH-, Vogel- und Meeresschutzgebieten. Die Kormoransituation in M-V zeige in 2015 eine Zunahme der Brutpaare um 15 %. Rechtliche Restriktionen erschweren Maßnahmen, trotz des Gutachtens der Universität Rostock, dass an der Küste insbesondere die Zanderbestände erheblich be-troffen sind. Im Juni soll ein treffen des Ministers mit dem Umweltkommissar der EU und Werner Kuhn vom Fischereiausschuss stattfinden, um Möglichkeiten des Managements zu eruieren. Ein gesellschaftlicher Kon-sens sei dazu nötig. Er rief dazu auf, die Küstenfischerei gemeinsam zu erhalten.Dirk Sander: Der neue Vorsitzende des deutschen Kutter- und Küstenfischereiverbandes fragte, ob die Gegner eigentlich wissen, wer sie ernährt? „Wir dürfen uns den Acker nicht wegnehmen lassen, auf dem wir ackern. Verbote ohne Nachweis von Ursachen im Naturschutz

müssen mit Klagen beantwortet werden.“, sagte er. Mit der empfohlenen Dorschquote, d.h. 38 t Dorsch für M-V, kann man unmöglich arbeiten. Er rief seine Kollegen auf, hart daran zu arbeiten, dass sie uns die Bude nicht dichtmachen. Holger Ortel, Präsident des deutschen Fischereiverban-des sagte: „Europa weiß alles besser, auch bei NAtURA 2000, lt. Kommission und Rat ist alles toll – da sind mir doch die Engländer sympathisch.“ Das nationale Recht müsse auch ausgelebt werden, sonst fühlen sich die Menschen im Stich gelassen. Zu der Quoten-Emp-fehlung West-Dorsch 2017 des Internationalen Rates für Meeresfischerei (ICES) zeigte er sich optimistisch, glaubt nicht an eine 0-Quote und sagte: „Hier ist eine politische Quote notwendig, wenn Not am Mann ist!“Werner Kuhn, EU-Abgeordneter und Stellvertretender Vorsitzender des Fischereiausschusses, beklagte das Feindbild Brüssel. Deutschland unter dem grünen Mi-nister trittin habe die 38% Ostsee für FFH 2003 nach Brüssel gemeldet, viel mehr als alle anderen Mitglieds-staaten an Nord- und Ostsee. Europaweit sollten 10% der Meeresgebiete unter Schutz gestellt werden. Die ge-planten Maßnahmen in der deutschen AWZ vom BMUB ist ein delegierter Rechtsakt, zu dem die Parlamentarier Einspruch einlegen können, denn Freizeitfischerei ist nicht EU-Angelegenheit. Werner Kuhn war überrascht, als er die Vorschläge von Ministerin Hendriks las und schlug eine Anhörung mit Experten im Fischereiaus-schuss vor. Er verwies auf das erfolgreiche Verhandeln des Mehrartenostseeplanes. Wichtig waren ihm dabei, dass zum einen die 1-Netz-Regel für kleine Boote nicht gilt und zum anderen die Seetageregelung entfernt wur-de. Außerdem sind Ausgleichszahlungen bei vorüber-gehenden Fangeinstellungen über den EMFF geregelt. Im Juli mit der Veröffentlichung wird er in Kraft treten. Für die Nordsee soll der Plan als Blaupause genutzt werden. In diesem Sommer soll zum thema Kormoran in Brüssel noch eine Beratung mit dem Kommissar der Generaldirektion Umwelt und Minister Backhaus statt-finden. Andere Länder wie Frankreich und Dänemark zeigen, wie Bestände mit gültigen Gesetzen und VO gemanagt werden können. Die drastische Kürzung der Dorschquote ist problematisch. Denkbar wäre eine Senkung um 20%, dafür 4 Wochen Stilllegung und eine zusätzliche Stilllegung von 6 Wochen im November, um finanzielle Ausgleichsmittel zu erhalten. Dr. Peter Breckling, Generalsekretär des Deutschen Fischereiverbandes, berichtete von der wirtschaftlichen Lage der Küstenfischerei und über Beeinträchtigungen der Fischerei durch Natur- und tierschutz. Von letzteren sind sowohl Berufs- als auch Freizeitfischerei betrof-fen, aktuell in Nord- und Ostsee. Eigentlich sollen die EU-Richtlinien 1:1 lt. Regierungsbeschluss umgesetzt werden, aber weder das Verbot der Freizeitfischerei noch der Aquakultur in Schutzgebieten ist gefordert. Daten zur Begründung liegen nicht vor. Er lobte die Fischereiwissenschaft, sowohl in Island, Dänemark als

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Aus dem Fischereiverband

auch in Deutschland. In Dänemark wurden aufgrund von Untersuchungen von Riffen grundberührende Schleppnetze verboten, mit einer kleinen Pufferzone. Auf Sandbänken gab es keine Probleme und keine Verbote im Gegensatz zu Planungen in Deutschland! Der Fitnesscheck der FFH-Gebiete und Richtlinie ist auch positiv zu sehen. In der Fischerei gibt es alle 10 Jahre eine neue Reform und der Naturschutz schafft das nach 25-30 Jahren nicht? Die ICES-Vorschläge müssen erst-mal sachlich geprüft, Fachfragen beantwortet werden, ehe dazu fundiert diskutiert wird. Im letzten Jahr gab es Fehler beim Westdorsch, bei Jahrgangserkennung und vielleicht wurden die Rekruten nicht gefunden. Und beim Ostdorsch ist alles korrekt, zumal erstmals mit Beständen und nicht Gebieten gerechnet wurde? Zum Abschluss rief Dr. Breckling dazu auf, sich angesichts Begehrlichkeiten zu den Anglerfängen nicht auseinan-derdividieren zu lassen. Dr. Christopher Zimmermann, thünen-Institut für Ost-seefischerei Rostock: Der ICES hat vor 2 tagen seine Empfehlungen für die Quoten in Nord- und Ostsee in 2017 veröffentlicht. Den allermeisten Beständen in der Ostsee geht es sehr gut, außer dem Dorsch. So lautet der Vorschlag für Hering West + 8%, Sprotte + 20% und Scholle + 50% zum Vorjahr (2016). Der Ost-Dorsch hat zwar die gleiche Rekrutierung, aber ein besseres Wachstum. Der tAC für den Westdorsch mit ca. 1.500 t bedeutet -88% der aktuellen Quote für Deutschland und Dänemark! Die Ursachen sind unklar, auch den Dorschartigen in der Nordsee geht es schlecht. Insbe-sondere der Ausfall des 2015-er Jahrgangs schlägt ins Kontor, da sich der Dorschfang nur aus 3 Jahrgängen zusammensetzt (im Gegensatz zum Hering). Nicole Knapstein,Geschäftsführerin Landaktiv e.V. in-formierte die Fischer über die Neuauflage des Ein-kaufsführers zum Herbst. Im September sollen 30.000 Exemplare erscheinen.In der Diskussion sprachen fünf Personen. Zuerst hatte sich Prof. Henning von Nordheim vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) gemeldet, der einige Fakten gera-derücken wollte. Sein Amt sei zuständig für den Ma-nagementplan Fischerei, habe Vorschläge gemacht. In der Nordsee sei das weit fortgeschritten. In zwei Wochen werde in Brüssel entschieden zum Einsatz oder Verbot von Schlepp- und Stellnetzen. Die Ideen seien 2006-2008 entwickelt worden. In der Ostsee sieht das BfN die Auswirkungen der Stellnetzfischerei kritisch. Das BMUB wurde verklagt und jetzt müssen Lösungen geliefert werden. 1 Mio. Euro werden für vier Forschungsprojekte gemeinsam mit Fischern und dem thünen-Institut investiert. Abschließend stellte er fest, dass die Freizeitfischerei in M-V 2000 t Dorsch entnehme. Er verstehe die Proteste gegen das geplante Verbot in der Freizeitfischerei in der AWZ der Ostsee nicht, da Karten mit GPS-Aufzeichnungen zeigten, dass

die Boote vorher abdrehten (Er hielt einen Kartenaus-druck dazu hoch.).Ralf Borschke (AfD) aus dem Kreistag VR stellte seine Aktivitäten für die Fischerei im Kreistag dar. Er stellte fest, dass die Fischerei ein teil der Heimat und Kultur sei und leider keine Lobby habe und nur Abstriche hinnehmen müsse. Nils Saemann (MdL, SPD) sprach zum thema Kormo-ran, speziell auch zum Krakower See. Er sah dabei Lösungen gemäß dem Prinzip Ober sticht Unter. Bei den Quoten und Bestimmungen in der Küstenfischerei sah er erheblichen Änderungsbedarf. Saemann drückte in seiner Rede den allergrößten Respekt vor den Leistungen der Fischer aus. Andreas Lüdtke, Freester Fischer, beklagte, dass die Untersuchungen zur Seevogelbeifangstudie vor 2,5 Jahren beendet und bis heute nicht abschließend aus-gewertet wurden. Die vom thünen-Institut durchgeführte Untersuchung werde zudem vom Prof. von Nordheim (BfN) angezweifelt.Steffen Schnorrenberg, Hiddenseer Fischer, stellte fest, vor 10 Jahren wurde gesagt, es wird besser. Es wurde aber nie besser! Das ist der todesschuss (mit den Quo-ten). Die Politik ist nicht zu verstehen. Die Beifangrege-lung mit den Quotenempfehlungen ist für die Kleinfischer ein Berufsverbot.

Im Schlusswort unterstrich Vorsitzender Kahlfuss, dass die Zusammenarbeit im Landesfischereiverband rund laufe. „Dafür werden wir von anderen Ländern benei-det.“ Prof. von Nordheim hatte gesagt, es solle weniger über Gebiete, mehr über Bestände geredet werden. Nein widersprach Norbert Kahlfuss, es müsse mehr über Gebiete des Naturschutzes, Offshore-Windkraft und Fanggeräteverbote geredet werden. Er beklagte, dass die Administration nicht unbedingt auf unserer Seite sei. Aber falls die Fischerei mal Fehler mache, was vorkommen kann, muss man sich zusammensetzen und gemeinsam Lösungen suchen. Die langjährigen Vorstandsmitglieder Elvira Rothe und Robert Bährenfürst wurden feierlich verabschiedet.Der Nachmittag war den verbandsinternen Regularien mit Berichten, Haushaltsabrechnung und Beschluss des neuen Haushaltes 2016 sowie Wahlen vorbehalten. In diesem Jahr fanden die turnusgemäßen Vorstands- und Aufsichtsratswahlen statt. Der Vorsitzende Norbert Kahlfuss gab die Leitung nach 25 Jahren an der Spitze des Landesverbandes ab. Vorstandsmitglied Günter Grothe kandidiert für den Vorsitz und wurde einstimmig gewählt. Sein Stellvertreter ist Michael Schütt und den Vorstand komplettieren Ilona Schreiber, Norbert Kahl-fuss und Bernd Schütze. Der Aufsichtsrat wurde auch neu gewählt. Christian Körner ist der neue Vorsitzende und Jürgen Krieger sowie torsten Freimuth stehen ihm zur Seite.

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Aus dem Fischereiverband

Es ist immer ein gewisses Problem, einen richtigen Ein-stieg in die Berichterstattung zu finden, weil man ja das alte Jahr längst abgeschlossen hat und mitten in der Bewältigung der aktuellen Aufgaben steht.

Fangen wir also mit den positiven Ereignissen und Er-gebnissen an.

Nach einem historischen tiefstand der Heringsquote im Jahr 2014 gab es 2015 einen Anstieg, der sich in einer ertragreichen Frühjahrsheringssaison niederschlug.Beim Dorsch allerdings setzte sich der Abwärtstrend fort.Insgesamt konnten die Fangerlöse gegenüber dem Vor-jahr verbessert werden, was angesichts gesunkener treibstoffkosten zusätzlich positiv zu werten ist.

Positiv möchte ich auch die Zertifizierung der Schlepp-netzfischerei auf Hering einstufen und die Abnahme des noch nicht zertifizierten Herings aus der Stellnetz-fischerei durch EUROBALtIC und andere Aufkäufer.

Die Vorarbeiten für das MSC-Siegel für die stille He-ringsfischerei wurden erfolgreich fortgesetzt, so dass die eigentliche Zertifizierung in diesem Jahr in Auftrag gegeben werden kann. Die Aussichten für einen positi-ven Ausgang sind nicht schlecht. Ich glaube aber, dass da noch viel Arbeit auf uns wartet, um alle Hürden zu nehmen und mögliche Auflagen zu erfüllen.

Ein Höhepunkt im Jahre 2015 war mit Sicherheit der Deutsche Fischereitag in Rostock. Dank der Unterstüt-zung durch unser Ministerium und durch Herrn Minister Backhaus persönlich erhielten die offiziellen Beratungen in historischer Kulisse einen angemessenen Rahmen. Dafür gab es auch für den 4. Fischereitag in unserem schönen Lande viel Lob und Anerkennung.Auch der Landesfischereiverband trug seinen teil zu einem gelungenen Deutschen Fischereitag bei und nicht zuletzt brachten wir uns ein, ich denke dabei besonders an den Auftritt der Fischer bei der tagung des Verbandes der Deutschen Kutter- und Küstenfischer.Noch mal ganz herzlichen Dank für diese beeindru-ckende Darstellung der Lage in der Küstenfischerei hierzulande.

Ein Ereignis, das mehr außerhalb unseres Verbandes beachtet wurde, aber für uns künftig sehr wichtig sein wird, ist die Gründung der Initiative„PRO NAtUR MV“. Sieben so genannte Nutzerverbände haben sich ähnlich wie in anderen Bundesländern auch, zusammenge-schlossen, um gegen einen überzogenen Naturschutz Front zu machen, der nach dem Motto „Schutz der

Natur vor dem Menschen“ agiert, wobei Mensch nicht gleich Mensch zu sein scheint.

Wir stehen zu der Erkenntnis, die schon unsere Vorfah-ren gewannen „Schutz der Natur für den Menschen“ und das heißt im Klartext „Schutz durch Nutzung“.

Wir, das sind die Bauern, die Jäger, die Imker, die Berufs- und Freizeitfischer, die Waldbesitzer und die Grundbesitzer, die durch den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur, mit ihrer Umwelt und mit den natürlichen Ressourcen für die Kulturlandschaft gesorgt haben in der wir heute leben.Wir haben nichts gegen ein umfassendes rechtliches Instrumentarium zum Schutz von Lebensräumen und Arten, wie es FFH-Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie mit ihrem Schutzgebietsnetzwerk NAtURA 2000 darstellen. Im Gegenteil, wir unterstützen den hohen Anspruch dieses Schutzsystems.

Wir haben aber sehr wohl etwas dagegen, wenn da-mit fast ausschließlich restriktive Maßnahmen gegen „Nutzer“ verbunden sind.Im Übrigen ist schon die trennung in Schützer und Nut-zer widersinnig, denn alle Menschen sind im Interesse ihrer Daseinserhaltung – sprich um zu leben – auf die Nutzung der Natur angewiesen.

Nun ist nicht mit absoluter Sicherheit auszuschließen, dass zu Schutzzwecken restriktive Maßnahmen einge-leitet werden können und sogar müssen.Aber dann müssen sie

1. mit allen Beteiligten beraten werden, damit sie2. Sinn machen und sie müssen3. rückgängig zu machen sein, um nicht neuen Schaden auszulösen.

Und es muss auch möglich sein, geplante Maßnahmen nach fachlicher und sachlicher Diskussion gar nicht erst einzuführen.

Aber das ist bis heute im Bereich Natur- und Umwelt-schutz kaum erfolgt.

Fischereitag, 03.06.2016 2016 in Negast

Bericht des Vorstandes des LVKK-M-V, Norbert Kahlfuss, Vorsitzender

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(Hauptsächlich außerhalb unserer Landesgrenzen)Weder werden die Betroffenen (genannt Nutzer) recht-zeitig einbezogen, noch werden ihre Meinung, ihre Erfahrungen, ihr Wissen und Können genutzt, noch werden Restriktionen aufgehoben.

Aktuelle Beispiele: Alle NAtURA 2000 – Gebiete in der deutschen AWZ in Nordsee und Ostsee sollen Naturschutz-gebiete werden. Wer sich genauer informieren möchte, dem empfehle ich „Das Fischerblatt“ 4/2016 ab Seite 4.

In diesen Gebieten soll die Freizeitfischerei ganz ver-boten werden. Die Berufsfischerei wird zum Schutz von Schweinswalen und Seevögeln mit dem Verbot der Stellnetzfischerei be-legt und zum Schutz von Sandbänken und Riffen mit dem Verbot der Fischerei mit bodenberührenden Geräten.

Als erstes geht es den Anglern an den Kragen, dann folgen die Nordseefischer in der AWZ, dann die Ost-seefischer in der AWZ und dann???

Logischerweise folgen dann die 12sm-Zone einschließ-lich Boddengewässer und letztlich auch die Gewässer im Land, oder?

Kann mir jemand erklären, warum ein Vogel in der AWZ geschützt wird, anderswo aber nicht?Wir haben uns bereits im Februar 2015 bei Herrn Staatssekretär Kloos im BMEL zu Wort gemeldet und unseren Standpunkt dargelegt.

Zuerst die Frage: Warum Fangverbote mit welcher Be-gründung?Die Antwort blieb aus, denn es gibt nur Behauptungen der NGO, aber keine belastbaren Beweise. Selbst Herr Maack, dessen Organisation Greenpeace zu den Klägern gehört, die der Bundesregierung Untä-tigkeit bei der Umsetzung der NAtURA 2000 Richtlinien vorwerfen, selbst dieser Experte erklärt, dass in keinem der infrage kommenden Gebiete bisher eine UVP o.ä. durchgeführt wurde.

Aber ein paar Begründungen haben die Schutzpatrone doch bei der Hand.Freizeitfischer: Beim Angeln werden durch die Bewegungen der Boote Vögel in ihrer Ruhe gestört – kleine Pause zum Nachdenken –Berufsfischer: Grundschleppnetze zerstören Sandbänke und Riffe

Nur wie definiert man Sandbank oder Riff. Ist jeder Steinhaufen ein Riff, jede Sandfläche eine Sand-bank? Die Auffassungen unserer Schutzengel weichen zum teil erheblich von den Auffassungen der EU und anderer Mitgliedsstaaten ab.

Schutz der Seevögel durch Stellnetzverbot.Hier nur die Feststellung, dass in Skandinavien jährlich weit über 100 000 Enten legal gejagt werden. Dage-gen verschwinden die nachgewiesenen Beifänge in der Fischerei.

Schutz der SchweinswaleDie Kadetrinne als das meist befahrene Seegebiet der Ostsee ist Schweinswalschutzzone. Ernstzunehmende Wissenschaftler und andere Schützer haben bereits vor längerer Zeit erklärt, wie geräuschempfindlich Schweinswale sind. Und ausgerechnet in dieser Ka-detrinne erhält der lärmgeplagte Schweinswal eine Schutzzone. Das ist doch toll, oder? Und da war kürzlich auch ein Zwergwal. Der hatte über Buschfunk wohl vernommen: in der Kadetrinne sind Wale geschützt, also schaun wir mal da hin. Das Ende ist bekannt. Der Zwergwal erhielt in der Nähe der Kadetrinne einen Schlag von einer Schiffsschraube und das war es dann.Moral von der Geschichte: traue keinem Schutzpatron – es könnte dein Ende sein.

Kegelrobben sind auch geschützt. Sie haben sich auch ohne Schutzgebiet wieder in unseren Gewässern einge-funden und die Frage müsste eigentlich lauten: Wie schützen wir die Fischer (und künftig wahrscheinlich auch die Fische)Fakt ist: Kegelrobben haben z.B. das Winterlager im Stralsunder Hafen als sicheres Nahrungsangebot er-kannt. Sie fressen sich gemütlich satt und verjagen auch den Rest der Fische aus dem Ruhelager und austeilen des Strelasundes.

Und wenn dann kein Fisch mehr da ist, kommen die Schutzexperten und sagen: seht ihr, die Fischer, diese Umweltfrevler haben es geschafft. Nun muss die Strafe auf dem Fuße folgen.

Und abschließend aus der Vielzahl der Schutzpläne und deren Sinn bzw. Unsinn oder Nutzen bzw. Schaden:

Unser Freund, der Kormoran. Mehrere Jahre hatten wir ihn nicht ernsthaft auf unserer tagesordnung. Bekanntlich hatte die Uni Rostock einen Forschungsauf-trag. Der wurde inzwischen erfolgreich abgeschlossen. Wenn auch nach wie vor der Fischer keinen Schaden geltend machen kann (der Fisch im Wasser gehört ihm nicht) so ist nunmehr bewiesen, dass der Kormoran Schäden am Fischbestand verursachen kann und das auch tut.Siehe Zander – und seltene geschützte Arten verschmäht er auch nicht – also wäre es an der Zeit, seinen Schutz-status zu ändern.•Eingriffe in den Brutkolonien•Eingriffe im gesamten Brutzeitraum

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•Koordination mit Nachbarländern im Ostseebereich, aber auch mit den betroffenen Bundesländern

•Bereitstellung von EU – Landes- und Bundesmitteln für Maßnahmen und Entschädigungen

Liebe Kollegen und werte Gäste,ich habe diesem themenbereich nicht umsonst so viel Raum gewidmet. Einiges ist uns bereits übergestülpt worden, andere Dinge sind noch in Vorbereitung. Wir müssen uns auch künftig wehren und zwar immer umfangreicher und mög-lichst wirkungsvoll und dabei brauchen wir Verbündete und deshalb halten wir das Bündnis PRO NAtUR MV für sehr wichtig.Natürlich auch die bewährte Zusammenarbeit mit den anderen Landesverbänden der Fischerei, dem VDKK und dem DFV, aber auch auf anderen Ebenen wie z.B. dem tourismus.Ich weiß, das ist schwierig, ich weiß auch, es gibt Interessenkonflikte, aber ich weiß auch, dass es unbe-dingt notwendig ist, das Verständnis für die Fischerei in unserem Umfeld im weitesten Sinne zu verbessern.

Wir hatten am 1. März einen parlamentarischen Abend mit Landtagsabgeordneten und PRO NAtUR MV. Mit Erschrecken mussten wir feststellen, dass auch bei einigen Parlamentariern Unkenntnis über die Arbeit der PRO NAtUR – Mitgliedsverbände herrschte.So behaupteten die Sprecherinnen der Fraktion „Die Linke“ und „Die Grünen“, dass Fischer wenig für Na-turschutz übrig hätten und dass es schließlich Gesetze gäbe, an die sich alle zu halten hätten.

Erstere Behauptung habe ich bereits eingangs widerlegt. Zur zweiten Behauptung möchte ich fragen: gibt es denn einen Beweis dafür, dass Fischer generell Geset-zesverbrecher sind?

Ich weiß, und Sie wissen es auch, dass dies nicht der Fall ist.Aber Fischer haben wie andere Menschen auch etwas dagegen, wenn bestimmte Gesetze von Laien vorberei-tet werden, die keine ausreichende Kompetenz haben und auch nicht bereit sind, sich von kompetenten Fach-leuten beraten zu lassen.Wem die Jacke passt, der möge sie sich anziehen.

Wenn das thema Natur-, Umwelt- und Artenschutz auch in den Mittelpunkt unserer Arbeit gerückt ist, so heißt das leider nicht, dass es keine anderen wichtigen Probleme zu bewältigen gibt.Eins davon: Stillliegeprämie oder auch Sozialprämie oder wie auch immer genannt.Geringe Quoten, Schonzeiten-Verlängerung, alle mögli-chen anderen Auflagen ließen die Forderung nach einer

angemessenen Ausgleichzahlung wieder aufleben.Und siehe da, Ende 2014 verkündete Herr Minister Schmidt aus Berlin bei einem Besuch bei den Freester Fischern, dass er über 2 Mio.€€ für diese Zwecke zur Verfügung habe. Die Freude war groß, nahm aber im Laufe der Zeit wieder ab.Auf dem Fischereitag in Rostock keimte neue Hoffnung auf, aber auch die sank wieder. Und dann der Paukenschlag Anfang 2016.

Wenn innerhalb weniger tage Anträge gestellt würden, dann würde das Füllhorn ganz kurzfristig über die erwartungsvollen Fischer geschüttet.Aber leider … zum dritten mal Entwarnung. Der Grund – vereinfacht dargestellt – fehlende Richtlinien, anfangs EU später dann nationale.

Es gab einen regen Schriftverkehr über viele Instituti-onen von LALLF hierzulande über BMEL, in Berlin bis hin nach Brüssel, wo dankenswerter Weise unser EP-Abgeordneter Werner Kuhn versuchte, Klarheit in die verfahrene Situation zu bringen.Wir haben dann versucht, die Voraussetzungen für die Prämie der Realität anzupassen. Es kann ja nicht sein, dass sie nicht für alle gilt, es kann auch nicht sein, dass sie nur gezahlt wird, wenn in der Zeit der Frühjahres-saison keine Fangtätigkeit ausgeübt wird – und es sind noch andere Dinge zu berücksichtigen.Die allerwichtigste Voraussetzung ist jedoch nach wie vor der Mehrartenplan für die Ostsee – lange erwartet, aber wie schon so oft immer wieder hinausgezögert.Das thema ist also noch immer auf dem tisch.

Wir hoffen nach so langer Zeit natürlich auf ein paar positive Effekte wie Wegfall der Einnetzregel und grünes Licht für Ausgleichzahlungen u.ä.

So langsam wird es Zeit, dass ich meine Rede beende und deshalb bitte ich darum, in der anschließenden Diskussion wichtige themen zu ergänzen bzw. vorzu-tragen.Ich weiß, ich war aus Sicht einiger Kollegen und Gäste zu einseitig, das können Sie gerne ausgleichen.Wenn die Meinung besteht, das Ganze war zu lang, so bitte ich um Nachsicht, denn es war wohl meine letzte Rede als Vorsitzender des Landesverbandes der Kutter- und Küstenfischer Mecklenburg-Vorpommern e.V.Wir haben gemeinsam 25 Jahre LVKK gemeistert.Dafür möchte ich mich bei allen Verbandsmitgliedern, aber auch bei all jenen Institutionen und Einrichtungen bedanken, die heute ihre Repräsentanten und Vertreter zu unserer Veranstaltung entsendet haben.

Ich wünsche allen alles Gute, Gesundheit, Kraft und Optimismus für die folgenden 25 Jahre.

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Für die Heringssaison 2016 standen der deutschen Kutterfischerei für die westliche Ostsee 14.496 t zur Verfügung. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutete das eine um 18,2 % erhöhte Heringsquote. Durch die Bun-desanstalt für Landwirtschaft und Fischerei (BLE) wurde die Aufteilung der Quote wie folgt vorgenommen:

•FischereibetriebeimHaupterwerbmitMitgliedschaftin einer Erzeugerorganisation: 13.600,9 t

•FischereibetriebeimHaupterwerbohneMitgliedschaftin einer Erzeugerorganisation: 365 t

•FischereibetriebeimnichtorganisiertenNebenerwerb:52 t

•RückstellungbeiderBLE:478,1t.

Die Quote für die Fischereibetriebe im Haupterwerb mit Mitgliedschaft in einer Erzeugerorganisation wurde nach dem Prinzip der relativen Stabilität an die Erzeu-gerorganisationen verteilt.

Die Frühjahrsheringsfischerei konzentriert sich traditio-nell auf zwei Bereiche. Zum einen ist das der Bereich Greifswalder Bodden und Usedom mit den Haupt-anlandeorten Freest, Greifswald und Stahlbrode und zum anderen der Bereich Rügen mit dem zentralen Anlandeort beim Fischverarbeitungszentrum Euro-Baltic in Sassnitz/Mukran.

Im Bereich Greifswalder Bodden und Usedom wird hauptsächlich Stellnetzfischerei betrieben. So wurden von den Freester Fischern etwa 1.890 tonnen und von den Fischern in Greifswald Wieck etwa 570 tonnen Stellnetzheringe nach Dänemark geliefert. Ein teil der zur Verfügung stehenden Quote wurde zudem von zwei tuckpartien aus Freest mit Schlepp-netzen gefangen. Diese Heringsfischerei ist seit dem letzten Jahr MSC zertifiziert. Wie bereits in den ver-gangenen Jahren, wurde eine zusätzliche Menge im Rahmen eines tauschgeschäftes zwischen Küsten- und Hochseefischerei für die Betriebe der Küstenfischerei zur Verfügung gestellt. In diesem Jahr wurden die Schleppnetzfänge der beiden tuckpartien erstmals direkt in Freest angelandet. Diese wurden dann mit dem LKW zum Fischverarbeitungswerk Euro-Baltic nach Sassnitz transportiert. Diese Verfahrensweise kann keinen wirtschaftlichen Hintergrund haben, da hier zusätzliche Kosten für den transport über Land entstanden sind und somit der Reinerlös aus dem Fang geschmälert wurde. Ein geringer einstelliger Prozentsatz ging zudem in die Direktvermarktung zur regionalen Versorgung.

Im Bereich Rügen ist das Fischerverarbeitungswerk Euro-Baltic der zentrale Abnehmer für die Heringsfänge. Insgesamt wurden im Zeitraum vom 06. Januar bis zum 22. April 8.326 t Hering an Euro-Baltic geliefert. Dies entspricht einem Anteil von 61,2 Prozent der an den Haupterwerb verteilten Heringsquote. Dieser Prozent-satz ist über die letzten Jahre hinweg nahezu konstant.traditionell begannen die Schleppnetzfischer gleich zu Jahresbeginn mit der Heringsfischerei und die Erwartun-

Frühjahrsheringssaison in der westlichen Ostsee erfolgreich beendetClaus Ubl, Referent für Öffentlichkeitsarbeit des DFV und Dr. Uwe Richter, Euro-Baltic GmbH

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gen waren groß, denn bereits die Herbstfischerei war erfolgreich verlaufen mit relativ hohen Einheitsfängen bei guter Sortierung und Qualität. Die Rekordanlandun-gen der letzten Jahre wurden in diesem Jahr jedoch nicht erreicht. Die größte Anlandemenge einer tuckpartie war

bereits in der zweiten Kalenderwoche mit 84 tonnen zu verzeichnen und die dritte Kalenderwoche war die erfolgreichste der gesamten Saison. Danach blieben die Anlandungen weitestgehend stabil und schwankten nur aufgrund der Wetterbedingungen und der Annahme-pause im Fischwerk über die Osterfeiertage.Im Verlauf der Saison wurden 6.883 tonnen des MSC zertifizierten Schleppnetzherings im Fischverarbeitungs-werk Euro-Baltic angelandet. Hinzu kommen noch etwa

67 tonnen ohne MSC-Zertifikat aus Schleswig Holstein. Da bei den Sortierungen ab April die kleinen Heringe immer mehr zunahmen, wurde die Schleppnetzfischerei unter Berücksichtigung des internen Managementplanes im Rahmen der MSC-Zertifizierung am 11. April ein-gestellt. Zu diesem Zeitpunkt dominierten die kleinsten Sortierungen.

Die ersten Stellnetzheringe wurden am 11. Februar bei Euro-Baltic angelandet. Zunächst handelte es sich ausschließlich um Versuchsfänge, um den Reifegrad und den Rogengehalt der Heringe zu ermitteln. Mitte März war der Hering dann laichreif, so dass ein höherer Preis für die Stellnetzheringe gezahlt werden konnte. Daraufhin stiegen die Stellnetzfischer vollständig in die Heringssaison ein. Bis in die erste Aprilhälfte wurden gute Fänge erzielt. Dann nahmen die Fänge stetig ab. Da über einen längeren Zeitraum nur noch tagesanlan-dungen von 3 bis 10 tonnen bei Euro-Baltic getätigt wurden und gleichzeitig der Rogenanteil sank, war für das Fischverarbeitungswerk kein wirtschaftlicher Betrieb mehr möglich, so dass die Frühjahrsherings-annahme am 22. April und damit ca. eine Woche vor dem geplanten Ende der Saison eingestellt wurde. Von den Stellnetzfischern wurden 809 tonnen Hering bei Euro-Baltic angelandet.

In diesem Jahr wurden auch wieder Reusenheringe bei Euro-Baltic angelandet, nachdem dort im letzten Jahr keine Reusenheringsanlandungen zu verzeichnen waren. traditionell steigen die Reusenfischer als letzte in die Frühjahrsheringssaison ein, so dass in diesem Jahr am 9. März der erste Reusenhering angelandet wurde. Die Reusenfischerei wurde 2016 von drei Un-ternehmen aus dem Bereich Mönchgut betrieben. Nach Ostern gingen hier die Fänge deutlich zurück und die Sortierungen wurden kleiner. Ab Mitte April bestand die Fangzusammensetzung in der Reusenfischerei be-reits aus bis zu 50 Prozent kleiner Sortierung, welche für die Filetierung nicht mehr nutzbar war. Daraufhin wurde die Reusenheringsannahme ebenfalls am 22. April eingestellt. In diesem Jahr wurden 558 tonnen Reusenhering an Euro-Baltic geliefert.

Nach Angaben der BLE ist die diesjährige Heringsquote zu über 80 Prozent ausgefischt. Für die Herbstherings-fischerei stehen noch 2.454 tonnen zur Verfügung, die von der Schleppnetzfischerei gefangen werden können. Die Stellnetzfischerei wird in diesem Jahr die Bemü-hungen für eine MSC-Zertifizierung ihrer Fischerei fort-setzen. Die Quotensituation für die Ostseefischer entwickelt sich positiv. Die Empfehlung des Internationalen Rates für Meeresforschung liegt bereits vor und dieser empfiehlt eine Gesamtfangmengenanhebung um acht Prozent, so dass die Zukunftsperspektiven für die Heringsfischerei in der Ostsee insgesamt positiv aussehen.

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Am 31. Mai 2016 hat der Internationale Rat für Mee-resforschung (ICES) seine Fangempfehlungen für die Fischbestände in der Ostsee für das Jahr 2017 veröf-fentlicht. Darin empfiehlt der ICES eine Absenkung der Gesamtfangmenge für den Westdorsch auf 917 tonnen für die Berufsfischerei. Das kommt einem Fangstopp gleich. Für die anderen Bestände gab es demgegenüber viele positive Nachrichten.Auf Grundlage dieser Fangempfehlung wird die Kom-mission einen Vorschlag für die Fangmöglichkeiten 2017 in der Ostsee erarbeiten, der im Sommer veröf-fentlicht wird. Dieser Vorschlag wird dann im Oktober im Ministerrat beraten und über die endgültigen Quoten für die Mitgliedstaaten entschieden.Der Mehr-Arten-Managementplan für die Ostsee ist mitt-lerweile zwischen dem Rat, der Kommission und dem Europa-Parlament abgestimmt. Wahrscheinlich wird er noch vor der Sommerpause ratifiziert. Dieser Plan würde dann die Regeln vorgeben, wie die Gesamtfangmengen festzusetzen sind.Im Folgenden wird auf die wichtigsten Fischbestände für die deutsche Fischerei kurz eingegangen. Beginnen wollen wir mit den positiven Nachrichten: Die meis-ten Fischarten werden im nächsten Jahr in der Ostsee nachhaltig bewirtschaftet werden. Alle für die deutsche Fischerei wichtigen pelagischen Arten befinden sich im nachhaltig bewirtschafteten Bereich. Die meisten demersalen Bestände entwickeln sich ebenfalls positiv. Dazu im Einzelnen:

Hering westliche Ostsee

trotz der seit mittlerweile 10 Jahre anhaltend niedrigen Nachwuchsproduktion entwickelt sich der Bestand po-sitiv. Die Laichbestandsbiomasse erreichte den tiefsten Punkt in der Zeitreihe im Jahr 2011, liegt aber seit 2013 über MSY Btrigger. Die fischereiliche Sterblichkeit liegt bei diesem Bestand seit 2011 unter FMSY. Deshalb empfiehlt der ICES eine Erhöhung der Gesamtfangmen-ge um 8,1 Prozent. Der Laicherbestand wird nach den Berechnungen des ICES dadurch weiter anwachsen.

Hering zentrale Ostsee

Dieser Bestand entwickelt sich ebenfalls positiv. Seit 2001 steigt der Laicherbestand kontinuierlich an und die fischereiliche Sterblichkeit liegt seit 2011 unter dem FMSY-Niveau. Der Nachwuchsjahrgang 2014 wird als der vierthöchste in der gesamten Zeitserie eingeschätzt. Aus diesem Grunde empfiehlt der ICES eine Anhebung der Gesamtfangmenge um 7,9 Prozent.

Sprotte Ostsee

Die Laicherbestandsbiomasse ist seit dem historischen Höchststand in den späten 1990er Jahren zurückgegan-gen, liegt aber immer noch deutlich über MSY Btrigger. Die fischereiliche Sterblichkeit schwankte in den letzten Jahren zwischen FMSY und Flim und lag 2015 nur leicht über FMSY. Der gute Nachwuchsjahrgang aus dem Jah-re 2014 wird sich positiv auf die Bestandsentwicklung auswirken. In der Folge sinkt der Fischereidruck unter FMSY. Im letzten Jahr wurde noch eine Reduzierung der Fangmengen um 15 Prozent empfohlen, da die Erkenntnisse über den 2014er Nachwuchsjahrgang noch nicht gesichert waren. Abgesenkt wurde die Quote schließlich nur um 5 Prozent. In diesem Jahr empfiehlt der ICES eine Steigerung der Fangmenge von bis zu 29 Prozent. Der Managementplan würde hier die Möglich-keit bieten, um 34 Prozent zu steigern, da der Bestand sich im nachhaltigen Bereich befindet.

Scholle Ostsee im Kattegat, den Belten und im SundFür die Scholle in den Gebieten 21-23 liegt ein ana-lytisches Assessment vor, da hier ausreichend Daten vorhanden sind. Die Laicherbestandsbiomasse hat sich seit 2009 deutlich erhöht und liegt seit 2011 über MSY Btrigger. Die fischereiliche Sterblichkeit geht seit 2000 zurück und liegt seit 2012 unter FMSY. Die Rekrutierung bei diesem Bestand war in den letzten Jahren stabil. Der ICES empfiehlt bei diesem Bestand eine Reduzierung der Fangmenge um 4 Prozent. Für den Schollen tAC sieht die Lage jedoch anders aus, da hier beide Bestände zusammengefasst werden. Dazu später.

Scholle östlicher Bestand

Für den weiter östlich gelegenen Bestand in den Ge-bieten 24-32 liegen weniger Daten vor. Darum rechnet der ICES hier mit dem informationslimitierten Ansatz. Da der Mittelwert der letzten beiden Jahre deutlich über dem der drei Jahre davor liegt, empfiehlt der ICES hier eine Steigerung von 20 Prozent.

Nun werden beide Bestände zusammengerechnet und eine Geamtfangmenge für das gesamte Gebiet, also 22-32, wie das auch früher der Fall war, daraus ermittelt. Der ICES kommt zu dem Ergebnis, das die Gesamtfangmenge, wenn die Rahmenbedingungen gleich blieben, hier insbesondere die Discard-Raten, um 45 Prozent gesteigert werden könnte. Allerdings geht der ICES davon aus, dass die Scholle in der Ostsee ab 1. Januar 2017 unter das Anlandegebot

ICES veröffentlicht Fangempfehlungen für die Ostsee 2017

Steht die Dorschfischerei vor dem Aus?

Claus Ubl, Referent für Öffentlichkeitsarbeit des DFV

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fallen wird. Dann würden die bisherigen Discards mit einberechnet werden und das würde eine Gesamtfang-mengen-Anhebung um 95 Prozent bedeuten.

Dorsch westliche Ostsee

Die ICES-Empfehlungen für die beiden Dorschbestände werden nach den Beständen und nicht nach Gebieten berechnet. Die Fangempfehlung wird dann jedoch auf-grund der Durchmischung der beiden Bestände in teilen der Ostsee nach Gebieten angegeben. Die Anglerfänge werden separat ausgewiesen. Hier wurde der Mittelwert der letzten drei Jahre als Wert für 2016 angenommen und von der Fangempfehlung abgezogen. Die Laicherbestandsbiomasse liegt für diesen Bestand seit 2008 unterhalb von Blim und die fischereiliche Sterblichkeit zwischen Flim und Fpa, jedoch deutlich über FMSY. Die Zielsterblichkeit im alten Management-plan war nach Einschätzung des ICES deutlich zu hoch. Eine Anpassung des Planes wurde jedoch durch den interinstitutionellen Konflikt zwischen Parlament, Rat und Kommission lange Zeit verhindert. Die Vorhersagen des letzten Jahres deuteten trotzdem auf einen Anstieg des Bestandes hin. Allerdings wird bei den Vorhersagen immer davon ausgegangen, dass die Reproduktion sich auf demselben Niveau wie in den vorangegangenen Jahren bewegt. Nun liegen die Zahlen für den 2015 Jahrgang vor und diese sagen aus, dass dieser Nachwuchsjahrgang der schlechteste in der gesamten Zeitserie ist. Die Perspektive für diesen Bestand ist unter den nun vorliegenden Daten deutlich schlechter, als noch im letzten Jahr. Der ICES empfiehlt nach der sogenannten Advice Rule nun eine Gesamtentnahme von 3.475 tonnen aus dem Bestand. Nach Abzug der Anglerfänge von 2.558 tonnen würden demnach 917 tonnen für die kommerzielle Fischerei übrig bleiben. Da die Fangempfehlung, wie bereits erwähnt, nach Gebieten abgegeben wird, kommen zu diesen 917 tonnen noch 671 tonnen Dorsch aus dem östlichen Bestand hinzu. Der ICES geht hier davon aus, dass das Verhältnis von östlichem und westlichem Dorsch in den kommerziellen Fängen dem Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2015 entspricht. Für das Gebiet 22-24 liegt die empfohlene Gesamtfangmenge für die kommerzielle Fischerei 2017 bei 1.588 tonnen. Das entspräche einer Reduzierung der Gesamtfangmenge gegenüber 2016 um 87,5 Prozent.Sollte der Ostsee-Managementplan in Kraft treten, wäre hier keine Flexibilität mehr möglich, da sich der Be-stand in nicht-nachhaltigen Bereich befindet. Flexibilität sieht der Managementplan jedoch nur für Bestände im nachhaltigen Bereich vor. Wie sich der Bestand in den nächsten Jahren entwickelt hängt maßgeblich von der

Rekrutierung ab. Sollte diese auf niedrigem Niveau bleiben, wäre in zwei, drei Jahren sicherlich keine kom-merzielle Fischerei auf diesem Bestand mehr möglich.

Dorsch östliche Ostsee

Dieser Bestand ist immer noch datenlimitiert. Das wird sich in den nächsten Jahren nicht ändern, da die Pro-bleme bei der Alterslesung nach wie vor bestehen und nicht, wie beim westlichen Bestand, sofort mit Hilfe von Markierungsexperimenten validiert wurden. Mittlerweile laufen die Markierungsexperimente.Für die Empfehlung der Gesamtfangmenge rechnet der ICES bei diesem Bestand mit dem informationslimitierten Ansatz. Dabei wird der Mittelwert der letzten zwei Jahre mit den Mittelwerten der letzten drei Jahre davor vergli-chen. In den letzten zwei Jahren hat der Bestand einen leichten Aufwärtstrend gezeigt. Da die Mittelwerte der drei Jahre davor deutlich höher waren, empfiehlt der ICES eine Reduzierung der Gesamtfangmenge gegen-über der letztjährigen Empfehlung um 8 Prozent. Da die Politik dieser Empfehlung nicht gefolgt ist, bedeutet das eine Reduzierung gegenüber der Gesamtfangmenge 2016 um 36 Prozent. Zieht man die 671 tonnen aus diesem Bestand ab, die im Gebiet 22-24 gefangen werden, bleibt eine Gesamtfangmenge von 26.323 tonnen im Gebiet 25-32.In den letzten Jahren hat die deutsche Fischerei in diesem Gebiet nie ausgefischt, so dass die deutsche Quote aus dieser Gesamtfangmenge ungefähr den Fängen der letzten Jahre entspräche.

Fazit – Entwicklung der Fischbestände in der Ostsee

Im Jahre 2016 ist die Laicherbiomasse der allermeisten Bestände mittlerweile im nachhaltig bewirtschafteten Bereich. Für einige Bestände fehlen ausreichend Daten. Die Laicherbiomasse der beiden Dorschbestände befin-det sich im nicht-nachhaltig bewirtschafteten Bereich. Die fischereiliche Sterblichkeit war im letzten Jahr noch bei der Sprotte und dem Hering im Rigaer Meerbusen problematisch. Bei der Sprotte hat sich das Problem durch den starken Nachwuchsjahrgang erledigt. Beim Hering im Rigaer Meerbusen hängt die Entwicklung von der Festsetzung der Gesamtfangmengen ab. Da höchstwahrscheinlich der Mehr-Arten-Managementplan für die Ostsee in Kraft tritt, werden die Fangmengen voraussichtlich so festgesetzt, dass der Bestand spätes-tens 2017 im nachhaltig-bewirtschafteten Bereich ist. Die Ausnahme bilden hier die beiden Dorschbestände, wobei im Moment vollkommen unklar ist, wie diese sich in den nächsten Jahren entwickeln werden.

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Fischart/FanggebietEmpfohlene Gesamtfangmenge 2017

Daraus resultierende Deutsche Quote 2017

Deutsche Quote 2016

Änderung 2017/2016

in Tonnen (t)

Hering westl. Ostsee(Gebiete 22-24) 28.401 15.670 14.496 + 8,1

Hering zentrale Ostsee *(Gebiete 25-27, 28.2, 29 und 32) 191.705 1.118 1.035 + 8,0

Dorsch westl. Ostsee(Gebiete 22-24) 1.588 339 2.715 - 87,5

Dorsch östl. Ostsee *(Gebiete 25-32) 26.332 2.406 3.760 - 36,0

Scholle(Gebiet 22-32)

5.8417.862

465626

321321

+ 44,8+ 94,9

Sprotte * 260.993 16.311 12.644 + 29,0

* Für diese Bestände beansprucht Russland einen Teil der Gesamtfangmenge. Bei den hier dargestellten Berechnungen wurde davon ausgegangen, dass Russland denselben prozentualen Anteil wie in 2016 beansprucht.

So würden die Quoten im nächsten Jahr aussehen, wenn der Ministerrat den ICES-Empfehlungen 1:1 folgt

Bei der 25. Landesdelegiertenkonferenz (LDK) in Linstow fiel die Entscheidung, wer den Vorstand des größten Naturschutzverbandes unseres Landes bildet. Prof. Dr. Karl-Heinz Brillowski ist der wiedergewählte Präsident des Landesanglerverbandes. Einstimmig wurde er von den 122 Delegierten am 18. Juni 2016 im Amt be-stätigt. Die Abgeordneten aller im LAV organisierten Anglerinnen und Angler bestätigten zudem alle weiteren aufgestellten Kandidaten des Präsidiums.

Somit sind nun seit den Mittagsstunden des 18. Juni folgende Funktionen und deren Vertreter amtlich:

Prof. Dr. Karl-Heinz Brillowski, Präsident seit 2008 und Präsidiumsmitglied bereits seit Gründung 1990, Klaus-Dieter Mau, Vizepräsident Schwerpunkt „Finan-zen“, seit 2006 im Präsidium, Werner Promer, Vizepräsident Schwerpunkt „Gewäs-serwirtschaft“ seit 2008, Thorsten Wichmann, Vizepräsident Schwerpunkt „Um-welt-, Arten- und Naturschutz“, seit 2002 im Vorstand, Klaus Schallmann, Referent für Angeln seit 2008, Liane Janssen, Referentin für Fischereiaufsicht seit 2008, Silke Bauer, Referentin für Jugendarbeit seit 2012, Dirk Rojahn, Referent für Casting seit 5 Jahren.

LDK und LAV-Wahl – Im Amt bestätigt

Claudia Thürmer, Landesanglerverband M-V e.V.

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Aus dem Fischereiverband

Diese langjährigen Mitglieder sind gut bekannt. Aus diesen Reihen verabschiedete sich schweren Herzens Dr. Wolfgang Jansen. Alle Anglerinnen und Angler, alle ehrenamtlichen Mitarbeiter und Präsidiumsmitglie-der danken ihm für seine langjährige und erfolgreiche Arbeit. Sein Referat für Schulung und Ausbildung wird von nun an Sebastian Schmidt als Neuer in den Reihen des Vorstandes fortsetzen.

In dieser Versammlung wurden verdiente Mitglieder des LAV ausgezeichnet:

Die Ehrennadel des LAV M-V e.V. wurden verliehen in Silber: Andreas List (AV Rethwisch/Möllenhagen), in Gold:, Franz Pflügel (SAV Ludwigslust e.V.) und Heinz Fresen (AV „An der Recknitz“ Marlow e.V.). Die Ehrenschleife des LAV M-V e.V. erhielten Wolfgang Michels (RSFV Landkreis Müritz e.V.), Peter Olbricht (AV Demmin West e.V.), Ulrich Burmeister (SFV Reuterstadt Stavenhagen) und Uwe Schwemer (AV Kessin e.V.) Das Große Silberne Ehrenzeichen des DAFV nahm Ingo Bruger (AV Neubrandenburg e.V.) entgegen und das Große Goldene Ehrenzeichen des DAFV Helmut Grell (AV Zierker See e.V.) und Erwin Behm (AV Rothenklempenow e. V.) Mit der Ehrenmitgliedschaft im LAV M-V e.V. wurde Horst Friedrich bedacht. Ihnen gebührt der besondere Dank aller, für ihre um-fangreiche und stete Arbeit in ihren Vereinen und im Verband!

Vertreter aus Politik und Gesellschaft richteten zuvor ihre Grußworte an die Versammlung.

Ein vordringliches thema war das drohende Verbot der Freizeitfischerei in der Allgemeinen Wirtschaftszone (AWZ) in der Ostsee. Landwirtschafts- und Umweltmi-nister Dr. till Backhaus (SPD) sagte dazu: „Mit mir wird es das Angelverbot nicht geben! Die Kadetrinne ist die meistbefahrene Wasserautobahn der Welt. Die in diesem Umfang zum Schutzgebiet machen zu wollen, ist nicht nachzuvollziehen.“

Weiterhin wurde Stellung genommen zum umstrittenen thema der Natura 2000 Managementplanung. ‚Nicht unter Ausschluss des Menschen‘ war Grundtenor der Redner. Burkhard Lenz, CDU, sagte:„Der LAV handelt nach der Devise Schutz durch Nutzung. Dies sehen wir ebenfalls als einzige Chance, den Naturschutz verständ-lich und erlebbar zu machen.“Prof. Dr. Fritz tack, DIE LINKE, lobte das große Enga-gement der Anglerschaft bei Gewässerpflege und Rena-turierung, der Fischhege und Artenschutzarbeit, bei der ehrenamtlichen Arbeit und der umfassenden Einbezie-hung der Jugend. Er mahnt in diesem Zusammenhang vor weiterer Rückdrängung der Freizeitfischer: „Umwelt und Naturschutz geht nicht ohne die Angler, nur mit Ihnen!“

LAV-Präsident Prof. Dr. Karl-Heinz Brillowski berichtete in seiner Bilanz von anwachsender Mitgliederzahl in der zurückliegenden Amtszeit seit 2012. Die Fläche der zum Angeln bereitgestellten Pacht- und Eigentumsge-wässer sowie der Gewässer der Berufsfischerei hat zu-genommen. Die Anglerinnen und Angler, die im größten Naturschutzverband des Landes M-V organisiert sind, leisten unübersehbare Dienste bei ihren umfangreichen Gewässerpflege-, Fischhege- und Naturschutzarbeiten. Dies wird inzwischen verstärkt von den Menschen im Land wahrgenommen. „Schutz durch nachhaltige Nutzung“ ist das erkennbare Credo aller Mitglieder des LAV M-V e.V.

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/201618

Aus dem Fischereiverband

Sehr geehrte Delegierte, sehr geehrte Gäste,

die diesjährige Landesdelegiertenkonferenz (LDK) un-seres Verbandes hat als Höhepunkt die Wahl des Prä-sidiums zum Gegenstand.Aus diesem Anlass ist es angebracht, zum einen auf Erreichtes der vergangenen vier Jahre zu schauen. Das hat ausführlich im Delegiertenmaterial seinen Nieder-schlag gefunden und muss nicht noch einmal wiederholt werden; alle Anwesenden haben das Material mit der Einladung erhalten. Vielmehr möchte ich mit meinen Ausführungen zur Eröff-nung unserer heutigen Veranstaltung den Blick darauf richten, worauf wir uns alle und insbesondere das neu zu wählende Präsidium in den kommenden Jahren kon-zentrieren müssen.Ganz oben steht dort die weitere Umsetzung der Maß-nahmen des Netzes Natura 2000 und die Probleme, die sich daraus künftig für die Ausübung des Angelns in M-V ergeben.In der Eröffnungsansprache zur LDK 2015 konnten Beispiele einer erfreulichen Entwicklung zum thema „Angeln in Schutzgebieten“ gewürdigt werden (Biosphä-renreservat SO-Rügen und Flusslandschaft Elbe). Hier hat sich das Blatt grundlegend gewandelt, vor allem die Sicht der Entscheidungsträger auf die Umsetzung von Maßnahmen „Natura 2000“. Ursprünglich wurden die Bedenken der von der Mel-dung von FFH- und Vogelschutzgebieten Betroffenen beschwichtigt mit der Aussage: „Die bisherige Nutzung kann fortgeführt werden, sofern keine Verschlechterung der natürlichen Bedingungen eintritt.“ Heute heißt es: „Die Nutzung durch den Menschen ist zu beschränken bzw. völlig einzustellen, da keine Verbes-serung der natürlichen Bedingungen festzustellen ist.“Das ist eine komplette Kehrtwende um 180° und ohne sachliche Begründung!An deren Stelle treten vage Behauptungen wie „die Nutzung bzw. Störungen durch den Menschen könnte die Ursache für die ausgebliebenen Verbesserungen sein“, obwohl es neben anthropogenen Einflüssen min-destens zwei weitere Wirkfaktoren auf die Entwicklung von Habitaten und Populationen gibt:Abiotische (z.B. Klima) und biotische (z.B. Konkurrenz um Lebensräume und Nahrung) Wie markant gerade letztere sein können, zeigt das Geschehen im Winterlager Hafengebiet Stralsund. Dort haben im vergangenen Winter 2015/16 – der eigentlich gar kein richtiger war – Kegelrobben das Winterlager als gut gefüllte Speisekammer entdeckt mit dem Effekt, dass sich sehr bald kein Fisch mehr im Hafen-bereich Stralsund aufgehalten hat. Die mit Blick auf die Anglerfänge in den Winterlagern initiierte Forschung

könnte sich nunmehr bestenfalls darauf konzentrieren, welchen Ersatz Zander, Hecht, Barsch und Co. für die Überwinterung gefunden haben.

Der gegenwärtig zu verzeichnende Sinneswandel bei der Umsetzung von Natura 2000 ist weder von Sach-kunde, nicht einmal von gesundem Menschenverstand geprägt, er ist schlechthin ein Ausdruck von Panik und Willkür angesichts des angedrohten Vertragsver-letzungsverfahrens der EU gegen die Bundesrepublik wegen nicht erledigter Hausaufgaben:

Deutschland hatte bis 2014 für 2663 von 2784 gemel-deten Gebieten geplante Erhaltungsmaßnahmen nicht festgelegt.Unter dem jetzigen Zeitdruck wird offenbar als einzi-ger Ausweg gesehen: Höchstmöglichen Schutzstatus verhängen!

Der unsere Interessen betreffende aktuelle Fall sind die Entwürfe der Verordnungen des Bundes über die Fest-setzung von acht FFH-Gebieten als Naturschutzgebiete in den deutschen ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) der Nord- und Ostsee und dem damit verbun-denen Verbot der Freizeitfischerei in diesen Gebieten.Die Argumentation dazu ist nicht nachvollziehbar: Wäh-rend in den benannten Gebieten jeglicher Schiffs- und Bootsverkehr uneingeschränkt erlaubt ist, Windkraftanla-gen und Pipelines weiterhin gebaut und Bodenschätze ab-gebaut werden dürfen, soll das Angeln verboten werden.Gegen dieses Verbot gibt es zahlreiche und vielschichtige Proteste aus der gesamten Bundesrepublik, nicht nur von Fischerei- und Angelverbänden, sondern auch aus den Reihen von Politikern des Bundestages und der Landtage.Von besonderer Bedeutung für uns ist die darunter folgende Kernaussage der Pressemitteilung des Lan-desfischereiverbandes M-V vom 23.05.2016 zum thema „Verbot der Freizeitfischerei in den FFH- und Vogelschutzgebieten in den deutschen AWZ der Nord- und Ostsee:“ Die Begründungen für das Verbot sind fadenscheinig. Weder Habitate noch Flora und Fauna, darunter Seevögel und Schweinswale werden gefährdet oder in ihrer Existenz bedroht. Wir sehen in diesen Plä-nen den Beginn einer weit umfangreicheren Kampagne gegen die Fischerei insgesamt und sagen:

„Wehret den Anfängen!“,und das müssen und werden auch wir als Angler tun.

Interessant der Beitrag von Herrn Prof. Dr. Henning von Nordheim anläßlich des Fischereitages des Verbandes der Kutter- und Küstenfischer am 03.06.2016: „Wozu die Aufregung über das Angelverbot in Kadetrinne

Eröffnungsansprache LDK 2016

Prof. Dr. Karl-Heinz Brillowski, Präsident des Landesanglerverbandes M-V e.V.

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/2016 19

Aus dem Fischereiverband

und auf Rönnebank? Dort wird ja gar nicht geangelt!“Unsere Frage: Wozu dann ein Angelverbot?

Neben der Willkür auf höchster Ebene scheint diese auch auf nachgeordneten Fuß zu fassen, Beispiel: Nut-zungsentgelte für Wasserflächen des Bundes.Dieser Fall beschäftigt uns bereits seit mehreren Jahren und ich möchte nicht mit allen Details der Vergangenheit langweilen. Deshalb kurz zum aktuellen Stand:Aufgrund einer Änderung im Haushaltsvermerk des Bundes ist es seit längerem für eine Reduzierung der o.a. Nutzungsentgelte nicht mehr ausreichend, wenn Vereine gemeinnützig sind. Bedeutsam für Angelvereine ist in diesem Zusammenhang eine Aussage in der „Verwal-tungsvorschrift der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (VV-WSV) – Nutzungsentgelte – VV – WSV 2604, Version2014.1“ auf Seite 57, letzter Absatz zu Maßgabe 5:

„Gemeinnützige Angelvereine bekommen die 50%-Re-duktion, wenn ihre Satzung die Förderung der Sport- und/oder Freizeitschifffahrt enthält“.

Darauf Bezug nehmend hatten wir den Angelvereinen an der Küste empfohlen, zu den originären Aufga-ben eines jeden Angelvereins wie Förderung des Na-turschutzes und der Landschaftspflege, Erhalten und Schaffen gesunder Gewässer mit einem artenreichen Fischbestand, Förderung der Jugendarbeit und des Cas-tings zusätzlich die Förderung der Freizeitschifffahrt aufzunehmen. Die Folge davon war, dass den Vereinen wegen der Aufnahme der Freizeitschifffahrt als Zweck des Vereins der Entzug der Gemeinnützigkeit durch die zuständigen Finanzämter angekündigt wurde.Um Klärung des Sachverhalts war im August 2013 das Finanzministerium M-V ersucht worden, das nach einer Bearbeitungszeit von 15 Monaten den o.g. Bescheid der Finanzämter bestätigte. In der Begründung wurde u.a. formuliert, dass die gemeinnützigkeitsschädliche Aufnahme der Freizeitschifffahrt als Vereinszweck„ … auch auf entsprechende Anregungen der Wasser- und Schifffahrtsversorgung zurückzuführen sein soll.“ Was soll dieser Konjunktiv? Hatte es der Bearbeiter im Finanzministerium nicht einmal für nötig gehalten, in die zitierte Verwaltungsvorschrift einzusehen?Gegenwärtig sind wir um Schadensbegrenzung bemüht und haben die Vereine veranlasst, ihre Satzungen erneut zu ändern.Wir behalten uns jedoch eine verwaltungsrechtliche Prüfung des gesamten Geschehens vor.Der vorgenannte Fall zeigt ein weiteres grundsätzliches Problem auf, für das wir überhaupt kein Verständnis aufbringen können: Die außergewöhnlich lange Bear-beitungsdauer von Vorgängen.Erstes Beispiel: Die „Richtlinie zur Förderung der Fi-scherei, Aquakultur und Fischwirtschaft in M-V“ – Vor-

aussetzung zur Inanspruchnahme der Mittel des EMFF – befindet sich seit Januar beim Landesrechnungshof und harrt dort ihrer Bestätigung. Ohne diese Richtlinie ist z.B. eine Bearbeitung der anstehenden Förderanträge zum Aalbesatz 2016 nicht möglich.Der Aalmanagementplan für M-V erfordert regelmäßig einen jährlichen Aalbesatz in einer definierten Mindest-höhe. Die Umsetzung des Managementplans ist zum einen durch die schleppende Bearbeitung der Richtlinie gefährdet. Zusätzlich droht Ungemach durch die aus-stehende Verfügbarkeit eines Computerprogramms für die Umsetzung des EMFF.Nach unseren Recherchen stehen in einigen Aalfarmen noch vorgestreckte Aale zur Verfügung. Eine Frage ist: Wie lange noch? Und eine weitere: Wie groß sind die Überlebenschancen von in den Sommermonaten ausgebrachten Satzaalen?

Ein zweites Beispiel für „langen Atem“: Seit Mai 2014 liegt der Endbericht der Kormoran-Studie für M-V vor, ausgeführt durch die Uni Rostock und finanziert mit 80.000 € aus der Fischereiabgabe. In der Studie sind u.a. auch Maßnahmen zur Reduzierung des Bruterfolgs aufgeführt. Eine Entscheidung, welche dieser Maßnah-men wann und wo ergriffen werden sollen, steht bis heute aus.

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Delegierte,

unserem Appell im letzten Jahr, gleiche Veranstaltung an die anwesenden Politiker bezüglich des Haushalts-vermerks zur Verwendung der Einnahmen aus dem Verkauf von Ostsee-Angelkarten im Doppelhaushalt 2016/2017 war leider nur ein teilerfolg beschieden: Die Verwendung der Mittel wurde neben der Finan-zierung von Besatzmaßnahmen auch auf deren wis-senschaftliche Vorbereitung und Effizienzkontrollen ausgeweitet und die Mittel sind übertragbar.Bezüglich der Höhe der bereitgestellten Mittel ist der prozentuale Anteil von zuletzt 15% seit 2010 nochmals reduziert worden auf nunmehr 10% der Einnahmen.Von größtem Interesse wird für uns künftig die tatsäch-liche Verwendung der Mittel des titels 685.02 sein.Gleiches gilt für die Verwendung der Einnahmen der Maßnahmegruppe MG 12 des Haushalts (Fischereiab-gabe), insbesondere unter dem durch den Landesrech-nungshof eingeforderten Aspekt der Gruppennützigkeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren aus Politik und Verwaltung des Landes,

auch heute gestatten wir uns einen Vorstoß in puncto Akzeptanz unseres Verbandes.Der LAV M-V ist Fachverband für die Vorbereitung auf die Fischereischeinprüfung.

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/201620

Aus dem Fischereiverband

Angesichts dieser Qualifikation wäre es folgerichtig, wenn der LAV M-V als weiterer Prüfungsberechtigter un-ter §1 der Verordnung über die Fischereischeinprüfung des Landes M-V (FSchPrVO M-V) aufgenommen würde.

Gegenwärtig holen sich die zuständigen Ämter ohnehin fachlichen Beistand bei der Durchführung der Prüfungen aus den Reihen der Lehrberechtigten des LAV oder Be-leihen diese sogar mit der Durchführung der Prüfungen. Mit der vorgeschlagenen Änderung des §1 könnten die Ämter entlastet und die Prüfungstermine dem Bedarf besser angepasst werden.

Sehr geehrte Gäste, liebe Anglerinnen und Angler,

für die heutige Eröffnungsrede habe ich professionelle Beratung in Anspruch genommen und als eine Empfeh-lung daraus greife ich gern Folgendes auf:

Ende positiv und hoffnungsvoll!

Mit Blick auf unser Hauptbetätigungsfeld der Zukunft „Umsetzung Natura 2000“ zitiere ich als Einstieg grund-legende Ausführungen der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission:„Das Natura-2000-Netz“ ist nicht nur ein Netz von Naturschutzgebieten.

Seine Vision ist, dass Menschen und Natur am besten in einer Partnerschaft zusammenarbeiten.Natura 2000 strebt nicht danach, Wirtschaftstätigkeiten des Menschen auszugrenzen, sondern gewährleistet, dass sie mit dem Erhalt von wertvollen Arten und Le-bensräumen vereinbar sind. …Durch Förderung nachhaltiger Forstwirtschaft, Fischerei, Landwirtschaft und einen nachhaltigen tourismus eröff-net das Netz den Menschen, die in diesen Gebieten leben und auf Wirtschaftstätigkeit angewiesen sind, eine langfristige Zukunft.“

Das ist der Wille der EU und nicht überzogener, einseiti-ger Schutz der Natur durch Ausgrenzung der Menschen, wie er uns immer wieder zugemutet wird.Diese Sicht der Generaldirektion Umwelt der EU müssen wir alle bei jeder Gelegenheit in den Mittelpunkt von Auseinandersetzungen um Natura 2000 stellen,dann werden sich auch Sachkunde und Vernunft durch-setzen gegen missionarischen Eifer und beinahe krank-haft anmutenden Ehrgeiz von Akteuren, die der Auffas-sung sind, sie seien die einzig wahren Naturschützer.

Das ist am Ende meine Vision, für die ich mich auch künftig mit aller Kraft einsetzen werde.

Das neue Jahr hatte kaum begonnen, da kam auf großen Schritten Ärger aus Bonn auf uns Angler zu: Per Mail vom 20.1.2016 forderte das Bundesumweltministerium uns innerhalb von einem Monat zu einer Stellungnahme zu Verordnungsentwürfen auf. Sechs Schutzgebiets-verordnungen in Nord- und Ostsee in den deutschen ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) sind zur Um-setzung von acht gemeldeten FFH-Gebieten geplant. Dazu sollen Naturschutzgebiete (NSG) mit enormen Ausdehnungen eingerichtet werden. Für uns in Meck-lenburg-Vorpommern sind die beiden Verordnungen Kadetrinne mit 100 km2 (vor Rostock) und Pommersche Bucht-Rönnebank mit 2.090 km2 (mit Adlergrund, West-liche Rönnebank, Pommersche Bucht mit Oderbank) von besonderem Interesse.

Und welche Verbote sind u. a. geplant? Das Angeln komplett und ganzjährig! Eine wissenschaftliche Be-gründung warum ein totalverbot notwendig sei, las-sen die Verordnungsentwürfe zu unserer Überraschung vermissen. Auch belastbare Daten zur Frequentierung der Gebiete durch Angler liegen nicht vor. Ebenso ver-

missen wir verlässliche Angaben zu Konzentrationen von Seevögeln. Die immer wieder ins Feld geführten Fluchtdistanzen zwischen Booten und Seevögeln von über 2 km können wir aus praktischer Erfahrung nicht bestätigen. Sie sind immer wesentlich geringer als in der Literatur verzeichnet. Die behaupteten Einflüsse durch angebliches Ankern oder abgerissene Köder geht an der Wirklichkeit vorbei. Wer ankert beim Angeln? Offensichtlich ist das BMUB der Meinung, kleine Kunst-köder und Bleie würden den Gewässergrund massiv schädigen, wie auch die ca. 21 m langen Hochseean-gelkutter und die kleinen Privatboote (tiefgang max. 2,50 m). Im wirtschaftlichen Bereich gibt es jedoch keine Einschränkungen. Schiffe mit einem tiefgang bis zu 15 m dürfen weiterhin das Gebiet durchfahren und deren Zahl beläuft sich auf ca. 65.000 pro Jahr, ten-denz zunehmend. Diese Schiffe erzeugen eine mächtige Sogwirkung und bei geringen Wassertiefen kann man sich gut vorstellen, welche Auswirkungen das auf die Unterwasserfauna hat. Überdies können alle Segel- und Motorboote in unlimitierter Zahl das Gebiet nutzen, mit allen denkbaren Wirkungen, aber wehe, der Mensch

Drohendes Verbot der Freizeitfischerei in der AWZ von Ost- und NordseeThorsten Wichmann, LAV-Vizepräsident für Umwelt-, Natur- und Artenschutz

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/2016 21

Aus dem Fischereiverband

holt die Angel raus. Dann ist es unverträglich! Es ist nicht nachzuvollziehen, warum Freizeitfischer das Gebiet mehr beeinflussen sollen als die gesamte Schifffahrt. Eine Gefährdung der Meeressäuger durch die Freizeitfi-scherei kann das Umweltministerium doch nicht ernsthaft befürchten? Gehen Wale, Robben und Seehunde an die Angeln? Der Versuch, die Entnahmemenge von Dorsch durch die Angler mit dieser Maßnahme zu begrenzen, ist rechtssystematisch abwegig. Für die Fischerei gibt es in der EU die gemeinsame Fischereipolitik mit ihrem Instrumentarium, zudem sind die Anglerfänge bei der Quotenfindung durch die Wissenschaft berücksichtigt. Die Vogel- und FFH-Schutzrichtlinien sollen nicht die Fischerei regeln, sondern Arten- und Biotopschutz si-

chern. Der Dorsch ist aber keine geschützte Art nach vorgenannten Richtlinien und überdies nicht gefährdet. Ein Verbot ohne Faktengrundlage und ohne Begründung also. Sieht so eine seriöse Naturschutzpolitik aus?

Sollten diese Pläne Wirklichkeit werden, dann ist das Angelparadies M-V, wie Minister Backhaus es immer nennt, Geschichte! Davon betroffen sind zuvorderst erstmal die Angler. In 2015 wurden laut Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF) 131.874 Angelberechtigungen für die Küsten-gewässer ausgegeben. Doch über die Angler direkt hinaus ist natürlich auch die Wirtschaft betroffen. Viele Angler kommen als touristen in unser Land, übernachten in Pensionen, Hotels oder auf Campingplätzen und fahren entweder mit eigenem Boot oder mit Anbietern von Angeltouren auf die Ostsee. Auch diese Gewerbe sind von solchen totalverboten betroffen. Und das alles ohne fundierte naturschutzfachliche Grundlage.

Zu den Einzelheiten: Die Umsetzung der FFH-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie und der Festlegung von Meeresschutzgebieten ist sicher notwendig und richtig. Ob es dazu der Festlegung von Naturschutzgebieten bedarf, darüber könnte man sich vortrefflich streiten. Aus unserer Sicht ist das von der EU nicht zwingend gefordert. Andererseits wären auch NSG ohne Verbot der Freizeitfischerei denkbar.Welcher Schutzzweck wird verfolgt? Ziel sind Erhaltung bzw. Wiederherstellung der ökologischen Werte und Funktionen des Gebietes, insbesondere Morphodynamik

(reliefbildende Prozesse), marine Makrophyten (höhere Wasserpflanzen); Bestände der Schweinswale, Kegel-robben und Seevogelarten sowie die Vernetzung der benthischen Lebensgemeinschaften (Gemeinschaften des Meeresbodens). Auch der Stör und die Finte sollen gefördert werden. Welche Verbote sind geplant? Das Einbringen von Bag-gergut, Einrichtung und Betrieb von Aqakulturen und das Ausbringen von tieren und Pflanzen gebietsfremder Arten sowie die Freizeitfischerei. Ausgenommen sind Flugverkehr, Schifffahrt, nach internationalem Recht erlaubte militärische Nutzung und Berufsfischerei so-wie Maßnahmen der NSG-Verwaltung und öffentliche Aufgaben. Welche Projekte und Pläne sind zulässig? Projekte zur Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind, zur Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen, zur Errichtung und zum Betrieb von Rohrleitungen und unterseeischen Kabeln innerhalb des Naturschutzgebietes sind vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit dem Schutzzweck zu prüfen. Sie wären zulässig, wenn sie nicht zu erheblichen Beein-trächtigungen der für den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile des Gebietes führen können.

Also zusammengefasst: Während Offshore-Windkraft, das Heben von Bodenschätzen und das Verlegen von Leitungen und Kabeln privilegiert werden und möglich sein sollen – die wohl kaum als nachhaltig und dem Schutzzweck dienlich bezeichnet werden können – wird die Freizeitfischerei verboten! Das gleicht dem Schießen auf Spatzen mit Kanonen. Mit dieser geplanten drasti-schen Maßnahme werden die Einflüsse auf Flora und Fauna nur unwesentlich verringert. Die Einordnung des Angelns als erheblich gegenüber den Schutzzwecken ist falsch, durch nichts begründet und abzulehnen!

Mittlerweile hat sich eine massive Protestwelle gegen die geplanten Verbote entfaltet. Die Landesanglerver-bände von M-V und S-H haben den Dachverband, DAFV mit den anderen Landesverbänden an ihrer Seite. Eine Onlinepetition hat bisher tausende Unterschriften erbracht, über Facebook wurden über Hunderttausende Nutzer erreicht. Die tourismusverbände von M-V und S-H haben sich dagegen ausgesprochen, beide Land-wirtschaftsministerien und die Landtage haben sich klar gegen das Verbot positioniert. Die Bundesabgeordneten aus M-V und S-H sprachen sich nahezu alle ebenso dagegen aus. Der Bundeslandwirtschaftsminister hat sich pro Angler positioniert. In Schleswig-Holstein ha-ben sogar 2 Kreistage und Bürgermeister von diversen Kommunen Beschlüsse gegen das Verbot gefasst. Die Bundesministerin plant nach Informationen aus gut unterrichteten Kreisen, die Verordnung im Juli zu unter-zeichnen. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass der Widerstand erfolgreich ist, die Vernunft siegt und nicht der blanke Dogmatismus.

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/201622

Aus der Forschung

Einleitung

Eine Selektionslinie der Regenbogenforelle am Standort Born hat ihren Ursprung in den Jahren 1975-1978. Aus diesem Anfangsbestand wurde 1978 die erste Filialgeneration erzeugt und seither fortgeführt (Anders, 1986). Die züchterische Bearbeitung in Born fokussierte damals auf die am schnellsten wachsenden tiere (Vor-wüchser) und es wurde durch natürliche Selektion nach Krankheitswiderstandsfähigkeit ausgewählt. Erste vergleichende Untersuchungen der BORN-Forelle mit anderen Regenbogenforellenstämmen fanden schon mit tieren der dritten und vierten Generation Ende der 1980iger Jahre statt. Im Vergleich mit einem dänischen Forellenstamm zeigten sich deutlich schlechtere Ab-wachsleistungen sowohl in der Aufzuchtphase als auch während der Speisefischproduktion. Die Stückmassen, die Gesamtmassen und die täglichen Wachstumsraten waren bei den dänischen Forellen deutlich höher als bei der BORN-Forelle respektive der Futterumsatz deutlich geringer (Anders, 1986). Jüngere Studien zeigen anhand von Belastungsexperi-menten, dass BORN-Forellen bei einer Infektion mit dem Erreger der Furunkulose (Aeromonas salmonicida) sig-nifikant besser Überleben als Vergleichsfische (Korytá€, 2013). BORN-Forellen haben sich an regionale Umwelt-einflüsse adaptiert, zeigen höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Pathogenen in Verbindung mit einem guten

Wachstum und entsprechender Fitness (Goldammer et al., 2013). BORN-Forellen eignen sich somit als standortgerechte Fischzuchtlinien für die Erzeugung hochwertiger Fischprodukte aus regionaler Aquakultur.Stahlkopfforelle und Regenbogenforelle sind verschiede-ne Stämme derselben Art Oncorhynchus mykiss (Cowx, 2014). Der Lebenszyklus der Stahlkopfforelle umfasst Süßwasser- und marine Phasen. Im Süßwasser erfolgt die Reproduktion und die tiere leben bis zu vier Jahre in den Flüssen (Scott & Crossman 1973, Wooding 1994). Sobald Stahlkopfforellen auf ihrer Wanderung zum Ozean die Ästuare erreichen, wachsen sie sehr schnell und können ihre Masse innerhalb von zwei Wo-chen verdoppeln bis verdreifachen (Childerhose & trim, 1979). Stahlkopfforellen erreichen im Mittel 50-75 cm Körperlänge und liegen damit im Vergleich deutlich vor den Regenbogenforellen mit im Mittel 30-45 cm Körperlänge (Cowx, 2014). Unter optimalen Nahrungs- und Wasserbedingungen wachsen Stahlkopfforellen 7 – 10 kg im Zeitraum von drei Jahren, wohingegen Regenbogenforellen zum Vergleich nur 4,5 kg erreichen (Cowx, 2014). Die Zucht der Stahlkopfforellen richtet sich laut Hersteller auf Schnellwüchsigkeit und hohe Überlebensfähigkeit (troutlodge, 2014).In der vorliegenden Untersuchung sollte überprüft werden, ob die regional gezüchtete BORN-Forelle für die standortgerechte Aquakultur besser geeignet ist als Importfische. Für die Studie wurde eine definierte

Vergleichende Untersuchungen der Abwachsleistungen von Forellen (Oncorhynchus mykiss) (Walbaum, 1792) der Selektionslinie BORN mit Stahlkopfforellen

Dr. Ralf Bochert – LFA MV, Institut für Fischerei, Aquakultur BornDr. Tom Goldammer – Leibniz-Institut für Nutztierbiologie, Abteilung Fischgenetik, Dummerstorf

Abb. 1:Mittlere Frischmassezunahme von Regenbogenforellen unter Brackwasserbedingungen in

Durchflussrinnen in Born im Jahre 2014. SD- Standardabweichung, Bo- Regenbogenforelle Born, Sk- Stahlkopfforelle

80130180230280330380430480

0 36 74 107 128

Fris

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Anzahl Versuchstage

Mittlere Masse ± SD

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Sk

Abb. 1:Mittlere Frischmassezunahme von Regenbogenforellen unter Brackwasserbedingungen in Durchflussrinnen in Born im Jahre 2014. SD- Standardabweichung, Bo- Regenbogenforelle Born, Sk- Stahlkopfforelle

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/2016 23

Aus der Forschung

parallele Produktion wirtschaftlich relevanter Fischmen-gen in technologisch unterschiedlich betriebenen regi-onalen Aquakulturanlagen mit zusätzlich differentem Selektionsdruck durchgeführt.

Methoden

Die Versuche wurden mit zwei Forellenlinien durchge-führt. Regenbogenforellen der brackwasseradaptierten Selektionslinie BORN (RFBo), nachfolgend auch als BORN-Forelle bezeichnet, wurden im Frühjahr 2013 aus dem Laich der Elterntiere am Standort gewonnen. Nachkommen der Stahlkopfforelle (RFSk) wurden aus Augenpunkteiern erbrütet, die im Frühjahr 2013 über den Handel aus den USA geliefert wurden. Diese Eier waren sterilisiert und als rein weiblich deklariert. Die Aufzucht und das Vorstrecken erfolgten unter Durch-flussbedingungen mit natürlichen Schwankungen der Umweltparamater. Gefüttert wurde handelsübliches Forellenfutter. Die vergleichenden Untersuchungen wurden an drei Standorten durchgeführt: Rinnenanlage im Durchfluss eines Oberflächengewässers (RA), Netzkäfiganlage in einem Oberflächengewässer (NK) und Durchflussanlage am Forschungszentrum in Born (BO). Zum Versuchsbeginn hatten die Satzfische jeweils Frisch-massen (FM) von größer 100 g. Der Besatz erfolgte mit praxisüblichen Dichten von 60 kg (BO) bis 150 kg (RA). Der Versuchsbeginn war in der RA der 16.01.14, bei NK und in BO der 10.02.14. Die Besatzdichten betrugen in Hinblick auf den Endbesatz 10 kg/m³ (NK),

15 kg/m³ (RA), und 73 kg/m³ (BO). Die parallele Mast der Forellen erfolgte unter den praxisüblichen Bedin-gungen der jeweiligen Fischzüchter. tägliche Mess- und Dokumentationswerte waren die Wassertemperatur, der Sauerstoffgehalt, die Futtermenge und die Stückverluste. Wöchentlich wurden Wasserproben entnommen und die Gehalte an Nitrat, Nitrit und Ammonium durch Mitar-beiter der LFA in Born bestimmt. Monatlich erfolgten an allen Standorten Messungen (Frischmasse, totallänge) an 100 tieren durch Mitarbeiter der LFA. Nach Errei-chen des Zielgewichtes von > 350 g FM wurden die Gesamtmassen bestimmt und die Frischmassen und totallängen von 50 tieren erfasst. Für eine Schlachtkör-peranalyse wurden jeweils zehn tiere pro Gruppe zum Versuchsende entnommen und frisch bearbeitet. Aus den ermittelten Werten wurden der hepatosomatische Index (HSI) und der gonadosomatische Index (GSI) berechnet.Für die statistische Auswertung in R (Version 2.1.3.1.) wurden die Daten mit dem Shapiro-Wilk-test auf Nor-malverteilung überprüft. Bei Vorliegen von normalverteil-ten Stichproben wurden die Mittelwerte mit dem t-test analysiert. Im abweichenden Fall wurde der Mann-Whit-ney U-test durchgeführt. Das Signifikanzlevel wurde auf p < 0,05 festgelegt.

Ergebnisse

Durchflussanlage Forschungsanlage Born

Zum Versuchsbeginn Anfang Februar starteten bei-de Gruppen mit mittleren Frischmassen von 116 g. Versuchsende war nach Erreichen von Frischmassen

Abb. 2: Stückverluste kumuliert (kum.) und Wassertemperatur in Durchflussrinnen in Born bei der Mast von Forellen im Jahre 2014. Bo- Regenbogenforelle Born, Sk- Stahlkopfforelle

Abb. 2: Stückverluste kumuliert (kum.) und Wassertemperatur in Durchflussrinnen in Born bei der Mast von Forellen im Jahre 2014. Bo- Regenbogenforelle Born, Sk- Stahlkopfforelle

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24. Feb. 10. Mrz. 24. Mrz. 7. Apr. 21. Apr. 5. Mai. 19. Mai. 2. Jun. 16. Jun.

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/201624

Aus der Forschung

> 350 g nach 128 tagen. Während der Mastphase und am Versuchsende konnten zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede in der Abwachsleistung festgestellt werden. Die RFBo beendeten den Versuch mit im Mittel 398 g etwas schwerer als die RFSk mit 388 g (Abb. 1). Die Wassertemperaturen erreichten Anfang April Werte größer 10 °C und stiegen Ende Mai auf über 20 °C (Maximum 22,5 °C) an. Ein hoher Verlust von 70 tieren trat bei den RFBo Anfang Mai auf, dessen Ursache auf technische Probleme bei der Sauerstoffversorgung zurückführbar war. Ansonsten zeigten beide Gruppen hohe Überlebensraten mit 94 % für die RFSk. Das Verlust-geschehen häufte sich bei den RFSk bei Überschreiten der 10 °C und 20 °C Schwelle wohingegen die RFBo bei 20 °C Probleme zeigten (Abb. 2).Zum Versuchsende ergaben sich bei beiden Versuchs-gruppen ähnliche Leistungsparameter. Die täglichen Wachstumsraten betrugen 0,94 und 0,97 %/tag (tab. 1). Für den Futterquotienten ergaben sich mäßige Werte die bei den RFBo mit 1,51 schlechter waren als der FQ von 1,44 für die RFSk. Bei der Analyse der Schlachtkörper ergaben sich kaum Unterschiede. Die Schlachtkörperan-teile betrugen 88 – 88,7 % der Frischmassen (tab. 2). Der Filetanteil war bei den RFSk mit 43,5 % signifikant höher als in der Vergleichsgruppe, wohingegen die

RFBo mit 3,5 % etwas mehr Eingeweidefett besaßen. Gonaden waren nur unmerklich ausgebildet. Die Kon-ditionsfaktoren lagen bei 1,3-1,4.

Rinnenanalage im Durchfluss eines Oberflächengewässers

Für die Rinnenanlage standen zu Versuchsbeginn Mitte Januar keine einheitlichen Satzfische zur Verfügung. Die mittleren Frischmassen der RFBo lagen mit 105 g deutlich unter den Werten der Vergleichsgruppe (141 g). Dies führte zu unterschiedlichen Versuchsenden für die RFSk Anfang Mai nach 111 tagen (386 g) und die RFBo nach 130 tagen (418 g) (Abb. 3). Während der Mastphase blieben die Wachstumsvorteile der RFSk weiterhin sichtbar. Die Wassertemperaturen sanken bis Ende Januar noch einmal ab, erreichten Anfang April Werte größer 10°C und stiegen erst zum Versuchsende im Mai auf über 20 °C an. In beiden Gruppen traten schleichende Verluste auf (Abb. 4). Die Überlebensraten betrugen bei beiden Gruppen 96,2 %. Das Verlustge-schehen zeigte im Verlauf keine Spitzen.Für die Futterquotienten ergaben sich zum Versuchsende sehr gute Werte von 0,99 – 1,01. Die tägliche Wachs-tumsrate lag für die RFBo mit 1,06 %/tag besser als für die RFSk mit 0,9 %/tag (tab. 3).Die Schlachtkörper-

Tab. 1: Leistungsparameter von Forellen unter Durchflussbedingungen in Born bei der Mast im Jahre 2014. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo RFSk Besatz (kg) 58 60 Besatz Frischmasse Mittel (g) 115,7 116,7 Besatz (Stück) 500 500 Futtermenge in kg 142,84 147,74 Ende Frischmasse Mittel (g) 398,2 388,2 Verluste (Stück) 89 29 Ende Gesamtmasse (kg) 152,8 162,7 Zuwachs in kg 94,8 102,7 Tägliche Wachstumsrate (SGR) (%/d) 0,97 0,94 FQ 1,51 1,44 Tab. 2: Schlachtkörperzusammensetzung unter Durchflussbedingungen in Born bei der Mast von Forellen im Jahre 2014. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle RFBo (n=10) RFSk (n=10) Stückmasse (g) 399,8 ± 28,0 386,6 ± 51,2 Totallänge (cm) 31,0 ± 0,9 30,4 ± 1,5 Schlachtkörper (%) 88,0 ± 1,3 88,7 ± 1,0 Filet ohne Haut (F %) 41,7 ± 1,6 43,5 ± 0,9 Leber (HSI)(%) 1,0 ± 0,1 1,0 ± 0,1 Fett (%) 3,5 ± 0,6 3,0 ± 1,2 Innereien (%) 6,2 ± 0,7 5,8 ± 1,1 Gonaden (GSI) (%) 0,2 ± 0,1 0,1 ± 0,0 Konditionsfaktor 1,3 ± 0,1 1,4 ± 0,1

Tab. 1: Leistungsparameter von Forellen unter Durchflussbedingungen in Born bei der Mast im Jahre 2014. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo RFSk Besatz (kg) 58 60 Besatz Frischmasse Mittel (g) 115,7 116,7 Besatz (Stück) 500 500 Futtermenge in kg 142,84 147,74 Ende Frischmasse Mittel (g) 398,2 388,2 Verluste (Stück) 89 29 Ende Gesamtmasse (kg) 152,8 162,7 Zuwachs in kg 94,8 102,7 Tägliche Wachstumsrate (SGR) (%/d) 0,97 0,94 FQ 1,51 1,44 Tab. 2: Schlachtkörperzusammensetzung unter Durchflussbedingungen in Born bei der Mast von Forellen im Jahre 2014. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle RFBo (n=10) RFSk (n=10) Stückmasse (g) 399,8 ± 28,0 386,6 ± 51,2 Totallänge (cm) 31,0 ± 0,9 30,4 ± 1,5 Schlachtkörper (%) 88,0 ± 1,3 88,7 ± 1,0 Filet ohne Haut (F %) 41,7 ± 1,6 43,5 ± 0,9 Leber (HSI)(%) 1,0 ± 0,1 1,0 ± 0,1 Fett (%) 3,5 ± 0,6 3,0 ± 1,2 Innereien (%) 6,2 ± 0,7 5,8 ± 1,1 Gonaden (GSI) (%) 0,2 ± 0,1 0,1 ± 0,0 Konditionsfaktor 1,3 ± 0,1 1,4 ± 0,1

Tab. 1: Leistungsparameter von Forellen unter Durchflussbedingungen in Born bei der Mast im Jahre 2014. RFBo- Regenbogen-forelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

Tab. 2: Schlachtkörperzusammensetzung unter Durchflussbedingungen in Born bei der Mast von Forellen im Jahre 2014. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/2016 25

Aus der Forschung

analysen ergaben kaum Unterschiede. Die Schlachtkör-peranteile betrugen 85 – 86 % der Frischmassen (tab. 4). Der Filetanteil (ohne Haut) war bei den RFSk mit 50,1 % signifikant höher als in der Vergleichsgruppe. Die tiere waren mit Eingeweidefettwerten von 1,4-2 % fettarm. Gonaden waren bei den RFBo nur unmerklich ausgebildet. Die Konditionsfaktoren lagen bei 1,3-1,5.

Netzkäfiganlage in einem Oberflächengewässer

Der Besatz der Versuchsgruppen in die Netzkäfiganla-ge erfolgte Anfang Februar. Die mittleren Frischmassen der RFBo lagen mit 111 g nur unwesentlich höher als in der Vergleichsgruppe (117 g). Mitte Juli wurde der Versuch nach 158 tagen beendet. Beide Vergleichs-

Abb. 3: Mittlere Frischmassezunahme von Regenbogenforellen in einer Rinnenanalage im Durchfluss eines Oberflächengewässers im Jahre 2014. SD- Standardabweichung, RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

Abb. 4: Stückverluste kumuliert (kum.) und Wassertemperatur in einer Rinnenanalage im Durchfluss eines Oberflächengewässers bei der Mast von Forellen im Jahre 2014, Bo- Regenbogenforelle Born, Sk- Stahlkopfforelle

Abb. 3: Mittlere Frischmassezunahme von Regenbogenforellen in einer Rinnenanalage im Durchfluss

eines Oberflächengewässers im Jahre 2014. SD- Standardabweichung, RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

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Abb. 4: Stückverluste kumuliert (kum.) und Wassertemperatur in einer Rinnenanalage im Durchfluss eines Oberflächengewässersbei der Mast von Forellen im Jahre 2014., Bo- Regenbogenforelle Born, Sk- Stahlkopfforelle

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17. Jan. 31. Jan. 14. Feb. 28. Feb. 14. Mrz. 28. Mrz. 11. Apr. 25. Apr. 9. Mai. 23. Mai.

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/201626

Aus der Forschung

Tab. 3: Leistungsparameter von Forellen im Jahre 2014bei der Mast in einer Rinnenanlage im Durchfluss eines Oberflächengewässers.RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo RFSk

Besatz (kg) 126,6 155,0 Besatz Frischmasse Mittel (g) 105,2 141,4 Besatz (Stück) 1203 1092 Futtermenge in kg 339 241 Ende Frischmasse Mittel (g) 418,6 385,8 Verluste (Stück) 46 42 Ende Gesamtmasse (kg) 460,7 397,9 Zuwachs in kg 334,1 242,9 Tägliche Wachstumsrate (SGR) (%/d) 1,06 0,90 FQ 1,01 0,99 Tab. 4: Schlachtkörperzusammensetzung bei der Mast von Forellen im Jahre 2014 in einer

Rinnenanlage im Durchfluss eines Oberflächengewässers. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo (n=10) RFSk (n=10) Stückmasse (g) 428,1 ± 72,8 417,5 ± 95,6 Totallänge (cm) 31,6 ± 1,8 30,4 ± 2,1 Schlachtkörper (%) 85,0 ± 2,4 85,9 ± 1,8 Filet ohne Haut (F %) 46,4 ± 3,3 50,1 ± 1,8 Leber (HSI)(%) 1,3 ± 0,1 1,1 ± 0,1 Fett (%) 2,0 ± 0,8 1,4 ± 0,4 Innereien (%) 9,0 ± 2,8 10,6 ± 1,8 Gonaden (GSI) (%) 0,1 ± 0,1 0,0 ± 0,0 Konditionsfaktor 1,3 ± 0,1 1,5 ± 0,1

Tab. 3: Leistungsparameter von Forellen im Jahre 2014bei der Mast in einer Rinnenanlage im Durchfluss eines Oberflächengewässers.RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo RFSk

Besatz (kg) 126,6 155,0 Besatz Frischmasse Mittel (g) 105,2 141,4 Besatz (Stück) 1203 1092 Futtermenge in kg 339 241 Ende Frischmasse Mittel (g) 418,6 385,8 Verluste (Stück) 46 42 Ende Gesamtmasse (kg) 460,7 397,9 Zuwachs in kg 334,1 242,9 Tägliche Wachstumsrate (SGR) (%/d) 1,06 0,90 FQ 1,01 0,99 Tab. 4: Schlachtkörperzusammensetzung bei der Mast von Forellen im Jahre 2014 in einer

Rinnenanlage im Durchfluss eines Oberflächengewässers. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo (n=10) RFSk (n=10) Stückmasse (g) 428,1 ± 72,8 417,5 ± 95,6 Totallänge (cm) 31,6 ± 1,8 30,4 ± 2,1 Schlachtkörper (%) 85,0 ± 2,4 85,9 ± 1,8 Filet ohne Haut (F %) 46,4 ± 3,3 50,1 ± 1,8 Leber (HSI)(%) 1,3 ± 0,1 1,1 ± 0,1 Fett (%) 2,0 ± 0,8 1,4 ± 0,4 Innereien (%) 9,0 ± 2,8 10,6 ± 1,8 Gonaden (GSI) (%) 0,1 ± 0,1 0,0 ± 0,0 Konditionsfaktor 1,3 ± 0,1 1,5 ± 0,1

Abb. 5: Mittlere Frischmassezunahme von Regenbogenforellen in einer Netzkäfiganlage eines Oberflächengewässers im Jahre 2014. SD- Standardabweichung, RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

Tab. 3: Leistungsparameter von Forellen im Jahre 2014 bei der Mast in einer Rinnenanlage im Durchfluss eines Oberflächenge-wässers. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

Tab. 4: Schlachtkörperzusammensetzung bei der Mast von Forellen im Jahre 2014 in einer Rinnenanlage im Durchfluss eines Oberflächengewässers. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

Abb. 5: Mittlere Frischmassezunahme von Regenbogenforellen in einer Netzkäfiganlage eines

Oberflächengewässers im Jahre 2014. SD- Standardabweichung, RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

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Mittlere Masse ± SD

RFBo

RFSk

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/2016 27

Aus der Forschung

gruppen hatten im Mittel fast 350 g Stückgewicht erreicht (Abb. 5). Während der Mastphase zeigten sich keine Unterschiede beim Wachstum, jedoch zeigten sich bei den RFSk massive Verluste. Mit dem Anstieg der Wassertemperatur über 10°C setzte eine kurzzeitig hohe Sterblichkeit von mehr als der Hälfte der tiere in dieser Versuchsgruppe ein. In beiden Versuchsgruppen stellten sich in den Folgewochen erhöhte schleichende Verluste ein. Die Verluste stiegen erneut Mitte Juni nach einer Periode mit Wassertemperaturen über 20 °C. Diese Verluste waren bei den RFBo geringer als bei den RFSk (Abb. 6). Es ergaben sich Überlebensraten von lediglich 79,8 % (RFBo) bzw. 18,8 % (RFSk). Auffällig zeigte sich bei allen für die abschließende Vermessung ausgewählten RFSk zudem ein massiver Befall mit Ektoparasiten (Karpfenlaus), der bei den benachbart gehälterten tieren nicht auftrat.Für die Futterquotienten ergaben sich zum Versuchs-ende sehr gute Werte von 0,99 – 1,01. Die tägliche Wachstumsrate lag für die RFBo mit 1,06 %/tag besser als für die RFSk mit 0,9 %/tag (tab. 5). Die Schlacht-körperanalysen ergaben keine signifikanten Unter-schiede zwischen den Vergleichsgruppen (tab. 6). Die Schlachtkörperanteile betrugen fast 88 % der Frischmassen und der Filetanteil (ohne Haut) lag bei jeweils 43 %. Die tiere waren mit Eingeweidefettwer-ten von 3,2-3,7 % mäßig fett. Die Konditionsfaktoren lagen bei 1,3.

Diskussion

Für die vorliegende Studie wurde an drei technolo-gisch unterschiedlich betriebenen regionalen Aquakul-turanlagen die vergleichende parallele Produktion von BORN-Forellen und Importforellen durchgeführt. Für eine Gegenüberstellung wurden verschiedene Leistungs-parameter erfasst, das Verlustgeschehen dokumentiert und Schlachtkörperanalysen durchgeführt.Neben der Hälterung am Standort Born erfolgte die Hälterung der Fische an drei externen Standorten unter den jeweiligen individuellen betrieblichen Bedingungen vor Ort. Die ermittelten Wasserwerte (Gehalt an Am-monium, Nitrat, Nitrit, Sauerstoffsättigung) waren an allen Standorten über den Versuchszeitraum unauffällig und lagen im fischoptimalen Bereich. Die ermittelten Abwachsleistungen und Leistungsparameter der Fische ergaben zum Versuchsende praxisübliche Werte. Die Mast der Speiseforellen konnte an den Standorten nach 111 - 158 tagen erfolgreich abgeschlossen werden.Für das jeweilige Verlustgeschehen, als ein wichtiger Marker der Robustheit gegenüber den Standortfaktoren, ergaben sich im Ergebnis unterschiedliche Bilder. Ledig-lich an zwei Standorten zeigten sich niedrige Verlustra-ten von 3 - 5 % wobei zwischen den Vergleichsgruppen kaum Unterschiede auftraten. Höhere Verluste bei der BORN-Forelle in Born resultierten aus einem technischen Defekt. Im Vergleich sind jedoch auch diese Verlustraten als hoch einzustufen. Jansen et al. (2004, 2007) gaben

Abb. 6: Stückverluste kumuliert (kum.) und Wassertemperatur in einer Netzkäfiganlage eines Oberflächengewässers bei der Mast von Forellen im Jahre 2014. Bo- Regenbogenforelle Born, Sk- Stahlkopfforelle

Abb. 6: Stückverluste kumuliert (kum.) und Wassertemperatur in einer Netzkäfiganlageeines Oberflächengewässers bei der Mast von Forellen im Jahre 2014. Bo- Regenbogenforelle Born, Sk- Stahlkopfforelle

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11. Feb. 4. Mrz. 25. Mrz. 15. Apr. 6. Mai. 27. Mai. 17. Jun. 8. Jul.

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RFBo kum. RFSk kum.

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/201628

Aus der Forschung

bei der Speiseforellenmast lediglich Mortalitäten von 1,3 % bzw. 0,2 % für BORN-Forellen an. Die Verluste in der Netzkäfiganlage waren bei der BORN-Forelle wesentlich höher, jedoch in der Vergleichsgruppe mit > 80 % Verluste gravierend. An diesem Standort zeigte die BORN-Forelle deutlich bessere Überlebensraten. Im Gegensatz zu den kontinuierlichen Verlusten in der Rinnenanlage, konzentrierten sich die Verluste in Born und in der Netzkäfiganlage zu den Zeitpunkten des Überschreitens der Wassertemperatur > 10 °C und > 20 °C. Zu diesen Zeitpunkten stiegen vor allem in der Gruppe der Sk-Forellen die Mortalitäten deutlich an. Für die Rinnenanlage konnte diese Beobachtung nicht festgehalten werden, da die Wassertemperatur erst nach Versuchsende über 20 °C anstieg. An allen Standorten wurden keine Unterschiede in den Futterumsätzen zwischen den Vergleichsgruppen nachgewiesen. Lediglich am Standort der Rinnenanlage lagen die Futterumsätze mit Futterquotienten um 1,0 im Rahmen optimaler Forellenhaltungsbedingungen. Diese Werte im Bereich von FQ von 0,8 - 1,2 wurden auch von Jansen et al. (2004, 2005, 2007) für die Hälterung von BORN-Forellen angegeben. An den Standorten Born und der Netzkäfiganlage wurden dagegen nur mäßige Futterumsätze von 1,44 - 1,65 erreicht. Die Endbesatzdichten in Born waren mit 73

kg/m³ zwar wesentlich höher als in der Rinnenanlage mit nur 15 kg/m³, liegen aber dennoch in einem für die Produktion üblichen Bereich (Jansen et al., 2004, 2005, 2007). Bei der vorliegenden Untersuchung wurden innerhalb der Vergleichsgruppen und auch zwischen den Stand-orten keine Unterschiede im HSI nachgewiesen. Der HSI besitzt Aussagekraft für die Energiereserven der Leber und die metabolische Aktivität (Lenhardt et al., 2004). HSI-Werte zeigen eine saisonale Abhängigkeit und variieren auch mit dem Alter (Brown & Murphy, 2004). Der HSI wird benutzt, um Fütterungseffekte auf die Leber als Schlüsselorgan des Stoffwechsels zu untersuchen. Dernekbasi (2012) gibt für Fische einen Standardbereich des HSI zwischen 1 und 2 % an. Höhere Werte lassen Rückschlüsse auf Probleme bei der Ernährung, im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel, oder Vitaminmangel zu. Sinkende HSI-Werte stehen in engem Zusammenhang mit dem Gonadenwachstum, da größere Mengen an Energie in diesem Depot ge-speichert werden (Brown & Murphy, 2004). Bei der vorliegenden Studie wurden Leistungspara-meter der regionalen BORN-Forelle mit denen einer Stahlkopfforelle verglichen. Die Importforelle ist ein bevorzugtes Aquakulturobjekt, denn die tiere zeichnen sich durch eine hohe Wachstumsleistung aus (Childer-

Tab. 5: Leistungsparameter bei der Mast von Forellen im Jahre 2014 in einer Netzkäfiganlage eines Oberflächengewässers. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

Tab. 6: Schlachtkörperzusammensetzung von Forellen im Jahre 2014 bei der Mast in einer Netzkäfiganlage eines Oberflächen-gewässers. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

Tab. 5: Leistungsparameter bei der Mast von Forellen im Jahre 2014 in einer Netzkäfiganlageeines Oberflächengewässers. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo RFSk

Besatz (kg) 119 108 Besatz Frischmasse Mittel (g) 111,1 116,7 Besatz (Stück) 1071 926 Futtermenge in kg 287,2 142,5 Ende Frischmasse Mittel (g) 341,3 344,1 Verluste (Stück) 216 752 Ende Gesamtmasse (kg) 460,7 59,8 Zuwachs in kg 293,3 -48,2 Tägliche Wachstumsrate (SGR) (%/d) 0,71 0,68 FQ 1,65 - Tab. 6: Schlachtkörperzusammensetzung von Forellen im Jahre 2014 bei der Mast in einer

Netzkäfiganlage eines Oberflächengewässers.RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo (n=10) RFSk (n=10) Stückmasse (g) 391,7 ± 46,5 396,1 ± 68,6 Totallänge (cm) 31,4 ± 1,0 30,9 ± 1,8 Schlachtkörper (%) 87,8 ± 1,1 87,5 ± 1,4 Filet ohne Haut (F %) 43,5 ± 1,5 43,1 ± 2,4 Leber (HSI)(%) 1,3 ± 0,3 1,4 ± 0,3 Fett (%) 3,2 ± 0,7 3,7 ± 1,2 Innereien (%) 6,1 ± 0,5 6,1 ± 0,8 Gonaden (GSI) (%) 0,2 ± 0,1 0,1 ± 0,1 Konditionsfaktor 1,3 ± 0,1 1,3 ± 0,1

Tab. 5: Leistungsparameter bei der Mast von Forellen im Jahre 2014 in einer Netzkäfiganlageeines Oberflächengewässers. RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo RFSk

Besatz (kg) 119 108 Besatz Frischmasse Mittel (g) 111,1 116,7 Besatz (Stück) 1071 926 Futtermenge in kg 287,2 142,5 Ende Frischmasse Mittel (g) 341,3 344,1 Verluste (Stück) 216 752 Ende Gesamtmasse (kg) 460,7 59,8 Zuwachs in kg 293,3 -48,2 Tägliche Wachstumsrate (SGR) (%/d) 0,71 0,68 FQ 1,65 - Tab. 6: Schlachtkörperzusammensetzung von Forellen im Jahre 2014 bei der Mast in einer

Netzkäfiganlage eines Oberflächengewässers.RFBo- Regenbogenforelle Born, RFSk- Stahlkopfforelle

RFBo (n=10) RFSk (n=10) Stückmasse (g) 391,7 ± 46,5 396,1 ± 68,6 Totallänge (cm) 31,4 ± 1,0 30,9 ± 1,8 Schlachtkörper (%) 87,8 ± 1,1 87,5 ± 1,4 Filet ohne Haut (F %) 43,5 ± 1,5 43,1 ± 2,4 Leber (HSI)(%) 1,3 ± 0,3 1,4 ± 0,3 Fett (%) 3,2 ± 0,7 3,7 ± 1,2 Innereien (%) 6,1 ± 0,5 6,1 ± 0,8 Gonaden (GSI) (%) 0,2 ± 0,1 0,1 ± 0,1 Konditionsfaktor 1,3 ± 0,1 1,3 ± 0,1

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/2016 29

Aus der Forschung

hose & trim, 1979; Cowx, 2014). Dieser Effekt wird durch eine genetische Sterilisation der befruchteten Eier noch weiter verstärkt. Das Wachstum sterilisierter Forellen ist im Vergleich zu unbehandelten Vergleichs-gruppen schneller. Weitere Vorteile ergeben sich im Ausbleiben der Ausbildung von Geschlechtsproduk-ten (Verringerung der Schlachtausbeute) und in einer gleichbleibenden Fleischqualität, die durch sexuelle Reifung Veränderungen erfahren kann. Im Ergebnis der Vergleichsstudie konnte festgestellt werden, dass die regionale BORN-Forelle ähnlich gute Wachstums-leistungen zeigt, wie eine von den Ausgangswerten deutlich besser einzustufende Importforelle. Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede an den einzelnen Standorten. Unter Berücksichtigung des fast totalen Verlustes bei den Importforellen in der Netzkäfiganlage schnitten die BORN-Forellen insgesamt sogar etwas besser ab.

Danksagung

Die vorliegenden Daten wurden im Rahmen des EFF-Pilotprojektes BORN-Forelle (VI-560/7308-4) erstellt. Die Autoren bedanken sich bei den Kooperationspart-nern im Campus bioFISCH M-V Dipl.-Biol. C. Kühn (LFA-M-V, Rostock), Dr. B. Köllner (FLI, Riems) und dem Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbrau-cherschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern für die finanzielle Unterstützung. Den Praxispartnern Herr W. Loch (Hohen Sprenz) und Herrn t. Splett (AQUA Fischzucht Strasen) gilt unser besonderer Dank für ihre Kooperation bei der vergleichenden Mast der Forellen. Wir danken außerdem den am Projekt beteiligten Mitarbeitern D. Genz, S. Herper und R. tielebier (LFA-M-V, Born) für Erbrütung, Anzucht und die Hilfe bei der Datengewinnung.

Literatur

Anders, E. (1986). Stand der Züchtung und Reproduktion brackwasseradaptierter Regenbogenforellenbestände im Küstenbereich der DDR. Fischerei-Forschung 24: 72.

Brown, M.L. & Murphy, B.R. (2004). Seasonal dynamics of direct and indirect condition indices in relation to energy allocation in largemouth bass Micropterus salmoides (Lace Ápede). Ecology of Freshwater Fish 13: 23-36.

Childerhose, R.J. & trim, M. (1979). Pacific Salmon and Steelhead trout. Vancouver: Douglas and McIntyre.

Cowx, I.G. (2014). Cultured Aquatic Species Information Programme - Oncorhynchus mykiss. Cultured Aquatic Species Fact Sheets. FAO Inland Water Resources and Aquaculture Service (FIRI). FAO- Rome. http://www.fao.org/figis/servlet/static?dom=culturespecies&xml=Oncorhynchus_mykiss.xml Zugriff am 03.09.2014.

Dernekbasi, S. (2012). Digestibility and liver fatty acid composition of rainbow trout (Oncorhynchus mykiss) fed by graded levels of canola oil. turkish Journal of Fisheries and Aquatic Sciences 12: 105-113.

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Aus der Forschung

Einleitung

Zur Einschätzung der Entwicklung von Fischgemein-schaften sowie zur Bewertung der Produktionsmengen in der Binnenfischerei sind Daten zu Fischerträgen bzw. den angelandeten Fischbiomassen unabdingbar. Fische-reiliche Anlandungen sind zum Beispiel wesentliche Eingangsparameter für die in der Fischereibiologie weitverbreiteten Bestandsmodelle. Allerdings sind im Fischereimanagement alle gängigen Berechnungsver-fahren zur Abschätzung der Bestandsgröße oder an-derer bestandkundlicher Variablen (z. B. Biomasse der Laichfische) auf lange Zeitreihen der Ertragsdaten, auf-geschlüsselt nach Altersklassen (sogenannte catch-at-age Daten), angewiesen. Absolute Fischerträge, die nicht nach Jahrgängen aufgeschlüsselt sind, sind hingegen weniger gut geeignet, um die Fischbestandsentwicklun-gen einzuschätzen (Branch et al. 2011). Aus diesem Grunde sammeln alle Institute bzw. Arbeitsgruppen, die mit bestandskundlichen Analysen beschäftigt sind, vor allen in marinen Fanggebieten, neben absoluten Erträgen auch Altersdaten zu den angelandeten Bio-massen, um so die für die virtuelle Populationsanalyse (VPA) notwendige Jahrgangsinformation zu generieren. In der europäischen Binnenfischerei wird die Erhebung von Altersdaten traditionell vernachlässigt. Wenn über-haupt, werden vor allem von Berufsfischern absolute Anlandungen an die Behörden gemeldet. Auch in der hiesigen Angelfischerei werden in den Vereinen und Verbänden über die Fangstatistik – mit wenigen Aus-nahmen – vor allem absolute Entnahmenmengen (d. h. Erträge) erhoben. Allerdings findet – erneut mit wenigen Ausnahmen – keine zentrale Sammlung der in den Hunderten deutschen Angelvereinen vorgehaltenen Er-tragsdaten statt. Aus diesen beiden Gründen – Erhebung ausschließlich von Ausfängen in absoluter Hinsicht und fehlende zentrale Zusammenführung und Analyse der vielen Einzeldaten – sind bestandskundliche Analysen in der Binnenfischerei – erneut mit wenigen Ausnahmen (z. B. Bodensee) – selten oder gar nicht vorhanden. Entsprechend sind die aus Deutschland (und vielen anderen Ländern) an die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) gemeldeten Produktions-mengen aus deutschen Binnengewässern in Bezug auf die kommerzielle Seen- und Flussfischerei sowie die

Angelfischerei mit starken Unsicherheiten behaftet. Glei-ches gilt für die Daten, die die Grundlage der deutschen Berichte zur Binnenfischerei bilden. Nichtsdestotrotz werden mangels besserer Alternativen die globalen Daten der FAO zur Fischproduktion aus Ozeanen und Binnengewässern regelmäßig zur Analyse des Zustands der Weltfischbestände herangezogen. Insbesondere die Arbeitsgruppe um den Fischereiprofessor Daniel Pauly von der University in British Columbia hat seit den 1990er Jahren in Wissenschaft und Medien stark rezipierte globale Analysen zum weltweiten Überfi-schungszustand auf Basis von absoluten Anlandungen vorgelegt (z. B. Pauly et al. 1998). Neuere Studien der Arbeitsgruppen und die Professoren Ray Hilborn und trevor Branch von der University in Washington haben die Aussagekraft entsprechender Analysen wiederholt in Frage gestellt (Branch et al. 2011). Das Hauptar-gument der Kritiker ist, dass absolute Erträge wenig über die Fischbestandszustände aussagen, weil die Gesamtentnahme von vielen Faktoren abhängig ist (vor allem Fischereiaufwand und Effizienz der Fanggeräte) und daher nicht unbedingt die Entwicklung der Fisch-bestandsgrößen wiederspielt. Die Debatte wird seit Anfang der 2000er Jahre vehement geführt und hat kürzlich das weltweit führende Wissenschaftsjournal Nature bewogen, einen kritischen Meinungsaustausch zwischen Pauly auf der einen und Hilborn und Branch auf der anderen Seite zur Aussagekraft von Erträgen zur Einschätzung des Befischungszustandes von Fisch-beständen zu publizieren (Pauly et al. 2013). Kürzlich veröffentlichten Pauly & Zeller (2016) eine weitere glo-bale Analyse auf Basis rekonstruierter Zeitreihen zu den Gesamtfängen in der Weltfischerei, die von Fachleuten erneut kritisiert wird (siehe www.cfooduw.org). Neben vielen weiteren, stehen zwei Grundfragen von Relevanz für die Binnenfischerei im Raum:1) wie gut spiegeln absolute Fänge bzw. Erträge die Fischbestandsgrößen wider und 2) können um den Fischereiaufwand stan-dardisierte Fänge bzw. Entnahmen bessere Hinweise bieten als absolute Fischerträge? Diesen Fragen wird im vorliegenden Artikel auf Basis von Daten, die die Autoren in deutschen Angelvereinen gesammelt haben, nachgegangen.Um die Bestandsentwicklung abzuschätzen, nutzen Berufsfischer neben dem Erfahrungswissen vor allem

Einheitsfanganalysen als praxisnahes Hilfsmittel

zur Abschätzung der Fischbestandsentwicklung in

Binnengewässern

Prof. Dr. Robert Arlinghaus1,2, Thilo Pagel1, Daniel Hühn1,3, Dr. Tobias Rapp1

1Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Müggelseedamm 310, 12587 Berlin2Humboldt-Universität zu Berlin, Philippstraße 13, Haus 7, 10115 Berlin3Institut für Binnenfischerei, Im Königswald 2, 14469 Potsdam

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Aus der Forschung

Aufzeichnungen ihrer Fänge, genauer gesagt der Er-träge bzw. der Anlandungen. Entnahmestatistiken (die vielleicht etwas irreführend als Fangstatistiken bezeich-net werden) sind auch in deutschen Angelvereinen Standardmethoden der Bestandseinschätzung. Mit Hilfe der von Anglern gemeldeten Entnahme wird in den meisten Angelvereinen eine jährliche Gesamtentnahme beliebter Fischarten ermittelt. Auf Grundlage dieser Daten werden häufig Hegeentscheidungen gefällt, z. B. zum Fischbesatz in der kommenden Saison oder zu künftigen Entnahmebeschränkungen. Jedoch leidet die Zuverlässigkeit der traditionellen Entnahmestatistik unter anderem darunter, dass die Fangkarten selten vollständig von allen Anglern abgegeben werden. Auch ist bekannt, dass nur bestimmte Anglertypen, die nicht repräsentativ für alle Angler im Verein stehen, ihre Entnahmen über die Fangstatistik melden (Dorow & Arlinghaus 2011). Desweiteren werden in den meisten Angelvereinen in den Fangstatistiken nur entnommene Fische eingetragen. Häufig werden z. B. untermaßi-ge Fische, die die natürliche Vermehrung anzeigen, oder während der Schonzeit gefangene Fische nicht erfasst. Schließlich werden in traditionellen Fangsta-tistiken wichtige Maßzahlen des Fischereiaufwandes, wie die gefischte Zeit in tagen oder Stunden oder die Anzahl der gezielt auf eine Fischart eingesetzten Ruten, nicht erhoben; diese Daten fließen daher selten in die Aus- und Bewertung der gemeldeten Fänge ein. Das ist insofern problematisch, da der Fangaufwand neben dem Fang ein wichtiges Maß zur Abschätzung der Fischbestandsentwicklung über sogenannte Einheitsfän-ge (Fänge pro Fischereiaufwand bzw. Catch per Unit Effort, CPUE) darstellt. Ohne Berücksichtigung des für den Fang verantwortlichen Fischereiaufwandes können abnehmende Entnahmemengen durch abnehmende Fi-schereiintensitäten (geringerer Befischungsdruck), verän-dertes Anglerverhalten (z. B. steigende Zurücksetzraten entnahmefähiger Fische), durch eine Überfischung (zu hoher Angeldruck) oder aber durch eine reduzierte Rückgabe an Fangkarten begründet sein. Die eigentli-che Ursache der sich ändernden Erträge ist auf Basis von absoluten Erträgen also nicht eindeutig zu klären, so dass aus Rückgängen in den Gesamterträgen nicht zwangsläufig auf zurückgehende Fischbestandsgrößen geschlossen werden kann (Box 1). Viele Bewirtschafter argumentierten, dass sich die meisten Fehler in der Fangstatistik langfristig irgendwie „ausmitteln“. Diese Annahme muss aber nicht zutreffen. Ohne weiterfüh-rende Studien ist die Qualität der klassischen Entnah-mestatistik als Mittel der Bestandseinschätzung nicht zuverlässig einschätzbar.Die Abschätzung der Bestandsentwicklung sollte durch die zusätzliche Erfassung des Fangaufwandes mit einfa-chen Mitteln verbessert werden. Denn aus der Kenntnis von Ertrag und Fangaufwand lässt sich der Einheitsfang bzw. Einheitsertrag berechnen, der unter Wissenschaft-lern ein akzeptiertes Maß der relativen Abundanz bei

Fischen ist. Der Einheitsfang ist die Anzahl der gefangen Fische pro Fangaufwand (z. B. Anzahl gefangener Fi-sche pro Aufwandseinheit, z. B. pro Rutenstunde, Angel-tag, Stellnetzfläche oder Reusentag). Der Einheitsfang ist im Gegensatz zur absoluten Entnahme, die die Summe der im Jahr gefangenen Fische in Stückzahl oder Biomas-se darstellt, keine absolute Größe. Das wiederrum heißt, Einheitsfänge sind auch dann aussagekräftig, wenn nur ein teil der Angler die Fangkarten zurückgegeben hat, unter der Bedingung, dass zwischen den Jahren immer die gleichen (erfolgreichen oder nicht so erfolgreichen) Angler an der Fangstatistik teilnehmen. Im Unterschied dazu ist die Bewertung des absoluten Fanges bzw. des Ertrags auf die Rückmeldung der Angelkarten durch möglichst alle Angler des Vereins angewiesen. Das kann in den seltensten Fällen garantiert werden, so dass der Bewirtschafter auf Hochrechnungen oder Schätzungen angewiesen ist. Allerdings schwanken die Fangraten zwischen einzelnen Anglern je nach Intensität des An-gelns und anglerischem Können enorm (Heermann et al. 2013), so dass ein aus der Fangstatistik ermittelter mittlerer absoluter Fang je Angler nicht zwangsläufig ein geeigneter Mittelwert zur Hochrechnung der Fän-ge aller Angler im Verein darstellt (Dorow & Arling-haus 2011). Dagegen ist die Bewertung der zeitlichen Entwicklung der Einheitsfänge vergleichsweise robust gegenüber Veränderungen der Fischereiintensitäten zwischen verschiedenen Jahren, weil die Einheitsfänge in einem Gewässer als Mittelwerte über die jeweiligen Einheitsfänge einzelner Angler berechnet werden und die Mittelwerte daher vom absoluten Angelaufwand einzelner Angler unabhängig sind. Wichtig ist aber, dass jedes Jahr die gleichen (möglicherweise auch nichtrepräsentativen) Anglertypen an der Fangstatistik teilnehmen, so dass die Analyse der zeitlichen Entwick-lung der Einheitsfänge tatsächlich steigende oder fal-lende Bestandsgrößen anzeigt. Unter dieser Bedingung sollte der Einheitsfang eine zuverlässigere Maßzahl für die Bestandshöhe darstellen als die Gesamtentnahme oder der Gesamtfang. Hierbei gilt: steigen die Bestände, so steigt der Einheitsfang; sinken die Bestände, so sinkt auch der Einheitsfang (eine mathematische Begründung findet sich in Box 1). An einer Stichprobe von anglerisch befischten Standge-wässern in Niedersachsen wurde in der vorliegenden Studie die Hypothese untersucht, dass der Einheitsfang enger mit der Bestandsgröße korrespondiert als die Ge-samtentnahme bzw. die Gesamtfänge. Die Hypothese wurde zur Analyse der Übertragbarkeit an einer Reihe anglerisch relevanter Fischarten (Hechten, Karpfen, Aalen und Weißfische) überprüft.

Methodik

Über einen Zeitraum von zwei Jahren wurden jährlich insgesamt rund 2.700 individualisierte Angeltagebü-cher in fünf niedersächsischen Vereinen an sämtliche

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Aus der Forschung

Vereinsmitglieder ausgegeben. Die Rücklaufquote be-trug in Abhängigkeit von Verein und Jahr zwischen 25,6 % und 39,3 %, was typisch für die Rückmelderate von Fangkarten in den Vereinen war. Die Angler wurden in den tagebüchern gebeten, jeden Angelausflug zu vermerken, auch wenn nichts gefangen wurde. Zusätz-lich zum Gewässer und der Anzahl und Größe der gefangenen Fische wurde auch der fischartenspezifi-sche Angelaufwand in Rutenstunden vermerkt (Abb. 1). Auch wurde erfragt, ob ein bestimmter gefangener Fisch entnommen wurde.Auf Grundlage dieser Daten wurde zunächst für je-des Gewässer der über alle Angler gemittelte fischar-tenspezifische Einheitsfang berechnet. Anschließend wurde das Ergebnis mit einer gewässerspezifischen, wissenschaftlichen Schätzung der Häufigkeit (Abundanz bzw. relativen Abundanz) von beliebten Angelfischen verglichen. Hierfür wurden beim Hecht sowohl Fang-Wiederfang-Methoden als auch Einheitsfänge der Elek- trofischerei im Uferbereich herangezogen. Beim Karp-fen dienten experimentell eingebrachte Besatzmengen als Maß der Bestandshöhe. Bei Aal und Weißfischen wurden wiederum die Einheitsfänge der Elektrofischerei

im Uferbereich als Maß der relativen Abundanz heran-gezogen (z. B. Anzahl der gefangenen Weißfische je 50 m Uferlinie). Die Experimente fanden in flachen Bag-gerseen bis zu einer Maximalgröße von 12 Hektar statt (typische Angelgewässer in Niedersachsen, Schälicke et al. 2012). Neben der Analyse der Zusammenhänge der Abundanzmaße mit den mittleren Einheitsfängen, wurden auch gewässerspezifische Zusammenhänge zwischen den Abundanzmaßen und der Gesamtentnah-me (Summe aller in der Fangstatistik dokumentierten, entnommenen Fische jeder Art) bzw. den Gesamtfän-gen (Summe aller in den Fangbüchern dokumentierten, gefangenen Fische jeder Art) berechnet. Sofern abso-lute Bestandsgrößen bekannt waren (bei Hecht und Karpfen) wurden die Werte je Hektar Gewässerfläche normiert, um einen direkten Vergleich zwischen der Aussagekraft von absoluten Entnahmen (bzw. Fängen) und von Einheitsfängen als Indikatoren der Fischhäu-figkeit (Dichte bzw. Abundanz) zu gewährleisten. Als Indikator für die Güte des Zusammenhangs zwischen Abundanz und Fangmaß wurde das Bestimmtheitsmaß (r2) einer linearen Regressionsfunktion ohne Achsen-abschnitt herangezogen, das einen Wert zwischen 0

Abb.1: Beispiel eines Angeltagebuches zur Erhebung des fischartenspezifischen Angelaufwands sowie der Gesamtfänge und Entnahmen (aus Arlinghaus et al. 2015).

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Aus der Forschung

und 1 annehmen kann. Grundsätzlich gilt: je größer der Wert, desto stärker der Zusammenhang bzw. desto besser korrespondierte das erhobene anglerische Maß mit der Fischbestandsgröße in den Gewässern. Bei den Regressionen wurde auf den Achsenabschnitt verzichtet, da eine Bestandsgröße von 0 Fischen mit einem Fang von 0 Fischen korrespondieren sollte.

Box 1:In der Fischerei gilt die klassische Fangformel:Fang (C) = Fängigkeitskoeffizient (q) × Fangauf-wand (E) × Fischhäufigkeit (N).Daraus folgt: Fang/Fangaufwand (CPUE) = Einheitsfang = Fän-gigkeitskoeffizient (q) × Fischhäufigkeit (N). Die Abkürzungen folgen englischen Standardtermini: Fang = Catch = C, CPUE = Catch per Unit Effort = Einheitsfang.Der Fängigkeitskoeffizient q ist der je Hektar gefan-gene Anteil der Fischpopulation pro Aufwandsein-heit, zum Beispiel pro Rutenstunde oder Angeltag. Die Grundannahme ist, dass die Fängigkeit einer Art mit einem bestimmten Fanggerät zwar zwischen einzelnen tagen variiert, aber zwischen unterschied-lichen Jahren im Mittel stabil ist. q sollte daher in der Regel eine vom Fanggerät abhängige Konstante darstellen. Unter dieser Annahme (zu Ausnahmen, siehe Haupttext), folgt, dass der Einheitsfang direkt proportional zur Fischmenge ist (CPUE ~ N): sin-ken die Bestandsgrößen N, sinkt der Einheitsfang. Im Unterschied dazu ist der Gesamtfang C (bzw. die Gesamtentnahme) sowohl von q, also auch vom Aufwand E und von der Bestandsgröße N abhängig. Sinkende Fänge C können auf sinkende Bestände N oder auf sinkende Fischereiintensitäten E zurückgehen.

Ergebnisse und Diskussion

Hecht

Beim Hecht wurden nur die Vereinsgewässer berücksich-tigt (N = 14), für die die Bestandshöhe von Hechten über 45 cm mittels Fang-Wiederfang-Methoden (Fang und Markierung über Elektrofischerei und Stellnetzfischerei, Rückfänge über Angeln, Elektrofischerei und Stellenetze) belastbar geschätzt werden konnten (vgl. Arlinghaus et al. im Druck). Auch wurden diejenigen Gewässer von der Analyse ausgeschlossen, bei denen die Anzahl der Angler, die gemäß Angelbuch gezielt in den Gewässern auf Hecht angelten, zu gering für eine Auswertung war (subjektiver Grenzwert: unter vier Angler je See). Bei der Analyse des finalen Datensatzes wurde deutlich, dass die ausschließliche Berücksichtigung der absolut entnommenen Hechte (Hechterträge in Stückzahl) zwar statistisch gesehen signifikant, aber nur mit großer Unsi-

cherheit die tatsächliche Bestandsgröße widerspiegelte (r² = 0,401, Abbildung 2a). Das heißt – nur 40% der Schwankung in der Bestandsgröße zwischen einzel-nen Seen korrespondierte mit den Unterschieden der Hechterträge. Die Gesamtentnahme kann daher als alleiniges Maß für die Einschätzung der Bestandsgröße beim Hecht sehr schnell zu Fehlinterpretationen führen. Etwas stärker und ebenso signifikant war der Zusam-menhang, wenn man alle von den Anglern laut Fang-buch gefangenen Hechte berücksichtigte, also auch die Hechte, die von den Mitgliedern wieder zurückge-setzt wurden (Gesamtfang, Abbildung 2b, r² = 0,479). Der Zusammenhang zwischen Fang und tatsächlicher Bestandsgröße verstärkte sich unter Berücksichtigung der gefischten Zeit (Einheitsfang, im Mittel über alle Angler gefangenen Hechte je Rutenstunde) deutlich (r² = 0,667, Abbildung 3c, Regression signifikant). Der Einheitsangelfang war also von allen Maßen am besten geeignet, eine Einschätzung der Bestandsgröße von Hechten in einzelnen Seen zu ermöglichen. Fast zwei Drittel der Schwankungen der tatsächlichen Bestands-dichte zwischen unterschiedlichen Gewässern wurde durch Schwankungen der mittleren Einheitsfänge über alle gezielt auf Hecht angelnden Angler zwischen den Seen erklärt.Die in Abb. 2 dargestellten Formeln bzw. grafischen Regressionslinien erlauben dem Anwender nun eine Abschätzung der im Gewässer aktuell vorfindlichen Hechtmenge auf Grundlage der Anglereinheitsfänge. Wenn Angler im Mittel beispielsweise 0,2 Hechte je gezielter Hechtrutenstunde fangen, befinden sich aktuell unter der Annahme eines befischten Gleichgewichtszu-stands ca. 10 Hechte von 45 cm Länge und größer im Gewässer (Abb. 2c).Als zweites Maß für die Einschätzung der relativen Abundanz der Hechtbestände wurden Einheitsfänge mittels Elektrofischerei entlang des Ufers herangezogen. Diese sind in Abb. 2d-f als NPUE (Anzahl der Hechte pro befischter Uferlänge von 50 m) dargestellt. Auch hier zeigte sich der oben beschriebene Zusammenhang: mittlere Einheitsfänge von Anglern (Abbildung 2f) korre-lierten stärker mit der durch Elektrofischerei ermittelten Hechthäufigkeit je 50 m Uferlänge als absolute Daten zu Gesamthechtfängen und -erträgen. Mit anderen Worten: aus mittleren Angeleinheitsfängen kann man relativ gut ablesen, wie viele Hechte sich aktuell im Litoral befinden. In kleinen Seen kann man daher auf die Elektrofische-rei als Monitoringinstrument verzichten, sofern es gute Einheitsfangdaten von Anglern gibt. Hat der Verein nun eine Zeitreihe von Einheitsfängen für ein oder mehre-re Gewässer zur Verfügung, kann daraus abgelesen werden, ob die Bestandsgrößen mit der Zeit zu- oder abnehmen und ob in See A mehr Hechte auftreten als in See B. Abnehmende trends im Einheitsfang deuten auf abnehmende Hechtbestände hin. Im Unterschied zur absoluten Ausfangstatistik kann aus einer Zeitreihe an Einheitsfängen allerdings nicht abgelesen werden, ob

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/201634

Aus der Forschung

der biologisch maximal nachhaltige Ertrag (maximum sustainable yield, MSY) überschritten worden ist, weil Einheitsfänge monoton mit den Bestandshöhen steigen bzw. sinken (Abb. 5). Karpfen

Es wurden insgesamt 18 Vereinsgewässer berücksich-tigt, die über genügend Anglerdaten verfügten und

ausreichende Variationen in den Besatzdichten als Maß der Karpfenhäufigkeit dreisömmeriger Karpfen (K3) aufwiesen. Es wurden nur Fänge dreijähriger Karpfen ausgewertet, weil die Abundanz der Gewäs-ser für ältere Karpfen unbekannt war. Es zeigte sich, dass es beim Karpfen sowohl zwischen der Besatz-dichte und der Gesamtentnahme als auch zwischen der Besatzdichte und dem Gesamtfang sehr enge Zusammenhänge gab (r² > 0,71, Abbildung 3a,b).

Abbildung 2:Dichte (bzw. Abundanz) von Hechten in Abhängigkeit von Gesamtentnahme, Gesamtfang und Einheitsfang der Angler. Die Hechtdichten (links) wurden mit der Fang-Wiederfang-Methode ermittelt. Die Hechtabundanz (rechts) wurde mittels einer standardisierten Elektrofischerei im flachen Uferbereich der Gewässer erhoben (NPUE = Anzahl pro befischter Uferlänge von 50 m). Alle Angaben beziehen sich auf Hechte mit einer Totallänge größer als 45 cm. Zur Auswertung wurden nur Angaben der Angler aus dem Jahr 2011 berücksichtigt, dem Jahr, in dem auch die Abundanzschätzungen erfolgten. In der Abb. f fehlt der in der Abb. c ermittelte sehr hohe Einheitsanglerfang von ca. 0,6 Hechten pro Rutenstunde, weil in diesem Gewässer aufgrund der hohen Leitfähigkeit kein Maß der Hechtabundanz mittels Elektrofischerei möglich war, die aber in f auf Basis von Fang-Wiederfang-Daten dargestellt ist.

Karpfen

Abbildung 2: Dichte (bzw. Abundanz) von Hechten in Abhängigkeit von Gesamtentnahme, Gesamtfang und Einheitsfang der Angler. Die Hechtdichten (links) wurden mit der Fang-Wiederfang-Methode ermittelt. Die Hechtabundanz (rechts) wurde mittels einer standardisierten Elektrofischerei im flachen Uferbereich der Gewässer erhoben (NPUE = Anzahl pro befischter Uferlänge von 50 m). Alle Angaben beziehen sich auf Hechte mit einer Totallänge größer als 45 cm. Zur Auswertung wurden nur Anga-ben der Angler aus dem Jahr 2011 berücksichtigt, dem Jahr, in dem auch die Abundanzschätzungen erfolgten. In der Abb. f fehlt der in der Abb. c ermittelte sehr hohe Einheitsanglerfang von ca. 0,6 Hechten pro Rutenstunde, weil in diesem Gewässer aufgrund der hohen Leitfähigkeit kein Maß der Hechtabundanz mittels Elektrofischerei möglich war, die aber in f auf Basis von Fang-Wiederfang-Daten dargestellt ist.

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Aus der Forschung

Der Zusammenhang wurde aber weiter verstärkt, wenn man die gefischte Zeit berücksichtigte und den mittleren Karpfeneinheitsfang der Angler berechnete (r² > 0,84, Abbildung 3c). Das heißt: auch beim Karpfen war der mittlere Einheitsfang der Angler der beste Anzeiger für die Karpfenbestandshöhe, aber im Unterschied zum Hecht (bzw. den anderen Arten, siehe unten) waren auch die absoluten Ausfangmaße sowie der

absolute Ertrag eng mit der Besatzdichte korreliert. Der Anwender kann wie beim Hecht auch beim Karp-fen aus der Kenntnis der Anglereinheitsfänge auf die (gegenwärtige) Bestandsgröße der Karpfen schließen: ein mittlerer Einheitsfang von ca. 0,1 Karpfen (K3) je gezielter Karpfenangelstunde (entspricht 1 Karpfen je 10 Stunden) deutet eine aktuelle Bestandsgröße von ca. 88 Karpfen (K3) pro Hektar an.

Abbildung 3: Zusammenhang zwischen der in den Angeltagebüchern berichteten Gesamtentnahme sowiedem Gesamtfang und Einheitsfang der Anglerund der Besatzdichte dreijähriger Karpfen. Zur Auswertung wurden nur Angaben nach denexperimentellen Besatzmaßnahmen berücksichtigt (Herbst 2011 bis Ende 2012) unter Annahme keiner natürlichen Sterblichkeit nach Besatz. Deweiteren wurden nur Erstfänge in die Analyse einbezogen (einige Karpfen wurden mehrfach gefangen, weil sie nach dem Fang zurückgesetzt wurden).

Abbildung 3: Zusammenhang zwischen der in den Angeltagebüchern berichteten Gesamtentnahme sowie dem Gesamtfang und Einheitsfang der Angler und der Besatzdichte dreijähriger Karpfen. Zur Auswertung wurden nur Angaben nach den expe-rimentellen Besatzmaßnahmen berücksichtigt (Herbst 2011 bis Ende 2012) unter Annahme keiner natürlichen Sterblichkeit nach Besatz. Deweiteren wurden nur Erstfänge in die Analyse einbezogen (einige Karpfen wurden mehrfach gefangen, weil sie nach dem Fang zurückgesetzt wurden).

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Aus dem Fischereiverband

An dieser Stelle ist eine Nebenbemerkung angebracht: aus Einheitsfängen sind auch Einsichten über die relati-ve Fängigkeit unterschiedlicher Fischarten abzuleiten. Wenn man beispielsweise die Karpfeneinheitsfänge (Abb. 3) mit dem Hechtbeispiel (Abb. 2) vergleicht, wird deutlich, wie schlecht der Karpfen im Vergleich zum Hecht mit der Angel fangbar ist. Fängt man beispielswei-se bei einer Bestandsgröße von 10 Hechten pro Hektar im Durchschnitt alle fünf gezielte Hechtangelstunden einen maßigen Hecht, benötigt es zehn Karpfenstunden für einen K3-Karpfen – bei einer Bestandshöhe von fast 90 Fischen pro Hektar.

Aal und Weißfisch

Zur Analyse des Zusammenhangs zwischen der Dichte (bzw. der relativen Abundanz) von Aalen und Weißfi-schen im Uferbereich von Baggerseen und den Maß-zahlen der Angelfänge wurden wie im Hechtbeispiel alle untersuchten Vereinsgewässer berücksichtigt, bei denen mindestens vier Angler im Jahr 2011 gezielt in den Gewässern auf diese Arten geangelt hatten (Aal: N = 9, Weißfisch: N = 13). Als Maß der relativen Abundanz dienten wie beim Hechtbeispiel Elektrofische-reieinheitsfänge je 50 m Uferlinie. Beim Aal ist ähnlich

Abbildung 4: Dichte (bzw. relative Abundanz) (in Stück je 50 m Elektrofischerei im Ufer) von Aal (a,b,c) und Weißfisch (d,e,f) in Abhängigkeit von Gesamtentnahme, Gesamtfang und Einheitsfang der Angler. Zur Auswertung wurden alle Baggerseen berück-sichtigt, an denen mindestens vier Angler je Gewässer im Jahr 2011 gezielt auf diese Arten geangelt hatten.

Abbildung 4: Dichte (bzw. relative Abundanz) (in Stück je 50 m Elektrofischerei im Ufer) von Aal (a,b,c) und Weißfisch (d,e,f) in Abhängigkeit von Gesamtentnahme, Gesamtfang und Einheitsfang der Angler. Zur Auswertung wurden alle Baggerseen berücksichtigt, an denen mindestens vier Angler je Gewässer im Jahr 2011 gezielt auf diese Arten geangelt hatten.

Schlussfolgerungen und abschließende Hinweise

Fänge je gefischter Zeit sind sehr gute Anzeiger für die Fischbestandsgrößen zwischen

unterschiedlichen Gewässern. Das trifft für (wahrscheinlich) alleanglerisch beliebten

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Aus der Forschung

wie beim Karpfenbeispiel zu erkennen (Abbildung 4a-c), dass die Anzahl der absolut entnommenen (Abbildung 4a) sowie die Anzahl der absolut von den Anglern ge-fangenen Aale (Abbildung 4b) nur mit Unsicherheiten die tatsächliche Bestandsgröße widerspiegeln. Es gab zwischen der relativen Aalabundanz und der Anglerent-nahme sowie dem Gesamtfang der Angler zwar einen positiven, signifikanten Zusammenhang (r² zwischen 0,515 und 0,609), jedoch war dieser deutlich schwä-cher ausgeprägt als der Zusammenhang zwischen dem Aaleinheitsfang der Angler (im Mittel über alle Angler gefangene Aale je Rutenstunde) und dem Elektrofische-reieinheitsfang als Maß für die relative Abundanz (r² = 0,840; Abbildung 4c). Die Berücksichtigung der gefischten Zeit lässt also auch bei der Fischart Aal eine deutlich genauere Einschätzung der Aalbestandsgröße im Gewässer zu, als das bei Gesamtfangmaßen der Fall ist. Bei den Weißfischen war dieses Muster ebenfalls zu erkennen, allerdings waren die Unsicherheiten bei den Weissfischen deutlich größer als bei Hecht, Karpfen und Aal (Abb. 4, d-f). In die Analyse gingen alle Weißfische unabhängig von ihrer Größe ein. Auch bei den Weiß-fischen gab es den stärksten Zusammenhang zwischen der relativen Weißfischabundanz und dem Einheitsfang der Angler (Abb. 4f). Am schlechtesten schnitt auf der Ebene der Weißfischabundanz die Gesamtentnahme der Angler als Maß der Weißfischdichte ab (Abb. 4d). Im Gegensatz zu den anderen Fischarten waren die Zusammenhänge zwischen allen anglerischen Maß-zahlen bei den Weißfischen jedoch insgesamt gering (maximales r² = 0,414). Ein Grund für dieses Ergebnis ist, dass sich die kleinen Weißfische schlechter mit der Angel fangen lassen. Insofern kann aus den ang-lerischen Maßzahlen weniger gut auf den gesamten Weißfischbestand geschlossen werden, als das bei Aal, Karpfen und Hecht der Fall ist. Die Zusammenhänge verbesserten sich, wenn in die Analyse der Einheitsfänge mit der Elektrofischerei Weissfische mit einer totallänge > 20 cm eingingen (Daten nicht dargestellt).

Schlussfolgerungen und abschließende Hinweise

Fänge je gefischter Zeit sind sehr gute Anzeiger für die Fischbestandsgrößen zwischen unterschiedlichen Gewässern. Das trifft für (wahrscheinlich) alle angle-risch beliebten Fischarten zu, ist aber bei Weißfischen geringer ausgeprägt als bei anderen Arten wie Hecht, Karpfen oder Aal. Obwohl unser Fallbeispiel aus der Angelfischerei stammt, sind die gefundenen Grundsätze mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf Fanggeräte der Berufsfischerei und andere Arten wie Forellen übertrag-bar. Entsprechend können aus Zeitreihenanalysen von Einheitsangelfängen innerhalb und zwischen einzelnen Gewässern Veränderungen der Fischbestände über die Zeit abgelesen werden (langfristige Perspektive). Ein weiteres kurzfristigeres Anwendungsfeld der Einheitsfän-ge ist der Vergleich der Fischbestandsentwicklung vor

und nach der Einführung einer neuen Hegemaßnahme (z. B. Durchführung von Besatz). Da sich zwischen einzelnen Jahren auch die Umweltbedingungen än-dern, sind diese Vorher-Nachher-Einheitsfangvergleiche idealerweise mit der Beobachtung von Einheitsfängen in unbeeinflussten Kontrollgewässern, in denen die He-gemaßnahmen nicht verändert werden, zu vergleichen. Fast alle Angelvereine haben ein Fangmeldesystem bereits etabliert, das jedoch derzeit überwiegend auf die Erhebung der absoluten Ausfänge ausgerichtet ist. Durch eine geringfügige Modifikation der traditionellen, weitverbreiteten Fangstatistik, die neben Fängen und Entnahmen auch die gefischte Zeit bzw. der Fischerei-aufwand erhebt, könnten die immensen Vorteile der Einheitsfänge als Maßzahl der Fischbestandsentwick-lung ohne größeren Aufwand genutzt werden. Wegen der vielfältigen Vorteile ist angeraten, entsprechende Fangstatistiken inklusive Erhebung des Fangaufwands zum Standard in der Berufsfischerei zu entwickeln. Es bietet sich an, die Vorteile der modernen technik zu nutzen und z. B. spezielle Angel-Apps zu entwickeln, die den händischen Eintrageaufwand auf ein Minimum reduziert. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass nicht nur die entnommenen, sondern alle gefan-genen tiere erhoben und gemeldet werden. Erst eine Bestimmung des mittleren Einheitsfangs – auch von jungen Fischen – erlaubt es, die Reproduktionsleistung des Fischbestands und damit die Besatznotwendigkeit abzuleiten (Baer et al. 2007, Arlinghaus et al. 2015).Wiederholt wurde Kritik an der Verfügbarkeit und Güte der Monitoringdaten in der Binnenfischerei geübt (Post et al. 2002). Unter Berücksichtigung der gefischten Zeit stellen Angeltagebücher eine kostengünstige und sehr einfach durchführbare Alternative zu wissenschaftlich geleiteten Bestandsuntersuchungen dar. Sofern Einheits-fänge als Maß der Bestände ermittelt werden, ist auch keine Vollerhebung der Angelkarten über alle Angler eines Vereins mehr nötig (obgleich wünschenswert), weil die Zeitreihe der mittleren Einheitsfänge bereits aussagekräftige Muster zur Veränderung der relativen Bestandshöhe und der Größenklassenzusammensetzung zwischen und innerhalb einzelner Gewässer liefert, unabhängig davon, ob alle Angler eines Vereins zur Fangstatistik beitragen. Das Verfahren der Einheitsfän-ge erlaubt es zwar nicht, absolute Entnahmen valide zu schätzen oder konkrete Überfischungspunkte fest-zustellen (Abb. 5), bildet aber – vor allem in natür-lich reproduzierenden Beständen – mögliche relative Bestandsveränderungen belastbar ab. Angelvereine können auf Angeltagebücher und auf die Analyse von Einheitsfängen vor allem dann zurückgreifen, um Fisch-bestandsentwicklungen und Besatzerfolge sowie die Erfolge veränderter Hegemaßnahmen (Veränderung von Fangbestimmungen) durch Vorher-Nachher-Vergleiche in einer Stichprobe von Gewässern im Vergleich zu Kontrollseen zu ermitteln. Wie weiter unten im Detail erläutert wird, sind Einheitsangelfänge vor allem für

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Aus der Forschung

Vergleiche zwischen einzelnen Seen geeignet. Wie vorliegende Studie zeigte, sind Fangstatistiken ohne gefischte Zeit mit Ausnahme des Karpfens und eingeschränkt beim Aal in geschlossenen Gewässern als Monitoringinstrument in der Angelfischerei weniger nutzbringend, da aus den Daten nicht fehlerfrei auf die Fischbestandsentwicklung und -größe geschlussfolgert werden kann. Es wurde insbesondere festgestellt, dass sowohl die je Hektar normierten Gesamtentnahmen als auch die Gesamtfangdaten nur mittelmäßig (Hech-te) oder schwach (Weißfische) aussagekräftig für die zugrunde liegenden Fischhäufigkeiten im Gewässer waren. Einheitsfänge waren hingegen sehr gut geeignet, unterschiedlich hohe Bestände von Hechten, Karpfen Aalen und Weißfischen anzuzeigen. Allerdings konnte beim Karpfen (und mit Einschränkungen auch beim Aal) eine gute Aussagekraft der absoluten Maßzahlen nachgewiesen werden. Für beide Arten gilt, dass sie in den meisten geschlossenen Standgewässern nicht nennenswert natürlich aufkommen und daher die Rekru-tierung auf Besatz zurückgeht. Wahrscheinlich gilt ent-sprechendes für Regenbogenforellen in Standgewässern oder andere Arten, die ausschließlich besatzgestützt sind. Aus dem höheren Indikatorwert der Gesamtfänge beim Karpfen (und mit Abstrichen auch beim Aal) kann eine wichtige Schlussfolgerung für das Management des Fischbesatzes in der Angelfischerei gezogen werden: bei nicht reproduzierenden Arten, deren Rekrutierung ausschließlich oder überwiegend besatzgestützt ist

(z. B. Karpfen oder Aal in geschlossenen Seen), kann aus absoluten Ausfängen abgelesen werden, ob ein Besatz in den Fängen auftaucht und ob ggf. ein Nach-besatz nötig ist (der nach hohen Ausfangmengen künftig nötig sein kann). Diese Anwendbarkeit absoluter Entnah-men als Bestandsanzeiger gilt allerdings ausschließlich für nicht natürlich reproduzierende Arten.An dieser Stelle ist auf ein in der Praxis häufig anzutref-fendes Phänomen bei der hegerischen Bewertung von Ausfängen gemäß Fangstatistik hinzuweisen, das es richtigzustellen gilt. Viele Angelvereine besetzen Fische nach, für die ein hoher Ausfang (bzw. Ertrag) gemäß Fangstatistik dokumentiert wurde (vgl. Beispiel oben zu Karpfen und Aal). Dieser „buchalterische“ Ansatz der Besatznotwendigkeit ist aber wie bereits angedeutet ausschließlich auf nicht natürlich reproduzierende Ar-ten anwendbar, weil in diesen Fällen hohe Ausfänge tatsächlich auf zurückgehende Bestände in Folgejahren schließen lassen. Bei reproduzierenden Arten deuten hohe Ausfänge hingegen auf produktive Bestände hin, da die Ertragsbildung über die Prozesse Wachstum, natürliche Reproduktion und natürliche Sterblichkeit und nicht ausschließlich über Besatz reguliert wird (Abb. 5). Jeder reproduzierende Bestand wird die interne Bestandsdynamik und die daraus hervorgehende Er-tragsbildung an den Fischereidruck anpassen. Lastet der Fischereidruck über mehrere Jahre an, entwickelt sich ein sogenanntes befischtes Gleichgewicht (Abb. 5). Entsprechend wird sich die Ertragsbildung in langfristig

Abb. 5. Schematische Darstellung der Reaktion von natürlich reproduzierenden Fischbeständen auf zunehmende Befischung. Der maximal nachhaltigeDauerertrag (maximal sustainableyield, MSY) wird meist bei mittleren Fischereiintensitäten und mittleren Bestandsbiomassen erreicht. Von besonderer Bedeutung ist die unterschiedliche Reaktion der Gesamterträge (die ein Maximum kennzeichnet) und der Einheitsfänge. Rückgehende Bestände bei zunehmender fischereilicher Sterblichkeit werden durch rückgehende Einheitsfänge angezeigt. Allerdings ist der Einheitsfang ungeeignet, um einen Überfischungskipppunkt wie z. B. die Rekrutierungsüberfischung anzuzeigen. Die Wachstumsüberfischung setzt bereits direkt am Umkehrpunkt rechts vom MSY ein. Wie vorliegende Studie zeigte, sind Fangstatistiken ohne gefischte Zeit mit Ausnahme des

Karpfensund eingeschränkt beim Aal in geschlossenen Gewässern als Monitoringinstrumentin

der Angelfischerei weniger nutzbringend, da aus den Daten nicht fehlerfrei auf die

Fischbestandsentwicklung und -größe geschlussfolgert werden kann.Es wurde insbesondere

festgestellt, dass sowohl die je Hektar normierten Gesamtentnahmen als auch die

Gesamtfangdaten nur mittelmäßig (Hechte) oder schwach (Weißfische) aussagekräftig für die

zugrunde liegenden Fischhäufigkeiten im Gewässer waren. Einheitsfänge waren hingegen

sehr gut geeignet, unterschiedlich hohe Bestände von Hechten, Karpfen Aalen und

Abb. 5. Schematische Darstellung der Reaktion von natürlich reproduzierenden Fischbeständen auf zunehmende Befischung. Der maximal nachhaltige Dauerertrag (maximal sustainable yield, MSY) wird meist bei mittleren Fischereiintensitäten und mittleren Bestandsbiomassen erreicht. Von besonderer Bedeutung ist die unterschiedliche Reaktion der Gesamterträge (die ein Maximum kennzeichnet) und der Einheitsfänge. Rückgehende Bestände bei zunehmender fischereilicher Sterblichkeit werden durch rück-gehende Einheitsfänge angezeigt. Allerdings ist der Einheitsfang ungeeignet, um einen Überfischungskipppunkt wie z. B. die Rekrutierungsüberfischung anzuzeigen. Die Wachstumsüberfischung setzt bereits direkt am Umkehrpunkt rechts vom MSY ein.

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Aus der Forschung

stabilen Ertragszahlen manifestieren, die dem herrschen-den Fischereidruck entsprechen, so dass hohe Erträge (hohe Ausfänge) bei reproduzierenden Beständen (z. B. Hechte oder Weißfische) für stabil hohe Bestände sprechen, in die gerade nicht besetzt werden sollten (Abb. 5). Der „buchhalterische“ Ansatz der Planung von Besatz nach den absoluten Ausfängen ist daher unbe-dingt auf nichtreproduzierende Arten wie den Karpfen oder Aale und Regenbogenforelle in geschlossenen Seen zu beschränken. Die bisherigen Ausführungen gehen davon aus, dass der Einheitsfang proportional zur Bestandsgröße ist (Box 1). Gemessen wurde diese Proportionalität anhand von Vergleichen der Bestände zwischen einzelnen Seen (z. B. Abb. 2,3). Die Proportionalität von Bestand und Fangrate ist dann gegeben, wenn der Fängigkeitskoeffi-zient q unabhängig von der Bestandsgröße ist (fehlende Dichteabhängigkeit von q, Box 1). Allerdings gibt es innerhalb eines Gewässers und je nach Zielfischart durchaus das Potenzial für Abweichungen von dieser Grundregel (d. h. dichteabhängiges q), was erhebliche Konsequenzen für den Indikatorwert von Einheitsfängen zur Einschätzung der Bestandsentwicklung innerhalb eines Gewässers haben kann. Es ist daher für den Bewirtschafter wichtig zu wissen, wann mit dichteab-hängigen Fängigkeitskoeffizienten zu rechnen ist, um Einheitsfangentwicklungen innerhalb von Gewässern über die Zeit angemessen bewerten zu können. Bei-spielsweise lernen Karpfen sehr rasch, sich den Nach-stellungen der Angler zu entziehen (Klefoth et al. 2013).

Entsprechend können die Einheitsfänge von Karpfen schneller sinken als die Bestandsgrößen – ein Effekt, den Hilborn & Walters (1992) als „Hyperdepletion“ bezeichneten (Abb. 6). Hyperdepletion entsteht, wenn die Fängigkeit q bei abnehmenden Bestandsgrößen N sinkt. Entsprechend reduziert sich bei intensiv befischten Karpfenbestände der Indikatorwert der Einheitsfänge nach starker Beangelung, so dass abnehmende Fang- raten innerhalb eines Gewässers über die Zeit nicht unbedingt auf entsprechend geringe Bestände (und eben nicht auf hohe Besatznotwendigkeit) hindeuten (Alós et al. 2015a,b). Umgekehrt gibt es Fischarten, die auch bei abnehmenden Bestandsgrößen noch hohe Einheitsfänge realisieren – ein Effekt, der als „Hypersta-bility“ (Hilborn & Walters 1992) bezeichnet wird und der durch steigende Fängigkeiten q bei abnehmenden Fischbestandsgrößen ausgelöst wird. Mehrere Mecha-nismen können zur Hyperstabilität der Einheitsfänge beitragen, wie z. B. Aggregationstendenzen der Fische (Post et al. 2002), die Fähigkeit von Anglern, durch die Identifikation von Einständen auch abnehmende Bestände noch effektiv zu befischen (z. B. durch Echo-lotortung oder das visuelle Finden von Gumpen oder durch trawling und andere Geräteinnovationen, die die Such- und Fangeffizienz steigern, Post et al. 2002) oder aber durch das sogenannte „Effort-Sorting“, d. h. die Substitution von untalentierten Anglern durch talen-tiertere, die höhere Einheitsfänge kennzeichnet, sobald die Bestände zurückgehen (Ward et al. 2013). Hyper-stabilität wurde vor allem für Salmoniden, insbesonde-

Weitere Studien zu den heimischen Arten sind nötig, um den Einfluss der Abundanz auf den

Fängigkeitskoeffizienten q zu untersuchen, um so die Aussagekraft sich ändernder

Einheitsfänge besser einschätzen zu können. Bis diese Studien flächendeckend vorliegen,

kann die Einheitsfangbetrachtung vor allem für die Bewertung der Fischbestandsentwicklung

einer Art zwischen unterschiedlichen Gewässern empfohlen werden (insbesondere Vorher-

Nachher Vergleiche). Zeitreihenanalysen innerhalb eines Gewässers verlangen hingegen

etwas mehr Sachverstand bei der Einschätzung, weil die Einheitsfangentwicklung einer

bestimmten Art ggf. auch von Hyperstabilität oder Hyperdepletion betroffen sein kann.

Abb. 6 Konzeptionelle Darstellung von Hyperdepletion und Hyperstability beim Zusammenhang von Fischabundanz und Einheitsfang (inspiriert vonHilborn& Walters 1992).

Danksagung

Die Arbeiten in vorliegender Arbeit wurden vom BMBF im Rahmen des Besatzfisch-Projekts

gefördert (www.besatz-fisch.de). Großer Dank gebührt den beteiligten Angelvereinen

Abb. 6 Konzeptionelle Darstellung von Hyperdepletion und Hyperstability beim Zusammenhang von Fischabundanz und Ein-heitsfang (inspiriert von Hilborn & Walters 1992).

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Aus der Forschung

re Lachse (Peterman & Steer 1981, Shardlow 1993, Ward et al. 2013) sowie bei einigen ausgewählten Zanderbeständen (Hansen et al. 2005) nachgewiesen. Hyperstabile Fangraten sind deswegen problematisch, weil es Angler und Bewirtschafter in den (Irr)Glauben versetzt, die Bestände seien gesünder als sie wirklich sind. Hyperdepletion hingegen kann Konflikte innerhalb der Angler schüren, weil Angler glauben, es gäbe weniger Fische als tatsächlich der Fall. Entsprechend kann es sein, dass sich bei geringen Fängen soziale Normen ausprägen, bestimmte Managementmaßnah-men wie Besatz umzusetzen, obwohl es biologisch keine Notwendigkeit dafür gibt (van Poorten et al. 2011). Im Unterschied dazu zeigen Hechte und die meisten Zan-derbestände keine Beziehung zwischen der Fängigkeit q und der Fischdichte N (Hansen et al. 2000, Newby et al. 2000, Pierce & tomcko 2003, VandeValk et al. 2015). Entsprechend gehen beim Hecht und bei den meisten bisher untersuchten Zanderbeständen innerhalb eines Gewässers ähnlich wie bei den in dieser Studie dokumentierten Situationen zwischen einzelnen Seen die Einheitsfänge proportional mit der Abundanz zurück (Abb. 6). Einheitsfänge sind daher insbesondere bei Zander und Hecht aussagekräftig für die Bestandshöhen sowohl zwischen als auch innerhalb eines Gewässers.

Weitere Studien zu den heimischen Arten sind nötig, um den Einfluss der Abundanz auf den Fängigkeitskoef-fizienten q zu untersuchen, um so die Aussagekraft sich ändernder Einheitsfänge besser einschätzen zu können. Bis diese Studien flächendeckend vorliegen, kann die Einheitsfangbetrachtung vor allem für die Bewertung der Fischbestandsentwicklung einer Art zwischen unter-schiedlichen Gewässern empfohlen werden (insbeson-dere Vorher-Nachher Vergleiche). Zeitreihenanalysen innerhalb eines Gewässers verlangen hingegen etwas mehr Sachverstand bei der Einschätzung, weil die Ein-heitsfangentwicklung einer bestimmten Art ggf. auch von Hyperstabilität oder Hyperdepletion betroffen sein kann.

Danksagung

Die Arbeiten in vorliegender Arbeit wurden vom BMBF im Rahmen des Besatzfisch-Projekts gefördert (www.besatz-fisch.de). Großer Dank gebührt den beteiligten Angelvereinen (Angelsportverein „Gut Fang“ Stapel e.V., SFV Helmstedt und Umgebung e.V., Sportfischer-verein „Früh Auf“ Bramsche e.V., VFG Schönewörde und Umgebung e.V. und FV Peine-Ilsede und Umgebung e.V.) sowie den Hunderten Anglern, die ihr Fangtage-buch geführt haben.

Literatur

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Alós, J., Puiggrós, A., Díaz-Gil, C., Palmer, M., Rosselló, R., Arlinghaus, R. 2015b. Empirical evidence for species-specific export of fish naïveté from a no-take marine protected area in a coastal recreational hook and line fishery. PLoS ONE, 10(8): e0135348.

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Aus der Forschung

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van Poorten, B.t., Arlinghaus, R., Daedlow, K., Haertel-Borer, S.S. 2011. Social-ecological interactions, ma-nagement panaceas, and the future of wild fish populations. Proceeding of the National Academy of Sciences of the USA 108, 12554-12559.

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Aus der Forschung

Am 16. und 17. November 2015 fand am Institut für Fischerei (IFI) in Starnberg die Fortbildungsveranstaltung für Fluss- und Seenfischer statt. 134 teilnehmer aus verschiedenen Bundesländern, aus Österreich und der Schweiz waren der Einladung zu der Vortragsveran-staltung gefolgt.

Nach der Begrüßung durch den Institutsleiter Dr. H. Wedekind gab Dr. M. Schubert, Leiter des Arbeitsbe-reichs Fluss- und Seenfischerei, einen Überblick über die Aktivitäten im Berichtsjahr 2015. Die Renken aus den Fängen der Berufsfischer am Starnberger See, Chiem-see und Bodensee-Obersee wurden hinsichtlich deren Alterszusammensetzung und Wachstum untersucht um Aussagen über die Nachhaltigkeit der Fischerei an den Seen machen zu können. Darüber hinaus wurden die fischereilichen Monitoringarbeiten zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie weitergeführt. Die hierfür erhobenen Fischbestandsdaten werden in der zentralen Fischdatenbank abgelegt. Im Rahmen einer Projekt- und Masterarbeit an der tU-München wurden vor dem Hin-tergrund der Eutrophierungsgeschichte verschiedener bayerischer Voralpenseen Untersuchungen zur Altersbe-stimmung an archivierten Renkenschuppen durchgeführt. In Kooperation mit der Hochschule Weihenstephan-triesdorf wurden Strategien zur Weißfischvermarktung erarbeitet. Ein Entwurf eines Flyers zur Information von Badegästen über die Markierung flach gestellter Netze und trappnetze wurde vorgestellt. Des Weiteren wurde wiederum in Zusammenarbeit mit der tU-München die Eignung ausgewählter Zuflüsse des Starnberger Sees als Laichgewässer für die Seeforelle untersucht. Ein weite-res Arbeitsfeld war die fischereiliche Hege in künstlich entstandenen Stillgewässern, besonders im Hinblick auf die Vereinbarung mit den Belangen des Naturschutzes.Darüber hinaus wirkt das Institut in verschiedenen Gre-mien z.B. der Internationalen Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) mit und organisiert die Staatliche Fischerprüfung-Online, heuer für rund 11.000 teilnehmer.

Aus dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF), München, berich-tete Dr. F. Geldhauser, Referent für Fischerei und Fisch-wirtschaft über „Aktuelles aus der Fischereiverwaltung“: •Vor dem Hintergrund sinkender Fischereierträge

am Bodensee-Obersee hat die Internationale Be-vollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) beschlossen, bis zum Jahr 2020 die Fischerei-patente jedes Anrainerstaates jeweils um ein Drittel zu reduzieren.

•Neuerungenbeider Fischetikettierungmacheneserforderlich, dass u.a. künftig das Erzeugerland, das jeweilige Herkunftsgebiet, sowie die Fangmethode benannt werden müssen.

•Von2014–2020werdenFörderungeninderFische-rei nach dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) abgewickelt. Während dafür deutschlandweit insgesamt 156 Mio. € zur Verfügung stehen, sind es in Bayern insgesamt nur 11,1 Mio. € bei einem Fördersatz von 50 %. Prioritär wird in der Binnen-fischerei die Verarbeitung und Bestandserhaltung gefördert, in der Aquakultur die Direktvermarktung sowie Maßnahmen des tierschutzes. Darüber hinaus wird auch die Entwicklung der Fischwirtschaftsgebiete sowie Maßnahmen der Verarbeitung und Vermarktung gefördert. Die Hauptzielrichtung ist dabei mögliche negative Folgen der Binnenfischerei für die Umwelt zu verringern, beispielsweise durch Steigerung der Energieeffizienz beim Kauf von Bootsmotoren. Für Maßnahmen zur Erschließung neuer Märkte und zur Verbesserung von Anlandestellen steht ein Fördersatz von nur 25 % zur Verfügung. Die Mittelauszahlung erfolgt innerhalb von 3 Monaten nach Antragsstellung. In Bayern gilt nach wie vor die Prosperitätsgrenze als Auszahlungskriterium.

Prof. H. Stibor, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU-München), berichtete über eine geplante Studie zur Variabilität der Nährstoffverhältnisse in bayerischen Seen und deren Bedeutung für Wachstumsprozesse. Phosphor (P) und Stickstoff (N) sind die wesentlichen Nährstoffe, die das Wachstum von Phytoplankton in Seen begrenzen. Die Phosphor - und Stickstoff -Kreisläufe in Gewässern sind oft stark anthropogen überprägt. Dabei spielt unter anderem die unterschiedlich effizi-ente Rückhaltung von menschlich bedingten N- und P-Einträgen in Gewässer eine Rolle. Dies kann insge-samt zu einem Anstieg der gelösten Stickstoffmengen im Verhältnis zu P im Wasser führen. Weicht das Verhältnis deutlich von einem gegebenen Optimalverhältnis ab, kann dies zur quantitativen und qualitativen Verände-rung des Phytoplanktons führen, was sich wiederum auf das Zooplankton und das Fischwachstum auswirken kann. Diese Annahmen konnten bereits im Modell- und Laborexperiment belegt werden.Im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes zwischen LMU-München, Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberbayern, Fischereigenossenschaft Chiemsee und dem Institut für Fischerei der LfL sollen diese Zusammen-hänge in den Jahren 2016 bis 2018 an ausgewählten bayerischen Seen untersucht werden.

Fortbildungsseminar für Fluss- und Seenfischer 2015 am Institut für Fischerei der LfL in Starnberg(Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift „Fischer & Teichwirt“, Nürnberg)Dr. E. Leuner, LfL, Institut für Fischerei, Starnberg

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Aus der Forschung

Herr B.Kaulitzki, von der Bodenseefischerei Bernd Kau-litzki, stellte seinen Fischereibetrieb vor, den er in der 3. Generation betreibt. Nach der Gesellenprüfung zum Fischwirt ist er seit 1989 Mitglied in der Fischerei Genos-senschaft Bodensee und seit 2001 ihr 2. Vorstand und Schriftführer. Die Vermarktungsräume seines Betriebs wurden, u. a. bedingt durch Hygieneauflagen sowie zur Optimierung der Arbeitsabläufe, modernisiert. Da die Räumlichkeiten sehr beengt waren, entschloss sich Bernd Kaulitzki zu einem Neubau, der an das Wohn-haus mit der alten Verarbeitung angrenzt. Somit ist heute beispielsweise der barrierefreie transport von Fischkisten mit Rollwagen in die Vermarktungsräume im Erdgeschoss möglich, wo die Fische verarbeitet und verkauft werden. Im Zuge der Neueinrichtung hat er u.a. eine Gefrierzelle mit temperaturaufzeichnung im Keller eingerichtet, wobei ihm der neue Aufzug den transport erleichtert. Er fängt vor allem Felchen (Renken) aber auch Zander, Aal, Hecht, Saibling, Rotauge und Wels. Zu seinen Produkten zählen neben dem geräucherten Felchenfilet u.a. auch das eingeschnittene Rotaugen-filet sowie sauer eingelegte Rotaugen. Nachdem die Felchenerträge am Bodensee eingebrochen sind, sind aus seiner Sicht letztere ein willkommener Ersatz. Die nächste Investition wird ein eigener Grätenschneider sein. Er verkauft seine Produkte überwiegend ab Hof-laden sowie direkt an die Gastronomie. Auch die von ihm hergerichteten Fischplatten sind bei seinen Kunden sehr beliebt.

Sechs studierende im Studiengang Wirtschaftsinge-nieurwesen Agrarmarketing und Management der Hochschule Weihenstephan-triesdorf stellten ein „Mar-ketingkonzept für Weißfische“ vor, welches sie als Stu-dienprojekt unter der Leitung von Frau Prof. Dr. M. Gerschau angefertigt hatten. Im ersten Schritt wurden in einer Produktanalyse die Eigenschaften, Vorteile und Verarbeitungsmöglichkeiten von Weißfischen zusam-mengestellt. Durch Befragung der Berufsfischer wurde deren Ist-Situation erfasst. In einer Konsumentenanalyse wurden Gastronomen befragt und die Zielgruppe unter den Endverbrauchern ermittelt. Durch den Vergleich mit anderen Wettbewerbern (Benchmarking) wurden ver-kaufsfördernde Maßnahmen in den Bereichen „Strategi-sche Positionierung“ (z.B. Regionalität, Nachhaltigkeit), Werbung, Vertrieb und Produktangebot abgeleitet. In einer SWOt-Analyse wurden Stärken und Schwächen des Produkts, des Marketings, des Managements und des Vertriebs analysiert. Es wurden aber auch die Kun-denanforderungen, das ökologische, technologische und wirtschaftliche Umfeld sowie Chancen und Risiken für die Einführung betrachtet. Aus den Ergebnissen der Analyse wurden Ziele und Strategien der Weißfischver-marktung erarbeitet. Hierzu zählen u. a. ein einheitliches Logo zur Steigerung des Wiedererkennungswertes des Produktes und verschiedene Werbemaßnahmen.

Herr P. Böss, Fischereigenossenschaft Chiemsee, gab einen Einblick in die Renkenaufzucht und den Besatz am Chiemsee. Infolge der in den 1960er und 70er Jahren voranschreitenden Eutrophierung des Chiemsees war eine natürliche Fortpflanzung der Renken im See nicht mehr möglich. Um dies zu kompensieren, wurde von der Fischereigenossenschaft Chiemsee im Jahr 1972 eine erste kleine Brutanstalt gebaut, die in den 1980-er Jahren erweitert und 2014 nochmals optimiert wurde. Im Gegensatz zu vergleichbaren Einrichtungen an an-deren Seen werden die Renkeneier aus wirtschaftlichen Gründen mit ungekühltem Seewasser erbrütet. Damit schlüpfen die Brütlinge zum selben Zeitpunkt wie die seebürtigen tiere. Nach einer feuchten Befruchtung werden aktuell jährlich ca. 100 Mio. Eier in Zuger-gläsern erbrütet. Nach 100 – 120 tagen im Bruthaus (360 tagesgrade) werden die Renkenlarven zu einem großen teil in Unterwasser-Netzgehegen bis zu einer Länge von 6-7 cm vorgestreckt. Der Rest wird im Um-kreis von 5 – 10 km direkt im See ausgesetzt. In der schon lange praktizierten künstlichen Erbrütung sieht Herr Böss eine optimale Unterstützung der natürlichen Vermehrung um Bestandsschwankungen auszugleichen, da der Renkenlaich vor Fressfeinden und ungünstigen Umwelteinflüssen geschützt wird. Sie ist ein wichtiges Instrument zur nachhaltigen Renkenbewirtschaftung am Chiemsee. Die Verwendung aus dem See stammender Laichfische ist dem Besatz mit Fischen fremder Herkunft unbedingt vorzuziehen, da somit optimal an den Lebens-raum angepasste Fische erzeugt werden und das Risiko der Einschleppung von Krankheiten vermieden wird

Herr T. Wanke, Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow, stellte Möglichkeiten zur Früherkennung von Reproduktionsdefiziten und das Kompensationspotential von Larvenbesatz bei der Kleinen Maräne in Norddeut-schen Seen vor. Die Kleine Maräne kommt in kühlen und sauerstoffreichen Seen vor. Sie wird überwiegend mit pelagischen Kiemennetzen gefangen und i.d.R. als Brat- oder Räucherfisch direkt vermarktet. Die häufig stark schwankenden Bestandsdichten der Kleinen Ma-räne bereiten den Berufsfischern Probleme. Ziel seiner Untersuchungen war deshalb, möglichst früh die zu erwartenden Jahrgangsstärken eines Bestandes abzu-schätzen um ggf. schwach ausfallenden Jahrgängen noch rechtzeitig mit Larvenbesatz gegensteuern zu können. Für die Ermittlung der Bestandsdichte wurde in mehreren Seen der Bestand an Laichfischen sowie das jeweilige Larvenaufkommen untersucht. Weiterhin konnte im Sacrower See die Effektivität von Besatzmaß-nahmen mit Larven bei bestehendem Reproduktionsde-fizit überprüft werden.Zur Abschätzung des Laichfischbestands und seiner Jahr-gangsstärke wurden Multimaschennetze eingesetzt und von den gefangenen Fischen Anzahl, Länge, Gewicht, Geschlecht und Alter erfasst. Das Larvenaufkommen

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Aus der Forschung

wurde mit Hilfe einer Lichtfalle untersucht und als Ein-heitsfänge angegebenZur Ermittlung der Effektivität von Besatzmaßnahmen wurden 5.000 Larven/ha besetzt, deren Gehörstein-chen mit dem fluoreszierenden Farbstoff Alizarin-Rot eingefärbt worden waren. Die Markierung kann man auch später wieder erkennen, wenn die Gehörsteinchen angeschliffen und mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie untersucht werden. Die Bestimmung des im Fang vertre-tenen Anteils markierter Fische gibt Auskunft über den Einfluss des Besatzes auf den Gesamtbestand des ent-sprechenden Jahrgangs. Für den Sacrower See konnte so bei einem geringen natürlichen Larvenaufkommen ein positiver Einfluss des Besatzes auf den Maränenbestand belegt werden.

Am zweiten Veranstaltungstag ging Dr. H. Wedekind, Institut für Fischerei, LfL, auf die Körperzusammenset-zung und Fleischqualität von Renken ein. Von verschie-denen Fischarten der Binnen- und Meeresfischerei ist eine große Spannweite der geweblichen und che-mischen Körperzusammensetzung im Jahresverlauf bekannt, die auch Einfluss auf die Attraktivität für den Verbraucher (z.B. Fleischfarbe) sowie für die Fisch-verarbeitung (z.B. Fettgehalt) haben. Im Rahmen von eigenen Untersuchen wurden monatliche Stichproben aus den Fängen der Berufsfischerei am Starnberger See genommen und nach der Zerlegung die Zusam-mensetzung (Gewebsanteile) sowie die Fleischqualität (Filetfarbe, chemische Zusammensetzung) bestimmt. Wie zu erwarten ergab sich ein Jahresverlauf in vielen untersuchten Parametern. Der prozentuale Leberanteil ebenso wie der Gonadenanteil erhöhte sich bis zum Herbst deutlich. Dabei war der Gonadenanteil bei den Rogenern erwartungsgemäß bedeutend höher und lag Ende Oktober bei über 12 % des Gesamtkörpers (Mai 1,9 %). Bei den Milchnern wurden am Saisonende Anteile von lediglich 2,5 % ermittelt (Mai 0,7 %). Der prozentuale Anteil der ausgeschlachteten Fische am Gesamtgewicht (Schlachtkörper) sowie der Filetanteil ohne Haut zeigten entsprechend ab Jahresbeginn bis zum Herbst einen Rückgang, z. B. auf unter 45 % Filetanteil im Vergleich zu 52 % im Winter nach dem Ablaichen. Deutliche Veränderungen ergaben sich auch in der chemischen Zusammensetzung der Filets. Während der Protein- und Aschegehalt relativ konstant blieben (Protein: 19,9 - 20,8 %, Asche: 1,29 - 1,41 %), waren der Wasser- und Fettgehalt des Fleisches erheb-lichen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen. Nach dem Winter wies der Filetfettgehalt im März/April mit Werten um 1,8 % die geringste Höhe auf. Im Zuge der Gewässererwärmung und der Erhöhung des Nahrungsangebotes im Jahresverlauf stiegen die intra-muskulären Fettgehalte der Renkenfilets auf bis zu 3,5 % (August) an. Hinsichtlich der Verbrauchererwartung wurde durchgehend eine besonders hohe, diätetisch wertvolle Fleischqualität festgestellt.

Herr L. Kroll, Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Rheinland-Pfalz, berichtete über die Einbindung der Berufsfischer in Überwachungspro-gramme rheinland-pfälzischer Gewässer. In früheren Zeiten hatte die Fluss- und Seenfischerei einen ange-messenen Fangertrag und leistete mit ihrem Fang ei-nen bedeutenden Beitrag zur regionalen Versorgung der Bevölkerung mit dem Lebensmittel Fisch. Heute dagegen ist von der Berufsfischerei aufgrund verschie-dener Beeinträchtigungen der Fischpopulationen (z.B. Wasserkraftnutzung, Fraßdruck durch Kormorane) und veränderter gesetzlicher Rahmenbedingungen (z.B. Schadstoffbelastung von Aalen) ein wesentlich gerin-gerer Ertrag abzuschöpfen.Einen gewissen finanziellen Ausgleich für die entstan-denen Ertragseinbußen schafft in Rheinland-Pfalz die „Vertrags-Fischerei“. Im Rahmen von fischereilichen Überwachungs-und Fischschutzprogrammen werden hierbei gegen Bezahlung die Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten der Berufsfischer für behördliche Fragestel-lungen zielgerichtet genutzt. Zum Beispiel werden im Rahmen der Aalschutz-Initiative Rheinland-Pfalz/RWE von den Berufsfischern Blankaale vor den Wasserkraft-anlagen abgefangen und zur ungehinderten Abwande-rung in Richtung Rheinmündung abtransportiert. Auch Fischbestandserhebungen im Rahmen eines Monitorings (z.B. EU-Wasserrahmenrichtlinie, Schadstoff-Monitoring in Fischen) werden von Berufsfischern durchgeführt und im Gegenzug der Kauf von Booten oder Fanggeräten finanziell ausgeglichen. Weiterhin werden auch Be-weissicherungen im Schadensfall, Evakuierungen von Fischbeständen und Besatzaktionen von der Berufsfi-scherei im Auftrag erledigt.

Frau H. Ebner, technische Universität München, be-richtete über die Alters- und Wachstumsbestimmung von Renken aus bayerischen Seen. Im Rahmen einer Projektarbeit hat sie basierend auf der optischen Vermes-sung der Ringstrukturen (Circuli) auf den Schuppen eine Methode zur objektiven Alters- und Wachstumsbestim-mung entwickelt. Hierfür hat sie Schuppen von Renken aus dem Ammersee, Bodensee-Obersee, Chiemsee und Starnberger See der 1980er und 2010er Jahre aus dem Archiv des Instituts für Fischerei verwendet. Die Schuppen wurden gereinigt unter einem Binokular digital fotografiert und die Abstände zwischen jeweils fünf Circuli beginnend vom Schuppenzentrum aus mit einer speziellen Software vermessen. Basierend auf den Messergebnissen erfolgte die Altersbestimmung nach einem selbst entwickelten Bestimmungsschlüssel zur objektiven Identifizierung der Jahresringe (Annuli). Bei rund 92 % der untersuchten Schuppen stimmten die Ergebnisse mit der herkömmlichen rein optischen Altersbestimmungen überein. An Hand der Schuppenanalyse zeigten sich in allen vier Seen für die 2010er Jahre (nach Reoligotrophierung) gegenüber den 1980er Jahren (während eutropher

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Aus der Forschung

Phase) ein signifikant geringeres Fischwachstum. Im Rahmen ihrer Masterarbeit hat Frau Ebner anhand des Schuppenwachstums die Eutrophierungsgeschich-te des Bodensee-Obersees untersucht. Hierzu wurden Schuppen aus dem Zeitraum von 1946 bis 1950 (Archiv des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei des Kantons St. GallenArchiv) und 1983 bis 2014 (Archiv des Instituts für Fischerei), sowie die zugehörigen Fischlängen und Gewichte analysiert. Hinsichtlich Fischlänge und -kon-dition konnte ein deutlicher Rückgang seit den 1980er Jahren belegt werden. Die auf der mikroskopischen Ebene erhobenen Wachstumsdaten lieferten keine sig-nifikanten Ergebnisse. Insgesamt konnte gezeigt wer-den, dass das Wachstum eine Entwicklung zurück zu Bedingungen vor der Eutrophierungsphase durchläuft. Korrelationen mit Phyto- und Zooplanktondaten sowie mit Phosphat- und Stickstoffgehalt des Bodensees erga-ben keine signifikanten Beziehungen.

Dr. B. Gum, Fischereifachberatung des Bezirkes Ober-bayern und Herr Ch. von Preysing, Fischerei tegernsee, stellten die Fischerei tegernsee als ein Erfolgsmodell der Berufsfischerei und der Fischereifachberatung vor. Seit 1998 betreibt der Bezirk Oberbayern auf Initiative des damaligen Fischereifachberaters Dr. Peter Wißmath ein Fischbruthaus am tegernsee. Die ehemals dort stark bestandsgefährdeten Arten wie Seeforelle, Sandfelchen

und Seesaibling wurden aus Wildfängen aus dem te-gernsee nachgezogen. Heute haben sich hier dank der Besatzmaßnahmen die Bestände wieder stabilisiert. Die Bestandsstützung der Seeforelle erfolgt beispielsweise durch Ausbringen von Eiern im Augenpunktstadium in einen Seezulauf. Ziel des Besatzes mit Seesaiblingen ist v.a. die Stützung des Bestands. Der Betrieb des Bruthauses erfolgt als eine Art Beispielsbetrieb. So bil-det der Bezirk dort auch Lehrlinge aus und informiert beispielsweise durch Führungen die breite Öffentlichkeit zu verschiedenen themen in Sachen Fisch und Fische-rei. Von Besuchern gerne angenommen wird auch das Schauaquarium des Bezirks. In dem sog. Aquadome sind die im tegernsee heimischen Fischarten zu sehen. Seit 2014 ist neben Fischermeister M. Ostermaier Chr. v. Preysing geschäftsführender Pächter. Neben dem Fischfang betreut er ein Bruthaus und betreibt ein Bistro sowie einen Fischverkauf in der Ortschaft tegernsee. In seinem Biergarten der direkt am See gelegen ist, bietet er exklusive Fischverköstigungen an. Nicht nur mit seinem Label „Mai Liabba“ beschreitet er dabei neue Wege der Vermarktung.

Insgesamt bot die tagung Praktikern und Wissenschaft-lern vielfältige Anregungen und fachliche Impulse für ihre tägliche Arbeit.

KORREKtUR: Die Kormoransituation in Polen

In der letzten Ausgabe der „Fischerei und Fischmarkt“ (Seite 55), wurden bei folgender tabelle die Angaben zu den Brutbeständen den einzelnen Ländern nicht korrekt zugeordnet. Hier nun die Richtigstellung.

2006 2012

Europäisches Russland 57 500 60 000 – 68 000

Ukraine 105 000 46 500

Schweden 43 700 40 598

Dänemark 37 900 27 237

Polen 25 830 26 600

Niederlande 23 139 23 556

Deutschland 23 505 22 550

Tab.1: Zahl der Brutpaare der kontinentalen Unterart des Kormorans (Phalacrocorax carbo sinensis) in den sieben am stärksten von den Vögeln besiedelten europäischen Ländern 2006 und 2012 (Kohl 2011,2012; Bregnballe u. Mitarb. 2014)

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Aus der Forschung

Dr. Helmut Wedekind, Direktor des IFI, begrüßte die zahlreichen Fischer und Gäste der tagung. Die über 200 teilnehmer kamen auch aus zahlreichen anderen Bundesländern sowie aus Österreich und der Schweiz.

Ein Grußwort hielt Herr Dr. Bernhard Feneis, Präsident Verband Deutscher Binnenfischerei und Aquakultur (VDBA) und Vizepräsident der Federation of European Aquaculture Producers (FEAP). Er hob die Bedeutung des IFI Starnberg als Kaderschmiede und Wissensverbreiter hervor. Aus seiner Sicht sind eigentlich alle Argumente vorhanden, dass es Fisch auf Rezept in der Apotheke geben und Fischer ob ihrer Ernährung einen geringeren Beitrag bei der Krankenkasse zahlen sollten. Der obligatorische tätigkeitsbericht des IFI 2015 wurde durch den Direktor Dr. Helmut Wedekind gegeben. Fol-gende Projekte (Auswahl) wurden bearbeitet: Verfahren zur Erfassung des Fettgehalts des Karpfens, Modellpro-jekt zum Kormoran im Aischgrund und Waldnaanaue, Netzüberspannung kleiner teiche bei Schleien, Einsatz von Ölpresskuchen und Kürbiskernpresskuchen als qua-litativ hochwertiges Futtermittel für Forellen, Fleischqua-lität von Renken, Aufzucht verschiedener Stämme des

Bachsaiblings (Salvelinus fontinalis), Untersuchungen zum tierwohl in der Aquakultur, Betäubung und tö-tung tropischer Garnelen, ökonomische Untersuchun-gen in der Forellenproduktion und VHS-Monitoring. Einige themen wurden näher erläutert. Das Regionale Managementkonzept in Zusammenarbeit mit Natur-schutzbehörden, Jägern, teichwirten und Naturschutz-verbänden erbrachte eine positive Zwischenbilanz: Geringere Fischverluste und kein negativer Einfluss auf Vogelarten. Die Netzüberspannung kleiner teiche brachte eine Verlusthalbierung durch Grau- und Silber-reiher bei der Aufzucht von dreisömmrigen Schleien. Allerdings war der Kontroll- und Wartungsaufwand groß. Der Einsatz von Ölpresskuchen als qualitativ hochwertiges Futtermittel zur nachhaltigen Aufzucht von Forellen zeigte zwar günstigere Kosten aber ge-ringere Futterakzeptanz der Fische. Der Vergleich der Aufzucht vier verschiedener Stämme des Bachsaiblings (Salvelinus fontinalis) erbrachte große Unterschiede der Herkünfte in der Mortalität der Brut. Untersuchungen zum tierwohl in der Aquakultur erfolgten bei Forellen. Besatzdichten von 10 bzw. 50 kg/m3 zeigten keine Unterschiede auf Leistungs- und Stressparameter. Die elektrische Betäubung tropischer Garnelen (Litopenaeus vannamei) war erfolgreich. Hypothermie ist in Deutsch-land nicht zulässig. Die Aus- und Fortbildung ist ein Schwerpunkt des Instituts. 402 teilnehmer an Fachta-gungen und 625 teilnehmer an Lehrgänge sowie 370 abgelegte Prüfungen zeigen das eindrucksvoll. 2015 erwarben 34 Lehrlinge den Abschluss als Fischwirt und 15 Fischwirtschaftsmeister konnten ihre Urkunde entge-gennehmen. Beim Onlineverfahren der Fischereiprü-fung konnten 11.785 teilnehmer verzeichnet werden.

Frau Elisabeth Pröll, Bayerisches Staatsministerium für Er-

Fortbildungsveranstaltung für Fischhaltung und Fischzucht,

Institut für Fischerei (IFI), Bayerische Landesanstalt für

Landwirtschaft (LfL), Starnberg 12. – 13.01.2016

Bartschat, P., Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit Brandenburg (LAVG), Dr. Meinelt, T., Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB),Wichmann, T., Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern (LAV M-V)

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Aus der Forschung

nährung, Landwirtschaft und Forsten, stellte sechs Punkte zu Aktuellem aus der Fischereiverwaltung vor. Die Aqua-kultur im Außenbereich kann möglicherweise privilegiert sein, wenn ein natürliches Gewässer eingebunden und erforderlich ist. Das Fischottermanagement ist dreistu-fig aufgebaut. In der ersten Stufe ist der Zaunbau als Prävention vorgesehen. Frau Pröll zeigte an diversen Beispielen, was mit bzw. ohne Genehmigung nach Baurecht an teichen (also im Außenbereich) möglich ist. Grundvoraussetzung ist der Status Binnenfischerei des Betriebes. Die Kosten für Wasserver- und -entsorgung sind nach WRRL zu erheben und entsprechend im WHG geändert. Das Kostendeckungsprinzip muss zur Anwen-dung kommen. In Bayern besteht keine Rechtsgrundlage für ein Wasserentgelt und damit ist die Binnenfischerei nicht davon betroffen. Bei den geschützten Ursprungs-bezeichnungen (gU/gga) ist ab 4.1.16 zusätzlich das Gemeinschaftszeichen mit anzugeben. Die Lebensmit-telinformationsverordnung (EU) 1169/2011 (LMIV VO) erfordert neu die Angabe von Allergenen, auch bei nicht vorverpackter Ware. Zum Schluss hatte Frau Pröll noch eine gute Nachricht: Der Landtag hat sein Interesse für die Entwicklung der teichwirtschaft entdeckt und wird sich in 2016 zum Sachverhalt berichten lassen!

Herr Dr. Geldhauser, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, hielt den zweiten teil des Vortrages zum Aktuellen aus der Verwaltung. Das dreisäulige Fischottermanagement ist in Kraft. Der Zaunbau dient der Prävention und ist über den EMFF förderfähig. Die zweite Säule ist die Koordinierung und Beratung sowie Schadensfeststellung durch Fisch-ottermanager und –berater. Die Entschädigungszah-lung erfolgt in der dritten Säule. Der EMFF, die neue EU-Fischereiförderung, bringt Deutschland 156 Mio. Euro, davon 11,1 Mio. Bayern (vorherige Periode EFF 8.9 Mio.). Aufgrund höherer Fördersätze und eines geringeren Kofinanzierungsanteiles sind weniger Mittel vorhanden, die schneller abfließen werden. In der jährli-chen Aquakulturstatistik werden Betriebe ab einer Größe von 0,3 ha bzw. einer täglichen Durchflussmenge von 20% ab 200 m³ Produktionsvolumen berücksichtigt. Die Meldung an das Bundesamt für Statistik erfolgt ab 2015 auf elektronischem Wege. Die Verwendung nichtheimi-scher Arten in der Aquakultur ist genehmigungspflichtig. Das Institut ist zuständig und bietet ein Faltblatt zur

Information an. Die Fischetikettierung ist künftig auch bei Algen und tangen einzuhalten. Die Binnenfische-rei muss zusätzlich die Fanggerätekategorie und die Ursprungsgebiete, auch bei Aquakultur, angeben. Die teichbauempfehlungen werden in 2016 durch eine Arbeitsgruppe hinsichtlich Otter, Biber und Abfischung aktualisiert. Im tierschutzschlachtrecht ist nach § 4 Abs. 1a tierSchG ein Sachkundenachweis erforderlich. Er gilt für Aufsichtspersonen. Der Abschluss Fischwirt bzw. der Fischereischein stellt einen Sachkundenachweis dar.Entwicklungen in der Aquakultur in Mecklenburg-Vor-pommern wurden von

Herrn Carsten Kühn, Institut für Fischerei M-V, vorgestellt. In der Vergangenheit wurden Regenbogenforellen (Rf) in Netzgehegen im Binnenland und an den Küsten, insgesamt 650 t, produziert. Karpfen wurden in teichen und Seen gehalten, 1991 noch mit 350 t Jahresproduk-tion. Die aktuelle Aquakulturentwicklung weist wieder eine stabile Karpfenproduktion auf, hingegen ist bei Rf ein Absturz auf ca. 120 t zu beklagen. Die Produktion sonstiger Fischarten nahm stark zu (auf knapp 900 t in 2014). Insbesondere sind dies Clarias, aber auch Saiblinge, Störe, Ostseeschnäpel und Zander. Wegen der Auflagen des Naturschutzes ist die Entwicklung der Aquakultur in M-V nur noch in KLA möglich. Netzgehe-ge und Durchflussanlagen sind gegenüber 1990 stark rückläufig, Kreislaufanlagen stark zunehmend. Die Hal-tung von Clarias ist problemlos, aber die VO-konforme Schlachtung bereitet Probleme. Beim White shrimp, es existieren mittlerweile 2 Anlagen in M-V, stellen sich die Probleme ähnlich wie bei Clarias dar. Geeignete Fisch-arten und Anlagen gibt es genügend. KLA sind jedoch kostenintensiv und im Kaltwasserkreislaufbereich gibt es bisher keine Entwicklung. Die zukünftigen Verfahren werden in den Forschungsanlagen der LFA vorbereitet. Dazu zählen Forschungen zum Ostseeschnäpel in Born/Darß, zum Baltischen Stör und zu Meerforellen. Am Standort Hohen Wangelin existieren eine Kaltwasser-kreislaufanlage für Salmoniden und teiche für Edelkrebse. Die Zanderaufzucht wird in einer Warmwasserkreis-laufanlage untersucht. Ziel ist u. a. der Aufbau einer Zanderaquakultur. Die Reduzierung des abfließenden Produktionswassers ist Inhalt eines aktuellen Projektes. Abschließend stellt Herr Kühn die Vernetzung der For-schungslandschaft in M-V dar.

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Aus der Forschung

Herr Gerd Michaelis, teichgut Peitz GmbH, stellte die Vorteile der Kombination von teichwirtschaft und Warm-wasseraquakultur vor. Der Betrieb besteht aus klassischer teichwirtschaft mit 1.400 ha teichnutzfläche und der Warmwasserfischzucht Jänschwalde mit 200 m3 Pro-duktionsvolumen. Zusammen produziert er 750 t Fisch, davon 670 t Karpfen. Dazu kommen Forellen, Wels, Aal, Stör und andere Nebenfische. Die Energiepolitik in Deutschland führt dazu, dass das Kraftwerk teilweise abgeschaltet wird und dann Wärme für das Kreislauf-wasser fehlt. Die temperaturschwankungen abhängig von der Fahrweise der Kraftwerke sind kontraproduktiv. Große Probleme hat das Unternehmen mit fischfressen-den Vögeln: Kormoran, Graureiher und Silberreiher. Herr Michaelis rechnete 250.000 € Schaden je Jahr detailliert vor. Im Warmwasser erfolgt hauptsächlich die K0 - und die Zk2-Produktion, um Verluste zu minimieren. Im zweijährigen Umtrieb werden Karpfen von 2-2,5 kg in teichen produziert. Deshalb werden auch 70 t K2 und ZK3 aus teich in teichanlagen gewonnen. Damit ist die K2-Produktion aus der teichwirtschaft verbannt. Die Vorteile der Kombination von teichwirtschaft und Warm-wasserzucht werden deutlich: Höhere Überlebensraten, Künstliche Vermehrung, Kürzerer Umtrieb, Produktion von Kalt- und Warmwasserfischen, schnellere Anpassung auf Marktsituation und insgesamt eine stabilere Ökonomie. Zur „Wirtschaftlichkeit und Produktivität von Forellen-masten – Ein Vergleich zwischen Systemen in Dänemark, Deutschland und der türkei“ sprach

Herr Dr. Tobias Lasner vom thünen-Institut für Fische-

reiökologie in Hamburg. Hintergrund der rein empiri-schen Untersuchungen ist ein Netzwerk mit dem Namen „agri benchmark“. Idealtypische Forellenmastbetriebe in Deutschland, Dänemark und der türkei wurden mit 600-700 Variablen virtuell zusammengebastelt. Dieses soll den globalen Vergleich von Einzelbetrieben gestat-ten. Der Wettbewerb, die Rahmenbedingungen und die Nutzung natürlicher Ressourcen sollen abgeschätzt werden. türkische Betriebe besitzen klare Kostenvor-teile. So betragen die Gestehungskosten für ein kg Regenbogenforelle in der türkei 1,51€, in Deutschland 2,37€ und in Dänemark 2,52 €. türkische Farmen verschaffen sich durch niedrige Löhne und geringe Investitionskosten Wettbewerbsvorteile. In Dänemark besteht der trend zu rezirkulierenden Systemen (RAS). Größere Betriebe schneiden deutlich besser als kleinere Betriebe ab. Untersuchungen zur Rolle der Fotoperiodik bei der Fort-pflanzung von Salmoniden, insbesondere am Beispiel Bachsaibling durch den Einsatz zweier Beleuchtungs-systeme stellte

Herr Dr. Viktor Svinger, Bezirk Oberfranken vor. 6-8% der Bachsaiblinge weisen bereits bei einer Masse von 10 g Merkmale einer „Pubertät“ auf. Diese frühe Ge-schlechtsreife beim Bachsaibling ist sowohl bei Milchnern als auch bei Rogenern feststellbar. Mit der „Pubertät“ geht eine Wachstumsreduktion, Aggressivität, eine schlechte Futterverwertung, eine erhöhte Sterblichkeit, eine Beein-trächtigung des Immunsystems, steigende Verluste und die Minderung der Schlachtausbeute einher. Ein weiteres Problem besteht in der Verpilzung der Fische nach Errei-chen der Geschlechtsreife. Hintergrund der vorgestellten Ergebnisse war der Versuch, durch Veränderung der Foto-periodik der frühen Pubertät entgegenzusteuern. In einem gemeinsamen Projekt mit der Uni Budweis und der Fisch-zucht Klattau (Böhmerwald) wurden Effekte verschiedener Lichtquellen auf die Geschlechtsreife der Bachsaiblinge im zweiten Lebensjahr untersucht. Das Lichtprogramm be-stand in der künstlichen Verlängerung des Sommers über die Sommersonnenwende hinaus. Eine Photoperiode von 16:8 h (tag:Nacht) wurde simuliert. Drei unterschiedliche Lichtquellen wurden über den Freilandrinnen installiert und an drei Kontrollterminen Wägungen, Geschlechtsbe-

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Aus der Forschung

stimmungen und die klinische Kontrolle durchgeführt. Die Milchner wiesen 40% weniger Gonadenentwicklung bei den beleuchteten Bachsaiblingen sowie einen geringeren gonadosomatischen Index (GSI) auf. Bei unbeleuchteten Bachsaiblingen erhöhte sich die Verpilzungsrate von 10% auf 30%. Bei den beleuchteten Bachsaiblingen wurden nur geringe Verpilzungsraten festgestellt. Morphologische Merkmale bei den unbeleuchteten Milchnern war die Ausprägung eines Laichhakens und eines Buckels. Dies war bei den beleuchteten Milchnern nicht feststellbar. Wie die Milchner so wiesen auch die Rogener keine Wachstumsunterschiede der unbeleuchteten Kontrollen zu den beleuchteten Gruppen auf. Der GSI der beleuchteten Rogener war 24% geringer als der GSI der Unbeleuch-teten. Die Verpilzungsrate der unbeleuchteten Rogener stieg innerhalb des Untersuchungszeitraumes von 7,5 auf 25%. Bei den beleuchteten Rogenern wurden nur geringe Verpilzungsraten festgestellt. Ein Abstreichen der beleuchteten Rogener war nicht möglich. Die Verluste waren um mindestens 1/3 reduziert. Somit ist durch die künstliche Beleuchtung eine Produktionssteigerung und eine höhere Produktqualität zu erreichen.

Herr Dr. Stefan Reiser vom thünen-Institut Institut für Fi-schereiökologie Hamburg referierte zur Erbrütung und Aufzucht von Salmoniden auf natürlichem Substrat in der Praxis. Schlagworte wie animal welfare und environmen-tal enrichment (EE) halten zunehmend auch Einzug in die fischereiliche Praxis. Das EE wird als gezielte Erhöhung der Komplexizität der Haltungsumwelt und Verbesserung des tierwohls in der tierzucht und in Zoos eingesetzt. Es wird spekuliert, dass die Robustheit der tiere durch EE für natürliche Systeme (Überlebensraten, Stressresistenz) verbessert wird. Höhere Wachstumsraten, geringere Missbildungen, geringere Cortisolausschüttung, verrin-gerte Aggression, bessere Flossengesundheit, besseres Lernverhalten und eine verbesserte Gehirnentwicklung werden dem EE nachgesagt. Im vorliegenden Experiment wurde der Versuch eines Vergleiches konventioneller und der EE Aufzucht von Salmonidenbrut durchgeführt. Die Erbrütung erfolgte konventionell ohne und mit Kies im Langstromapparat. Nachfolgend wurde die Dottersack-brut in Brutrinnen mit und ohne Sandgrund aufgezogen. Drei Forellen und Saibling produzierende Betriebe in Norddeutschland waren involviert. Unterschiede zwi-

schen den Kontrollgruppen waren eher subjektiver Art, es bestanden hingegen starke betriebsspezifische Effekte.Zur Deklaration von Fischprodukten im Rahmen der neuen EU-Vorschriften referierte

Herr Dr. Henner Neuhaus vom LAVES, Institut für Fische und Fischereierzeugnisse Cuxhaven. Ab 13. Dezember 2014 gilt eine neue Lebensmittelinformationsverordnung (VO EU 1169/2011). Jedes Lebensmittel muss gekenn-zeichnet sein, um den Verbraucher über Allergene, Ener-gie- und Nährwert, Lebensmittelimitate und die Herkunft von Lebensmitteln zu informieren. Mit 1500 aquatischen Arten besteht im Gegensatz zu Warmblütern eine große Herausforderung für die Kennzeichnung der Produkte. In der Kennzeichnungspflicht wird zwischen vorverpackten und losen Lebensmitteln unterschieden. Herr Neuhaus stellte die Kennzeichnung von Fischerzeugnissen am praktischen Beispiel einer geräucherten Forelle vor. Ver-antwortlich für die Kennzeichnung ist derjenige, der das Produkt in den Verkehr bringt, ggf. auch der Importeur. Die Bezeichnung des Produkts ergibt sich aus der Liste des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Neben der Produktbezeichnung sind Angaben zum physikalischen Zustand (frisch geräuchert), ggf. besondere Behandlung; Zutatenverzeichnis (Forelle, Paprika….Rauch) gefordert. Bei gefrorenem Fisch oder Produkten muss das Einfrierdatum angegeben werden. Allergene und Unverträglichkeiten müssen ab 13.Dezem-ber 2016 in der Zutatenliste hervorgehoben werden. Pflichtangaben sind weiterhin die Mengenkennzeich-nung, Nettofüllmengen, Mindesthaltbarkeitsdatum oder Verbrauchsdatum bei schnell verderblichen Lebensmitteln; Anweisungen zur Aufbewahrung; der Hersteller mit voll-ständiger Postanschrift des Lebensmittelunternehmers; Gebrauchsanleitung; Nährwertdeklaration (Brennwert, Fett, gesättigte Fettsäuren, Kohlenhydrate, Zucker, Ei-weiß, Salz). Bei Verwendung von Ölen muss die Herkunft und Art deklariert werden. D. h. statt Pflanzenöl muss jetzt z. B. Palmöl oder Pfanzenfett (Kokos) angegeben werden. Problematisch für die Nährwertangaben sind Schwankungen in der Zusammensetzung der Rohware. Bei Fischsalaten z. B. muss aus der Summe aller Zutaten der Nährwert ermittelt und angegeben werden. Zusätz-lich zur Handelsbezeichnung muss der wissenschaftliche Name und die Herkunft der Fische angegeben werden.

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Aus der Forschung

Herr Dr. Frank Rümmler vom Institut für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow stellt neue Untersuchungen zu teilge-schlossenen Kreislaufanlagen in der Forellenproduktion vor. Diese sind seit 2000 in Dänemark Pflicht und ent-sprechen verschiedenen Anforderungen wie der öko-logischen Durchgängigkeit der Gewässer (EU-WRRL). Auch in Deutschland werden langfristig keine Durch-laufanlagen genehmigt werden. Geringere verfügbare Wassermengen, die Errichtung neuer Anlagen aber auch Erweiterungen und Rationalisierungsmaßnahmen erfor-dern die Einführung von teilkreislaufanlagen. Wichtiger Bestandteil dieser Anlagen sind Biofilter, ein Alkalinitäts- und O2-Eintrag und die Entgasung. trotz gleicher Grund-bausteine sind alle Anlagen an lokale Gegebenheiten angepasste Unikate. Meist werden 0,7-1,5 m3 Wasser je tonne Fisch benötigt und es erfolgt ein 1-2 maliger Wasseraustausch je tag bei einem Energieverbrauch von 2 kWh/kg Zuwachs. Die Nutzung von Grundwasser löst zunehmend die Nutzung von Oberflächenwasser ab. Diese bietet Vorteile wie z. B. stabile Wassermengen und einen geglätteten temperaturgang mit erhöhter Fut-termenge im Winter. Nachteile sind die Grundwasser- entnahmegebühr, ggf. eine Enteisenung sowie Kosten aufgrund einer Abwasserabgabepflicht. Effekte von erhöhten Schwebstoffbelastungen in Kreislauf- anlagen auf die Gesundheit und Wachstumsleistung von

Regenbogenforellen stellte Herr C. Becke, Fischereifor-schungsstelle Baden Württemberg, Langenargen vor. In Kreislaufanlagen bedingen höhere Besatzdichten gestei-gerte Schwebstofffrachten. Schwebstoffe rekrutieren sich hauptsächlich aus Kot und Futterresten. Diese können u. U. zu Schädigungen der Kiemen und zu erhöhter Stress-belastung führen. Im vorliegenden Versuch wurden zwei Kreislaufsysteme mit je 10 Becken etabliert. In einem

dieser beiden Kreislaufsysteme erfolgte eine künstliche Erhöhung der Schwebstofffracht mit Partikelkonzentration von ca. 25 mg/l. Verglichen wurden Gesundheits- und Leistungsparameter der Fische aus beiden Kreisläufen. trotz erhöhter Partikelbelastung wurden keine signifikan-ten Unterschiede festgestellt. Die chemisch-physikalischen Wasserparameter waren durch die künstliche trübe nicht verändert. Die exponierten Fische wiesen ein subjektiv leicht verändertes Fressverhalten auf. Als Gesundheits-parameter dienten Flossenschäden, Differentialblutbild, die Expression von Hitzeschockprotein 70 (HSP70) und die Plasmacortisolkonzentration, welche mittels ELISA bestimmt wurde. Innerhalb des Untersuchungszeitraumes wurde eine Verbesserung der anfänglichen Flossenerosi-onen in beiden Untersuchungsgruppen festgestellt. Die trübeexsponierte Gruppe wies eine stärkere Verbesserung der Flossenschäden auf. Die untersuchten Blutparameter, HSP70 und Plasmacortisol wiesen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen auf. Es wurden somit keine Hinweise auf negative Effekte detektiert. Ein Zusammenhang zwischen Partikelbelastung und Keim-belastung wurde leider nicht untersucht. Anhand der dargestellten Ergebnisse stellt sich die Frage, ob ein erhöhter Schwebstoffgehalt in seiner Bedeutung für die Fischgesundheit überschätzt wird!???

Herr Sebastian Salomon von der Hochschule Weihenste-phan-triesdorf stellte seine Ergebnisse von tag/Nacht-Belüftungsversuchen in Karpfenteichen vor. Hintergrund dieser Untersuchungen ist die Sauerstoffknappheit des teichwassers im Sommer sowie ein hoher Kostenauf-wand bei der technischen Belüftung. Er verglich Werte aus tages- bzw. Nachtbelüftungen in 40 und 80 cm Wassertiefe. Zusätzlich wurden die temperatur und die Windgeschwindigkeit überwacht und in die Be-trachtungen einbezogen. Die tagesbelüftung erfolgte von 10 bis 17 Uhr und die Nachtbelüftung von 22 bis 5 Uhr. Die teiche wiesen in Abhängigkeit von der Sonneneinstrahlung und Wind eine Schichtung auf. Ein Sauerstoffminimum an der Oberfläche ist in unbelüfteten teichen von 8 bis 10 Uhr feststellbar. Im tiefenwasser sind niedrigste Konzentrationen bei höchsten Konzentrationen im Oberflächenwasser von 20 bis 22 Uhr nachweisbar. tagsüber fallen die O2-Werte im tiefenwasser. Nachts ist ein Absinken der O2-Werte im Oberflächenbereich und Anreicherung

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Aus der Forschung

der O2-Werte im tiefenwasser messbar, da das O2-reiche abgekühlte Oberflächenwasser nachts in tiefere Schichten absinkt. Windgeschwindigkeiten unter 3,5 m/s haben keinen Einfluss auf die Schichtung im teich. Defizite in den Sauerstoffgehalten in der Nacht können mittels Nachtbelüftung nicht kompensiert werden. Nur mittels tagbelüftung können Sauerstoffdefizite in den Morgenstunden ausgeglichen werden. Dies führt zudem zu einem insgesamt höheren O2-Niveau auch in den Nachtstunden. Erwähnt wurde der mögliche Einsatz von Photovoltaikelementen zur Energieversorgung der tagbelüftung.

Der Vortrag von Herrn Dr. Gert Füllner vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Königswartha hatte die „Leistungsprüfung beim Karp-fen – alles schon da gewesen?“ zum Inhalt. Im Zuge der Domestizierung des Karpfens, beginnend von den Römern bis zur heutigen Zeit, wurden verschiedenste Linien herausgezüchtet. 1898 beschreibt Hofer erst-mals die bekannten deutschen Karpfenrassen. Die erste Leistungsprüfung von Karpfen in teichen wurde von Demoll und Mitarbeitern 1928 beschrieben. Der-artige historische Leistungsprüfungen sind unter den aktuellen Ansprüchen nicht aussagekräftig. Heutige Leistungsprüfungen sind durch ein sehr aufwändiges Versuchsdesign gekennzeichnet. Gegenwärtig werden in der Versuchsteichanlage Königswartha verschie-denste mitteleuropäische Karpfenstämme untersucht. Alle 5 geprüften Karpfenstämme unterscheiden sich

von einander in verschiedenen Leistungsparametern. Hinweise für die tierschutzgerechte Schlachtung in Forellen- und Karpfenbetrieben gab

Frau Dr. Verena Jung-Schroers von der tierärztlichen Hochschule Hannover. Gemäß tierschutz-Schlacht-Verordnung (tSchlVO) sind Fische vor dem Schlachten zu betäuben. Das heißt, die Fische müssen in einen wahrnehmungsunfähigen Zustand versetzt und bis zur tötung gehalten werden. Messungen an Regenbo-genforellen und Karpfen haben ergeben, dass der Betäubungseffekt bei den Fischarten je Betäubungsart unterschiedlich ist. Als Verfahren wurde die zugelasse-ne Betäubung mittels Kopfschlag, elektrischem Strom und Kombination beider Verfahren verglichen. Mit Anwendung einer der genannten Methoden bei Forel-len konnte eine Wirksamkeit von mind. 95% erreicht werden. Bei Karpfen war eine 100%ige Betäubung nur bei einer Kombination von Elektrobetäubung und Kopfschlag sichergestellt. Im Verlauf der Betäubung treten äußere Verletzungen bei Forellen häufiger als bei Karpfen auf. Falsche Elektrobetäubung kann bei Forellen zu Blutungen in der Muskulatur und somit zu Qualitätsverlusten führen. Die Leitfähigkeit hat großen Einfluss auf die Betäubung mit elektrischem Strom. Bei einem Leitwert über 1000 µS/cm ist keine Betäubung herbei zu führen. Fortbildungsveranstaltungen und Merkblätter zur tierschutzgerechten Schlachtung von Fischen sind in Vorbereitung.

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Aus der Forschung

Im Grußwort umriss Herr Norbert Eichkorn, Präsident des LfULG die derzeitige Situation der Fischerei, ein-schließlich Angelfischerei, und Aquakultur in Sachsen. Da ist zum Einen die schwierige Satzfischsituation und der Übergang vom EFF zum EMFF. Zum ande-ren bedeuten die zeitweise Abschaltung von Braun-kohlekraftwerken erhebliche Schwierigkeiten bei der Bewirtschaftung teilgeschlossener Kreislaufanlagen. Zunehmend rücken Fragen des tierschutzes als neue Herausforderungen für die Branche in den Focus. Nach nunmehr 24 Jahren steht die Neuverpachtung einer Vielzahl von Gewässern an. Bewerbungen erfolgen unter Vorlage von Bewirtschaftungskonzepten. Ziel dieser Veranstaltung und des LfULG ist Berücksichtigung neuer fischereilicher Erkenntnisse für die Praxis.

Frau Ulrike Weniger sprach aktuelle Fragen der Aqua-kultur und Fischerei in Sachsen an. Rückblickend auf das Jahr 2015 ergeben die offiziellen Zahlen aus der Aquakulturstatistik ein Produktionsvolumen von 2360 t Fisch insgesamt, davon 1750 t Karpfen, 170 t Clarias, 130 t Regenbogenforellen, 85 t Stör, 48 t

Schleie und 177 t sonstige Fischarten. Bedrohlich ist die rückläufige Satzfischproduktion. Das Jahr 2015 war geprägt von fehlenden Niederschlägen und da-raus resultierendem Wassermangel für alle Bereiche der Aquakultur. Hohe Wassertemperaturen und feh-lende Produktionsflächen setzten insbesondere den Salmonidenzüchtern und –haltern zu. In der jährlichen Aquakulturstatistik werden Betriebe ab einer Größe von 0,3 ha bzw. einer täglichen Durchflussmenge von 20% ab einem Produktionsvolumen von 200 m³ berücksichtigt. Die Anzahl der KHV-positiven Befunde ist weiter zurückgegangen. In 5 von 61 untersuchten Betrieben wurde KHV nachgewiesen. Der Oberlau-sitzer Biokarpfen darf als geschützte geografische Angabe zur Produktkennzeichnung genutzt werden. Es gab zum Jahresende verschiedene Anfragen betreffs Nachweis der Sachkunde zum Betäuben, töten und Schlachten von Fischen. Von Frau Weniger wird darauf hingewiesen, dass mit der Fischereiberechtigung die Sachkunde erworben wird und damit im Konsens mit der tierschutz-Schlacht-VO steht. Die Ausnahmerege-lung gem. §4 Fischetikettierungsverordnung gilt auch für ab Hof Fischverkäufe. Es gibt eine Novellierung der Düngemittelverordnung, womit das Ausbringen von teichschlamm grundsätzlich erlaubt ist. Voraussetzung ist aber, dass der teichschlamm nicht mit Schadstof-fen belastet ist. Es empfiehlt sich eine Beprobung des Schlamms vor der Abgabe als Düngemittel, da in Stichproben Belastungen mit Schwermetallen (z.B. Cadmium) nachgewiesen wurden. Allerdings sind in den teichschlämmen auch kaum Nährstoffe nachge-wiesen worden. Ausgleichszahlungen nach Härtefall-ausgleich-VO für Schäden durch Fischotter, Kormoran und Fischreiher sind möglich. Diese Zahlungen sind aber in Höhe und Intervall begrenzt: Nur einmal in 3 Jahren wird dieser Ausgleich bewilligt. Aus dem EMFF stehen für Deutschland 156 Mio. € zur Verfügung, die gemäß Nationalem Strategieplan für Aquakultur auf die 11 Bundesländer aufgeteilt werden. Die Förderung erfolgt nach zwei Richtlinien. Dies sind 1. teichpflege und naturschutzgerechte teichbewirtschaftung und 2. Aquakultur und Fischerei. Die bundesweite „Kormoran-Projektgruppe“ ist noch aktiv. Ein 5. treffen findet am 11. April in Bonn statt. Schäden durch Prädatoren in teichanlagen sind weiterhin vorhanden, allerdings nicht nur von Fisch fressenden Vögeln. Der Vortrag endete mit einem symbolhaften Bild zum thema Schä-den an WKA.Informationen zur EMFF-Antragstellung 2016 zur För-derung nach RL tWN/2015 wurden von

Erfahrungsaustausch zwischen Praxis, Fischereiverwaltung und angewandter Forschung. Fachtag Fischerei des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), Königswartha, 08.-09-03.2016

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Aus der Forschung

Frau Dr. Weigel als Vertretung von Frau Martina Marx, Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirt-schaft vorgetragen. Die Förderung zur teichpflege und Erhalt der Kulturlandschaft, Naturschutzgerechte teich-bewirtschaftung – Artenschutz und Lebensräume wird für einen 5-jährigen Verpflichtungszeitraum bewilligt. In jedem Jahr ist eine erneute Antragsstellung notwendig, wobei der Bewilligungsempfänger den Flächennach-weis für die Förderung zu erbringen hat. Dazu ist eine Antrags CD, einschließlich einer Anwendungsbroschüre zu nutzen. Ab 2018 sind keine Neuanträge und Vor-habenzugänge mehr möglich. Für Flächen unter 1000 m2 können keine Mittel bewilligt werden. Die Frist zur Antragstellung (17.05.) sollte unbedingt eingehalten werden. Für die Änderungsanzeige ist ein entsprechen-des Formblatt zu nutzen. Ergebnisse der Leistungsprüfung mitteleuropäischer teichkarpfenstämme stellte

Herr Dr. Gert Füllner, LfULG vor. Dieses seit 2013 durchgeführte und aus EFF geförderte Projekt hat das Ziel, Stämme von teichkarpfen mit genetisch weit ent-fernter Herkünfte auf KHV-Resistenz, Leistung, Vitalität und Produktqualität zu prüfen. Fünf Karpfenstämme aus tschechien (CZ1, Schuppenkarpfen), Polen (PL1, F1-Hybriden mit höchster KHV-Resistenz), Bayern (By1, bayerischer Spiegelkarpfen), Sachsen (SN1, sächsi-scher Spiegelkarpfen) und Sachsen (SN2, sächsischer Spiegelkarpfen) wurden für das Projekt ausgewählt. Für das Communal testing, d. h. gemeinsame Haltung und testung der Stämme, wurden die Fische mit Micro-

satelliten-Markersystemen markiert. Prüfkriterien waren z. B. der Zuwachs, die Futterverwertung, die Vitalität und die Produktqualität der Fische. Alle Stämme unter-schieden sich in den einzelnen Kriterien. Der Stamm CZ1 weist den höchsten Hektarertrag und auch die höchsten Stückmassen auf. Es wurden von Mitarbeitern der tierärztlichen Hochschule Hannover an Fischen der verschiedenen Stämme KHV-Infektionsversuche durchgeführt. Hier erwiesen sich die CZ1-Karpfen am empfänglichsten, der sächsische Stamm SN1 dagegen wies eine schlechtere Resistenz auf. Insgesamt schnitt im Ranking jedoch der Stamm CZ1, unter anderem mit einer Überlebensrate von 36 % Kv zu K1, am besten ab. In der Produktqualität wies dieser Stamm den höchsten Filetanteil auf. Spiegelkarpfen hatten einen niedrigeren Filetanteil, allerdings bessere Bewertungen bei den Gar-verlusten. Ein erstes Fazit dieser Untersuchungen könnte sein, die Aufzucht von Schuppenkarpfen alternativ zu bedenken. Es hat sich gezeigt, dass Schuppenfische tendenziell weniger von Kormoranen befischt werden.Hinweise für die tierschutzgerechte Schlachtung in Fo-rellen- und Karpfenbetrieben gab

Frau Dr. Verena Jung-Schroers von der tierärztlichen Hochschule Hannover. Gemäß tierschutz-Schlacht-Ver-ordnung (tSchlVO) sind Fische vor dem Schlachten zu betäuben. Das bedeutet, die Fische müssen in einen wahr-nehmungsunfähigen Zustand versetzt und bis zur tötung gehalten werden. Messungen an Regenbogenforellen und Karpfen haben ergeben, dass der Betäubungseffekt bei den Fischarten je Betäubungsart unterschiedlich ist. Von den in der tierschutz-Schlacht-VO zugelassenen Be-täubungsverfahren sind die Betäubung mittels Kopfschlag oder mittels elektrischen Stroms die praktisch am besten durchführbaren Verfahren. Zur Untersuchung wurden dementsprechend Kopfschlag oder elektrischer Stroms sowie die Kombination beider Verfahren verglichen. Mit Anwendung einer der genannten Methoden bei Forellen konnte eine Wirksamkeit von mind. 95% erreicht wer-den. Bei Karpfen war eine 100%ige Betäubung nur bei einer Kombination von Elektrobetäubung und Kopfschlag sichergestellt. Im Verlauf der Betäubung treten äußere Verletzungen bei Forellen häufiger als bei Karpfen auf. Ein zu starker Kopfschlag führt zu Schädigungen des

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Aus der Forschung

Schädels, was insbesondere einen negativen optischen Qualitätsverlust bedeutet. Falsche Elektrobetäubung kann bei Forellen zu Blutungen in der Muskulatur und somit zu Qualitätsverlusten führen. Die Leitfähigkeit des Wassers hat großen Einfluss auf die Betäubung mit elektrischem Strom. Bei einem Leitwert über 1000 µS/cm ist keine ausreichende Betäubung herbei zu führen. Der optima-le Bereich für die Betäubung befindet sich zwischen 500 – 1000 µS/cm bei einer Einwirkzeit von 2 bis 5 min. Es wird zur Gewährleistung optimaler Leitwerte ein regelmäßiger Wasserwechsel im Betäubungsbecken empfohlen. Fortbildungsveranstaltungen und Merkblätter zur tierschutzgerechten Schlachtung von Fischen sind in Vorbereitung. Untersuchungen zur Erprobung geeigneter Betäubungsverfahren für die Schlachtung Afrikanischer Welse (Clarias gariepinus) wurden von

Herrn Dr. Möbius, Universität Leipzig, Institut für tierhy-giene und Öffentliches Veterinärwesen beschrieben. Die generellen Anforderungen Schmerzen und Leiden zu vermeiden, ist der Hintergrund zur tierschutzgerech-ten Betäubung vor dem Schlachten. Die Betäubung des afrikanischen Raubwelses ist allerdings mit den konven-tionellen Betäubungsmethoden und Geräten nur bedingt tierschutzgerecht zu realisieren. Mögliche Verfahren sind die Anwendung der Druckluftnadelpistole oder des Bol-zenschussgerätes. Das Handling ist dabei sehr aufwen-dig und es lassen sich nur kleinere Mengen an Fisch betäuben und schlachten. Die spezielle Anatomie des Schädels von Clarias gariepinus mit starkem Schädel-knochen und dem in einer Gallertmasse eingebettetem Gehirn verhindert die Betäubung mit marktüblichen Elek-trobetäubungsgeräten. Die Lebendkühlung in Eiswasser (Hypothermie) ist eine derzeit zwar nicht genehmigte, aber mit Ausnahmeerlaubnis angewendete Methode. In verschiedenen Versuchen mit unterschiedlichen Kühlver-fahren (Eiswasser, Eiswasser + Eis und Eis + Salz) mit und ohne Vorkühlung der Fische auf 0°C wurde der Zeitpunkt des Betäubungseffektes ermittelt. Lange Zeiträume sind notwendig um die Wahrnehmungslosigkeit von Clarias gariepinus zu erreichen. Die längste Reaktionszeit von 20 min wurde bei der Methode „Eiswasser ohne Vor-kühlung“ ermittelt. Am kürzesten mit 7 Minuten war die Reaktionszeit bei schrittweiser Vorkühlung der Fische auf

10°C über einen Zeitraum von 3 Stunden. Die Untersu-chungen brachten zusätzlich den Nachweis, dass die Fische im Eis nicht ersticken. Entwicklungen in der Aquakultur in Mecklenburg-Vorpom-

mern wurden von Herrn Carsten Kühn, Institut für Fische-rei M-V, vorgestellt. In der Vergangenheit wurden bis 650 t Regenbogenforellen in Netzgehegen im Binnen-land und an den Küsten produziert. Karpfen wurden in teichen und Seen gehalten. 1991 betrug die Jahrespro-duktion noch 350 t. Die aktuelle Aquakulturentwicklung weist nach anfänglich dramatischem Rückgang wieder eine stabile Karpfenproduktion auf. Dahingegen ist bei Regenbogenforellen eine drastische Reduzierung auf ca. 120 t zu beklagen. Die Produktion sonstiger Fischarten nahm stark zu und betrug 2014 knapp 900 t. Insbe-sondere sind dies Clarias, aber auch Saiblinge, Störe, Ostseeschnäpel und Zander. Auf Grund der Auflagen des Naturschutzes ist die Entwicklung der Aquakultur in M-V nur noch in Kreislaufanlagen möglich. Netz-gehege und Durchflussanlagen sind gegenüber 1990 stark rückläufig, Kreislaufanlagen stark zunehmend. Die Haltung von Clarias ist problemlos. Die VO-konforme Schlachtung bereitet jedoch Probleme. Beim White shrimp, es existieren mittlerweile zwei Anlagen in M-V, stellen sich die Probleme ähnlich wie bei Clarias dar. Geeignete Fischarten und Anlagen für die Aquakultur existieren in M-V zur Genüge. Kreislaufanlagen sind jedoch kostenintensiv und im Kaltwasserkreislaufbereich gibt es bisher keine Entwicklung. Die zukünftigen Ver-fahren werden in den Forschungsanlagen der Landes-forschungsanstalt vorbereitet. Dazu zählen Forschungen zum Ostseeschnäpel in Born/Darß, zum Baltischen Stör und zu Meerforellen. Am Standort Hohen Wangelin existiert eine Kaltwasserkreislaufanlage für Salmoniden und teiche für Edelkrebse. Die Zanderaufzucht wird in einer Warmwasserkreislaufanlage untersucht. Ziel ist u. a. der Aufbau einer intensiven Zanderaquakultur. Die Reduzierung des abfließenden Produktionswassers ist Inhalt eines weiteren aktuellen Projektes. Abschließend stellt Herr Kühn die Vernetzung der Forschungslandschaft in M-V dar. Über die Ergebnisse des Flussneunaugenmonitorings in Sachsen referierte

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Aus der Forschung

Herr Robert Wolf, vom Institut für Binnenfischerei Pots-dam-Sacrow. Gemäß FFH Richtlinie-Anhang 2 gilt das Flussneunauge als zu schützende Art, in deren Lebens-raum und Laichrevieren naturschutzrechtliche Auflagen einzuhalten sind. Die Verbreitung der Flussneunaugen in den Elbezuflussgewässern festzustellen und die aufstei-genden adulten Flussneunaugen zu erfassen, war Inhalt des Projekts. Mittels Reusen oder Aalkörben oder Elekt-rofischerei wurde in 16 ausgewählten Untersuchungsge-wässern versucht, aufsteigende adulte Flussneunaugen zu fangen. In 8 Untersuchungsgewässern wurde eine nennenswerte Anzahl von Querdern gefangen. Leider ist die optische Unterscheidung und auch eine genetische Differenzierung zwischen Bach- und Flussneunaugen in diesem Stadium nicht möglich. Im Untersuchungsgebiet wurden im Jahr 2015 keine adulten Flussneunaugen gefangen und auch keine Laichnester gesichtet. Eine Laichplatzkartierung für die Elbeeinzugsgewässer in Sachsen war somit nicht möglich. Historisch ist das Vorkommen bzw. das Aufsteigen von Flussneunaugen bis tschechien dokumentiert. Ein Ausbleiben von Fluss-neunaugen in der Elbe wurde ab 1960 beobachtet und hauptursächlich auf Wasserverschmutzungen und Verbau zurückgeführt. Einzelnachweis von Flussneun-augen gab es im April 2010 im Lachsbach. Seit der Durchgängigkeit der Elbe am Wehr in Geesthacht ist der Wiederaufstieg der Flussneunaugen möglich, er spiegelt sich jedoch nicht in den Fängen in Sachsen wieder.

Herr Thorsten Roch und Herr Ralf Schreyer vom Bio-sphärenreferat Oberlausitzer Heide- und teichland-

schaft sprachen in ihrem Vortrag zur teichwirtschaft im Biosphärenreservat. Seit dem Neubeginn der Karp-fenteichwirtschaft im Jahre 1991 existiert eine enge Zusammenarbeit des Biosphärenreservates mit dem Landesfischereiverband, den Behörden und Bewirtschaf-tern. Durch Flächenkauf von der treuhand gelangten 1750 ha teiche in Landesbesitz. Insgesamt sind 9 % des Biosphärengebietes mit Wasser bedeckt. Die Ver-waltung unterstützt regionale Abfischfeste, half bei der Vorbereitung und Etablierung des BioKarpfen. Die Un-terstützung der Bewirtschafter in Extremsituationen und Beratung bei den unterschiedlichen Förderprogrammen sowie zur Naturschutzgesetzgebung sind weitere Ar-beitsschwerpunkte. Neuere Aktivitäten sehen verstärkte Instandsetzungen an landeseigenen teichen seit 2013 vor. Dabei sind sowohl Dammreparaturen als auch die Erneuerung von Mönchen nötig. In den nächsten Jahren soll der Instandhaltungsrückstau abgebaut werden.

Herr Dr. Karsten Tusche, Fischzucht Rietschen GmbH gab einen Praxisbericht aus der Oberlausitz: Diversifizierung statt Intensivierung. Ein klassischer Vollbetrieb der traditio-nellen Karpfenteichwirtschaft, gegründet 1992, mit zwei Erweiterungen in 2009 und 2015, ist der Mittelpunkt. Die Nutzfläche beträgt 360 ha. Neben der teichwirtschaft gehören eine Kreislaufanlage und Produktion und Ver-trieb von Wasserpflanzenelementen zum Unternehmen. Kreislaufanlage und traditionelle teichwirtschaften schaf-fen Synergieeffekte. Produziert werden Zander aller Größenklassen, Hecht, Schleie, Wels, Weißfische sowie Karpfen aller Altersklassen. Lohnmast von sibirischen Stö-ren erfolgt zusätzlich, auch zur Sanierung verschlammter teiche. Die Direktvermarktung findet über 2 Hofläden statt, wozu auch die Verarbeitung von Frischware gehört. Regionale Märkte und Festveranstaltungen ergänzen die Vermarktungswege. Hälterungsmöglichkeiten für 120 t Lebendfisch existieren. Eine Wasserbüffelhaltung auf 17 ha mit Fleischverwertung ist ein weiteres Standbein der GmbH. Auch als Landschafts- und Gewässerpfleger ist Dr. tusche aktiv. Die Anzucht, Produktion und der Ver-trieb von Wasserpflanzenelementen nutzt Nährstoffe aus dem Kreislauf-Ablaufwasser der Pflanzenteiche. 12.000 m2 Wasserbauelemente werden in der verlängerten Ve-getationsperiode erzeugt und dienen europaweit zum

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Aus der Forschung

Wasserbau. Die Abbaggerung von teichen wegen Braun-kohleförderung ermöglichten neu angelegte teichflächen, die allerdings erstmal sehr unfruchtbar ist. Der Prozess der Verlagerung benötigt Vorlaufzeit von mindestens 10 Jah-ren. Die Kormoranproblematik ist in dieser teichwirtschaft genauso präsent und verheerend wie anderswo. Die Kreis-laufanlage (KLA), natürlich abgeschirmt hält Prädatoren ab. Die Vorteile der Seuchenfreiheit und temperaturunab-hängigkeit kommen Brutanlage und Setzlingserzeugung zugute. Die Wärmeversorgung sichert eine Biogasan-lage. Die Wasserversorgung erfolgt über Brunnen und auch Leitungswasser. Die GmbH hat ein Niedrigenergie Kreislaufsystem mit 2 separaten Großkreisläufen sowie 1 Brutkreislauf incl. temperatursteuerung. Die Fütterung wird über Futterautomaten durchgeführt. Eine permanente Systemüberwachung sichert Havariefreiheit. Aktuell wer-den 12 t Zander (50-1200 g), davon 8-10 t Speisefische, produziert. Setzlinge sind sehr nachgefragt, sowohl für KLA als auch natürliche Gewässer. Derzeit kann Dr. tusche 120.000 trockenfutteradaptierte Z1 erzeugen. Brut wird zu zwei terminen bereitgestellt: Frühbrut im Dezember und Normalbrut im April/Mai. Zugergläser sichern traditionell die Erbrütung. Der Schlupf erfolgt nach 60-70 tages-graden. Zur Anfütterung der Zander werden Artemien verwendet. Die Umstellung auf trockenfutter wird nach 26 tagen begonnen. Die Zandersetzlingsproduktion ist mit hohem Reinigungsaufwand und Gesundheitskontrolle verbunden. Probleme machen noch die Keimdruckreduk-tion und die Erzeugung ausreichender Artemiamengen. Verluste bei der Frühbrut durch N2-Übersättigung müssen minimiert werden. „Die aktuellen Krankheitserreger bei Karpfen und Co. – eine Übersicht“ stellten

Frau Dr. Grit Bräuer und Frau Dr. Kerstin Böttcher von der Sächsischen tierseuchenkasse – Fischgesundheits-dienst vor. In den letzten Jahren wurden zwei Projekte der tierseuchenkasse zur Verbreitung und Bedeutung von Mykoplasmen im Zusammenhang mit Verlustge-schehen in Sachsen bearbeitet. In den Jahren 2012-2013 wurden häufig Mykoplasmen als Nebenbefunde bei Fischen festgestellt. Zu diesen Erregern existieren bislang recht wenig Erkenntnisse. Diese Bakterien sind sehr klein (0,3-1,6 µm) besitzen keine feste Zellwand

und sind auf Grund ihrer kommensalischen oder parasi-tischen Lebensweise als Krankheitserreger bekannt. Bei Schleien wurden Kiemenveränderungen diagnostiziert. Vom Sächsischen Fischgesundheitsdienst wurden 63 Fischbestände auf Mykoplasmen (Kiemen und innere Organe) untersucht. Davon waren 60 Karpfenbestände von denen 25 klinisch gesund und 38 klinisch krank diagnostiziert wurden. Es erfolgten elektronenmikro-skopische Untersuchungen als auch die Anzucht auf Kulturen sowie im Anschluss zum Erbgutnachweis die PCR. typisch ist ein Spiegeleiförmiges Wachstum der Kolonien. 41% aller untersuchten Bestände wiesen Mykoplasmen auf. Mykoplasmen konnten zu jeder Jahreszeit in allen Beständen und zumeist auf der Haut, weniger in den Kiemen und selten in inneren Organen festgestellt werden. Die kulturelle Anzucht und das PCR erbrachten keine Mykoplasmennachweise. Viruspartikel wurden in 53% aller Bestände nachge-wiesen. Diese Nachweise sind aber oft Herpesviren sowie auch andere Virenarten. Herpesviren konnten bei 53% der kranken und 36% der gesunden Fische festgestellt werden. Der Mykoplasmennachweis konnte nicht in direktem Zusammenhang mit Krankheits- oder Verlustgeschehen gebracht werden. Es besteht jedoch ein deutlicher Zusammenhang zwischen Virennach-weis und Krankheitsgeschehen. Jedoch ist nicht jeder Virusnachweis mit einer akuten Erkrankung verbunden. Frau Dr. Kerstin Böttcher referierte zur Entwicklung der KHV in Sachsen. Diese hat sich in den letzten Jahren etwas beruhigt. Die Anzahl der untersuchten Betriebe ist gleich geblieben. Auch 2015 waren noch seuchenartige Verläufe der KHV nachweisbar. 2008 stellte den Höhepunkt des KHV Geschehens dar. Ab 2009 lief das KHV-tilgungsprogramm. Ausbrüche wur-den in 4 Betrieben bzw. Betriebsteilen mit insgesamt 9 Fällen registriert, die bereits in der Sanierung sind. Neuausbrüche in Betrieben, die bisher KHV unver-dächtig waren, wurden nicht festgestellt. Die wich-tigsten Faktoren zur Eindämmung der Seuche waren erfolgreiche Sanierungsmaßnahmen und der Schutz der nicht betroffenen Betriebe und Gebiete. Insbeson-dere ist beim Umsetzen und Verbringen von Fischen der Seuchenstatus des Liefer- und Empfängerbetriebes zu beachten. D. h. Fische aus Betrieben im tilgungs-programm (Kategorie IV) dürfen keine Fische in seu-chenfreie oder unverdächtige Betriebe (Kategorie I, II oder III) verbringen/ umsetzen. Das gilt auch innerhalb eines Betriebes mit unterschiedlichem Seuchenstatus der einzelnen Betriebsteile. Es erfolgt weiterhin eine Beratung und Untersuchung der Betriebe und auch eine Neuauflage des KHV-Bekämpfungsprogramms. Die Betriebe erhalten Unterstützung bei der Sanierung der „KHV-teiche“. Der Fischgesundheitsdienst erarbeitet mit den Betrieben Sanierungskonzepte. Ein weiteres und wahrscheinlich weit verbreitetes Problem stellt das Carp Edema Virus (CEV) dar, das seit den 70iger Jahren bei juvenilen Kois meist im Zusammenhang mit

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/2016 57

Aus der Forschung

Stresssituationen beschrieben wurde. Bei einem CEV-Befall ist mit Mortalitäten von 80-100% der Fische zu rechnen. Klinische Symptome sind insbesondere die Lethargie der Fische, die schlafend am Grunde liegen. Weitere Symptome sind Kiemenschwellungen, Kiemen-nekrosen, Enophthalmus und Hautläsionen. Die CEV ist ein aquatisches Pockenvirus das in der Diagnostik deutlich von KHV abgrenzbar ist. Die CEV ist mit 5 g/l Salz und Erwärmung gut therapierbar. Erstmals in Deutschland erfolgte der Nachweis in Gartentei-chen in Niedersachsen 2014. Die labordiagnostische Methode zum Nachweis des CEV ist die PCR. Bisher deutschlandweit mittels PCR getestete Nutzkarpfenbe-stände waren im Ergebnis negativ. Retrospektiv erge-ben sich seit mehreren Jahren Verdachtsfälle, die nicht als CEV gewertet bzw. diagnostiziert wurden. Dies sind insbesondere Verluste bei Kleinteichbesitzern bei den Abfischungen wo Fische im teich liegen blieben. Auch hohe Verluste in den Hälterungen von Speisefischen gehen voraussichtlich auf das Konto von CEV. Das Virus ist vermutlich seit mehreren Jahren vorhanden, dessen Verbreitung aber nicht bekannt. Zu den Verbrei-tungswegen ist wenig bekannt. Der CEV Nachweis ist keine anzeigeplichtige tierseuche oder meldepflichtige tierkrankheit. Die Kosten für die Untersuchungen sind vom tierbesitzer zu tragen.

Herr Dr. Dirk Hübner, BfS Bürogemeinschaft für Fisch

– und Gewässerökologische Studien Marburg, Frank-furt, referierte zur Effizienzkontrolle einer spezifischen Aalabstiegsanlage an der WKA Ruhlmühle (Spree). Die WKA hat eine Kaplanspiralturbine mit einem Schluck-vermögen von 8 m3/s, einer Fallhöhe von 4,6 m (320 KW) und der Rechen zur Absperrung hat 20 mm Re-chenweite. Die Anströmgeschwindigkeit vorm Rechen beträgt 0,5 m/s. Das Aufnehmen der Aale erfolgt durch Erzeugung eines Reizes zum Abtauchen vor dem Rechen. Ein Strömungsschatten wird mittels Bors-tenriegel über die gesamte Gewässerbreite erzeugt. Diverse Einstiegsöffnungen in geringer Distanz im strö-mungsberuhigten Bereich ermöglichen den Aalen den Weg in ein Sammelrohr. Das Weiterleiten der Aale funktioniert durch eine Leitung als hydraulischer Heber ohne Drosselung oder Querschnittsverengung. Dazu besteht eine Rückspülmöglichkeit. Die Effizienzkontrolle des Abstiegs erfolgte durch Besatz und Wiederfang-versuch von 230 tieren. Damit waren Vorschädigun-gen ausgeschlossen und der Abwanderungszeitraum messbar. An drei tagen wurden Aale, Gruppe Grün (78 Aale) und Blau (152 Aale), markiert und besetzt. 3 Abwanderungskorridore standen den Fischen zur Verfügung: Rechen, bodennahes Loch neben Rechen und der Aalabstieg. Die Abwanderung an den drei tagen stieg von 16 über 33 auf 41% mit Zunahme des Abflusses und am 3. tag war das Wasser auch noch eingetrübt. Insgesamt konnten mit 58 % bzw. 40 % Wiederfangrate gute Ergebnisse erzielt werden. Die Aale, sowie die Besatzfische als auch die natürlich vorkommenden, wanderten zu ca. 90% über den Aal-abstieg ab und zu ca. 9 % über das Loch nahe des Rechens. Der Anteil über den Rechen war sehr gering (ca. 1%). Das Fazit der Untersuchungen sah Dr. Hübner in: Hohe Effektivität von 90 % Freiland und Besatzfi-sche. Der Abstieg erfolgt in wenigen Minuten. Die Passage durch den Aalabstieg war verletzungsfrei. Für erfolgreiche Besatz- und Wiederfangversuche ist der Besatztermin (inklusive Wasserstände) entscheidend für eine hohe Wiederfangrate.

Der Landesverband der Kutter- und Küstenfischer Mecklenburg-Vorpommern e.V. gibt bekannt:

ab 01.07.2016 – Die Geschäftsstelle ist umgezogen.

Neue Anschrift: Hafenstraße 12 d Telefon: 03 83 92-513 11

Postfach 26 FAX: 03 83 92-513 44

18546 Sassnitz E-mail: [email protected]

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Fischerei & Fischmarkt in M-V • 2/201658

Impressum

Fischerei & Fischmarkt in Mecklenburg-Vorpommern/Heft 2 – Juli 2016 – 16. Jahrgang(erscheint viermal jährlich)Aktuelle Informationen aus Praxis, Forschung, Beratung und Verwaltung • ISSN 1617-4585

Herausgeber:Landesfischereiverband Mecklenburg-Vorpommern e.V., Siedlung 18 a, 19065 Görslowtel.: 03860 560 30 Fax: 03860 560 329E-Mail: [email protected]

Redaktionskollegium:Thorsten Wichmann Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Naturschutz des LFV M-V e.V. Siedlung 18 a 19065 Görslow Mobil: +49 172 931 55 29 E-Mail: [email protected]

Norbert Kahlfuss Landesverband der Kutter- und Küstenfischer M-V e.V. Hafenstraße 12 d,Postfach 26 18546 Sassnitz tel.: +49 38392 513 11 Fax: +49 38392 513 44 E-Mail: [email protected]

Ulrich Paetsch Landesverband der Binnenfischer M-V e.V. Eldenholz 42 17192 Waren tel.: +49 3991 15340 Fax: +49 3991 153417 E-Mail: [email protected]

Claudia Thürmer Landesanglerverband M-V e.V. Siedlung 18 a 19065 Görslow tel.: +49 3860 560 30 Mobil: +49 172 343 44 99 E-Mail: [email protected]

Holger Schmietendorf Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Paulshöher Weg 1 19061 Schwerin tel.: +49 385 588 65 64 Fax: +49 385 588 60 24 E-Mail: [email protected]

Prof. Dr. Harry Palm Universität Rostock, Professur für Aquakultur und Sea-Ranching Justus-von-Liebig-Weg 6 18059 Rostock tel.: +49 381 49 83 730 Fay: +49 381 49 83 732 E-Mail: [email protected]

Carsten Kühn Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei M-V Institut für Fischerei Fischerweg 408 18069 Rostock tel.: +49 381 20 26 05 30 Fax: +49 381 20 26 05 37 E-Mail: [email protected]

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Titelbild: Ein guter Fang (Foto: C. Ubl)

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