15
fml Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. W. A. Günthner Technische Universität München fml Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik · Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. W. A. Günthner · Technische Universität München 1 Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteine Münchener Lean Logistics Box by LEAN:log

Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

fml – Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik

Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. W. A. Günthner

Technische Universität München

fml – Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik · Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wi.-Ing. W. A. Günthner · Technische Universität München 1

Fokus Prozess, Informationsfluss

Steuerungsbausteine

Münchener Lean

Logistics Box

by LEAN:log

Page 2: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Inhalt

Kanban 1.

Im Fluss 2.

Go See Push/Pull 3.

Auftrag 4.

Verkettete Fließprozesse 5.

Fahrplan/ getaktet 6.

Push 7.

Page 3: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Pull-Steuerung durch Kanban:

Bei der Pull-Steuerung durch Kanban löst der Kundenprozess die Nachlieferung der verbrauchten Ware aus. Geliefert wird

nicht nach prognostiziertem Bedarf sondern aufgrund des tatsächlichen Verbrauchs durch den nachfolgenden Prozessschritt.

Alle Information, die der Lieferprozess benötigt, um die verbrauchte Ware aufzufüllen, sind auf einer Karte (jap.: Kanban)

zusammengefasst.

Die Kanban-Karte enthält folgende Angaben:

• Produkt

• Menge pro Behälter (Losgröße)

• Wiederbeschaffungsort

• Zielort

Voraussetzungen für Kanban:

• Null-Fehler-Prinzip: Nur einwandfreie Teile werden weitergegeben.

• Die Kanban-Regeln müssen strikt eingehalten werden. D.h. Material wird nur nach tatsächlichem Verbrauch angefordert.

Ware wird nur mit Kanban bewegt.

• Zykluszeiten für den Nachschubprozess müssen sichergestellt sein (Informationsübertragung, Lieferprozess, Transport

vom Lieferanten- zum Kundenprozess).

1. Kanban (1)

I

Page 4: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Kanban-Varianten:

Bei der Gestaltung eines Kanbankreises stehen dem Planer verschiedene Variablen zu Verfügung.

Gestaltung des Informationsträgers (Kanban):

Die Nachschubinformation (Kanban) kann entweder als physische Karte (umlaufend), als gekennzeichneter Behälter oder

als maschinenlesbarer Beleg und elektronisch vorliegen.

Festlegung Auslösezeitpunkt:

Da die Transportlosgröße und damit die Losgröße am Eingang des Kundenprozesses meist größer eins ist und ganze

Behälter beim Kundenprozess eingehen, ist die Nachschubeinheit meist ebenfalls ein Behälter. D.h. ein Kanban entspricht

einem Behälter. Festzulegen ist dann, ob der Nachschub bei Entnahme des letzten Teils, bei Anbruch oder beim

Behältertausch ausgelöst wird.

Organisation der Informationsübermittlung:

Sobald der Kundenprozess neue Teile benötigt, muss die Kanbaninformation zum Lieferantenprozess gelangen. Hier muss

entweder der physische Transport von Kanbankarte oder -behälter organisiert oder eine entsprechende elektronische

Datenverbindung geschaffen werden. Neben dem Übertragungsweg muss auch der zeitliche Ablauf festgelegt werden. Die

Übermittlung kann z.B. zyklisch (u.a. durch den Routenzugfahrer) oder sofort geschehen.

Ggf. Gestaltung des Informationspuffers:

Wenn die Kanbankarten nicht sofort weitergegeben werden, ist es notwendig die Information zu puffern. Die Karten können

z.B. in einem Briefkasten oder in einem Heijunka-Board gesammelt werden.

Unabhängig vom Kanbankreislauf muss der Leergutprozess geplant werden. Das Leergut kann im 1:1-Tausch gegen Vollgut

oder über einen separaten Leergutprozess entsorgt werden. Wenn der leere Behälter gleichzeitig der Informationsträger

(Behälterkanban) ist, wandert der Kanbanbehälter inkl. Karte im Rahmen der Informationsübermittlung zurück zum

Lieferprozess.

1. Kanban (2)

Page 5: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Gängige Lösungen für die Umsetzung von Kanbankreisen sind:

• Karten-Kanban

Informationsträger ist die physische Kanban-Karte. Sie wird zum Lieferprozess gebracht und löst dort den Nachschub

aus. Mit der Ware gelangt die Karte zurück zum Kunden. Ware wird ausschließlich mit am Behälter befestigter Kanban-

Karte bewegt. Es gibt keinen Transport ohne Kanban.

• Karten-Kanban mit Briefkasten

Die Kanban-Karten können in einem Briefkasten gesammelt und in festgelegten Zyklen entnommen und zum

Wiederbeschaffungsort gebracht werden. Um Sortieraufwand zu vermeiden, gibt es bei unterschiedlichen Nachschub-/

Lieferorten mehrere Briefkästen. Oftmals übernimmt ein Logistiker (z.B. Linienlogistiker) die Leerung des Briefkastens

und die Weiterleitung. Er ist der Postbote.

• Behälter-Kanban

Beim Behälter-Kanban ersetzt der Behälter die Kanban-Karte bzw. Behälter und Karte bleiben verbunden. Der Kanban-

Behälter befindet sich also stets im Umlauf. Ein leerer Behälter ist der Auftrag zur Nachlieferung. Die

Informationsübermittlung zum Lieferanten beinhaltet den Transport des Leerguts zurück zum Lieferprozess. Der Lieferant

steckt dann die Karte an den vollen Behälter, der zurück zum Kundenprozess transportiert wird.

• E-Kanban

Die Kanban-Informationen können auch elektronisch übertragen werden. Dies empfiehlt sich v.a., wenn größere

Distanzen zwischen Kunden- und Lieferprozess liegen (z.B. Lieferantenkanban). Durch die elektronische Übertragung

werden Aufwand und Zeit zur Informationsübermittlung reduziert. Gleichzeitig entstehen Kosten für das notwendige IT-

System. Auch beim E-Kanban muss sichergestellt werden, dass die Kanban-Regeln eingehalten werden, was sich durch

das Fehlen physischer Informationsträger schwieriger gestaltet. (Wie wird sichergestellt, dass der Nachschub nicht über

Scannen ausgelöst wird, obwohl noch Ware vorhanden ist? etc. Ansatz Denshinkasten )

• Sichtkanban, Meldebestand

Wenn ein markierter Meldebestand erreicht ist, wird eine definierte Losgröße bestellt/nachgeliefert. Der Meldebestand

muss gekennzeichnet sein, z.B. mit einem farbigen Dreieck am Behälter.

1. Kanban (3)

Page 6: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

• Kanban-Board

Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann ein Kanban-Board eingesetzt werden. Mit dessen Hilfe werden

Kanban-Karten gesammelt bis die Losgröße für den Lieferprozess erreicht ist. Auf dem Kanban-Board sind drei Bereiche

markiert:

- Grün: Die Nachschubmenge ist noch nicht erreicht. Die Bestellung wird noch nicht weitergegeben. Der

Lieferprozess darf noch nicht arbeiten.

- Gelb: Die Nachschubmenge ist erreicht. Die Bestellung muss weitergegeben werden. Der Lieferprozess soll den

Nachschub bereitstellen.

- Rot: Es wird dringend Nachschub benötigt, sonst ist die Versorgung des Kundenprozesses gefährdet. Die

Bestellung müsste bereits weitergegeben sein. Der Lieferprozess muss den Nachschub bereitstellen.

1. Kanban (4)

4* Teil 0815

4* Teil 0815

4* Teil 0815

4* Teil 0815

4* Teil 0815

4* Teil 0815

Kanbanboard

Teil 0815

Der grüne Bereich entspricht der Losgröße

des Lieferprozesses, der Menge eines

Behälters oder der Menge eines

Transportauftrags.

Diese Menge ist geringer als die

Lieferlosgröße. Der gelbe und rote Bereich

bildet das Zeitfenster, in dem bestellt wird. Er

dient NICHT zum Sammeln eines weiteren

Auftrags.

Nicht wirtschaftlich

Wirtschaftlich, nicht kritisch

Kritisch

Kanban-Board für die Logistik

Wertstromsymbol:

Page 7: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Die Anzahl der Kanban-Karten in einer Kanban-Regelschleife bestimmt den maximalen Bestand in der Schleife und ist

abhängig von der Wiederbeschaffungszeit für die betrachteten Teile. Es muss immer ausreichend Material am Eingang des

Kundenprozesses vorhanden sein, um die Zeit bis zum Eintreffen des Nachschubs vom Lieferprozess zu überbrücken.

Entscheidend ist also die folgende Frage:

Wie lange dauert der Nachschub maximal? Wie viel Zeit vergeht maximal zwischen der Entnahme des letzten (bzw.

auslösenden) Teils und der Ankunft der Nachlieferung?

Diese maximale Wiederbeschaffungszeit WBZmax setzt sich zusammen aus den Maximalwerten für

tA Auslösezeit Entnahme letztes (bzw. auslösendes) Teil bis Eingang der Bestellinformation beim

Lieferprozess

tB Bearbeitungszeit Prozesszeit des Lieferprozesses, d.h. Eingang Kanban-Information bis Weitertransport

tT Transportzeit Transport inkl. Aufnahme am Lieferort und Abgabe am Bedarfsort

Es folgt: WBZmax = tA + tB + tT

Relevant für die Wiederbeschaffungszeit ist die Durchlaufzeit der Steuerungsschleife, d.h. aller Prozessschritte vom

angesteuerten Prozess bis zum auslösenden Kundenprozess. Bei Kanban-Schleifen, die mehr als einen Prozessschritt

umfassen (auch: ConWIP), sind deshalb die Bearbeitungszeiten tB und die Transportzeiten tT für alle Prozesse innerhalb der

Steuerungsschleife zu addieren, um die Wiederbeschaffungszeit zu erhalten.

Es sind immer Maximalzeiten anzusetzen oder entsprechende Sicherheitsaufschläge zu verwenden. Es ist nachvollziehbar

zu dokumentieren, welche Schwankungen explizit berücksichtigt sind und welche durch den Sicherheitswert abgedeckt sind.

So kann die unnötige Überdimensionierung durch mehrfaches Berücksichtigen von Sicherheiten vermieden werden.

1. Kanban (5)

Page 8: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Der Bestand am Verbrauchsort bei Auslösen des Nachschubs muss also mindestens betragen

BAuslöse = WBZmax * Verbrauch [Teile/Min]

Zu Bestimmung des Verbrauchs muss ggf. die Verbaurate, die maximale Anzahl Teile pro Takt etc. berücksichtigt werden.

Die Anzahl der Kanbankarten AKanbankarten ergibt sich aus der Teilemenge pro Behälter nBehälter.

AKanbankarten = aufrunden [BAuslöse/ nBehälter]

Wird der Nachschub erst bei Entnahme des letzten Teils aus dem Behälter ausgelöst, muss dieser Leerbehälter zusätzlich

berücksichtigt werden. Die Anzahl der Kanban-Karten erhöht sich dann um 1.

Was ist für den Planer noch zu beachten?

• Festlegung eines Kanbanverantwortlichen für den Kanbankreis: Hoheit über die Karten, Überwachung der Einhaltung der

Kanban-Regeln

• Nummerierung der Karten, um Verlust nachvollziehen zu können.

• Schulung der beteiligten Mitarbeiter: Sensibilisierung für die Bedeutung der Kanban-Karten und die Einhaltung der Kanban-

Regeln

• Regelmäßige Prüfung der Auslegung des Kanbankreises (d.h. im Wesentlichen die Zahl der Kanbankarten prüfen) alle

6-8 Wochen.

• Kanbankreis mit etwas mehr Karten im Umlauf starten und unter Beobachtung der Prozesse die Zahl der Kanbankarten

reduzieren. So können Unsicherheiten in der Anfangsphase abgefangen werden. Gleichzeitig wird Disziplin im Betrieb

eingefordert, wenn die Zahl der Kanbankarten nur so groß wie nötig ist.

1. Kanban (6)

Page 9: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Wird ein Prozessschritt durch „Im Fluss“ angesteuert, so bearbeitet er unmittelbar die Aufträge oder Waren, die er vom

vorgelagerten Prozessschritt erhält. Es handelt sich im eigentlichen Sinne um eine Fließfertigung, die zunächst nicht

taktgebunden ist. Ein regelmäßiger Arbeitstakt entsteht, wenn der erste der fließenden Prozesse in regelmäßigen Abständen

seine Aufträge erhält.

Für Prozesse, die „im Fluss“ arbeiten sollen, ist entscheidend,

• dass der vorgelagerte Prozess klar festgelegt ist und

• dass der Mitarbeiter weiß, dass der Lieferprozess seinen Auftrag

(evtl. auch sein Auftragslos) beendet hat, um direkt im Abschluss

weiterzuarbeiten. Dazu müssen sowohl Informations- als auch

Materialfluss definiert (und natürlich dokumentiert) sein.

Ein Prozess, der „im Fluss“ arbeitet, kann nur einen vorgelagerten Prozess haben. Es besteht deshalb auch die Möglichkeit,

die fließenden Prozessschritte als einen Gesamtprozess zu betrachten und zu planen (d.h. im Wertstromdesign auch nur

einen Prozesskasten zu zeichnen). Die bewusste Umsetzung von „Im Fluss“ bietet sich jedoch an, um eine deutlichere

Abgrenzung der einzelnen Funktionen zu erzielen und die einzelnen Tätigkeiten (inkl. der Informations- und Materialübergabe

zwischen den Prozessschritten) konkret zu planen.

Unabhängig von der Betrachtungsweise können die Prozessschritte von einem Mitarbeiter oder von verschiedenen

Mitarbeitern durchgeführt werden. Auch wenn ein Mitarbeiter mehrere Prozessschritte nacheinander durchführt, ist die

Auftragslosgröße festzulegen, um Fluss zu erzielen sollte diese möglichst klein gewählt werden. Gleichzeitig ist (v.a. aus Sicht

des Werkers) eine sinnvolle Losgröße zu bestimmen, um bewussten Abweichungen vom Standardablauf entgegenzuwirken.

2. Im Fluss

Page 10: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Go See bezeichnet eine Steuerung bei der der Mitarbeiter „nach Gefühl“ arbeitet. Er entscheidet selbständig ohne feste

Regeln, wann ein Auftrag z.B. ein Transport durchzuführen ist. Meist bündelt er dabei mehrere Aufträge, arbeitet also in selbst

festgelegten, veränderlichen Losgrößen. Diese Freiheiten des Mitarbeiters nimmt der Planer bei der Steuerung durch Go See

bewusst in Kauf, z.B. weil der Prozess unkritisch ist und selten oder sehr unregelmäßig auftritt, weil er auf die Kompetenz des

Mitarbeiters vertraut oder den Aufwand einer detaillierten Planung vermeiden will.

Festgelegt werden muss trotzdem, ob der Prozess nach Go See Push oder Pull arbeitet, d.h. ob er sich am nachgelagerten

(Pull) oder vorgelagerten Prozess (Push) orientiert.

Go See Pull:

Um eine Pull-Seuerung zu erhalten, muss der Eingangsbestand des

Kundenprozesses beobachtet werden. Es gilt sicherzustellen, dass der

nachgelagerte Prozess nicht warten muss, wenn ihm ein Auftrag vorliegt.

Der betrachtete Prozessschritt prüft also in Eigenregie regelmäßig, ob

ein (nicht näher bestimmter) Minimalbestand beim Kunden unterschritten ist,

und sorgt dann für die Nachlieferung.

Go See Push:

Beim Push-Prozess steht die Weiterbearbeitung der fertigen Aufträge

des vorgelagerten Prozessschritts im Mittelpunkt. Unabhängig vom Bedarf

des nachgelagerten Prozesses werden z.B. Transporte durchgeführt,

sobald Material beim vorgelagerten Prozess fertiggestellt ist.

Obwohl es sich um einen Push-Prozess handelt, sind keine übermäßigen

Bestände zu befürchten, wenn der vorgelagerte Prozess auf Basis des

tatsächlichen Bedarfes in der Prozesskette arbeitet.

Typisch ist diese Vorgehensweise für die Leergutentsorgung:

Bei Bedarf werden die leeren Behälter abtransportiert. Der Mitarbeiter entscheidet dabei selbst, wann ein (nicht näher

bestimmter) Maximalbestand erreicht ist und führt dann den Transport durch.

3. Go See Push/Pull

I Transport

I

I Tranport

I

Page 11: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Um Prozessschrítte unabhängig von anderen Prozessen anzusteuern, eignen sich

Einzelaufträge. Mindestens ein Prozess in der Kette erhält seine Aufträge über eine

zentrale Instanz, die die Kundenaufträge an die internen Prozesse weitergibt.

Wichtig ist, dass die Aufträge in sinnvollen (kleinen) Losgrößen und in sinnvollen

(kleinen) zeitlichen Abständen freigegeben werden. Sobald mehrere Aufträge über

kleine Mengen (Losgrößen) gleichzeitig vorliegen, geht das Gefühl für den Takt und

das Fließen der Prozesse verloren. Es wird vorgearbeitet, um alle vorhandenen

Aufträge zu erledigen.

Ziel muss es jedoch sein, Fluss zu erzeugen. Dies gelingt, wenn Aufträge in kleinen Losgrößen in regelmäßigen

Zeitintervallen beim Prozess eintreffen. Für die Mitarbeiter entsteht dann das Gefühl, einen Auftrag erledigen zu können bis

der nächste Auftrag eintrifft. Sie können gleichmäßig arbeiten und haben nach jedem Auftrag die Gewissheit, dass ihre

Arbeitsleistung ausreicht, um die geforderten Aufträge abzuarbeiten. Genau diese Sicherheit entsteht nicht, wenn immer

Aufträge da sind und ein nicht endender Stapel von Auftragszetteln abzuarbeiten ist.

Wird ein Prozessschritt über Einzelaufträge angesteuert, gewinnt man damit viele Möglichkeiten direkt auf den Prozess

einzuwirken. Trotzdem müssen im Betrieb die beschriebenen Rahmenbedingungen (Losgrößen und Zeitintervalle) eingehalten

werden.

Bei der Gestaltung der Auftragszettel o.Ä. sind die Hinweise bezüglich der notwendigen Informationen und der

Informationsdarstellung aus dem Leitfaden Fokus Mensch zu beachten.

4. Auftrag

Auftrag

Auftrag

Page 12: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Prozessschritte, deren Zykluszeiten auf einen gemeinsamen Takt ausgerichtet sind, können als verkettete Fließprozesse

arbeiten. In jedem von außen vorgegebenen Takt wird ein Auftrag ausgeführt und in den Eingangspuffer des nachfolgenden

Prozesses weitergegeben. Der Puffer ist als FIFO-Bahn ausgeführt und gleicht Verschiebungen und Unregelmäßigkeiten

zwischen den Prozessschritten aus. Sind die Prozessschritte gut aufeinander abgestimmt und ist die Fehlerquote sehr gering,

kann der Puffer zwischen den Prozessschritte vollkommen entfallen. Ein typisches Beispiel dafür ist das Montageband in der

Automobilindustrie.

Die getakteten Fließprozesse verhalten sich in Summe wie ein Prozess.

Mit jedem Auftrag, der am Anfang eingesteuert wird, verlässt am Ende ein

fertiger Auftrag den Prozess. In jedem Takt wird ein Auftrag fertiggestellt,

der die Prozesschritte vollständig durchlaufen hat. Nur der erste Prozess

in dieser Kette erhält einen Auftrag und dieser wird von Prozess zu Prozess

weitergegeben.

Da die Aufträge die Prozessschritte in der zu Beginn (d.h. mit dem ersten Prozessschritt) festgelegten Reihenfolge

durchlaufen, spricht man von einer stabilen Auftragsfolge oder einer Perlenkette. Um Planungssicherheit und Vorlaufzeit für

die zuarbeitenden Prozesse zu haben, wird ein stabiler Horizont festgelegt, d.h. eine feste Zeitspanne vor dem tatsächlichen

Bedarf für ein bestimmtes Teil innerhalb derer sich die Aufträge nicht mehr verändern oder verschieben dürfen.

Die Planung solcher Prozesse ist aufwändig. Im Betrieb sind Fehlerfreiheit und Prozesssicherheit äußerst wichtig. Werden

sehr kleine Losgrößen weitergegeben, reichen derartige Prozesse nahe an One-Piece-Flow heran. Um gezielt die

Kundennachfrage zu befriedigen, ist ausreichend Flexibilität der Prozessschritte auf Taktveränderungen (kürzer oder länger),

neue Varianten etc. sicherzustellen. Der Aufwand, der in der Planungsphase in die Austaktung etc. investiert wurde,

darf dabei kein Hemmnis für notwendige Anpassungen sein!

Durch Realisierung Überlappender Losfertigung kann auch bei größeren Losen Fließen erreicht werden. Hierbei werden die

Teile eines Loses kontinuierlich weitergegeben und dadurch von mehreren Prozessschritten gleichzeitig bearbeitet. Auf diese

Weise kann ein Kompromiss zwischen Rüstaufwand und fließenden Prozessen erzielt werden.

5. Verkettete Fließprozesse

Page 13: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Mit Hilfe eines Fahrplans oder eines festgelegten Takts kann ein Prozess zeitlich unabhängig vom vor- und nachgelagerten

Prozess angesteuert werden. Der Plan oder Takt legt fest, wann der Prozess das nächste Mal durchgeführt wird. Zusätzlich

muss der Prozessschritt wissen, welchen Auftrag er im nächsten Takt erfüllen soll, z.B. über eine Auftragsliste.

Bei Transportprozessen mit Fahrplan wie Logistikbus/Routenzug oder Milkrun

kann z.B. die von einem vorgelagerten Prozess bereitgestellte Ware transportiert

werden. Der genaue Auftrag ergibt sich dann für den Logistikbus aus dem

Fahrplan und der wartenden Ware. Muss der Fahrer die Entnahme der Ware

selbst durchführen, so muss er über die zu transportierende Ware über einen

Auftrag, Kanban-Karten etc. explizit informiert werden.

Der getaktete Prozess wird auf Basis des Fahrplans durchgeführt, er wartet nicht auf vor- oder nachgelagerte Prozesse

sondern agiert unabhängig. Er bearbeitet Aufträge in festem Takt und gibt diese im Anschluss an den Folgeprozess weiter. Je

nachdem wie der vorherige Prozessschritt angesteuert ist, unterstützt der getaktete Prozess Push oder Pull.

6. Fahrplan/getaktet

Page 14: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Prozesse, die nach dem Push-Prinzip arbeiten, können nicht auf die Kundennachfrage abgestimmt werden und nicht auf

Änderungen von Nachfrage, Bedarf oder Verbrauch reagieren.

Wenn der Bedarf aufgrund der Strategie Built-to-Stock über längere Zeit

in Sorte/Menge und/oder Zeitpunkt bekannt ist, kann auf die direkte Kopplung

zwischen Verbrauch und Nachlieferung verzichtet werden. Diese Kopplung

wird dann durch den Produktionsplan ersetzt, der eine hohe Auslastung der

Prozessschritteverfolgt und nicht die Befriedigung der Kundenwünsche

zum Ziel hat.

7. Push

Page 15: Fokus Prozess, Informationsfluss Steuerungsbausteinefml.mw.tum.de/leanlogwiki/images/4/48/Steuerungsbausteine.pdf · Kanban-Board Um Losgrößen für den Nachschub zu bündeln, kann

Münchener Lean Logistics Box

Auftrag