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FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fu ¨ r Maschinenbauteile“ FKM-Guideline “Fracture Mechanics Proof of Strength for Engineering Components” B. Pyttel 1 , I. Varfolomeyev 2 , C. Berger Seit 2001 gibt es die FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Fe- stigkeitsnachweis fu ¨r Maschinenbauteile“ [1, 2]. Sie entstand in einem Forschungsvorhaben des Forschungskuratoriums Maschi- nenbau im Arbeitskreis „Bauteilfestigkeit“. Die Richtlinie be- schreibt die Vorgehensweise einer bruchmechanischen Bewertung fehlerbehafteter Bauteile bei statischer und zyklischer Beanspru- chung, die Konstrukteuren und Berechnungsingenieuren eine schnelle Umsetzung ermo ¨glicht. Grundlage bilden nationale und internationale Dokumente, wie z.B. SINTAP [3], R6 [4], BS 7910 [5] und DVS-2401 [6], neue Forschungsergebnisse und einige eigene Schwerpunkte. Seit 2004 gibt es auch eine englische Version der 2. Ausgabe der Richtlinie. Die Berechnungsprozeduren wurden in dem Computerprogramm FracSafe implementiert [7]. In der 3. Ausgabe wurden wesentliche Erweiterungen eingefu ¨gt. Sie erlau- ben die Beru ¨cksichtigung spezieller Effekte bei zyklischer Bean- spruchung, von Mixed-Mode-Beanspruchung, dynamischer (schlagartiger) Beanspruchung, Spannungsrisskorrosion und proba- bilistische Berechnungen im bruchmechanischen Festigkeitsnach- weis. Die Richtlinie beinhaltet ein Kompendium mit Spannungsin- tensita ¨tsfaktoren und Grenzlastlo ¨sungen und eine Sammlung von Werkstoffdaten. Eine Vielzahl von Anwendungsbeispielen verdeut- licht die Handhabbarkeit. In diesem Artikel wird ein U ¨ berblick u ¨ber die Richtlinie [1] gegeben. Schlu ¨sselworte: bruchmechanische Bewertung, FKM-Richtlinie, Rissfortschritt, Ermu ¨dung, Mixed-Mode, dynamische Beanspru- chung, Spannungsrisskorrosion, probabilistische Berechnung The German guideline “Fracture Mechanics Proof of Strength for Engineering Components” [1, 2] has been released 2001 as a result of activities sponsored by the Research Committee on Mechanical Engineering (FKM), task group “Component Strength”. The guide- line describes basics for the integrity assessment of cracked com- ponents subjected to static or cyclic loading and provides a step-by- step computational procedure for the use in engineering practice. The guideline was formulated based on a number of national and international reference documents, in particular SINTAP [3], R6 [4], BS 7910 [5] and DVS-2401 [6], recent research results and some own key aspects. Since 2004 it is also available in Eng- lish. The procedures and solutions of the guideline are implemented in the computer program FracSafe [7]. The latest 3rd edition of the guideline (2006) includes several new topics. These allow for the consideration of special effects at cyclic loading, mixed mode load- ing, dynamic (impact) loading, stress corrosion cracking and prob- abilistic aspects in fracture mechanics calculations. There is a com- pendium of stress intensity factors and limit load solutions and a compendium of material data. A lot of examples and case studies are included to demonstrate the application of the procedure to en- gineering problems. This paper gives an overview of the guideline [1]. Keywords: Fracture mechanics assessment, FKM-Guideline, crack growth, fatigue, mixed mode, dynamic loading, stress corro- sion cracking, probabilistic analysis 1 Einleitung Im Auftrag und mit Fo ¨rderung des Forschungskuratoriums Maschinenbau und der Arbeitsgemeinschaft industrieller For- schungsvereinigungen „Otto-von-Guericke“ (AiF) entstanden im Arbeitskreis Bauteilfestigkeit fu ¨r Konstrukteure und Be- rechnungsingenieure im Maschinenbau und verwandten Be- reichen der Industrie die l FKM-Richtlinie Rechnerischer Festigkeitsnachweis fu ¨r Maschinenbauteile, die mittlerweile in 5. Auflage [1] und englischer U ¨ bersetzung [2] vorliegt, und die l FKM-Richtlinie Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fu ¨r Maschinenbauteile, die in 3. erweiterter Auflage [3] und in englischer U ¨ bersetzung [4] vorliegt. Beide enthalten den statischen Festigkeitsnachweis und den Ermu ¨dungsfestigkeitsnachweis, erstere unter Anwendung der klassischen Methoden der Festigkeitslehre ohne Beru ¨cksich- tigung von Fehlern und letztere unter Beru ¨cksichtigung von Fehlern unter Anwendung bruchmechanischer Methoden. Beide Nachweise verstehen sich als komplementa ¨r. Die Richtlinien gelten fu ¨r den Maschinenbau und fu ¨r ver- wandte Bereiche der Industrie. Sie gelten fu ¨ r Stahl, fu ¨r Eisen- gusswerkstoff sowie Leichtmetalllegierungen bei Bauteiltem- peraturen unterhalb der jeweiligen Kriechtemperatur sowie fu ¨r Werkstoffverbindungen. Sie gelten i.d.R. nicht fu ¨r nicht- metallische Werkstoffe und korrosive Umgebungsmedien. Zu jeder Richtlinie gibt es unterstu ¨tzende Software (Rifest- Plus, Welle, FracSafe [5]). Eine Vielzahl von Seminaren wur- den z. B. beim VDI oder der CADFEM GmbH zu beiden Richtlinien durchgefu ¨hrt. Weiterfu ¨hrende Forschungsprojek- te, z. B. hinsichtlich Beru ¨cksichtigung korrosiver Medien, sind in Arbeit. 2 Inhalt der Richtlinie Bruchmechanische Aufgabenstellungen ko ¨nnen in der Pra- xis entstehen um l in der Konstruktionsphase angenommene Fehler zu bewer- ten und Geometrie, Werkstoff und Herstellungsverfahren zu spezifizieren, l wa ¨hrend der Herstellung und im Betrieb geeignete zersto ¨- rungsfreie Pru ¨fverfahren zur Qualita ¨tskontrolle auszuwa ¨h- len und ggfs. Inspektionsintervalle festzulegen, 1 Institut fu ¨r Werkstoffkunde der TU Darmstadt 2 Fraunhofer IWM, Freiburg F 2007 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 387 Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5 DOI: 10.1002/mawe.200700134

FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fu¨r

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Page 1: FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fu¨r

FKM-Richtlinie „BruchmechanischerFestigkeitsnachweis fur Maschinenbauteile“FKM-Guideline “Fracture Mechanics Proof of Strength for EngineeringComponents”

B. Pyttel1, I. Varfolomeyev2, C. Berger

Seit 2001 gibt es die FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Fe-stigkeitsnachweis fur Maschinenbauteile“ [1, 2]. Sie entstand ineinem Forschungsvorhaben des Forschungskuratoriums Maschi-nenbau im Arbeitskreis „Bauteilfestigkeit“. Die Richtlinie be-schreibt die Vorgehensweise einer bruchmechanischen Bewertungfehlerbehafteter Bauteile bei statischer und zyklischer Beanspru-chung, die Konstrukteuren und Berechnungsingenieuren eineschnelle Umsetzung ermoglicht. Grundlage bilden nationale undinternationale Dokumente, wie z.B. SINTAP [3], R6 [4], BS7910 [5] und DVS-2401 [6], neue Forschungsergebnisse und einigeeigene Schwerpunkte. Seit 2004 gibt es auch eine englische Versionder 2. Ausgabe der Richtlinie. Die Berechnungsprozeduren wurdenin dem Computerprogramm FracSafe implementiert [7]. In der 3.Ausgabe wurden wesentliche Erweiterungen eingefugt. Sie erlau-ben die Berucksichtigung spezieller Effekte bei zyklischer Bean-spruchung, von Mixed-Mode-Beanspruchung, dynamischer(schlagartiger) Beanspruchung, Spannungsrisskorrosion und proba-bilistische Berechnungen im bruchmechanischen Festigkeitsnach-weis. Die Richtlinie beinhaltet ein Kompendium mit Spannungsin-tensitatsfaktoren und Grenzlastlosungen und eine Sammlung vonWerkstoffdaten. Eine Vielzahl von Anwendungsbeispielen verdeut-licht die Handhabbarkeit. In diesem Artikel wird ein Uberblick uberdie Richtlinie [1] gegeben.

Schlusselworte: bruchmechanische Bewertung, FKM-Richtlinie,Rissfortschritt, Ermudung, Mixed-Mode, dynamische Beanspru-chung, Spannungsrisskorrosion, probabilistische Berechnung

The German guideline “Fracture Mechanics Proof of Strength forEngineering Components” [1, 2] has been released 2001 as a resultof activities sponsored by the Research Committee on MechanicalEngineering (FKM), task group “Component Strength”. The guide-line describes basics for the integrity assessment of cracked com-ponents subjected to static or cyclic loading and provides a step-by-step computational procedure for the use in engineering practice.The guideline was formulated based on a number of nationaland international reference documents, in particular SINTAP [3],R6 [4], BS 7910 [5] and DVS-2401 [6], recent research resultsand some own key aspects. Since 2004 it is also available in Eng-lish. The procedures and solutions of the guideline are implementedin the computer program FracSafe [7]. The latest 3rd edition of theguideline (2006) includes several new topics. These allow for theconsideration of special effects at cyclic loading, mixed mode load-ing, dynamic (impact) loading, stress corrosion cracking and prob-abilistic aspects in fracture mechanics calculations. There is a com-pendium of stress intensity factors and limit load solutions and acompendium of material data. A lot of examples and case studiesare included to demonstrate the application of the procedure to en-gineering problems. This paper gives an overview of the guideline[1].

Keywords: Fracture mechanics assessment, FKM-Guideline,crack growth, fatigue, mixed mode, dynamic loading, stress corro-sion cracking, probabilistic analysis

1 Einleitung

Im Auftrag und mit Forderung des ForschungskuratoriumsMaschinenbau und der Arbeitsgemeinschaft industrieller For-schungsvereinigungen „Otto-von-Guericke“ (AiF) entstandenim Arbeitskreis Bauteilfestigkeit fur Konstrukteure und Be-rechnungsingenieure im Maschinenbau und verwandten Be-reichen der Industrie diel FKM-Richtlinie Rechnerischer Festigkeitsnachweis fur

Maschinenbauteile, die mittlerweile in 5. Auflage [1]und englischer Ubersetzung [2] vorliegt, und die

l FKM-Richtlinie Bruchmechanischer Festigkeitsnachweisfur Maschinenbauteile, die in 3. erweiterter Auflage [3]und in englischer Ubersetzung [4] vorliegt.Beide enthalten den statischen Festigkeitsnachweis und den

Ermudungsfestigkeitsnachweis, erstere unter Anwendung derklassischen Methoden der Festigkeitslehre ohne Berucksich-tigung von Fehlern und letztere unter Berucksichtigung vonFehlern unter Anwendung bruchmechanischer Methoden.Beide Nachweise verstehen sich als komplementar.

Die Richtlinien gelten fur den Maschinenbau und fur ver-wandte Bereiche der Industrie. Sie gelten fur Stahl, fur Eisen-gusswerkstoff sowie Leichtmetalllegierungen bei Bauteiltem-peraturen unterhalb der jeweiligen Kriechtemperatur sowiefur Werkstoffverbindungen. Sie gelten i.d.R. nicht fur nicht-metallische Werkstoffe und korrosive Umgebungsmedien.

Zu jeder Richtlinie gibt es unterstutzende Software (Rifest-Plus, Welle, FracSafe [5]). Eine Vielzahl von Seminaren wur-den z.B. beim VDI oder der CADFEM GmbH zu beidenRichtlinien durchgefuhrt. Weiterfuhrende Forschungsprojek-te, z.B. hinsichtlich Berucksichtigung korrosiver Medien,sind in Arbeit.

2 Inhalt der Richtlinie

Bruchmechanische Aufgabenstellungen konnen in der Pra-xis entstehen uml in der Konstruktionsphase angenommene Fehler zu bewer-

ten und Geometrie, Werkstoff und Herstellungsverfahrenzu spezifizieren,

l wahrend der Herstellung und im Betrieb geeignete zersto-rungsfreie Prufverfahren zur Qualitatskontrolle auszuwah-len und ggfs. Inspektionsintervalle festzulegen,

1 Institut fur Werkstoffkunde der TU Darmstadt2 Fraunhofer IWM, Freiburg

F 2007 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 387

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5 DOI: 10.1002/mawe.200700134

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l wahrend des Betriebes Bauteile mit Fehlern hinsichtlichihrer gegenwartigen und zukunftigen Gebrauchseignungzu bewerten oder

l im Schadensfall die Schadensursachen zu ermitteln.

Die Richtlinie in ihrer 1. und 2. Auflage enthalt dabei imWesentlichen den bruchmechanischen Festigkeitsnachweisl bei statischer Beanspruchung hinsichtlich Rissinitiierung,

stabiler Risserweiterung, Rissinstabilitat oder plastischemKollaps sowie

l bei zyklischer Beanspruchung hinsichtlich Dauerfestigkeitund Rissfortschritt, wobei die Bewertung hier auf Basis derlinear-elastischen Bruchmechanik durchgefuhrt wird.Die Struktur der Richtlinie in ihrer 3. Ausgabe zeigt Abb. 1.

In Kapitel 1 werden bruch- und werkstoffmechanische Grund-lagen und das Bewertungskonzept der Richtlinie vorgestellt.Neu ist eine verstarkte Berucksichtigung elastisch-plastischerMethoden der Bruchmechanik bei zyklischer Beanspruchung.Im Kapitel 2 werden die Eingangsgroßen erlautert, derenquantitative Umsetzung in ein berechenbares Strukturmodellin Kapitel 3 beschrieben wird. Die Berechnungsprozeduren inKapitel 4 sind umfangreich erweitert durch zusatzliche Unter-kapitel zur Berucksichtigung von Mixed-Mode-Beanspru-chungen, dynamischer Beanspruchung und Spannungsriss-korrosion sowie probabilistische Berechnungen. Kapitel 5 er-lautert die Vorgehensweise fur den bisher nur deterministischerfolgten Nachweis, erweitert um den probabilistische Nach-weis bis hin zur Zulassigkeitsbewertung hinsichtlich Fehler-große, Beanspruchungshohe und Risszahigkeit.

Hinzu kommen jeweils Anwendungsbeispiele und zahlrei-che Anhange mit z.B. einer Werkstoffdatensammlung sowieeinem Kompendium mit Spannungsintensitatsfaktor-, Grenz-last- und J-Integral-Losungen.

Hintergrund der Richtlinie bilden nationale und internatio-nale Dokumente, wie z.B. die Europaische Prozedur SINTAP[2], R6 [3], die Britische Norm BS 7910 [4], das DVS Merk-blatt 2401 [5], neue Forschungsergebnisse und einige eigeneSchwerpunkte. Prinzipiell sei darauf hingewiesen, dass dieaufgenommenen Erweiterungen in der 3. Auflage jedoch The-men betreffen, die kaum im internationalen Regelwerk alsstandardmaßige Anwendungen vorgesehen und oft noch Ge-genstand der Forschung sind. Die Richtlinie wurde umfang-reich mit Experten aus Industrie und Forschung diskutiert.

3 Eingangsgroßen und Modellbildung

Fur eine bruchmechanische Bewertung sind Informationenzum Fehler-, Beanspruchungs- undWerkstoffzustand notwen-dig. In Kapitel 2 der Richtlinie werden dazu qualitative Zu-sammenhange und Abhangigkeiten dargelegt. Fur die Berech-nungen sind Eingangswerte notwendig, die sich uber eineMo-dellbildung aus den in Kapitel 2 der Richtlinie gesammeltenInformationen ergeben. Demzufolge sind ein Rissmodell undein Strukturmodell zur Berechnung von Beanspruchungspara-metern zu entwickeln, die zusammen mit den relevantenWerkstoffkennwerten fur die weitere Berechnung verwendetwerden.

3.1 Fehlerzustand und Rissmodell

Fehler im Sinne der Richtlinie sind Risse, Bindefehler,nicht durchgeschweißte Wurzeln, Dopplungen sowie flachen-hafte Einschlusse oder Schlacken, aber auch voluminose Lun-ker, Poren, Gefugeauflockerungen, Schlacken und Einschlus-se. Fur eine bruchmechanische Bewertung werden alle Fehlerals Risse abgebildet. Es sind vorhandene bzw. unter ungunsti-gen Prufbedingungen anzunehmende Fehler zu betrachten.Sie konnen herstellungs- als auch betriebsbedingt auftreten.

Zur Fehlererkennung und –messung werden zerstorungs-freie Prufverfahren (ZfP) eingesetzt. Zum Nachweis vonOberflachenfehlern sind Sicht-, Eindring-, Magnetpulver-,Ultraschall-, Durchstrahlungs-, Wirbelstrom- und Potenzial-sondenprufungen geeignet. Zum Nachweis und Messen vonInnenfehlern eignen sich in Abhangigkeit vonWerkstoff, Bau-teildicke und –formUltraschall- und Durchstrahlungsprufung.Es werden Anhaltswerte der Risserkennbarkeit fur die ge-nannten Verfahren angegeben.

Das fur die Berechnung verwendete Rissmodell muss ein-fach geometrisch beschreibbar sein. Dabei sind ZfP-Anzeigenin Fehlerabmessungen umzusetzen und Fehlerorientierungund –form sowie die Wechselwirkung mehrerer Fehler zu be-rucksichtigen.

Das Rissmodell wird aus den Fehlerabmessungen, wie siedurch ZfP-Verfahren vorgegeben werden, oder angenommenFehlern gebildet. ZfP-Anzeigen liefern zunachst qualitativeAussagen zu Fehlern im Bauteil. Fehlerabmessungen und–anhaufung sowie deren Lage und Orientierung sind nichtin jedem Fall sofort aus den Anzeigen ablesbar. Aus den vor-liegenden Anzeigen von ZfP-Standardverfahren und gegebe-nenfalls erganzenden ZfP-Analyseverfahren sind die Fehler-abmessungen zu bilden. Dazu werden Hinweise gegeben.Die Abmessungen sollen den Fehlerzustand im Bauteil kon-servativ beschreiben.

Fehler werden als in eine oder mehrere Vergleichsebenengebrachte Risse modelliert, bevor sie bewertet werden. Dabei

Abb. 1. Struktur der FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festig-keitsnachweis fur Maschinenbauteile“, 3. erweiterte Auflage, 2006

Fig. 1. Structure of the FKM Guideline “ Fracture MechanicsProof of Strength for Engineering Components”, 3rd edition, 2006

388 B. Pyttel, I. Varfolomeyev, C. Berger Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5

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konnen die Fehler gedreht oder projiziert werden. Fur die Be-rechnung vorteilhaft sind die Ebenen senkrecht zu den Haupt-normalspannungen. In den meisten Fallen ist eine Mode I Be-trachtung konservativ. Im Falle nicht zu vernachlassigenderMixed-Mode-Anteile ist diese Vereinfachung nicht zulassig.

Die Modellierung erfolgt alsl langer, halbelliptischer oder halbkreisformiger Oberfla-

chenriss (Sonderfall Eckenriss), alsl langer, elliptischer oder kreisformiger Innenriss oder alsl Durchriss.

Der Fehler wird mit einem Rechteck umschrieben, das furentsprechende Oberflachen- bzw. Innenrisse die Halbellipsebzw. Ellipse beinhaltet. Abb. 2 zeigt wesentliche Rissmodelle.

3.2 Beanspruchungszustand, Strukturmodellund Beanspruchungsparameter

In den bruchmechanischen Rechenprozeduren sind i.d.R.elastisch bestimmte ortliche Spannungen zu verwenden.Diese konnen als Ergebnis elastizitatstheoretischer Losungen,elastischer Finite-Element- oder Randelement-Berechnungenoder aus Messungen vorliegen. Fur die Erstellung eines bere-chenbaren Strukturmodells werden nur die Geometrie- undSpannungsdaten des Bauteils in der Fehlerumgebung verwen-det. Dies sind die Abmessungen des tragenden Querschnitts,in dem sich der Fehler befindet, und der Spannungsverlauf,der in diesem Querschnitt auftreten wurde, wenn das Bauteilfehlerfrei ware. Fur den Spannungsintensitatsfaktor sind nurSpannungen im ungerissenen Bauteil in dem Bereich relevant,uber den sich die Rissflanken erstrecken. Fur die plastischeGrenzlast des Bauteils sind die Zug- und Biegespannungfur den gesamten Querschnitt relevant. Es wird zwischen Pri-marspannungen (z.B. aus außeren Kraften) und Sekundar-spannungen (z.B. Schweißeigenspannungen) unterschieden.

Die Strukturmodelle dieser Richtlinie sind in der Regel ver-einfachte Ausschnitte des gesamten Bauteils. In der Regel istauch die Beanspruchung zu vereinfachen.

Im Strukturmodell wird die nahe Umgebung des Fehlers alsein einfaches Bauteil mit einem Rissmodell abgebildet. Beiden Vereinfachungen darf die Steifigkeit des Modells nichtkleiner sein als die Steifigkeit des Bauteils. Einfache bere-chenbare Strukturmodelle sind z.B. Platten und Voll- bzw.Hohlzylinder mit Oberflachen-, Innen- und Durchrissen,Abb. 3, unter konstanter Spannung oder variablem Span-nungsverlauf uber der Wand. Der Gultigkeitsbereich der Mo-delle ist zu beachten. Es werden Regeln fur zulassige Modell-anderungen mit Hinweisen zur Konservativitat gegeben.

Beanspruchungsparameter sind der Spannungsintensitats-faktor K, der FAD-Parameter Kr und der PlastifizierungsgradLr des Bauteils mit Riss. Es gilt

Kr ¼Kp

Kmat

þ KS

Kmat

þ q ð1Þ

Lr ¼F

Fe

ð2Þ

wobei Kmat die Risszahigkeit, Kp und Ks die Spannungsin-tensitatsfaktoren infolge der Primar- bzw. Sekundarspannun-gen, F die aktuelle Last und Fe die plastische Grenzlast sind.Der Parameter q berucksichtigt die Wechselwirkung der Pri-mar- bzw. Sekundarspannungen. Der Spannungsintensitats-faktor K wird definiert und Hinweise zur Berechnung gege-ben. Im Anhang sind fur verschiedene Strukturmodelle mitFehler Losungen fur Spannungsintensitatsfaktoren K unddie plastische Grenzlast angegeben.

Die Parameter J-Integral und d (Rissspitzenaufweitung)werden in dieser Richtlinie zwar definiert, aber in den meistenFallen nicht explizit verwendet. In seltenen Fallen kann daszyklische J-Integral DJ verwendet werden. Einige Losungenfur Risse in Kerben finden sich im Anhang.

3.3 Werkstoffzustand und Werkstoffkennwerte

Die fur eine bruchmechanische Bewertung notwendigenmechanisch-technologischen sowie bruchmechanischenEigenschaften bei statischer und zyklischer Beanspruchungwerden mit ihren Kenngroßen und Einflussfaktoren (Werk-stoff, Temperatur, Belastungsbedingungen, Beanspruchungs-zustand) naher erlautert sowie auf Normen zur experimentel-len Bestimmung von Kennwerten verwiesen.

Fur den bruchmechanischen Festigkeitsnachweis sind cha-rakteristische Werkstoffkennwerte fur den jeweiligen Bauteil-zustand zu ermitteln. Dies sind z.B.

Abb. 2. Oberflachenriss, Innenriss, durchgehender Riss, Riss aneiner Kerbe

Fig. 2. Surface crack, embedded crack, through thickness crack,crack at a notch

Abb. 3. Strukturmodelle fur die im An-hang Spannungsintensitatsfaktoren undGrenzlasten verfugbar sind

Fig. 3. Strcutural models with stress in-tensity factors and limit load solutions inthe annex

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5 FKM-Richtlinie 389

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l Festigkeit Re (ReL oder Rp0,2,) Rm oder die wahre oder tech-nische r-e-Kurve,Dabei ist festzustellen, ob der Werkstoff eine ausgepragte

oder keine ausgepragte Streckgrenze besitzt.l Risszahigkeit Kmat bei statischer Beanspruchung undl Rissfortschritt da/dN=f(DK) bei zyklischer Beanspru-

chung.Als Werkstoffkennwerte der Festigkeit sind bei einer Scha-

densanalyse die Bauteil-Istwerte moglichst in der Nahe der zubewertenden Fehler zu verwenden. Andernfalls sind Bauteil-Normwerte zu verwenden.

Die Risszahigkeit Kmat kann direkt aus Versuchswerten er-mittelt aber auch aus Korrelationen mit der KerbschlagarbeitKVabgeschatzt werden. Deren Verwendung ist abhangig vomuntersuchten Grenzzustand (Rissinitiierung oder -instabilitat)und dem vorliegenden Werkstoffzustand (sprod, zah-sprod,zah).

Besonderheiten bruchmechanischer Kennwerte bei dyna-mischer Beanspruchung oder Spannungsrisskorrosion werdenerlautert.

4 Berechnungen

4.1 Berechnung bei statischer Beanspruchung

Je nach Zielsetzung wird hierl fur gegebene Beanspruchung, Fehlergroße und Werkstoff-

kennwerte der Abstand zu kritischen Bedingungen,l fur gegebene Beanspruchung und Werkstoffkennwerte die

kritische Fehlergroße,l fur gegebene Fehlergroße und Werkstoffkennwerte die kri-

tische Beanspruchung undl fur gegebene Beanspruchung und Fehlergroße die kritische

Risszahigkeitermittelt.Fur diese Analysen wird das Versagens-Bewertungs-Dia-

gramm (FAD, Failure Assessment Diagramm), Abb. 4, ver-wendet, das sowohl fur linear-elastisches Versagen durchSprodbruch als auch elastisch-plastisches Versagen durchZahbruch geeignet ist und einen moglichen plastischen Kol-laps berucksichtigt. Es konnen die Grenzzustande Rissinitiie-

rung und Rissinstabilitat betrachtet werden. Die Bestimmungdes kritischen Zustandes erfolgt dabei auf der Basis der Initiie-rungsrisszahigkeit Kmat oder auf der Basis der Risswider-standskurve Kmat(Da).

Die bruchmechanische Berechnung bei statischer Bean-spruchung wird, in Abhangigkeit der verwendeten Festig-keitswerte, in zwei Ebenen unterschiedlicher Konservativitatgefuhrt. Die Basis-Ebene liefert konservativere Ergebnisseals die Erweiterungs-Ebene. Verwendet werden GrenzkurvenKr = f(Lr) nach SINTAP [3] in einer Basis-Ebene, wobeiunterschiedliche Grenzkurven fur Werkstoffe mit bzw. ohneausgepragter Streckgrenze existieren, und einer Erweite-rungs-Ebene. In der Basisebene gilt beispielsweise bei Vor-liegen einer ausgepragten Streckgrenze:

f ðLrÞ ¼ 1þ L2r2

� ��12

fur 0 � Lr < 1 ð3Þ

f ð1Þ ¼ kþ 1

2k

� ��12

fur Lr ¼ 1 ð4Þ

f ðLrÞ ¼ f ð1ÞLN�12Nr fur 1 < Lr < Lmax

r ð5Þ

mit k ¼ 1þ EDeRel

; De ¼ 0,0375 1� Rel

1000

� �; ð6, 7Þ

N ¼ 0,3 1� Rel

Rm

� �� �und Lmax

r ¼ 1

2

Rel þ Rm

Rel

� �: ð8, 9Þ

Fur gegebene Geometrie- und Beanspruchungsbedingun-gen des Bauteils mit Riss sowie fur relevante Werkstoffkenn-werte werden die Koordinaten eines Zustandspunktes (Kr, Lr),Glgn. (1) und (2), wenn die Rissinitiierung als der Grenzzu-stand betrachtet wird, berechnet, und mit der Grenzkurve ver-glichen. Kritische Bedingungen liegen vor, wenn der Zu-standspunkt auf der Grenzkurve liegt. Die Lage von Punkteninnerhalb der Grenzkurve bedeutet sichere und von Punktenaußerhalb der Grenzkurve unsichere Bauteilbedingungen.

Wird als Grenzzustand Rissinstabilitat nach stabiler dukti-ler Risserweiterung betrachtet, ist eine Reihe von Zustands-punkten zu berechnen. Kritische Bedingungen liegen vor,wenn mindestens ein Punkt auf der Grenzkurve liegt. Unsi-chere Bedingungen liegen vor, wenn alle Punkte außerhalbder Grenzkurve liegen, sichere Bedingungen, wenn mindes-tens ein Punkt innerhalb der Grenzkurve liegt.

4.2 Berechnung bei zyklischer Beanspruchung

Je nach Zielsetzung wird hierl eine Endrissgroße, die nach einer vorgegebenen Anzahl

von Lastzyklen bei vorgegebener Anfangsrissgroße undBeanspruchung erreicht wird,

l eine Anzahl von Zyklen, die bei vorgegebener Anfangs-und Endrissgroße und Beanspruchung ertragen werden,

l eine Anfangsrissgroße, die nach einer vorgegebenen An-zahl von Zyklen und gegebener Beanspruchung eine kriti-sche zum Bruch des Bauteils fuhrende Endrissgroße er-reicht oder

Abb. 4. Versagens-Bewertungs-Diagramm FAD

Fig. 4. Failure-Assessment-Diagram FAD

390 B. Pyttel, I. Varfolomeyev, C. Berger Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5

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l fur eine gegebene Rissgroße die bruchmechanische Dauer-festigkeitermittelt.Fur den Fall zyklischer Beanspruchung kann fur die meis-

ten praktischen Falle als Beanspruchungsparameter im Rah-men der linear elastischen Bruchmechanik (LEBM) dieSchwingbreite des Spannungsintensitatsfaktors

DK ¼ f ðrmax � rmin; Rissgrosse; Geometrie des BauteilsÞð10Þ

berechnet und die werkstoffspezifische Rissfortschrittsratemit

da=dN ¼ f ðDKÞ; ð11Þ

Abb 5, verwendet werden. Die am haufigsten verwendetensowie einige spezifische Rissfortschrittsgleichungen, wie z.B.die NASGRO-Gleichung [10], werden beschrieben. DieRichtlinie enthalt weiterhin eine Gegenuberstellung verschie-dener Modelle zur Berucksichtigung der Reihenfolge bei va-riablen Beanspruchungsamplituden.

Bei ausgedehnten plastifizierten Bereichen ist eine Anwen-dung der elastisch plastischen Bruchmechanik (EPBM) not-wendig. Anstelle von DK wird das zyklische J-Integral DJbzw. DJeff als Beanspruchungsparameter verwendet. Fur dasanalog zu J formulierte Integral gilt

DJ ¼ f ðDr; De Rissgrosse; Geometrie des Bauteils;

zyklische r-e-KurveÞ: ð12Þ

Das Konzept ist auch fur kurze Risse und Bauteile ohnemessbare Fehler anwendbar. Fur letztere kann ein fiktiver An-fangsriss fur die Rissfortschrittsberechnung bestimmt werden.Grundlage fur die Rissfortschrittsberechnung ist die nun in Jformulierte Paris–Gleichung

da

dN¼ CJ � ðDJÞmJ ; ð13Þ

wobei sich die Konstanten von der in DK formulierten Be-ziehung [11] unterscheiden.

Die Gultigkeitsbereiche der beiden Konzepte lassen sichmit dem in Abb. 6 gezeigten modifizierten Kitagawa-Dia-gramm [13] beschreiben. Die Verwendung des zyklischenJ-Integrals zur Berechnung des Rissfortschritts beschranktsich somit hauptsachlich auf Bauteile mit hohen ortlichenBeanspruchungen, wie beispielsweise in Kerben, und Bauteilemit kurzen Rissen.

Die Bewertung eines Bauteils mit Riss wird zunachst hin-sichtlich bruchmechanischer Dauerfestigkeit z.B. mit

DK < DKth ð14Þ

gefuhrt. Ist dies nicht erfullt, muss von weiterem Rissfort-schritt ausgegangen werden. Dieser berechnet sich aus einerIntegration der Rissfortschrittsgleichung.

Bauteilversagen kann definiert werden als das Erreichenl einer kritischen Schwingbreite des Spannungsintensitats-

faktors DKkrit oder des zyklischen J-Integrals DJkrit,l einer kritischen Risslange akrit oderl einer kritischen Rissfortschrittsgeschwindigkeit (da/dN)krit.

4.3 Berucksichtigung von Mixed-Mode-Beanspruchung

Nach der Art der Beanspruchung und den sich daraus erge-benden Komponenten der Rissuferverschiebungen im Riss-frontkoordinatensystem wird gemaß Abb. 7 unterschieden:l Mode I – Rissoffnungsmodus (Zug)l Mode II – Gleitmodus (ebener Schub) undl Mode III – Schermodus (nicht ebener Schub).

Mixed-Mode-Beanspruchung an Rissen liegt vor, wenn alsKonsequenz der vorhandenen Bauteilgeometrie und –belas-tung, der Rissgeometrie sowie der lokalen Rissfrontorientie-rung die Rissverschiebungsmodi I, II und III in Kombinationauftreten. Zunachst werden nur Anwendungen imGultigkeits-bereich der linear elastischen Bruchmechanik und rein propor-tionale Beanspruchungen betrachtet. Die singularen Anteileder Spannungs- und Verschiebungsverteilung vor der Rissspit-ze werden mit den Spannungsintensitatsfaktoren KI, KII undKIII quantifiziert. Ausgewahlte Losungen fur Spannungsinten-

Abb. 5. Rissfortschrittsverhalten bei zyklischer Beanspruchung

Fig. 5. Crack growth behavior at cyclic loading

Abb. 6. Kitagawa-Diagramm zur Abgrenzung der LEBM undEPBM fur R= -1

Fig. 6. Kitagawa-Diagram with limits for LEFM and EPFM forR=-1

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5 FKM-Richtlinie 391

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sitatsfaktoren sind im Anhang der Richtlinie angegeben. DieAbbildung des Fehlers in einem geometrisch einfachen Riss-und Strukturmodell erfolgt wie bisher, wobei eine formale Er-mittlung von Ersatzgeometrien mit der Projektionsmethodeauszuschließen ist.

Zur Bewertung wird ein Vergleichsspannungsintensitats-faktor KV verwendet. Die Berechnung erfolgt nach dem Tan-gentialspannungskriterium [14]. Eine Zusammenfassung derVorgehensweise bis hin zur Bewertung ist in Tabelle 1 ange-geben.

Die Ubertragung dieser Vorgehensweise in den Bereich derelastisch-plastischen Bruchmechanik ist nicht abgesichert.Die Verwendung der zur Bewertung vonMode I Bedingungenermittelten FAD-Grenzkurven bei statischer Beanspruchungder Richtlinie erscheint moglich, deren ausreichende Validie-rung liegt jedoch nicht vor.

Zyklischer Rissfortschritt kann bei proportionaler Bean-spruchung, basierend auf dem Kriterium der lokalen Symme-trie (KII=0, KIII=0), z.B. nach Paris [11]

da

dN¼ C � ðDKIÞm ð15Þ

berechnet werden, wobei sich gekrummte Rissflachen ein-stellen konnen. Die Analyse derartiger Probleme erfordert dieSimulation der mit Belastung und Baueilgeometrie vertragli-chen Mode I Rissgeometrie. Fur ebene Probleme ist geeigneteSoftware entwickelt und weitgehend anwendbar, z.B. [15,16]. Bei der Simulation des raumlichen Mode-I-Risswachs-tums liegen anwendungsorientierte Ergebnisse vor, z.B.[17, 18].

4.4 Berucksichtigung von dynamischerBeanspruchung

Dynamische Beanspruchungen treten beim Betrieb von An-lagen z.B. durch das Anschlagen beweglicher oder rotieren-der Teile sowie als unfallbedingte Sonderbelastungen beimTransport oder beim Herunterfallen von Bauteilen in Formvon kurzzeitigen Stoßbelastungen auf. Die Belastungsge-

schwindigkeiten liegen dabei etwa im Bereich von 1m/sbis 100m/s, die relevanten Zeiten bis zum Bruch im BereichvonMillisekunden bis Mikrosekunden. Die Sicherheitsbewer-tung bei derartigen kurzzeitigen, dynamischen Beanspruchun-gen kann in Anlehnung an die Vorgehensweise bei statischerBeanspruchung erfolgen, wobei allerdings zusatzlich die zeit-und ortsabhangige Beanspruchung und Werkstoffkennwertefur hohe Beanspruchungsraten zu berucksichtigen sind.

Die Abbildung des Fehlers in einem geometrisch einfachenRiss- und Strukturmodell erfolgt wie bisher. Als Beanspru-chungsparameter wird der Spannungsintensitatsfaktor K ver-wendet. Zusatzlich ist bei Stoßbelastungen zu berucksichti-gen, dass an der Kontaktstelle elastische Wellen angeregt wer-den, die sich im Bauteil mit Wellengeschwindigkeit ausbrei-ten und zumAufbau von zeit- und ortsabhangigen Spannungs-Dehnungsfeldern und dynamischen RissbeanspruchungenKI dyn(t) fuhren, deren Berechnung nur mit Hilfe von numme-rischen Methoden moglich ist. Je nach Bauteilgeometrie undLage eines Risses zur Krafteinleitungsstelle konnen dabei ge-rade zu Beginn der Belastung aufgrund von Fokussierungsef-fekten und Einschwingvorgangen zeitweise hohere Beanspru-chungen auftreten als quasistatisch, z.B. aufgrund der aufge-pragten Verschiebung, berechnet wurden (KI qs(t)). Dies lasstsich durch eine dynamische geometrieabhangige Korrektur-funktion kdyn (t) berucksichtigen, siehe z.B. Abb. 8.

Als charakteristischer bruchmechanischer Werkstoffkenn-wert wird die dynamische Risszahigkeit KId verwendet, dieaußer von der Temperatur T auch von der Beanspruchungsge-schwindigkeit abhangig ist. Es ergeben sich zwei Bereiche mitunterschiedlichen Einflussen der Beanspruchungsrate:

Abb. 7. Rissverschiebungsmodi I, II und III

Fig. 7. Crack displacement modes I, II and III

Tabelle 1. Vorgehensweise der Bewertung von Mode II, III undMixed-Mode-Beanspruchungen nach dem Tangentialspannungskriterium [14]

Table 1. Procedure for assessment of mode II, III and mixed-mode loading based on [14]

Beanspruchung statisch zyklisch

Beanspruchungsparameter KV ¼ KI

2þ 1

2

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiK2I þ 5,34K2

II þ 4K2III

panalogDKV ¼ f ðDKI ; DKII ; DKIIIÞ

Werkstoffkennwert KIc

SonderfallKIIc ¼ 0,87KIc; KIIc ¼ KIc

DKIth

Bewertung Sprodbruch KV ¼ KIc dauerfest DKV

Abb. 8. Dynamische Korrekturfunktion kdyn fur schlagbelasteteDreipunktbiegeproben [19]

Fig. 8. Dynamic correction function kdyn for impact-loaded three-point bending specimens [19]

392 B. Pyttel, I. Varfolomeyev, C. Berger Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5

Page 7: FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fu¨r

l sprodes und zah-sprodes Werkstoffverhalten (Tieflage undUbergangsbereich bei ferritischen Stahlen)Mit zunehmender Beanspruchungssrate nimmt die Rissza-higkeit deutlich ab, d.h. die Werkstoffe reagieren sproderund die Risszahigkeits-Temperaturkurve verschiebt sichzu hoheren Temperaturen.

l Zahes Werkstoffverhalten (Hochlage)Mit zunehmender Beanspruchungsrate nimmt die Rissza-higkeit im Allgemeinen zu, so dass bei zahem Werkstoff-verhalten die Risszahigkeit bzw. die Risswiderstandskur-ven fur statische Beanspruchung eine konservative Ab-schatzung darstellen.Die Bewertung erfolgt im Bereich der Hochlage analog zur

Vorgehensweise bei statischer Beanspruchung. Bei Verwen-dung einer quasistatisch oder dynamisch bestimmten Risswi-derstandskurve kann fur eine konservative Bewertung gege-benenfalls ein zu vereinbarender Sicherheitsfaktor zur Be-rucksichtigung von Wellen- und Einschwingvorgangen ver-wendet werden. Im Bereich sproden und zah-sproden Werk-stoffverhaltens ist fur sicheren Ausschluss von Rissinitiierungdie Bedingung

max KdynI ðtÞ

n o< KIdðT; _KKÞ ð16Þ

bei Betriebstemperatur und fur die relevante Rissbeanspru-chungsrate zu erfullen. Bei der Bestimmung der dynamischenRisszahigkeits-Temperatur-Kurve KId(T) ist in Anlehnung andas Master-Kurven-Konzept die Kurve mit 5% Versagens-wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen.

4.5 Berucksichtigung vonSpannungsrisskorrosion

Spannungsrisskorrosion ist Rissbildung und RisswachstuminWerkstoffen unter gleichzeitiger Einwirkung von statischenZugspannungen und einer korrosiv wirkenden Umgebung.Die Rissinitiierung ist mit bruchmechanischen Methodennicht beschreibbar. Risswachstum kann in vielen Fallen mitHilfe der linear elastischen Bruchmechanik, d. h. unter Ver-wendung des Spannungsintensitatsfaktors K, beschriebenwerden. Risswachstum tritt auf, wenn der Spannungsintensi-tatsfaktor hoch, die Umgebung korrosiv wirkend und derWerkstoff anfallig ist. Anfallig fur Spannungsrisskorrosionsind viele Werkstoff/Umgebungs-Paarungen, einige wichtigesind z.B.l austenitische und austenitisch-ferritische CrNi-Stahle in

chloridhaltigen Umgebungen,l hochfeste Stahle und hochfeste Titanlegierungen in Umge-

bungen, die Wasserstoff abgeben konnen (z.B. H2O, H2S,NH3 u. a. Sauren),

l unlegierte und niedrig legierte Stahle in heißen Nitrat-, Car-bonat- und Sulfid-Losungen sowie Laugen

l Aluminiumlegierungen in chloridhaltigen Umgebungen(z.B. Wasser, Meerwasser),

l Magnesiumlegierungen in Meerwasser,l Kupferlegierungen in ammonium-, amin- und nitrithaltiger

Umgebung,l Nickellegierungen in Nuklear-Reaktor-Kuhlmittel (Heiß-

wasser).Die Anfalligkeit nimmt meist mit steigender Temperatur

zu. Versagen erfolgt oft makroskopisch sprod, d.h. ohne gro-ßere sichtbare plastische Deformationen. Spannungskorrosi-onsrisse konnen in Abhangigkeit von Werkstoff und Warme-behandlung transkristallin oder interkristallin verlaufen. Die

Rissspitzen sind in vielen, jedoch nicht in allen Fallen ver-zweigt. Oft treten mehrere Risse, Parallelrisse, Risssystemeoder -felder auf. Die Risswachstumsgeschwindigkeit da/dtist von einer Vielzahl von Faktoren abhangig. Ihre prinzipielleAbhangigkeit vom Spannungsintensitatsfaktor K ist in Abb. 9dargestellt und lasst sich in mehrere Bereiche einteilen.

Fur Werte

K < KIscc ð17Þ

tritt theoretisch kein Risswachstum auf. Die Restlebensdau-er ist unendlich. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass sichder wirksame Wert von KIscc auch zeitlich andern kann, z.B.infolge geanderter Umgebungszusammensetzung, Tempera-tur, Elektrodenpozential, Bestrahlung usw..

In den meisten praktischen Fallen ist Bereich II fur Rest-lebensdauerabschatzungen entscheidend und kann als konser-vative Annahme verwendet werden. Fur Werte K in diesemPlateaubereich gilt

da

dt¼ konst: ¼ P: ð18Þ

Die Lebensdauerberechnung ergibt sich dann aus

t ¼ aEnde � aAnfang

P: ð19Þ

4.6 Probabilistische Berechnung

In vielen Anwendungen und Praxisbeispielen ist es vonVorteil bzw. notwendig, die statistische Streuung von Einga-beparametern zu berucksichtigen. So ist mitl Unsicherheiten von Messdaten (z.B. Fehlerlage und -große

mittels zerstorungsfreier Prufung),l Unsicherheiten bei der Bestimmung der Beanspruchung so-

wiel der Streuung von Werkstoffkennwerten

Abb. 9. Zusammenhang zwischen Rissausbreitungsgeschwindig-keit da/dt und Spannungsintensitatsfaktor K unter Umgebungsein-fluss (schematisch)

Fig. 9. Stress corrosion crack velocity da/dt versus stress intensityfactor K in a corrosive medium

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5 FKM-Richtlinie 393

Page 8: FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fu¨r

zu rechnen. In diesen Fallen bieten statistische Methodeneine Basis, die Fehlerbewertung und Lebensdaueranalysendurchzufuhren sowie die Unsicherheiten bei der Bestimmungvon Eingangsgroßen zu quantifizieren. Der probabilistischeNachweis ist damit eine Erganzung bzw. Alternative zur Sen-sitivitatsanalyse bzw. der Anwendung von partiellen Sicher-heitsfaktoren. Im Gegensatz zur letzteren, deterministischenNachweisfuhrung wird nicht von einer vorgegebenen Versa-genswahrscheinlichkeit Pf ausgegangen, sondern diese mitHilfe von statistischen Methoden auf der Basis von experi-mentell ermittelten oder angenommenen Verteilungsfunktio-nen fur einzelne Eingabegroßen berechnet. Variationen vonEingangsgroßen konnen mit Hilfe von statistischen Vertei-lungsfunktionen beschrieben werden, Tabelle 2. Die statisti-sche Verteilung einer Zufallsgroße x wird durch diel Verteilungsdichte f(x) und die entsprechendel Wahrscheinlichkeitsverteilung F(x)

bestimmt. Einer Verteilungsfunktion werden dabeil der Erwartungswert (Mittelwert),l ein Formparameter (Standardabweichung),l ein Maßstabsparameter

und eventuell weitere Parameter zugeordnet.Zur statistischen Charakterisierung des Fehlerzustandes

werden die Wahrscheinlichkeit der Auffindbarkeit einer Riss-große und die Verteilung der Fehlergroßen herangezogen. Inden meisten Fallen werden die entsprechenden Funktionenauf Basis von aufwandigen Untersuchungen, z.B. in statis-tisch geplanten ZfP-Experimenten, erzeugt und kalibriert.In der Regel geht die Beanspruchung als deterministischeGroße in die Analysen ein. Allerdings kann es sinnvollsein, die Unsicherheiten bei der Bestimmung der Sekundarbe-anspruchung (z.B. Eigenspannungen) durch probabilistischeAnsatze abzudecken. Werkstoffkennwerte, insbesondere dieRisszahigkeit im Ubergangsbereich, unterliegen einer starkenStreuung und werden deshalb am Haufigsten als Zufallspara-meter bei der Fehlerbewertung angesetzt.

Zur Bestimmung von Versagenswahrscheinlichkeiten wirdin den meisten Anwendungen die Monte-Carlo-Simulation(MSC) verwendet. Diese basiert auf mehrfachen deterministi-schen Analysen fur zufallig ausgewahlte Parametersatze. In-sofern lasst sich die Monte-Carlo-Methode in ein bestehendesFehlerbewertungsprogramm relativ einfach integrieren. Wei-tere Methoden sind diel First-Order Reliability Method (FORM),l Second-Order Reliability Method (SORM)

sowie eine modifizierte Version der MCSl Monte Carlo with Importance Sampling (MC-IS).

Die Durchfuhrung von Wahrscheinlichkeitsberechnungenist in der Regel nur mit speziellen Rechenprogrammen mog-lich. Einige Softwarepakete fur probabilistische bruchmecha-nische Analysen sind in der Richtlinie genannt.

4.7 Bruchmechanische Software - FracSafe

Zur Durchfuhrung bruchmechanischer Berechnungen istdie Verwendung von Software hilfreich. Speziell zur Richtli-nie der 1. und 2. Auflage wurde das Programm FracSafe [7]entwickelt. Es beinhaltet alle dort aufgefuhrten Berechnungs-moglichkeiten, d.h. bei statischer Beanspruchung die Bewer-tung mit dem FA-Diagramm und bei zyklischer Beanspru-chung die Berechnung des Rissfortschritts bei konstanteroder variabler Schwingbreite des Spannungsintensitatsfak-tors. Dem Anwender stehen zahlreiche Struktur- und Rissmo-delle zur Verfugung. Das Programm kann uber den VDMA-Verlag bezogen werden. Informationen finden sich unterwww.fracsafe.de.

Zusatzlich wird auf weitere kommerzielle und nicht kom-merzielle bruchmechanische Software verwiesen.

5 Nachweis

Die Bewertung von statisch beanspruchten Bauteilen mitFehlern im Endzustand, d.h. auch nach einem moglichenRisswachstum unter zyklischer Beanspruchung, ergibt nichtnur eine qualitative Aussage sicher/unsicher, sondern aucheine Quantifizierung dieser Aussage durch Reservefaktoren.Sie werden fur die Belastung fF, fur die Rissgroße fa undfur die Risszahigkeit fKmat wie folgt definiert:

fF ¼ die zum Grenzzustand fuhrende Belastung

Ist-Belastungð20Þ

fa ¼die zum Grenzzustand fuhrende Rissgrosse

Ist- oder angenommene Rissgrosseð21Þ

fKmat ¼Ist-Risszahigkeit

die zum Grenzzustand fuhrende Risszahigkeit:

ð22Þ

Die Reservefaktoren konnen z.B. mit Hilfe des FA-Dia-gramms iterativ berechnet werden. Prinzipiell wurde fur jedenReservefaktor der Wert f =1 ausreichen. In der Praxis werdenallerdings Werte f > 1 gefordert, um die Bauteilbedingungenals zulassig einzustufen.

Durch Sensitivitatsanalysen wird die Empfindlichkeit derReservefaktoren auf die Variation einzelner Eingabedatenaufgezeigt. Sie werden benutzt, um Anforderungen an die Ge-nauigkeit einzelner Eingabedaten festzulegen, um beim Pra-zisieren der Eingabedaten rational vorzugehen oder um unge-

Tabelle 2. Einsatzmoglichkeiten fur die Beschreibung statistischer Streuung von Eingabedaten, l empfohlen, - nicht empfohlen

Table 2. Possibilities for the descriptions of the statistic scatter of input data, l recommended, - not recommended

Verteilungsfunktion Werkstoffzustand Fehlerzustand ZfP Beanspruchung Grenzzustand

normal l l – l l

log-normal l l l l l

Weibull l – l l l

exponential l l l l l

394 B. Pyttel, I. Varfolomeyev, C. Berger Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5

Page 9: FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fu¨r

naue Daten mit geeigneten partiellen Sicherheitsfaktoren zuversehen. Alternativ zur Bestimmung der partiellen Sicher-heitsfaktoren auf der Basis von Sensitivitatsanalysen undder Bewertung von vorhandenen Eingabedaten fur den unter-suchten Fall, konnen partielle Sicherheitsfaktoren c nach [3]fur eine gegebene zulassige Versagenswahrscheinlichkeit ver-wendet werden.

Ein probabilistischer Nachweis ist im Allgemeinen einesinnvolle Erganzung bzw. Alternative zur Sensitivitatsanalyseoder der Anwendung von partiellen Sicherheitsfaktoren. Erwird jedoch den deterministischen Nachweis i.d.R. nicht er-setzen.

Die Zulassigkeitsbewertung ist der letzte Schritt im bruch-mechanischen Festigkeitsnachweis. Der Betrieb von Bautei-len erfordert die Sicherstellung sowohl der zuverlassigen Er-fullung einer technischen Funktion als auch die Vermeidungder Gefahrdung vonMenschen und Umwelt. Die Bestimmungvon zulassigen Bedingungen stutzt sich auf diel Große der Reservefaktoren und auf dasl Vertrauen zu den Eingabedaten.

Weitere Gesichtspunkte bei der Zulassigkeitsbewertungsind diel zu erwartenden Schaden infolge des Bauteilversagens fur

Mensch und Umwelt und diel mit der Vergroßerung der Reservefaktoren bzw. mit der Re-

paratur der Fehler verbundenen Kosten.

Wenn die gegebenen Bedingungen (Rissgroßen, Beanspru-chungen, Werkstoffkennwerte) als zulassig eingestuft werden,ist der bruchmechanische Festigkeitsnachweis erbracht.

Wenn die gegebenen Bedingungen (Rissgroßen, Belastun-gen, Werkstoffkennwerte) als unzulassig eingestuft werden,lasst sich unter Umstanden die Zulassigkeit durch eine Erho-hung der Qualitat der Eingabedaten oder durch die Anwen-dung praziserer Analysen nachweisen.

6 Anwendungsbeispiele

Die Handhabbarkeit der Richtlinie ist zum besseren Ver-standnis und zur Veranschaulichung an Hand von 20 Beispie-len, Tabelle 3, dargelegt. Sie entsprechen teilweise realen Fal-len oder sind an diese angepasst. Der bruchmechanische Fe-stigkeitsnachweis ist zum Teil nur auf spezielle Beanspru-chungsfalle reduziert und damit nicht immer vollstandig.

7 Anhange

Die Richtlinie enthalt folgende kurz erlauterte Anhange.Sie stellen Erganzungen zur Richtlinie dar, geben Hilfestel-lungen bei der Losung bruchmechanischer Fragestellungen,sind jedoch jeweils nicht vollstandig und umfassend.

Tabelle 3. Anwendungsbeispiele

Table 3. Worked examples

Bauteil Aufgabenstellung Bemerkung

Welle Gebrauchseignung Beispiel zur Modellbildung

Platte I Gebrauchseignung FAD und CDF, Schweißverbindung, Eigenspannungen

Schwungrad Konstruktion Dimensionierung, Fehlerbewertung

Rohrknoten Qualitatsmanagement Lastfolge, Bauteilversuche

Kastenprofil Gebrauchseignung Herstellungsfehler

Schweißkonstruktion Qualitatsmanagement ZfP-Strategie

Rohr I Gebrauchseignung spiralgeschweißt

Generatorwelle Gebrauchseignung Konstrukionsanderungen

Ventilgehause Gebrauchseignung Stahlguss

Druckbehalter Gebrauchseignung Aluminium geschweißt, Tieftemperatur

Turbinenwelle Schadensanalyse Herstellungsfehler, Rissfortschritt

Verschlusskorper Schadensanalyse Gussfehler, konventioneller und bruchmechanischer Festigkeitsnachweis

Eisenbahnschienen Qualitatsmanagement dynamische Beanspruchung, probabilistische Berechnung

Antriebswelle Gebrauchseignung Dauerfestigkeit, Mixed Mode Beanspruchung

gekerbte Scheibe Konstruktion Beispiel DJ

Rohre Gebrauchseignung Spannungsrisskorrosion

Rohr II Gebrauchseignung analog Rohr I, probabilistische Berechnung

Platte II Gebrauchseignung statistische Restlebensdauerberechnung

Getriebewelle Schadensanalyse Herstellungsfehler

versteiftes Panel Gebrauchseignung numerische Rissfortschrittssimulation, mehrere Anrisse

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5 FKM-Richtlinie 395

Page 10: FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fu¨r

Normen und Richtlinien zur ZfP

Es werden aktuelle Normen zur Sicht-, Eindring-, Magnet-pulver-, Wirbelstrom-, Ultraschall- und Durchstrahlungspru-fung sowie allgemeine Spezifikationen angegeben.

Auswertung von Risszahigkeitsversu-chen im Ubergangsbereich

Es werden im Detail die Bedingungen fur die Ermittlungcharakteristischer Risszahigkeitswerte Kmat aus einer unter-schiedlichen Anzahl vorliegender Versuchswerte bei einerTemperatur oder in einem Temperaturbereich sowie fur homo-gene und inhomogene Werkstoffzustande nach [3] dargelegt.Je weniger Versuchswerte vorliegen, desto konservativer wirddie Abschatzung. In der ASTM 1921–97 wird ein etwas ab-weichender Weg vorgeschlagen.

Werkstoffdaten

Die Werkstoffdatensammlung enthalt zunachst eine Zu-sammenstellung von dickenabhangigen Normwerten der Fes-tigkeit und Kerbschlagarbeit typischer Maschinenbauwerk-stoffe. Des Weiteren sind bruchmechanische Werkstoffkenn-werte aus der Literatur, insbesondere aus Forschungsberich-ten, Dissertationen und Regelwerken, angegeben. DerenUbertragung und Verallgemeinerung auf andere Werkstoffzu-stande ist schwierig und mit Vorsicht zu betrachten. In der Re-gel sind die Kennwerte auch fur den vorliegenden Fall nichtstatistisch abgesichert. Die Sammlung ist keineswegs voll-standig. Dennoch konnen die Kennwerte zur Orientierung die-nen. Fur statische Beanspruchung sind Risszahigkeitswertewie KIc, Ji, di, J0,2, d0,2 sowie Risswiderstandskurven J(Da),d(Da) angegeben. Fur zyklische Beanspruchung sind die Riss-fortschrittsrate da/dN(DK), der Schwellenwert DKth sowieeinige kritische Risszahigkeiten Kc angegeben. Es liegenSammlungen vor z.B. fur Baustahle, Vergutungsstahle, Guss-eisenwerkstoffe, Aluminiumlegierungen, Magnesiumlegie-rungen und Titanlegierungen. Auf weiterfuhrende Literaturwird verwiesen. Zusatzlich sind einige Angaben zumRissfort-schrittsverhalten da/dt(K) unter Spannungsrisskorrosion auf-gefuhrt.

Spannungsintensitatsfaktoren undGrenzlasten, zyklische J-Integrale

Die Sammlung von Spannungsintensitatsfaktoren und, so-weit vorhanden, Grenzlasten enthalt neben einfachen Sonder-fallen 57 Losungen fur verschiedene Riss- und Strukturmo-delle, wie z.B. Platten mit und ohne Bohrung, Voll- und Hohl-zylinder, Oberflachen- und Innenrisse unter kombinierterZug- und Biegebeanspruchung sowie unter variabler Span-nung. Eine Reihe ausgewahlter Losungen fur Risse in Kerbenunter konstanter Spannung bilden die Grundlage fur die ange-gebenen zyklischen J-Integrale.

Eigenspannungen

Die Berucksichtigung von Eigenspannungen sowohl unterstatischer als auch zyklischer Beanspruchung wird am Bei-spiel von Schweißeigenspannungen erlautert. Die Abschat-zung erfolgt wie in [3] als einfache Naherung oder uber Ei-genspannungsprofile.

Festigkeits-Mismatch inSchweißverbindungen

Nach allgemeinen Anmerkungen zum Mismatch-Problemsind modifizierte Grenzkurven im FAD angegeben, die zurBewertung heranzuziehen sind. Schweißverbindungen wer-den jedoch nicht umfassend behandelt. Sie sind Schwerpunktdes DVS-Merkblattes [6].

Formelzeichen, Abkurzungen,Umrechnungen

Alle in der Richtlinie verwendeten Formelzeichen und Ab-kurzungen werden in Deutsch und Englisch erlautert. Um-rechnungen verschiedener typischer Einheiten sind angege-ben.

Anmerkung

Die Erstellung der Richtlinie wurde aus Haushaltmittelndes Bundesministeriums fur Wirtschaft und Technologie(BMWi) uber die Arbeitsgemeinschaft industrieller For-schungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. (AiF Nr.11576 und 13463) gefordert. Die Erstellung der SoftwareFracSafe zur Richtlinie wurde von der Forschungsvereinigungder Arbeitsgemeinschaft der Eisen und Metall verarbeitendenIndustrie e.V. unter AVIF Nr. 52531 gefordert. Zur Erstellungder Richtlinie haben mehrere anerkannte Fachleute beigetra-gen.

Die Mitwirkung von Ulrich Wuttke (IfW TU Darmstadt),Johann-Georg Blauel, Ludvik Hodulak, Michael Luke, Wolf-gang Bohme (alle Fraunhofer IWM) ist besonders zu erwah-nen.

8 Literatur

1. FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis furMaschinenbauteile“, VDMA Verlag GmbH, 1. Ausgabe2001(deutsch), 2. Ausgabe 2004 (deutsch und englisch), 3.Ausgabe 2006 (deutsch).

2. FKM-Guideline „Fracture Mechanics Proof of Strength for En-gineering Components“,VDMA Publ., 2nd Edition, 2004.

3. SINTAP: Structural Integrity Assessment Procedure for Euro-pean Industry, Report BE95–1426, 1999.

4. Assessment of the Integrity of Structures Containing Defects,R/H/R6-Revision 3, British Energy, 1998.

5. BS 7910: Guide on Methods for Assessing the Acceptability ofFlaws in Metallic Structures, British Standards Institution,1999.

396 B. Pyttel, I. Varfolomeyev, C. Berger Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5

Page 11: FKM-Richtlinie „Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fu¨r

6. DVS-Merkblatt 2401: Bruchmechanische Bewertung von Feh-lern in Schweißverbindungen, DVS-Verlag, 2004.

7. FracSafe: Software zur Berechnung nach der FKM-Richtlinie„Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis fur Maschinenbau-teile“, VDMAVerlag GmbH, www.fracsafe.de.

8. FKM-Richtlinie. Rechnerischer Festigkeitsnachweis fur Ma-schinenbauteile, VDMAVerlag GmbH, 1998.

9. FKM-Guideline „Analytical Strength Assessment“, VDMAPubl., 5th Edition, 2003.

10. Fatigue Crack Growth Computer Programm „NASGRO“ Ver-sion 3.0 – Reference Manual, National Aeronautics and SpaceAdministration (NASA) JSC-22267B, 2000.

11. P. C. Paris, F. Erdogan, A critical analysis of crack propagationlaws, J. Basic Engineering 1960, 85, 528.

12. H. Kitagawa, S. Takahashi, Applicability of fracture mechanicsto very small cracks of the cracks in the early stage. Aus 2ndInt. Conf. On Mechanical Behaviour of Materials, Boston,1976..

13. A. Baumel, T. Seeger, Materials Data for Cyclic Loading, El-sevier 1990.

14. F. Erdogan, G. C. Sih, On the crack extension in plates underplane loading and plane shear, Journal of Basic Engineering,85, 1963.

15. H. A. Richard, M. Fulland, M. Sander, FEM-Techniken zur Si-mulation der Ermudungsrissausbreitung, DVM-Weiterbil-dungsseminar „Anwendung numerischer Methoden in derBruchmechanik“, Freiberg, 2002.

16. H. Theilig, M. Wunsche, R. Bergmann, Numerical and Expe-rimental Investigation of Curved Fatigue Crack growth underProportional Cyclic Loading, steel research 2003, 74, 566.

17. G. Dhondt, Cutting of 3D FE mesh for automatic mode I crackpropagation calculation, Int. J. Num. Meth. Engng. 1998, 42,749.

18. M. Schollmann, M. Fulland, H. A. Richard, 3D fatigue crackgrowth simulation under complex loading with ADAP-CRACK3D. In Fracture Mechanics (Eds. M. Fuentes et al.),ESIS Publication 26, Elsevier, section 9, paper 5, 1–8, 2000.

19. W. Bohme, Dynamic Key Curves for Brittle Fracture ImpactTests and Establishment of a Transition Time, ASTM STP1074, pp. 144–156, 1990.

Korrespondenzautor: Dr.-Ing. Britta Pyttel, Institut fur Werkstoff-kunde, Fachbereich Maschinenbau, TU Darmstadt, Grafenstraße 2,64283 Darmstadt, e-mail: [email protected]

Eingegangen in endgultiger Form: 6. Februar 2007 T 134

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 2007, 38, No. 5 FKM-Richtlinie 397

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