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1 Polizeiliche Nachwuchsgewinnung Erkenntnisse und Empfehlungen zur polizeilichen Rekrutierung und Personalauswahl in Zeiten erhöhten Personalbedarfs Werkstattgespräch am 23.Mai 2017 23.05.2017 Prof. Dr. Wim Nettelnstroth

FÖPS-Vortrag Nettelnstroth extern [Kompatibilitätsmodus] · Inkrementelle Validität: Kombination von Verfahren (Meta-Analyse von Schmidt & Hunter, 1998; Marcus, 2011) Die höchste

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Polizeiliche NachwuchsgewinnungErkenntnisse und Empfehlungen zur

polizeilichen Rekrutierung und Personalauswahl in Zeiten erhöhten

Personalbedarfs

Werkstattgespräch am 23.Mai 2017

23.05.2017 Prof. Dr. Wim Nettelnstroth

Ankündigung des Werkstattgesprächs (Auszug)

• Die im Zuge des demografischen Wandels (…) zu erhöhten Einstellungszahlen in den genannten Institutionen. Gleichzeitig stehen, (…) weniger junge Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung, so dass hier schon von einem War for Talents (Keller, 2009) gesprochen wird.

• (…) erhöhte Bedeutung: Dem Anwerben und Erfassen der potenziell geeigneten Bewerberinnen und Bewerber (Rekrutierung) und der Personalauswahl im engeren Sinne (Eignungsfeststellung).

• (…) ein kritischer Blick auf die polizeilichen Aktivitäten zur Nachwuchsgewinnung bzw. zu Verfahren der Personalauswahl gerichtet werden.

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Aktuelle Inputs (2017)

Frühjahrskonferenz der Hochschulen und Fachbereiche

der Polizei (HPK)

I Rekrutierung & Auswahl

• (…) Anforderungsprofil (…)

• (…) gut strukturiertes / zielorientiertes und ökonomisches Auswahlverfahren

• (…) effiziente Personalauswahl

• (…) Rekrutierung (Rolle der sozialen Medien)?

Jahresarbeitstreffen der PersonalpsychologInnen der

Polizei

• Bewerberbefragung gD• Evaluation

Auswahlverfahren hD• 270° Feedback im hPVD• Erfolgsfaktoren und

Spannungsfelder für Psychologie in der Polizei

• Anforderungsprofile für Führungskräfte

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Prozess der Personalauswahl(Kauffeld, 2011)

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Agenda

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I Einstieg zur polizeilichen Nachwuchsgewinnung: Problemlage

II Rekrutierung und Personalmarketing (1)

III Anforderungsanalyse (2)

IV Personalauswahl/-verfahren (3)

V Schlussfolgerungen und Empfehlungen

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Ziele des Personalmarketing(Wolschke, 2017)

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Personalmarketing

Aufbau des Personalmarketing(Rowold, 2013)

Externes Personalmarketing(Wolschke, 2017)

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Passung einer Person mit dem beruflichen Umfeld

Kauffeld & Grohmann, 2011

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Rat-

geber

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Passung einer Person mit dem beruflichen Umfeld Berufswahl allgemein

• Holland (1985): Selektionshypothese = berufliche Umgebung entspricht eigenen Fähigkeiten und Interessen

• Supers Selbstkonzepttheorie (1957): Sozialisation• Selbstkongruenztheorie nach Sirgy (1982)

Hexagonales Modell( Holland, 1996)

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Passung - Fit - Kongruenz

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Polizeiliche Berufswahl

• Berufsentscheidung für die Polizei (Hessen; Groß, 2011)• Berufsorientierung von künftigen Polizeibeamten (FHPol BB, 2007)

für die öffentliche Sicherheit und die

Gesellschaft einsetzen

Kontakt

mit

Menschen

sicherer Beruf

spannende Tätigkeit

intrinsische vs. extrinsische Motive

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Häufigkeit intrinsischer und extrinsischer Motivation(Nettelnstroth et al., 2014)

53,4% 46,6%

0

10

20

30

40

50

60

70

80

intrinsisch extrinsisch

Vielseitiger und

abwechslungs-

reicher Beruf

TeamarbeitSicherer Job finanzielle

AbsicherungHilfe leisten

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Anwärterinnen ♀Selbstver-wirklichung

(9%)

Sicherheit(15%)

Herausforderung(9%)

Leistung/Erfolg(7%)

Anerkennung (11%)

Freude

(11%)

Anwärter ♂Selbstver-

wirklichung(7%)

Sicherheit(14%) Herausforderung

(11%)

Gemeinschaft(7%)

Anerkennung (5%)

Leistung/Erfolg

(9%)

Gerechtigkeit(8%)

Werthaltungen im Geschlechtervergleich(Nettelnstroth et al., 2014 � quantitative Studie 2018)

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rech

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BewerberInnen-Befragung gD(Uplawski, 2017)

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• Wirtschaft und Recht

• Rechtswissenschaften,

Betriebswirtschaftslehre,

Management, Marketing etc.

• MINT

• Ingenieurwissenschaften,

Naturwissenschaften, Informatik,

Maschinenbau, Elektrotechnik etc.

• Sozialwissenschaften

• Lehramt, Psychologie,

Erziehungswissenschaften,

Kommunikationswissenschaften etc.

• Medizin, Gesundheit, Sport

• Humanmedizin,

Sportwissenschaften etc.

• Geisteswissenschaften

• Geschichte, Anglistik etc.

• Design, Medien, Journalismus

• Kommunikationsdesign,

Wissenschaftsjournalismus etc.

Nur 7,3% der BewerberInnen ziehen ein anderes Studium in Erwägung!

N = 252 von 3435 !

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BewerberInnen-Befragung gD(Uplawski, 2017)

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Social Media spielt bei der Vorbereitung auf die Auswahl kaum eine Rolle!

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BewerberInnen-Befragung gD(Uplawski, 2017)

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Einflussquellen bei der Berufswahl sind Menschen!

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Polizeispezifische Erkenntnisse: Social Media(Drößler, 2017)

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SMP werden im Rahmen der Berufsorientierung überwiegend nicht bewusst genutzt.

N = 107

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Polizeispezifische Erkenntnisse: Social Media(Drößler, 2017)

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Für die Berufsorientierung nutzen Bewerber vor allem Nachschlagewerke.

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Da für Dich-Kampagne

• Wertschätzung für die Arbeit der Polizei Berlin steigern • Respekt für Polizistinnen und Polizisten einfordern • Gesellschaftlichen Rückhalt für die Polizei Berlin stärken • Die Attraktivität der Polizei Berlin als Arbeitgeberin

herausstellen

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Da für Dich-KampagneReaktionen (7 Workshops à 5 Personen der Zielgruppe)

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• „Zahlreiche Polizei-Fahrzeuge (…) mit dem Slogan „Da für Dich“ (…) als Werbeträger (…) und um berufsinteressierte Frauen und Männer auf den Polizei-Beruf aufmerksam zu machen“ (http://www.berlin.de/...).

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UneindeutigeAnforderungen: spricht alle an

Positiv: Nutzung Social Media - modernes Design - aktuelle Themen (Polizei/Sicherheit) -ansprechende Website

Wirkt nicht seriös - wie eine Fake-Kampagne - Plakate billig

Alle Altersgruppen werden angesprochen -Vielfältigkeit - Breites Aufgabenfeld -verschiedene Eingangsberufe

Spricht Jugend an (soziale Netzwerke) vs. Jugendsprache führt nicht zu qualifizierten Anwärtern

Unauffällig - zu versteckt - Kampagne muss in Zielgruppe bekannt sein

Zwischenfazit P-Marketing/Rekrutierung

• Grundlegende Aufgabe: Erhöhung der Trefferquote– Erhöhung der Basisrate (Anzahl geeigneter BewerberInnen)– Absenkung der Selektionsrate (Anzahl Stellen : BewerberInnen)

• Gibt es einen gesicherten Wissensstand über unsere potentiellen Bewerberinnen und Bewerber zur zielgerichteten Ansprache?

• Weiß die Polizei– wie ihr Beruf aussieht (� Anforderungsanalyse)– wen sie haben will (Querschnitt der Bevölkerung als Mythos)– und wie sie diese Kandidatinnen und Kandidaten ansprechen

sollte (Employer Branding - internes/externes PM)?

• Je näher die Bewerber an der echten Bewerbung sind (d.h., je konkreter sie wird), desto seriöser wird die Mediennutzung (Social Media weniger wichtig).

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Person-Job-Fit

Person Tätigkeit

Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse

I Anforderungen

EignungsdiagnostikArbeits- und

Anforderungsanalyse

Interessen, Bedürfnisse, Werthaltungen

II Befriedigungspotential

BerufsinteressentestOrganisationsanalysen

(Führung, AZ, Commitment)

Entwicklungspotential III Veränderung

Passung

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Arbeits- und Anforderungsanalysen(u.a. Blickle, 2011; Krüger, Utte & Rowold, 2013; Schuler, 2014)

1. die erfahrungsgeleitet-intuitive Methode– subjektive Abschätzung der geforderten Personenmerkmale– Mehode (u.a.): Critical Incident Technique (CIT, Flanagan, 1954)

2. die arbeitsplatzanalytisch-empirische Methode– Systematische Betrachtung der beruflichen Tätigkeiten und

Situationen eines konkreten Arbeitsplatzes– Methode u.a.: FAA (Frieling & Hoyos, 1978)

3. die personenbezogen-empirische Methode– Statistischer Zusammenhang zwischen Eigenschaften von

Stelleninhabern und der individuellen Leistung der Personen

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Anforderungsanalyse - AnforderungsprofilPolizeiliche Situation

• keine veröffentlichten empirischen Studien in der Polizei

• Thielgen (2016)– ausschließlich erfahrungsgeleitet-intuitiv (1)– nicht (2) arbeitsplatzanalytisch-empirisch bzw. (3)

personenbezogen-empirisch

• Positionspapier der Innenministerkonferenz (1998)– polizeiliches Anforderungsprofil: 4 übergeordnete und 24

spezifische Kompetenzen

• Harmonisiertes Anforderungsprofil (2005)– von Experten aus vier Bundesländern– Grundlage: empirische Studien in den einzelnen Ländern– Curriculare Empfehlungen für Bachelor-Studiengänge

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Harmonisiertes Anforderungsprofil

Fachkompetenzen• Breit angelegtes praxisorientiertes

Fachwissen in den Bereichen� Recht� Gesellschaftswissenschaften� Polizeiwissenschaften/

Polizeiliches Management • Fremdsprachenkenntnisse

Persönliche Kompetenzen

Analytische FähigkeitPsych. Belastbarkeit Berufsmotivation Eigenständigkeit Entschlussfreudigkeit Phys. BelastbarkeitSelbstsicherheit -Kritikfähigkeit

Durchsetzungsfähigkeit LernfähigkeitFlexibilität verfassungsrechtliche und berufsethische Werteorientierung Verantwortungs-bereitschaft

Soziale KompetenzenAuftreten als Vorbild/RepräsentationMitarbeitermotivationEinfühlungsvermögenFeedback-FähigkeitKommunikationsfähigkeit, KonfliktfähigkeitKooperationsfähigkeitMitarbeiter- bzw. TeamführungsfähigkeitTeamfähigkeit, ToleranzAchtung des MitmenschenInterkulturelle Kompetenz

Methodische KompetenzenFachgebundene ArbeitsmethodenFähigkeit zur interdisz. ProblemhandhabungBefähigung zu effektiver und effizienter ArbeitsorganisationJuristische Methoden wie Subsumption oder Auslegungstheorienandere wissenschaftliche MethodikPräsentations- und ModerationstechnikenPraktische Fertigkeiten

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Zwischenfazit Anforderungsanalyse

• Es existiert in Deutschland kein evidenzbasiertes Anforderungsprofil für PolizeibeamtInnen im Einstiegsamt!

• Bottom-up vs. Top-Down?– � 360°!

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Leistungsfähigkeit von Personalauswahlverfahren

Der Mythos

Mit dem richtigen Auswahlverfahren ist abgesichert, aus den

Bewerbern die Geeigneten

auszuwählen.

Die Realität

Mit dem optimalen Auswahlverfahren wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, aus den Bewerbern

– mehr Geeignete einzustellen– mehr Ungeeignete

abzulehnen

Selbst bei der besten Kombination von Verfahren liegt die Grenze für die Vorhersagekraft bei einer 50%-igen

Verbesserung (100% = perfekte Vorhersage).

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Ansätze der Eignungsdiagnostik

Verhalten Ergebnisse

Eigenschaften

Simulationen Biographie

Tests

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Validität von Einzelverfahren/-dimensionen(Schuler, Höft & Hell, 2014, S. 162)

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Ansatz Prädiktor Validität

(Schmidt & Hunter, 1998)

Validität

(neuere Studien)

Eigenschaft

Allgemeine kognitive

Fähigkeit (Intelligenz) .51 .62

Integrität .41 .18

Gewissenhaftigkeit .31 .31

Fachkenntnis .48

Interessen .10 .23

Simulation

Probezeit .44

Arbeitsproben .54 .39

Situational Judgement .34

Assessment Center .37 .28

Biografie

Grafologie .02

Biografische Daten .35 .32

Unstrukturiertes

Einstellungsgespräch .36 .20

Strukturiertes

Einstellungsgespräch .51 .40

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Inkrementelle Validität: Kombination von Verfahren(Meta-Analyse von Schmidt & Hunter, 1998; Marcus, 2011)

Die höchste Güte zur Vorhersage des Berufserfolgs haben sich ergänzende Kombinationen von Verfahren.

EinzelvaliditätZuwachs der

Vorhersagekraft (Kombination mit Intelligenz)

Intelligenztest .51

Strukturiertes Interview

.51 24%

Gewissenhaftigkeit .31 18%

Arbeitsprobe .54 18%

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Auswahlverfahren der LänderpolizeienRheinland-Pfalz

(Thielgen, 2017)Berlin

https://www.berlin.de/polizei/...

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Vortest

Formale

Einstellungsvoraussetzungen

Sporttest

PC-gestützter Einstellungstest

persönliche Vorstellung

Polizeiärztliche Untersuchung

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Auswahlverfahren der Länderpolizeien(S. Remke, pers. Mitteilung, 19.6.2013)

Bundesland Intelligenztest weitere Verfahren

Baden-

Württemberg I-S-T 2000R

Rechtschreibungstests RT aus

dem Hogrefe TestSystem (HTS)

Bayern

mD: Grundfähigkeitstest

(Fremdfirma)

gD: I-S-T 2000R

Berlin

ja

Testzusammenstellung durch

Fremdfirma

- Persönlichkeitstests

- Situational Judgment Tests

- Bedarfssprachentests FU

Berlin)

- selbst entwickelte

wissensbasierte Extra-Tests

(Deutsch, Politik und

Gesellschaft)

Psychologisches Messverfahren „Jobfidence“

Brandenburg - Intelligenz-Anpassung

- Intelligenz-Organisation

verhaltensbezogene

Leistungsvoraussetzungen

(Umstellungsbereitschaft,

Leistungsmotivation,

Stressstabilität, Hartnäckigkeit)

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Auswahlverfahren der Länderpolizeien(S. Remke, pers. Mitteilung, 19.6.2013)

Bremen I-S-T 2000R mündliche Prüfung

Hamburg CFT-20-R und I-S-T 2000 -

Mecklenburg-

Vorpommern I-S-T 2000R

- halbstruktur. Einzelgespräch

- Gruppendiskussion

GöPA (Göttinger Polizeiauswahlverfahren)

Niedersachsen

- Sprache und Ausdruck

- Denken - Problemlösen

- Gedächtnis

- Postkorb

- Rechtschreibung

strukturiertes Interview

Nordrhein-

Westfalen ja, polizeieigene Entwicklung AC

Rheinland-

Pfalz

Fähigkeitsstruktur-Test (FST)

in Anlehnung an I-S-T 2000R

(eigene Entwicklung)

Sachsen

kognitive Tests

(Fremdfirmen nach Berliner

Intelligenzmodell)

Rechtschreibtest,

Persönlichkeitstests

Sachsen-

Anhalt I-S-T 2000R -

Schleswig-

Holstein CFT 20-R (Hogrefe) -

Thüringen Wilde-Intelligenztest 2

Bundespolizeia

kademie I-S-T 2000R

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Prognostische Validität im polizeilichen Kontext

„Es gibt wenig veröffentlichte Artikel, die sich mit der prognostischen Validierung von

Auswahlverfahren beschäftigen.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Bewährungskontrollen von

polizeilichen Auswahlverfahren noch seltener publiziert wurden“ (Neick, 2008).

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Prognostische Validität im polizeilichen Kontext

• kognitive Fähigkeitstests– keine nationalen Befunde– r = .24; Salgado et al., 2003, zitiert nach Schuler, Höft &

Hell, 2014)– 4 Verfahren, keines geeignet für die polizeiliche

Personalauswahl:„(…) it is apparent that no best practice instrument for theselection of police officers exists at this time“ (Lough & Von Treuer, 2013, S. 746).

• Neick, 2008– unterschiedliche Werte für den I-S-T 2000R

• mittlerer Dienst: prädiktive Validität bis zu r = .29 erzielt (1. Ausbildungsabschnitt)

• gehobener Dienst: gegensätzliche Vorhersage– signifikanter Beitrag der Gruppendiskussion und

Diktat: Varianzaufklärungen von bis zu 63% (gD)

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Polizeilicher Ausbildungs- und Studienerfolg(Nettelnstroth, 2014)

• IntelligenzEs besteht (fast) kein Zusammenhang zwischen Intelligenzfaktoren und den Studien-/Ausbildungsnoten– Warum bei der Polizei eine geringere prognostische Validität?

• Artefakt: Varianzeinschränkungen durch vorherige Selektion• Kultur: Polizei belohnt Intelligenzleistungen nicht

• PersönlichkeitHandlungsorientierung und Gewissenhaftigkeit weisen zahlreiche und starke Zusammenhänge zu Noten in verschiedenen Fächern auf.– Warum diese und nicht andere Klassiker (z.B.

Leistungsmotivation)?– Polizei steht für Eingriffe und belohnt deshalb auch im Studium

Handlungsorientierung.

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Erkenntnisse aus Tagungen

• DHPol 2014– Gruppendiskussion als Suppressorvariable

• München 2017 zum hD (Remke, 2017)– Gruppendiskussion mit r= .44 progn. Validität für spätere Note

bei prakt. Leistungen

– Intelligenz (hD): r = .6 mit Note an der DHPol: „Intelligenz ist das prognosestärkste Konstrukt zur Vorhersage des Ausbildungserfolges im Auswahlverfahren (…) und muss einen entsprechend hohen Stellenwert haben.“

– Hohe Bedeutung von Rechtschreibung - Zusammenhänge zu • Kommunikativen Fähigkeiten - Praxisbeurteilungen - Abschlussnote -

Intelligenz

– Die dienstliche Beurteilung bietet keinerlei Zusammenhänge mit untersuchten Kriterien.

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Qualitätsstandards einer professionellen Personalauswahl (DIN 33430)

• Personalauswahl soll von umfassend qualifizierten Personalverantwortlichen durchgeführt werden– ansonsten: Validität der dabei getroffenen

eignungsdiagnostischen Entscheidungen häufig fraglich (Dormann et al., 2009)

• Auszug aus der Checkliste zur DIN 33430– Wurde eine Anforderungsanalyse durchgeführt?– Kann jeder Anforderungsdimension, die erhoben

werden soll, mindestens ein Verfahren zugeordnet werden (…) (Kauffeld & Grohmann, 2011, S. 101)?

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Validität von Einstellungsgesprächen (Schuler, 2000)

Ursachen für geringe Validität

• mangelnder Anforderungsbezug der Fragen

• unzulängliche Verarbeitung der Informationen

• geringe Beurteiler-Übereinstimmung

• Beanspruchung des größten Teils der Gesprächszeit durch den Interviewer

methodische Verbesserung

• anforderungsbezogene Gestaltung des Interviews

• strukturierte bzw. standardisierte Durchführung des Interviews

• Einsatz validierter Fragen aus etablierten Inventaren (Punktesystem)

• Vorbereitung der Interviewer durch ein sorgfältig konzipiertes und durchgeführtes Training

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Missstände in der praktischen Pesonalauswahl(Kanning, 2015)

Forschung ⇔ Praxis

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Bauchgefühl vs. Diagnostik (vgl. Verbarg, 2015)Risiken bauchgefühlgestützter Personalauswahl (Kanning, 2015)

Kultur:

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23.05.2017

Abrechnung mit der Personalauswahlpraxis(vgl. Kanning, 2015)

• Durch nichts belegte übliche Annahmen– Bedeutung von

Eselsohren/Flecken/Bewerbungsmappen/Papierdicke– Die Fragen nach den Stärken und Schwächen– Lücken im Lebenslauf– Teamsport fördert Soziale Kompetenz (anders: Ehrenamt)– „Warum wollen Sie genau zu unserer Firma/Behörde?“– Dauer der Berufserfahrung (anders: Vielfalt der Aufgaben)– Arbeitszeugnisse (Ausnahme: Tätigkeiten)

• Absurdistan: NLP (Blick) - Graphologie - Astrologie• Unsinn von Vorbereitung (Ratgeberliteratur)

– Vermeintliche Hilfestellung wird zum Bumerang– Folgen der mangelnden Passung (Fit): Arbeitsunzufriedenheit -

Stress - Gesundheitsprobleme - Absentismus - …

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Empfehlungen (für die Polizei)

Tests (Eigenschaften)

Intelligenz: z.B. I-S-T 2000R bzw. IST-Screening

Persönlichkeit: z.B. BIP

Simulationen (Verhalten)AC-Elemente, z.B. Gruppendiskussion

Situational Judgment

Strukturiertes Einstellungsinterview(Biographie - Verhalten)

Das Multimodale Einstellungsinterview (MMI)

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Empfehlungen (für die Polizei)

• nach Schuler (2000)– strukturierte bzw. standardisierte Durchführung von Verfahren– Einsatz validierter Fragen aus etablierten Inventaren

(Konstruktvalidität)– Vorbereitung der Interviewer/Beobachter durch ein sorgfältig

konzipiertes und durchgeführtes Training

• Unbewusste, kulturelle Einflüsse bei der Bewertung polizeilicher Leistungen reflektieren

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Das Taylor-Russell-ModellKriterium

(Berufserfolg)

Prädiktor

(z.B. I-S-T)

EG

EU

AG

AU

abgelehnt (A) eingestellt (E)

Selektionsquote

Basisrat

e

50%

50%

rpk=.00

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Das Taylor-Russell-ModellKriterium

(Ausbildungserfolg)

Prädiktor

(z.B. Test)

EG

AG

AU

abgelehnt (A) eingestellt (E)

Selektionsquote

Basisrate

20%

80%

rpk=.45

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Forderungen

• Marketingkampagnen passend zur (zukünftigen) Kultur!

• Echte 360° Anforderungsanalysen!

• Personalauswahlverfahren– Jeder kocht sein eigenes Süppchen: Liebe Innenministerien,

geben Sie Studien, Untersuchungen und Daten zur Veröffentlichung frei. Der wissenschaftliche Erkenntnisaustausch verbessert auch Ihre Personalauswahl und die Qualität Ihres Personals!

– Keine absurden Alltagsweisheiten/implizite Persönlichkeitstheorien!– Keine Elefantenrunden (Präsidentengespräche, etc.). Diese

zerstören valide Ergebnisse!

• Einbeziehung der polizeilichen Expertise an den geeigneten Stellen des Verfahrens!

• Liebe Polizeien der Länder: Hört auf Eure PersonalpsychologInnen und vertraut deren Expertise!

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