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Forschung für den ländlichen Raum - mlul.brandenburg.de · Brandenburg ist ländlich geprägt. Der ländliche Raum erfüllt vielfältige Funktio-nen als Natur-, Landschafts-, Kultur-,

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Forschen für den ländlichen Raum 1

Forschen für den ländlichen Raum

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2 Forschen für den ländlichen Raum

Forschen für den ländlichen Raum

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Forschen für den ländlichen Raum 3

Impressum

HerausgeberMinisterium für Ländliche Entwicklung,Umwelt und Verbraucherschutz (MLUV)

Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Heinrich-Mann-Allee 10314473 PotsdamTelefon: +49 (0)331 7237/-7017Fax: +49 (0)331 7018E-Mail: [email protected]:www.mluv.brandenburg.de

Für die Inhalte der Beiträge sind die Insti-tutionen verantwortlich.

Fotos (wenn nicht anders gekennzeichnet)

Stefan Günther Fotografie, Berlin

Layoutcrossmedia gmbh

Druckmöller druck und verlag gmbh

Gedruckt auf Recyclingpapier

Potsdam, 2009

Diese Druckschrift wird im Rahmen derÖffentlichkeitsarbeit der LandesregierungBrandenburg herausgegeben. Sie darfweder von Parteien noch von Wahlwer-bern zum Zwecke der Wahlwerbung ver-wendet werden. Untersagt ist gleichfallsdie Weitergabe an Dritte zum Zwecke derWahlwerbung.

Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers.

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Brandenburg ist ländlich geprägt. Derländliche Raum erfüllt vielfältige Funktio-nen als Natur-, Landschafts-, Kultur-,Wohn- und Erholungsraum, und er istWirtschafts- und Arbeitsraum. Dünn be-siedelte Räume bieten Ruhe, Weite undNaturnähe – Lebensqualität eigner Art undbesitzen damit auch spezielle Triebkräftefür eine eigenständige Entwicklung. Auchder ländliche Raum erlebt ständigenStrukturwandel und Innovationsdruck.

Globalisierung und demografischer Wan-del fordern die Wettbewerbsfähigkeit derländlichen Räume in hohem Maße heraus.Hinzu kommt der Klimawandel, der neueAnpassungsstrategien erfordert. Ge-braucht werden neue Ideen, neue Produk-te und Wertschöpfungsfelder, neue Wegezum Schließen von Stoffkreisläufen.

Der Charme des ländlichen Raums liegt inseiner Vielfalt und ähnlich vielfältig zeigt sichdie Forschung für den ländlichen Raum.

Die Palette der Forschungsthemen ist rie-sig. Deshalb kann auch die vorliegendeBroschüre lediglich einige Facetten derForschungslandschaft aufzeigen, ohneAnspruch auf Vollständigkeit oder gar aufeine Gewichtung der Themen. Wenn Siewissen wollen „who is who“ oder wo wer-den in unserer Region Fragen zum Klima-schutz, zum Ressourcenschutz, zur Öko-logie, zu Biodiversität, Rohstoffquellen,zum Verbraucherschutz oder zur Ernäh-rung bearbeitet, dann werden Sie daraufin der Broschüre Antworten finden.

Die historisch gewachsene Einheit derBerliner und Brandenburger Agrar- undUmweltforschung aufzuzeigen, ist einweiteres Anliegen der Broschüre. Vor 200Jahren kam der wissenschaftliche Fort-schritt in der Landwirtschaft aus demOderbruch. Albrecht Daniel Thaer, der1804 dem Ruf Friedrich Wilhelm III. nachPreußen gefolgt war, analysierte auf sei-nem Gut in Möglin neue Formen der Be-wirtschaftung und gründete hier einelandwirtschaftliche Lehranstalt, die 1819den Status Königlich-Preußische Akade-mie des Landbaus erhielt. 1810 gehörteAlbrecht Daniel Thaer zu den Gründungs-

professoren der Berliner Universität, derheutigen Humboldt-Universität.

Die enge Zusammengehörigkeit der Bran-denburger und Berliner Forschung leitetsich auch aus dem neuen Forschungsbe-darf ab. Als Beispiel dafür steht die ge-meinsame Initiative BioTOP, über die sie-ben Technologieparks, fünf Universitäten,drei Fachhochschulen und mehr als 20Forschungseinrichtungen auf dem Gebietder Lebenswissenschaften und Biotech-nologie miteinander verbunden sind. Mitder Gründung der Forschungsplattform„Ländliche Räume Berlin-Brandenburg“im April 2004 wurde ein weiteres Struktur-element geschaffen, das sich der nach-haltigen ländlichen Entwicklung widmetund dafür die Forschung von gegenwärtigsieben Berliner und vierzehn Brandenbur-ger Forschungseinrichtungen vernetzt.

Der ländliche Raum bietet großen Reich-tum an Ressourcen und ist die Grundlagefür die Lebensqualität des Gemeinwe-sens. Bereits Friedrich der Große bemerk-te euphorisch: „Die Landwirtschaft ist dieerste aller Künste; ohne sie gäbe es keineKaufleute, Dichter und Philosophen; nurdas ist wahrer Reichtum, was die Erdehervorbringt.“

Diese Erkenntnis von damals erlangt heu-te angesichts des Ressourcenhungers derMenschheit eine neue Dimension. FossileRohstoffe stehen nur begrenzt zur Verfü-gung. Das dringt mehr und mehr in dasBewusstsein einer breiten Öffentlichkeit.Zugleich steigt weltweit die Nachfragenach Energie und Rohstoffen. Deren Ver-knappung führt zu steigenden Weltmarkt-preisen und wachsenden Verteilungs-kämpfen. Hinzu kommt, dass der zuneh-mende Verbrauch fossiler Rohstoffe miteinem Anstieg des klimaschädlichen Koh-lendioxidausstoßes verbunden ist. Schonspricht man von einer notwendigen Roh-stoffwende. Neue Energie- und Stoffquel-len müssen erschlossen werden. EnormePotenziale bieten dafür die forst- undlandwirtschaftlich erzeugten Biomassen.Zukünftig wird damit für den ländlichenRaum ein außerordentliches Entwick-lungspotential verbunden sein.

4 Forschen für den ländlichen Raum

Forschen für den ländlichen Raum

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Ministerium für Ländliche Entwicklung,Umwelt und Verbraucherschutz

Die Darlegungen der Forschungsergeb-nisse in dieser Broschüre sind vielgestal-tig, interessant und aufschlussreich. Siereichen von der Landwirtschaft und Land-technik, über Waldanbau und Waldökolo-gie, Gewässerschutz bis hin zur Milchana-lyse, Honigbiene, Fischzucht, Tierhaltung,Behandlung von Tierkrankheiten und nichtzu vergessen, der Pflanzenzucht für einereichhaltige Ernährung, aber auch für dieenergetische und stoffliche Verwertungvon Biomasse.

Zukunftsfähige Politik für den ländlichenRaum muss im Wesentlichen drei Zieleverfolgen: Allen Brandenburgern die rei-chen natürlichen Gegebenheiten des Lan-des bewusst machen, zukünftige Ent-wicklungen rechtzeitig vorhersehen sowie

lokale Akteure und Innovationen im ländli-chen Raum unterstützen. In allen drei The-menbereichen ist die Forschung gefragtund diese drei Facetten der Brandenbur-ger Forschungslandschaft stehen auch imFokus dieser Broschüre.

Dr. Dietmar WoidkeMinister für Ländliche Entwicklung,

Umwelt und Verbraucherschutzdes Landes Brandenburg

Forschen für den ländlichen Raum 5

Minister für LändlicheEntwicklung,

Dr. Dietmar Woidke, im Gespräch mit

Dr. Rainer Höfgen (rechts),Forschungskoordinator am

Max-Planck-Institut für Molekulare

Pflanzenphysiologie

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6 Forschen für den ländlichen Raum

Inhalt

Übersicht Forschungseinrichtungen und Forschungsstandorte..............................8

Bund-Länder-EinrichtungenATB Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. ........................................12

DIfE Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke ......................20

GFZ Deutsches GeoForschungsZentrum Helmholtz-Zentrum Potsdam ....................26

IGB Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei im FV Berlin e.V.........34

IGZ Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren/Erfurt e.V. ..........38

IRS Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung e.V.........................44

IZW Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung im FV Berlin e.V...........................48

JKI Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen ........................54

MPI-MP Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie ..............................58

PIK Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V. ....................................................64

vTI Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei ..........................70

ZALF Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e.V...........................................74

MehrländereinrichtungenFIB Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften e.V. Finsterwalde ....................84

IfB Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam-Sacrow ..................................................88

IFN Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V. ................92

LIB Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. ........................................96

MLUA Milchwirtschaftliche Lehr- und Untersuchungsanstalt Oranienburg e.V. ........100

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Forschen für den ländlichen Raum 7

Ministerium für Ländliche Entwicklung,Umwelt und Verbraucherschutz

Universitäten und FachhochschulenBTU Brandenburgische Technische Universität Cottbus ..........................................106

FHE Fachhochschule Eberswalde ..............................................................................112

FHL Fachhochschule Lausitz......................................................................................116

FU Berlin Freie Universität Berlin, Fachbereich Veterinärmedizin ............................122

HU Berlin Humboldt-Universität zu Berlin, Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät ..................................................................130

IASP Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der HU Berlin ..................134

TFH Wildau Technische Fachhochschule Wildau ......................................................138

UP Universität Potsdam..............................................................................................142

Viadrina Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) ..............................................146

ZTG Zentrum Technik und Gesellschaft an der Technischen Universität Berlin ........................................................................150

Spezialisierte InstitutionenBiopos Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V. ......................................154

GFS Gesellschaft zur Förderung der Solarenergienutzung e.V. ..................................158

GTS Gesellschaft für ökologische Technologie und Systemanalyse e.V. ..................160

IaG Institut für angewandte Gewässerökologie GmbH ..............................................164

IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH ..............................................................170

IVPT Institut für Veterinär-Pharmakologie und Toxikologie GmbH ............................176

LAGF Lehranstalt für Gartenbau und Floristik Großbeeren e.V. ................................178

LFE Landesforstanstalt Eberswalde ..........................................................................180

LVAT Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. ..........................186

PROTEKUM Umweltinstitut GmbH Oranienburg ......................................................188

W.I.E. Waldkunde-Institut Eberswalde GmbH ..........................................................190

Netzwerke und TechnologieparksBiotechnologiepark Luckenwalde ............................................................................194

Biotech Campus Potsdam GmbH ............................................................................198

BioTOP Berlin-Brandenburg ......................................................................................202

Forschungsplattform „Ländliche Räume Berlin-Brandenburg“................................204

Netzwerk Weiße Biotechnologie Berlin-Brandenburg................................................208

TGW Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz GmbHNEMO-Netzwerk Biokonversion..................................................................................210

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................214

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01

8 Forschen für den ländlichen Raum

ATB Leibniz Institut für Agrartechnik

Potsdam-Bornim e.V.

DIfE Deutsches Institut für

Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

GFZ Deutsches GeoForschungsZentrum

Helmholtz-Zentrum Potsdam

IGB Leibniz-Institut für Gewässerökologie und

Binnenfischerei im FV Berlin e.V.

IGZ Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau

Großbeeren/Erfurt e.V.

IRS Leibniz-Institut für Regionalentwicklung

und Strukturplanung e.V. (Erkner)

IZW Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung

im FV Berlin e.V.

JKI Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut

für Kulturpflanzen (Kleinmachnow, Belin-Dahlem)

MPI-MP Max-Planck-Institut

für Molekulare Pflanzenphysiologie (Potsdam, Golm)

PIK Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V.

vTI Johann Heinrich von Thünen-Institut,

Bundesforschungsinstitut für Ländliche

Räume, Wald und Fischerei (Eberswalde)

ZALF Leibniz-Zentrum für

Agrarlandschaftsforschung e.V. (Müncheberg)

FIB Forschungsinstitut für

Bergbaufolgelandschaften e.V. (Finsterwalde)

IfB Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam, Sacrow

IFN Institut für Fortpflanzung

landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V.

LIB Länderinstitut für Bienenkunde

Hohen Neuendorf e.V.

MLUA Milchwirtschaftliche Lehr- und

Untersuchungsanstalt Oranienburg e.V.

BTU Brandenburgische

Technische Universität Cottbus

FHE Fachhochschule Eberswalde

FHL Fachhochschule Lausitz (Cottbus und Senftenberg)

FU Berlin Freie Universität Berlin

Fachbereich Veterinärmedizin

HU Berlin Humboldt-Universität zu Berlin

Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät

IASP Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte

an der HU Berlin

TFH Technische Fachhochschule Wildau

UP Universität Potsdam

Viadrina Europa-Universität

Viadrina Frankfurt (Oder)

ZTG Zentrum Technik und Gesellschaft an der

Technischen Universität Berlin

Biopos Forschungsinstitut

Bioaktive Polymersysteme e.V. (Teltow)

GFS Gesellschaft zur Förderung

der Solarenergienutzung e.V. Frankfurt (Oder)

GTS Gesellschaft für ökologische Technologie und

Systemanalyse e.V. (Wilhelmshorst)

IaG Institut für angewandte

Gewässerökologie GmbH (Seddin)

IGV Institut für Gertreideverarbeitung

GmbH (Bergholz-Rehbrücke)

IVPT Institut für Veterinär-Pharmakologie und

Toxikologie GmbH (Bernau)

LAGF Lehranstalt für Gartenbau und Floristik

Großbeeren e.V.

LFE Landesforstanstalt Eberswalde

LVAT Lehr- und Versuchsanstalt für

Tierzucht und Tierhaltung (Ruhlsdorf)

PROTEKUM Umweltinstitut GmbH Oranienburg

W.I.E. Waldkunde-Institut Eberswalde GmbH

Biotechnologiepark Luckenwalde

Biotech Campus Potsdam GmbH

BioTOP Berlin-Brandenburg

Forschungsplattform „Ländliche Räume

Berlin-Brandenburg“ (Müncheberg)

Netzwerk Weiße Biotechnologie

Berlin-Brandenburg (Luckenwalde)

TGW Technologie- und Gewerbezentrum

Prignitz GmbH (Wittenberge)

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Forschungseinrichtungen

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Forschen für den ländlichen Raum 9

Barnim

Prignitz

Havelland

Oberhavel

Uckermark

Oder-Spree

Elbe-Elster

Spree-Neiße

Dahme-SpreeTeltow-Fläming

Märkisch-Oderland

Potsdam-Mittelmark

Ostprignitz-Ruppin

Brandenburg a. d. Havel

Cottbus

Frankfurt (O)

Potsdam

Ober-Spree-wald

Lausitz

Berlin

Oranienburg

Hohen-Neuendorf

Eberswalde

MünchebergErkner

Wildau

Luckenwalde

Senftenberg

Finsterwalde

Wittenberge

SeddinBergholz-Rehbrücke

WilhelmshorstGroßbeeren

Schönow

Bernau bei Berlin

Ruhlsdorf

TeltowKlein-

machnow

43

28

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27

25242322212019

050403

01

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171615

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02

09 10

1314

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Einrichtungen

Stand: November 2008Kartografie: LUA, GIS-ZentraleVerwendung der Datengrundlage mit Genehmigung der Landesver-messung und Geobasisinformation Brandenburg GB-G I/99.

0 10 20 30 40 50km

Landesgrenze

Kreisgrenze

Einrichtung mit Nummer01

Bund-Länder-Einrichtungen

Mehrländereinrichtungen

Universitäten und Fachhochschulen

Spezialisierte Institutionen

Netzwerke und Technologieparks

Forschungsstandorte

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Messung spektraler Reflexionsdaten von Pflanze und Boden am GFZ Potsdam

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Forschen für den ländlichen Raum 11

„Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen.“Benjamin Franklin (1706 – 1790), amerikanischer Naturwissenschaftler und Politiker

Bund-Länder-Einrichtungen

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12 Forschen für den ländlichen Raum

Das Leibniz-Institut für Agrartechnik Pots-dam-Bornim e.V. (ATB) ist eine gemeinsamvom Bund und dem Land Brandenburg ge-tragene Forschungseinrichtung. Aufgabedes Instituts ist es, mit Methoden anwen-dungsorientierter GrundlagenforschungVerfahren und Technik für eine wirtschaft-lich effiziente und nachhaltige Landbewirt-schaftung zu entwickeln und innovativeLösungen für die Wirtschaft im ländlichenRaum und für die Industrie bereitzustellen.

Die Forschungsaktivitäten konzentrierensich auf die Entwicklung umweltverträgli-cher und wettbewerbsfähiger landwirt-schaftlicher Produktionsverfahren, auf dieQualität und Sicherheit von Lebens- undFuttermitteln sowie auf nachwachsendeRohstoffe und Energie im ländlichenRaum. Dabei ist die Nutzung von Sensor-und Informationstechnik zur komplexenSteuerung und Dokumentation von Pro-zessabläufen von zentraler Bedeutung,künftig auch verstärkt im Bereich der Pro-duktsicherheit und Rückverfolgbarkeit vonNahrungsmitteln. Gleichzeitig kommt derAnwendung biotechnologischer Wirkprin-zipien, zum Beispiel zur Erzeugung hoch-

wertiger Energieträger aus Biomasse, einewichtige Rolle zu. Natur-, Ingenieur-, Wirt-schafts- und Sozialwissenschaften wirkenam ATB stets eng zusammen. Die For-schung trägt den zum Teil sehr unter-schiedlichen Erwartungen des Verbrau-cher-, Tier- und Umweltschutzes Rech-nung. Insbesondere der Klimawandel undder sich abzeichnende Strukturwandel inder Landwirtschaft stellen die agrartechni-sche Forschung vor neue Herausforde-rungen. Mit seinen Forschungsarbeitengreift das Institut aktuelle wissenschaftli-che Fragestellungen auf und trägt zumpraktischen Beratungs- und Unterstüt-zungsbedarf für Politik, Industrie, Land-wirtschaft und Gartenbau bei.

Kooperationen und NetzwerkeDas ATB arbeitet intensiv mit Universitä-ten, Hochschulen, außeruniversitären For-schungseinrichtungen im In- und Auslandzusammen, z. T. auf Basis langjährigerRahmenvereinbarungen. Die FuE-Zusam-menarbeit mit Unternehmen der klassi-schen Landmaschinenindustrie und neuerTechnologiebereiche hat die Erarbeitung

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB)

Wissenschaftlicher Direktor Prof. Dr. Reiner Brunsch

VerwaltungsleiterinDr. Uta Tietz

Mitarbeiter170

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V.

Max-Eyth-Allee 10014469 Potsdam

Tel.: +49 (0)331 5699-0Fax: +49 (0)331 5699-849

[email protected]

Hauptgebäude des ATB

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 13

praxisnaher Lösungen, deren Verifizierungund den Transfer der Forschungsergeb-nisse zum Ziel. Das Institut verfügt überkeinen eigenen landwirtschaftlichen Ver-suchsbetrieb und kooperiert deshalb engmit Praxisbetrieben und Verarbeitern inLandwirtschaft und Gartenbau. Dank derengen Vernetzung mit Forschung undWirtschaft – vor allem auf regionaler Ebe-ne – können Ressourcen effizienter ge-nutzt und der Technologie- und Wissens-transfer gezielt befördert werden.

Geschichte des InstitutsAm heutigen Standort des ATB befandsich bis Mitte des letzten Jahrhundertsdas Gebäudeensemble der Domäne Bor-nim. König Friedrich Wilhelm IV. hatte dieDomäne in den 40er Jahren des 19. Jahr-hunderts neu einrichten lassen.

Die von Ludwig Persius entworfenen Bau-ten und die von Peter Joseph Lenné ge-staltete Feldflur bildeten eine harmonischeVerbindung von Landschaft, Architekturund Landwirtschaft. 1927 wurde die Do-mäne Bornim zum Versuchsgut für Land-arbeit der Landwirtschaftlichen Hochschu-le zu Berlin. Parallel dazu entstand 1929 inBornim das erste „Schlepper-Prüffeld“ inDeutschland. Es schuf die wissenschaftli-chen Grundlagen für die Entwicklung undEignungsprüfung von Traktoren.

Aus beiden Einrichtungen ging 1933 dieselbständige Preußische Versuchs- undForschungsanstalt für Landwirtschaft her-vor. In den Nachkriegswirren des Jahres1945 kam es zu einem verheerendenBrand, dem das historische Gebäudeen-semble zum Opfer fiel.

Unter Leitung von Prof. Sylvester Roseg-ger wurde das Institut für Landtechnik,wie es seit 1952 offiziell hieß, bis Anfangder 60er Jahre völlig neu aufgebaut. 1992ist das Gründungsjahr des heutigen Leib-niz-Instituts für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. – ein Ergebnis der ersten po-sitiven Evaluierung durch den Wissen-schaftsrat. Heute zählt das ATB zu denführenden agrartechnischen Forschungs-stätten in Europa.

Organisation der Forschung

Die Fachabteilungen des ATB halten diefachliche und methodische Kompetenz imjeweiligen Wissensgebiet vor und entwi-ckeln diese weiter. Dazu zählen:Bioverfahrenstechnik: Mikro- und Moleku-larbiologie, Biokonversion, Biogeochemie,UmweltbioverfahrenstechnikTechnikbewertung und Stoffkreisläufe:Prozessgrundlagen und Zielsysteme, Be-wertung von Umweltwirkungen, ökonomi-sche Analysen, sozialwissenschaftlicheBegleitung, GesamtbewertungenTechnik der Aufbereitung, Lagerung undKonservierung: Strömungsmechanik, Kli-maregelung, thermische Verfahrenstech-nik, EnergieverfahrenstechnikTechnik im Pflanzenbau: bodenschonendeLandbewirtschaftung, Sensortechnik zurFelddatenerfassung, teilflächenspezifi-sche Bestandesführung, Informationsge-winnung und -managementTechnik in der Tierhaltung: Stallklimage-staltung, Emissionen und Immissionen,Haltungssysteme, Prozessdatenerfassung,Tier-/Umweltwechselwirkungen, Melktech-nik, Rheologie und Fördertechnik Technik im Gartenbau: physiologischeProdukteigenschaften, Sensortechnik, Kli-matechnik und Frischhaltung, Ernte undAufbereitung, Verfahrens- und Prozess-technik, Arbeitsgestaltung und -systeme.

Die Komplexität der Forschungsaufgabenerfordert eine problemorientierte Heran-gehensweise und eine Bearbeitung durchinterdisziplinäre, in der Regel abteilungs-übergreifende Forschergruppen.

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB)

Beispiele regionaler Vernetzung

NEMO-Netzwerk EMiL-NET fürdie „Entwicklung vonMikrosystemtechnik fürinnovative Lebensmitteler-zeugung“ (gefördert durch BMWi)

Leibniz AGRI RESEARCH plus(Plattform für den Bereich der„Knowledge Based Bio-Economy“)

ForschungsplattformKlimawandel

LiteraturPreußische Versuchs- undForschungsanstalt für Landarbeitund das Schlepperprüffeld inBornim – 1927 bis 1945.Bornimer AgrartechnischeBerichte, Heft 7 (1995)

Institut für Landtechnik derDeutschen Akademie derLandwirtschaftswissenschaftenzu Berlin – 1951 bis 1965.Bornimer AgrartechnischeBerichte, Heft 24 (1999)

J. Hahn und J. Zaske (Hrsg.):Agrartechnik. Tradition –Sachstand – Visionen. 100 Jahreagrartechnische Lehre,Forschung und Prüfung in Berlinund Brandenburg. VDI Reihe 14Fortschritt-Berichte, Nr.113. VDI-Verlag, Düsseldorf (2003)

Historische Ansicht der Domäne Bornim

Abbildung: ATB

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14 Forschen für den ländlichen Raum

Forschungsprogramme

Ressourcenbewirtschaftung und KlimawandelDie Landwirtschaft nutzt die natürlichenRessourcen wie Boden, Wasser, Energieund die biologische Vielfalt. Dabei beein-flusst sie sowohl diese als auch das Klimawesentlich und vielschichtig. Die Landwirt-schaft als Mitverursacher des Klimawan-dels muss die Bewirtschaftung der Res-sourcen verstärkt auf die Reduzierung vonTreibhausgasemissionen ausrichten. Durchdie Bereitstellung von Biomasse für dieenergetische Nutzung kann sie aber aucherheblich zum Klimaschutz beitragen.Rückwirkend führt der Klimawandel zu Ver-änderungen der Beschaffenheit und Verfüg-barkeit von Ressourcen, an die sich dieLandwirtschaft anpassen muss. Ziel desForschungsprogramms ist es, Klima- bzw.Umweltwirkungen sowie sozioökonomi-sche Auswirkungen von Verfahren derLandbewirtschaftung zu bewerten. Die hier-für erforderlichen Prozessgrundlagen undMethoden werden entwickelt und übergrei-fende Systemzusammenhänge bearbeitet.

Untersuchungen von Stoffumsätzen und -transportprozessen richten sich verstärktauf den Anbau nachwachsender Rohstoffesowie auf optimierte Düngungsstrategien.Hier kann die Landwirtschaft einen Beitragzur Senkung klimarelevanter Emissionen(CO2, CH4, N2O) leisten. Das Ziel ist einehohe Biomasseproduktion und damit ver-bundene C-Sequestrierung bei gleichzei-tig geringer Umweltbelastung. Die For-schung beinhaltet auch die ökologischeund ökonomische Bewertung der Biomas-sebereitstellung auf betrieblicher und re-gionaler Ebene. Technisch und logistischrealisierbare, ökonomisch attraktive undökologisch verträgliche Biomassepfadefür einen Ausbau der energetischen undstofflichen Nutzung werden aufgezeigtund deren Etablierung unterstützt.

Weitere Schwerpunkte sind die Erarbei-tung von Konzepten für ein betrieblichesund regionales Wassermanagement, dieEntwicklung von Verwertungsstrategienfür Reststoffe und Abwässer sowie dieEnergiebilanzierung in der Tierhaltung.

Sensorgestützte Informationsgewinnung und InformationsmanagementZukunftsfähige Produktionsverfahren imPflanzenbau und in der Tierhaltung erfor-dern eine höhere Effizienz des Einsatzesan Betriebsmitteln. Ein bedarfsgerechterbzw. teilflächenspezifischer Einsatz von z. B. Dünge-, Pflanzenschutz-, Futtermit-teln und Wasser ist nur realisierbar, wenndie natürliche Variabilität von Boden,Pflanzen und Tieren in den Produktions-verfahren berücksichtigt wird. Mit Hilfegeeigneter Sensoren sowie eines effekti-ven Datenmanagements lassen sich rele-vante Boden-, Pflanzen- und Tierparame-ter in ausreichender räumlicher und zeitli-cher Dichte erfassen, um die Verfahrenentsprechend gestalten zu können. Sen-sortechnische Lösungen werden für dieNutzung im Agrarbereich angepasst bzw.entwickelt und anschließend praxisnah er-probt. Die Bewertung der produktions-technischen und ökonomischen Effektedes Technikeinsatzes und nicht zuletzt derAuswirkungen auf die Umwelt und dieTiergesundheit ist elementar für die weite-re Entwicklung der Präzisionslandwirt-

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB)

Ressourcenbewirtschaftung und Klimawandel

KontaktPD Dr. rer. agr. Annette Prochnow Abteilung Technikbewertung undStoffkreislä[email protected]

ProjekteBiomasse für SunFuel(Volkswagen AG, Land-wirtschaftsministerienNiedersachsens undBrandenburgs)

Ökologische Optimierung derProduktion und energetischenNutzung von Biomasse –Natur- und raumverträglicherAusbau energetischerBiomassepfade –SUNREG2 (DBU)

SensorgestützteInformationsgewinnung undInformationsmanagement

KontaktDr.-Ing. Detlef Ehlert Technik im [email protected]

ProjekteDetektion von Mykotoxinbildenden pilzlichenSchaderregern an derGetreideähre – ProSenso.net2(BMBF/PtJ)

TeilflächenspezifischeGrunddüngung (DBU)

Ein am ATB entwickeltes Lasersensorsystem erfasst dieörtlich ausgebildete Pflanzenmassedichte.

Foto: ATB

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Forschen für den ländlichen Raum 15

schaft und des Präzisionsgartenbaus. An-wendungsbeispiele sind die sensorge-stützte Detektion von pilzlichem Schader-regerbefall in Getreidebeständen und dieberührungslose Erfassung der Bestan-desdichte zur Steuerung von Applikati-ons- und Erntetechnik. Darüber hinauswerden Möglichkeiten einer automatisier-ten und gegebenenfalls autonomen Infor-mationsgewinnung entwickelt, um künftigden Arbeitsaufwand in der Produktion re-duzieren zu können.

Umweltverträgliche und tiergerechte Haltung von Nutztieren Vor dem Hintergrund des erwarteten Kli-mawandels zählt die Minderung der Emis-sionen aus der Tierhaltung zu den primä-ren Zielen. Hauptsächlich untersucht wer-den Ammoniak, Methan und Lachgas,Gerüche und Lärm. Ausbreitungsverhal-ten und stallnahe Immissionen werden er-fasst, um das Belastungspotenzial für be-nachbarte Ökosysteme und Bewohnerabzuschätzen und daraus Ansätze für um-weltschonendere Produktionsverfahrenabzuleiten.

Auch die Haltungsverfahren müssen wei-terentwickelt werden. Beispielsweise sindStallgebäude und Haltungstechnik an dif-ferenzierte Produktionsintensitäten undklimatische Bedingungen anzupassen.

Die Notwendigkeit einer tiergerechterenVerfahrensgestaltung zeigt sich u. a. in derMilchviehhaltung. Trotz zahlreicher techni-scher Verbesserungen stellt der maschi-nelle Milchentzug für das Tier eine physio-logische Belastung dar. Forschungsaufga-be am ATB ist es, die beim Melken auf dasEuter einwirkenden Kräfte zu quantifizie-ren und das Melkzeug hinsichtlich der be-lastenden Technikkomponenten zu analy-sieren. Die Ergebnisse bilden die Basis fürkonstruktive Verbesserungen am Melk-zeug. Vielversprechend ist die technischeWeiterentwicklung der sogenannten vier-telindividuellen Melksysteme, die zudemmit Sensoren zur Überwachung der Euter-gesundheit ausgestattet werden sollen.Auch die Belastungen des Melkpersonalsstehen im Forschungsfokus: ergonomi-sche Untersuchungen tragen dazu bei, siezu reduzieren.

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB)

Umweltverträgliche und tiergerechte Haltung von Nutztieren

KontaktDr. Werner Berg Technik in der [email protected]

ProjekteReduzierung von gasförmigenEmissionen aus derRinderhaltung (BMELV)

Pump- und Abscheidetechnik fürhochviskose,fremdkörperbelasteteSuspensionen (BMWi/AiF)

Entwicklung einer zentralenOnline-Analyse- undSteuerungseinheit zurMilchgewinnung – OASE (BLE)

Neue euterschonende Melktechnik entlastet auch denMelker

Messung der Emissionen aus der Tierhaltung (Messstationmit Windmast in Storkow).

Foto: ATB

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16 Forschen für den ländlichen Raum

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB)

Qualitätssicherung bei leichtverderblichen Produkten Höchste Qualität und Sicherheit leichtver-derblicher Produkte in der Nachernte sindzentrale Forschungsziele am ATB. Dabeigeht es um die Entwicklung innovativerProduktionskonzepte sowie um die Weiter-entwicklung und Bewertung bewährtertechnischer Verfahren und Prozesse. Be-trachtet wird dabei stets die gesamte Wert-schöpfungskette – vom Feld bis zum Ver-braucher. Im Blickpunkt stehen leichtver-derbliche Produkte wie Obst, Gemüse undKartoffeln, aber auch Milch und Fleisch.

Frisches Obst und Gemüse – ob Apfeloder Zuckerhut – sind lebende Produkte.Sie entwickeln sich nach der Ernte weiterund verderben meist rasch. Kennt mandas spezifische Verhalten z. B. von Äpfelngegenüber äußeren Einflüssen genau, las-sen sich messbare – und damit objektive –Qualitätskriterien definieren. Die Ergebnis-se werden direkt zur Verbesserung verfah-renstechnischer Nachernteprozesse ge-nutzt. Sie liefern auch die Basis für mikro-systemtechnische Entwicklungen der In-dustrie.

Um Qualitätsverlusten vorzubeugen,müssen die Abläufe in der gesamtenProduktions- und Handelskette optimalauf das jeweilige Produkt abgestimmtsein. Eine wesentliche Aufgabe ist dieAnpassung und Optimierung von Sen-sorsystemen zur kostengünstigen, nichtdestruktiven und schnellen Qualitäts-und Sicherheitsanalyse. Integriert in die Lebensmittelkette können diese opti-mal zur Qualitätskontrolle genutzt wer-den. Sie erhöhen die Produktsicherheitund verbessern die Rückverfolgbarkeit.Mikroorganismen können insbesonderebei empfindlichen Lebensmitteln wieObst, Gemüse, Milch oder Fleisch großeVerluste verursachen. Ziel ist es, durchden Einsatz verschiedener mikro- undmolekularbiologischer Nachweisverfah-ren den Befall mit mikrobiellen Verderb-und Schaderregern kontinuierlich zu de-tektieren. Die Anwendung neuartiger phy-siko-chemischer Methoden zur Stabilisie-rung, z. B. die Behandlung mit UV-C, Essigsäure, Ozon, Chlor oder Nieder-temperatur-Plasma, soll den Verderbdeutlich reduzieren und auch das Ge-sundheitsrisiko für die Verbraucher durch

Qualitätssicherung bei leichtverderblichenProdukten

Kontakt Dr. agr. Martin Geyer Technik im [email protected]

Projekte Integrating Safety andEnvironment Knowledge In Foodtowards European SustainableDevelopment – ISEKI_Food 2 (EU)

Highly Efficient Sensors for Perishable fruitproducts to Evaluate the Role andImpact of technologies onnutritional Damage and Elaborateoptimising Strategies –HESPERIDES (DFG)

ProzessbegleitendeCharakterisierung vonLebensmitteln auf BasismikrosystemtechnischerDetektorvarianten – FreshScan(VDI/VDE Innovation + TechnikGmbH)

Nutzung innovativerSensortechnologien undganzheitlicherBewertungsmodelle in derProduktionskette vonpflanzlichen Lebensmitteln –PSn2 (BMBF/PtJ) Analyse von Nachernteprozessen bei Gemüse

Reifebestimmung mit Hilfe optischer Verfahren

Foto: ATB

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Forschen für den ländlichen Raum 17

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB)

Qualitätssicherung bei Futtermitteln

KontaktDr.-Ing. Jochen MellmannTechnik der Lagerung,Aufbereitung und [email protected]

Projekte Wissenschaftliche Grundlagen fürEntwicklung und Erprobung einerGetreidezerkleinerungs-maschine (BMWi/AiF)

Entwicklung eines zurProzesskontrolle geeigneten In-line-Mikrowellen-Getreidefeuchtesensors –ProSenso.net2 (BMBF/PtJ)

Optimierung von Trocknungsverfahren für Arznei-und Gewürzpflanzen hinsichtlichEnergieeinsatz, Wirtschaftlichkeitund Produktqualität –Flächentrocknung (BMELV/FNR)

humanpathogene Keime minimieren. DieEntwicklung neuer Verfahren, beispiels-weise zur produktschonenden und was-sersparenden Gemüsewäsche, zielt da-bei stets auch auf die Schonung der na-türlichen Ressourcen.

Sensible Produkte erfordern nach wievor viel Handarbeit. Die Arbeitsplätze indiesem Umfeld sind häufig wenig entwi-ckelt und werden daher hinsichtlichQualität der Arbeit, Leistung undmenschlicher Belastung untersucht undweiterentwickelt.

Qualitätssicherung bei FuttermittelnEine hohe Futterqualität ist elementar fürdie Tiergesundheit und Voraussetzungfür hochwertige Lebensmittel tierischenUrsprungs. Bei der Trocknung und Lage-rung von Agrarprodukten kommt es trotzzum Teil weit entwickelter Konservie-rungsmethoden immer wieder zu Quali-tätseinbußen und damit zu ökonomi-schen Verlusten. Ursachen sind häufigdie Bildung von Schimmelpilzen und To-xinen, thermische Schädigungen oder

der Verlust an wertbestimmenden In-haltsstoffen – hervorgerufen durch feh-lerhafte Behandlung.

Die Forschungsarbeiten konzentrierensich auf die Optimierung der Prozesse imNacherntebereich, insbesondere auf dieEntwicklung neuer und die Optimierungbestehender thermischer Verfahren zurenergieeffizienten, umweltverträglichenund produktschonenden Konservierung.Mathematische Modelle zur Wärme- undStoffübertragung in der bewegten Getrei-deschüttung sowie die Entwicklung einesneuartigen, mikrowellenbasierten Sensor-systems zur Inline-Messung der Gutfeuch-te bilden die Grundlagen für die Weiterent-wicklung und Erprobung einer optimiertenRegelung für Getreide-Schachttrockner.Ein weiterer Anwendungsbereich ist dieTrocknung von Sonderkulturen, z. B. Arz-nei- und Gewürzpflanzen. Ziel ist die Opti-mierung eines neuen Flächentrocknungs-verfahrens mit kombinierter Wärmepum-pen- und Gasbeheizung, das für verschie-dene Pflanzenarten nutzbar sein soll.

Futtergetreide und Grüngut werden häu-fig feucht konserviert. Untersucht wer-den u. a. Verfahren zur Feuchtgetreide-Zerkleinerung, Maßnahmen zur Gutver-dichtung und der Einsatz von Silierhilfs-mitteln bei der Silierung von Gras. Inno-vative Sensoren, die am ATB beispiels-weise zur Detektion von Schimmelpilzenund Mykotoxinen sowie zur Inline-Mes-sung der Gutfeuchte in der Nachernteentwickelt werden, können künftig für er-höhte Produktsicherheit sorgen und zueiner verbesserten Prozesskontrolle undRückverfolgbarkeit beitragen.

Stoffliche Nutzung nachwachsender RohstoffeDie Nutzungsmöglichkeiten nachwachsen-der Rohstoffe sind sehr vielfältig. Insbe-sondere für die Gewinnung von Chemika-lien, Synthesebausteinen, Polymeren undWerkstoffen bergen sie großes Potenzial. Inder chemischen Industrie werden gegen-wärtig bereits ca. 10 % biogene Rohstoffeeingesetzt. Mit Hilfe biotechnologischerVerfahren lassen sich aus Pflanzeninhalts-stoffen z. B. Basischemikalien für die wei-

Energieeffiziente Trocknungstechnik für Arznei- undGewürzpflanzen

Foto: ATB

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18 Forschen für den ländlichen Raum

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB)

tere Verarbeitung zu Biokunststoffen ge-winnen. Die fermentative Stoffwandlungsteht daher gegenwärtig im Fokus von For-schung und Entwicklung. Mit der am ATBentwickelten kontinuierlichen Fermentationvon Stärke zu Milchsäure soll ein Verfahrenzur Praxisreife geführt werden, dessenmögliche Produktivität weit über dem kon-ventioneller batch-Verfahren liegt. Um estechnologisch beherrschen zu können,werden Kenntnisse über die Kinetik dieserProzesse benötigt. Die erforderlichenGrundlagen erstrecken sich von der Roh-stoffaufbereitung über die mikrobielleStoffwandlung bis hin zur Produktabtren-nung, -reinigung und -aufarbeitung. Gro-ßes Potenzial bietet auch die Produk tionund Verarbeitung von Naturfasern. Genutztwerden sie hauptsächlich in Faserverbund-werkstoffen und für die Herstellung vonDämm- und Baustoffen. Die gegenwärtigexistierenden Aufschlussanlagen für Natur-fasern arbeiten jedoch unwirtschaftlich.Außerdem genügt die Faserqualität oftnicht den Ansprüchen der Verarbeiter. Mitden neuartigen Verfahrenslinien der Ge-winnung von Fasern aus dem Erntegut

sowie der Aufbereitung und Verarbeitungvon Hanfkonservat werden am ATB neueVerfahren der Herstellung von Werkstoffenentwickelt und untersucht. Das Ziel isteine deutliche Verminderung der Verfah-renskosten und Anlageninvestitionen beiSicherung der Qualitätsanforderungen.Die Verfahren sind weitgehend witte-rungsunabhängig und lassen sich in dieProduktionsabläufe von Landwirtschafts-betrieben gut einpassen.

Am ATB sind beide Bereiche der stoffli-chen Verwertung nachwachsender Roh-stoffe bereits im Stadium von Pilotanlagenangesiedelt. Die Bearbeitung vollständi-ger Verfahrenslinien – vom Rohstoff zumProdukt – ermöglicht neben der Grundla-genforschung eine praxisnahe Prozess-optimierung und die Bereitstellung vonProduktmustern für spezifische Anwen-dungen. Im Sinne möglichst geschlosse-ner Stoffkreisläufe werden die bei derMilchsäureherstellung aus Roggen anfal-lenden Reststoffe bereits mit Erfolg alsnatürliche Bindemittel für die Faserverar-beitung eingesetzt.

Herstellung von Milchsäure aus stärkehaltiger Biomasse ineiner ATB-Pilotanlage

Stoffliche Nutzungnachwachsender Rohstoffe

Kontakt Dr.-Ing. Joachim [email protected]

Netzwerke und ProjekteLänderübergreifendeZukunftsinitiative „Biomasse-basierte Stoffproduktion Deutschland Ost“

Innovationsforum „Bioraffinerienund Biobasierte IndustrielleProdukte“ (BMBF)

Herstellung von Verbundwerkstoffen unter Verwendung von Holz, Hanf undGewebeeinlagen auf Hanfbasis(BMELV/FNR)

Voraussetzungen undRahmenbedingungen derAnlagenindustrialisierung für dieFaseraufbereitung (BMELV/FNR)

Vom Rohstoff zur fertigen Bauplatte: Verarbeitung vonHanfpflanzen in der ATB-Pilotanlage

Foto: ATB

Foto: ATB

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Forschen für den ländlichen Raum 19

Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim e.V. (ATB)

Erzeugung und Nutzung von Bioenergieträgern Die Produktion und Aufbereitung von Bio-masse eröffnet dem Landwirt neue Mög-lichkeiten der Einkommenssicherung.Eine verstärkte Nutzung von Bioenergie-trägern, die aus organischen Reststoffenoder als Energiepflanzen bereitgestelltwerden können, trägt auch bei zur Redu-zierung der CO2-Emissionen.

Offen ist bislang, welche der etwa 60 inFrage kommenden Energiepflanzenartenakzeptable Energieerträge bei geringemAufwand und hoher Umweltverträglichkeitgewährleisten. Ziel der Forschung ist dieIdentifikation energieeffizienter, umweltver-träglicher und kostengünstiger Energie-pflanzenarten und Produktionsverfahren.Der Schwerpunkt liegt dabei auf Energie-pflanzen, die für die Biogasproduktion ge-eignet sind, sowie auf schnell wachsendenBaumarten für die Kraftstoffgewinnung.Für schnell wachsende Gehölze wird ander Optimierung der Erntetechnologie ge-arbeitet und die Möglichkeiten verlustar-mer und hygienischer Lagerung von Holz-

hackschnitzeln untersucht. Ein weitererSchwerpunkt ist die Entwicklung optimier-ter Anbausysteme für Energiepflanzen un-ter verschiedenen StandortbedingungenDeutschlands.

Zunehmend werden nachwachsende Roh-stoffe für die Biogaserzeugung eingesetzt.Der Einsatz energiereicher Substrate stellthöhere Anforderungen an die Prozesskon-trolle als bei der traditionellen Biogasgewin-nung aus Gülle. Um kritische Belastungszu-stände in den Anlagen zu verhindern, wirdbeispielsweise an der Entwicklung einesFrühwarnsystems durch ein Gassensorar-ray gearbeitet. Grundlegende Analysen derMethan-bildenden Bakterien und Untersu-chungen zum Einsatz von Enzymen zielenauf die Optimierung der Biogaserzeugung.Darüber hinaus werden leistungsfähigereFermentersysteme für die ausschließlicheVergärung von pflanzlicher Biomasse entwi-ckelt. Eine Alternative zur Nutzung von Bio-gas in Gasmotoren ist die Verwertung in ei-nem Polymer-Elektrolyt-Membran (PEM)Brennstoffzellensystem. Am ATB werdenhierfür die Grundlagen erarbeitet.

Neues Aufstromverfahren zur effizienteren Fermentationorganischer Feststoffe

Erzeugung und Nutzung von Bioenergieträgern

Kontakt Prof. Dr. agr. habil. Bernd Linke [email protected]

Projekte European biogas initiative to improve the yield ofagricultural biogas plants –EU-AGRO-BIOGAS (EU)

Klon-Standort-Wechselwirkungen bei Pappelund Weide auflandwirtschaftlichen Standortenin kurzen Umtriebszeiten –ProLog (BMELV/FNR)

Dynamische Regelung vonProzessen zur Vergärungnachwachsender Rohstoffe unterVerwendung eines Propionsäureerkennenden Gas-Sensor-Arrays(BMELV/FNR)

Vergärung von nachwachsendenRohstoffen im Aufstromverfahren(BMELV/FNR)

Nutzung von Biomasseaschen fürdie Phosphor-Versorgung imPflanzenbau (BMELV/FNR)

Entwicklung und Vergleich vonoptimierten Anbausystemen fürdie landwirtschaftlicheProduktion von Energiepflanzenunter den verschiedenenStandortbedingungenDeutschlands – EVA (BMELV)

Ermittlung des Energiepotenzials verschiedener Substratezur Biogaserzeugung

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20 Forschen für den ländlichen Raum

Am 10. Juni 1946 begannen deutscheWissenschaftler in Potsdam-Rehbrückeein Institut für Ernährung und Verpfle-gungswissenschaften aufzubauen. Damitwar der Grundstein für 60 Jahre erfolgrei-che Forschung auf dem Gebiet der Ernäh-rung gelegt, eine Tradition, die seit 1992vom Deutschen Institut für Ernährungsfor-schung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) fortge-setzt wird. Gemäß seinem Gründungsauf-trag untersucht das DIfE die Zusammen-hänge zwischen Ernährung und Krank-heitsentstehung in einer für Deutschlandeinzigartigen Kombination von molekula-rer, klinischer und epidemiologischer Er-nährungsforschung, womit es die Grund-lagen für wissenschaftlich basierte Ernäh-rungsempfehlungen legt.

In den 15 Jahren seines Bestehens ist esdem DIfE gelungen, sich als nationalesKompetenzzentrum auf dem Gebiet derErnährungsforschung zu etablieren. Die-ses wurde auch durch eine unabhängige,internationale Expertenkommission be-stätigt, die das DIfE während des Be-richtszeitraums im Auftrag der Leibniz-Gemeinschaft evaluierte.

Forschungsprofil

Seit 2002 hat das DIfE ein spezifisches For-schungsprofil ausgebildet. Es untersuchtvorrangig die Ursachen und Folgen desMetabolischen Syndroms sowie die Rolleder Ernährung in der Krebsentstehung. Bei-de Forschungsschwerpunkte können alsHauptherausforderungen der modernen Er-nährungsmedizin betrachtet werden.

Als Metabolisches Syndrom bezeichnetman den Symptomenkomplex aus Adipo-sitas (Fettsucht), Bluthochdruck, Insulin-resistenz und Fettstoffwechselstörung.Das Syndrom hat eine genetische Grund-lage, wird aber erst durch die in Ländernmit „westlichem Lebensstil“ häufige posi-tive Energiebilanz (hohe Kalorienaufnah-me bei geringer körperlicher Aktivität)ausgelöst. Häufigkeit und Schweregraddes Syndroms nehmen ebenso wie seinewichtigste Folgekomplikation, der Typ-2-Diabetes (Alterszucker), in allen westli-chen Ländern dramatisch zu.

Der Typ-2-Diabetes zählt zu den häufigs-ten und teuersten chronischen Erkrankun-

Deutsches Institut für ErnährungsforschungPotsdam-Rehbrücke (DIfE)

Wissenschaftlicher DirektorProf. Dr. Dr. Hans-Georg Joost

Mitarbeiterca. 270, davon 60 Wissenschaftler und 57 Doktoranden

Deutsches Institut fürErnährungsforschungPotsdam-Rehbrücke

Arthur-Scheunert-Allee 114–11614558 Nuthetal

Telefon +49 (0)33 200-88-0Telefax +49 (0)33 200-88-44

[email protected]

DIfE-Hauptgebäude, Gelände E Blick auf die Stoffwechselambulanz, Gelände V

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 21

gen. Derzeit sind mehr als sieben Prozentder Menschen in Deutschland an einemTyp-2-Diabetes erkrankt. Für das Jahr2010 ist mit einem weiteren Anstieg aufzehn Prozent zu rechnen. Ein Trend, dersich auch in der von der Abteilung Epide-miologie des DIfE durchgeführten Potsda-mer EPIC (European Prospective Investi-gation into Cancer and Nutrition)-Studiebeobachten lässt.

Der Typ-2-Diabetes entwickelt sich schlei-chend über Jahre hinweg, wobei Gefäßeund Augen bereits sehr frühzeitig ge-schädigt werden können. Schwere Fol-geschäden sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Blindheit, Nierenversa-gen oder der Verlust von Gliedmaßen auf-grund von Durchblutungsstörungen. NachAuswertung der CoDiM (Costs ofDiabetes Mellitus)-Studie beliefensich die direkten Kosten für diabe-tische Patienten im Jahr 2001 inder Bundesrepublik Deutschlandauf 30,6 Milliarden Euro. Dies ent-spricht einem Anteil von 14,2 Pro-zent an den nationalen Gesundheits-

ausgaben. Allein diese Daten zeigen, wiewichtig präventive Maßnahmen sind,denn sie verhindern nicht nur Leid, son-dern entlasten auch das Gesundheitswe-sen.

Ähnlich wie das Metabolische Syndromentsteht auch Krebs durch das Zusam-menwirken einer genetischen Anlage mitäußeren Faktoren wie beispielsweise derErnährung. Dies ist durch zahlreiche epi-demiologische Daten belegt. Auch dasDIfE hat zu dieser Erkenntnis durch seineTeilnahme an der multizentrischen euro-paweiten EPIC-Studie beigetragen. Er-gebnisse dieser Studie zeigen, dass einean Ballaststoffen arme Ernährung ebensowie eine Ernährung mit viel rotem Fleischund Fleischprodukten mit einem häufige-ren Auftreten von Dickdarmkrebs verbun-den ist. Das DIfE hat zudem den Einflussdes Obst- und Gemüseverzehrs auf ver-schiedene Krebsformen untersucht undHinweise für eine risikosenkende Wirkungbei Lungenkrebs und Krebsformen desoberen Verdauungstraktes gefunden.Ebenso zeigt die Studie, dass neben ein-zelnen Lebensmittelgruppen auch Über-

New-Zealand obese Maus (links) mit polygener Adipositasim Vergleich zum normalgewichtigen Kontrolltier (rechts)

Deutsches Institut für ErnährungsforschungPotsdam-Rehbrücke (DIfE)

Forschende AbteilungenMolekulare Genetik (MOGE) Prof. Dr. Wolfgang Meyerhof

Pharmakologie (PHA) Prof. Dr. Dr. Hans-Georg Joost

Klinische Ernährung (KLE) Prof. Dr. Andreas F. H. Pfeiffer

Epidemiologie (EPI) Prof. Dr. Heiner Boeing

Ernährungstoxikologie (ETOX) Prof. Dr. Hans-Rudolf Glatt

Gastrointestinale Mikrobiologie (GAMI) Prof. Dr. Michael Blaut

Biochemie der Mikronährstoffe (BIM) Prof. Dr. Regina Brigelius-Flohé

ArbeitsgruppenPhysiologie desEnergiestoffwechsels (EST) Prof. Dr. Susanne Klaus

Endokrine Pharmakologie (EPH) Prof. Dr. Annette Schürmann

Biomarker (BMK)PD Dr. Tobias Pischon

Nachwuchsgruppe Mikrobiota-Wirt-Interaktionen (MWI)Dr. Gunnar Loh

Zentrale EinrichtungenErnährungsberatungs-zentrum (EBZ) Dr. Christiana Gerbracht

Max-Rubner-Laboratorium (MRL) Dr. Reinhart Kluge

Studienzentren der EuropeanProspective Investigation intoCancer and Nutrition (EPIC)

Foto: DIfEFoto: DIFE

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22 Forschen für den ländlichen Raum

gewicht ein wesentlicher Risikofaktor fürKrebs ist. Übergewicht erhöht bei Frauenund Männern das Darmkrebsrisiko. Zu-dem haben übergewichtige Frauen ein er-höhtes Risiko, an Nieren- und Brustkrebszu erkranken. Aus diesen Daten und de-nen anderer Arbeitsgruppen lassen sichbereits jetzt allgemeine Empfehlungen ab-leiten: Durch die Normalisierung des Kör-pergewichts – in Verbindung mit einer bal-laststoffreichen Ernährung, die fettarmund reich an Obst und Gemüse ist – lässtsich nicht nur das Diabetes-Risiko, son-dern auch das Risiko für mehrere Krebsar-ten senken.

Vernetzung des DIfE mitanderen InstitutionenViele der heutigen Fragestellungen aufdem Gebiet der Ernährungsforschungkönnen nicht mehr von einem einzelnenInstitut allein bearbeitet werden. Um dengestiegenen Anforderungen gewachsenzu sein, hat das DIfE seine Aktivitäten mitdenen anderer europäischer Forschungs-institute vernetzt.

Auf internationaler Ebene hat sich dasDIfE zwei von der Europäischen Uniongeförderten Kompetenz-Netzwerken an-geschlossen (NuGO und EUGENE2). Aufnationaler Ebene ist es zudem mit zwei Projekten Mitglied des NationalenGenomforschungs-Netzwerks (NGFN).Ebenso ist das DIfE wie die UniversitätPotsdam an der Fördermaßnahme„Funktionelle Ernährungsforschung“ undam „BioProfil Nutrigenomforschung Ber-lin-Brandenburg“ beteiligt. Diese Ver-bundprojekte werden vom Bundesminis-terium für Bildung und Forschung(BMBF) gefördert. Ziel der Verbundpro-jekte ist es unter anderem, die technolo-gische Basis für die Nutzung der Biowis-senschaften auszudehnen und generierteForschungsergebnisse Wirtschaft undWissenschaft gleichermaßen zugänglichzu machen. Daneben sollen Forschungs-ergebnisse so rasch wie möglich in Tech-nologien und Produkte umgesetzt wer-den.

Ausgewählte Forschungs projekte zurEntwicklung neuer funktioneller LebensmittelIdentifizierung von Salzgeschmacksverstärkern zur Entwicklung kochsalzarmer LebensmittelUnser Geschmackssinn spielt bei derAuswahl von Lebensmitteln eine wichti-ge Rolle. Meist bevorzugen wir Nahrung,die gut schmeckt, die aber nicht unbe-dingt gesund ist. Beispielsweise stehtbei würzigen Speisen der Kochsalzge-halt in direkter Beziehung zur Ge-schmacksqualität.

Aber auch Brot schmeckt den meistenMenschen besser, wenn es relativ vielSalz enthält. Dabei sind 20 bis 30 Pro-zent aller Menschen mit normalem Blut-druck und etwa 50 Prozent aller Blut-hochdruckpatienten kochsalzempfind-lich.

Das heißt, sie reagieren auf einen erhöh-ten Kochsalzverzehr mit einem Blut-

Deutsches Institut für ErnährungsforschungPotsdam-Rehbrücke (DIfE)

Abteilung Molekulare Genetik Prof. Dr. Wolfgang Meyerhof

Identifizierung vonSalzgeschmacksverstärkern zur Entwicklung kochsalzarmer Lebensmittel

Technische Mitarbeiterin bei molekularbiologischenArbeiten zur Geschmackswahrnehmung

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Forschen für den ländlichen Raum 23

druckanstieg. Eine verminderte Koch-salzaufnahme kann daher dazu beitra-gen, den Blutdruck dieser Menschen zusenken. Speisen mit einem geringenKochsalzgehalt, die dennoch gut schme-cken, könnten es Bluthochdruckpatien-ten erleichtern, ihren Salzkonsum einzu-schränken.

Professor Meyerhof und sein Team su-chen daher nach Salzgeschmacksver-stärkern, die im Rahmen des For-schungsprojektes näher charakterisiertwerden sollen. Eine erfolgreiche Cha-rakterisierung solcher Substanzenkönnte die wissenschaftliche Basis fürdie Produktion kochsalzarmer Lebens-mittel und somit der zukünftigen diäteti-schen Prävention von Bluthochdruckbilden.

Optimierte Pflanzenöle und Omega-3-Fettsäuren in der Prävention von Hyperlipidämie, Insulinresistenz und Typ-2-DiabetesWie zahlreiche epidemiologische Studienbelegen, spielt die Fettqualität für die Ent-stehung von Stoffwechselerkrankungen

wie den Typ-2-Diabetes eine größere Rolleals die mit der Nahrung aufgenommeneFettmenge. Im Rahmen des Projektes un-tersucht daher ein Wissenschaftlerteam umProfessor Joost die Wirkung verschiedenerPflanzenöle und Fettsäuren auf den Stoff-wechsel eines Mausstammes, der ein Mo-dellsystem für das menschliche Metaboli-sche Syndrom darstellt. Besonderes Au-genmerk liegt dabei auf der antidiabeti-schen und lipidsenkenden Wirkung der ein-zelnen Öle und Fettsäuren. Wissenschaftli-ches Ziel der Studie ist es, die Wechselwir-kungen bestimmter Fettsäuren mit physio-logischen, metabolischen und molekularenProzessen in vivo zu untersuchen. Die Stu-dienergebnisse sollen auf diese Weise eineBasis für die Entwicklung neuer funktionel-ler Lebensmittel schaffen, die zur Präventi-on chronischer Stoffwechselerkrankungeneingesetzt werden können.

Profimet (Protein, fibre, metabolic syndrome) – StudieIm Rahmen der Profimet (Protein, fibre,metabolic syndrome)-Studie untersuchenMediziner und Wissenschaftler die Bedeu-tung eines erhöhten Ballaststoff- und/oder

Abteilung PharmakologieProf. Dr. Dr. Hans-Georg Joost

Optimierte Pflanzenöle und Omega-3-Fettsäuren in derPrävention von Hyperlipidämie,Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes

Abteilung Klinische Ernährung Dr. Martin O. Weickert, Prof. Dr. Andreas F. H. Pfeiffer

Profimet (Protein, fibre, metabolic syndrome) – Studie

Deutsches Institut für ErnährungsforschungPotsdam-Rehbrücke (DIfE)

Doktorandin der Abteilung Molekulare Genetik bei der Analyse von Gewebeschnitten am konfokalen Mikroskop

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24 Forschen für den ländlichen Raum

Deutsches Institut für ErnährungsforschungPotsdam-Rehbrücke (DIfE)

Eiweißgehalts in der Nahrung auf Stoff-wechselparameter, die mit Übergewichtund Adipositas in Verbindung stehen.

Während der Studie erhalten Probandenfür 18 Wochen verschiedene Test-Geträn-ke oder Test-Mahlzeiten, die mit unlösli-chen Ballaststoffen und/oder Eiweißenangereichert sind. Die Entwicklung vonTest-Getränken erfolgt dabei in enger Zu-sammenarbeit mit dem Institut für Getrei-deverarbeitung (IGV).

Vor, während und nach der Interventions-phase werden die Probanden hinsicht-lich veränderter Stoffwechselparameteroder anthropometrischer Werte unter-sucht.

Ziel der Studie ist es, ein gesundheitsför-derndes, kostengünstiges und einfach zunutzendes Lebensmittelprodukt zu entwi-ckeln, das die Insulinempfindlichkeit derKörperzellen bei Übergewichtigen ver-bessern kann. Gleichzeitig soll die-ses Produkt einer Gewichtszunahme undeiner Leberverfettung entgegenwirken.

Studie zum Einfluss von Kartoffelstärke auf den menschlichen OrganismusViele Studien weisen darauf hin, dass einZusammenhang zwischen der Aufnahmekomplexer Kohlenhydrate und dem Typ-2-Diabetesrisiko besteht.

Wissenschaftler der Abteilung KlinischeErnährung wollen nun untersuchen, obund wie komplexe Kohlenhydrate denmenschlichen Stoffwechsel beeinflussen.

Hierzu sollen die Effekte von gentech-nisch oder konventionell verändertenKartoffeln, die qualitativ und quantitativunterschiedliche Stärken beinhalten, aufden Stoffwechsel untersucht werden.

Mit Hilfe von Interventionsstudien wollendie DIfE-Forscher beispielsweise testen,inwieweit sich die unterschiedlichen Kartoffelstärkesorten positiv auf die Körpermasse eines Menschen auswir-ken. Die Züchtung und Vermarktung ei-ner optimierten Kartoffelsorte könnte zurPrävention des menschlichen Metaboli-schen Syndroms beitragen.

Abteilung Klinische Ernährung Prof. Dr. J. Spranger, Prof. Dr. Andreas F. H. Pfeiffer

Studie zum Einfluss von Kartoffelstärke auf den menschlichenOrganismus

Forschungslabor

Blutentnahme bei einer Teilnehmerin der Profimet-Studie

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Abteilung GastrointestinaleMikrobiologieDr. Annett Braune, Prof. Dr. Michael Blaut

Wechselwirkung sekundärer Pflanzenstoffe mit menschlichen Darmbakterien

Wechselwirkung sekundärer Pflanzenstoffe mit menschlichen DarmbakterienDie Aroniabeere sowie der aus ihr ge-wonnene Saft enthalten eine beachtlicheMenge sekundärer Pflanzenstoffe ausder Gruppe der Polyphenole. Ihr Gehaltist etwa fünfmal höher als der in anderenBeerenfrüchten.

Hervorzuheben sind unter anderem dieProcyanidine, die dem Aroniasaft eineleicht herbe Note geben.

Verschiedene Studien weisen auf ge-sundheitsfördernde Eigenschaften dieserPflanzenstoffe hin. Dies hat dazu geführt,dass solche Substanzen als Nahrungser-gänzungsmittel oder als wertgebendeKomponenten in funktionellen Lebens-mitteln angeboten werden.

Unklar ist bislang, über welche Mecha-nismen der Körper diese Pflanzenstoffeaufnimmt, wie die Substanzen im Stoff-wechsel wirken und welche Parameterdie Bioverfügbarkeit solcher Stoffe be-einflussen.

Ohne eine Beantwortung dieser Fragenist eine Beurteilung der vermuteten ge-sundheitsfördernden Effekte und einefundierte Sicherheitsbewertung nichtmöglich.

Im Rahmen eines Verbundprojektes, andem auch die Universität Potsdam betei-ligt ist, untersuchen DIfE-Wissenschaftlerdie Wechselwirkungen zwischen Procya-nidinen und menschlichen Darmbakte-rien.

Einerseits wollen die Forscher herausfin-den, ob Darmbakterien diese sekundärenPflanzenstoffe in andere Substanzen um-wandeln und wenn ja, in welche. Ande-rerseits soll geklärt werden, ob Procyani-dine die Zusammensetzung der Darmflo-ra (Mikrobiota) beeinflussen.

Die Studienergebnisse sollen zu einembesseren Verständnis der Bioverfügbar-keit und der biologischen Wirkungen derProcyanidine beitragen und eine Grund-lage für die Entwicklung funktioneller Le-bensmittel mit optimiertem Procyanidin-gehalt bilden.

Doktorandin der Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie bei der Durchführung mikrobiologischer Arbeiten

Deutsches Institut für ErnährungsforschungPotsdam-Rehbrücke (DIfE)

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26 Forschen für den ländlichen Raum

Forschungsgegenstand des DeutschenGeoForschungsZentrums (GFZ) ist dasSystem Erde – von der regionalen Umweltbis hin zum Planeten Erde. Ziel ist es, die-ses hochkomplexe, nichtlineare Systemund seine wechselwirkenden natürlichenTeilsysteme mit ihren ineinandergreifendenKreisläufen und weitverzweigten Ursache-Wirkung-Ketten zu verstehen, das Ausmaßdes Globalen Wandels und seine regiona-len Auswirkungen zu erfassen sowie denEinfluss der Tätigkeit des Menschen aufdas „System Erde“ zu bewerten. Auf derBasis eines fundierten System- und Pro-zessverständnisses sollen Strategien ent-wickelt und Handlungsoptionen aufgezeigtwerden, u. a. zur Sicherung und umwelt-verträglichen Gewinnung natürlicher Res-sourcen, zur Vorsorge vor Naturkatastro-phen und zur Minderung ihrer Folgen, zurnachhaltigen Nutzung des unter- und ober-irdischen Raums und zum Umgang mit derKlima- und Umweltentwicklung und derenEinwirkung auf den menschlichen Lebens-raum. Profil und Kompetenzen: Das GFZumfasst alle Disziplinen der Geowissen-schaften von der Geodäsie bis zum Geoin-genieurwesen und nutzt sie in einem engen

interdisziplinären Verbund mit den benach-barten naturwissenschaftlichen FächernPhysik, Mathematik und Chemie sowieden ingenieurwissenschaftlichen FächernFelsmechanik, Geotechnik, Ingenieurhy-drologie und Ingenieurseismologie. Diemethodischen Kernkompetenzen des GFZliegen in der Anwendung und Entwicklungvon Satellitentechnologien und raumge-stützten Messverfahren, im Betrieb globa-ler und regionaler geodätisch-geophysika-lischer bodengestützter Messnetze, imEinsatz tomographischer Verfahren dergeophysikalischen Tiefensondierung, inder Durchführung von Forschungsbohrun-gen, in der Labor- und Experimentiertech-nik im Bereich der Nutzung von Geores-sourcen sowie in der Analyse und Model-lierung von Geoprozessen.

Es sieht eine wichtige Aufgabe darin, diean Universitäten und anderen For-schungseinrichtungen vorhandenen geo-wissenschaftlichen Kapazitäten im Rah-men von nationalen und internationalenGemeinschaftsprojekten zu bündeln. Mitseinem Forschungsprofil, seiner diszipli-nären Breite, seiner methodischen Kom-

Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ)Helmholtz-Zentrum Potsdam

VorstandProf. Dr. Dr. h.c. Reinhard Hüttl(Wissenschaftlicher Vorstand undSprecher des Vorstands)

Dr. Bernhard Raiser(Administrativer Vorstand)

RechtsformStiftung des öffentlichen RechtsGesellschafterBundesrepublik Deutschland undLand Brandenburg

Mitarbeiter850

MitgliedHelmholtz-GemeinschaftDeutscher Forschungszentren

www.helmholtz.de

Helmholtz-Zentrum PotsdamDeutsches GeoForschungs-Zentrum

Telegrafenberg14473 Potsdam

Tel.: +49 (0)331-2881040Fax: +49 (0)331-2881044

[email protected]

Mit Gesteinen von allen Kontinenten symbolisiert das Säulenforum vor dem Haupteingang die weltweiten GFZ-Aktivitäten.

Foto: GFZ

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petenz und seiner Fähigkeit, den gesam-ten Bogen von der geowissenschaftlichenProzessforschung bis hin zur praktischenAnwendung zu spannen, unterscheidetsich das GFZ von allen anderen geowis-senschaftlich ausgerichteten Einrichtun-gen weltweit.

Ein Satellitenauge auf die Umwelt Was wurde wo angebaut –Stoffhaushaltsmodellierung auf Basis von SatellitendatenauswertungAn die Landwirtschaft wird heute die For-derung nach Nachhaltigkeit gestellt, dasheißt, die Kulturlandschaft, ihre Artenviel-falt und Ressourcenausstattung müssentrotz zum Teil intensiver Nutzung erhaltenbleiben. Die geoökologische Forschunghat es sich in den letzten Jahren zur Auf-gabe gemacht, durch prozessbeschrei-bende Modelle und Simulationen die Kul-turlandschaft in ihrer Funktionsweise ab-zubilden, zu Prognosen der Landschafts-entwicklung zu gelangen und Handlungs-empfehlungen für die Nutzung abzuleiten.Bei der Modellentwicklung ist ein Stand

erreicht, der es zunehmend erlaubt, Pro-zesse realitätsnah abzubilden. Das führtzu einem gewachsenen Bedarf an Datenin hoher Raum- und Zeitauflösung, die zu-nehmend durch Fernerkundungsmetho-den erhoben werden können.

Während man im Falle von Gewässern,Wäldern und den meisten Siedlungen vonnur langfristigen Veränderungen in Typund Abgrenzung und damit statischerNutzung über die Modelllaufzeit ausgehenkann, wechselt auf Flächen mit landwirt-schaftlicher Nutzung meist jährlich dieFruchtart und damit beispielsweise auchder Wasser- und Stoffkreislauf. Dieseshochdynamische Verhalten erfordert einejährliche Aktualisierung der Flächennut-zungsdaten. Da mit konventionellen Me-thoden jährliche großflächige Kartierun-gen, wie im Falle des beschriebenen Pro-jektes für das gesamte Haveleinzugsge-biet, nicht zu bewältigen sind, müssenSatellitenbilder (beispielsweise von Land-sat-TM) als Mittel eingesetzt werden. Fürdie regelmäßige Erfassung der Fruchtar-tenverteilung auf den Ackerschlägen wur-de nach einem Verfahren gesucht, dasobjektiver ist als die üblicherweise einge-setzten überwachten Klassifizierungsver-fahren auf Basis von Beispielsflächen mitbekannter Nutzung.

Für die zwölf im Land Brandenburg domi-nierenden Ackerkulturen sind NDVI-Normkurven der phänologischen Entwick-lung erstellt worden. Sie bilden die Grund-lage für einen neuen Algorithmus zur Klas-sifizierung des Anbaumusters einzelnerAnbaujahre. Diese Entwicklungskurven er-möglichen die Extraktion der wahrschein-lichen Spektralcharakteristik einer Acker-frucht für jeden phänologischen Zustand.Bei Kenntnis des abgebildeten Entwick-lungszustandes in einer neu zu interpretie-renden Satellitenaufnahme kann aus derKurve der für diesen Zustand typischeSpektralwert entnommen und zur Klassifi-zierung verwendet werden. Eigene Unter-suchungen haben gezeigt, dass für dieoptimale Trennung der Fruchtarten einejährliche Bildfolge von fünf Datensätzenzur Verfügung stehen müsste, die etwa anden Tagen 100, 135, 185, 225 und 255

Forschungsarbeiten des GFZ• Geopotenziale (Schwere-,

Magnetfeld und Erdmodelle• Entwicklung und Bau von

Forschungssatelliten fürAufgaben des Geo- undAtmosphärenmonitoring

• Geodynamik• seismische 3D-Tomographie

des Erdkörpers• seismische und elektrische

Tiefensondierung• Oberflächennahe Prozesse im

Grenzbereich Geo-, Hydro-,Bio- und Atmosphäre

• Modellierung vonGeoprozessen

• Paläoklima und Paläo-Landschaftsentwicklung

• Erkundung und Nutzung desunterirdischen Raums

• Nutzung von Erdwärme• Erdbeben und

Deformationsprozesse• Naturgefahren durch

Vulkanismus undHangrutschungen

• Entwicklung und Aufbau vonFrühwarnsystemen

Das GFZ verfügt über diverseGerätepools für Feldeinsätze undglobale Messkampagnen, überein Ingenieurteam fürgeowissenschaftlicheGerätetechnik und Spezialistenfür den sofortigen Einsatz beiNaturkatastrophen.

Der NDVI ist ein Maß für dasVerhältnis der Rückstrahlung vonObjekten an der Erdoberfläche inden Spektralbereichen Rot undInfrarot. Photosynthetisch aktivePflanzenbestände besitzen einenhohen NDVI, auf Ackerflächen mitreifen Kulturen oder hohem Anteildes Bodens am Rückstrahlwertist der NDVI klein.

Ackerlandschaft

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Foto: GFZ

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des phänologischen Normjahres aufge-zeichnet sein sollte. Für die Verwendungder Normkurven wurde ein speziellesKlassifizierungsverfahren entwickelt, dasauf die schlaggenaue Erkennung vonAckerkulturen ausgerichtet ist. Es wurdefür sieben verschiedene Vegetationsperi-oden (1994–2000) für vier separate Test-gebiete (jeweils etwa 750 km²) im Havel-einzugsgebiet angewendet. Außerdemwurde für die Jahre 1999 und 2000 dasgesamte Untersuchungsgebiet der Havelmit diesem Ansatz bearbeitet.

Die Ergebnisse der Fruchtartenklassifika-tion lassen sich für die Weiterverarbeitungin Stoffhaushaltsmodellen beispielsweisemit Angaben zu den für einen guten Er-trag empfohlenen Düngegabemengen(Brandenburgischen Düngeempfehlung)verknüpfen. Auch wenn sich der Landwirtnicht immer an diese Empfehlungen hält,sondern seine eigenen Ertragserfahrun-gen auf seinen Flächen zu mehr oder we-niger starken Abweichungen davon nutzt,entsteht für wissenschaftliche Zweckeeine weitgehend der Realität entspre-chende Karte der Verteilung der diffusen

Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft.Durch die Nutzung von Fernerkundungs-

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Die photographischen Draufsichten des Bestandes zu ausgewählten Zeitpunkten machen deutlich, warum sich der NDVI(Verhältnis der Rückstrahlung im roten und infraroten Licht) für Winterraps im Laufe des Jahres ändert. Daraus entstehteine charakteristische Kurve, die die spektrale Eigenschaft von Raps zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Jahr ablesbarmacht. Die Kurve gibt das langjährige Mittel der Eintrittstermine der phänologischen Phasen wieder. Abbildung: GFZ

Auswertung von Fernerkundungsdaten

VerbundprojektBewirtschaftungsmöglichkeitenim Einzugsgebiet der Havel

Teilprojekt Bereitstellung raum-zeitlicherModellierungsparameter unterEinbeziehung vonFernerkundungsdaten

In Kooperation mit der UniversitätPotsdam, Institut für Geoökologie

Ansprechpartnerin: Dr. SibylleItzerott, [email protected]

Für Winterraps steigt nach derSaat Ende August durch dendichter werdenden Bestand derNDVI-Wert langsam an, bis etwaEnde Oktober die Winterruheeinsetzt. Über die kalteJahreszeit wintert der Bestandzum Teil aus, der NDVI-Wert gehtwieder zurück. Ab dem Beginnder neuen Vegetationsperiodesteigt der Wert bis zumMaximum kurz vor Beginn derBlüte (Anfang Mai). Die gelbeBlütenfarbe sorgt für die Zeit derBlüte für ein Absinken des NDVI.Nach ihrem Ende bewirkt dervollgrüne Bestand nochmalseinen Anstieg, die einsetzendeReife lässt den Wert bis zur Ernte(Mitte Juli) stetig absinken. Nachder Beräumung der Fläche zeigtder Wert von knapp unter 0,1 denRückstrahlwert des blankenBodens an.

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daten können großflächig Informationenüber Zustände und Prozesse in der Land-schaft gewonnen werden. Dabei könnenverschiedenste Raumbezüge hergestelltwerden. Während bisher in der Raumpla-nung Betrachtungsräume durch adminis-trative Grenzen definiert wurden, setztsich immer mehr die Erkenntnis durch,dass Analysen, Diagnosen und Progno-sen auf Naturraumgrenzen bezogen vor-genommen werden müssen. Die vorge-stellte Methode trägt dieser TatsacheRechnung. Differenziert betrachtet wer-den können Teilräume, die sich aus Na-turraumgrenzen (Flusseinzugsgebiete),administrativen Grenzen (Kreisebene, Ge-meindeebene), unterschiedlichen ökono-mischen Bewertungen (nach Landbauge-biet, nach Wirtschaftsweise), ökologi-schen Sensibilitäten (Naturschutzkatego-rien, Trinkwasserschutzzonen) oder so-zialen Rahmenbedingungen (Förderpro-gramme, Ausgleichzahlungen) ergeben.Die Fernerkundungsmethode kann admi-nistrativ und naturräumlich verankerte In-formationen verknüpfen und die Lückezwischen beiden schließen helfen.

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Anhand ihrer Normkurven des NDVI im Jahresgang lassensich die typischen Feldfrüchte Brandenburgs inSatellitenbildern unterscheiden. Abbildung: GFZ

Die Sektion Fernerkundung desGFZ beschäftigt sich vorwiegendmit wissenschaftlichenFragestellungen in den Bereichen„Abbildende Spektrometrie“ und„SAR-Interferometrie“. DieForschungsarbeiten gliedern sichin methodische wieanwendungsorientierte Ansätze.

Die Expertisen der Gruppe liegenin der Algorithmen- undKonzeptentwicklung zurProzessierung und Auswertungfernerkundlich erhobener Datenfür unterschiedlicheAufgabenstellungen. Die hierbeigemachten Erfahrungen fließenin Validierungsexperimente undin die Definition und Entwicklungzukünftiger flugzeug- undsatellitengetragener Sensorenein.

Der Vergleich der Ergebnisse der Fruchtartenklassifizierung (A) und der Verknüpfung mit Düngemengen (C – kg/ha proJahr) mit den Angaben des Agrarbetriebes über Anbau (B) und Düngung (D – kg/ha pro Jahr) für das Jahr 2000 lässteine gute Übereinstimmung der indirekt erworbenen Kenntnisse mit den realen Daten erkennen. Abbildung: GFZ

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30 Forschen für den ländlichen Raum

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Was verrät das Spektralbild über den Pflanzenzustand Nutzung hyperspektraler Fernerkundungsdaten in der LandwirtschaftFernerkundung bietet durch die flächenhaf-te Erfassung von Infor mationen vielseitigeMöglichkeiten für die Bewertung landwirt-schaftlicher Flächen. Im Laufe des natürli-chen phänologischen Zyklus einer Pflanzeändern sich eine Reihe von Parametern,wie z.B. Höhe, Anzahl der Blätter, Chloro-phyllgehalt und Wassergehalt, die das Aus-sehen des Pflanzenbestandes entschei-dend beein flussen. Mit Hilfe hyperspektra-ler Fernerkundungsdaten, die das an derErdoberfläche reflektierte Sonnenlicht in ei-ner sehr hohen Wellenlängendifferenzie-rung erfassen, ist es möglich, Veränderun-gen dieser Parameter zu detektieren. Diegenaue Kenntnis über die Veränderung vonWachstumsparametern soll eine automati-sierte Klassifikation von Feldfrüchten er-möglichen, um noch genauere Landnut-zungskartierungen zu ermöglichen, insbe-sondere auch Variabilitäten innerhalb einesSchlages zu erfassen.

Die Entwicklung des Reflexionssignals einerAckerkultur über einen kompletten phäno-logischen Zyklus wird anhand von Winter-

weizen dargestellt. Die Daten stammen auseiner Feldkampagne 2007. Die spektralenReflexionsdaten werden mit Hilfe einesFeldspektrometers erhoben. Das Gerät er-fasst die von der Erdoberfläche reflektiertesolare Strah lung und zeichnet das Signal ineinem Wellenlängenbereich von 450 – 2500nm auf. Es erfolgen zwei Arten der Datener-fassung. Zum ersten wird die Reflexion desGesamtbestandes erfasst. Hierbei erfolgtdie Messung einen Meter über der Pflan-zenoberfläche. Das reflektierte Signal setztsich aus einem Teil Pflanzen- und einem TeilBodensignal zusammen, wobei das Verhält-nis beider Signale aufgrund der Pflanzen-entwicklung innerhalb einer Vegetationspe-riode sehr stark variiert. Zu Beginn derWachstumsperiode steigt der Anteil anPflanzensignal stark an. Das kann bis zumBestandsschluss und somit einem 100%-igen Vegetationssignal führen. Mit Beginnder Reife nimmt die Blattfläche wieder ab,so dass der Einfluss des Bodens erhöhtwird. Kommt es zu einer Neigung der Äh-ren, verstärkt sich das Pflanzensignal wie-der. Zum zweiten werden die reinen Pflan-zen- und Bodensignale erfasst, um derenEntwicklung separat zu verfolgen und imVergleich zur Entwicklung des Mischsignalszu untersuchen. Das Pflanzensignal unter-liegt dabei den Veränderungen, die aus der

Nutzung hyperspektralerFernerkundungsdaten in derLandwirtschaft

Ansprechpartner Daniel Spengler,[email protected]

Die Untersuchungen laufen imRahmen des Projektes EnMAP

EnMAP (Environmental Mappingand Analysis Program) ist einhyperspektraler Weltraumsensor,der für das Jahr 2012 zum Startvorgesehen ist. Die wesentlichenVorteile eines abbildendenSpektrometers wie EnMAPgegenüber derzeitigoperierendenMultispektralsystemen liegen inder erheblich verbessertenGenauigkeit bei der Erfassungund Klassifikation vonOberflächenmaterialien und inder einzigartigen diagnostischenAnsprachemöglichkeit vonMineralen und Pigmenten, dienur über die Aufzeichnungkontinuierlicher Spektren erreichtwerden kann.

EnMAP zeichnet global die vonder Erdoberfläche reflektierteStrahlung bildhaft alskontinuierliche hochaufgelösteSpektren (6,5 nm und 10 nm)vom Sichtbaren bis zumkurzwelligen Infrarot (420 nm bis2450 nm) in 250 Kanälen auf.Die Streifenbreite eines Bildesbeträgt 30 km mit einerBodenauflösung von 30 m x 30m Pixelgröße. Der Bordspeicherdes Instruments erlaubt diekontinuierliche Aufnahme von5000 km pro Tag. ZurBeobachtung veränderlicherPhänomene (z.B.Vegetationszyklus) wird über dieFähigkeit, den Satelliten zuschwenken, eine Wiederholratevon 4 Tagen realisiert.

Die spektrale Reflexion von Winterweizen verändert sich im Jahresverlauf in Abhängigkeit vom Zustand der Pflanze

Abbildung: GFZ

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Forschen für den ländlichen Raum 31

phäno logischen Entwicklung und dem da-mit verbundenen stofflichen und pflanzen-morphologi schen Aufbau resultieren. Stoff-licherseits ändern sich besonders der Chlo-rophyll- und der Wassergehalt. Mit voran-schreitender Pflanzenentwicklung kommtes zu einem Abbau an Chlorophyll. Daslässt sich anhand der Verringerung der Ab-sorption im blauen und roten Licht (400 –500 nm und 600 – 700 nm) verdeutlichen.Zudem kommt es mit sinkendem Chloro-phyllgehalt zu einer Verringerung des Refle-xionsunterschiedes von Rot zu nahem In-frarot (ab 750 nm). Auch ist der Wasserge-halt Schwan kungen unterlegen, die aus dervorherrschenden Wettersituation resulti e -ren. Natürlicher weise sinkt er ebenfalls mitder Ab reifung des Getreides. Spektral wirddies anhand der schwächer werdenden Ab-sorp tions banden bei 970 nm und 1200 nmdeutlich. Nach der Reife mit Beginn des Ab-sterbens ist nahezu keine Absorption durchpflanzliches Wasser mehr sichtbar. DasPflanzensignal ändert sich aber auch auf-grund neuer morphologischer Or gane, wieder sich ausbildenden Ähre, deren Einflussauf die Reflexion jedoch noch intensiver un-tersucht werden muss. Zudem wird das

Signal stark durch die Beschaffenheit desBodens beeinflusst, der starken Schwan-kungen der Boden feuchte unter liegt. Die er-fassten Daten bilden das Grund gerüst fürein weiteres Klassifizierungsver fahren. DieBasisdaten bank wird zur pixelweisen Aus-wer tung der Daten herangezogen. Um diepunktuell erfassten Geländeda ten mit denflächenhaften Fernerkund ungs daten in Re-lation zu setzen, wurde ein künstlicher Da-tensatz generiert, bei dem in acht Felderndie acht Wachstumsstadien gegenüberge-stellt werden. Auffällig ist der optisch sehrgeringe Unterschied der beiden letztenWachstumsphasen zueinander, weil im Be-reich der dargestellten Bildkanäle des sicht-baren und des infraroten Lichts die Rück-strahlung sehr ähnlich ist. Die dargestelltenSpektren zeigen jedoch, dass deutliche Un-terschiede im Bereich 2000 nm bis 2200nm eine Unterscheidung erlauben. Alle üb-rigen Phasen lassen sich auch in der darge-stellten Kanalkombination sehr gut vonei-nander trennen.

Die Klassifikation erfolgt über die Mahala-nobis Distanz. Das ist ein Distanzmaß in ei-nem mehrdimen sion alen Vektorraum.Durch diese Klassifikationsmethode ist eineeindeutige Trennung aller Wachstums -stadien möglich. Entscheidendes Kriteriumder Nutzbarkeit von Fernerkundungsdatenfür die Zustandsbeschreibung von Acker-kulturen wird jedoch sein, ob sich auch ver-änderte Wuchsbilder, wie sie durch Pflan-zenkrankheiten, Unterversorgung oder me-chanischen Einfluss entstehen, als Klassenabtrennen und interpretieren lassen. DieAnsätze dafür sind vielversprechend.

Analyse der Energiepflanzen-produktion in Brandenburg unter dem Blickwinkel derStandortangepasstheitDie Nutzung regenerativer Energien, in die-sem Falle von Biomasse zur Strom- undWärmeerzeugung, gewinnt immer mehr anBedeutung. Sie ermöglicht die Reduktiondes Treibhausgasausstoßes und trägt zurSicherung einer unabhängigen Energiever-sorgung bei. Die Reform der gemeinsamenAgrarpolitik der EU und die Einführung na-

Erhebung von spektralen Reflexionsdaten

Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ)Helmholtz-Zentrum Potsdam

in Kooperation des Helmholtz-Zentrum Potsdam mit demInstitut fürLandschaftsarchitekturund Umweltplanung der TU Berlin

ausführliche Ergebnisdarstellungin Environmental Management(2008) 41: 584–598A Site-Related Suitability Analysisfor the Production of Biomass asa Contribution to SustainableRegional Land-Use

Ansprechpartner Michael Fö[email protected],Dr. Sibylle Itzerott [email protected]

Aus den gemessenenFeldspektren wird ein künstlicherhyperspektraler Datensatz vonWinterweizen in verschiedenenWachstumsstadien erstellt: (a) zeigt eine Farbinfrarot-Darstellung, (b) eine Echtfarbdarstellung, wiesie aus Luftbildern bzw.Normalfarbbildern bekannt sind.Über die Mahalanobis-Distanzlassen sich anhand derspezifischen Eigenschaften dieSpektren von Weizen zu denverschiedenen Zeitpunkten ineiner Klassifikation problemlosvoneinander trennen (c).

a

b

c

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32 Forschen für den ländlichen Raum

Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ)Helmholtz-Zentrum Potsdam

tionaler Richtlinien unterstützen diesenTrend mit der Schaffung ökonomischer An-reize. Im Resultat daraus lässt sich derzeiteine verstärkte Tendenz zu monokulturel-lem Anbau von Agrarpflanzen mit sehr ho-hem Biomassegewicht erkennen. Das stehtjedoch im Widerspruch zu anderen Bestre-bungen der EU-Staaten, durch angepassteund nachhaltige Landnutzung den Bodenals Geo-Ressource zu schonen und mitRücksicht auf den Klimawandel möglichstwenige neue Belastungen für den Wasser-und Stoffhaushalt der Landschaften entste-hen zu lassen.

Eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe hatdeshalb eine Ertragsabschätzung von 3 ty-pischen Biomassepflanzen (Mais, Roggenund Weidelgras) nach zwei verschiedenenMethoden vorgenommen und deren Ergeb-nisse verglichen. Gegenübergestellt werdeneine konventionelle Methode zur Eignungs-abschätzung von Ackerstandorten für denAnbau von Agrarprodukten und eine, die inder Eignungsbewertung die spezifischenEigenschaften des konkreten Ackerschla-ges in Bezug auf die Standortansprücheder Pflanze berücksichtigt. Die Analyse

wurde für die landwirtschaftlichen Flächenin der Region um Rathenow vorgenommen.Die konventionelle Methode (Methode 1)bewertet die Eignung einer Fläche nach ei-ner 5-stufigen Skala (Landbaugebiet 1 bis5) entsprechend der Ackerzahl, in der wie-derum Bodenart, Zustand, Klima und Was-serversorgung verknüpft sind. Damit istauch eine Ertragsschätzung (dt/ha) verbun-den. Die „Datensammlung für die Betriebs-planung und die betriebswirtschaftliche Be-wertung landwirtschaftlicher Produktions-verfahren im Land Brandenburg“ verbindetdiese Bewertung mit Angaben über Kosten,Prämien und Erträge für die Pflanzenpro-duktion. Die letztendliche Verknüpfung mitden monetären Daten zur Energieerzeu-gung erlaubt die Abschätzung der Gewinneaus der jeweiligen Konstellation.

In der standortspezifischen Bewertungwurden nach einer Untersuchung der wich-tigsten Standortansprüche (Bodenfeuchte,Durchwurzelungstiefe und Kationenaus-tauschkapazität) der drei Kulturen für jedenAckerschlag die Ausstattungsparameterauf Basis der Mittelmaßstäbigen Landwirt-schaftlichen Standortkarte ermittelt. Die

Erfassung von spektralen Reflexionsdaten von Pflanze und Boden im Labor

Weitere Projekte mit zukünftigenAnwendungsmöglichkeiten in derLandwirtschaft:

FLuorescence EXplorer – FLEXHauptziel des FLEX-Programmesist die Aufzeichnung der globalenPhotosynthese mit Hilfe derChlorophyll-Fluoreszenz. DieseStrahlung wird von derVegetation im sichtbaren undnahen Infrarot Bereich deselektromagnetischen Spektrumsemittiert und beinhalteteinzigartige Informationen zurphotosynthetischen Aktivität vonPflanzen. Dazu wird für eineFLEX-Weltraummission einspektral sehr hochauflösendesSpektrometer entwickelt, dasflächenhaft die Trennung desFluoreszenzsignals vomreflektierenden Sonnenlichtermöglicht. ZusätzlicheInstrumente dienen derErfassung weiterer Parameter.Dazu gehört z.B. dieVegetationstemperatur, diezusammen mit derFluoreszenzmessung eineAbschätzung der Effizienz derLichtabsorption und desAustauschs von Kohlenstoffzwischen Pflanze undAtmosphäre ermöglicht.

Derzeit werden Methoden zurErfassung der Fluoreszenz vomWeltraum aus entwickelt sowieder Nutzen der Chlorophyll-Fluoreszenz für eine regionaledynamischeVegetationsmodellierunganalysiert.

ProjektkonsortiumHelmholtz-Zemtrum Potsdam,GFZNational Aerospace LaboratoryNiederlandeUniversität Valencia Freie Universität Berlin

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Gegenüberstellung von Erfordernis undAusstattung erfolgt in 5stufiger Gliederung(sehr gut geeignet – gut geeignet – befriedi-gend – brauchbar – ungeeignet) und er-möglicht eine wesentlich detailliertere Eig-nungsbewertung als mit Methode 1 mög-lich ist. Nur wenn alle drei Ansprüche derPflanze an einen Standort wenigstens guterfüllt werden können, gilt der Schlag alsgeeignet. Abschläge in der Erfüllung einesParameters führen zu deutlicher Reduktionder Gesamteignung, eine Differenzierung,die bei ausschließlicher Verwendung derLandbaugebietsklassifizierung nicht vorge-nommen werden kann. Auch in dieser Me-thodik schließt sich die Kosten- und Er-tragsermittlung für Anbau und Energiever-

wertung an, so dass die Berechnung der fi-nanziellen Erträge aus beiden Vorgehens-weisen verglichen werden kann. Bei Ver-wendung der herkömmlichen Methodik lie-ße sich mit dem alleinigen Anbau von Maisin der Region Rathenow der meiste Gewinnaus der Energieumwandlung erzielen. Er-rechnet wurde dieses Ergebnis durch dieSummation der Kalkulationen für alle in derRegion genutzten Landwirtschaftsflächen.Etwa 32 Millionen € Profit im Jahr ließensich daraus erlangen. Etwa 21 Millionen €werden für die ausschließliche Verwendungvon Roggen kalkuliert, der monokulturelleAnbau von Weidelgras brächte 19 Mio €.Berücksichtigt man detailliert die Eignungder Standorte für den Anbau der drei Kultu-ren in der zweiten Methode, kommt man zueinem anderen Ergebnis. Dann lassen sichdurch Mais 19,5 Mio €, durch Roggen 21,5Mio € und durch Weidelgras 18 Mio € ge-winnen. Das heißt, der finanzielle Ertrag istaus allen drei Früchten etwa gleich, wäh-rend im ersten Fall eine deutliche Präferenzfür den Maisanbau ermittelt wird. Eine Eig-nungsbewertung ausschließlich nach derersten Methode würde Akteure anregen,die Produktion auf einen weitgehend mo-nokulturellen Anbau von Mais umzustellen,der die Bodenfunktionen auf längere Sichterheblich schwächt. Hingegen weist dieStandort optimierte Bewertungsmethodiknach, dass ohne Gewinneinbuße eineFruchtfolgewirtschaft aus den verschiede-nen Kulturen möglich ist, die wesentlichressourcenschonender wirkt.

Es erscheint daher sinnvoll, die üblichekonventionelle Methode bei der betriebs-wirtschaftlichen Bewertung des Anbau-und Verwertungspotenzials für die Energie-gewinnung durch eine Methode zu erset-zen, in der regionale Analysen stärker be-rücksichtigt werden. Bei der Vergabe vonSubventionen könnte die VerwendungStandort spezifischer Untersuchungennach dem gezeigten Beispiel gefordert undohne zeitlichen Mehraufwand realisiert wer-den. Das könnte dazu beitragen, nicht be-absichtigte Effekte, die sich potenziell ausder unterschiedlichen Zielrichtung vonMaßnahmeprogrammen zur Bodennutzungund Energieversorgung ergeben könnten,zu verhindern.

Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ)Helmholtz-Zentrum Potsdam

HYRESSA – HYperspectralREmote Sensing in Europe

Das Projekt HYRESSA soll eineDatenbank schaffen, in der dieAnforderungen der europäischenFernerkundungs-Community andie hyperspektralen Sensorender nächsten Generation, wie z.B. APEX oder ARES erfasst sind.Hierbei geht es insbesondere umden Zugang zu denhyperspektralen Daten, ihreGenauigkeit, Qualität undKonformität.

ProjektpartnerFlemish institute fortechnological research, BelgienDLR, DeutschlandRSL, SchweizHelmholtz-Zentrum Potsdam,DeutschlandWageningen University,NiederlandeINTA, SpanienISBE ASCR, TschechischeRepublikTartu Observatoorium, EstlandUniversity of Helsinki, FinnlandUniversity of Edinburgh,Großbritannien

Mais (oben), Weidelgras (Mitte) und Roggen (unten) wurdenunter den Bodenbedingungen Brandenburgs auf ihreEignung als Energiepflanzen geprüft.

Fotos: GFZ

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34 Forschen für den ländlichen Raum

Das Leibniz-Institut für Gewässerökologieund Binnenfischerei (IGB) ist das größtedeutsche Zentrum für ökosystemare For-schung an Binnengewässern. Die Arbeitendes IGB verbinden Grundlagen- mit Vor-sorgeforschung als Basis für die nachhalti-ge Bewirtschaftung der Gewässer. Das In-stitut für Gewässerökologie und Binnenfi-scherei untersucht dabei die Struktur undFunktion von aquatischen Ökosystemenunter naturnahen Bedingungen und unterder Wirkung multipler Stressoren. For-schungsschwerpunkte sind unter ande-rem die Langzeitentwicklung von Seen,Flüssen und Feuchtgebieten unter sichrasch ändernden globalen, regionalen undlokalen Umweltbedingungen, die Entwick-lung gekoppelter ökologischer und sozio-ökonomischer Modelle, die Renaturierungvon Ökosystemen und die Biodiversitätaquatischer Lebensräume.

Die Arbeiten erfolgen in enger Kooperati-on mit Universitäten und Forschungsinsti-tutionen der Region Berlin/Brandenburgund weltweit. Die Ausbildung des wissen-schaftlichen Nachwuchses ist eine wichti-ge Aufgabe.

Gewässer als Schlüssel-ÖkosystemeFlüsse und Seen befinden sich immer anden topographisch tiefsten Stellen ihresEinzugsgebietes, an denen sich allesWasser sammelt. Während über dasGrundwasser das unterirdische Einzugs-gebiet entwässert wird, findet der Ab-fluss von der Landoberfläche und ausden oberen Bodenhorizonten mehr oderweniger direkt im Gewässer statt. Wennman außerdem bedenkt, dass der Anteilder Gewässerflächen an den Einzugsge-bieten nur 1 – 2 Prozent beträgt, so wirddeutlich, dass die Gewässer eine Schlüs-selfunktion in der Landschaft einnehmen.Sie verbinden die terrestrische mit deraquatischen Umwelt und sind so ge-nannte ‚hot-spots‘ der biologischen Pro-duktivität und Artenvielfalt. Gewässer un-terliegen einem hohen Nutzungsdruckund erbringen (nahezu) unentgeltlichDienstleistungen für Mensch und Natur.

Insbesondere in den Grenzbereichen zwi-schen Landschaft und Gewässer, denUferzonen und Flussbetten, findet ein in-

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei im FV Berlin e.V. (IGB)

Direktor Prof. Dr. Klement Tockner

Mitarbeiter156

RechtsformInstitut des ForschungsverbundesBerlin e. V.

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei im FV Berlin e.V.

Müggelseedamm 31012587 Berlin

Tel.: +49 (0)30 64181-5

Alte Fischerhütte 2 16775 Stechlin

Tel.: +49 (0)33082 699-0

[email protected]

Hauptgebäude des IGB

Mitglied der

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tensiver Austausch statt. Dort mischensich beide Wässer, es werden Nähr- undSchadstoffe eingetragen, und sehr vielfäl-tige biogeochemische Prozesse bestim-men die Qualität der Gewässer und dieLebensbedingungen der dort ansässigenPflanzen und Tiere. Das IGB hat zur Unter-suchung dieser Wechselwirkungen Feld-messstationen wie z.B. in Freienbrink ander Müggelspree eingerichtet. Sie sindBestandteil von BerlinExperiment, einerneu ins Leben gerufenen Plattform für in-terdisziplinäre Forschung.

Mit Hilfe der hier etablierten Infrastrukturist es möglich, die Folgen von Umwelt-veränderungen experimentell zu analy-sieren.

Klimaerwärmung – ein weiterer Stressor füraquatische ÖkosystemeDie globale Klimaerwärmung stellt nebenbereits bekannten Stressoren wie Land-nutzung, Eutrophierung oder Versauerungeinen weiteren Stressor für aquatischeÖkosysteme dar. So sind die Wassertem-peraturen im Müggelsee (Berlin) im Jah-resmittel in den letzten drei Dekaden um2,3°C gestiegen; die Dauer der Eisbede-ckung hat sich halbiert. Daran gekoppelteAntwortverhalten von Seeökosystemensind beispielsweise Veränderungen in derzeitlichen Abfolge jahreszeitlicher Ereig-nisse, wie eine frühere Entwicklung vonAlgenblüten. Derartige zeitliche Verschie-bungen von Ereignissen können zu Ent-kopplungen von vormals stabilen Räu-ber/Beute-Interaktionen führen.

Das IGB nutzt den Müggelsee (Berlin) alsein Modellsystem, um überlagernde Ef-fekte multipler Stressoren wie die Erhö-hung der Temperaturen und Ver änderun-gen im Eutrophierungsgrad in ihren kom-plexen Wirkungsweisen zu trennen.

Die Studien beruhen u. a. auf statisti-schen und deterministischen Modellen,basierend auf Langzeituntersuchungender letzten drei Dekaden, gestützt durchunsere Müggelsee-Messstation.

Biodiversität (Artenvielfalt) und GewässerqualitätAls Folge verstärkter menschlicher Aktivi-täten sind Veränderungen innerhalb vonLebensgemeinschaften unausweichlich.So sind viele gebietsfremde Arten – vonden Bakterien bis hin zu den Fischen – indeutsche Gewässer eingeschleppt wor-den. Mit der globalen Temperaturerhö-hung, die zu einer verlängerten thermi-schen Schichtung vieler Seen führt, ver-schärft sich das Gefährdungspotenzial füreinheimische Gewässerorganismen. Hö-here Wassertemperaturen an der Oberflä-che sowie eine verstärkte Nährstoff-Frei-setzung und niedrigere Sauerstoffkonzen-trationen in den tiefen Wasserschichtenführen dazu, dass sich auch ohne direktenmenschlichen Beitrag die Gewässerquali-tät in Zukunft deutlich verschlechtern wird.Das betrifft auch die nährstoffarmen Ge-wässer wie den Stechlinsee.

Ökologische Konsequenzen, die sich fürdie Biodiversität von Gewässerorganismenergeben, sind bisher nur ungenügend ana-lysiert und verstanden. Die Abteilung Lim-

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei im FV Berlin e.V. (IGB)

Abteilung Ökohydrologie

LeiterProf. Dr. Gunnar NützmannTel.: +49 (0)30 64 181 [email protected]

Forschungsschwerpunkte• Austauschprozesse zwischen

Grund- und Oberflächenwasser• Auswirkungen wechselnder In-

und Exfiltration auf die Qualitätund Ökologie vonTieflandgewässern

• Physikalische Limnologie undHydrodynamik von Seen

• Einflüsse von Turbulenz undTemperatur auf denStoffhaushalt und dieBiozönosen in Seenverschiedener Klimazonen

• Biophysikalische Interaktionenin Fließgewässern

• Beeinflussung der Lebens -bedingungen vonWasser pflanzen und derMorphologie des Flussbettesdurch Strömungs geschwindig -keiten und Turbulenz

Abteilung Limnologie von Flussseen

LeiterProf. Dr. Norbert WalzTel.: +49 (0)30 64 181 [email protected]

Forschungsschwerpunkte

• Struktur und Funktion vonFlachlandflusssystemen

• Stofftransport undUmsetzungen

• Trophische Interaktionen• Fluktuationen von

Gewässerzuständen• Anthropogene Stressfaktoren

(Klimaänderungen,Eutrophierung, Veränderungender Gewässermorphologie)

• Empfehlungen zumGewässermanagement

Feldexperiment in der Müggelspree

Foto: IGB

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36 Forschen für den ländlichen Raum

nologie Geschichteter Seen inStechlin/Neuglobsow untersucht die be-reits auftretenden Veränderungen in der Ar-tenvielfalt und versucht, zukünftige Ent-wicklungen abzuschätzen. Ein besonderesAugenmerk wird dabei auf die ökologischeFunktion von Schlüsselorganismen und ihreRolle im Stoffumsatz gelegt. Mit Hilfe dieserSchlüsselorganismen, z.B. dem Auftretenbestimmter Bakterien, Blaualgen oder derSüßwassergarnele (Mysis relicta), könnendaher Veränderungen in der Gewässerqua-lität rasch erkannt und bewertet werden.

Gewässerschutz undWiederansiedlung der Störe in Nord- und OstseeDer Stör war bis Ende des 19. Jahrhun-derts ein wichtiger Bestandteil der Le-bensgemeinschaften der Flüsse Nord-deutschlands. Durch Umweltverschmut-zung, Gewässerverbauung und Überfi-schung wurden die Lebensgrundlagendes bedeutendsten WanderfischesDeutschlands zerstört. Der letzte Bestandkam bis 1969 in der Eider vor, seitdem gilt

die Art als verschollen oder ausgestorben. Verbesserte Wasserqualität in den Flüs-sen seit den 1990er Jahren ermöglichtdie Wiedereinbürgerung des Störs, derdurch die Vielzahl der von ihm genutztenLebensräume eine Funktion als Schirm -art für andere gefährdete Arten hat.

Im IGB begannen 1994 erste Arbeiten zurArterhaltung durch den Aufbau von El-terntierbeständen als lebenden Genpool.Die Nachzuchten dienen für Besatzmaß-nahmen, um Bestände der beiden Arten inNord- und Ostsee aufzubauen. Zudemsoll der Besatz genutzt werden, um dieAnsprüche an den Lebensraum durchMarkierungsexperimente zu untersuchenund Risikofaktoren zu bestimmen. Rück-schlüsse dienen der Entwicklung eines in-tegrierten Gewässereinzugsgebietsmana-gements zur Verbesserung der Artenviel-falt und der Lebensgrundlagen für Störe.

Ein Aquaponik-System zurnachhaltigen AquakulturZiel ist die Entwicklung einer Ökotechnolo-gie zur Erzeugung von Tilapien, einer afri-

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei im FV Berlin e.V. (IGB)

Abteilung LimnologieGeschichteter SeenStechlin/Neuglobsow

Kommissarischer Leiter Dr. Peter CasperTel.: +49 (0)33082 [email protected]

Forschungsschwerpunkte

• Biodiversität von Bakterien-,Algen- und Picoeukaryoten-Gemeinschaften inSeeökosystemen

• Interaktionen zwischenMikrobiota – von der Mikro-Nische zum Seen-Ökosystem

• Auswirkung vonKlimaveränderungen auf Seen

• Effekte ökotechnologischerEingriffe zur Verbesserung derGewässergüte in Seen

• LimnologischeLangzeitanalysen

• Ganz-Seen Experimente

Abteilung Biologie undÖkologie der Fische

Kommissarischer Leiter Dr. Thomas MehnerTel.: +49 (0)30 64 181 [email protected]

Forschungsschwerpunkte

• Ökologische Faktoren bei dersympatrischen Artbildung vonFischen

• Adaptive Habitatwahl• Biodiversität von Fischen• Fischereilicher Mindestabfluss• Ökologisches Potenzial

urbaner Gewässer• Angel-fischereilich induzierte

Evolution• Analyse der sozio-ökono mi -

schen Bedeutung derAngelfischerei in Deutschland

Der Stechlinsee

Aquarienhalle und Störforschung

Foto: IGB

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Forschen für den ländlichen Raum 37

kanischen Buntbarschart. Dazu erfolgendie Aufzucht und Mast in einem zu entwi-ckelnden Aquaponik-System (integrierteFisch- und Gemüseproduktion). SämtlicheNährstoffe einschließlich des CO2 aus derFischzucht werden für die Gemüsepro-duktion genutzt. Eine weitere Innovationzur vollständig emissionsfreien Nutzungder Ressource Wasser erfolgt durch dieRückgewinnung des Transpirationswas-sers mittels Kühlfallen, die durch eine Pho-tovoltaikanlage betrieben werden.

Die Aufzucht der Tilapien erfolgt mit fisch-mehl- und fischölfreiem Futter, wobei dasFischmehl durch Fliegenmadenmehl unddas Fischöl durch Pflanzenöl vollständigsubstituiert werden sollen.

Wiedervernässung von Niedermooren –Notwendigkeit und ProblemeNiedermoore im Grenzbereich zwischenGewässern und ihren Einzugsgebietenstellen wichtige Wasser- und Stoffspei-cher in der Landschaft dar und sind Le-

bensraum einer Vielzahl von gefährdetenPflanzen- und Tierarten. Durch Trocken-legung und intensive landwirtschaftlicheNutzung haben sie ihre landschaftsöko-logischen Funktionen verloren und sindzu erheblichen CO2- und Nährstoffquel-len geworden. Eine Wiedervernässungerscheint daher aus Sicht des Gewäs-serschutzes, des Klimaschutzes und desErhaltes der Biodiversität dringend not-wendig.

Um mittelfristig die Stoffsenkenfunktionwiederherzustellen, ist eine dauerhafteWassersättigung des ehemals entwäs-serten Torfkörpers notwendig, was häu-fig nur durch Überstau erreichbar ist. Ak-tuelle Untersuchungen zeigen jedoch,dass in der Anfangsphase nicht ver-meidbare Freisetzungen von Phospha-ten und klimaschädlichem Methan erfol-gen. Ziel unserer Forschungen ist es, dieProzesse, die zur Freisetzung dieserStoffe führen, besser zu verstehen undManagementstrategien zur Wiederver-nässung abzuleiten, die eine Minimie-rung von anfänglichen Stoffausträgengewährleisten.

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei im FV Berlin e.V. (IGB)

Abteilung Binnenfischerei

Leiter Prof. Dr. Werner KloasTel.: +49 (0)30 64 181 [email protected]

Forschungsschwerpunkte

• Kombination vonressourcenschonenderAquakultur und Nutzpflanzen

• Entwicklung von Technologienfür eine nachhaltigeAquakultur

• Endokrine Disruptoren mitWirkungen auf Reproduktionoder Schilddrüsensystem

• Auswirkungen von Pharmakaauf Amphibien und Fische

• Erforschung vonWirkmechanismen derCyanotoxine in aquatischenOrganismen

• Cyanotoxine alsSignalsubstanzen imaquatischen Ökosystem

Zentrales Chemielabor

LeiterDr. Jörg GelbrechtTel.: +49 (0)30 64 181 [email protected]

Schwerpunkte• Analytik von anorganischen

und organischen Stoffen mitgewässerökologischerRelevanz in Wasser-,Sediment- und Biota-Proben

• Laborexperimente undFreilandmessprogramme

• Biogeochemische Prozesse inGrenzzonen

Blick in das Labor

Aquaponik-System

Foto: IGB

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38 Forschen für den ländlichen Raum

Produkte des Gartenbaus sollen von ho-her Qualität sein, aus einem umweltver-träglichen Anbau stammen und für denVerbraucher bezahlbar sein. Das Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbaumit Standorten in Großbeeren (bei Berlin)und Erfurt erarbeitet wissenschaftlicheGrundlagen für eine ökologisch sinnvolleund wirtschaftliche Erzeugung von Garten-baukulturen.

Wir untersuchen Wachstum, Entwicklungund Qualität von Pflanzen unter optimalenund unter ungünstigen Bedingungen undbewerten den Einfluss sich wandelnderUmweltbedingungen auf die gärtnerischeProduktion. Dabei arbeiten wir eng imRahmen von Kooperationen und Netzwer-ken mit Universitäten, anderen For-schungseinrichtungen und Praxisbetrie-ben zusammen, auch über die GrenzenDeutschlands und Europas hinaus.

Eine wesentliche Aufgabe des Institutesist eine umfangreiche Nachwuchsförde-rung. Ausdruck dieser erfolgreichen Arbeitist die Erringung des Preises TASPOAWARDS 2007 in der Kategorie Junge

Wissenschaft „Produktion“. Dieser For-scherpreis fördert weiterführende gemein-same Arbeiten zu Fragen der Interaktionzwischen Mikroorganismen und Pflanzen.

Unser InstitutDas IGZ ist eines der größten öffentlichfinanzierten Forschungsinstitute der Gar-tenbauwissenschaften in Deutschland.Die Standorte des Instituts, Großbeerenund Erfurt, können beide auf eine langeTradition in der Forschung zum Gemüse-und Zierpflanzenbau zurückblicken.

Wir kombinieren Erkenntnisse aus denBereichen Modellierung, Pflanzenvermeh-rung, Pflanzenqualität, Pflanzengesund-heit und Pflanzenernährung. Damit wirdinterdisziplinäre Forschung in verschiede-nen Bereichen des Gartenbaus und derNahrungsmittelerzeugung ermöglicht. Unser Ziel ist es, Fortschritte im geneti-schen oder ökologischen Verständnis vonLebenszusammenhängen auf moderneGartenbausysteme anzuwenden. Regio-nale, nationale und internationale For-schungskooperationen spielen für die Zu-

Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren/Erfurt e.V. (IGZ)

Wisssenschaftlicher DirektorProf. Dr. Eckhard George

Mitarbeiter120

Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Groß-beeren/Erfurt e.V.

Theodor-Echtermeyer-Weg 114979 Großbeeren

Tel.: +49 (0)33701-78 131Fax: +49 (0)33701-55 391

[email protected]

Versuchsgewächshäuser mit Blick auf das Laborgebäude (links) am Standort Großbeeren

Mitglied der

Foto: IGZ

Foto: IGZ

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Forschen für den ländlichen Raum 39

kunft des IGZ eine besondere Rolle undsollen uns auch helfen, unser eigenes For-schungspotenzial effektiv einzusetzen.

Historische EntwicklungDas Leibniz-Institut für Gemüse- undZierpflanzenbau Großbeeren/Erfurt e.V.(IGZ) besteht seit Anfang des Jahres1992. Es ging hervor aus dem Institut fürGemüseproduktion Großbeeren (Akade-mie der Landwirtschaftswissenschaftender DDR) und dem Zentralinstitut für Son-derkulturen und Zierpflanzen Bernburg,Abteilung Zierpflanzen, Erfurt-Kühnhau-sen. Großbeeren ist seit über 80 JahrenStandort gemüsebaulicher Forschung.Unter Professor Theodor Echtermeyer,dem damaligen Direktor der Lehr- undForschungsanstalt für Gartenbau Berlin-Dahlem, begannen 1925 die Untersu-chungen auf den „MoorversuchsfeldernGroßbeeren“. Ziel der Versuche war dieNutzung von Niedermoorflächen durchgärtnerische Kulturen. In Erfurt bestehteine lange Tradition im Bereich gärtneri-scher Samenbau und Pflanzgutvermeh-rung. 1964 wurde das VEG Saatzucht

Zierpflanzen Erfurt gegründet und ab1970 eine Forschungsabteilung für Zier-pflanzenzüchtung eingerichtet.

Das Institut wird vom Bundesministeriumfür Ernährung, Landwirtschaft und Ver-braucherschutz, dem Ministerium fürLändliche Entwicklung, Umwelt und Ver-braucherschutz des Landes Branden-burg sowie dem Ministerium für Land-wirtschaft, Naturschutz und Umwelt desFreistaates Thüringen gefördert.

ForschungsprofilDas Forschungsprogramm des IGZ gliedertsich in vier Programmbereiche: Gartenbau-praxis und moderne Produktion; Nutzungbiologischer Regelungssysteme im Garten-bau; Gartenbau, Umwelt und Verbrauchersowie globale Änderungen und Gartenbau.Die Forschung am IGZ wird in elf Schwer-punkten durchgeführt. Jeder Schwerpunkthat festgelegte Ziele; der Erfolg unsererForschung wird regelmäßig sowohl internals auch extern überprüft. In den Pro-grammbereichen werden jeweils ein bisdrei Schwerpunkte integriert:

Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren/Erfurt e.V. (IGZ)

Verwaltungsleiter:Dipl.-Ing. Wolfgang NehlsTel.: +49 (0)33701-78 [email protected]

Diskussion der Versuche in Golzow mit Praktikern

Foto: IGZ

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40 Forschen für den ländlichen Raum

Gartenbaupraxis und moderne ProduktionDemonstrationsversuche, webbasierte Do-kumentationen und andere Methoden desWissenstransfers werden genutzt, um diepraxisrelevanten Ergebnisse unserer For-schungsarbeiten zu bündeln und der gärt-nerischen Praxis und den angrenzendenBereichen bis hin zum Verbraucher zur Ver-fügung zu stellen. In Zusammenarbeit mitGartenbauverbänden und der Gartenbau-beratung arbeitet das IGZ zum Beispiel anpraxisrelevanten Dokumentationen, Infor-mationsmaterial und in Weiterbildungsver-anstaltungen mit. Im Focus stehen dabeiLösungen für umweltschonendere und effi-zientere Produktionsverfahren.

Nutzung biologischerRegelungssysteme im GartenbauAdventivwurzelbildung und JungpflanzenproduktionEin hoher Anteil der Zierpflanzen wirdüber Stecklinge vermehrt. Eine Adaptionder Stecklinge an das Klima ferner Pro-

duktionsstandorte und die Wirkung vonStressfaktoren nach der Ernte beeinträch-tigen die Jungpflanzenproduktion in Mit-teleuropa. Im ungünstigsten Fall wird eineBlattseneszenz induziert. Häufig ist unab-hängig davon die Wurzelbildung derStecklinge unzureichend, was zur Verlän-gerung des Produktionsprozesses, erhöh-tem Arbeitsaufwand wegen notwendigerSortierungen und geringerem Anteil ver-marktungsfähiger Jungpflanzen führt. Un-ter Einbeziehung cytologischer, biochemi-scher und molekulargenetischer Metho-den sollen die beteiligten pflanzenphysio-logischen Prozesse weiter aufgeklärt so-wie die Entwicklung neuer Vermehrungs-verfahren und Methoden der Qualitätsbe-wertung gefördert werden.

Embryogenese und SamenentwicklungDer generativen Vermehrung von Zier-pflanzen und Gemüsearten liegt die Bil-dung eines zygotischen Embryos zugrun-de. Pflanzliche Embryonen können aberauch aus somatischen Zellen oder überApomixis entstehen. Vermehrungssyste-men, die auf somatischer Embryogeneseoder Apomixis beruhen, wird aufgrund derdamit verbundenen genetischen Identitätder Nachkommen ein hohes Potenzial fürdie Nutzung im Gartenbau eingeräumt. Mitjedem dieser embryogenesebasierten Ver-mehrungssysteme sind jedoch spezifischeProbleme verbunden, die bei der zygoti-schen Embryogenese zu einer hinsichtlichQuantität und Qualität unbefriedigendenSamenbildung führen können und bei so-matischer und apomiktischer Embryoge-nese eine gartenbauliche Nutzung des Po-tenzials dieser Regenerationswege er-schweren oder verhindern. Deshalb ist esdas Ziel unserer Forschung, einen Beitragzur verbesserten Saatgutproduktion, zurerhöhten Reproduzierbarkeit von Verfah-ren der somatischen Embryogenese undzur Etablierung eines neuen Vermehrungs-systems über Apomixis zu leisten.

Biologische Grundlagen des PathogenmanagementsMikroorganismen können die Gesundheitvon Pflanzen erhöhen, Wachstum undQualität verbessern oder als Pathogenedirekte und indirekte Schäden an den

Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren/Erfurt e.V. (IGZ)

Gartenbaupraxis undmoderne ProduktionDr. Carmen FellerTel.: +49 (0)33701-78 [email protected]

Dr. Roland KadnerTel.: +49 (0)36201-785 [email protected]

Kooperationspartner Landesverband GartenbauBrandenburg e.V.Landesverband GartenbauThüringen e.V. Kontrollring IntegrierteProduktion gärtnerischerKulturen im Land Brandenburg

Adventivwurzelbildung und JungpflanzenproduktionDr. Uwe DrügeTel: +49 (0)36201-785 [email protected]

KooperationspartnerIPK GaterslebenIPB HalleFHS Erfurt

Embryogenese undSamenentwicklungDr. Frank HennigTel.: +49 (0)36201-785 [email protected]

Kooperationspartner Leibniz-Universität Hannover Suez Canal University Ismailia(Ägypten)S.A.S. MOREL Diffusion(Frankreich).

Biologische Grundlagen des PathogenmanagementsDr. Rita GroschTel: +49 (0)33701-78 [email protected]

KooperationspartnerBiopract GmbHGHG-Saaten GmbH, Aschersleben Universität Gießen

Adventivwurzelbildung in einem Petuniensteckling

Foto: IGZ

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Forschen für den ländlichen Raum 41

Pflanzen verursachen. Unter den Patho-genen haben Peronospora sp., Fusariumsp. und Rhizoctonia solani eine hohe Be-deutung in der Produktion gärtnerischerKulturpflanzen. Grundlage für die Ent-wicklung umweltgerechter Verfahren zurProduktion gesunder Pflanzen ist das Ver-ständnis der Wirt-Pathogen-Interaktionenund der Möglichkeiten und Grenzen ihrerBeeinflussbarkeit. Das Verständnis derbiologischen Grundlagen in kompatiblenund inkompatiblen Interaktionen und dieKombination einzelner Bausteine soll ei-nen Beitrag leisten zur Entwicklung einesPathogenmanagements in ökologischstabilen gärtnerischen Produktionssyste-men.

Gartenbau, Umwelt undVerbraucherErtrags- und Qualitätsphysiologie unter UmweltstressAbiotische und biotische Umwelt- undKulturfaktoren beeinflussen spezifischund in Wechselwirkungen die Kulturpflan-zen. Wenn ein oder mehrere Faktoren einebestimmte Intensität über- oder unter-schreiten und dieser Zustand für längereZeit auf die Pflanze einwirkt, kommt es zueiner Reaktion der Pflanze. Diese kannsich in vielfältiger Weise äußern: ganz all-gemein nehmen Wachstum und Ertrag ab.Andererseits kann sich aber auch dieQualität von Ernteprodukten verbessern.Außerdem beinhaltet eine Unterschreitungder Intensität, wie zum Beispiel beim Ab-senken der Temperatur, häufig ein Einspa-rungspotenzial an Energie. Im Vorder-grund der Arbeiten stehen Temperatur,CO2-Konzentration und Phosphaternäh-rung (abiotisch) sowie pilzliche Pathogeneund Symbionten (biotisch).

Qualität in der LebensmittelversorgungsketteDie Qualität von Gemüse ist davon abhän-gig, wie gut die einzelnen Stufen der Le-bensmittelkette aufeinander abgestimmtsind. Nur durch Optimierung des gesam-ten Vor- und Nacherntebereichs, von derProduktion bis zum Verbraucher, könnenqualitätsverbessernde Maßnahmen kun-denorientierte Qualität hervorbringen und

sichern. Unter Berücksichtigung von Ver-braucherpräferenzen werden Qualitäts-profile erstellt. Um die geforderten Quali-tätsprofile erreichen zu können, konzen-trieren sich die Untersuchungen auf dieAusbildung und Sicherung sekundärerPflanzenstoffe sowie sensorisch relevan-ter Inhaltsstoffe. Unter Aufklärung der ab-laufenden biochemischen, molekularbio-logischen und pflanzenphysiologischenProzesse wird die Interaktion zwischenden einzelnen Stufen der Lebensmittelver-sorgungskette untersucht. Dabei wird derEinfluss des Genotyps, der ökophysiolo-gischen Faktoren und der Verarbeitungebenso berücksichtigt, wie die Wirkungchemischer, physikalischer und biologi-scher Elicitoren und anthropogenerSchadstoffe.

Einschränkung von GemüseallergienIn Deutschland reagieren etwa 2 – 3 Mil-lionen Allergiker auf Nahrungsmittel oderNahrungsmittelzusatzstoffe (Weißbuch).Die Symptome sind vielfältig und könnenim schwersten Fall tödlich verlaufen (zumBeispiel anaphylaktischer Schock bei Sel-lerieverzehr). Bei der Auslösung von aller-

Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren/Erfurt e.V. (IGZ)

Ertrags- undQualitätsphysiologie unter UmweltstressDr. Philipp FrankenTel.: +49 (0)33701-78 [email protected]

KooperationspartnerHU Berlin, BiologieAgricultural ResearchOrganisation, IsraelBASF, Ludwigshafen

Qualität in der Lebensmittel-versorgungsketteDr. Monika SchreinerTel.: +49 (0)33701-78 [email protected]

KooperationspartnerDIfE, Potsdam-RehbrückeTU BerlinLeibniz-Universität Hannover

Einschränkung vonGemüseallergienDr. Philipp FrankenTel.: +49 (0)33701-78 [email protected]

KooperationspartnerHU Berlin, CharitéMolecular Systems Biology,Universität WienProteome Factory AG, Berlin

Sclerotinia sclerotiorum an Bohnen

Foto: IGZ

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42 Forschen für den ländlichen Raum

Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren/Erfurt e.V. (IGZ)

gischen Reaktionen spielen nicht nur dieProteinsequenzen, sondern auch diestrukturellen Eigenschaften verschiedenerpflanzlicher Proteine eine Rolle.

Von den Gemüseallergien ist die Sellerie-Allergie die gefährlichste und besteht meistlebenslang. Auch Allergene von anderenGemüsearten, wie Möhre, Tomate, Paprikaund Amarant, können zur Sensibilisierungführen. Hier wird untersucht, inwieweit sichklimatische Bedingungen, Maßnahmen derPflanzenernährung und des Pflanzen-schutzes, der Lagerung, Behandlung undVerpackung auf das allergene Potenzialvon frischem Gemüse auswirken.

Die Überprüfung von definierten Anbau-maßnahmen, die zu einer Reduktion derAllergenität oder ihrer Auswirkungen inGemüse führen, erfolgt in enger Zusam-menarbeit mit Allergologen und molekula-ren Pflanzenphysiologen. Allergien gegenGemüse beeinträchtigen die Lebensquali-tät einer steigenden Anzahl von Men-schen. Sortenwahl und Anbaumethodenzur Reduzierung des allergenen Potenzi-

als von Gemüsen wird in enger Zusam-menarbeit mit Allergologen an der Charitéin Berlin und Proteinchemikern am MPI fürmolekulare Pflanzenphysiologie in Golmüberprüft.

Nährstoffflüsse im GartenbauGartenbauliche Produktionssysteme sinddurch den Anbau von Pflanzen gekenn-zeichnet, die einen hohen Stickstoff-(N)-bedarf haben und eine im Vergleich zulandwirtschaftlich genutzten Arten kurzeKulturzeiten aufweisen. Daher muss einegroße N-Menge in vergleichsweise kurzerZeit zur Verfügung stehen, um hohe Erträ-ge und gute Qualität zu gewährleisten. DieKenntnis der lang-, mittel- und kurzfristi-gen Nährstoffdynamik in Abhängigkeitvon bodenbiologischen und witterungs-bedingten Faktoren und den verwendetenN-Düngern ist eine wesentliche Voraus-setzung für ein gezieltes Nährstoffmana-gement sowohl im konventionellen alsauch im „biologischen“ Gemüsebau.

Es werden mathematische Simulations-modelle verwendet, um Fruchtfolgen undDüngungsstrategien im Freilandgemüse-bau zu analysieren und zu bewerten. DieModellrechnungen zeigen Handlungsal-ternativen auf, mit denen Pflanzennähr-stoffe im Produktionskreislauf erhaltenund Nährstoffverluste an die Umwelt ver-mindert werden können, ohne dadurchdie Wirtschaftlichkeit der gärtnerischenBetriebe zu beeinträchtigen.

Globale Änderungen und GartenbauPflanzenwachstum und MikroklimaGlobale Änderungen der Umweltbedin-gungen und gesellschaftliche Anforderun-gen erfordern eine Anpassung der garten-baulichen Produktionssysteme. Die Kon-zeption von sozial- und umweltverträgli-chen Anpassungsstrategien erfolgt dabeiimmer häufiger mit Methoden der System-analyse und Simulation. Im Fokus des In-teresses stehen vor allem Modelle, die denStoff- und Energieaustausch im Soil-Vege-tation-Atmo sphere-Transport (SVAT) Kon-tinuum in verschiedenen Raum- und Zeit-skalen beschreiben.

Nährstoffflüsse im GartenbauDr. Matthias FinkTel.: +49 (0)33701-78 [email protected]

KooperationspartnerDLR Rheinpfalz, NeustadtBOLAP GmbH sowie acht Partner europaweit

Pflanzenwachstum undMikroklimaDr. Jan GräfeTel.: +49 (0)33701-78 [email protected]

KooperationspartnerDLR NeustadtFHS Geisenheim

Biomanufacturing von Brassica-Gemüse zur Gewinnungvon Glucosinolaten aus Wurzelexudaten

Foto: IGZ

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Forschen für den ländlichen Raum 43

Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau Großbeeren/Erfurt e.V. (IGZ)

In den Projekten werden pflanzenphysio-logische Prozesse wie Photosynthese undStomataregulierung auf Blatt- und Pflan-zenebene untersucht. Unter Berücksichti-gung der Interaktion mit der umgebendenAtmosphäre und mit dem durchwurzeltenBoden sollen damit bestehende Modelledes Pflanzenwachstums und des Be-standsklimas verbessert werden.

Nachhaltigkeit und Stabilität von BewirtschaftungssystemenDas Gros der gartenbaulichen Produktionist, wie die Agrarproduktion insgesamt,deutschland-, europa- und weltweit an dieRessource Boden geknüpft, deren Verfüg-barkeit sich durch vielfältige Faktoren be-dingt im globalen Maßstab permanentverringert. Damit verbunden besteht fürdie Forschung die Aufgabe, wissenschaft-liche Grundlagen für eine nachhaltige Nut-zung dieser Ressource unter sich verän-dernden gesellschaftlichen und natürli-chen Rahmenbedingungen zu schaffen.Die Palette der Untersuchungen reichtvon der Aufklärung mikrobieller Prozesse

über die Beeinflussung der Speicherfunk-tion des Bodens bis zur Analyse der Pro-duktivität und Stabilität von Agroökosys-temen.

Armutsbekämpfung und Lebensqualitätdurch Anbau von Gemüse- und ZierpflanzenIm Kontakt mit internationalen Einrichtun-gen werden Probleme in Entwicklungslän-dern (tropische und subtropische Regio-nen) bearbeitet. Alle Projekte werden ausDrittmitteln finanziert. Gartenbauwissen-schaftliche Erkenntnisse aus allenSchwerpunkten am IGZ werden genutzt,um zur Verbesserung der Ernährungs-und Einkommenssituation beizutragen.

Geographische Schwerpunkte der Arbeitsind zurzeit China und der Nahe Osten,Kontakte bestehen jedoch auch in ver-schiedene andere Regionen der Welt. Er-kenntnisse und Erfahrungen sollen die Ar-beiten des Instituts zu Problemen desGartenbaus in Deutschland und Europabefruchten und helfen, neue Lösungsvor-schläge zu entwickeln.

Nachhaltigkeit und Stabilität vonBewirtschaftungssystemenDr. Jörg RühlmannTel.: +49 (0)33701-78 [email protected]

KooperationspartnerUniversität PotsdamZALF MünchebergLeibniz-Universität Hannover

Armutsbekämpfung undLebensqualität Dr. Bernhard BrücknerTel.: +49 (0)33701-78 [email protected]

KooperationspartnerSyiah Kuala Universität BandaAceh, IndonesienTadulako Universität Palu,IndonesienUniversität für Bodenkultur Wien

Miniküvette zur Erfassung des momentanen CO2- undH2O-Gasaustausches von Teilen des Spargelkrautes unterFreilandbedingungen

Spargelfeld im Versuchsbetrieb des IGZ kurz vorErntebeginn im März

Foto: IGZ

Foto: IGZ

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44 Forschen für den ländlichen Raum

Das Leibniz-Institut für Regionalentwick-lung und Strukturplanung (IRS) in Erknerwurde 1992 gegründet. Es ist Mitglied derLeibniz-Gemeinschaft und gehört der Sek-tion B „Wirtschafts- und Sozialwissen-schaften, Raumwissenschaften“ an. DasInstitut erforscht sozial- und wirtschafts-räumliche Grundlagen zur Stadt- und Re-gionalentwicklung. Aus sozialwissenschaft-lichen Mikro- und Makroperspektiven wirddie Transformation und Steuerung vonStädten und Regionen in interdisziplinärenTeams und langfristig angelegten For-schungsschwerpunkten untersucht. Dabeiwerden Analysen und Strategien zur Ent-wicklung und Stabilisierung europäischerTeilregionen in vier Bereichen erarbeitet.

Die Bereiche bearbeiten für einen dreijähri-gen Zeitraum so genannte Leitprojekte.Diese werden aus fachlich-wissenschaftli-cher Sicht konzipiert und aus Haushalts-mitteln finanziert, die vom Bund und vomLand Brandenburg zur Verfügung gestelltwerden. Sie stellen die wesentlichen, dasinhaltliche Profil des Instituts bestimmen-den Untersuchungen dar. Dabei handelt essich um Leibniz-typische Projekte der an-

wendungsorientierten Grundlagenfor-schung. Das bedeutet, dass bei ihnen pri-mär das Interesse an der Erkenntnis imMittelpunkt steht. Anders als bei rein er-kenntnisbezogener Forschung werdenaber von vornherein auch mögliche An-wendungskontexte der Ergebnisse (Politik-beratung auf europäischer, bundesstaatli-cher, Länder- oder kommunaler Ebene) be-reits im Forschungsprozess systematischmit reflektiert. Das zeigt sich daran, dassdie Untersuchungen in den Leitprojektenimmer auf einen als dringend erkanntengesellschaftlichen Bedarf reagieren.

Territorialer Zusammenhalt und Kohäsion70 Prozent der Fläche der Bundesrepublikwerden zum ländlichen Raum gezählt.Ländliche Räume sind deshalb in den For-schungen des Instituts Gegenstand vielfälti-ger Untersuchungen. Dabei geht es bei-spielsweise um Fragen des territorialen Zu-sammenhalts und des wirtschaftlichen undsozialen Ausgleichs (Kohäsion). Dies ge-schieht vor dem Hintergrund der europäi-schen Integration und des Übergangs vonder industriellen zu einer mehr auf Wissen

Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung e.V. (IRS)

DirektorinProf. Dr. Heiderose Kilper

Mitarbeiter68 Beschäftigte (46 Wissen schaftler, davon 19 in Drittmittelprojekten; 14 Doktoranden)

Leibniz-Institut fur Regional-entwicklung und Strukturplanung e.V.

Flakenstr. 28–3115537 Erkner

Tel.: +49 (0)3362-793 115Fax: +49 (0)3362-793 111

[email protected]

Das IRS hat seinen Sitz zwischen der großen Stadt und dem ländlichen Raum am südöstlichen Rand Berlins in Erkner

Mitglied der

Foto: IRS

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basierenden Wirtschaftsweise. Die ländli-chen Räume sind in besonderer Weise vonder Globalisierung und dem Wandel unse-rer Gesellschaft von einer Industrie- in eine„post-industrielle“ Wissensgesellschaft be-troffen. Diese Veränderungen sind unter an-derem gekennzeichnet durch nationaleGrenzen sprengende Finanzströme, die He-rausbildung multinationaler Unternehmenund durch die Auflösung der vergleichswei-se stabilen Arbeitsteilung zwischen den ein-zelnen Räumen. Der Wandel findet oft ananderen Standorten statt als an denen der„alten“ Industrien und erreicht insbesonde-re die ländlichen Räume oft nicht, so dassbestimmte Räume von Deindustrialisierung,Stagnation und wirtschaftlichem Nieder-gang bedroht sind, während andere im in-terregionalen Wettbewerb vom Struktur-wandel profitieren. Die Wissensgesellschaftoder Wissensökonomie enthält so in sichneue Risiken sozialer und räumlicher Un-gleichheit, die sich in den ländlichen Räu-men besonders scharf abzeichnen.

Modellvorhaben der RaumordnungImplikationen dieses Übergangs zur Wis-sensgesellschaft für die Raumentwicklungund Ansätze zur Förderung diese Über-gangs wurden vom IRS beispielsweise imRahmen einer MORO-Studie („Modellvor-haben der Raumordnung“) für das Bun-desamt für Bauwesen und Raumordnung(BBR) und das Bundesministerium für Ver-kehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)untersucht. Dabei wurden unterschiedlicheräumliche Schwerpunkte der Wissensge-sellschaft in Deutschland identifiziert. Re-gionen mit Zugewinnen im Bereich derWissensökonomie lassen sich geogra-phisch der so genannten europäischen„Wohlstandsbanane“ zuordnen, die ent-lang der Linie London – Rotterdam –Frankfurt – Stuttgart – Mailand führt. Sieverbindet im leichten Bogen die reichstenRegionen Europas. Vor diesem Hinter-grund entwickelten die neuen Bundeslän-der nun eine Initiative zur Entwicklung deszentraleuropäischen Raumes zwischenSüdskandinavien und dem Mittelmeer. ImAuftrag der Gemeinsamen Landespla-nungsabteilung Berlin-Brandenburg wer-den vom IRS die räumlichen Potenziale,Kooperationsmöglichkeiten und Hand-

lungserfordernisse in einem östlich der„Wohlstandsbanane“ gelegenen und vonSkandinavien über Ostdeutschland bis ansMittelmeer und die Adria reichenden Nord-Süd-Entwick lungs korridors untersucht.

Solche Untersuchungen zu den Wert-schöpfungs- und Einkommenspotenzialenländlicher Räume müssen sich auch derFrage zuwenden, wie sie sich geogra-phisch überhaupt von den anderen Raum-typen abgrenzen lassen. In der Regel wirdländlich als ein Gegensatz zu städtischdargestellt. Der Übergang zwischen beidenist in sozialer, wirtschaftlicher und räumli-cher Hinsicht allerdings fließend. Folgt mander Abgrenzung, die die EU vornimmt, soliegt der Definition des ländlichen Raumesein Einwohnerschwellenwert von 150 Ein-wohnern je Quadratkilometer zugrunde.Alle auf der Ebene von Kreisen und kreis-freien Städten (NUTS 3) abgegrenztenRäume, die diesen Schwellenwert unter-schreiten, gelten danach als ländliche Räu-me. Damit würde im Land Brandenburgdas gesamte Landesgebiet mit Ausnahmeder vier kreisfreien Städte Potsdam, Cott-bus, Frankfurt/Oder und Brandenburg/Ha-vel zum ländlichen Raum gehören.

Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung e.V. (IRS)

Forschungsschwerpunkte• Regionalisierung und

Wirtschaftsräume• Institutionenwandel und

regionale Gemeinschaftsgüter • Kommunikations- und

Wissensdynamiken im Raum • Regenerierung von Städten

Prozentuale Veränderung der sozialversicherungspflichti-gen Beschäftigungsverhältnisse

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Raumgebundene GemeinschaftsgüterEin anderer Arbeitszusammenhang im IRSbeschäftigt sich mit raumgebundenenGemeinschaftsgütern und den Regelun-gen zu ihrer Bereitstellung. Gemein-schaftsgüter sind allgemein Güter, denenzwar eine ökonomische oder eine anderegesellschaftliche Bedeutung zukommt, fürdie es aber keine funktionierenden Märktegibt, um ihren Preis zu bestimmen. Präg-nante Beispiele sind die Gemeinschafts-güter „saubere Umwelt“ („sauberes Was-ser“, „saubere Luft“), „öffentliche Sicher-heit und Ordnung“ oder „Bildung“.

Im IRS wird beispielhaft u. a. das an Raumgebundene Gemeinschaftsgut „Kultur-landschaft“ untersucht. Ländliche Räumesind hier regelmäßig exemplarische Räu-me, in denen dieses Gemeinschaftsgutseine augenfälligsten, aber beileibe nichteinzigen Ausprägungen findet. Kulturland-schaften können als ein regionales, Identi-tät stiftendes Potenzial zur Stabilisierungländlicher Räume beitragen, wenn regio-nale Akteure diese Potenziale erkennenund es sich durch Projekte und Netzwerkeerschließen. Bislang können Kulturland-schaften aber eher als ein beiläufiges undmeist nicht gezielt intendiertes Nebenpro-dukt eines komplexen Zusammenwirkensvon Akteuren gelten, die Raum zu unter-schiedlichen Zwecken nutzen: für Land-und Forstwirtschaft, Tourismus, Siedlung,Verkehr, Freizeit und Naherholung. Derländliche Raum bildet hier fast immer dieArena für die damit verbundenen Nut-zungskonflikte.

Um die Raumordnung auf Bundesebenehinsichtlich der Aufgaben der Kulturland-schaftsgestaltung zu unterstützen, diesich aus den neuen Leitbildern und insbe-sondere dem dritten Leitbild „Ressourcenbewahren, Kulturlandschaften gestalten“ergeben, hat das IRS eine Vorstudie fürdas Bundesamt für Bauwesen und Raum-ordnung durchgeführt. Es wurden Ein-flussmöglichkeiten auf die Kulturland-schaftsgestaltung, Anpassungserforder-nisse der Raumordnung, innovative An-sätze regionaler Kulturlandschaftsgestal-tung sowie Erfolgsfaktoren und Hand-lungsmöglichkeiten im Blick auf mögliche

Modellvorhaben der Raumordnung zur re-gionalen Kulturlandschaftsgestaltung un-tersucht.

Kulturlandschaftliche HandlungsräumeIm Rahmen eines Projektes für die Ge-meinsame Landesplanungsabteilung Ber-lin-Brandenburg (GL) wurden auf derGrundlage historischer Regionsbildungs-prozesse, Landschafts-, Siedlungs- undFlächennutzungsstrukturen, der natürli-chen und baulichen Ausstattung von Kul-turlandschaften in bestehenden Groß-schutzgebieten, Regionen der ländlichenEntwicklung und weiteren räumlichen Ko-operationsformen Kriterien und Abgren-zungsvorschläge für kulturlandschaftlicheHandlungsräume im gemeinsamen Pla-nungsraum der Bundesländer Berlin undBrandenburg erarbeitet. Darüber hinausstand die konzeptionelle Weiterentwick-lung der Landes- und Regionalplanung zueinem Instrument, das Kulturlandschaftenals ein regionales Entwicklungspotenzialberücksichtigt, im Fokus. Eine daran an-knüpfende Broschüre sollte insbesondereden regionalen Akteuren Anregungen ver-mitteln, den in der neuen Landesentwick-lungsplanung für Berlin und Brandenburgverankerten innovativen Kulturland-schaftsansatz umzusetzen. Er zielt daraufab, Kulturlandschaften als Handlungsräu-me einer kooperativen Regionalentwick-lung zu verstehen und aktiv zu gestalten.In einem Gutachten für den FördervereinMittlere Havel e.V. wurden – ebenfalls inAnwendung dieses handlungsräumlichenAnsatzes – die Realisierungsmöglichkei-ten für einen „Naturpark Mittlere Havel“erörtert. Gleichzeitig wurden alternative,zivilgesellschaftlich getragene Formen derhandlungsräumlichen Institutionalisierungder Kulturlandschaft „Mittlere Havel“ un-tersucht.

Regenerierung von StädtenLändliche Räume insbesondere im OstenDeutschlands sind auch ein wesentlicherUntersuchungsgegenstand in den Arbeitenzur „Regenerierung von Städten“. Hier wirdanalysiert, wie Klein- und Mittelstädte in oftstrukturschwachen Räumen mit Transfor-mationsprozessen umgehen. Angesichtsdes wirtschaftlichen Strukturwandels oder

Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung e.V. (IRS)

Untersuchungsräume Städtische als auch ländlichgeprägte Räume in den neuenBundesländern, derBundesrepublik Deutschlandsowie in ausgewählten RegionenOstmitteleuropas und derEuropäischen Union

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des demografischen Wandels stehen dieseStädte vor großen Herausforderungen; siedrohen, von den Entwicklungen überrolltund marginalisiert zu werden (sie werden„schrumpfende“ Städte), oder es gelingtihnen, ihre Funktionen in Kenntnis der ab-laufenden Prozesse neu zu füllen.

Im Fokus des Leitprojektes „Strategiender Regenerierung schrumpfender Städtein Ostdeutschland“ stehen politisch-pla-nerische Strategien, die in den Städtenentwickelt werden. In diesem Zusammen-hang spielen auch – auf Pfadabhängigkei-ten zurückzuführende – Persistenzen undWendepunkte in der Stadtentwicklungeine Rolle. Dabei zeigt sich beispielswei-se, dass auch Städte in strukturschwa-chen ländlichen Räumen, deren industriel-le Basis längst weggebrochen ist, sichweiterhin als Industriestadt definieren,weil sie alten Entwicklungspfaden verhaf-tet sind. Diese Pfadabhängigkeit kannStädte bei der Entwicklung neuer Ideenund Visionen behindern. Anderseits bietenmöglicherweise lange unterbrochene his-torische Entwicklungspfade (beispielswei-se als Universitätsstadt, Residenzstadt,usw.) Chancen, in der aktuellen Strategie-entwicklung dort neu anzuknüpfen. Zumanderen wird in diesem Leitprojekt auchdie Einbettung lokaler Strategien in denübergeordneten Kontext von Förderpoliti-ken der EU sowie von Bund und Ländernuntersucht.

In engem Bezug zu diesen Forschungensteht ein von der Deutschen Forschungs-gemeinschaft (DFG) finanziertes Drittmittel-projekt „Strategische Stadtplanung – An-sätze zur Regenerierung schrumpfenderStädte in Ostdeutschland“. Im Rahmen ei-nes Gutachtens für den SächsischenLandtag wurden im Jahr 2007 ebenfallsChancen und Hemmnisse der Stadtent-wicklung in von Schrumpfung betroffenenKlein- und Mittelstädten – hier für Städteim Freistaat Sachsen – untersucht.

Künftig wird sich insbesondere das Leit-projekt noch stärker auf Klein- und Mittel-städte in strukturschwachen ländlichenRäumen in Ost- und Westdeutschland fo-kussieren.

Ausgangspunkt ist dabei einerseits die Tat-sache, dass die SiedlungsstrukturDeutschlands in starkem Maße durchKlein- und Mittelstädte geprägt ist unddass andererseits eine Zunahme vonräumlichen Disparitäten zwischen verstäd-terten und ländlichen Räumen zu beob-achten ist. Besonders in weniger stark ver-städterten Staaten Europas (süd- und mit-telosteuropäische Staaten, teilweise auchSkandinavien und Frankreich) zeigen sichTendenzen, dass ländliche Regionen dro-hen, von der Entwicklung abgehängt zuwerden. Trotz aller Ausgleichsbemühungenwird hier eine hohe Beharrungskraft derProblemkonstellationen strukturschwacherländlicher Räume sichtbar. Gleichzeitig ver-ändert sich die Rolle von Klein- und Mittel-städten in diesen Räumen. Sie verfügen invielen Fällen noch über soziokulturelle, in-frastrukturelle und sozioökonomische Po-tenziale, die sie zu Ankerpunkten im Raummachen und damit auch dem umgeben-den Raum Halt geben. So konzentrierensich zwar viele Aufgaben der Daseinsvor-sorge zunehmend auf die Städte; sie kön-nen aber gleichzeitig nur noch im regiona-len Kontext aufrechterhalten werden.

Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung e.V. (IRS)

KooperationspartnerUnter den vierraumwissenschaftlichenEinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft bestehenlangjährige und stabileKooperationsbeziehungen. Andiesem so genannten 4R-Netzwerk sind neben dem IRSdie Akademie für Raumforschungund Landesplanung (ARL) inHannover, das Leibniz-Institut fürLänderkunde (IfL) in Leipzig unddas Leibniz-Institut fürökologische Raumentwicklung(IÖR) in Dresden beteiligt.

Blick in die Archivmaterialien des IRS

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Das IZW beschäftigt sich mit der Lebens-geschichte, der Ökologie, der Fortpflan-zung, den Krankheiten und dem Verhaltenvon Wildtieren, um die Grundlagen für ei-nen wissenschaftlich orientierten Schutzvon Wildtieren zu schaffen. Im Mittelpunktstehen bedrohte, langlebige oder großeSäugetiere und Vögel, die besondere He-rausforderungen an Natur-, Arten- undTierschutz stellen. Zugleich haben sie da-für eine besondere Bedeutung, weil sie alsSchlüsselarten Ökosysteme mitgestalten,als Leitarten den Schutz konkreter Le-bensräume besonders eindrücklich ver-mitteln können und weil unter ihrem Deck-mantel ganze Lebensräume und damitzahlreiche andere, weniger auffällige Artenprofitieren. Dafür dokumentiert das IZWdie Bedrohung durch und zugleich die An-passungsfähigkeit von Wildtieren an ver-schiedene menschliche Einflüsse und ent-wickelt die Grundlagen für neue Metho-den und Konzepte zu ihrem aktivenSchutz. Es nutzt dazu Untersuchungen anWildtieren im Freiland in naturnahen wiekulturnahen Landschaften, an Wildtierenin menschlicher Obhut sowie an Wildtie-ren, die stellvertretend für andere Arten

besonders geeignet für Untersuchungensind. Dabei ist für das IZW der Dialog mitVertretern aller betroffenen Interessen-gruppen bei Planung wie Durchführungvon Forschungsprojekten und die an-schließende Vermittlung der Ergebnissevon besonderer Bedeutung. Die so ge-wonnenen Erkenntnisse sind Vorausset-zung für einen wissenschaftlich begrün-deten Schutz und für Konzepte der ökolo-gischen Nachhaltigkeit der Nutzung natür-licher Ressourcen. Für das IZW ist dasLand Brandenburg von zentraler Bedeu-tung: Es betreibt in Brandenburg eineFeldforschungsstation, auf der Rehe, Ha-sen und Mufflons gehalten werden undführt mehrere langfristig angelegte For-schungsprojekte durch.

HistorieDas Berliner Leibniz-Institut für Zoo- undWildtierforschung wurde am 1. Januar1992 als Nachfolgeeinrichtung der „For-schungsstelle für Wirbeltierforschung“ derAkademie der Wissenschaften der DDR inunmittelbarer Nachbarschaft des TierparksBerlin neu gegründet. Es wird durch den

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung im FV Berlin e.V. (IZW)

DirektorProf. Dr. Heribert Hofer [email protected]

Wissenschaftskoordination/ÖffentlichkeitsarbeitDipl.-Soz. Steven [email protected]

Mitarbeiter160

RechtsformInstitut des ForschungsverbundesBerlin e.V.

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschungim FV Berlin e.V.

Alfred-Kowalke-Straße 1710315 Berlin-Friedrichsfelde

Tel.: +49 (0)30 5168-0Fax: +49 (0)30 5126-104

[email protected]

Erweiterungsbau des IZW in Berlin-Friedrichsfelde

Mitglied der

Foto: IZW

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Bund, das Sitzland Berlin und die Gemein-schaft der Länder finanziert und ist Mitgliedder Leibniz-Gemeinschaft. Institute derLeibniz-Gemeinschaft haben einen gesell-schaftlichen Auftrag von überregionalerBedeutung und erforschen Fragestellun-gen von gesamtstaatlichem Interesse. AlsBetreiber anwendungsorientierter Grundla-genforschung über Säugetiere und Vögelagiert es in einem dichten, weltumfassen-den Netzwerk akademischer und staatli-cher Einrichtungen und führt Forschung inAfrika, Amerika, Asien ebenso wie im euro-päischen Ausland und in fast allen deut-schen Bundesländern durch.

Forschungsprogramm EVitAIm Jahr 2004 wurde vom IZW das For-schungsprogramm EVitA (Erforschung derVitalität und Anpassungsfähigkeit vonWildtierpopulationen bei Tierarten von he-rausragendem ökologischen Interesse imSpannungsfeld Tier – Mensch) aufgelegt,welches alle Fragestellungen der For-schung des Hauses unter drei zentraleThemenbereiche (Leistungsziele) zusam-menfasst. Das Programm geht von dergrundlegenden Annahme aus, dass dasVerhalten, die Gestalt, Funktion, Leistungund Anpassungsfähigkeit von Organismendurch ihre genetische Ausstattung und(komplexe) Umwelteinflüsse bestimmtwerden. Dabei ist ein interdisziplinärer An-satz bei der Bearbeitung von Forschungs-aufgaben besonders wichtig. Die fünf fle-xiblen Forschungsgruppen des Hauses(Evolutionäre Ökologie, Evolutionsgenetik,Wildtierkrankheiten, Reproduktionsbiolo-gie und Reproduktionsmanagement) bear-beiten im Kontext des Forschungspro-gramms drei zentrale Themenbereiche:Anpassung, Krankheiten und Naturschutz.

Anpassungen: Aufklärung evolutions -ökologischer Phänomene und Analyse des Anpassungswertes in der Lebensgeschichte von WildtierenWildtiere haben im Verlauf der Evolutionviele Anpassungen entwickelt, die auf-grund ihrer Komplexität häufig wenig ver-standen sind. Diese Anpassungen könnenjedoch maßgeblich über die Anfälligkeiteiner Wildtierart gegenüber direkten und

indirekten menschlichen Einflüssen – wiezum Beispiel klimatischen Veränderungen– entscheiden. Das Leistungsziel Anpas-sungen im Forschungsprogramm EVitAkonzentriert sich deshalb auf die Analysevon Strategien der Reproduktion, der Er-nährung, des Sozialverhaltens und derAuseinandersetzung mit Krankheitserre-gern sowie ihrer genetischen Grundlagenund Konsequenzen. Ausgangspunkt istder theoretische Ansatz, dass Anpassun-gen (Adaptationen) das Ergebnis von Se-lektionsdrücken sind, die oft durch be-deutsame evolutionäre Konflikte bestimmtwerden. Neue Erkenntnisse im Bereichder Theorie der Evolution von Lebensge-schichten und viele empirische Daten wei-sen darauf hin, dass Organismen währendihrer Entwicklung (Ontogenese) entschei-den, auf welche Merkmale sie ihre Res-sourcen konzentrieren. Die begrenztenkörpereigenen Ressourcen und die Quali-tät der Ausstattung eines jeden Merkmalslegen fest, in welchem Ausmaß es in Be-zug auf eine bestimmte Funktion optimiertwerden kann. Dabei nutzen Organismenevolutionär entstandene Verteilungsre-geln, die widerstreitende Ausstattungsbe-

Mitglied

IUCN/SSC Conservation Breeding Specialist Group

IUCN/SSC Veterinary Specialist Group

IUCN/SSC Sturgeon Specialist Group

Pathologisch-anatomische Referenzsammlung

Foto: IZW

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dürfnisse durch gezielte Abwägung („trade-off“) von Prioritäten zwischen verschiede-nen Funktionen lösen.

Krankheiten: Erfassung und Analyse derUrsachen, Verbreitung von Krankheiten und des Gesundheits -status in WildtierpopulationenKrankheiten, insbesondere Infektions-krankheiten, beeinflussen die Vitalität vonWildtieren. Im Wechselspiel mit Erregernevolvieren Anpassungen im Immunsystemder Wirtstiere. Eine Reihe von Krankheitenspielen sich im Spannungsfeld Wildtier –Mensch ab. Dabei kann es sich um zwi-schen Tieren und Menschen übertragbareKrankheiten (Zoonosen), übertragbareKrankheiten zwischen Haus- und Wildtie-ren oder um Krankheiten von Wildtieren inmenschlicher Obhut handeln. Viele bedeu-tende Wildtiererkrankungen sind bis heutein ihren Ursachen und Entwicklungen un-geklärt. Ziel ist es, die Entstehung und Ver-breitung bedeutender Zoo- und Wildtierer-krankungen zu untersuchen, die Ursachenund Entwicklung wichtiger Krankheitsbil-der unter Einbeziehung ihrer immunologi-schen und genetischen Grundlagen zu

klären und den Einfluss von Krankheitenauf die Dynamik und Bedrohung von Wild-tierpopulationen zu charakterisieren.

Naturschutz: Aufklärung biologischer Grundlagen und Entwicklung von Methoden für den Schutzbedrohter WildtierartenDas Leistungsziel Naturschutz umfasst dieErarbeitung der wissenschaftlichenGrundlagen für ein erfolgreiches undnachhaltiges Management stark bedrohterWildtierarten in ihren natürlichen Lebens-räumen und von Menschenhand geschaf-fenen Umgebungen. Dieses beinhaltet dieLösung einer Vielzahl von Problemen, wiedie Ermittlung von Gefährdungsfaktoren(Mortalitätsursachen), das frühzeitige Er-fassen genetisch bedingter Rückgangsur-sachen und der Dynamik kleiner Popula-tionen, das Management der Fortpflan-zung betroffener Wildtierpopulationen (as-sistierte Reproduktion, aber auch Fort-pflanzungskontrolle) und das Manage-ment von Krankheitserregern und der In-teraktionen von Wildtieren mit der örtli-chen Bevölkerung. Ziel ist die Entwicklungvon Konzepten und Methoden für die akti-ve Beeinflussung von Populationsentwick-lungen. Da der Kenntnisstand auf diesemGebiet defizitär ist, beinhaltet das Leis-tungsziel insbesondere die Entwicklungneuer und die Verbesserung bereits exis-tierender Methoden, die für den Schutzbedrohter Wildtierarten anwendbar sind.

Projekte in BrandenburgDas Forschungsprogramm EVitA ist dieGrundlage für mehrere Studien des IZW,die die Region Berlin-Brandenburg alsräumlichen Fokus haben. Inhaltlich be-schäftigen sich die Wissenschaftler desIZW in Brandenburg wie in Afrika oder La-teinamerika mit der herausragenden Be-deutung von Einzelarten für die Entwick-lung eines Lebensraums oder einer Regi-on. Dazu werden hier fünf Projekte exem-plarisch vorgestellt.

Lebenslaufstrategien der ReheIn diesem langfristigen Projekt soll die Ge-staltung der Lebensgeschichte (Lebens-laufstrategie) eines mitteleuropäischen

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Forschungsschwerpunkte1. Anpassungen: Aufklärung

evolutionsökologischerPhänomene und Analyse desAnpassungswertes in derLebensgeschichte vonWildtieren

2. Krankheiten: Erfassung undAnalyse der Ursachen undVerbreitung von Krankheitenund des Gesundheitsstatus inWildtierpopulationen

3. Naturschutz: Aufklärungbiologischer Grundlagen undEntwicklung von Methoden fürden Schutz bedrohterWildtierarten

Forschungsgruppen• Evolutionäre Ökologie• Evolutionsgenetik• Wildtierkrankheiten• Reproduktionsbiologie• Reproduktionsmanagement

Herstellung von Präparaten

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wildlebenden Pflanzenfressers am Bei-spiel des Rehs untersucht werden. Dabeiwird die Gestaltung der Lebensgeschichtein einer vergleichenden Studie in mehre-ren Gebieten verglichen, in denen Reheunter unterschiedlichen Bedingungen le-ben: in typischen mitteleuropäischenWaldlandschaften mit kontrollierter Jagd(Brandenburg), unter den ursprünglichenBedingungen von Urwäldern des zentral-europäischen Tieflandes mit Einfluss vonBeutegreifern (Luchs, Wolf) als auch derJagd (im Bialowiez·a-Nationalpark und an-grenzender Umgebung in Polen), in Ge-birgswäldern mit extremen Wintern, Beu-tegreifern (Luchs) und Jagd (im National-park Bayerischer Wald und angrenzenderUmgebung) sowie unter kontrollierter Hal-tung und einem genau abgemessenenFutterangebot (auf der Feldforschungs-station des IZW in Brandenburg).

Im Mittelpunkt stehen Fortpflanzungsleis-tung und -erfolg sowie Verhaltensanpas-sungen und physiologische Regulationbei der Futteraufnahme und Energieaus-gabe in Abhängigkeit von Klima, Nah-rungsangebot und Präsenz von Beute-

greifern. Dafür werden in diesem ProjektRehe mit Ultrakurzwellen-Halsbändern(VHF) und GPS-Telemetriehalsbändernmarkiert, die Lebendmasseerfassungdurch automatische Feldwaagen an Prä-ferenzplätzen (Fallen/Salzlecken) gesi-chert, Aktivitäts- und Raumnutzungsana-lysen, Video-Langzeitüberwachung, Habi-taterfassung sowie Untersuchungen zurFortpflanzung mit Hilfe moderner Ultra-schalltechnik durchgeführt.

Tötungswirkung und Toxizität bleifreier JagdgeschosseIn einem langfristig angelegten Projekt wer-den die Todesursachen und Krankheitenbei Seeadlern untersucht und nach Wegenzu einer Verringerung der Todesursachengesucht. Die vom Menschen ausgelöstenTodesursachen sind bei Seeadlern auffal-lend häufig, insbesondere die Belastungder Tiere mit Blei, auf das die Seeadler sehrempfindlich reagieren. Bei etwa einem Drit-tel aller tot aufgefundenen Tiere wurde diesals Todesursache festgestellt. Aus diesemGrund wurde ein vom Bundesministeriumfür Bildung und Forschung gefördertesProjekt über die Bleivergiftung bei Seead-

Kooperationspartner

National:11 Universitäten (davon 2 inBrandenburg)26 außeruniversitäreForschungsinstitute (davon 6 Leibniz-Institute und 3 Max-Planck-Institute)3 Wirtschaftsunternehmen20 zoologische GärtenMinisterien undFachgesellschaften

International:6 Universitäten50 außeruniversitäreEinrichtungen55 zoologische Gärten

Netzwerke• Concerted action for the

establishment of a Europeannetwork on wildlife asreservoirs of pathogensincluding zoonoses (EU FAIR6-CT98-4361)

• Network of Excellence (NoENeuroprion)

• BMBF (TSE bei Wildtieren)• BMWi (NEMO, PROINNO; in

Zusammenarbeit mit kleinenund mittelständischenUnternehmen in Brandenburg)

• Leibniz-Verbund Biodiversität• IUCN Species Survival

Commission• Zentrum für Infektionsbiologie

und Immunität (ZIBI)• Kompetenzverbund

Reproduktionsbiologie(ReproTier)

• Zentrum für GenetischeVariabilität undAnpassungsfähigkeit

• Adaptive Dynamik undManagement gekoppeltersozial-ökologischer Systeme

Seeadler in Brandenburg

Mitarbeiter in der Pathologie des IZW

Foto: IZW

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lern ins Leben gerufen, welches sich nebender Populationsentwicklung, den Lebens-räumen und dem Nahrungsspektrum auchmit der Tötungswirkung und Toxizität blei-freier Jagdgeschosse als Alternative zukonventionellen Geschossen beschäftigt.Da sich viele Großvögel wie der Seeadlerzu einem guten Teil von Aas und damit vonJagdresten ernähren, ist dies nicht nur ausGesichtspunkten des Verbraucherschutzesrelevant. Inzwischen existiert eine ganzeReihe neuer Munitionskonstruktionen (z. B.aus Tombak), die ohne toxische Schwer-metalle auskommen und möglicherweiseebenfalls gute ballistische Eigenschaftenaufweisen.

Die Studie erarbeitet eine systematischeÜbersicht über Tötungswirkungen beiJagden in Brandenburg und anderen Bun-desländern. Dabei wird erlegtes Schalen-wild direkt durch Röntgen bei Jagden,durch Computertomographie an derKleintierklinik der Freien Universität Berlinund durch Sektion im IZW auf Partikelbil-dung, Morphologie des Schusskanals,Tötungszeit und Hämatome untersucht,um die Tötungswirkung dieser Geschosse

zu beurteilen. Diese Forschungsdatensind von Relevanz für die Durchführungs-verordnung zum brandenburgischen Lan-desjagdgesetz und leisten somit einenpraxisgerechten Ansatz zur Findung vonAlternativen zur gegenwärtig praktiziertenVorgehensweise.

Entwicklung von Kriterien für WildruhezonenDas IZW erforscht die Gestaltung von Wild ruhezonen auf brandenburgischenReferenzflächen und entwickelt Empfeh-lungen für deren Einrichtung. Diese Zonenwerden für notwendig gehalten, um vor-handene Wildtierbestände zu fördern. DesWeiteren fördern diese Zonen die natürli-che Sozialstruktur, das natürliche Verhal-ten und den natürlichen Aktivitäts- undNahrungsaufnahmerhythmus der Wildtie-re. Sie können in ruhigen Zonen ungestörtund optimal vorhandene Nahrungsgrund-lagen nutzen. „Stress“, durch Störungenverursacht, bedeutet einen erhöhten Ener-giebedarf und somit eine zusätzliche Be-lastung der vorhandenen Nahrungsres-sourcen. Für das Forschungsprojekt wur-den Erfahrungen und Ansätze zu Wildru-

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung im FV Berlin e.V. (IZW)

Röntgenaufnahme, Seeadler mit Bleipartikeln im Magen

Videoüberwachung in Wildruhezonen

Geräte (eine Auswahl)• Kapillarsequenzierer und

Microarray-Reader • Massenspektrometer mit

Gaschromatografie • Computer-Tomograf (CT) • Raster- und Transmissions-

Elektronenmikroskopie • Laser-Dissection-Mikroskop

Labore• Nährstoffanalytik• Stabile Isotope • Molekulargenetik• Bakteriologie• Virologie• Immunhistochemie• Immunologie• Parasitologie• Zellzucht• Biochemie• Pheromonanalyse• Endokrinologie• Radionuklid

Foto: IZW

Foto: IZW

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he- und Wildschutzgebieten innerhalbEuropas herangezogen.

In zehn Untersuchungsgebieten in Bran-denburg wurden verschiedene Indikatorenüber einen Zeitraum von fast einem Jahrerhoben und die Präferenzen der Wildtiereüber ihre Anwesenheitsdauer protokolliert.Tagesrhythmen sowie jahreszeitlicheSchwankungen waren hierfür besonderswichtig. Die Verhaltensmuster der Tierewurden durch automatische Videokamerasaufgezeichnet. Die unterschiedlichen Bio-topstrukturen der Ruhezonen wurden klas-sifiziert. Anwesenheitsspuren von Wildtie-ren wie zum Beispiel Spuren, Verbiss oderKot wurden systematisch erfasst. Die Wirk-samkeit von Wildruhezonen ist nicht an denAusschluss des Menschen aus diesen Ge-bieten gekoppelt; Tourismus oder Jagdsind möglich. Der menschlich bedingte Ein-fluss auf diese Zonen und die darin leben-den Wildtiere ist derart komplex, dass eindetaillierter Indikatorenkatalog zur Charak-terisierung und Optimierung von Wildruhe-zonen entwickelt wurde.

Wechselwirkungen zwischen Pflanzenfresser und HabitatstrukturIn Kooperation mit dem Leibniz-Zentrumfür Agrarlandschaftsforschung wird ein Pro-jekt zur Bedeutung von Wildtieren für dieOffenhaltung von Weideland durchgeführt.Ziel dieses Projektes ist es, Grünlandhabi-tate mit Hilfe von Gruppen von Pflanzen-fressern zu gestalten und dabei selbstregu-lierende Prozesse zu erkennen bzw. zu för-dern. Im Mittelpunkt stehen bodenkundli-che, botanische, nutztierkundliche und tier-gesundheitsbeobachtende vergleichendeUntersuchungen zwischen Damwild, Muf-felwild und Schaf.

Untersucht werden die Folgen des Zusam-menseins verschiedener Arten von Pflan-zenfressern auf den Lebensraum und seineVegetation (Qualität und Quantität von Bio-masse). Es soll die Tragbarkeit der Lebens-räume ohne zusätzliche Beeinflussung wieMahd oder Zufütterung der Tiere ermitteltwerden. Unter Beteiligung aller betroffenenInteressengruppen werden Empfehlungenfür Landwirte oder Landbesitzer entwickelt,die an einer Offenhaltung durch Wildtiere

oder anspruchslose Haustierrassen interes-siert sind.

Verhalten und Aktivität zweier Pferdeartenunter naturnahen BedingungenSeit 2006 beschäftigt sich ein For-schungsprojekt mit der genauen Erfas-sung der Aktivität und des Verhaltens ver-wilderter Hauspferde im Wildpferdegehe-ge im brandenburgischen Liebenthal. DieWildpferdeherde wird von dem Verein„Liebenthaler Pferde“ gehalten, an demdie Gemeinde und Verhaltensforscheraus dem IZW beteiligt sind. Die im Jahr2006 aus 93 Pferden bestehende Herdelebt in vollständiger Unabhängigkeit aufeinem etwa 80 Hektar großen Gelände.Die Herde wird neben Aufgaben im Be-reich des Landschaftsschutzes auch tou-ristisch und für Forschungszwecke ge-nutzt. Untersucht wurden Zeitabläufe imVerhalten der Tiere, die als Tagesablaufoder saisonale Verhaltensänderungenmaßgeblich die Lebensgewohnheiten ei-ner Pferdeherde charakterisieren. Zusätz-lich beschäftigt sich das Projekt mit derRaumnutzung unter dem Einfluss klimati-scher Schwankungen.

Damwild und Przewalski-Pferde beim Grasen

Einrichtungen• Sektionshalle (Berlin-

Friedrichsfelde)• Feldforschungsstation

(Niederfinow, Eberswalde)

Ausbildungsberechtigung• Fachtierarzt Zoo-, Gehege-

und Wildtiere • Fachtierarzt für Parasitologie • Fachtierarzt für Pathologie• Biologielaborant(in)• Zootierpfleger(in)• Bürokauffrau(mann)• Fachangestellte(r) für

Bürokommunikation

Foto: IZW

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung im FV Berlin e.V. (IZW)

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54 Forschen für den ländlichen Raum

Das Julius Kühn-Institut, Bundesfor-schungsinstitut für Kulturpflanzen, wurdeam 1. Januar 2008 mit Inkraftsetzen desGesetzes zur Neuordnung der Ressortfor-schung im Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Ernährung, Landwirt-schaft und Verbraucherschutz (BMELV)neu eingerichtet. Das Julius Kühn-Institutblickt auf eine zum Teil über hundertjähri-ge Geschichte zurück. Es ist aus drei re-nommierten Forschungseinrichtungenhervorgegangen: der Biologischen Bun-desanstalt für Land- und Forstwirtschaft,der Bundesanstalt für Züchtungsfor-schung an Kulturpflanzen und zwei Insti-tuten der Bundesforschungsanstalt fürLandwirtschaft.

Hauptaufgabe des JKI ist die Beratungder Bundesregierung bzw. des BMELV inallen Fragen mit Bezug zur Kulturpflanze.Die vielfältigen Aufgaben sind in wichtigenRegelwerken, wie dem Pflanzenschutzge-setz, dem Gentechnikgesetz, dem Chemi-kaliengesetz und hierzu erlassenenRechtsverordnungen, niedergelegt undleiten sich im Übrigen aus dem neuen For-schungsplan des BMELV ab. Diese Zu-

ständigkeit umfasst behördliche Aufga-ben und die Forschung in den BereichenPflanzengenetik, Pflanzenbau, Pflanzener-nährung und Bodenkunde sowie Pflan-zenschutz und Pflanzengesundheit. DasJKI bearbeitet alle wichtigen Ressortthe-men um die Kulturpflanze – ob auf demFeld, im Gewächshaus oder im urbanenBereich; es entwickelt ganzheitliche Kon-zepte für den Pflanzenbau, für die Pflan-zenproduktion bis hin zur Pflanzenpflegeund -verwendung.

Das JKI ist in 15 Institute gegliedert. Nachder Umstrukturierung sollen die Instituteneben dem Hauptsitz in Quedlinburg anden Standorten Braunschweig, Klein-machnow, Siebeldingen, Dossenheim undDresden-Pillnitz konzentriert sein unddurch eine Versuchsstation zur Kartoffel-forschung in Groß Lüsewitz ergänzt wer-den.

In Kleinmachnow wurde am 1. Januar2008 das Institut für Strategien und Fol-genabschätzung im Pflanzenschutz desJKI durch Zusammenlegung der Institutefür integrierten Pflanzenschutz und für

Julius Kühn-Institut (JKI)Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Leiter des JKI-Instituts in KleinmachnowDir. u. Prof. Dr. habil. Volkmar Gutsche

Mitarbeiter in Kleinmachnow 100

Standort Kleinmachnow desJulius Kühn-InstitutesStahnsdorfer Damm 8114532 KleinmachnowTel.: +49 (0)33203-48-205Fax: +49 (0)[email protected]

Julius Kühn-Institut,Bundesforschungs-institut für Kulturpflanzen

Erwin-Baur-Straße 2706484 Quedlinburg

Tel.: +49 (0)3946-47100Fax: +49 (0)3946-47110

[email protected]

Gebäude des Julius Kühn-Instituts in Berlin-Dahlem

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 55

Folgenabschätzung im Pflanzenschutzder ehemaligen Biologischen Bundesan-stalt für Land- und Forstwirtschaft gebil-det. Hier befinden sich zudem Außenstel-len weiterer JKI-Institute sowie gemein-schaftliche Einrichtungen.

Institut für Strategien und Folgenabschätzung im PflanzenschutzIm Institut für Strategien und Folgenab-schätzung im Pflanzenschutz in Kleinmach-now werden die Pflanzenschutzkonzeptedes integrierten und des ökologischenLandbaus in Richtung auf eine erhöhte Um-weltverträglichkeit und nachhaltige Land-bewirtschaftung weiterentwickelt. Dazu er-forscht und erprobt das Institut natürlicheRegelmechanismen, vorbeugende undnichtchemische Pflanzenschutzmaßnah-men sowie neue Möglichkeiten der Scha-densabwehr und entwickelt computerge-stützte Modelle für Befalls- und Schadens-prognosen mit dem Ziel, die Anwendungvon chemischen Pflanzenschutzmitteln aufdas notwendige Maß zu reduzieren.

Besondere Aktivitäten betreffen konzeptio-nelle und pflanzenschutzpolitische Arbei-ten. Das Institut wirkt maßgeblich bei derUmsetzung des nationalen Aktionsplaneszur nachhaltigen Anwendung von Pflanzen-schutzmitteln und an den Aktivitäten derEU-Pflanzenschutzpolitik mit. Es ist in daseuropäische Exzellenznetzwerk ENDURE(European Network for Durable Exploitationof Crop Protection Strategies) eingebun-den. Das Institut wirkt mit am Genehmi-gungsverfahren zum Schließen von Be-kämpfungslücken gemäß §§18, 18a Pflan-zenschutzgesetz und ist in das Antragsver-fahren und die Listung von Pflanzenstär-kungsmitteln gemäß §§ 31, 31a, 31b Pflan-zenschutzgesetz involviert. Zur Erfassungdes tatsächlichen Umfangs der Anwendungchemischer Pflanzenschutzmittel werdenErhebungen im Obstbau, Gemüsebau undim Weinbau durchgeführt; das Institut koor-diniert diese Erhebungen und wertet dieDaten aus. Der Pflanzenschutz im Ökologi-schen Landbau hat sich als fester Arbeits-schwerpunkt im Institut etabliert. Die expe-rimentellen Arbeiten konzentrieren sich auf

die Kontrolle von Raps- und Kartoffelschäd-lingen sowie die Erprobung von Pflanzen-stärkungsmitteln und auf alternative Verfah-ren der Saatgutbehandlung. Darüber hinauswerden im Rahmen eines Forschungsver-bundes auch andere Fragen des Pflanzen-schutzes behandelt. Ein breites Internetan-gebot bietet Informationen über alle Berei-che des Pflanzenschutzes im ÖkologischenLandbau und ist durch die Datenbank überPflanzenstärkungsmittel erweitert worden.

Das Institut untersucht die komplexen Aus-wirkungen des Pflanzenschutzes auf Ökolo-gie und Ökonomie. Es verarbeitet das vor-handene Wissen mit Methoden der Informa-tik, um Nutzen und Risiken von Pflanzen-schutzverfahren und Pflanzenschutzstrate-gien abzuschätzen, aus wissenschaftlicherSicht zu bewerten und Optionen für die Zu-kunft zu entwickeln. Das Institut evaluiert dieFolgen vorhandener und geplanter Zulas-sungsauflagen und erarbeitet Vorschläge fürMaßnahmen der Risikominderung desPflanzenschutzmitteleinsatzes für den Na-turhaushalt. Es entwickelt pflanzenschutz-bezogene Indikatoren für eine nachhaltige

Institute und Dienststellendes Julius Kühn-Institutes inKleinmachnow

Institut für Strategien undFolgenabschätzung imPflanzenschutz

LeiterDir. u. Prof. Dr. habil. Volkmar Gutsche

Außenstelle des Instituts fürnationale und internationaleAngelegenheiten derPflanzengesundheit

AnsprechpartnerDr. Petra Müller

Außenstelle des Instituts fürPflanzenschutz in Ackerbau und Grünland

AnsprechpartnerDr. Kerstin Flath

Außenstelle des Instituts fürPflanzenschutz in Gartenbau und Forst

Ansprechpartner Dr. Ute Gärber

Außenstelle des Instituts fürAnwendungstechnik

Ansprechpartner Dr.-Ing. Peter Kaul

Risikoabschätzung von Pflanzenschutzanwendungenmit GIS-basiertem Modell Synops

Julius Kühn-Institut (JKI)Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

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56 Forschen für den ländlichen Raum

Pflanzenproduktion durch Kombination derinhärenten umweltrelevanten Eigenschaftender Pflanzenschutzmittel mit Daten über ihrepraktische Anwendung und die Anwen-dungsbedingungen einschließlich der Effek-te auf Qualität und Quantität der Erntepro-dukte. Diese Indikatoren werden auf interna-tionaler und nationaler Ebene sowie auf derEbene von Naturräumen angewendet. Da-mit leistet das Institut eine unmittelbare poli-tikberatende Forschungsarbeit. Es arbeitetin entsprechenden Gremien der OECD undin einschlägigen EU-Projekten mit.

Standort Berlin-Dahlem des Julius Kühn-InstitutesIn Berlin-Dahlem wurde am 1. Januar 2008das Institut für ökologische Chemie, Pflan-zenanalytik und Vorratsschutz des JuliusKühn-Institutes (JKI) durch Zusammenle-gung der Institute für ökologische Chemieund Ökotoxikologie im Pflanzenschutz undVorratsschutz der ehemaligen BiologischenBundesanstalt für Land- und Forstwirt-schaft und des Instituts für Pflanzenanalytikder ehemaligen Bundesanstalt für Züch-tungsforschung an Kulturpflanzen, Quedlin-

burg, gebildet. Hier befinden sich zudemdas Informationszentrum und Bibliothek,eine Außenstelle des Institutes für Epide-miologie und Pathogendiagnostik sowiegemeinschaftliche Einrichtungen, wie z. B.das Versuchfeld.

Das Institut für ökologische Chemie, Pflan-zenanalytik und Vorratsschutz führt For-schungsaufgaben in vielen Bereichen desPflanzenbaus und des Vorratsschutzesagrarischer Produkte durch. Dies schließtauch die Züchtung sowie den Pflanzen-schutz mit ein. Die Ergebnisse liefern einenwichtigen Beitrag zur Politikberatung desBMELV. Außerdem werden im engen Dialogmit Züchtern, Agrarproduzenten sowie In-dustrie- und Verbraucherverbänden Maß-nahmen im Pflanzenschutz sowie Program-me zur Selektion von Hochleistungspflan-zen wissenschaftlich begleitet.

Die Abteilung „Ökochemie“ erarbeitet ex-perimentelle Grundlagen zur wirklichkeits-nahen Erfassung von Stoffflüssen in derKulturlandschaft. Das Interesse gilt dabeiinsbesondere den Stoffen, die zum Schutzder Pflanzen im konventionellen, aber auch

Julius Kühn-Institut (JKI)Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Leiter des JKI-Instituts in Berlin-DahlemDir. u. Prof. Dr. Christoph Reichmuth

Standort Berlin-Dahlem desJulius Kühn-InstitutesKönigin-Luise-Straße 1914195 BerlinTel.: +49 (0)30-8304-2500Fax: +49 (0)[email protected]

Mitarbeiter des JKI in Berlin-Dahlem100

Versuchspflanzungen in Dahlem

Mit Kartoffelkrebs infizierte Kartoffelknollen

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Forschen für den ländlichen Raum 57

im Ökologischen Landbau angewendetwerden. Dazu gehören Untersuchungen zuden Regelungsmechanismen von Agrar-ökosystemen, die durch das Schließen vonStoffkreisläufen, z. B. über das Aufbringenvon Klärschlämmen, Bioabfällen oder Kom-posten auf die Ackerfläche, beeinflusst wer-den können. Untersucht werden auch Stof-fe, die von phytopathogenen Organismengebildet werden können, wie z. B. giftigeStoffwechselprodukte von Schadpilzen(Mykotoxine). Die Abteilung führt Studienzum Verhalten von Stoffen in Wasser, Bo-den und Luft sowie an biologischen Mate-rialien durch und prüft die Bioakkumulationund Metabolisierung nach den Regeln derGuten Laborpraxis. Aufgrund der apparati-ven Ausstattung bestehen ideale Bedingun-gen für die Expositions- und Gefährdungs-abschätzungen bei der Anwendung vonPflanzenschutzmitteln.

Die Forschungsarbeiten der Abteilung„Pflanzenanalytik“ sind auf die inhaltsstoff-lichen Aspekte ausgerichtet, die im Zusam-menhang mit „Qualität“ und „pflanzliche Re-sistenz“ bedeutend sind. Ziel der dabeidurchzuführenden Arbeiten ist es, durch denEinsatz geeigneter analytischer Methodendie überwiegend genetisch determiniertenQualitätseigenschaften von Agrarproduktensicher zu beschreiben. Dies ist eine wesent-liche Voraussetzung dafür, dass Produkteentstehen können, welche optimal auf diesich wandelnden Bedürfnisse der Konsu-menten abgestimmt sind. Darüber hinauswerden bei den zu untersuchenden Genoty-pen und Sorten qualitätsmindernde Einflüs-se untersucht, welche durch Nacherntepro-zesse (z. B. Lagerung) oder unterschiedlicheVerarbeitungstechniken (z. B. Trocknung,Saftherstellung, Extraktion, Destillation) ver-ursacht werden können. In der Abteilung„Pflanzenanalytik“ stehen moderne chroma-tografische und spektroskopische Geräte-systeme zur Verfügung, mit denen Pflanze-ninhaltsstoffe auch im zellulären Maßstabidentifiziert und quantifiziert werden.

Die Abteilung „Vorratsschutz“ erforschtverbraucherfreundliche und umweltscho-nende Verfahren zur Vermeidung und Be-kämpfung vorratsschädigender Organis-men: Insekten, Milben, Nager, Vögel und

Mikroorganismen. Früherkennungstechni-ken, wie z. B. die Überwachung der Tempe-ratur der gelagerten Güter, der Einsatzakustischer Methoden oder das Ausbringenvon Fallen sind gleichfalls Gegenstand derForschung.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt be-steht in der Anwendung von Pheromonenund anderer Lockstoffe zur Bekämpfungvorratsschädlicher Insekten. Außerdemwerden Untersuchungen zum Sorptionsver-halten chemischer Wirkstoffe in behandel-ten Produkten durchgeführt. Hierbei wirdermittelt, welche Mengen der eingesetztenVorratsschutzmittel für die Bekämpfung derVorratsschädlinge zur Verfügung stehen.Untersuchungen zur Biologie und zum Ver-halten der Schadorganismen erfassen dasArtenspektrum von Schadorganismen, dieim Rahmen des weltweiten Handels sowieneuer Transport- und Lagerungsbedingun-gen auftreten. Die Abteilung „Vorrats-schutz“ verfügt über eine bedeutendeZucht vorratsschädlicher Insekten, die nichtnur im europäischen Raum sondern welt-weit als Referenztiere Verwendung finden.

Institute und Dienststellendes Julis Kühn-Institutes inBerlin-Dahlem

Institut für ökologische Chemie,Pflanzenanalytik undVorratsschutz

Leiter in Berlin-Dahlem Dir. u. Prof. Prof. Dr. Christoph Reichmuth Leiter in QuedlinburgDir. u. Prof. Dr. Hartwig Schulz

Informationszentrum undBibliothek

Ansprechpartner Dr. Olaf Hering

Außenstelle des Instituts fürEpidemiologie undPathogendiagnostik

Ansprechpartner Dr. Gregor Hagedorn

Versuchsvergasungsanlage für Vorratsschutzforschungin Dahlem

Julius Kühn-Institut (JKI)Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

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58 Forschen für den ländlichen Raum

Das Max-Planck-Institut für MolekularePflanzenphysiologie (MPI-MP) betreibtGrundlagenforschung, wie alle 80 der zurMax-Planck-Gesellschaft gehörenden In-stitute.

Der Anwendung muss dasErkennen voraus gehenAnders als die Anwendungsforschung, diedarauf ausgerichtet ist Anwendungen zuermöglichen oder vorhandene Verfahren zuverbessern, dient Grundlagenforschungdem grundlegenden Verständnis von Ab-läufen und Zusammenhängen. Dieses(Grundlagen-)Verständnis ist die Voraus-setzung für mögliche spätere Anwendun-gen und technologische Innovationen.Max-Planck formulierte dazu: „Der Anwen-dung muss das Erkennen voraus gehen.“In der Regel sind längere Zeiträume not-wendig, um Forschungsergebnisse aus derGrundlagenforschung in die Praxis umzu-setzen. Dass Grundlagenforschung in An-wendung übergehen kann, hat das Institutauf eindrucksvolle Weise unter Beweis ge-stellt. Zwei Firmen sind aus dem Institutausgegründet worden, PlantTec und Meta-

nomics, die sich in Berlin-Brandenburg an-gesiedelt haben. Mittlerweile sind sie alsTeile größerer Firmen erfolgreich und be-schäftigen insgesamt 170 Mitarbeiter.

MPI-MP im Wissenschaftspark GolmDas Institut wurde 1994 gegründet undnahm in einem Interims-Gebäude auf demGelände der Universität Potsdam 1995seine wissenschaftliche Arbeit auf. 1999wurde der Neubau für das Forschungsin-stitut zusammen mit den Max-Planck-Instituten für Gravitationsphysik und fürKolloid- und Grenzflächenforschung aufeinem gemeinsamen Max-Planck-Cam -pus fertig gestellt.

In der Folgezeit wurde der Golmer Standortder Universität Potsdam weiter ausgebaut,und es kamen zwei Fraunhoferinstitute (fürangewandte Polymerforschung und bio-medizinische Technik) dazu sowie dasGründerzentrum Golm Innovation (Go:In).Mit diesem Ausbau hat sich der Wissen-schaftspark zum größten Forschungs-standort Brandenburgs entwickelt.

Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP)

DirektoriumProf. Dr. Dr. h.c. Mark StittProf. Dr. Ralph BockProf. Dr. Lothar Willmitzer (v.l.)

Mitarbeiter370, davon Wissenschaftler 262147 Drittmittelstellen

Institut der

www.mpg.de

Max-Planck-Institutfür Molekulare Pflanzenphysiologie

Am Mühlenberg 114476 Potsdam

Tel.: +49 (0)331 567-80Fax: +49 (0)331 567-8408

[email protected]

Max-Planck-Campus, Golm

Foto: Lox oder Bergmann Fotodesign Berlin

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Forschen für den ländlichen Raum 59

Organisation

Seit 1995 ist die Anzahl der Mitarbeiter von24 auf aktuell 370 angestiegen. Das Insti-tut gliedert sich in drei Abteilungen, zweiunabhängige Max Planck Nachwuchs-gruppen und zwei kooperative For-schungsgruppen der Universität Potsdam.

Leiter der Abteilung Molekulare Physiolo-gie Höherer Pflanzen ist Prof. Dr. LotharWillmitzer, der auch der Gründungsdirektordes Instituts ist. Die Abteilung Metaboli-sche Netzwerke wird von Prof. Dr. Dr. h.c.Mark Stitt und die Abteilung Organellenbio-logie, Biotechnologie und molekulare Öko-physiologie von Prof. Dr. Ralph Bock gelei-tet. Die unabhängige Nachwuchsgruppevon Dr. Franziska Krajinski beschäftigt sichmit der Interaktion zwischen Pflanzen undMikroben, die Gruppe um Dr. Staffan Pers-son mit der Zellwandphysiologie. Die Viel-falt der Forschungsansätze wird verstärktdurch die beiden Universitätsgastgruppenvon Prof. Dr. Bernd Müller-Röber zu Signal-netzwerken in Pflanzen und Prof. Dr. Joa-chim Selbig zur Bioinformatik, die Emmy-Nöther-Gruppe von Dr. Waltraud Schulze

zur Signaltransduktion und Proteomik undzwei systembiologische Gruppen innerhalbdes Programms zur Systembiologie Go-FORSYS. Gastwissenschaftler und intensi-ve nationale und internationale Kooperatio-nen runden die Forschung ab.

ForschungSeit der Institutsgründung liegt derSchwerpunkt der Forschungsarbeiten aufder Untersuchung pflanzlicher Prozessezur Stoffaufnahme, zum Stoffaufbau, zurVerteilung und zum Transport von Stoffen.In diesem Zusammenhang interessierenselbstverständlich auch Fragen nach de-ren Regulation, der Signalfunktion von In-haltsstoffen und danach wie die „Kom-munikation“ zwischen den verschiedenenOrganen einer Pflanze funktioniert.

Zur Bearbeitung dieser Themenschwer-punkte ist eine detaillierte Analyse derStoffwechselwege von Stoffen wie Zu-ckern, Stärke, Aminosäuren, Nukleotiden,Fetten und Zellulose notwendig. Von gro-ßer Wichtigkeit sind aber auch Fragennach der Reaktion von Pflanzen auf wech-

Direktor der AbteilungOrganellbiologie,Biotechnologie undmolekulare ÖkophysiologieProf. Dr. Ralph BockGeschäftsführender Direktor bis Januar 2010

Arbeitsgruppen der Abteilung• Organellenbiologie und

Biotechnologie(Prof. Dr. Ralph Bock)

• Energiestoffwechsel(Dr. Joost van Dongen)

• Photosyntheseforschung(Dr. Mark Aurel Schöttler)

Hauptnutzfläche4.500 Quadratmeter

Gewächshausfläche2.000 Quadratmeter

Klimakammerfläche200 Quadratmeter

Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP)

Gewächshaus des MPI-MP

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60 Forschen für den ländlichen Raum

selnde Angebotsmengen an Stickstoff,Phosphat, Schwefel, CO2 und Sauerstoffoder ihre Reaktion auf abiotischen Stresswie hohe oder niedrige Temperaturen oderhoher Salzgehalt. Ergänzend beschäftigtsich das Institut seit der Berufung von Prof.Dr. Ralph Bock als Leiter der dritten Abtei-lung im Jahre 2004 verstärkt mit energeti-schen Prozessen wie Photosynthese undAtmung, sowie auch mit der Plastiden- undMitochondrienbiologie inklusive der Tech-nik zur Plastidentransformation und Fragenzur Evolution von Pflanzen.

ForschungsentwicklungAus der Entstehung der Molekularbiologieim 20. Jahrhundert, resultierte eine neueHerangehensweise an die Untersuchungvon Lebensvorgängen in Pflanzen. Es wur-den eine Reihe neuer Techniken hervorge-bracht, die die Erforschung des geneti-schen Informationsflusses und seiner mo-lekularen Details beinhaltet. Während zu-vor Reaktionen von Pflanzen auf experi-mentelle Bedingungen nur auf der Ebeneder Merkmalsausprägungen, dem Phäno-typ, beschrieben werden konnten, ermög-

lichten diese neuen molekularbiologischenTechniken Untersuchungen und Analysenauf der Ebene der genetischen Ausstat-tung – des Genotyps. Es konnten seithervöllig neue Wege in der Pflanzenforschungbeschritten werden.

Zur Anwendung kommen seither zwei ver-schiedene genetische Ansätze, die auch als„Vorwärtsgenetik“ (forward genetics, vomPhänotyp zum Gen) und „Rückwärtsgene-tik“ (reverse genetics, vom Gen zum Phä-notyp) bezeichnet werden. Bei der klassi-schen „Vorwärtsgenetik“ bei Pflanzen wer-den durch Strahlung oder Chemikalien zu-fällige Veränderungen des Erbguts (Muta-tionen) ausgelöst. Daraus resultieren Pflan-zen mit geänderter Merkmalszusammen-setzung (Phänotyp). Aus diesen Pflanzenwerden diejenigen Individuen ausgesucht,die eine für die Forschung interessante Ei-genschaft besitzen. Ausgehend von dieserEigenschaft untersucht der Wissenschaftleranschließend das Erbgut dieser Pflanzeund sucht nach dem speziellen Gen, das imVergleich zu dem entsprechenden Gen derKontrollpflanzen verändert ist und die Ei-genschaftsveränderung bewirkt hat.

Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP)

Direktor der AbteilungMetabolische NetzwerkeProf. Dr. Mark Stitt

Arbeitsgruppen der Abteilung• Systemregulation

(Prof. Dr. Mark Stitt)• Stoffwechsel der

Kohlenstoffspeicherung(Dr. Peter Geigenberger)

• Genfunktion(Dr. Wolfgang Lein)

• Molekulare Genomik(Dr. Wolf-Rüdiger Scheible)

• Signaltransduktion undProteomik(Dr. Waltraud Schulze)

• Integrative Carbon Biology(Dr. Björn Usadel)

• Nukleotide und Zucker(Dr. Rita Zrenner)

Mitarbeiterin am Pipettierroboter

Pflanzenschema

Grafik: MPI-MP

Foto: Lox oder Bergmann Fotodesign Berlin

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Forschen für den ländlichen Raum 61

Bei der „Rückwärtsgenetik“ wird der Ge-notyp durch die Einbringung oderStummschaltung eines Gens verändert(Gentechnik). In den sich anschließendenUntersuchungen des Phänotyps derPflanze, werden die Konsequenzen ermit-telt, die diese Genveränderung auf diePflanze hat. Forward und reverse Gene-tics und Mischungen beider Methodenwerden nicht nur im MPI-MP eingesetzt,sondern haben sich weltweit als unerläss-liche Verfahren der experimentellen Pflan-zenforschung durchgesetzt.

Möglich wurden diese Untersuchungsan-sätze durch Techniken, die eine Isolierung,Identifizierung und Sequenzierung von Ge-nen gestatten oder auch Techniken zur Ver-vielfältigung der DNA. Ziel solcher Untersu-chungen ist es, Gen-Funktionsbeziehun-gen herzustellen, d.h. die Funktion vonGenen zu bestimmen und darüber Stoff-wechselabläufe, pflanzliches Wachstumund pflanzliche Entwicklung zu verstehen.

Im Rahmen der Forschungen am MPI-MPsind zur Untersuchung des Phänotyps eineganze Reihe neuer Technologien eingeführtund weiterentwickelt worden, wie die Un-tersuchung von Transskipten (Abschriftender DNA, die zur Bildung von Proteinenführen), die Identifizierung und Messungvon Proteinen und Stoffwechselprodukten(Metabolite), Enzymaktivitäten, Einzelzel-luntersuchungen mit Lasertechniken. ZurErhöhung der Effektivität dieser Messun-gen wurden Verfahren entwickelt, die es er-möglichen eine große Menge von Stoffenparallel zu messen und zu untersuchen.Durch diese Verfahren hat sich das Institutweltweit einen Namen gemacht und kanndiese Werkzeuge in einer Reihe internatio-naler Kooperationen einbringen.

Während bei Eingriffen in das Erbgutdurch Einbringung oder Stummschaltungeinzelner Gene oder durch Mutation nurbegrenzte Änderungen im Geno- undPhänotyp ausgelöst werden, können sichPflanzen desselben Typs je nach Lebens-raum und Züchtungsstand erheblich in ih-ren Eigenschaften und ihrem Erbgut un-terscheiden (natürliche Diversität). Umdiese vielfältigen Eigenschaftsunterschie-

de zu erfassen und zu analysieren, sindmultiparallele Untersuchungen gepaartmit molekularbiologischen Methoden not-wendig. Erst dieses neue Methodenspek-trum macht die Einbeziehung der natürli-chen Diversität in Forschung und Züch-tung möglich. Für die Auswertung undModellierung der Vielzahl der gemesse-nen Daten in der Forschung ist eine hoch-qualifizierte Bioinformatik Voraussetzung.

ForschungsausblickDurch gentechnische Forschungsansätzeund die Nutzung natürlicher Diversität un-ter Einsatz einer weiten Spannbreite vonTechniken verfolgt das Institut das Ziel,nicht nur einzelne Stoffwechselkreisläufezu verstehen, sondern gleichfalls ihre Re-gulation und ihre Vernetzung untereinan-der. Durch einen interdisziplinären Ansatzsollen die in Pflanzen ablaufenden kom-plexen biologischen Prozesse aufgeklärtwerden und mathematische Modelle zudiesen Prozessen entwickelt werden. Alsbesonders wichtig erscheint es, bei denHerausforderungen der Zukunft zur um-weltverträglichen Produktion einer ausrei-

Linkliste:

www.mpg.de

www.wpgolm.uni-potsdam.dewww.mpimp-golm.mpg.dewww.goforsys.dewww.komm-ins-beet.mpg.de

www.aei.mpg.dewww.mpikg-golm.mpg.de

www.uni-potsdam.dewww.uni-potsdam.de/fakultaeten/matnat.html

www.iap.fhg.dewww.ibmt.fraunhofer.de

www.goin-potsdam.de

Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP)

Gewebekulturen

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62 Forschen für den ländlichen Raum

Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP)

chenden Menge an Nahrungsmitteln beigleichzeitiger Nutzung von Pflanzen alsnachwachsenden Rohstoff mehr über dasWachstum und den Zuwachs an Biomas-se zu verstehen. Biomasseproduktion istein sehr komplexer Prozess verschiedenermiteinander verknüpfter Abläufe, die voneiner Reihe äußerer und innerer Faktorenbeeinflusst werden, einschließlich Nähr-stoffverfügbarkeit, der Aktivität von Stoff-wechselwegen, Verteilung und Speiche-rung von Stoffen, sowie einer Reihe abioti-scher Faktoren wie Licht, Temperatur undWasserverfügbarkeit. Zu vielen dieser The-men gibt es arbeitsgruppenübergreifendeForschungsprojekte am Institut.

Welcher Forschungsansatz für welcheFragestellung gewählt wird, richtet sichdanach, welche Methodik den größten Er-folg verspricht.

ForschungsbeispielePflanzen mit hohem Biomasseertrag frühzeitig erkennenPflanzen bieten sich zur Energiegewin-nung an, da sie in der Lage sind, das Son-

nenlicht zur Bildung energiereicher organi-scher Stoffe zu nutzen unter Festlegungvon Kohlendioxid. Für die Züchtung sol-cher „Energiepflanzen“ wäre es von ent-scheidender Bedeutung, bereits frühzeitigihr Ertragspotenzial zu erkennen.

Im Zuge von Untersuchungen zur Regula-tion von Wachstumsprozessen ist es Wis-senschaftlern des Instituts zusammen mitWissenschaftlern der Universität Potsdamgelungen bei der Modellpflanze Acker-schmalwand (Arabidopsis thaliana) eineReihe von Inhaltsstoffen zu identifizieren,die in einem engen Zusammenhang zumBiomasseertrag der Pflanzen stehen. DieWissenschaftler gingen in ihrem Versuchder Frage nach, wie und wodurch diePflanze das Wachstum steuert. Zur Be-antwortung dieser Frage nutzten sie einegroße Zahl genetisch gut charakterisierterLinien der Ackerschmalwand (natürlicheDiversität), die sich durch große Unter-schiede im Wachstum auszeichneten. Bekannt war bereits, dass die in Pflanzengebildeten Inhaltsstoffe, wie z.B. Zucker,als Signale für Wachstumsänderungenwirken können. Deshalb lag die Vermu-

Direktor der AbteilungMolekulare Physiologiehöherer PflanzenProf. Dr. Lothar Willmitzer

Arbeitsgruppen der Abteilung• Gene und kleine Moleküle

(Prof. Dr. Lothar Willmitzer)• Pflanzliche Lipide

(Dr. Peter Dörmann)• Zentraler Metabolismus

(Dr. Alisdair Fernie)• Aminosäure- und

Schwefel-Stoffwechsel(Dr. Rainer Höfgen)

• Mikro- und Proteinanalyse(Dr. Julia Kehr)

• Angewandte Metabolom-Analyse/ Wurzelmetabolismus(Dr. Joachim Kopka)

• System-Integration(Dr. Viktoria Nikiforova/Prof. Dr. Lothar Willmitzer)

Probenentnahme bei der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana)

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Forschen für den ländlichen Raum 63

Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP)

tung nahe, dass es einen Zusammenhangzwischen der Art und Menge von Inhalts-stoffen und dem Wachstum von Pflanzengibt. Die Forscher ernteten die oberiri-schen Pflanzenteile und trennten die Pro-ben nach ihren Bestandteilen auf und be-stimmten Art und Menge der Stoffe. DieseInhaltsstoffzusammensetzung wurde inBeziehung zum Biomasseertrag der je-weiligen Pflanzen gesetzt. Es zeigte sich,dass zwischen der Inhaltsstoffzusammen-setzung und der Biomasse eine enge Be-ziehung besteht, die es ermöglichte, denBiomasseertrag vorauszusagen.

Sollte sich auch in anderen Pflanzenbe-ständen ein Zusammenhang zwischen derInhaltsstoffzusammensetzung jungerPflanzen und ihrem späteren Biomasseer-trag zeigen, so hätte man mit diesem Ana-lyseverfahren, dem sogenannten Metabo-litenprofiling, eine hochwirksame Metho-de gefunden, um bereits im frühen Stadi-um der Pflanzenentwicklung Voraussagenüber die Biomasseproduktion einer Pflan-ze zu treffen. Originalveröffentlichung: Rhonda C. Mey-er, Matthias Steinfath, Jan Lisec, Martina

Becher, Hanna Witucka-Wall, Ottó Törjék,Oliver Fiehn, Änne Eckhardt, Lothar Will-mitzer, Joachim Selbig, Thomas AltmannThe metabolic signature related to highplant growth rate in Arabidospsis thalianaPNAS, 5. März 2007

Nährwertveränderung bei ReisUntersuchungsgegenstand eines großenGemeinschaftsprojektes zwischen demMPI-MP und dem Institute of Biotechno-logy in Hanoi, Vietnam, war die Aminosäu-renzusammensetzung in Reis. BesondereAufmerksamkeit wurde der essentiellenAminosäure Methionin gewidmet.

Essentielle Aminosäuren sind Aminosäu-ren, die der menschliche Körper benötigt,aber nicht selber aus elementaren Be-standteilen der Nahrung aufbauen kann.Eine ausreichende Zufuhr an essentiellenAminosäuren ist wichtig, da Aminosäurendie Bausteine für den Aufbau von Eiweiß(Protein) darstellen. Eine zu geringe Auf-nahme von Aminosäuren führt dazu, dassauch bereits aufgenommene Aminosäurennicht zum Proteinaufbau genutzt werdenkönnen, sondern zu Fetten und Zuckernumgebaut oder ausgeschieden werden.

Innerhalb des Gemeinschaftsprojektes mitVietnam gelang es durch gentechnischeVeränderung des Reises, den Gehalt deressentiellen Aminosäure Methionin zu ver-doppeln. Zusätzlich konnten die Gehalteder schwefelhaltigen Vorläufer des Met-hionin, Cystein und Gluthation, die für dieStressresistenz der Pflanze von entschei-dender Bedeutung sind, gleichfalls nahezuverdoppelt werden. Damit ist es gelungen,den normalerweise Methionin-armen Reisin einer wertvollen Nähstoffkomponente zuverbessern. In diesem Falle war eine gen-technische Veränderung das Mittel derWahl, weil das für die Methioninbildungzuständige Enzym durch diese Methodevermehrt wird und daraus ein erhöhter Ge-halt an Methionin resultiert. Eine Nutzungder natürlichen Diversität bei Reis war indiesem Falle nicht möglich, da in paralleldurchgeführten Untersuchungen verschie-denster Reissorten keine konventionellenZuchtlinien mit erhöhtem Methioningehaltidentifiziert werden konnten.

ForschungskoordinatorDr. Rainer Höfgen

ÖffentlichkeitsarbeitDipl.Ing.agr.Ursula Roß-StittTel. +49 (0)331-567 83 [email protected]

Dipl. BiologeJoachim RinderAnmeldung zu FührungenTel. +49 (0)331-567 82 [email protected]

Reisversuche

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64 Forschen für den ländlichen Raum

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenfor-schung (PIK), Mitglied der Wissenschafts-gemeinschaft Wilhelm Gottfried Leibniz,erforscht Fragen zum globalen Wandel,Klimawirkungen und zur nachhaltigenEntwicklung. Das 1992 gegründete Insti-tut gilt als Pionier der interdisziplinärenForschung und als eines der weltweit füh-renden Institute auf diesem Gebiet: Na -tur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaft-ler erforschen gemeinsam wie sich dasSystem Erde verändert, welche ökologi-schen, ökonomischen und sozialen Fol-gen der Klimawandel hat und welcheStrategien für eine nachhaltige Entwick-lung angemessen sind. Die wichtigstenMethoden sind die System- und die Sze-narienanalyse mithilfe von Computersimu-lationen sowie die Analyse und Zusam-menführung von Daten aus unterschiedli-chen Wirtschafts- und Lebensbereichen.Die Modelle sind lösungsorientiert, ihreProjektionen sind eine robuste Grundlagefür Entscheidungen in Politik, Wirtschaftund Zivilgesellschaft. Das PIK steht mitAkteuren dieser Bereiche in direktem Dia-log. Die Wissenschaftler veröffentlichenregelmäßig Forschungsarbeiten in renom-

mierten Wissenschaftsmagazinen und be-raten internationale Institutionen wie dieVereinten Nationen, die Europäische Uni-on und die Weltbank. Seine Expertisestellt das PIK ebenfalls der Bundesregie-rung, dem Bundestag, verschiedenenLandesregierungen sowie Behörden, Ver-bänden und Institutionen zur Verfügung.Das Institut steht in engem Kontakt zu na-tionalen und internationalen Forschungs-einrichtungen und ist Teil eines weltweitenNetzwerks von Institutionen, die globaleUmweltveränderungen erforschen.

InterdisziplinäreForschungsbereicheIn vier fächerübergreifend besetzten For-schungsbereichen, inhaltlich eng mitei-nander verzahnt, werden folgende Frage-stellungen bearbeitet: Der Forschungsbereich I „Erdsystemana-lyse“ untersucht die grundlegenden Eigen-schaften des Erdsystems, die sich ausdem Zusammenwirken natürlicher physi-kalischer, chemischer und biologischerProzesse sowie ihrer Ko-Evolution mit denAktivitäten der Menschheit ergeben. Dazu

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V. (PIK)

DirektorProf. Dr. Hans Joachim Schellnhuber CBE

Stellvertretender DirektorProf. Dr. Ottmar Edenhofer

WissenschaftskoordinationPD Dr. Heike Zimmermann-Timm

VerwaltungKerstin Heuer

Gegründet1992

Mitarbeiter209davon 150 Wissenschaftler

Potsdam-Institut fürKlimafolgenforschung

Wissenschaftspark Albert Einstein

Telegraphenberg A 3114473 Potsdam

Tel.: +49 (0)331-288-2500Fax: +49 (0)331-288-2600

[email protected]

Hauptgebäude des PIK, Michelson-HausMitglied der

Foto: PIK

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Forschen für den ländlichen Raum 65

zählt der durch den Treibhausgasausstoßverursachte Klimawandel. Welche Auswir-kungen bei fortschreitendem Klimawandelin Abhängigkeit von Anpassungsmaßnah-men zu erwarten sind, wird im For-schungsbereich II „Klimawirkung und Vul-nerabilität“ im regionalen und globalenMaßstab untersucht. Der Forschungsbe-reich III „Nachhaltige Lösungsstrategien“entwickelt Perspektiven für den internatio-nalen Klimaschutz nach Auslaufen desKyoto-Protokolls. Im Blickpunkt stehendabei die Stabilisierung des Klimas, derWandel zur nachhaltigen Nutzung vonLand und Ressourcen und Wege zur An-passung an die unvermeidlichen Klimaän-derungen. Die inhaltliche Ausrichtung desForschungsbereichs IV „TransdisziplinäreKonzepte und Methoden“ trägt der Er-kenntnis Rechnung, dass die Klimafolgen-forschung neue methodische und konzep-tionelle Ansätze braucht, wo vorhandeneKonzepte und Methoden nicht weiterhel-fen. Die Mathematik dient als wichtigstesWerkzeug, Wissen aus unterschiedlichenBereichen zusammenzuführen und inte-grierte Ergebnisse zu erzielen.

Im Folgenden wird lediglich eine kleineAuswahl der Forschungsprojekte am PIKnäher dargestellt, hier speziell mit regio-nalem Bezug.

Forschung vor der HaustürDer Wandel von Klima, Umwelt, Wirtschaftund Gesellschaft ist ein globales Phäno-men, seine Auswirkungen treten aber re-gional in Erscheinung. Das PIK konzen-triert einen Teil seiner Forschungsprojekteauf die Region Berlin-Brandenburg. Eineerste Pilotstudie zu Klimafolgen im LandBrandenburg erschien 1996. Im Jahr 2003wurde der Landesregierung eine Fort-schreibung vorgelegt. Das PIK ist nun aneinem neuen vom Bundesministerium fürBildung und Forschung geförderten Pro-jekt „Klimawandel in Regionen zukunftsfä-hig gestalten“ (KLIMZUG) beteiligt. Ein Zieldes Vorhabens ist es, neue Technologien,Verfahren und Strategien zur Anpassungan den Klimawandel in der Region Berlin-Brandenburg voranzutreiben. Seit 2008kooperiert das PIK auch mit dem Land

Rheinland-Pfalz. Erstes gemeinsamesVorhaben ist das Forschungsprojekt„KlimLandRP“ zu den regionalen Auswir-kungen des Klima- und Landschaftswan-dels. Das PIK berät die Landesregierungund stellt regionale Klimaprojektionen be-reit. Bis zum Ende des Projekts 2011 sol-len flexible Anpassungsstrategien für einzukunftsorientiertes Landschaftsmanage-ment erarbeitet werden.

Die Ergebnisse von Regional-Studien zuBrandenburg, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalensollen in eine vom PIK durchgeführteDeutschlandstudie zu den Folgen des Kli-mawandels einfließen. Ziel ist es, ein Kli-

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V. (PIK)

Das PIK ist Mitglied der Anfang2008 gegründetenForschungsplattform zumKlimawandel für die RegionBerlin-Brandenburg.

Die Veränderungen der klimatischen Parameter zwischendem projizierten Mittelwert der Dekade 2046–2055 imVerhältnis zum beobachteten Mittelwert des Zeitraums1951–2003. Oben: Jahresmittel Temperatur; Mitte:Jahresmittel Niederschlag; unten: Jahresmittelwert derklimatischen Wasserbilanz.

Berechnung und Modellierung: PIK

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66 Forschen für den ländlichen Raum

mawirkungskataster für Deutschland zu-sammenzustellen.

Für hoch aufgelöste Klima-Simulationen,die die regionalen Veränderungen darstel-len können, hat eine Forschergruppe desPIK das so genannte Lokal-Modell desDeutschen Wetterdienstes fortentwickelt.Es war ursprünglich für die Wettervorher-sage eingesetzt worden. Die Klimaversiondes Lokal-Modells, CLM (Climate Versionof the Local Model), kann Klimaentwick-lungen mit einer Auflösung von 1 bis 50Kilometer über Zeiträume bis zu einemJahrhundert hinweg abbilden. Seit demJahr 2005 ist es das gemeinschaftlicheRegionalmodell der deutschen Klimafor-schung. Bei der Weiterentwicklung desModells arbeiten Wissenschaftler vom PIK

mit Forschern einer Reihe weiterer renom-mierter Institute in Deutschland, Öster-reich und der Schweiz sowie in Irland undFrankreich zusammen.

Forschen für die LandwirtschaftDie Anfälligkeiten der Land- und Forst-wirtschaft gegenüber den Auswirkungendes Klimawandels werden in mehrerenPIK-Projekten mit regionalem, nationalemoder globalen Fokus untersucht. Das Pro-jekt ForEVAS untersucht die Vulnerabilitätvon Waldökosystemen im Hinblick aufihre natürliche Funktion und ihrer Leistun-gen für die Gesellschaft. Ziel des Projek-tes ist es, die Einflüsse des globalen Wan-dels auf den Wald, die Anpassungsfähig-keit der Forstwirtschaft und die Bedeu-

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V. (PIK)

Der Huglin-Index(Wärmesummen) bewertet diemöglichen Veränderungen derAnbauwürdigkeit verschiedenerRebsorten für Deutschland.Höhere Indizes repräsentieren dieAnbauwürdigkeit von thermischimmer anspruchsvolleren Reben.

Entwicklung des Huglin-Index in Deutschland. PIK, 2007

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Forschen für den ländlichen Raum 67

tung von Wäldern für Anpassungs- undVermeidungsstrategien auf regionalerEbene zu bewerten.

In der Landwirtschaft können möglicheVerluste durch die Auswahl geeigneter

Sorten für den Anbau begrenzt werden.Das PIK untersucht regionale Auswirkun-gen von Frühsommertrockenheit auf dieWeizenproduktion und Möglichkeiten derAnpassung durch züchterische Maßnah-men. Bislang ist nicht ausreichend ver-standen, wie verschiedene Wetterlagenwährend der Wachstumsphase die Erntenunterschiedlich ausfallen lassen können.Neben dem gleichmäßigen Anstieg derDurchschnittstemperaturen wird mit ver-stärktem Auftreten von Klimaextremenwie Hitzewellen und Dürren, aber auchStarkregen und Überschwemmungen ge-rechnet. Der Extremsommer 2003 hat ge-zeigt, dass es bei einer Hitzewelle zu star-ken Ertragsausfällen bei den wichtigstenAckerkulturen kommen kann. Milde undfeuchte Winter werden künftig vermutlichauch den Krankheitsbefall verstärken unddie Bodenstruktur schädigen. Es wird je-doch auch Regionen geben, die wegenhöherer Temperaturen und dem Dün-gungseffekt des Treibhausgases Kohlen-dioxid (CO2) positive Effekte verzeichnenkönnen, besonders, wenn rechtzeitigMaßnahmen zur Anpassung ergriffen wur-den. Bisherige Studien deuten darauf hin,

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V. (PIK)

Eine aktive Rolle spielt das PIKunter anderem im Klimarat derVereinten Nationen IPCC(Intergovernmental Panel onClimate Change), beim MilleniumEcosystem Assessment (MA), imInternationalen Geosphären-Biosphären-Programm (IGBP), imEU-Projekt ADAM (Adaptation andMitigation Strategies), im Projekt„Bioenergy Planet“ des Pakts fürForschung und Innovation derLeibniz-Gemeinschaft, in derEuropean Geoscience Union (EGU)oder im User-Netzwerk des OpenSource Content ManagementSystem „Plone“.

Veränderung der Jahresniederschläge in Deutschland imZeitraum 1951–2003, Datenbasis: 1693 DWD-Stationen.

Berechnung und Modellierung: PIK

Moderne Arbeitsplätze an traditionsreicher Stätte

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68 Forschen für den ländlichen Raum

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V. (PIK)

dass die landwirtschaftlichen Erträge inEuropa, und auch in Deutschland, im Lau-fe der nächsten Jahrzehnte im Durch-schnitt leicht wachsen werden.

Eine Studie des PIK hat etwa ergeben,dass Weinanbau in Deutschland künftigauch in weiter nördlich gelegenen Gebie-ten und in größeren Höhenlagen möglichwird. Allerdings könnten die häufigeren„tropischen Nächte“ in Deutschland, mitTemperaturen über 20 Grad Celsius, Spät-fröste und die regional feuchtere Witte-rung dem Weinanbau künftig auch Proble-me bereiten. Die Ergebnisse der Studietragen dazu bei, für jede Region adäquateAnpassungsstrategien zu entwickeln.

Wissenschaft ums WasserDer globale Wasserkreislauf ist ein funda-mentaler Teil des Erdsystems. Er ist nichtnur Teil der atmosphärischen Zirkulation,sondern auch eng gekoppelt mit demEnergie- und Kohlenstoffhaushalt sowieden verschiedenen Nährstoffkreisläufen.Insgesamt ist auf der Erde zwar mehr Süß-wasser vorhanden als die Menschheitbraucht. Diese Ressourcen sind jedochräumlich und zeitlich ungleichmäßig ver-teilt und der globale Bedarf nähert sich

dem Limit. Bereits jetzt wird lokal weitmehr Wasser für Landwirtschaft, Industrieund Haushalte benötigt als durch Nieder-schlag neu gebildet werden kann. VieleLänder sind auf den Import von Nahrungs-mitteln angewiesen, da die im Land vor-handenen Wasserressourcen für die Nah-rungsmittelproduktion nicht ausreichen.Die Abbildung unten zeigt am Beispiel derBodenfeuchte, wie sich der Wasserhaus-halt in Zukunft entwickeln könnte. Die Kar-ten wurden erstellt nach Berechnungenmit dem am PIK betriebenen, weltweit füh-renden globalen Vegetations- und Wasser-haushaltsmodell LPJmL. Dieses Compu-termodell ist in der Lage, Änderungen inder Zusammensetzung, Funktion und Ver-breitung der Landökosysteme zusammenmit Änderungen des Wasser- und Kohlen-stoffhaushalts unter Bedingungen des Kli-mawandels zu simulieren. Zwar unter-scheiden sich die Ergebnisse vor allemwegen der unterschiedlichen Nieder-schlagsverteilung in den Klimamodellengebietsweise sehr stark, etwa im Amazo-nas-Gebiet. Für andere Gebiete, wie etwadie Mittelmeerregion, wo mit häufigererTrockenheit und Dürreperioden zu rechnenist, gibt es jedoch eine große Übereinstim-mung zwischen den Modellvorhersagen.Insgesamt wird deutlich, dass der steigen-

Die Karten zeigen die prozentualen Veränderungen der Bodenfeuchte bis zum Ende dieses Jahrhunderts (Mittelwert2069–2098) im Vergleich zu den heutigen Bedingungen (1961–1990) auf Basis verschiedener Klimamodelle. Quelle: PIK

ForschungsbereicheI ErdsystemanalyseII Klimawirkung und

VulnerabilitätIII Nachhaltige

LösungsstrategienIV Transdisziplinäre Konzepte

und Methoden

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Forschen für den ländlichen Raum 69

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e.V. (PIK)

de CO2-Gehalt der Atmosphäre global zumehr Niederschlag führen wird. Diese Zu-nahme des Wasserangebots wird sichaber in den hohen nördlichen Breiten kon-zentrieren. Das Bundesministerium für Bil-dung und Forschung fördert im Rahmendes Forschungsschwerpunktes GlobalerWandel des Wasserkreislaufs (GLOWA)den Projektverbund GLOWA-Elbe, derEnde 2007 in die abschließende drittePhase eingetreten ist. Das übergeordneteZiel ist ein System zur Unterstützung vonEntscheidungen, die ein nachhaltiges Ma-nagement der Ressource Wasser ermögli-chen. In der dritten Phase sollen die entwi-ckelten Modelle als „Elbe-Expert-Toolbox“ für weiterführende Forschungenmit Elbebezug und die Planung in der Re-gion verfügbar gemacht werden.

Das EU-Projekt WATCH (Water and Glo-bal Change), an dem auch das PIK betei-ligt ist, bringt Wasserwirtschaft und -wis-senschaft zusammen, um die Bestandtei-le des Wasserkreislaufes und ihre Variabi-lität im 20. und 21. Jahrhundert weiter zuerforschen und die Vulnerabilität der ver-schiedenen gesellschaftlichen und wirt-

schaftlichen Sektoren abzuschätzen, dievon der Wasserverfügbarkeit abhängen.

Großrechner des PIK

Wissenschaftliche Mitarbeiter im Institutsgelände

Presse- undÖffentlichkeitsarbeitUta PohlmannPatrick EickemeierTel.: +49 (0)331 [email protected]

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70 Forschen für den ländlichen Raum

Das am 01.01.2008 gegründete JohannHeinrich von Thünen-Institut (vTI), Bundes-forschungsinstitut für Ländliche Räume,Wald und Fischerei, forscht fachgebiets-übergreifend mit dem Ziel der nachhaltigenWeiterentwicklung der Landwirtschaft,Forst- und Holzwirtschaft sowie der Fi-scherei. Dabei bezieht es ökonomische,ökologische und technologische Aspekteein. Das Institut erarbeitet wissenschaftli-che Grundlagen als Entscheidungshilfenfür die Politik der Bundesregierung. Das vTIwurde aus den Bundesforschungsanstal-ten für Forst- und Holzwirtschaft (BFH) undfür Fischerei (BFAFi) sowie dem größtenTeil der Bundesforschungsanstalt für Land-wirtschaft (FAL) gebildet, die fachspezi-fisch zusammenarbeiten. Es ist mit 15Fachinstituten an sieben Standorten inNorddeutschland verteilt.

Institut für Waldökologie und WaldinventurenDie wichtigsten Arbeitsgebiete des Ebers-walder Fachinstituts sind Waldökologie undWildtierökologie, Waldinventuren sowieforstliches Umweltmonitoring. Neu einge-

richtet wird ein Datenzentrum Wald. Das In-stitut pflegt eine enge Zusammenarbeit mitexternen Partnern wie forstlichen For-schungseinrichtungen oder Hochschulen.Eine besondere Bedeutung hat die Koope-ration mit der Fachhochschule Eberswaldeund der Landesforstanstalt Eberswalde, mitdenen wissenschaftliche Einrichtungen undIT-Ressourcen gemeinschaftlich genutztwerden. Die waldökologische Forschungam Institut befasst sich mit den Waldfunk-tionen, insbesondere zur Regelung derStoff- und Wasserflüsse sowie als Lebens-raum für Tiere und Pflanzen. Ein wichtigerAspekt ist dabei die Rolle des Waldes imLandschaftswasserhaushalt mit ihren Kon-sequenzen für die Grund- und Trinkwasser-quantität sowie -qualität.

Daneben werden Wirkungen anthropogenerEinflüsse auf das Wachstum und die Vitalitätvon Wäldern und deren Pflanzenartenvielfalterforscht und Maßnahmen zur Anpassungder Waldökosysteme und ihrer Bewirtschaf-tung an die Bedingungen des Klimawandelsentwickelt und bewertet. Prognosen zur Kli-maentwicklung der nächsten Jahrzehntelassen für Deutschland eine Zunahme von

Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI)Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei

Leiter des Instituts für WaldökologieProf. Dr. Andreas Bolte

Mitarbeiter577 (vTI gesamt)

Institut für Waldökologie und Waldinventuren (WOI)Alfred-Möller-Str. 116225 EberswaldeTel.:+49 (0)3334-65 345Fax:+49 (0)3334-65 354

[email protected]/de/institute/woi/

Johann Heinrich vonThünen-InstitutBundesforschungsinstitut fürLändliche Räume, Wald und Fischerei

Hauptsitz:Bundesallee 5038116 Braunschweig

Tel.:+49 (0)531-596 1003Fax:+49 (0)531-596 1099

[email protected]

Institut für Waldökologie und Waldinventuren, Institutsgebäude

Foto: vTI

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Forschen für den ländlichen Raum 71

Witterungsextremen erwarten, die für dieWaldökosysteme in ihren heutigen Stand-ortsbereichen existenzbedrohende Auswir-kungen haben könnten. So führten die langanhaltende Trockenheit und die hohen Tem-peraturen des Jahres 2003 bundesweit zuzum Teil extrem hohem Wassermangel, dieAuswirkungen auf das Baumwachstum unddie -vitalität hatten. Vor diesem Hintergrundsind die Untersuchungen zu den Auswir-kungen von Hitze und Niederschlagsdefizitauf den Waldzustand ein wesentlicherSchwerpunkt der ökologischen Forschung.Ziel der Untersuchungen ist die Ableitungvon Indikatoren für die Bewertung der po-tenziellen Trockenheitsgefährdung vonWaldstandorten.

Die Forschung auf dem Gebiet der Wildtier-ökologie umfasst die nachhaltige Nutzungdes Wildes, die Minimierung von Wildschä-den und den Schutz der Wildfleischverbrau-cher vor jagdbedingten Kontaminationendes erlegten Wildes. Zusätzlich werden wis-senschaftliche Grundlagen zur Entwicklungvon Strategien der Tierseuchenbekämpfungerarbeitet. Besondere Herausforderungenergeben sich aus der Veränderung der Le-

bensräume für Wildtiere durch Veränderun-gen der Landnutzung und andere anthropo-gene Einflüsse auf die Ökosysteme. Unterdiesem Gesichtspunkt erfolgen umfangrei-che GPS- Telemetriestudien bei Rotwild inverschiedenen Ökosystemen. Über 50 be-senderte Tiere liefern detaillierte Angabenzur Lebensraumnutzung und Aktivitätsmus-tern. Die Untersuchungen sind für die Praxisvon hohem Interesse. Es lassen sichSchlussfolgerungen zum Rotwild- Manage-ment ziehen, das bedeutet lebensrauman-gepasste Bejagungsstrategien, Wildscha-densverhütungsmaßnahmen, Optimierungvon Waldumbaumaßnahmen, Schaffungvon Wilderlebnisbereichen und Vorbeugungvon Straßenverkehrsverlusten (z.B. Erken-nung von Fernwechseln, Anlage von Wild-brücken und -tunneln).

Mit der Bundeswaldinventur, der Bodenzu-standserhebung im Wald und der Waldzu-standserhebung existieren in Deutschlandderzeit drei nationale forstliche Stichpro ben -inventuren, die im Institut wissenschaftlichbearbeitet und ausgewertet werden. Zu-sammen mit den intensiven Dauerbeobach-tungsflächen (EU Level II) bilden sie die

Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI)Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei

Forschungsgebiete WOI• Wald und Wasser• Anpassung der Wälder an den

Klimawandel• Biodiversität in Wäldern und

Kurzumtriebsbeständen,• Wanderungsbewegungen von

Wildtieren,• Populationsökologie des

Rotfuchses,• Waldinventuren,• Treibhausgasmonitoring,• Zustand und Veränderung der

Waldböden

Kooperationen/Aktivitäten• Unterstützung des

Studiengangs „Global ChangeManagement“ an der FHEberswalde

• Koordinierungsrat derEberswalder ForstlichenForschungseinrichtungen mitder FH Eberswalde, derLandesforstanstalt Eberswaldeund der MPA Eberswalde

• Kooperationspartner desForschungszentrumsWaldökosysteme derUniversität Göttingen;

• Bund-Länder-Arbeitsgruppenzu den Themen Anpassungder Wälder an denKlimawandel,Weiterentwicklung desForstlichenUmweltmonitorings sowieDurchführung der drittenBundeswaldinventur

• Internationale Kooperationenmit der schwedischenLandwirtschaftsuniversität(SLU) in Uppsala, mit derChalmers Universität inGöteborg, mit der UniversitätRostock und dem Institut fürbiobasierte Produktlinien(BIOP) im BereichUmweltwirkungen vonKurzumtriebsbeständen

Grundwasserlysimeterstation in einem Schwarzerlenbruch

Telemetrieuntersuchung an Rotwild

Foto: vTI

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72 Forschen für den ländlichen Raum

Grundlage für das bundesweite Waldmoni-toring. Besondere Bedeutung erlangt derzeitdie Berichterstattung zum Kyoto-Protokoll,in dem es um die Bedeutung der Wälder alsSenke oder Quelle für Treibhausgase geht.Aufgabe des neu eingerichteten Datenzen-trums Wald ist es, vorhandene Daten für un-terschiedliche Anwendungen verfügbar zumachen, wobei auch externe Datenquelleneinbezogen werden sollen. Damit werdenVoraussetzungen für die integrierende Aus-wertung der verschiedenen Erhebungenverbessert. Dies eröffnet neue Möglichkei-ten für die Modellierung und Simulation vonEntwicklungsszenarien und für die Regiona-lisierung der Inventur- und Modellergebnis-se. Das Datenzentrum Wald soll langfristigdie Infrastruktur für alle datenintensiven For-schungen im Institut bilden, Daten und Ser-vice für externe Nutzer anbieten und Infor-mationen für die Öffentlichkeit bereitstellen.

Institut für Forstgenetik Das Institut befasst sich mit Forschungsar-beiten zur Herkunfts- und Qualitätssiche-rung bei forstlichem Saat- und Pflanzgut,zur Erhaltung und Bewertung forstgeneti-

scher Ressourcen, zur Biodiversität im Waldund mit der Risikobewertung von Biotech-nologie, die als Forschungsschwerpunkteim Rahmenkonzept der Ressortforschungdes BMELV fixiert sind. Es werden Grundla-gen für Entscheidungsrichtlinien zur Aus-wahl, Gewinnung, Qualität und Anzucht vongeeignetem forstlichen Saat- und Pflanzguterarbeitet. Dazu gehören Untersuchungenzu Möglichkeiten des Herkunftsnachweisesbei Saatgut ebenso wie Arbeiten, die sichmit Problemen bei der Prüfung der äußerenBeschaffenheit von forstlichem Vermeh-rungsgut befassen. Ein weiterer Schwer-punkt sind Untersuchungen zu bekanntenund neu auftretenden Schaderregern vonWaldbäumen, ihrer Vermehrungsbiologieund räumlichen Ausbreitung. Kenntnisseüber die genetischen Grundlagen der Wald-ökosysteme, die Funktion der Biodiversitätund genetischen Vielfalt werden gewonnenund dienen einem besseren Verständnis derAuswirkungen der vielfältigen Eingriffe desMenschen durch die Forstwirtschaft undder anderen Gefährdungen, die auf unsereWälder einwirken wie z. B. Schadstoffeinträ-ge oder Fragmentierung von Waldflächen.Darüber hinaus werden Forschungsarbeitenzur Evaluierung und Erhaltung der forstli-chen Genressourcen durchgeführt. Zahlrei-che Versuchsflächen werden in ganzDeutschland betreut und für die Untersu-chungen in allen Fachgebieten genutzt.

Unter dem Blickpunkt der vorhergesagtenKlimaänderungen gewinnen die genanntenArbeitsschwerpunkte zusätzlich an Bedeu-tung. Das Institut beschäftigt sich seit eini-ger Zeit verstärkt mit der Erforschung vonZüchtungs- und Verwendungsmöglichkei-ten schnellwachsender Baumarten für Auf-forstungen und Kurzumtriebsplantagen. Da-für werden auf langjährig beobachteten Ver-suchsflächen die besten Bäume ausge-wählt, vermehrt und unter neuen Wuchs-und Resistenzkriterien geprüft. InnovativeMethoden der züchterischen Beeinflussungvon Eigenschaften wie Biomasse-Ertrag,Wüchsigkeit, Trocken- und Krankheitstole-ranz oder Zellstoffeignung werden erarbei-tet und auf ihre Anwendbarkeit untersucht.Forschungsarbeiten mit Hilfe moderner Ver-fahren der Biotechnologie schaffen die Ba-sis für eine fundierte Politikberatung zu Po-

Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI)Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei

Leiter des Instituts für ForstgenetikDr. habil. Bernd Degen

Institut für Forstgenetik (FG),Außenstandort WaldsieversdorfEberswalder Chaussee 3A15377 WaldsieversdorfTel.:+49 (0)33433-157 160Fax:+49 (0)33433-157 [email protected]/de/institute/fg/

Forschungsgebiete FG• Genetische Zusammensetzung

von Baum- undStrauchpolulationen sowieForstinsekten undWildtierbeständen

• Herkunftsversuche mitverschiedenen Laub- undNadelbaumarten

• Züchtungsmethoden zurSteigerung von Stabilität undErtragsleistung beiausgewählten Baumarten

• Genetische Variation undAnpassungsprozessen beiPathogenen und Parasiten

• SaatgutforschunginsbesondereWeiterentwicklung vonVerfahren zur Prüfung undQualitätskontrolle vonforstlichem Saatgut

• Forschung zur biologischenSicherheit an biotechnologischerzeugten Bäumen

Überdachtes wägbares Lysimeter

Foto: vTI

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Forschen für den ländlichen Raum 73

tenzialen und Risiken dieser Techniken ein-schließlich der Gentechnik.

Die genetische Vielfalt der Arten bestimmtzu einem bedeutenden Teil das Ausmaß derAngepasstheit und Anpassungsfähigkeit.Daher ist es wichtig, die genetische Diversi-tät und ihre räumliche und demographischeStruktur innerhalb von Arten zu bestimmenund die sie beeinflussenden ökologischenund populationsgenetischen Prozesse, wiez. B. Reproduktionsstrategien, Genflussdurch Pollen- und Samentransport, histori-sche und aktuelle Veränderungen des Aus-breitungsgebiets, Selektionsregime (z. B.Auswirkungen anthropogener Eingriffe undVeränderungen, oder Interaktionen in Wirt-Parasiten-Systemen) und stochastischeProzesse in kleinen Populationen, zu unter-suchen. Der dadurch erhaltene Einblick indas genetische System von Arten in Wald-ökosystemen ermöglicht eine Abschätzungdes evolutionären Potenzials der Arten undbildet damit die Grundlage für forstliche Ent-scheidungen und Strategien sei es in Bezugauf Fragen der Nachhaltigkeit oder des Um-gangs mit Waldschadinsekten und (poten-ziell) invasiven Arten.

Für die verschiedenen Fragestellungen wer-den im Institut Genmarker auf DNA- undProteinbasis entwickelt und angewendet.Sie dienen insbesondere der Charakterisie-rung der genetischen Variation von Popula-tionen auf Versuchsflächen und im natürli-chen Verbreitungsgebiet. Wenn dabei cha-rakteristische Variationsmuster gefundenwerden, können diese zur Identifizierungdes Ursprungs forstlichen Vermehrungsgu-tes oder z. B. zum Nachweis illegalen Holz-einschlags bei geschützten Baumarten ge-nutzt werden. Außerdem dienen Genmarkerder Identifizierung von Schaderregern undder Charakterisierung der Zusammenset-zung von Mikroorganismengemeinschaften. Das Institut besitzt zur Erfüllung seiner Auf-gaben ein umfangreiches Spektrum an me-thodischen und technischen Voraussetzun-gen wie z.B. DNA-Labore, Sterilarbeitsplät-ze, In-vitro-Kul tu ren räume, Labore für mi-krobiologische Arbeiten und Saatgutunter-suchungen und Anzuchträume in Gewächs-haus und Baumschule. Das Institut fürForstgenetik bearbeitet die genannten Auf-gabenfelder in enger Kooperation mit For-schungseinrichtungen in ganz Deutschland,aber auch in der näheren Region.

Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI)Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei

Kooperationen/Aktivitäten in Netzwerken

Internationale Zusammenarbeit Bilaterale Zusammenarbeit imBereich der Agrarforschung mitChina zu folgenden Themen: • Risikoabschätzung bei

transgenen Bäumen • Kiefern-Verbesserung und

Vermehrung • Mitarbeit im Projekt

TREEBREEDEX

Nationale Zusammenarbeit: • Partner im Arbeitskreis

Deutsche In-vitro-Kulturen • Mitarbeit in der Bund-Länder-

Arbeitsgruppe „ForstlicheGenressourcen undSaatgutrecht“

• Mitarbeit in der DeutschenDendrologischen Gesellschaft

• Partner im Projekt FASTWOOD(Biomasseproduktion mitschnellwachsenden Bäumen)

Kooperationspartner in der RegionLandesforstanstalt EberswaldeFachhochschule EberswaldeZALF MünchebergHumboldt-Universität zu BerlinTechnische Universität Berlin

Resistenzforschung: Schadpilz-Infektion von Eschen

Untersuchung von Saatgut auf Lebensfähigkeit

Foto: vTI

Foto: vTI

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74 Forschen für den ländlichen Raum

Veränderungen des Klimas, neue Rah-menbedingungen der europäischenAgrarpolitik, Einführung moderner Tech-nologien in der Landwirtschaft und zu-nehmende Veränderung der Nutzungsin-tensität von Landschaften, demo-grafischer Wandel, höhere Erwartungender Gesellschaft an den Umwelt- undVerbraucherschutz bewirken einen Wandel in der Entwicklung ländlicherRäume. Diese Entwicklung wirkt sich u.a. in einem neuen Wettbewerb um Flä-che aus. Die Folgen dieses Wettbewerbsberühren nahezu alle ökonomischen undökologischen Aspekte der Landnutzungund des ländlichen Raumes.

Neue Fragen stehen im Raum, die im ge-samtlandschaftlichen Kontext erforschtwerden müssen und deren Ergebnisseauch veränderter Bewertungen bedürfen.

Vor dem Hintergrund des skizziertenUmbruches der Ansprüche an Landnut-zung, Landfläche und damit den ländli-chen Raum hat sich das ZALF strukturellund forschungskonzeptionell dieser Auf-gabe gestellt.

Das 1992 auf Empfehlung des Wissen-schaftsrates gegründete Leibniz-Zen-trum für Agrarlandschaftsforschung(ZALF) e.V. in Müncheberg untersucht –über europäische Grenzen hinweg – dieEntwicklung ökologisch und ökonomischvertretbarer Landnutzungssysteme. Zielist die Entwicklung multifunktionalerstandortangepasster Landnutzungskon-zepte und die Eröffnung von Perspekti-ven zur Entwicklung ländlicher Räume.

Damit wurde ein umfassender Ansatz zurLandschaftsforschung etabliert, welcherdie genutzte Landschaft mit allen wichti-gen Kompartimenten erfasst und es er-laubt, komplexe Prozessabläufe zu verste-hen. Die wesentlichen Einflussfaktorenund deren raum-zeitliche Wechselwirkun-gen werden auf regionaler und überregio-naler Ebene untersucht und bewertet. Da-mit ist es möglich, zukünftige ökologischeund sozioökonomische Landschaftszu-stände auf der Basis von Landschaftsindi-katoren zu simulieren, Folgewirkungen ab-zuschätzen und Entscheidungshilfen zuFragen der Landnutzung und nachhaltigenLandschaftsentwicklung bereitzustellen.

Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.

DirektorProf. Dr. Hubert Wiggering

VerwaltungsdirektorHolger Seidler M.A.

Mitarbeiter325 davon 81 Wissenschaftler aus Drittmitteln: 84 davon 49 Wissenschaftler

Leibniz-Zentrum fürAgrarlandschafts-forschung (ZALF) e.V.

Eberswalder Straße 8415374 Müncheberg

Tel.: +49 (0)33432 82-200Fax: +49 (0)33432 82-223

[email protected]

Hauptgebäude des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.

Mitglied der

Foto: ZALF

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Forschen für den ländlichen Raum 75

Organisatorisch werden die Arbeiten imForschungsverbund des ZALF „Nachhal-tige Entwicklung und Nutzung von Agrar-landschaften“ gebündelt, der sich in fol-gende Programme gliedert: Diversitätder Landschaftsfunktionen, Produktivitätvon Landschaften, Schutz von Land-schaftsressourcen, Steuerung der Land-schaftsnutzung.

Die Agrarlandschaftsforschung zielt dabeieinerseits auf die Abschätzung und Be-wertung der Veränderung der natür-lichen Produktionsbedingungen (globalchange). Andererseits bedarf es einerneuen Bewertung der Rahmenbedingun-gen im Lichte der veränderten Anforde-rungen und der Identifizierung nachhalti-ger Nutzungskonzepte. Die Expertise desZALF in der Modellierung von Agraröko-systemen mit Schwerpunkt im nordost-mitteleuropäischen Raum ist mithin un-verzichtbares Fundament, regionalspezi-fisch praktikable Empfehlungen zu gebensowie Entwicklungen forschend zu be-gleiten.

Ein substanzielles Problem wird dabeidie Wasserspeicherung bzw. Rückhal-tung sowie die Implementierung wasser-effizienterer Nutzungssysteme sein. Der-art allgemeine Fragen werden herunter-gebrochen auf regionale Entwicklungs-konzepte, die häufig auf regionalenStoffstromanalysen aufbauen.

Die von Menschen verursachten Stoff-ströme werden integriert in regionsspezi-fische Prozesse, Güterflüsse und geoge-ne Potenziale, um Möglichkeiten und Kri-terien aufzuzeigen, die die Gesamtent-wicklung der ländlichen Räume steuernund die Regionen auf zukünftige Wettbe-werbe vorbereiten. Die Vereinbarkeit vonkonventioneller Produktion, verstärktemAnbau nachwachsender Rohstoffe undEnergiepflanzen, Klimaschutz, Natur-schutz, Tourismus, wasserwirtschaftli-chen Anforderungen, Bodenschutz u. a.ist für das ZALF Kernthema bei der Initi-ierung und Mitgestaltung von For-schungsnetzwerken und -plattformen so-wie von Verbundprojekten und Integrier-ten Projekten, von denen im Folgendendrei beispielhaft vorgestellt werden.

InstituteInst. fürLandschaftssystemanalyseLeiter Prof. Dr. Karl-Otto Wenkel

Inst. für LandnutzungssystemeLeiter Dr. Armin Werner

Inst. für SozioökonomieLeiter Prof. Dr. Klaus Müller

Inst. fürLandschaftswasserhaushaltLeiter Prof. Dr. Gunnar Lischeid

Inst. fürBodenlandschaftsforschungLeiter Prof. Dr. Michael Sommer

Inst. für LandschaftsstoffdynamikKomm. Leiterin Dr. Marina Müller

Die Nachfrage nach Holz steigt stetig, aber auch dieSchutz- und Erholungsfunktion von Wäldern stellt immerhöhere Anforderungen

Bodenproben, Infrarotspektrometer

Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.

Foto: R. Dannowski

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76 Forschen für den ländlichen Raum

Das Verbundprojekt NEWAL-NET Nachhaltige Entwicklung von Waldlandschaften im nordostdeutschen Tiefland Fast selbstverständlich werden in Mittel-europa die vielfältigen Funktionen undLeistungen wahrgenommen, die Wäldererfüllen – als Lieferant von Holz, als Puf-fer für Stoffströme und Klimawirkungen,als Lebensraum für vielfältige Arten, alsprägendes Element der Landschaftsäs-thetik und vieles mehr.

Zunehmend wachsen aber auch die An-sprüche sowohl an die Nutzung als auchan den Schutz der Ressource Wald, wäh-rend die Rahmenbedingungen für dessenPflege und Bewirtschaftung zunehmendkomplexer und unsicherer werden.

Die Sicherung von Einkommen und Be-schäftigung im Ländlichen Raum durchWaldwirtschaft wird zunehmend schwie-riger – trotz der momentan stark stei-genden Nachfrage nach Holz auch z. B.für die energetische Nutzung. In diesem

Kontext ist die Nachhaltigkeit der zu-künftigen Bewirtschaftung – ein uraltesforstwirtschaftliches Prinzip – zentralesThema eines BMBF-Förderschwer-punkts, aus dem der Verbund NEWAL-NET gefördert wird.

Das Projekt setzt bei den zukünftigenRahmenbedingungen an, die einerseitsdurch erwartete Klimaänderungen mit ei-ner Zunahme von Extremereignissen undeiner Veränderung der Niederschlagsver-teilung geprägt sein könnten. Anderer-seits werden auch Entwicklungen globa-ler Märkte und Technologien für Waldpro-dukte hin zu neuen, veränderten und viel-fältigen Holzsortimenten erwartet.

Die mit der natürlichen Verteilung vonStandortfaktoren gegebene Produktivitätund die sehr langen Produktionszeiträu-me für die Erzeugung von wertvollemHolz sind dabei auch in Zukunft wenig zubeeinflussen.

Unerschlossene Potenziale liegen des-halb zunehmend in der Ausnutzung öko-logischer Zusammenhänge durch Wald-bau und Waldpflege, mit der eine hoheVielfalt an Arten und Strukturen und da-mit eine hohe Zahl an zukünftig mögli-chen Bestandesentwicklungen erreichtwird.

Bestehende Waldstrukturen ohne radi-kale Veränderungen so weiterzuentwi-ckeln, dass auch künftigen GenerationenFreiheitsgrade der Waldentwicklung er-halten bleiben, ist Ausgangspunkt für einLeitbild der nachhaltigen Waldbewirt-schaftung.

Vor dem Hintergrund unsicherer zukünf-tiger Rahmenbedingungen, insbesonde-re der Klimaentwicklung, wird darausdas Leitbild des „klimaplastischen“Waldentwicklungstyps abgeleitet undmit starkem Bezug zur Modellregion imNordostdeutschen Tiefland auf seineNachhaltigkeitswirkungen getestet. Dasschließt eine enge Zusammenarbeit miteiner Vielzahl von Akteuren vor Ort eben-so mit ein wie eine wissens- und modell-basierte Abschätzung der Folgen einer

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NEWAL-NET Nachhaltige Entwicklung von Waldlandschaften imnordostdeutschen Tiefland

Laufzeit: Juli 2005 bis Mai 2009Förderer: Bundesministerium fürBildung und Forschung (BMBF)

Prof. Dr. Hubert Wiggering(Verbundleitung)

Dr. Hans-Peter Ende(Verbundkoordination)

Tel.: +49 (0)33432 82-200Fax: +49 (0)33432 82-223

Kooperationspartner• Forschungszentrum Karlsruhe,

Institut für Meteorologie undKlimaforschung, Garmisch-Partenkirchen

• Gesellschaft für Naturschutzund Landschaftsökologie e.V.,Kratzeburg

• Universität Hamburg, Zentrumfür Holzwirtschaft

• Waldkunde-InstitutEberswalde GmbH

• Humboldt-Universität Berlin,Institut für Wirtschafts- undSozialwissenschaften desLandbaus

• Büro fürLandschaftskommunikation,Schiffmühle

• Bundesforschungsanstalt fürForst- und Holzwirtschaft,Institut für Ökonomie,Hamburg

sowie diverse Landschaftsakteure

www.newal-net.dewww. nachhaltige-waldwirtschaft.de

Linden-Hainbuchen-Buchen-Wald im klimatischenÜbergangsgebiet (Uckermark) (Foto: H.-P. Ende)

Foto: H.-P. Ende

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Forschen für den ländlichen Raum 77

entsprechenden Waldwirtschaft auf dieLandschaft, Märkte sowie auf Einkom-men und Beschäftigung im ländlichenRaum.Das Leitbild ist dabei so angelegt, dassfolgenden Generationen möglichst viel-fältige Optionen zur Korrektur und An-passung der Bewirtschaftung bei sichändernden Bedingungen erhalten blei-ben. Die Arbeit des Verbundes ist dabeistark auf die Nutzbarmachung und Inte-gration von vorhandenem Wissen ge-richtet. Das forst- und umweltpolitische, ökono-mische und soziale Umfeld wird nicht alsunveränderbar angesehen. Mit der Um-setzung des Leitbildes ist auch die Über-prüfung und gegebenenfalls Beeinflus-sung der Rahmenbedingungen verbun-den. Hierfür werden Module des Bil-dungs- und Wissenstransfers eingesetzt,die der Politikberatung, visuellen Kom-munikation und Moderation dienen. EinProjekt ist der Berufs- und Schulbildunggewidmet, ein weiteres wendet sich als„Landschaftswerkstatt“ unmittelbar denAkteuren vor Ort zu. Als Modellregion wurde das nordost-deutsche Tiefland gewählt. Hier hat inRestbeständen ein Waldaufbau überdau-ert, der als Vorbild für einen Waldtyp mithoher Baumartenvielfalt und hoherSelbstorganisation sowie Klimaplastizi-tät dienen kann: der Buchenmischwald,zu dem Hainbuche, Winterlinde, Eiche,Esche, Ahorn, Wildapfel, Vogelkirscheund Elsbeere gehören. Das Potenzial dieser natürlich vielfälti-gen Gegebenheiten wurde bislang wenigausgeschöpft. Dies betrifft sowohl diewirtschaftliche Nutzung des Waldes alsauch die Bewertung seiner Bedeutungfür Klima, Artenvielfalt, Wasserhaushaltsowie Erholung und Ästhetik. Mit Computermodellen werden zunächstdie Folgen einer in diese Richtung verän-derten Waldwirtschaft auf die Land-schaft simuliert und dann die Ergebnissemit den Akteuren diskutiert.Das Projekt ist so angelegt, dass die Ergebnisse dieses Prozesses später auf andere Regionen in Deutschland und Mitteleuropa übertragen werdenkönnen.

SENSOR

Nachhaltigkeitsbewertung von Politikmaßnahmen zu multifunktionaler Landnutzung in Europäischen RegionenSENSOR ist ein Integriertes Projekt des 6. Forschungsrahmenprogramms der Eu-ropäischen Kommission. 39 Forschungs-institutionen aus 15 europäischen Län-dern, China, Brasilien, Argentinien undUruguay entwickeln wissenschaftlich fun-dierte Vorhersageinstrumente, um politi-sche Entscheidungsprozesse mit Land-nutzungsrelevanz zu unterstützen.

Die europäische Politik hat sich zur Nach-haltigkeitsstrategie bekannt, die unter an-derem ex ante Instrumenten nutzt zur Be-wertung der Nachhaltigkeit von politischenEntscheidungen. Die multifunktionaleLandnutzung gilt als Schlüsselkonzept fürdie Umsetzung des Leitbildes der nachhal-tigen Entwicklung. Grundgedanke diesesKonzeptes ist es, die Wechselwirkungenzwischen ökologischen, ökonomischenund sozialen Auswirkungen von Landnut-zung in ihrem zusammenhängenden Gefü-ge „integriert“ zu betrachten und dabeilandwirtschaftliche Güter ebenso wie posi-tive und negative Externalitäten einzube-ziehen. Im SENSOR-Projekt wird ein An-satz verfolgt, der Auswirkungen unter-schiedlicher Politikansätze auf die nachhal-tige Entwicklung in ländlichen Räumen er-fassen und bewerten kann. Hierfür wurdenneun Landnutzungsfunktionen entwickelt,um direkte und indirekte Auswirkungen vonPolitik unter Berücksichtigung von geophy-sischen und sozioökonomischen Aspektenzu erfassen und zu bewerten. Als Haupt-produkt wird das Nachhaltigkeitsbewer-tungsinstrument SIAT (Sustainability Im-pact Assessment Tool) entwickelt, um exante die Auswirkungen für eine Reihe vondefinierten EU Politikinstrumenten räumlichdifferenziert darstellen zu können.

Die Ziele des Projektes sind breit gefä-chert. Es gilt, Politikszenarien für das Ziel-jahr 2025 unter Berücksichtigung von glo-balen ökonomischen und sozialen Ent-wicklungstrends zu entwickeln, Landnut-zungsänderungen zur Darstellung und

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Supported by:European Commission, DGResearch, Directorate I: EnvironmentUnit I-1: Policy aspects of researchand sustainable development

Betreuer beim Projektträger Dr. Peter De Smedt

Dauer Dezember 2004 – November 2008

ProjektkoordinatorenDr. Katharina HelmingDr. Bettina KönigDr. Karen TscherningMSc. Hannes König

Tel.: +49 (0)33432-82 155/441Fax: +49 (0)33432-82 [email protected] www.sensor-ip.eu

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Analyse von Szenarien zu einflussneh-menden Faktoren zu simulieren und Indi-katoren zur Abschätzung der Nachhaltig-keit von Landnutzungsänderungen durchpolitische Entscheidungen zu analysieren.Daneben muss ein räumliches Referenz-systems zur integrierten Analyse von so-zialen, ökonomischen und umweltrelevan-ten Nachhaltigkeitsaspekten auf regiona-ler Ebene entwickelt werden. Schließlichmüssen regionalspezifische Nachhaltig-keitsziele und -grenzwerte mit Hilfe vonExpertenwissen und partizipativen Me-thoden sowie besondere Aspekte derNachhaltigkeit in sensitiven Regionen vonBerg- und Küstenregionen, Inseln undpost-industriellen Gebieten, erkannt undbewertet werden.

Dazu wird ein GIS-basiertes, GMES/GEO-kompatibles, qualitätsgeprüftes Datenma-nagementsystem für die Bewertung derNachhaltigkeit von Landnutzung und einSIAT für politische Entscheidungsträger inder EU entwickelt. Abschließend erfolgtein Test der Übertragbarkeit des SEN-SOR- und SIAT-Forschungsansatzes inChina, Brasilien, Argentinien und Uruguay.

Landnutzungspolitik ist hoch dynamischund hat sektorenübergreifende Auswirkun-gen. Eine Voraussetzung für die effektiveGestaltung von Politik ist das Verständnisfür deren Umfang und Auswirkungen. ImBereich der computerbasierten Modellsys-teme zur Entscheidungsunterstützung kannstets ein begrenztes, reduziertes, abstra-hiertes Abbild der Wirklichkeit geschaffenwerden, das Aussagen über vergangene(ex post) und zukünftige (ex ante) Entwick-lungen zulässt und Verhaltensweisen desSystems in bestimmten Szenarien darstellt.

Das im SENSOR-Projekt entwickelte Meta-modell SIAT soll in erster Linie als Entschei-dungshilfe für Politiker, Berater und Analys-ten auf europäischer Ebene dienen. SIAT istein nutzerorientiertes Politikinformations-system, das insbesondere die EU-Organein ihren Entscheidungsfindungsprozessenunterstützt, welche in der Nachhaltigkeits-bewertung involviert sind und in den vorge-schalteten Arbeitskreisen Modellrechnun-gen durchführen. Der Prototyp ermöglichtdem Anwender eine Nachhaltigkeitsbewer-tung verschiedener Politikbereiche auf re-gionaler Ebene. Der Nutzer wird durch das

Partner imForschungskonsortium

ALTERRA Alterra Green WorldResearch, Wageningen, NLBTUC Brandenburg University ofTechnology Cottbus, DEARC Environmental PlanningDept., ARC Seibersdorf researchGmbH, ATU Vienna Institute of LandscapeEcology, University Vienna, ATBOKU Agric. University Vienna, ATWSL Swiss Federal Institute ofForest, Snow and LandscapeResearch, CHUBER Dept. of AgriculturalEconomics and Social Sciences,Humboldt University Berlin, DETUM Chair of Forest YieldScience, Technical UniversityMunich, DENERI National EnvironmentalResearch Institute, University ofAarhus, DKFLD Danish Centre for Forest,Landscape and Planning,University of Copenhagen, DKDIAS Department of AgriculturalSystems, Danish Inst. ofAgricultural Sciences, Universityof Aarhus, DKU Tartu Dept. of PhysicalGeography and LandscapeEcology, University Tartu, EEEFI European Forest Institute, FICemagref CEMAGREFGroupement de Grenoble, FRCOE/CCIP Centre d’ObservationEconomique, Paris, FRUWH Institute of EnvironmentalSciences University of WesternHungary, HUSZIE/KGI Institute ofEnvironmental Management,University Gödöllö, HUIIASA International Institute forApplied System Analysis, ATDEART-UNIFI Dept. of Agricultureand Resource Economics,Florence University, ITJRC Institute for Environment andSustainability (IES), Ispra, ITMEPA Plan Making and PolicyDevelopment Unit, MaltaEnvironment and PlanningAuthority, MTLEI Agricultural Economics Re -search Institute, Wageningen, NLWUR Environmental SystemsAnalysis Group, WageningenUniversity, NL

Multifunktionale Verknüpfung verschiedener Landnutzungsformen, daraus abgeleiteten Landnutzungsfunktionen in SENSOR

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Forschen für den ländlichen Raum 79

IUNG Institute of Soil Science andPlant Cultivation Pulawy, PLILE SAS Institute of LandscapeEcology, Slovak Academy ofSciences, SKLU University Lund, Dept. ofChemical Engineering, SEFR Social Research Unit ForestResearch, UKNERC National EnvironmentalResearch Centre, LancasterResearch Station, UKU Bath Dept. of Economics andInternational Development,University of Bath, UKUNOTT Centre for EnvironmentalManagement, NottinghamUniversity, UKUNIABDN Dept. of Geography andEnvironment, University ofAberdeen, UKIGSNRR Institute of GeologicalSciences and Natural ResourcesResearch, CN CASS Chinese Academy of SocialSciences, CNEMBRAPA Empresa Brasileira dePesquisa Agropecuária Solos, BR UFSC Federal University of SantaCatarina, BRUBA University of Buenos Aires,ARUDELAR Universidad de laRepública

Menü geleitet, das aus Referenzszenario,Politikszenario, Ergebnisebene zu Politik-wirkungen sowie einer Risiko- und Grenz-wertanalyse und auf der letzten Ebene in ei-nem Vergleich von ausgewählten Indikato-ren und Regionen besteht. SIAT schätztnutzerdefinierte EU-Politikalternativen (z.B.Förderung der Bioenergieproduktion, GAP-Reform, Strukturfonds, Natura 2000 etc.)hinsichtlich ihrer multidimensionalen Wir-kungen auf der EU Ebene ab und vergleichtregionalspezifische Effekte (NUTS 2/3).

Der indikatorenbasierte Modellansatz erfor-dert eine komplexe Analyse von 44 Indika-toren. Hierbei stellen neben mehreren ana-lytischen Schritten auch technische Aspek-te zur Modellentwicklung eine große He-rausforderung dar. Relevante Indikatorenwurden für das Zieljahr 2025 einzeln be-rechnet, wobei verschiedene biophysikali-sche und makro-ökonomische Modellezum Einsatz gekommen sind. Die Indikato-ren wurden anschließend zu neun Landnut-zungsfunktionen aggregiert, um eine inte-grierte Nachhaltigkeitsbewertung auf regio-naler Ebene durchführen zu können. DieStärken des SIAT Modells liegen in der nut-

zerfreundlichen Anwendung, mit der schnellErgebnisse für verschiedene Szenarien ver-anschaulicht werden können. Eine Reihevon fact sheets begleiten den Anwenderdurch die SIAT Anwendung und sollen ihmdabei helfen, wichtige Arbeitsschritte bes-ser zu verstehen und eine durchgehendeModelltransparenz zu gewährleisten.

Nach drei erfolgreichen Jahren läuft dieletzte Projektphase von SENSOR an. Kon-zeptionelle und methodische Ansätze wur-den von verschiedenen Projektpartnern ausunterschiedlichen Ländern und Disziplinenzur Nachhaltigkeitsbewertung von Land-nutzungsänderungen entwickelt. AlsHauptprodukt wird derzeit der zweite SIATPrototyp entwickelt, um Auswirkungen ver-schiedener politischer Handlungsoptionenauf die Nachhaltigkeit der Landnutzung inEuropa abschätzen und räumlich differen-ziert darstellen zu können.

In einem Erweiterungsprojekt SENSOR-TTC wird außerdem die Übertragbarkeitdes europäischen Forschungsansatzes fürChina und Lateinamerika getestet und Er-weiterungsmöglichkeiten ausgearbeitet.

Wissenschaftler des SENSOR-Projektes bei einer Podiumsdiskussion in Malta

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Foto: ZALF

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80 Forschen für den ländlichen Raum

Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.

CarboZALF

Laufzeit2008 – 2016

ProjektleitungProf. Dr. Michael SommerProf. Dr. Jürgen Augustin

Tel.: +49 (0)33432-82 282Fax: +49 (0)33432-82 [email protected]

Drittmittelprojekte (Stand 04/08)BMBF klimazwei Klimaschutz-MoornutzungsstrategienEU 6. RahmenprogrammNitroEurope

CarboZALF

Der Kohlenstoffhaushalt von Agrar-landschaften im globalen Wandel (Kom-biniertes Haushalts- und Drittmittelpro-jekt, integriert u.a. das BMBF-Projekt „Kli-maschutz-Moornutzungsstrategien“ und„NitroEurope“, Integriertes Projekt im 6.EU-Forschungsrahmenprogramm).

Der globale Wandel von Klima, ökonomi-schen und technischen Rahmenbedingun-gen und gesellschaftspolitischen Vorgabenbeeinflusst Agrarlandschaften in vielfältigerWeise. Eine besondere Rolle spielt derkaum steuerbare globale Klimawandel –nicht nur für die Produktivität, z.B. durch ei-nen veränderten Wasser- und Stoffhaus-halt, sondern auch für die Funktionalitätvon Agrarlandschaften hinsichtlich der Res-sourcen Boden, Wasser und Biodiversität.

Gleichzeitig beeinflussen die Landnutzungund veränderte Landbewirtschaftung ih-rerseits relevante Klimaelemente, wie dieCO2-Konzentration in der Atmosphäre. Diehochaktuelle Brisanz dieser Rückkopp-lungsprozesse ergibt sich aus dem Be-

fund, dass derzeit nur ca. 45% des globalanthropogen emittierten CO2 in der Atmo-sphäre wieder auffindbar sind. Der Restmuss von Ozeanen und Kontinenten auf-genommen werden (globale Senkenfunkti-on). Unklar ist allerdings, wo und wie diesgeschieht. Da die Ozeane bereits jetzt ihreAufnahmekapazität erreicht haben, wirdangenommen, dass auf den Kontinentenein größerer Teil des anthropogenen CO2

aufgenommen wird (CO2-Sequestrierung).Es ist allerdings auch bekannt, dass aufden Kontinenten starke landnutzungsbe-dingte CO2-Quellen existieren, z. B. durchdie Entwässerung von Mooren oder dieEntwaldung. Somit stellt sich für Klimafor-scher die Frage, wo auf den Kontinentendas CO2 gebunden wird – die Frage nachdem sogenannten „residual land sink“.Auch ist nicht bekannt, ob und wann sichdessen Aufnahmekapazität möglicherwei-se erschöpft – was einen deutlich stärke-ren Anstieg der CO2-Konzentration in derAtmosphäre zur Folge hätte.

Weitgehende Einigkeit besteht darin, dassder Schlüssel zur Beantwortung dieserFragen in der Landnutzung bzw. in Land-

Automatische Haubensysteme des ZALF zur zeitlich hochauflösenden Bestimmung der CO2-Flüsse

Foto: ZALF

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Forschen für den ländlichen Raum 81

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Partner im Forschungscluster

AUP Agricultural University ofPoznan, AgrometeorologyDepartment, Poznan, Poland ENSA-INRA Ecole nationalesuperieure agronomic-Institutnational de rechercheagronomique, Joint ResearchUnit for Soil, Agronomy &Spatialization, Rennes, FranceFNR Fachagentur fürnachwachsende Rohstoffe e.V.,GülzowFZK ForschungszentrumKarlsruhe, Institut für Meterologieund Klimaforschung, Garmisch-PartenkirchenGFZ GeoForschungsZentrumPotsdamHZM Helmholtz-ZentrumMünchen, Institut fürBodenökologie, NeuherbergMPI Max-Planck-Institut fürBiogeochemie, JenaNERC - Natural EnvironmentResearch Council, Center forEcology and Hydrology,Edinburgh, UKOSU Oregon State University,Department of Crop and SoilScience, Corvallis, USATUM Technische UniversitätMünchen, Lehrstuhl fürVegetationsökologieUCL Universite catholique deLouvain, Physical Geography,Leuven, BelgiumUNEXE University of Exeter,Department of Geography, Exeter,UKUP Universität Potsdam, Institutfür GeoökologieUW University of Waterloo,Department of Geography,Waterloo, Canada

nutzungsänderungen liegt. In diesemKontext untersucht CarboZALF – ein in-tegratives Forschungscluster des ZALF –die Veränderungen des Kohlenstoffhaus-haltes von Agrarlandschaften.

Im Zentrum der interdisziplinären und in-stitutsübergreifenden Untersuchungenstehen die Auswirkungen aktueller Land-nutzungstrends, z. B. des verstärktenEnergiepflanzenanbaus, auf die CO2-Quel-len-/Senkenfunktion von Agrarlandschaf-ten sowie ihrer gesamten Klimawirkung(„Global Warming Potenzial“). Im Einzel-nen gilt zu beantworten, welche Wirkungein verstärkter Energiepflanzenanbau aufdie Freisetzung der Treibhausgase CO2,CH4, N2O und die resultierende Klimawir-kung (Spurengasbilanz) in Agrarlandschaf-ten hat. Ebenso muss verstanden werden,wie sich das CO2-C-Sequestrierungs -potenzial von Bodenlandschaften im Kon-text von Landnutzungsänderungen undKlimawandel entwickelt. Ein Fokus liegthier auf der Wechselwirkung zwischenErosions-/Sedimentationsprozessen undden CO2-Bilanzen über Fruchtfolgen.

Schließlich wird erforscht, inwieweit eineveränderte Landbewirtschaftung zu einerVerminderung der Emissionen klimarele-vanter Spurengase und damit zu einer Ver-ringerung der Klimawirkung beitragen kann(mitigation strategy). Die Beantwortung die-ser Fragestellungen erfordert sowohl neuar-tige, grundlagenorientierte Prozessanaly-sen als auch eine Entwicklung von multi-skaligen Modellansätzen. Die Kernaufgabedes Clusters besteht in einer Quantifizie-rung region- wie landnutzungsspezifischerProzessintensitäten sowie einer Analyseder für die Freisetzung von Treibhausgasenrelevanten Mechanismen und steuerndenFaktoren des Kohlenstoffhaushaltes (par-tiell auch des Stickstoffhaushaltes).

Hierzu werden multidisziplinäre Land-schaftsexperimente in typischen Aus-schnitten der nordostdeutschen Glazial-landschaften etabliert (kuppige Grundmo-räne, vermoorte Niederungen). Im Einzel-nen erfolgten Analysen des Wasser- undWärmehaushaltes, der pflanzlichen Stoff-bildung, der Gasflüsse (CO2, CH4, N2O), der

mikrobiellen Umsetzungsprozesse sowieder C-Flüsse über Erosion und Sickerwas-ser und der Veränderungen von Humus-mengen und -qualitäten unter verschiede-nen pflanzenbaulichen Produktionsverfah-ren in Grünland- und Ackerbausystemen.

Für ein umfassendes Verständnis desKohlenstoffhaushaltes – speziell der CO2-Senkenfunktion – sind des Weiteren ge-zielte Experimente im Labor und in Klima-kammern geplant. Ebenso kommen mo-derne bodenchemische Verfahren zur Dif-ferenzierung des organischen Kohlen-stoffs in Böden zum Einsatz). Diese Datenbilden in ihrer Gesamtheit die Grundlagefür eine dynamische Modellierung desKohlenstoffhaushaltes auf verschiedenenRaum- und Zeitskalen. Mittels Fernerkun-dung sollen raum-zeitliche Entwicklungenvon Pflanzenbeständen und Bodenzustän-den abgebildet und modelliert werden. DieEntwicklung räumlich expliziter wie inte-grativer Kohlenstoffmodelle für die Regio-nalskala erlaubt schließlich Szenarienrech-nungen für veränderte Landnutzungs- wieKlimabedingungen.

Oben: FTIR-Spektren verschiedener Oberböden; unten:Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Mineral -partikeln an Pflanzenresten in Oberböden

Foto und Grafik: ZALF

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Markierte Bienen zur Selektion vonhygienischen Verhaltensweisen (LIB)

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Forschen für den ländlichen Raum 83

„Wer vergisst, wie man die Erde beackert unddas Feld bestellt, vergisst sich selbst.“Mahatma Gandhi (1869 – 1948), Rechtsanwalt und politischer sowie geistiger Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung

Mehrländereinrichtungen

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84 Forschen für den ländlichen Raum

Das FIB wurde 1992 auf Empfehlung desWissenschaftsrates gegründet, um vorran-gig spezielle Umweltprobleme in den vomBraunkohlenbergbau beeinträchtigten Re-gionen in Brandenburg, Sachsen und Sach-sen-Anhalt zu lösen. Ziel ist die Gestaltungund nachhaltige Entwicklung ökologischstabiler und vielfältig nutzbarer Bergbaufol-gelandschaften. Dem FIB stellt sich die Auf-gabe, die hierzu notwendigen wissen-schaftlichen Grundlagen, Konzepte und Lö-sungen durch eine vorwiegend anwen-dungsorientierte Forschung zu erarbeiten.

Die Sanierung, Rekultivierung und Renatu-rierung von Bergbaufolgelandschaften um-fasst neben den vom Bergbau hinterlasse-nen Kippen, Halden, Restlöchern, Tage-bauseen etc. auch das beeinflusste Um-land und die von der Grundwasserabsen-kung und dem folgenden -wiederanstiegbetroffenen Ökosysteme und Nutzungen.Arbeitsschwerpunkte des FIB sind dieAnalyse, Typisierung, Potenzialbewertung,Gestaltung, Rekultivierung und Renaturie-rung der Bergbaustandorte. Dabei spieltdie Wiederherstellung der Böden und ihrerFunktionen sowie die Entwicklung von Ein-

satzstoffen und Verfahren für die Boden-verbesserung eine besondere Rolle. Unter-sucht werden Zustand und Entwicklungder Agro-, Forst- und Schutzökosysteme,um Empfehlungen für ihre Bewirtschaf-tung, Behandlung und Pflege abzuleiten.Ein weiterer Schwerpunkt sind Forschun-gen zur Menge und Güte der Grundwas-serneubildung sowie zu geo-, hydro- undbiochemischen Prozessen in den Kippen-körpern und die Anwendung der Ergebnis-se bei der Gewässersanierung, -bewirt-schaftung und beim Gewässerschutz inBergbaugebieten. Die Forschungsergeb-nisse sind Grundlage für die Praxis derBergbau- und Sanierungsunternehmen.Sie fließen zudem in Empfehlungen für dieFlächennutzer (Agrar- und Forstbetriebe),Behörden und Verbände ein.

Eine weiterer Themenschwerpunkt ist dieÜbertragung und Anpassung der entwi-ckelten Methoden und Konzepte auf ande-re, z.B. durch Industrie, Verkarstung oderWüstenbildung gestörte Landschaften imIn- und Ausland. Hierzu ist der Aufbau vonNetzwerken aus Wissenschaft, Wirtschaft,Verwaltung und Politik notwendig.

Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften e.V. (FIB)

Wissenschaftlicher DirektorDr. Michael Haubold-Rosar

VewaltungsleiterinSilvia Schmidt

Mitarbeiter21,davon 10 Wissenschaftler, 7 Sachbearbeiter,4 Technische Mitarbeiter, 14 Drittmittelstellen

Forschungsinstitut für Bergbau-folgelandschaften e.V.

Brauhausweg 203238 Finsterwalde

Tel.: +49 (0)3531-7907 0Fax: +49 (0)3531-7907 30

[email protected] www.fib-ev.de

Bergbaufolgelandschaft (BFL Klettwitz)

Mitglied der

Foto: FIB

Foto: FIB

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Forschen für den ländlichen Raum 85

Abteilung Agro- und Forstökosysteme, Rekultivierung und SanierungIn dieser Abteilung werden Grundlagen undLösungen für landwirtschaftliche Kultur-maßnahmen erarbeitet, mit deren Hilfe Kip-prohböden, die der Bergbau aus demDeckgebirgsmassen herrichtet, zu ertrags-sicheren, flexibel nutzbaren Kulturbödenentwickelt werden sollen. Ziel ist die Wie-derherstellung aller Bodenfunktionen, ins-besondere die zügige Entwicklung der Bo-denfruchtbarkeit und der Ertragsfähigkeit.Einen Schwerpunkt bilden Arbeiten zumAnbau nachwachsender Rohstoffe, vor al-lem holzartiger Biomasse. Als integraler Be-standteil des Verbundvorhabens AGRO-WOOD I werden Arbeiten zur Etablierungvon Kurzumtriebsplantagen mit Pappelnund Weiden auf landwirtschaftlichen Bödenin Südbrandenburg koordiniert. Des Weite-ren erfolgen Untersuchungen zum Anbauvon Robinien sowohl auf land- als auchforstwirtschaftlichen Nutzflächen. Mit dem„Energiewald Kostebrau“ wird der Aufbaueines bis zu 700 ha großen Areals schnellwachsender Baumarten auf Kippenflächenwissenschaftlich begleitet. Damit leistet dasInstitut einen Beitrag zur nachhaltigen Si-

cherstellung der Holznachlieferung für dieholzverarbeitende Industrie in Brandenburg,die in den letzten Jahren eine zunehmendewirtschaftliche Bedeutung erlangt hat.

Zu den langfristig zu untersuchenden Alter-nativen der Landnutzung gehört auch derWildobstanbau (z.B. Sanddorn, Kulturhei-delbeeren), der wie der Anbau schnellwachsender Bäume als Gestaltungsele-ment bei der Strukturierung der Agrarflä-chen und als Einkommensalternative imländlichen Raum gesehen wird. Die zur Bo-denmelioration und Rekultivierung gewon-nenen Erkenntnisse werden in Transferpro-jekten auch auf andere Standorte übertra-gen. So wird z.B. die Leistungsfähigkeit desorganischen BodenverbesserungsmittelsNOVIHUM© bei der land- und forstwirt-schaftlichen Inkulturnahme degradierterBöden bei Projekten im Lößgürtel von Chi-na geprüft.

Die Forschungsgruppe Forstliche Rekul-tivierung befasst sich mit der Entwicklungder Forst- und Waldökosysteme auf Kip-pen, Halden und anderen Sonderstandor-ten (z.B. Deponien und degradierte Bö-

Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften e.V. (FIB)

Wissenschaftlich-TechnischeBasis:GIS – StationForstökologische WeiserflächenAgrar-FeldversuchwesenKlimastationenSäulen- und LysimeteranlagenUmweltanalytisches Labor

FuE-VorhabenBMBF-FKZ 0339749(2000 – 2003)BMBF-FKZ 0339739(1999 – 2003)BMBF-FKZ 0339646 B(2001 – 2003)BMBF-FKZ 0330528 B(2001 – 2003)BMBF-FKZ 0330710 D(2005 – 2009)

LiteraturGunschera, G. (1998)In Pflug, W. (Hrsg.)Braunkohlentagebau undRekultivierung.Springer Verlag, Berlin

Berlin, K. et al. (2001)Schriftenr. d. LfL Sachsen6. Jg. H. 5

Katzur, J. et al. (2003)Archives of Agronomy and SoilScience, 49

Haubold-Rosar, M. (2004)Zeitschr. f. Ang. Umweltforsch.Sonderheft 14/04

Haubold-Rosar & Gast (2005)Agrartechnische Berichte ausSachsen-Anhalt Nr. 3

Landgraf, D. (2007)AFZ – Der Wald 2

Landgraf et al. (2007)Forst und Holz 62/11

Energieholzversuchsanbau

Untersuchungen zu Aufforstung und Waldbau

Foto: FIB

Foto: FIB

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86 Forschen für den ländlichen Raum

den). Hierzu erfolgen Untersuchungen zurEntwicklung der Böden und Humusaufla-gen, des Wasser- und Stoffhaushaltes derStandorte, der Vitalität und des Wachs-tums der verschiedenen Baumarten sowieder Bodenvegetation und ausgewählterTiergruppen. Aus den Ergebnissen werdenökologisch begründete Handlungskonzep-te für die standortgerechte Begrünung undBewirtschaftung von Kippenwäldern erar-beitet. Ziel ist der Aufbau stabiler, multi-funktionaler und standortgerechter Wald-ökosysteme, die naturnah strukturiert undungleichaltrig bestockt sind. Sie sollen dienachhaltige Erfüllung der Waldfunktionen,z.B. Erholungs-, Produktions-, Lebens-raum- und Speicherfunktion mit einemmöglichst geringen Bewirtschaftungsauf-wand gewährleisten. Einen Schwerpunktder Untersuchungen zur waldbaulichenBehandlung bilden Dauerversuche zumUmbau instabiler Kippenforste in naturna-he und stabilere Bestände. BesonderesAugenmerk wird der Nutzung des Holzesals Festbrennstoff zur CO2-neutralen Er-zeugung von Energie und Wärme ge-schenkt. In diesem Zusammenhang wirdan Konzepten zur Niederwaldnutzung von

Robinie sowohl auf Kippenflächen als auchauf gewachsenen Böden in Brandenburggearbeitet.

Abteilung Landschaftsentwicklung, Natur-schutz, Gewässerökologie und -sa nierungIn dieser Abteilung werden von der AGLandschaftsentwicklung und Natur-schutz Grundlagen zur Gestaltung, Ent-wicklung und Pflege sowohl bergbaulichoder industriell geprägter Landschaften alsauch ländlicher Räume erarbeitet. Zu denAufgaben gehören die Landschaftsanalyse,-bewertung und -planung in diesen Gebie-ten. Besonders zu berücksichtigen ist dieSchaffung von Schutzökosystemen durchRenaturierung und die Wiederansiedlunggefährdeter und landschaftstypischerPflanzen- und Tierarten. Die Forschungser-gebnisse dienen der Landschafts- und deragrarstrukturellen Planung und zur Siche-rung von Vorrangflächen für Land- undForstwirtschaft, Naturschutz und Erholung.Die Erkenntnisse finden außerdem Beach-tung in den ökologischen Anforderungspro-filen zur Gestaltung der Bergbaufolgeland-schaften. Die Erstellung und Erprobung vonKonzepten zur Umweltbeobachtung in dengenannten Räumen ist insbesondere aufdie Evaluierung der Sanierungsmaßnah-men und Folgenutzungen ausgerichtet undbildet die Grundlage für das Verständnissowie ein nachhaltiges Management derweiteren Entwicklungen.

Die Forschungsgruppe Gewässerökolo-gie und -sanierung beschäftigt sichmit derGrundwasserneubildung und der Grund-wasserqualität in Gebieten, die durch dieGrundwasserabsenkung des Braunkohlen-bergbaues großräumige ökologische Ver-änderungen erfahren haben. Derzeit ent-steht im Lausitzer Braunkohlenrevier diegrößte technogene Seenplatte in Europamit einer prognostizierten Gesamtwasser-fläche von 14.000 ha. Die Wasserbeschaf-fenheit der vorhandenen und entstehendenTagebauseen wird häufig durch die Oxidati-on der in den Kippen enthaltenen Eisensul-fide negativ beeinflusst. Niedrige pH-Werteund hohe Eisen- und Sulfatkonzentrationenschränken eine wasserwirtschaftliche Nut-zung der Seen stark ein. Es kann davonausgegangen werden, dass die regionalen

Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften e.V. (FIB)

FuE-VorhabenBMBF FKZ 0339684(1996 – 2000)SMUL Fachprojekte(1993 – 2008)BMBF FKZ 0339770(2000 – 2003)DBU FKZ 24333(2006 – 2009)

Überleitung von FuE-Ergebnissen in die SanierungGrundlagen, Konzepte zur Ausweisung vonNaturschutzflächen (1994 – 1996)Naturschutzfachliche Begleitungder Sanierung(1997 – 2008)

LiteraturBöcker, L. et al. (1999)AFZ/Der Wald 25

Katzur, J. et al. (1999)AFZ/Der Wald 25

Stähr, F. et al. (2000)Beitr. Forstwirtsch. u.Landsch.ökol. 34

Knoche, D. et al. (2002)Water, Air a. Soil Pollution 141

Bartelt, D. (2003)Forst & Holz 58, H. 21

Wiedemann, D. (1998)In Pflug, W. (Hrsg.)Braunkohlentagebau und Rekultivierung.Springer Verlag, Berlin

Wiedemann & Kleinke (2004)Peckiana 3

Bodenproben

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Forschen für den ländlichen Raum 87

Nutzungsziele für die sich füllenden Tage-bauseen nur durch gezielte Maßnahmenzur Verbesserung der Wasserqualität er-reicht werden können.

Neben der Fremdwasserflutung sind der-zeit verschiedene Konzepte zur Neutralisa-tion der sauren Seewasserkörper in derDiskussion oder in der Erprobung. Ein No-vum stellt dabei die Dimension der abzu-puffernden Säureäquivalente dar. Auch beierfolgreicher Neutralisierung mittels Inlake-Verfahren bleiben die Säureeinträge durchden Grundwasserzustrom langfristig beste-hen, wodurch nachsorgende Maßnahmenzur nachhaltigen Sicherung der Wirksam-keit der Seewasserbehandlung notwendigwerden. Eine alternative bzw. ergänzendeSanierungsoption zur Flutung bzw. zu denInlake-Verfahren stellt die Behandlung desGrundwassers dar, das den Tagebauseenzuströmt. Hierbei gilt es insbesondere diehohen Eisen- und Sulfatfrachten zu mini-mieren. Ein vielversprechender Ansatz istdie mikrobiell katalysierte Sulfatreduktion.Mit dem Ziel, die Eisen- und Sulfatfrachtendurch Fällung von Sulfiden im Kippenkör-per zu fixieren, stellt dieser bio-geochemi-

sche Prozess die Umkehr der Sulfid-Oxida-tion dar. Ein vorrangiges Ziel der For-schungsarbeiten am FIB ist deshalb die Er-probung eines derartigen Verfahrens zurSanierung von sauren und schwefelbelas-teten Grundwasserkörpern. Einen neuenSchwerpunkt bilden Arbeiten zur komple-xen Gestaltung und zur nachhaltigen Ent-wicklung der wasserwirtschaftlichen undökologischen Funktionsfähigkeit der Fließ-gewässer in der Bergbaufolgelandschaft imSüden Brandenburgs. Auf Grund des nochnicht abgeschlossenen Grundwasserwie-deranstiegs ist der größte Teil der Fließge-wässer derzeit noch nicht vorhanden. Diewenigen existierenden Beispiele für neu an-gelegte Fließgewässer zeigen, dass natur-schutzfachliche Belange bei der Ausgestal-tung zu wenig beachtet wurden. Wün-schenswert ist eine weitergehende Planungund Gestaltung unter Einbeziehung derkomplex wirkenden Faktoren des gesam-ten Einzugsgebietes (z.B. Boden, Geoche-mie, Nutzung) mit dem Ziel, auch in denFließgewässern ein „gutes ökologischesPotenzial“ zu schaffen und eine zügige Ver-netzung der Bergbaufolgelandschaften mitderen Umland zu ermöglichen.

Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften e.V. (FIB)

FuE-VorhabenLMBV-FKZ Z.168 TO 002(2003 – 2005)AIF-FKZ KF0427501JA6(2007 – 2009)MLUV Fachprojekt(2007 – 2010)

LiteraturKatzur, J., Gast, M. (1998)GBL-Heft Nr. 5, Vortragsbanddes 4. GBL-KolloquimsHannover, SchweizerbartscheVerlagsbuchhandlung Stuttgart

Katzur, J., Liebner, F. (1998)In: Geller, W. et al. (Hrsg.):Acidic mining lakes: Acid minedrainage, limnology andreclamation. EnvironmentalScienceSpringer Verlag Berlin

Katzur, J., Liebner, F. (2000)Wasser & Boden 52/11

Knoche, D. et al. (2002)Water, Air a. Soil Pollution 141

Freilandversuchsanlage

Wasseranalytik im Labor

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88 Forschen für den ländlichen Raum

Das Institut für Binnenfischerei e.V. Pots-dam-Sacrow (IfB) ist eine gemeinsam vonden Bundesländern Brandenburg undSachsen-Anhalt getragene Einrichtungder anwendungsorientierten fischereili-chen und fischökologischen Forschung inBinnengewässern. Im Mittelpunkt stehtdie Übertragung wissenschaftlicher Er-kenntnisse der Grundlagenforschung indie Praxis und die Erarbeitung speziellerbiologischer, technischer und technologi-scher Verfahren und Lösungen für die Er-werbs- und Angelfischerei. Weitere Zieleder Institutsarbeit liegen in der Unterstüt-zung der Fischerei-, Naturschutz- undWasserbehörden sowie in der Schaffungvon Grundlagen für fischereipolitischeEntscheidungen. Daneben beteiligt sichdas Institut an der fischereilichen Hoch-schulausbildung verschiedener Universi-täten sowie an der Aus- und Weiterbil-dung in der Erwerbs- und Angelfischerei.

Standort mit TraditionAuf dem Jägerhof am Ufer des SacrowerSees bei Potsdam wird bereits seit 1922Fischereiforschung betrieben. Ob als

Zweigstelle der Preußischen Landesan-stalt für Fischerei, der Versuchs- undLehrwirtschaft der Deutschen For-schungsanstalt für Fischerei, des Institutsfür Fischerei der Deutschen Akademie derLandwirtschaftswissenschaften oder seit1992 als selbständiges Institut für Binnen-fischerei – der Grundsatz „Fischereifor-schung in der Praxis für die Praxis“ prägtdie Arbeit des Instituts von der Entste-hung bis heute. Von Netzen aus Kunstfa-sern und anderen Fischfanggeräten überBelüftungs-, Transport- und Fütterungs-geräte bis hin zu geschlossenen Kreislauf-anlagen wurden verschiedenste Entwick-lungen für die Praxis der Binnenfischereiwissenschaftlich vorbereitet, erprobt undoptimiert.

Organisation und PersonalDas Institut hat die Rechtsform eineseingetragenen Vereins. Acht Wissen-schaftler und 15 wissenschaftlich-tech-nische Mitarbeiter sind unter der Leitungdes wissenschaftlichen Direktors unddes Vorstandes in den drei Arbeitsberei-chen Seen- und Flussfischerei, Aquakul-tur sowie Fischereiplanung und Be-

Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam-Sacrow (IfB)

Wissenschaftlicher DirektorDr. Uwe Brämick

VorstandDr. Uwe Brämick Fachgebiete: Seen- und Flussfischerei

Dr. Frank RümmlerFachgebiete: Optimierungaquatischer Haltungssysteme,Fischereiplanung,Betriebswirtschaft

Dr. Andreas Müller-BeleckeFachgebiete: züchterischeBearbeitung, Vermehrung undAufzucht von Fischen,Produktqualität

Mitarbeiter23, davon 8 Wissenschaftler

Institut für Binnenfischerei e.V.Potsdam-Sacrow

Im Königswald 214469 Potsdam

Tel.: +49 (0)33201-406-0Fax: +49 (0)33201-406-40

[email protected]

Institutsgebäude am Sacrower See

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 89

triebswirtschaft tätig. Auszubildende so-wie Doktoranden, Diplomanden undPraktikanten ergänzen das Team. Finan-zielle Basis ist die Umsetzung von For-schungsprojekten der für die Fischereizuständigen Ministerien der Bundeslän-der Brandenburg und Sachsen-Anhalt.Darüber hinaus finanziert sich das Insti-tut aus einer breit gefächerten freien Auf-tragsforschung und bietet Dienstleistun-gen in verschiedensten Bereichen derBinnenfischerei an.

AusstattungBasis der Institutsarbeit ist der Jägerhofmit dem 100 ha großen Sacrower See, derals Versuchsgewässer zur Verfügungsteht. Eine Versuchsfischzuchtanlage mitmehreren Wasserkreisläufen, ein Bruthaussowie moderne Laborkapazitäten ermög-lichen ein breites Spektrum an For-schungsarbeiten im Bereich der Fisch-zucht und Fischhaltung. Für Arbeiten anSeen und Fließgewässern stehen ver-schiedene Fanggeräte und Wasserfahr-zeuge zur Verfügung. Eine umfangreicheFachbibliothek sowie Räume für Seminareund Konferenzen komplettieren die Aus-stattung.

ForschungsschwerpunkteDie Arbeiten des Instituts umfassen einebreite Palette fischereilicher und fischöko-logischer Forschungen. Einer von dreiSchwerpunkten liegt in Untersuchungenzur nachhaltigen Bewirtschaftung derFischbestände in Seen und Fließgewäs-sern. Hier werden Vorgehensweisen zurNutzung und Sicherung der fischereili-chen Ertragsfähigkeit von Binnengewäs-sern sowie Konzepte für die Erhaltungbzw. Wiederherstellung einer natürlichenund gewässertypischen Fischfauna erar-beitet.

Einen zweiten Arbeitsschwerpunkt bildetdie Optimierung von Techniken und Tech-nologien in der Aquakultur. Neben derEntwicklung sicherer, rentabler und ökolo-gisch verträglicher verfahrenstechnischerLösungen für Fischzuchtanlagen wird diekontrollierte Vermehrung und Aufzuchtverschiedener Fischarten und deren Eig-

nung als Kandidaten für die heimischeAquakultur erforscht.

Hinzu kommen Untersuchungen zur Si-cherung einer hohen Produktqualität vonFischen als Lebensmittel und betriebs-wirtschaftliche Analysen zur Verbesserungder Rentabilität von Fischereiunterneh-men. Die Ergebnisse der Arbeiten des IfBwerden in Fachzeitschriften, im Rahmeneiner eigenen Schriftenreihe sowie in Fort-bildungsveranstaltungen und Vorträgendargestellt.

AusgewählteForschungsthemenForschung zur Bestandssituation des europäischen AalsDer europäische Aal besitzt einen außer-gewöhnlichen Lebenszyklus. Die in Küs-ten- und Binnengewässern aufgewachse-nen Tiere wandern zur Vermehrung über6.000 km bis in den westlichen Atlantik.

Nach dem Schlupf kehren die Aallarven ineuropäische Küstenabschnitte, Flüsseund Seen zurück und verbleiben hier für

Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam-Sacrow (IfB)

SteckbriefBinnenfischerei in Brandenburg3.000 Seen 32.000 km Fließgewässer660 Karpfenteiche73.000 ha fischereilichbewirtschaftete Wasserfläche420 Fischerei- undFischzuchtbetriebe130.000 Angler

WichtigeWirtschaftsfischartenKarpfenRegenbogenforelleAalHechtZanderMaräneBachforelleBachsaiblingSchleie

Einrichtungen zurkommerziellen Fischaufzucht und -haltung

geringe Wasserwechselrate:– Karpfenteiche

hohe Wasserwechselrate:– Forellenteiche– Rinnen- und Beckenanlagen

z.T. mit Einrichtungen fürzusätzlichen Sauerstoffeintragund Sedimententnahme

minimaler Frischwasserbedarf:– geschlossene

Kreislaufanlagen mitSauerstoffeintragsystemen,mechanischer undbiologischerWasseraufbereitung,Haltungswasserentkeimung,Kontroll- undAlarmierungssystemen

Netzgehegehaltung von Zandern und Stören

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90 Forschen für den ländlichen Raum

Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam-Sacrow (IfB)

etwa zehn bis zwanzig Jahre, bevor siesich als nächste Elternfischgenerationwieder auf die Laichwanderung begeben.Seit 25 Jahren weisen die Bestände desAals einen starken Abwärtstrend auf undsind inzwischen auf einem historischenTiefpunkt angelangt. Die Gründe dieserEntwicklung sind unzureichend bekanntund aufgrund der speziellen Lebenszyklenauch schwer zugänglich. Dabei ist der Aalnicht nur ein wichtiger Bestandteil vonFischartengemeinschaften in heimischenGewässern, sondern gleichzeitig auch einebegehrte Zielart der Erwerbs- und Angelfi-scherei. Das IfB befasst sich daher seit ei-nigen Jahren mit der Dynamik von Aalpo-pulationen Brandenburger Seen und Flüs-se sowie der maßgeblichen Einflussgrößenauf die Bestände. Dazu gehören die Be-messung der natürlichen Zuwanderungvon Jungaalen sowie der Abwanderunggeschlechtsreifer Aale. Untersucht werdenzudem Kondition und Gesundheitszustandwährend verschiedener Altersstadien. DieErgebnisse werden zur Entwicklung vonManagementplänen zur Erhaltung des eu-ropäischen Aals in den Einzugsgebietenvon Elbe und Oder genutzt.

Wiederansiedlung von GroßsalmonidenBis zum Beginn des vergangenen Jahr-hunderts gehörten Lachs und Meerforellezu den bekanntesten Bewohnern einigerBrandenburger Flüsse. Im Zuge der fort-schreitenden Industrialisierung führteninsbesondere Schadstoffeinleitungen undQuerverbauungen in wenigen Jahrzehn-ten zur Auslöschung der hinsichtlich derUmweltqualität anspruchsvollen Arten.

In den vergangenen Jahren haben einesich verbessernde Wasserqualität undauch die Umgestaltung von Wehren undsonstigen Fischwanderhindernissen Mög-lichkeiten für eine Wiedereinbürgerungvon Lachs und Meerforelle eröffnet. Aufdieser Basis ist es gelungen, beide Artenin Brandenburg wieder heimisch zu ma-chen. Inzwischen schwimmen in jedemJahr wieder Jungfische aus der Stepenitzin die Elbe und wandern von dort für min-destens 2 Jahre in den Atlantik, bevor Siezum Laichen in ihre Kinderstuben zurück-kehren. Allerdings sind die Bestände der-zeit noch zu klein, um sich ohne Unter-stützung zu stabilisieren. Daher werdensowohl die Entwicklung der Junglachseals auch der Aufstieg der Elterntiere vomIfB eng verfolgt und durch begleitendeMaßnahmen unterstützt.

Fischereiliche Nutzung von TagebauseenDurch die Flutung ehemaliger Tagebaue inder Lausitz und der Leipziger Tiefebeneentstehen in mittelfristiger Zukunft mehrals 100 neue Seen. In einigen dieser Ge-wässer wird vom IfB exemplarisch derAufbau von typgemäßen und wirtschaft-lich nutzbaren Fischartengemeinschaftengetestet.

Dabei sind die frühen Jahre mancherSeen durch erhebliche kurzfristigeSchwankungen der limnologischen Ver-hältnisse und daraus resultierend auchder fischereilichen Nutzungsmöglichkei-ten charakterisiert. So kam es etwa im425 ha großen und ca. 35 m tiefen Grä-bendorfer See mit stark sinkendem pH-Wert infolge des Rückgangs der verfügba-ren Flutungswassermengen auch zu einererheblichen Veränderung der Fischarten-

Karpfen im Fütterungsversuch

Forschungen zurnachhaltigenBewirtschaftung derFischbestände in Seen undFließgewässern• Konzepte zur Nutzung und

Sicherung der fischereilichenErtragsfähigkeit der Gewässerim Rahmen der Erwerbs- undAngelfischerei

• Erhaltung bzw.Wiederherstellung einernatürlichen undgewässertypischen Fischfauna

• Umwelt- und Tierschutz beider Fischerei

• Fisch- und Gewässerökologie• Konzeption und

Erfolgskontrolle vonFischaufstiegsanlagen

• Bewertung von Gewässernund Fischbeständen nachWasserrahmen- und FFH-Richtlinie

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Forschen für den ländlichen Raum 91

Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam-Sacrow (IfB)

gemeinschaft. Stabile pH-neutrale Ver-hältnisse werden erst ab ca. 2010 prog-nostiziert. In der Lausitz wird dieses Sze-nario eine Reihe größerer Seen betreffen,die erst nach einer längeren Nachsorge-periode mit weiterer Oberflächenwasser-zufuhr stabilere Bedingungen erfahrenwerden.

ZanderaufzuchtAufgrund seiner Beliebtheit bei Fisches-sern und gleichzeitig sinkender Erträgeaus der Fangfischerei nimmt das Interessean der Aufzucht und Haltung des Zandersunter kontrollierten Bedingungen in Be-cken und Teichen stark zu. Im Vergleich zuanderen Nutzfischarten gestalten sich beidieser Art allerdings die künstliche Ver-mehrung außerhalb der natürlichen Laich-zeit sowie vor allem die Fütterung mit Tro-ckenfuttermitteln – zwei essentielle Vo-raussetzungen für die Aufzucht in derAquakultur – als schwierig. In den vergan-genen Jahren konnten am IfB praxistaug-liche Verfahren zur Lösung dieser Proble-me erarbeitet werden. Heute können wirZander zu verschiedenen Zeiten im Jahrohne den Einsatz von Hormonen vermeh-ren.

An Trockenfutter gewöhnte Zander wie-sen in Aufzuchtversuchen bei Temperatu-ren von 22 – 26°C ein hervorragendesWachstum bei außerordentlich günstigerFutterverwertung auf. Das Vermarktungs-gewicht von rund einem Kilogramm er-reichten diese Fische bereits nach einemLebensjahr – in Seen benötigen sie dafür3 Jahre. Untersuchungen zur Fleischquali-tät ergaben keine geschmacklichen Ein-bußen der Zander aus Aquakultur im Ver-gleich zu Tieren aus Wildfängen. Jetztkommt es darauf an, diese Ergebnisse indie Praxis zu übertragen und dort zu be-stätigen.

Teich-in-Teich-SystemeVor dem Hintergrund der klimabedingt zuerwartenden zukünftigen Verknappungdes Wasserangebotes im Land Branden-burg sowie der Notwendigkeit einer effi-zienten und zuverlässigen Erzeugung vonSatzfischen verschiedener Arten für dieweitere Aufzucht in Teichen werden am IfB

neue Verfahren für die bereits seit mehre-ren hundert Jahren praktizierte traditionel-le Karpfenteichwirtschaft entwickelt undgetestet. Dabei spielen die sogenanntenTeich-in-Teich-Systeme eine Hauptrolle.

Das Grundprinzip besteht in der Errich-tung von separaten Haltungseinheiten in-nerhalb von Karpfenteichen, die vom um-gebenden Teichwasser durchflossen wer-den. Dadurch werden die Vorteile der kon-trollierten und vor äußeren Einflüssen bes-ser geschützten Aufzucht von Fischen inBecken mit der Wärmespeicherkapazitätund dem Wasseraufbereitungspotenzialvon Standteichen kombiniert. Der Wasser-bedarf pro Einheit aufgezogener Speise-und Satzfische lässt sich hierüber erheb-lich reduzieren.

Daneben ermöglicht das Verfahrensprinzipdie Abfischung kleinerer Fischmengenauch außerhalb der üblichen Hauptabfi-schung im Herbst und damit eine flexiblereVermarktung. Inzwischen hat die erste Ge-neration der Systeme ihren Praxistest er-folgreich bestanden und eine 2. Generati-on befindet sich in der Entwicklung.

Bestimmung des Geschlechts bei Aalen

Optimierung von Techniken und Technologien in der Aquakultur• Erarbeitung sicherer, rentabler

und ökologisch verträglicherTechnologien zurFischaufzucht in Teichen undBeckenanlagen

• Entwicklung und PrüfungverfahrenstechnischerLösungen inFischzuchtanlagen

• Prüfung neuer Kandidaten fürdie heimische Aquakultur

• Vermehrung und kontrollierteAufzucht verschiedenerFischarten

• VergleichendeUntersuchungen vonTrockenfuttermitteln

• Sicherung einer hohenProduktqualität von Fischenals Lebensmittel

Fischereiplanung,Betriebswirtschaft• Unterstützung von Behörden

und Verbänden bei derPlanung und Entwicklung derErwerbs- und Angelfischerei

• Erarbeitung vonBewirtschaftungs- undNutzungskonzepten fürGewässer undFischzuchtanlagen

• BetriebswirtschaftlicheAnalyse und Verbesserung derRentabilität vonFischereiunternehmen

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92 Forschen für den ländlichen Raum

In dem komplexen System von Züchtung,Reproduktion und Produktion landwirt-schaftlicher Nutztiere kommen der Nutzungvon biotechnischen Methoden der Repro-duktionssteuerung und zunehmend auchder gendiagnostischen Erfassung undzüchterischen Verwertung von Leistungs-markern besondere Bedeutung zu. Effekti-vität und Nutzungsumfang der biotechni-schen Methoden beeinflussen das Tempodes züchterischen Fortschritts entschei-dend. Alle modernen Züchtungsstrategienbauen darauf auf.

Die zunehmende Komplexität biotechni-scher Verfahren hat zur Folge, dass ihreDurchführung immer mehr an sehr speziali-sierte Fachleute und Labore gebunden ist.Das bezieht sich auf die direkte Anwen-dung, auf die Aus- und Fortbildung von Per-sonen, die Teilaufgaben in diesem Tätig-keitsfeld übernehmen, sowie auf die fun-dierte Beratung von Züchtern und Zuchtun-ternehmen. Angewandte Forschung undService sind hier auf das engste verflochten.Basierend auf einer bis auf das Jahr 1958zurückgehenden Tradition von Arbeiten zumReproduktionsgeschehen bei landwirt-

schaftlichen Nutztieren am Standort Schö-now ist das 1993 gegründete Institut mitseinen Forschungsvorhaben sowie Service-angeboten zur Biotechnik der Fortpflanzungwichtiger Partner der Tierzüchter in Bran-denburg und darüber hinaus. Generelle Ziel-stellung der Forschungsarbeiten im Schö-nower Institut ist es, durch Bereitstellungund Verbesserung von Verfahren der Repro-duktionssteuerung landwirtschaftlicherNutztiere moderne Züchtungsstrategien zuunterstützen und eine markt- und ökologie-gerechte Tierproduktion zu fördern. Das be-deutet eine speziesübergreifende Tätigkeit,die insbesondere das Rind und dasSchwein betrifft. Dabei werden spermatolo-gische, embryologische und befruchtungs-biologische Fragen ebenso bearbeitet wiebiotechnologische und kryobiologischeProbleme der Gametenkonservierung. DieKenntnisse über die Gefrierkonservierungvon Spermien und Embryonen werden beiBedarf auch zur Anlage von Genreservenbei in ihrem Erhalt gefährdeten Rassen ge-nutzt. Als Alternative zum Tierversuch wer-den im Rahmen von In-vitro-TestsystemenSpermien und Embryonen auch als zelluläreModelle zum Nachweis und zur Charakteri-

DirektorDr. Markus Jung

Stellvertretende DirektorinDr. Claudia Reppel

VerwaltungsbeauftragteDoris Sloma

Mitarbeiter19 zusätzlich 2–4 Doktoranden

Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V. (IFN)

Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V.Bernauer Allee 1016321 Bernau OT Schönow

Tel.: +49 (0)3338-7098-0Fax: +49 (0)3338-7098-10

[email protected]

Spermien unter dem Mikroskop

Mitglied der

Foto: IFN

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Forschen für den ländlichen Raum 93

sierung von Schadstoffwirkungen einge-setzt. Das Institut arbeitet im Forschungs-und im Servicebereich mit verschiedenenEinrichtungen im Lande Brandenburg undganz Deutschland eng zusammen und un-terstützt diese mit seinem Know how. Es istpraxisnaher Kooperationspartner für Grund-lageneinrichtungen in Berlin, Brandenburgund anderen Bundesländern.

Die Forschungsprojekte werden gefördertdurch das MLUV des Landes Brandenburg,das SUL des Landes Sachsen, der AIF, denFBF, den ZDS sowie zahlreiche Rinder- undSchweinezuchtorganisationen und die In-dustrie.

ForschungArbeiten zur Verbesserung der Effektivitätder künstlichen Besamung beim RindMit der Zielstellung einer weiteren Effekti-vierung der künstlichen Besamung beimRind wurden Arbeiten zur Fütterung vonBesamungsbullen zur Vermeidung von oxi-dativem Stress, zur Verbesserung der Sper-maqualität und effektiveren Auslastung desEjakulats durchgeführt. Ein großer For-

schungsschwerpunkt des IFN liegt in derweiteren Effektivierung der künstlichen Be-samung beim Rind. Das Verfahren bedarfder kontinuierlichen Weiterentwicklung undOptimierung. Dieses geschieht zum Einenauf der Tierebene z.B. durch Arbeiten zurFütterung von Besamungsbullen zur Ver-meidung von oxidativem Stress, zur Ver-besserung der Spermaqualität und effekti-veren Auslastung des Ejakulats. Eine weite-re Möglichkeit bieten Projekte zur Verbes-serung der Weiterverarbeitung des gewon-nenen Ejakulats, wie z.B. zur Weiterent-wicklung von Verdünnern, Testen von Zu-sätzen etc. Ebenso zählen Fragen zumQualitätsmanagement bei der Spermapro-duktion und -Verwendung, Hilfestellungenzur Spermagewinnung bei Problembullenund die Ultraschalldiagnostik der Ge-schlechtsorgane zu den Arbeitsfeldern.

Untersuchungen zur Verbesserung des Qualitätsmanagements im Rahmen der künstlichen Besamung beim SchweinEbenfalls in Richtung einer Steigerung derEffektivität zielen die Arbeiten zur künstli-chen Besamung beim Schwein. Hier bildenUntersuchungen zur Stabilisierung und Op-

Zusammenarbeitmit zahlreichenForschungsinstitutendeutschlandweit

Mitglied im Kompetenzverbund„repro-Tier“ und im„Biotechnologieverbund Berlin- Brandenburg e.V.“

Forschungsschwerpunkte• Arbeiten zur Verbesserung der

Effektivität der künstlichenBesamung beim Rind

• Untersuchungen zurVerbesserung des Qualitätsmanagements imRahmen der künstlichen Besamungbeim Schwein

• Ovardiagnostik beimweiblichen Rind mittels Ultraschalltechnik

• SpermatologischeUntersuchungen zurQualitätskontrolle von Sperma

Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V. (IFN)

Spermagewinnung beim Eber

Beurteilung der Spermienmotilität

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94 Forschen für den ländlichen Raum

timierung der Technologie für die Aufberei-tung, den Transport und die Inseminationflüssigkonservierten Eberspermas denSchwerpunkt. Aktuelle Beiträge zur Effekti-vierung der künstlichen Besamung beimSchwein beziehen sich auf die bessereAuslastung der Ejakulate durch Verbesse-rung der Flüssigkonservierung, auf die Ana-lyse biochemischer Parameter im Ebereja-kulat zur Beurteilung der Einsatztauglichkeitsowie der Keimzellverträglichkeit kleiner an-timikrobieller Peptide (AMPs) an ausge-wählten Nutztierarten und auf die Entwick-lung eines Index zur Charakterisierung derSpermaqualität von Besamungsebern unterEinbeziehung sämtlicher Laborparameteraus einem erweiterten Methodenspektrum.

Ovardiagnostik beim weiblichen Rind mittels UltraschalltechnikEinen weiteren Schwerpunkt stellt die Ovar-diagnostik beim weiblichen Rind mittelsspezieller Ultraschalltechnik dar. Dabeispielen die Standardisierung der diagnosti-schen Methoden sowie Untersuchungenzur Charakteristik des Ovarstatus unterfruchtbarkeitsrelevanten Einflüssen derzeiteine große Rolle.

Spermatologische Untersuchungen zur Qualitätskontrolle von SpermaZielstellung dieses Projektes ist es, Unter-suchungsverfahren und Auswertemetho-den zu entwickeln, die eine verbesserteFertilitätsprognose für Besamungsvater-tiere unter Routinebedingungen ermögli-chen.

Dienstleistungsangebote Die Forschungstätigkeit des Institutes bil-det den Hintergrund für eine aktuelle undunabhängige Dienstleistungstätigkeit. ImLabor für Gendiagnostik werden entspre-chend dem Tierzuchtgesetz und der Zucht-buchordnungen der ZuchtorganisationenAbstammungskontrollen für die TierartenRind, Schwein, Pferd, Schafe, Ziege undBiene sowie genanalytische Untersuchun-gen zur Kontrolle der Erbgesundheit undzur Erfassung weiterer züchterisch relevan-ter Marker für das Leistungspotenzial derTiere durchgeführt.

Im spermatologischen Referenzlabor erfol-gen Untersuchungen zur Qualität des Sper-mas von Bulle, Eber, Hengst, Ziegen- und

Nutzung modernsterMesstechnikSpermatologischesReferenzlabor,computergestützteSpermaanalyse (Motilität,Morphologie), Flowzytometrie,CASY Counter, diverseMikroskopieverfahren zurerweiterten Qualitätsbeurteilungvon Sperma

Gendiagnostisches Laborca. 8.450 Abstammungs- undIdentitätsprüfungen pro Jahr – Rind 7.500– Schwein 850– Schaf 100

ca 1.000 gendiagnostische Untersuchungen pro Jahr zurErfassung von Leistungsmarkernund Erbfehlern

Zertifizierung des IFN nach ISO9001 und Akkreditierung desGendiagnostischen Labors

Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V. (IFN)

Mitarbeiterin am Thermocycler

Spermalagerung bei –196 °C

Foto: IFN

Foto: IFN

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Forschen für den ländlichen Raum 95

Schafbock sowie zur Charakterisierung derBefruchtungsleistung von Vatertieren.

Das Labor nutzt modernste Messtechnik.Es fungiert als anerkanntes und gefragtesZentrum für die Qualitätskontrolle der Sper-maproduktion in mehreren Besamungssta-tionen bei Rind und Schwein und steht al-len Vatertierstationen zur Kontrolle ihrerSpermaproduktion sowie beratend zur Ver-fügung. Bei der Beratung bieten die Ergeb-nisse der Spermaqualitätsuntersuchungenvon Jungebern und Jungbullen eine Selek-tionshilfe, d.h. ob das Tier als Vererber ge-nutzt wird bzw. ob es eine Besamungser-laubnis erhält. Ebenso werden betriebs- so-wie vatertierspezifische Empfehlungen hin-sichtlich des Ablaufs bei der Spermapro-duktion gegeben, kontinuierliche Kontroll-untersuchungen zur laufenden Spermapro-duktion getätigt und die Klärung der Ursa-chen von Spermaqualitätsmängeln bei ein-zelnen Besamungsvatertieren angestrebt.

Als staatlich anerkannte Ausbildungsstättebietet das Institut Ausbildungskurse nachdem Tierzuchtgesetz sowie Fortbildungs-

lehrgänge für Fachpersonal der Besamungund des Embryotransfers an. Die Aus- undFortbildungsangebote des IFN Schönowe.V. werden von Teilnehmern aus dem ge-samten deutschsprachigen Raum Mitteleu-ropas genutzt. Neben den langjährigen Er-fahrungen auf dem Gebiet der Biotechnikder Fortpflanzung und der genauen Kennt-nis der Fragen und Probleme der tierzüch-terischen Praxis kann das Institut dabeiauch immer wieder sehr spezielle Demons-trationen und Übungen aus den Möglich-keiten seines Forschungsbereiches einbrin-gen.

Das Institut gibt interessierten TierzüchternUnterstützung bei der praktischen Anwen-dung neuer biotechnischer Verfahren. Inder Biotechnikstation ist die Durchführungmoderner In-vitro-Tech ni ken beim Rind (In-vitro-Produktion von Embryonen undTransfer) möglich. Das Institut verfügt überdie entsprechenden Zulassungen nach EU-Norm. Zur Haltung der Spendertiere für denEmbryotransfer und die In-vitro-Produktionvon Rinderembryonen nutzt das Instituteine eigene Biotechnikstation.

Aus- und Fortbildungca. 25 Kurse pro Jahr Dauer: ein Tag bis sechs Wochenüber 300 Teilnehmern insgesamt

Lehrgänge nach demTierzuchtgesetz – zum Besamungsbeauftragten

Rind/ Schwein und Pferd– zum Eigenbestandsbesamer

Rind, Schwein undSchaf/Ziege

– zum EmbryotransfertechnikerRind

– Fortbildung zum FachagrarwirtBesamungswesen

Fortbildungskurse für– Besamungsbeauftragte Rind,

Schwein, Schaf/Ziege, Pferd– Eigenbestandsbesamer Rind,

Schwein, Schaf/Ziege– Fachberater der Rinderzucht

und -besamung– Fachpersonal der

Besamungsvatertierstationen

Spezialkurse für Landwirte,Tierärzte und Studenten– zur Besamung und zum

Embryotransfer– zur Fortpflanzung und zur

Reproduktionssteuerung bei landwirtschaftlichenNutztieren

Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere Schönow e.V. (IFN)

Biotechnikstation Kühe: Spendertiere für Eizellen zur In-vitro-Fertilisation

Fundierte Ausbildung: Wissenschaftler und Lehrer in einerPerson

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96 Forschen für den ländlichen Raum

Bienen gehören zu den wichtigsten Nutz-tieren der Erde. Allein in Deutschland wer-den jährlich etwa 25 000 t Honig aus rundeiner Million Bienenvölkern geerntet. DerNutzen der Bestäubung für die deutscheLandwirtschaft, den Obst- und Gartenbauwird mit 2 Milliarden Euro beziffert. Darü-ber hinaus tragen die Honigbienen durchdie Bestäubung von Wildpflanzen zum Er-halt des Artenreichtums bei. Deshalb wirddie Imkerei speziell in den neuen Bundes-ländern, in denen in den letzten 15 Jahrender durchschnittliche Besatz mit Bienen-völkern von etwa 4,5 auf nur noch 1,1 Völ-kern pro km2 gesunken ist, besonders ge-fördert. Als Mehrländereinrichtung ist dasLänderinstitut für Bienenkunde für die Be-ratung und Ausbildung der etwa 10 000Imker und der interessierten Öffentlichkeitin den Ländern Berlin, Brandenburg,Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringenzuständig.

Die Schwerpunkte der Forschung sindpraxisorientiert und lassen sich in die Be-reiche Bienenzucht, Bienenkrankheiten,Honiganalyse und Bestäubung/Ökologieunterteilen.

Zucht und Genetik

Die Katastrophenmeldungen aus der Im-kerschaft häufen sich. In manchen Jahrenstarben bis 30 % aller Bienenvölker. Einezentrale Rolle spielt dabei die Milbe Varroadestructor, die sich in der Bienenbrut ver-mehrt. Die Zucht varroaresistenter Bienenist daher eine der wichtigsten Aufgabendes LIB. Übereinstimmend wird von allenExperten das Ausräumen kranker Brut alseffektivste Bekämpfungsstrategie gegen-über Varroa angesehen. Es liegen gesicher-te Ergebnisse vor, dass eine unterschiedli-che Sensitivität gegenüber dem Duftstoff-bouquet kranker Brut eine zentrale Rollebeim Hygieneverhalten spielt. Mit einer vonden Bienen nicht wahrnehmbaren Infrarot-Aufnahmetechnik werden Langzeitbeob-achtungen von individuell markierten Bie-nen gemacht. Die Auswertung dieser Auf-nahmen zum Ausräumverhalten gegenübervarroainfizierter Brut einzelner Bienen istGrundlage für die Selektion varroaresisten-ter Bienenvölker. Den Selektionsfortschrittder Institutslinie nutzend werden zurzeitauch molekulargenetische Projekte mitdem Ziel durchgeführt, die relevanten Gene

Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. (LIB)

Wissenschaftlicher DirektorProf. Dr. Kaspar Bienefeld

Mitarbeiter11,davon 3 Wissenschaftler20 Drittmittelstellendavon 2 Wissenschaftler und 6 Doktoranden

FörderländerBrandenburgSachsen-AnhaltSachsenThüringenBerlin

Länderinstitut fürBienenkundeHohen Neuendorf

Friedrich-Engels-Straße 3216540 Hohen Neuendorf

Tel.: +49 (0)3303 2938-30Fax: +49 (0)3303 2938-40

[email protected]

Bienenstöcke und Mitarbeiter auf dem LIB-Gelände

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 97

für die Varroaresistenz zu finden. Ein wei-terer Schwerpunkt ist die Zuchtwertschät-zung für die Honigbiene. Das LIB ist zurzeitweltweit die einzige Einrichtung, an der die-se an die reproduktionsbiologischen Be-sonderheiten dieser Spezies angepasstenBerechnungen vorgenommen werden.Dieser Service (unter www.beebreed.eu ab-rufbar) wird nicht nur von den Züchtern inDeutschland, sondern auch in mehrerenanderen Europäischen Ländern genutzt.

BienenkrankheitenDie Abteilung Molekulare Mikrobiologie undBienenkrankheiten gliedert sich in die Berei-che Routinediagnostik und Forschung. DasRoutinelabor für Bienenkrankheiten hat einbreites Diagnostikspektrum, das pilzliche,bakterielle und virale Pathogene abdeckt.Neben der diagnostischen Dienstleistungim Akut- und Bedarfsfall bietet das LIB auchein so genanntes Faulbrut-Monitoring an.

Im Rahmen dieses Monitorings können Im-ker auf freiwilliger Basis Honig- oder Futter-kranzproben auf Sporen von Paenibacilluslarvae, dem Erreger der anzeigepflichtigen

Tierseuche „Amerikanische Faulbrut“, un-tersuchen lassen. Bei frühzeitiger Erken-

Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. (LIB)

ProjektverantwortlicheWissenschaftlerProf. Dr. Kaspar BienefeldPD Dr. Elke GenerschDr. Birgit Lichtenberg-KraagJens Radtke

Technische Ausstattung• Versuchsimkerei mit 300

Bienenvölkern• Besamungslabor• Bienenflugraum• Infrarotaufnahmetechnik • Sequencer• Duftorgel• Mikrobiologisches Labor• S2-(Gentechniksicherheits)-

Labor• BIOLOG Idenitfikationssystem• Thermocycler (PCR)• Realtime-PCR• Imagingsysteme• ELISA-Reader• Zellkultur• Honiglabor• Mikroskop mit

Videoeinrichtung• HPLC• FT-IR-Apparatur

Markierte Arbeiterin (nummerierte Spezialistin) mit Pflegebienen

Umlarven: Umsetzung von Bienenmaden

Foto: LIB

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98 Forschen für den ländlichen Raum

nung einer Infektion des Volks mit diesemBakterium kann es in Einzelfällen möglichsein, das infizierte, aber noch nicht klinischerkrankte Volk mit imkerlichen Maßnahmenzu retten. Im Forschungsbereich gibt es zwei Schwer-punkte. Ein Forschungsschwerpunkt ist dieEntwicklung neuer diagnostischer Metho-den für den Nachweis der oben genanntenKrankheitserreger. Ein weiterer Forschungs-schwerpunkt beschäftigt sich mit dem The-ma Pathogen-Wirt-Interaktionen. Bezogenauf die einzelne Biene als Wirt interessierenwir uns für die Aufklärung der Mechanis-men, die P. larvae befähigen, Larven zu infi-zieren und zu töten und für das Dreiecksver-hältnis Biene-Varroamilbe-Viren. Bezogenauf das Bienenvolk als Wirt untersuchen wirdie Zusammenhänge zwischen im Volknachweisbaren Infektionen und Krankheitenund den immer wieder auftretenden drama-tischen Überwinterungsverlusten bei Bie-nenvölkern.

Honiganalyse und BestäubungHonig ist ein Lebensmittel, das naturbelas-sen und dennoch in einer ungewöhnlichen

Vielfalt auf unseren Tisch kommt. Allerdingswerden 80 Prozent des in Deutschland ver-

Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. (LIB)

Duftorgel: Lernen krankheitsresistente Bienen Gerüche besser?

Versuchsimkerei

ForschungsaufgabenZucht und Genetik• Verhaltensgenetik• Zuchtwertschätzung• Zucht varroaresistenter Bienen

Bienenkrankheiten• Entwicklung

molekulardiagnostischerMethoden

• Epidemiologie vonBienenkrankheiten

• Wirt-Pathogen-Interaktionen(DWV, Paenibazillus l.,Nosema)

Honiganalyse und Bestäubung• Qualitätsanalyse von Honig• Pollenanalyse• Entwicklung neuer Methoden

zur Verbesserung derHonigqualität

• BestäubunglandwirtschaftlicherNutzpflanzen und Wildpflanzendurch Honigbienen

• Pollentransfer vongentechnisch verändertenNutzpflanzen

Foto: LIB

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Forschen für den ländlichen Raum 99

brauchten Honigs importiert. Um beson-ders die Vermarktung unseres einheimi-schen Honigs zu unterstützen, mussten dieKosten für die Honiguntersuchung reduziertwerden. Bei der Entwicklung alternativerUntersuchungsmethoden in der Honigana-lytik konnte das LIB als erste Untersu-chungsstelle in Deutschland die Infrarot-spektroskopie zur Routineuntersuchungwichtiger Honigparameter einführen. Auchbei der Aufdeckung von Honigverfälschun-gen und Sortenbestimmung kann das Ver-fahren zusätzlich eingesetzt werden.

Schonende Gewinnung, kurze Lagerungs-zeiten und Transportwege machen unserendeutschen Honig zu einem Qualitätspro-dukt. Dennoch unterscheiden sich die Ho-nige bedingt u. a. durch ihre unterschiedli-che pflanzliche Herkunft in der Zusammen-setzung ihrer Inhaltsstoffe ebenso wie in ih-ren sensorischen Eigenschaften. Um dieseUnterschied zu verstehen und bei auftre-tenden Problemen die Imker zu unterstüt-zen, wird in weiteren Projekten an der Er-forschung bestimmter Honiginhaltsstoffegearbeitet. Die Bestäubung von Kultur-und Wildpflanzen ist der eigentlich wich-

tigste Nutzen der Honigbienen. Mit Hilfevon Zeltversuchen kann der Einfluss derBienen nicht nur auf die Erntemenge, son-dern auch auf die Qualität der Früchte imObst- und Ackerbau untersucht werden.Auch die Bestäubung von Wildpflanzen anausgewählten Modellpflanzen ist Bestand-teil der Forschung.

Schulungs- undBeratungskonzepteDer starke Rückgang der Bienenhaltung inden vergangenen Jahrzehnten und das be-achtliche Durchschnittsalter der Imker vonca. 65 Jahren lässt keine Umkehr aus eige-ner Kraft erwarten. Durch gezielte Maßnah-men soll dem weiteren Rückgang entge-gengewirkt werden. Um einen hohen Nach-haltigkeitseffekt zu erzielen, ist vorgesehen,neue Konzepte zur Nachwuchsgewinnungund -ausbildung einzuführen. Dazu zählendie Entwicklung breitenwirksam anwend-barer Lehrmaterialien, Multiplikatorenschu-lungen, die begleitende Beratung desNachwuchses durch Rundschreiben zu ak-tuellen Problemen und die Motivation derVereine mit einem Nachwuchspreis.

Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf e.V. (LIB)

Mitarbeiter an Real-Time-PCR

Infrarotspektroskopie zur Honiganalyse

Schulungs- undBeratungskonzepte

Dienstleistungen• Zuchtwertschätzung• Diagnostik von

Bienenkrankheiten• Honigqualitätsanalyse

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100 Forschen für den ländlichen Raum

Aufgabe der 1992 gegründeten Milchwirt-schaftlichen Lehr- und Untersuchungsan-stalt Oranienburg e.V. (MLUA) ist es, denin der Milchwirtschaft erreichten Leis-tungsstandard durch Lehre, Untersu-chung und Forschung zu erhalten und zuverbessern. Aus der Verflechtung dieserdrei Tätigkeitsfelder ergeben sich hoheSynergieeffekte, die die MLUA zu einerkompetenten Kontaktstelle für alle amVerkehr mit Milch und Milcherzeugnissenbeteiligten Kreise (Landwirtschaft, Molke-reiwirtschaft, Handel, Wissenschaft, Le-bensmittelüberwachung, politische Ent-scheidungsträger) machen. In dieser Kon-stellation besitzt die MLUA in den neuenBundesländern Alleinstellungscharakter.

Mit der MLUA wird die Forschungs- undDienstleistungstätigkeit des seit 1923 inOranienburg ansässigen Milchinstitutsfortgesetzt. Oranienburgs milchwirt-schaftliche Geschichte reicht bis in das17. Jahrhundert zurück: Louise Henriettevon Oranien, die Gemahlin des GroßenKurfürsten von Brandenburg, ließ 1653 inOranienburg eine Molkerei errichten, dieder Ausbildung von Molkereigehilfen

nach holländischem Muster diente. Aufdie Kurfürstin gehen auch die Anfängeder Qualitätsprüfung von Milch im Ora-nienburger Raum zurück.

AusbildungDie MLUA ist für das Einzugsgebiet Bran-denburg, Berlin, Sachsen, Sachsen-An-halt, Mecklenburg-Vorpommern und Thü-ringen die zentrale überbetriebliche Aus-bildungsstätte für die staatlich anerkann-ten Ausbildungsberufe Molkereifachmannund Milchwirtschaftlicher Laborant. Mitdurchschnittlich 280 Auszubildenden wer-den in Oranienburg ca. 22 Prozent desmilchwirtschaftlichen BerufsnachwuchsesDeutschlands überbetrieblich ausgebildet.

Die überbetriebliche Ausbildung stellt si-cher, dass die Lehrlinge die von ihren Aus-bildungsbetrieben aufgrund der Speziali-sierung, Automatisierung und Chargen-größe nicht vermittelbaren Ausbildungsin-halte in den Lehrwerkstätten der MLUA(Lehrmolkerei, Schülerlabore) prüfungssi-cher und chancengleich vermittelt be-kommen.

Milchwirtschaftliche Lehr- und Unter-suchungsanstalt Oranienburg e.V. (MLUA)

DirektorinDr. Inge Riemelt

VerwaltungsleiterDr. Dieter Hansen

QualitätsmanagerDipl. Biol. Dirk Krowas

Mitarbeiter42 Beschäftigtedavon17 durch MLUV projektgefördert7 Auszubildende

MilchwirtschaftlicheLehr-und Untersu-chungsanstalt Oranienburg e.V.

Sachsenhausener Str. 7b16515 Oranienburg

Tel.: +49 (0)3301 631-0Fax: +49 (0)3301 702164

[email protected]

Blick in die Lehrmolkerei: Ausbildungsstation Butterei

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Forschen für den ländlichen Raum 101

Lehrmolkerei/Technikum• Pasteuranlage• UHT-Anlage/Steriltank• Separatoren• Homogenisatoren• diverse

Verpackungsmaschinen• Prozesstanks• Thermoquarklinie• Käsewannen/-presse• Stephankutter• UF/NF/UO-Spiralmodule• Eismaschinen• Rahmreifer• Butterungsmaschinen• Fallstromverdampfer• Walzentrockner• Sprühtrockner/Fließbett

Fort- und WeiterbildungDie MLUA bietet jährlich 9-monatige Vor-bereitungskurse auf die Meisterprüfungzum Molkereimeister an. Das jährlich aktu-elle Weiterbildungsangebot – abrufbar un-ter [email protected] – umfasst schwerpunkt-mäßig: Sachkundelehrgänge für Direktver-markter, Schulungen der Milchsammelwa-genfahrer, Seminare für Molkereilaborper-sonal, Tierärzte und Lebensmittelkontrol-leure zu aktuellen milchrechtlichen undanalytischen Themen, Sensorikkurse undden Milchinfo-Tag in der Lehrmolkerei fürSchüler, Auszubildende und Studenten ausder Land- und Lebensmittelwirtschaft.

Untersuchung von Milch und MilcherzeugnissenDie in der MLUA durchgeführten chemi-schen, mikrobiologischen und sensorischenUntersuchungen dienen der Qualitätsprü-fung und dem Nachweis der Lebensmittelsi-cherheit und damit mittelbar der Förderungder Marktfähigkeit und Imagepflege vonMilch und Milcherzeugnissen. Mit ca. 70.000Analysendaten pro Jahr ist die MLUA um-

fassend aussagefähig zum Qualitäts- undSicherheitsstatus in diesem Produktbereichund leistet somit einen wichtigen Beitragzur Gesundheitsfürsorge und zum Verbrau-cherschutz. Mit der Akkreditierung von ca.500 Prüfverfahren nach DIN EN ISO 17025hält die MLUA ein breitgefächertes analyti-sches Leistungsangebot bereit. Sie agierteuropaweit. Im Auftrag der Länder Bran-denburg, Berlin, Sachsen und Sachsen-An-halt führt die MLUA Qualitätsprüfungennach bundes- und landesrechtlichen Be-stimmungen durch und berät die zuständi-gen Stellen in fachlichen Fragen. Darüberhinaus realisiert die MLUA für milchwirt-schaftliche Unternehmen, wissenschaftli-che Institutionen und andere Auftraggeberanalytische Dienstleistungen mit folgendenSchwerpunkten: Erstellen von Produktzerti-fikaten und Verkehrsfähigkeitsbescheini-gungen, Referenzanalytik zum Abgleich vonRoutinemethoden, Untersuchung auf pa-thogene Keime sowie Rückstände undKontaminanten, Ursachenaufklärung beiQualitätsproblemen, Untersuchung von Ge-genproben, PCR-Analytik z. B. für Tierarten-differenzierung, Sensorikprüfungen mit pro-duktgeschultem Prüferpanel, Deklarations-

Herstellung von Sauerrahmbutter, Butterfass

Butteranlage, Verpackung

Milchwirtschaftliche Lehr- und Unter-suchungsanstalt Oranienburg e.V. (MLUA)

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102 Forschen für den ländlichen Raum

prüfungen, analytische Begleitung technolo-gischer Entwicklungsarbeiten, lebensmittel-rechtliche Beratung u.a.m.

Experimentelle Arbeiten und ForschungDie MLUA führt anwendungsbezogene For-schungsarbeiten mit dem Ziel der Optimie-rung der Produktqualität und der Verbesse-rung der analytischen Qualitätssicherungdurch. Sie orientiert sich dabei an den Er-fordernissen des Marktes, des Lebensmit-telrechts und der Gesundheitsfürsorge fürden Verbraucher. Dem Tätigkeitsprofil derMLUA entsprechend richtet sich der Fokusauf die Entwicklung, Normung und Validie-rung von chemischen, mikrobiologischenund sensorischen Prüfverfahren im natio-nalen und internationalen Bereich. Dazu istdie MLUA Mitglied in den entsprechendenFachgremien. Einen weiteren Schwerpunktbildet die Erstellung von Datensammlungenzu gesundheitlich relevanten Kriteriendurch flächendeckende systematische Un-tersuchungen. Projektbeispiele sind: Mikro-biologische Beschaffenheit von Rohmilch-erzeugnissen, ursachen- und verbraucher-

orientiertes Monitoring auf Rückstände undKontaminanten, Ermittlung ernährungsphy-siologischer Daten von Ziegen-, Schafs-und Büffelmilch, Unterscheidung von kon-ventionell und biologisch erzeugter Milch,PCR-basierende Verfahren zur Diagnostikvon Verderbniserregern in Milcherzeugnis-sen. Die mit der Lehrmolkerei technisch ge-gebenen Möglichkeiten nutzend, begleitetdie MLUA technologische Entwicklungsar-beiten der Lebensmittelwirtschaft.

Projekt: Ermittlung von ernäh rungs physiologischen Daten von Ziegen-, Schaf- und BüffelmilchDer zunehmenden Bedeutung von Milchanderer Tierarten (Ziege, Schaf und Büffel)steht ein Defizit an ernährungsphysiologi-schen Daten gegenüber. Zielsetzung desProjektes war es deshalb, die im LandBrandenburg erzeugte Ziegen-, Schafs-und Büffelmilch unter ernährungsphysiolo-gischen Aspekten zu untersuchen und diedazu verwendeten und bisher nur für dieUntersuchung von Kuhmilch validiertenPrüfverfahren auf ihre Anwendbarkeit fürdie Untersuchung von Milch anderer Tierar-ten zu prüfen. Am Projekt nahmen 11 Bran-

Milchwirtschaftliche Lehr- und Unter-suchungsanstalt Oranienburg e.V. (MLUA)

Herstellung von Weichkäse

Yoghurtabfüllung

Abt. Chemie/Physik• akkreditiert für

330 Prüfverfahren• Referenzanalytik• Instrumentelle Analytik

(HPLC, GC) zum Nachweis von:– Rückständen/

Kontaminanten– Zusatzstoffen– Vitaminen– Fettzusammmensetzung– Eiweißzusammensetzung

• Elementaranalytik (AAS)• physikalischen

Untersuchungen

Abt. Mikrobiologie• akkreditiert für 150

Prüfverfahren• kulturelle Verfahren• PCR-Analytik• ELISA• Nachweis von:

Verderbniserregern,Krankheitserregern,probiotischen Keimen,Hemmstoffen,Hygienetests

• Identifizierung vonMikroorganismenTrinkwasser-Analytik

Abt. Sensorik• akkreditiert für 20

Prüfverfahren• Prüferpanel für alle

Milchprodukte• beschreibende Prüfung• bewertende Prüfung• Profilprüfung• Verpackungsprüfung

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Forschen für den ländlichen Raum 103

denburger Direktvermarkter teil; 50 % deruntersuchten Proben waren Ziegenmilch,35 % Schafmilch und 15 % Büffelmilch. Alsernährungsphysiologische Parameter wur-den geprüft: Rohprotein, Nicht-Protein-Stickstoff, Nicht-Casein-Stickstoff, Fett,Cholesterin, Laktose, Calcium und die Fett-säurezusammensetzung (JahresberichtMLUA Oranienburg e.V. 2007).

Projekt: Untersuchung von Milch und Milcherzeugnissen auf Rückstände und KontaminantenÜber das Futter kann eine Vielzahl uner-wünschter Stoffe in die Milch gelangen.Hierzu zählen u. a. Pestizide wie DDT,Schimmelpilzgifte wie Aflatoxin M1, Tierarz-neimittel wie Chloramphenicol und Schwer-metalle wie Blei und Quecksilber. Zielset-zung des Projekts war zu beobachten, wiesich die Belastungssituation im Land Bran-denburg seit 1996 verändert hat. Dafür wur-den 239 Proben untersucht. Erfreulich war,dass die meisten Rückstände und Kontami-nanten gar nicht erst nachgewiesen werdenkonnten, bzw. dass für die nachgewiesenenStoffe die Gehalte im Mittel deutlich unterdenen lagen, die 10 Jahre zuvor gefunden

wurden. Auffällig war lediglich der Gehalt anChloroform, das bei der Verwendung be-stimmter Reinigungsmittel in der Produkti-on entsteht. Hier wurde eine konstante Be-lastungssituation vorgefunden (Jahresbe-richt MLUA Oranienburg e.V.: 2006).

Projekt: Nachweis von Staphylokokken-Enterotoxinen in Milch und Milcherzeugnissen Das Vorkommen von Staphylococcus au-reus in Lebensmitteln kann aufgrund vonenterotoxinbildenden Stämmen Lebensmit-telvergiftungen hervorrufen. Deshalb ist inder VO (EG) 2073/2005 über mikrobiologi-sche Kriterien für Lebensmittel festgelegt,dass beim Überschreiten einer Keimzahlvon 105 S. aureus das Lebensmittel auf To-xine zu überprüfen ist. Da gegenwärtig kei-ne genormte Methode zum Staphylokok-ken-Enterotoxinnachweis vorliegt, wurdendrei kommerzielle Test-Kits im Rahmen vonexperimentellen Arbeiten an künstlich kon-taminierten Speisequarkproben erprobt undoptimiert. Von den eingesetzten Testsyste-men wurde der TECRA-ELISA VIA SET-A-Eals neue Methode in das Leistungsangebotder MLUA aufgenommen (JahresberichtMLUA Oranienburg e.V.: 2006).

Überregionale Käseprüfung

Mikrobiologisches Schülerlabor

Kontakte

Aus-, Fort- und WeiterbildungHerr Dr. H.-D. QuadeTel.: +49 (0)3301 [email protected]

Qualitätsprüfung/SensorikFrau Dipl.-Ing. M. HansenTel.: +49 (0)3301 [email protected]

Chemie/PhysikHerr Dr. T. KappTel.: +49 (0)3301 [email protected]

MikrobiologieFrau Dipl.-Biol. B. BartelTel.: +49 (0)3301 [email protected]

Leistungsspektrum Analytikwww.mlua.de/analytik.htm

Milchwirtschaftliche Lehr- und Unter-suchungsanstalt Oranienburg e.V. (MLUA)

Foto: MLUA

Foto: MLUA

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Streulichtmessungen an Milch am Institut für Chemie der Universität Potsdam

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Forschen für den ländlichen Raum 105

„Ihrer wahren Wesensbestimmung nach ist die Wissenschaft das Studium der Schönheit der Welt.“Simone Weil (1909 – 1943), französische Philosophin

Universitäten und Fachhochschulen

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106 Forschen für den ländlichen Raum

Mit der Gründung der Fakultät Umwelt-wissenschaften und Verfahrenstechnikwurden 1991 erstmalig an einer deut-schen Universität ingenieur-, natur-, geis-tes- und wirtschaftswissenschaftlicheFächer zu einer Einheit zusammenge-fasst. Das Ziel des Gründungskonzepteswar es, in transdisziplinärer Weise zurAnalyse von Umweltproblemen sowiezum Erhalt und zur Verbesserung der na-türlichen Lebensgrundlagen in der Regi-on und darüber hinaus beizutragen. In ih-rer transdisziplinären Zusammensetzungbietet die Fakultät hervorragende Vo-raussetzungen sowohl für die Entwick-lung eines Lehrangebotes mit breitemumweltwissenschaftlichen Hintergrund,forschungsorientierten Spezialisierungenals auch für Dienstleistungen für andereFakultäten, in deren Studiengängen um-weltwissenschaftliche Fragen eine Rollespielen.

Die Fakultät geht von einer Gleichwertig-keit von Lehre und Forschung aus. Imüberarbeiteten Fakultätskonzept vomMärz 2008 sind 28 Professuren vorgese-hen.

Bezüglich der internen Struktur soll ge-prüft werden, ob und wie eine Gliederungin Institute bzw. Departments sinnvoll ist.

Rolle in der Region und in Bezug auf die MOE-LänderDas wissenschaftliche Profil der Fakultätwird von der Bearbeitung wasser- undstoffhaushaltlicher Probleme sowie derSanierung und Entwicklung devastierterund deindustrialisierter Landschaften ge-prägt, wie sie zu Beginn der 1990er Jahrein der Region um Cottbus (Niederlausit-zer Revier) nach dem Rückgang des Ak-tivbergbaus entstanden sind. Auf diesemGebiet hat sich eine erfolgreiche For-schung an der Fakultät entwickelt, wasdurch starke Drittmitteleinwerbung doku-mentiert ist.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse ausder nachbergbaulichen Sanierung undRekultivierung stellen heute eine bedeu-tende Expertise der Fakultät dar.

Sie sind Grundlage für vielfältige interna-tionale Anerkennung und Kooperation

Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU)Fakultät Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik

DekanProf. Dr. rer. nat. habil. Gerhard Wiegleb

ProdekanProf. Dr.-Ing. Fabian Mauß

Mitarbeiter19 Professuren

4 Gastprofessuren3 Juniorprofessuren

38 wissenschaftlicheMitarbeiter

BrandenburgischeTechnische UniversitätCottbusFakultät Umweltwissenschaftenund VerfahrenstechnikSiemens-Halske-Ring 803046 Cottbus

Tel.: +49 (0)355-69 2317Fax: +49 (0)355-69 2252

[email protected]/fakultaet4/

Gebäude der Fakultät auf dem Campus

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 107

auf diesem Gebiet und die Entwicklungneuartiger Forschungsansätze. Darüberhinaus gibt es im Bereich der Umwelt-und Verfahrenstechnik unter dem Gene-ralthema „Nachhaltige Stoff- und Ener-giewirtschaft“ vielfältige Anknüpfungs-punkte zu den regionalen Industrien inBergbau, Chemie, Energiewirtschaft so-wie Verhüttung, aber auch eine intensiveZusammenarbeit mit vorwiegend mittel-ständischen Partnern bei der Erschlie-ßung nachwachsender Rohstoffe.

Diesen Ansatz gilt es in Richtung auf diezukünftige Erforschung und Realisierungder Energieregion Lausitz im Rahmendes Konzeptes eines nachhaltigen Res-sourcenschutzes zu erweitern. Der Be-zug zur Region mit ihren Problemlagenwird dadurch verstärkt.

Die Zusammenarbeit mit den MOE-Län-dern wird in einer globalisierten Bil-dungs- und Forschungslandschaft nichtin erster Linie durch die geographischeLage von Cottbus bedingt, sondern vonden konkreten Interessen und Schwer-punkten. Mit Polen bestehen enge Be-

ziehungen im Bereich der Rechtswissen-schaften (Austausch von Lehrpersonal

Deutschsprachige Studiengänge der Fakultät

Landnutzung undWasserbewirtschaftungDie Aufgabengebiete reichenhier von Land- undForstwirtschaft,Wasserbewirtschaftung undTourismus bis hin zur Erzeugung,Verarbeitung und Vermarktungnachwachsender Rohstoffe, demNatur- und Umweltschutz sowiedem Bodenschutz und Altlasten.

UmweltingenieurwesenEs ist eine fachübergreifende,integrative und offeneIngenieurdisziplin, derenHandlungsansatz die Erhaltungund Entwicklung der Lebens-und Produktionsräume desMenschen ist, derenHandlungsansätze durch dieUmwelt- undNaturwissenschaften gegebensind und die sich derHandlungsmethoden und -mittelder Ingenieurwissenschaftenbedient.

VerfahrenstechnikDie Nutzung nachwachsenderRohstoffe, die Erschließungalternativer Energiequellen, dieeffiziente, saubere undumweltfreundliche Herstellungvon chemischen Produkten,Lebensmitteln, Baumaterialien,Glas und Keramik, Kraftstoffenund anderen Energieträgern, dieEntwicklung neuer Verfahren zurVerwertung von Hausmüll undProduktionsabfällen, dieEinführung biotechnologischerVerfahren zur Produktion vonPharmazeutika sind wichtigeAufgaben für dieVerfahrensingenieure derZukunft.

Technologien biogener RohstoffeGeboten wird ein breitangelegtes Studium, das denAbsolventen die vielfältigenArbeits- undBetätigungsmöglichkeiten in denBereichen der Erzeugung,Verarbeitung, Nutzung undVermarktung vonnachwachsenden Rohstoffensowie deren Produktenerschließen wird.

Bergbaufolgelandschaft in der Lausitz

Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU)Fakultät Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik

Technikum der Fakultät

Foto: BTU

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108 Forschen für den ländlichen Raum

auf der Ebene von Gastprofessoren, Mit-hilfe bei der Strukturreform der polni-schen Institutionen, gemeinsame He-rausgabe von Büchern und Gesetzestex-ten), im Bereich des Studienganges ERM(Partnerhochschulen für das Pflichtaus-landssemester in Wroclaw und Lublin)sowie im Bereich Bergbaufolge- undLandschaftsentwicklungsforschung. Diebeiden letztgenannten Bereiche gehenüber Polen hinaus und umfassen dieTschechische Republik, Ungarn, Slo -wenien, Bulgarien, Litauen und die Ukraine.

ForschungDie Fakultät forscht überwiegend über ak-tuelle Themen wie z. B. Land- und Was-serressourcenbewirtschaftung, Biomasse,Klimawandel, Ökosystemgenese und Re-kultivierung. Dabei besetzte Nischen, d. h.Themen, bei denen die BTU-Wissen-schaftler international anerkannte Beiträ-ge liefern, sind z. B. Biomasse als Roh-stoff und erneuerbarer Energieträger, dasdeutsch-polnische Umweltrecht (u. a. ge-fördertes Doktoranden-Kolleg), beim Kli-

mawandel die Genauigkeit regionaler Kli-mavorhersagen und bei der Ökosystem-genese die ökologische Langzeitbeob-achtung der Entstehung neuer Ökosyste-me. Eindeutiger Schwerpunkt und damitKristallisationskern der zukünftigen For-schung ist der SFB/Transregio 38 „Struk-turen und Prozesse der initialen Ökosys-tementwicklung in einem künstlichenWassereinzugsgebiet“. Der SFB/Transre-gio muss nachhaltig gesichert werden, umfit für die zweite Phase 2011 – 2015 zuwerden. Der Forschungsverbund unter-sucht, welche Strukturen und Prozessedie Initialphase der Ökosystementwick-lung regulieren. Dies bedeutet vor allem,die Basis zu verbreitern und mehr Lehr-stühle zu befähigen, ihre Expertise ein-bringen zu können. Als zentrales gemein-sames Untersuchungsobjekt nutzt derVerbund das künstlich geschaffene Was-sereinzugsgebiet „Hühnerwasser“ mit 6ha Oberfläche, das einer freien primärenSukzession überlassen bleibt.

Mit ihren Forschungsfeldern „RegionalerWandel: Ökosystemgenese, Land-schaftsentwicklung, Wasserbewirtschaf-

Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU)Fakultät Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik

Deutschsprachige Studiengänge der Fakultät

Wirtschaftsrecht für TechnologieunternehmenWirtschaftswissenschaftler, Inge-nieure und Juristen erhalten hierdas nötige Rüstzeug, um insbe-sondere die juristischen und wirt-schaftlichen Herausforderungen ineinem Technologieunternehmenzu meistern. Den Studierendenwerden vertiefende Kenntnissedes Wirtschaftsrechts, vor allemhinsichtlich praxisrelevanter recht-licher Fragestellungen in Technolo-gieunternehmen vermittelt.

Englischsprachige Studiengänge der Fakultät

Environmental and ResourceManagement (Bachelor)Die Absolventen diesesStudiengangs sollen in der Lagesein, technologische, wirtschafts-und infrastrukturbestimmendeProzesse unter demGesichtspunkt des integrativenUmwelt- undRessourcenschutzes zu führen,zu bewerten und zu überwachen.

Environmental and ResourceManagement (Master)Der Studiengang dient derVerbreiterung und Vertiefung derfachlichen Kenntnisse undFührungskompetenz in demSchwerpunkt integrativerUmwelt- und Ressourcenschutz.Absolventen werden in die Lageversetzt, technologische,wirtschafts- und infrastrukturelleProzesse zu bewerten und zugestalten unter der Zielsetzungeines nachhaltigen Produktions-,Planungs- undStoffstrommanagements.

Process Engineering and Plant DesignDieser Studiengang ist aufverfahrenstechnische Anlagen,wie z. B. Chemieanlagen,ausgerichtet. Die Absolventendieses Studienganges werden fürden internationalen Einsatz inden BereichenForschung/Entwicklung,Anlagenbau und Betriebsleitungausgebildet.

Künstliches Wassereinzugsgebiet

Messstation im künstlichen Wassereinzugsgebiet

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Forschen für den ländlichen Raum 109

tung“ und „Nachhaltige Stoff- und Ener-giewirtschaft“ trägt die Fakultät primär zuden BTU-Schwerpunkten Umwelt undEnergie bei. Außerdem leistet sie aucheinzelne Beiträge zu den BTU-Schwer-punkten Material und Bauen.

Die Beiträge zu den Schwerpunkten imEinzelnen sind wie folgt:

UmweltZu diesem sehr breit gefächerten Schwer-punkt gehören die Altlastenbeseitigung,die Biodiversitäts- und Naturschutzfor-schung, die Rekultivierung von Bergbau-folgeflächen, die zukünftige Landnutzungund Bodenbewirtschaftung, die Auswir-kungen des Klimawandels in Einzugsge-bieten und Ökosystemen, die Eutrophie-rungsmodellierung und die Grundwasser-und Trinkwasserressourcen.

EnergieDieser Schwerpunkt umfasst vor allemdie Biomasse als erneuerbare Energie -träger einschließlich Kraftstoffe, Roh-stoffpotenziale zur Energiegewinnung,die Emissionsminderung durch Abgasrei-

nigung, neue Brennverfahren, Energie-konsum und nicht zuletzt Probleme desEnergiebewusstseins.

MaterialDazu gehören vor allem die Biomasse alsRohstoff für Materialien, funktionale Na-noteilchen und -oberflächen sowie Repa-raturnetzwerke und das Recycling.

BauenDieser Bereich beschäftigt sich vorwie-gend mit der Verwendung rückgebauterPlatten aus dem Wohnungsbau. Mögli-che neue Potenziale ergeben sich in denBereichen Bioraffinerietechnik, Optimie-rung von Prozessen und Anlagen mitdem Ziel der Energie- und Res -sourceneinsparung, Landschaftspflegedurch Megaherbivoren, Umweltauswir-kungen neuer Materialien und Produktebei der Verwendung von Rohstoffen, Un-tersuchung der komplexen, natürlich wieauch anthropogen verursachten Proble-me in der Region, im Land und in der glo-balisierten Welt sowie Erforschung kom-plexer ökologischer Langzeitprozesse ininternationalen Netzwerken.

Englischsprachige Studiengänge der Fakultät

Environmental TechnologiesDieser Studiengang hat dieVermittlung vonUmweltschutztechnologien zumZiel. Die Ausbildung ist sowohlforschungs- als auchanwendungsorientiert.

EURO Hydroinformatics andWater ManagementWesentliches Ziel des viersemes-trigen Masterkurses ist die Aus-bildung künftiger Wissenschaftlerund qualifizierter Ingenieure alsEntscheidungsträger bei Model-lierung und Management vonWassertechnologien und Um-weltfragen betreffende Projekte.

Neue Master-Studiengänge der Fakultät

Nachwachsende Rohstoffe undErneuerbare Energien Das Studium mit einem stärkerforschungsorientierten Profil solldie Studierenden befähigen, auf-bauend auf solidem Fachwissenund ausgeprägten Fertigkeitensowie Kenntnissen der Instru-mentarien und Methoden derUmwelt- und Verfahrenstechnikeigenständig und innovativ wis-senschaftlich zu arbeiten, wis-senschaftliche Erkenntnisse kri-tisch einzuordnen und eigeneweiterführende technologischeBeiträge auf dem Gebiet dernachwachsenden Rohstoffe undder erneuerbaren Energien zu er-bringen.

Energieträger aus Biomasse und Abfällen Das Studium soll die Studieren-den befähigen, eigenständig wis-senschaftlich zu arbeiten, wis-senschaftliche Erkenntnisse kri-tisch einzuordnen, eigene weiter-führende Beiträge auf dem Ge-biet der Herstellung von alternati-ven Energieträgern zu erbringensowie Führungsaufgaben zuübernehmen. Die Studierenden sollen insbe-sondere in der Lage sein, neueRessourcen für die Gewinnungalternativer Energieträger zu er-schließen, zu nutzen und derenBewertung in einem ökologi-schen, ökonomischen, technolo-gischen und sozialen Kontextdurchzuführen.

Biogas-Versuchsanlage

Anlage eines Weinberges in der Bergbaufolgelandschaft

Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU)Fakultät Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik

Foto: BTU

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110 Forschen für den ländlichen Raum

Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU Cottbus)Fakultät Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik

Forschungsressourcen

Im Bereich der Ausstattung mit Laborsund Technika für Forschungszwecke hatdie Fakultät durch die Baumaßnahmender letzten Jahre insgesamt einen sehrguten Stand erreicht. Allerdings bestehenin Teilbereichen noch Defizite, insbeson-dere fehlt die Technikumshalle Verfah-renstechnik, so dass die betroffenenLehrstühle ihre Leistungsfähigkeit nochnicht voll entfalten konnten.

Als wesentliche Ressource wird auch dasZentrale Analytische Labor gesehen, dasnach notwendiger Umorganisation so-wohl als Dienstleistungsbetrieb der Fa-kultät fungieren als auch ggf. eigenstän-dige Forschung im Bereich der Metho-denentwicklung leisten kann. Die Fakul-tät bemüht sich, die Rechnerausstattungan der BTU wesentlich zu verbessern.

Zentrales Analytisches LaborDas Zentrale Analytische Labor (ZAL) isteine zentrale wissenschaftliche Einrich-tung der Fakultät. Daneben erbringt esDienstleistungen für die Forschungsvor-

haben der Fakultät sowie für externe Auf-traggeber.

Mit Hilfe moderner analytischer Verfahrenwerden Proben der Umweltmedien Was-ser, Boden und Luft, Abfall- und Bau-stoffproben sowie Proben aus technolo-gischen Prozessen auf ihre Struktur undihre Inhaltsstoffe hin untersucht.

FakultätswerkstattDie Fakultätswerkstatt führt Sonderanfer-tigungen von Bauteilen nach Zeichnungund vorheriger Absprache mit dem Werk-stattleiter aus vorhandenem oder vomAuftraggeber geliefertem Material aus.Außerdem besteht für junge Menschendie Möglichkeit, den Beruf eines Zerspa-nungsmechanikers zu erlernen.

FakultätsgartenDer Garten wurde 2000 auch ausgewähltals Förderprojekt der Gemeinschaftsakti-on „Gesunde Umwelt, unsere Zukunft imLand Brandenburg“, in der das MLUVund die Umweltstiftung WWF Deutsch-land kooperieren.

Der SFB Transregio beinhaltet folgendeProjektbereiche und Teilprojekte:

Abiotisch geprägte Strukturenund ProzesseProjektbereich A Leitung: Prof. Dr. Kögel-Knabner Prof. Dr. Hüttl

Biotisch geprägte Strukturenund ProzesseProjektbereich BLeitung: Prof. Dr. Munch Prof. Dr. Zeyer

Modellhafte Abbildung derStruktur-Prozess-KopplungProjektbereich CLeitung: Prof. Dr. Grünewald Prof. Dr. Pretzsch

Zentrale AufgabenProjektbereich ZLeitung: Prof. Dr. Hüttl

Zentrale Einrichtungen der Fakultät

Zentrales Analytisches LaborWissenschaftlicher Leiter Prof. Dr. rer. nat. habil. Detlev Möller

Das Zentrale Analytische Laborbesteht aus drei Arbeitsgruppen:– Organische Analytik– Anorganische Analytik– Elektronenmikroskopie und

Elementaranalytik.

Beauftragter für dieFakultätswerkstattProf. Dr.-Ing. Ulrich Riebel

Ansprechpartner für den FakultätsgartenDekan der Fakultät

Transmissionselektronenmikroskopie

Praktikum Rektifikation

Foto: BTU

Foto: BTU

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Forschen für den ländlichen Raum 111

Wichtige Daten für denFakultätsgarten

Gebaut im November 1999

Größe: 1500 m²

Pflanzung ab 25. Mai 2000(sommerheiße Temperaturen!)

Architekt (Flächengestaltung)Kebe/Schobert Berlin

Ausschreibungsverfahren undPflanzlisten:COPLAN Cottbus

Pflanzenplanung: BTULS Allgemeine ÖkologieLS Bodenschutz undRekultivierung

Betreuung für Bildung,Lehre und Forschung:LS Allgemeine ÖkologieLS Bodenschutz undRekultivierung

Die Beschaffung von Wildpflanzensaat-gut, einer Sitz- und Anschauungsmög-lichkeit sowie einer Messstation warendurch Fördermittel gegeben. Die Mög-lichkeit zur Öffentlichkeitsarbeit wurdedadurch wesentlich verbessert.

Die mehr als 50 Baumarten auf demCampus und die Nutzung eines großenGartens an einer Technischen Universitätsind für uns Möglichkeiten, sich den Ge-stalten der Natur zu nähern, mit ihnenumzugehen und sie als Phänomen zu be-greifen.

Als Lehrgegenstand wird dieser Gartenmit seinen „Naturgestalten“ Pflanzen,Boden und Kleinlebewesen in den fol-genden Jahren kontinuierlich erforschtund verändert.

Auch Studierende haben hier noch Defi-zite und Bedürfnisse, die sie veranlassen,die Möglichkeiten dieser Erfahrungen zunutzen, weil hier die beiden Betrach-tungsweisen Verstehen und Erleben zurVertiefung kausalökologischen Denkensund bewussterem Handeln führen kann.

Studierende bei der Arbeit im Fakultätsgarten

Plan beim Bau des Gartens im Jahre 2000

Brandenburgische Technische Universität Cottbus (BTU Cottbus)Fakultät Umweltwissenschaften und Verfahrenstechnik

Foto: BTU

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112 Forschen für den ländlichen Raum

Die Fachhochschule Eberswalde vor denToren Berlins hat 1992 am traditionellenForst- und Holzforschungsstandort denStudienbetrieb aufgenommen. Sie ist mitetwa 1700 Studenten und 50 Hochschul-lehrern die kleinste Fachhochschule inBrandenburg. Mit ihren inzwischen vierzehnStudiengängen besitzt sie ein sehr eigen-ständiges, dem nachhaltigen Wirtschaftenverpflichtetes Profil. Bundesweit einmaligist die Zusammenführung der auf den länd-lichen Raum orientierten Fächer wie Forst-wirtschaft, Landschaftsnutzung und Natur-schutz, Ökolandbau, Holztechnik, Regio-nalmanagement oder Tourismus. Die sehrgut nachgefragten, zum Teil einzigartigenStudien gänge locken Studenten aus ganzDeutschland und dem Ausland nach Ebers-walde. Studierende werden mit Know-howfür innovative ländliche Perspektiven aus-gebildet und werden zu den Möglichkeitender Unternehmensgründungen in diesemUmfeld geschult. Forschung und Wissens-transfer stehen damit in einer lebendigenAuseinandersetzung mit der Multifunktio-nalität des ländlichen Raumes. Die Etablie-rung eines entsprechenden Kompetenz-zentrums für ländliche Entwicklung und er-

neuerbare Energien in Eberswalde wird un-ter diesen Vorzeichen vorangetrieben. Diebreit angelegte Forschungskompetenz derFachhochschule Eberswalde reflektiert diejüngere Entwicklung der Agrarpolitik undder Politik für ländliche Räume der Europäi-schen Union.

Leitprojekt „Erneuerbare Energien“Unter dem Leitthema „Erneuerbare Ener-gien aus forst- und landwirtschaftlicher Bio-masse“ laufen zahlreiche Projekte von Bio-energie-Potenzialanalysen über die Opti-mierung des Roggenanbaus für die Bioetha-nolherstellung bis hin zu Studien zum Ein-fluss erneuerbarer Energien auf das Land-schaftsbild. Kernpunkt dabei ist die Be-trachtung der Nachhaltigkeit. In dem BMBF-geförderten Forschungsvorhaben DEN-DROM werden Szenarien und Handlungs-empfehlungen einer nachhaltigen energeti-schen und stofflichen Verwendung von Den-dromasse (holzartige Biomasse) aus demWald und von Agrarholz auf landwirtschaftli-chen Flächen entwickelt. Hierbei arbeitenForschungsinstitutionen und die in der Pra-

Fachhochschule Eberswalde (FHE)

PräsidentProf. Dr. Wilhelm-Günther Vahrson

Mitarbeiter171

Forschungsprojektegegenwärtig etwa 75(größtenteils drittmittelfinanziert)

Bachelor-StudiengängeForstwirtschaftInternational Forest EcosystemManagement Landschaftsnutzung undNaturschutz B. Sc.Ökolandbau undVermarktung B. Sc.Holztechnik

Master-StudiengängeForest Information Technology Regionalentwicklung undNaturschutz.Öko-Agrarmanagement

Fachhochschule Eberswalde

Friedrich-Ebert-Straße 2816225 Eberswalde

Tel.: +49 (0)3334 657-151Fax: +49 (0)3334 657-142

[email protected]

Stadtcampus der Fachhochschule Eberswalde

Mitglied der

Foto: FHE

Foto: FHE

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Forschen für den ländlichen Raum 113

xis der Dendromasseproduktion und -ver-wertung beteiligten Gruppen interdisziplinärzusammen. Untersucht wird beispielsweise,in welchem Umfang Holzreserven in öffentli-chen und privaten Wäldern vorhanden sindund nachhaltig bereitgestellt werden könnensowie ob der Anbau schnellwachsender Ge-hölze auf landwirtschaftlichen Flächen eineökologisch und ökonomisch tragfähige Er-gänzung der klassischen Dendromasse-quelle Wald darstellen kann. In dem durchdie PCK Raffinerie Schwedt finanziertenProjekt BIODEM werden Versuchs- und De-monstrationsflächen zur Untersuchung derstandortsbezogenen Ertragsleistung ver-schiedener schnellwachsender Gehölze an-gelegt, um unter Einbeziehung ökonomi-scher und ökologischer Fragestellungen ei-nen ganzheitlichen Vergleich der Ertragsleis-tungen holzartiger und krautiger Biomasse-träger zu ermöglichen.

InnovationsnetzwerkKlimaanpassung RegionBrandenburg BerlinZiel der regionalen AkteursnetzwerkeUckermark-Barnim und Lausitz-Spreewald

ist es, integrative, innovative und der Nach-haltigkeit verpflichtete Strategien zu entwi-ckeln, zu erproben und exemplarisch um-zusetzen, mit denen sich die Auswirkungendes Klimawandels vorausschauend abmil-dern und bewältigen bzw. auch positiv nut-zen lassen. Die Konkurrenz um die knapperwerdenden Wasserressourcen durch dieverschiedenen Land- und Wassernutzerder Regionen steht dabei im Mittelpunkt. ImRahmen des Verbundvorhabens sind dieFachbereiche Wald und Umwelt sowieLandschaftsnutzung und Naturschutz be-teiligt.

Fachbereich Landschaftsnutzung und NaturschutzNaturverträgliche Produktion von Energieholz in der Landwirtschaft Das Teilprojekt Biodiversität wird vom Insti-tut für Waldökologie und Waldinventurendes von Thünen-Instituts und dem Fachge-biet Angewandte Tierökologie und Zoologiedes Fachbereiches Landschaftsnutzungund Naturschutz (FH Eberswalde) bearbei-tet. Es beschäftigt sich mit verschiedenenAspekten der Zoo- und Phytodiversität, umIndikatoren zur Bewertung der Wirkung vonEnergieholzwirtschaft auf Bestandes- undLandschaftsebene abzuleiten. Anhand derErgebnisse sollen Energieholzbestände inunterschiedlichen Altersphasen und auf un-terschiedlichen Standorten aus Sicht derBiodiversität bewertet werden. Eine inte-grative Auswertung aller Teilprojekte aufBestandes- und Landschaftsebene wirdsich anschließen.

Agrarstrukturreform als Chance für kleine und mittelständische Unternehmen Mit dem Projekt „Weidelandschaft Barnim“soll ein Konzept zur tragfähigen Nutzungvon Grenzertragsböden unter Förderungbestehender und zu gründender klein- undmittelständischen Unternehmen im BereichLandwirtschaft, Gewerbe, Erholungsnut-zung, Touristik und Umweltbildung entwi-ckelt und umgesetzt werden.

Produktionsstrukturen und Produktionskosten von Bioenergiepflanzen In dem Projekt wird die Entwicklung derProduktionsstrukturen von Energiepflan-

Fachhochschule Eberswalde (FHE)

Vizepräsident für Forschungund TechnologietransferProf. Dr. Hans-Peter PiorrTel.: +49 (0)3334 657 307Fax: +49 (0)3334 657 [email protected]

Forschungsbereiche• Nachwachsende Rohstoffe

und Bioenergie aus Forst- und Landwirtschaft

• Regionalentwicklung undTourismus

• Holz- und Möbelbau• Holzbe- und -verarbeitung• Unternehmensführung und

Marketing• Informationstechnologien im

Umweltbereich• Monitoring und

Landnutzungsmanagement• Praktischer Naturschutz und

Ressourcenschutz• Dorfentwicklung und

Regionaltypisches Bauen• Ökolandbau und Vermarktung

InnovationsnetzwerkKlimaanpassung unterFederführung der FH Eberswalde, Teilprojekte• Betriebsnetzwerk

Klimaplastischer Ökolandbau• Adaptation durch

zielgerichtete Entwicklung vonMischwäldern

• TouristischesDestinationsmanagement imZeichen des Klimawandels

• Anpassung desadministrativen Naturschutzesan den Klimawandel –Managementoptionen undGestaltung der politischenInstrumentarien im LandBrandenburg

• Anpassung des regionalenund lokalenSiedlungswasserhaushaltesan Klimatrends undExtremwetter

• Klimaadaptierte RegionalpläneUckermark-Barnim undLausitz-Spreewald

Neues Hörsaalgebäude auf dem Waldcampus

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114 Forschen für den ländlichen Raum

zen aus ökonomischer Sicht analysiert undprognostiziert. Im Vordergrund stehen dieAuswirkungen politischer, wirtschaftlicherund technologischer Rahmenbedingungenauf die Produktionskosten und Wettbe-werbsfähigkeit von Energiepflanzen im Ver-gleich mit anderen Ackerfrüchten.

Dafür werden Kostenstrukturen und Ren-tabilitätskriterien in verschiedenen Anbau-regionen Brandenburgs erfasst und die je-weiligen Anbaupotenziale ermittelt. Zu-künftige Entwicklungstendenzen des re-gionalen Anbaus von nachwachsendenRohstoffen werden mittels unterschied -licher agrarpolitischer Szenarien simu-liert.

Ökologische Haltung von MasthähnchenZiel des Projektes ist ein Vergleich verschie-den schnell wachsender Herkünfte für dieökologische Hähnchenmast. Die Eignungwird anhand einer Fülle von Parameternaus den Bereichen Tiergerechtheit, Tierge-sundheit, Ökonomie und Produktqualitätgeprüft. Die Versuche laufen an der Lehr-und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tier-haltung am Standort Ruhlsdorf.

Fachbereich für Wald und UmweltDie herausragende ökologische sowie wirt-schaftliche Bedeutung der Wälder für dieglobale Umwelt und das Wohlergehen derMenschen ist die Grundlage der Arbeit desFachbereichs. Er hat sich zum Ziel gesetzt,die lange Tradition der Eberswalder Wald-wissenschaften mit moderner, anwen-dungsorientierter Lehre und Forschungfortzusetzen. Der Fachbereich beteiligt sichbesonders aktiv an der Ausgestaltung desLeitprojektes der Hochschule zur Erfor-schung des Potenzials erneuerbarer Ener-gien im Bereich nachwachsender Rohstof-fe. Größere Aufmerksamkeit wird inzwi-schen auch den Folgen des Klimawandelsfür das Naturressourcenmanagement undden entsprechend abzuleitenden Anpas-sungsstrategien gewidmet.

Verarbeitung und Verwendung von Eichenschwachholz Im Verbund mit zahlreichen Einrichtungenund Industriepartnern beteiligt sich dieHochschule an dem Forschungsvorhaben„OakChain – Nachhaltige Nutzung von Ei-

Fachhochschule Eberswalde (FHE)

FachbereichLandschaftsnutzung undNaturschutzDekaninProf. Dr. Uta [email protected]

Naturverträgliche Produktion vonEnergieholz in der Landwirtschaft ProjektleitungProf. Dr. Ulrich [email protected]

Agrarstrukturreform als Chancefür kleine und mittelständischeUnternehmenProjektleitungProf. Dr. Antje Stö[email protected]

Produktionsstrukturen undProduktionskosten vonBioenergiepflanzenProjektleitungProf. Dr. Anna Maria Hä[email protected]

Ökologische Haltung vonMasthähnchenProjektleitungProf. Dr. Bernhard Hö[email protected] Studieren im Grünen

Ökologische Haltung von Masthähnchen

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Forschen für den ländlichen Raum 115

chen-Kiefern-Mischbeständen“. Ziel des ander FH angesiedelten Teilprojekts ist dieEntwicklung von Verarbeitungs- und Ver-wendungsmöglichkeiten des durch denWaldumbau stetig steigenden Eichen-schwachholzanteils. Ein Verfahren der ther-mischen Vergütung verleiht dem Holz be-sondere Eigenschaften – wie erhöhte Dauerhaftigkeit gegenüber holzzerstören-den Pilzen und Insekten oder verringertes„Arbeiten“ des Holzes. In enger Zusam-menarbeit mit der Holzindustrie werden dieHerstellung, anschließende Qualitätsprü-fung und Anwendbarkeit des so genanntenThermoholzes untersucht. In den oftmalsvon Tropenholz dominierten Einsatzgebie-ten im Außenbereich (Fensterbau, Garten-möbel) ist Thermoholz aus heimischen Wäl-dern eine wirkliche Alternative.

Fachbereich HolztechnikIm Mittelpunkt von Lehre und Forschungsteht der nachwachsende und ökologischbedeutende Rohstoff Holz als Basis vielfäl-tiger Verwendungs- und Verwertungsmög-lichkeiten. Ein aktuelles Projekt ist die Ent-wicklung eines modularen Bausystems für

Gebäudefassaden auf der Basis nach-wachsender Rohstoffe. Die bereits einge-setzten Systeme wurden meist nur mit derIntention entwickelt, erneuerbare Werkstof-fe für Wärmedämmaufgaben einzusetzen.Sie sind hinsichtlich Verarbeitung, Montageund Instandhaltung nicht ausreichend opti-miert, und weisen meist eine sehr rustikaleAusstrahlung und damit auch begrenzteEinsatzmöglichkeiten auf. Ziel ist daher einFassadensystem, dass nicht nur erneuer-bare Rohstoffe verwendet, eine nachgewie-sene Klimaschutzwirkung aufweist undbauphysikalisch optimiert ist, sondern auchgestalterischen Ansprüchen genügt.

Fachbereich WirtschaftDie Tätigkeit des Fachbereichs ist ausge-richtet auf die Ausbildung von Ökonomen,vorwiegend für Ostbrandenburg. For-schungskontakte beziehen sich vor allemauf Aktivitäten zum Regionalmarketing, Un-tersuchungen touristischer Besucherstruk-turen oder zum Qualifikations- und Fach-/Führungskräftebedarf sowie auf Strategienfür eine integrierte Wirtschaftsentwicklung.

Fachhochschule Eberswalde (FHE)

Fachbereich für Wald und UmweltDekanProf. Dr. Pierre [email protected]

Projekt Verarbeitung undVerwendung vonEichenschwachholz Projektleitung: Prof. Dr. [email protected]

Fachbereich HolztechnikDekanProf. Dr. Klaus [email protected]

Projekt Modulares Bausystem fürGebäudefassaden auf der Basisnachwachsender RohstoffeProjektleitung: Prof. Dr.-Ing.Ulrich [email protected]

Fachbereich WirtschaftDekaninProf. Dr. Viktoria [email protected]

Pilotanlage zur Herstellung von thermisch modifiziertem Holz

Muster einer modularen Fassade auf Basisnachwachsender Rohstoffe

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116 Forschen für den ländlichen Raum

Die junge und moderne FachhochschuleLausitz bietet an ihren Studienorten Senf-tenberg und Cottbus exzellente Studienbe-dingungen im natur- und ingenieurwissen-schaftlichen, im wirtschafts- und so zialwis-senschaftlichen sowie im künstlerischenBereich. Moderne Labore, Versuchsstatio-nen und Hörsäle, die mit neuester Medien-technik ausgestattete Hochschulbibliotheksowie eine hervorragende Betreuungssitua-tion machen das Studium für gegenwärtigrund 3.500 Studierende, darunter mehr als200 junge Ausländer aus über 30 Staaten,besonders attraktiv und sind Grundlageneiner zukunftsorientierten, praxisnahen wis-senschaftlichen Ausbildung. Intensive Kon-takte zu ausländischen Hochschulen undForschungseinrichtungen stehen für hohenWissenstransfer und Internationalität.

Die Hochschule qualifiziert durch zukunfts -orientierte Studien- und Forschungs -programme sowohl für die regionale Wirt-schaft als auch für den globalen Arbeits-markt. Im Geist von Bologna gestaltet sieStudienprogramme als Bachelor- undMasterangebote. Mit grundständigen, kon-sekutiven, dualen und weiterbildenden

Studienangeboten ermöglicht sie in engemZusammenwirken mit der Wirtschaft indivi-duelle Karriereplanungen und lebenslan-ges Lernen. Durch anwendungsorientierteForschung werden Studierende in konkretepraxisrelevante Projekte eingebunden.

Mit ihren zukünftig vier Fakultäten (Natur-wissenschaften; Ingenieurwissenschaftenund Informatik; Bauen; Gesellschaftswis-senschaften und Musikpädagogik) ist dieFH Lausitz ein wichtiger Kooperationspart-ner der Wirtschaft. Besonders im Bereichder Biotechnologie werden intensiv arbei-tende Netzwerkstrukturen über die Hoch-schule koordiniert. Die FH Lausitz entwi-ckelt eine beispielgebende enge Verflech-tung von Lehre und Forschung auf den Ge-bieten der molekularen und zellbasiertenmedizinischen Diagnostik sowie der Her-stellung und Anwendung von mikrobiellenEnzymen aus höheren Pilzen.

Mit dem Projekt „Schwimmende Häuserfür die entstehende Seenkette – ein Pro-dukt der Lausitz?“ gehört die FH Lausitzzu den erfolgreichen Hochschulen im Rah-men der Förderung angewandter For-

Fachhochschule Lausitz (FHL)University of Applied Sciences

PräsidentProf. Dr. sc. nat. Günter H. Schulz

KanzlerVolker Schiffer

Fachbereiche• Architektur/Bauingenieur -

wesen/Versorgungstechnik• Bio-, Chemie- und

Verfahrenstechnik• Informatik/Elektrotechnik/

Maschinenbau• Musikpädagogik• Sozialwesen

Studierende3.500

Mitarbeiter230davon 106 Professoren

Fachhochschule LausitzUniversity of Applied Sciences

Großenhainer Straße 5701968 Senftenberg

Lipezker Straße 4703048 Cottbus

Tel.: +49 (0)3573 85-0Fax: +49 (0)3573 85-209

[email protected]

Exzellente Bedingungen bietet das neue Laborgebäude Biotechnologie auf dem Campus der FH Lausitz in Senftenberg

Foto: FHL

Foto: FHL

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Forschen für den ländlichen Raum 117

schung an Fachhochschulen im Verbundmit der Wirtschaft durch das BMBF. Rich-tungweisende Schwerpunkte liegen auchin der Gesundheitswirtschaft mit neuenStudienangeboten in der MedizinischenTechnik und Physiotherapie, wobei nebender regenerativen Medizin und der medizi-nischen Diagnostik auch die MedizinischeInformatik, das Krankenhausmanagementund soziale Fragen des Alterns eine Rollespielen, ebenso in der Neuen Industriekul-tur und der Kunststofftechnik.

Fachbereich Bio-, Chemie- und Verfahrenstechnik Der Fachbereich Bio-, Chemie- und Verfah-renstechnik (BCV) verfügt über ein breit ge-fächertes Lehrangebot und Forschungs-spektrum im chemischen Bereich mit Naturstoffchemie, Analytik/Umweltchemieund Siliziumchemie sowie im Bereich Bio-technologie mit den Arbeitsgebieten Zell-biologie mit Zielrichtung tissue enginee-ring, phototrophe Biotechnologie, Bioche-mie, angewandte Mikrobiologie, Moleku-larbiologie mit Schwerpunkt Multiparame-terdiagnostik und Enzymtechnik. Verbin-

dungen zur land- und forstwirtschaftlichenWertschöpfung bieten vor allem die photo-trophe Biotechnologie, die angewandteMikrobiologie und die Enzymtechnik. DieNutzung nachwachsender Rohstoffe fürIndustriechemikalien, Kraft- und Energie-rohstoffe wird in zunehmendem Maße dieganzheitliche, emissionsfreie Verwertungpflanzlicher Rohstoffe einschließlich allerNeben- und Abfallprodukte erfordern.Die Biotechnologie bietet ein einzigarti-ges Potenzial, um land- und forstwirt-schaftlich gewonnene Materialien wiezum Beispiel Lignozellulose für die Pro-duktion von Basischemikalien wie Zu-cker, Zellulose oder aromatischen Syn-thesebausteinen aufzuschließen. Die kli-maneutrale Produktion und stoffliche Fi-xierung von Biorohstoffen wie Ligninträgt dabei nicht nur zur Umweltentlas-tung bei, sie ist gleichzeitig ein wesentli-cher regionaler Wertschöpfungsfaktor.

Die Arbeitsgruppe Enzymtechnik desFachbereichs verfolgt in Kooperation mitstaatlichen und industriellen Partnern dieVerfahrensentwicklung zur Verwertungvon Biomasse mit den Zielrichtungen

Fachhochschule Lausitz (FHL)University of Applied Sciences

Fachhochschule LausitzFakten und Zahlen• 1991 gegründet, Studienorte

Senftenberg und Cottbus• mehr als 20 Bachelor- und

Masterstudiengänge mit derBesonderheit der Verbindungtechnischer Fachrichtungenmit Studiengängen derBetriebswirtschaftslehre, desSozialwesens und derMusikpädagogik

• in der Region einzigartigeAusstattung mit modernenLaboren, hervorragendeBetreuungssituation

• internationaler Austausch vonStudierenden undWissenschaftlern, besondereKompetenzen in integrativenKooperationen mitosteuropäischen Ländern

• anwendungsbezogeneForschung in Kooperation mitder Wirtschaft alsKernaufgabe neben der Lehre

Fermentation von höheren Pilzen zur Enzymproduktion

Kontrolle der Pilzkulturgefäße

Foto: FHL

Foto: FHL

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118 Forschen für den ländlichen Raum

Gewinnung von Biokraftstoffen, Enzym-produktion und Katalysatorentwicklung.Futtermittelproduktion, Kohlendioxid-Fi-xierung zur Verbesserung von Emissions-bilanzen und Energiegewinnung aus Mi-kroalgen stehen im Mittelpunkt von Pro-jekten der phototrophen Biotechnologie,die in Zusammenarbeit mit dem Institutfür Getreideverarbeitung IGV vorange-trieben werden.

Am 23. November 2007 nahm die Fach-hochschule Lausitz am Studienort Senf-tenberg ihr neues Laborgebäude Biotech-nologie in Betrieb. Einzigartig für eineFachhochschule sind hier Lehre und For-schung auf das Engste miteinander ver-zahnt: Schulungs- und Laborräume für dieAusbildung befinden sich im Erdgeschossund Büros und Laboratorien für For-schungsprojekte im ersten und zweitenStock. Alle Räume sind ausgestattet mitmodernster Labor- und Gerätetechnik undeingebettet in eine futuristische, Lichtdurchflutete Architektur. Mit einer Haupt-nutzfläche von 2.700 Quadratmetern bie-tet das Gebäude mit seinen ausgezeich-neten Studien- und Arbeitsbedingungen

Platz für 270 Bachelor- und 45 Master-Studenten.

Zur Verfügung stehen unter anderem fürdie studentische Ausbildung vier Kursla-bore, zwei PC-Pools, zwei Seminarräumeund ein Konferenzraum sowie für die For-schung 22 Forschungs- und Projektlabo-re für Bachelor/Master Thesis und Dritt-mittelforschung. Forschungsschwerpunk-te sind die Molekulare und zellbasiertemedizinische Diagnostik und die Ange-wandte Biotechnologie. Zurzeit werdenmehr als ein Dutzend Forschungsprojektebearbeitet. Das Spektrum reicht von der Industrie-geförderten Masterarbeitüber kooperative Promotionen bis hin zur BMBF-geförderten Nachwuchswis-senschaftlergruppe. Zum Beispiel wirdunter Federführung von Prof. Dr. KatrinScheibner ein Forschungsprojekt derDeutschen Bundesstiftung Umwelt koor-diniert, dessen Gegenstand das EnzymPeroxygenase ist. In einem neuen ge-meinsamen Projekt mit dem Energiekon-zern Vattenfall geht es darum, das imKraftwerksrauchgas enthaltene Kohlendi-oxid mit Hilfe von Mikroalgen zu binden.

Fachhochschule Lausitz (FHL)University of Applied Sciences

Fachbereich Bio-, Chemie-und Verfahrenstechnik (BCV)Großenhainer Straße 5701968 Senftenberg

DekanProf. Dr. Ingolf Petrick

Tel.: +49 (0)3573 85-801Fax: +49 (0)3573 [email protected]

Laboreinrichtungen für• Anorganische und Organische

Chemie,• Thermische

Verfahrenstechnik, • Mechanische

Verfahrenstechnik, • Reaktionstechnik, • Physikalische Chemie, • Instrumentelle Analytik

im Laborgebäude 14C sowie im neuen Laborgebäude Biotechnologie (Gebäude15)unter anderem • vier Ausbildungs-

und 22 Forschungslabore,• so Labore für

Zellbiologie, Molekulare Zellbiologie,Nanobiotechnologie,Mikrobiologie,Technische Mikrobiologie,Enzymtechnologie,Phototrophe Biotechnologie,Biochemie,Molekularbiologie,Bioverfahrenstechniksowie Techniklabore

Blick auf die Lichteinheit des Algenfermenters

Kultivierung von Algen in der Phototrophen Biotechnologie

Foto: FHL

Foto: FHL

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Forschen für den ländlichen Raum 119

Fachbereich Informatik/ Elektrotechnik/ Maschinenbau Entwicklung einer automatischen Wärmeerzeugungsanlage zur Verbrennungkleinstückiger BrennstoffeIm Interesse des Klimaschutzes muss inZukunft die regenerative Energieerzeugungmit einem verstärkten Einsatz von Biomas-se vorangebracht werden. Dadurch könnendie Abhängigkeit von fossilen Brennstoffenverringert, die Emission von Treibhausga-sen gesenkt und die Wirtschaftstätigkeit inländlichen Gebieten belebt werden.

Der Fachbereich IEM, Fachrichtung Ma-schinenbau der FHL und die kooperieren-den regional angesiedelten klein- und mit-telständischen Unternehmen (KMU) be-schäftigen sich bereits seit mehreren Jah-ren mit der Entwicklung von Wärmeerzeu-gungsanlagen zur Verbrennung verschie-dener kleinstückiger Brennstoffe. Im Er-gebnis von Diplomarbeiten wurde die Kes-selgröße mit 150 kW Leistung auf derGrundlage von Verbrennungsversuchen,Modellierungen und Simulationen kon-struktiv erarbeitet. Unter Federführung der FHL konnte im Rah-

men von Förderprojekten der Arbeitsge-meinschaft industrieller Forschungsvereini-gungen „Otto von Guericke“ e.V. (AiF) undder Sächsischen Aufbaubank (SAB) einFunktionsmuster mit den BrennstoffenHolzpellets und Siebkohle in Betrieb ge-nommen werden. Durch das FHL-Entwick-lungsteam wurde ein patentierter Feststoff-Brenner mit geringer Verschlackungsnei-gung entwickelt. Durch die integrierte lamb-dageregelte Leistungs- und Verbrennungs-regelung wird ein schadstoffarmer Betriebbei hohem Kesselwirkungsgrad erzielt. Einweiterer Prototyp wurde zur Nahwärmever-sorgung einer Feriensiedlung errichtet.

Weitere Meilensteine liegen in der Integrati-on eines Stromerzeugungsmoduls, einerErweitung der verwendbaren Brennstoffe inRichtung Agrar-Rohstoffe und der Abgas-nachbehandlung. Die energetische Nut-zung von preisgünstigen und preislich sta-bilen, einheimisch erzeugten regenerativenBrennstoffen ist eine nachhaltige Lösungund eine Chance für die Forst- und Land-wirtschaft.

Fachhochschule Lausitz (FHL)University of Applied Sciences

Fachbereich Informatik/ Elektrotechnik/Maschinenbau(IEM)Großenhainer Straße 5701968 Senftenberg

DekaninProf. Dr. Kathrin Lehmann

Tel.: +49 (0)3573 85-501Fax: +49 (0)3573 [email protected]

Studiengang MaschinenbauProjektverantwortlicherProf. Dr. Peter Biegel

Tel.: +49 (0)3573 85-421Fax: +49 (0)3573 [email protected]

MaschinenbauLaboreinrichtungen für:Fördertechnik, Instandhaltungund Fabrikplanung, Mess- undAutomatisierungstechnik, Rehabilitationstechnik,Schweißtechnik/Tribologie,technische Diagnostik undQualitätssicherung,Werkstofftechnik, Werkzeugmaschinen undHandhabetechnik,Konstruktionslabor,Labor für CAE

Ein weiteres bereits realisiertes Projekt ist diese Anlagezum Abtragen schwach kontaminierter Betonoberflächen

CAD EntwurfKessel 150 kW

Kesselprinzip

Foto: FHL

Grafik: FHL

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120 Forschen für den ländlichen Raum

Fachhochschule Lausitz (FHL)University of Applied Sciences

Fachbereich Architektur/Bauingenieurwesen/Versorgungstechnik Klimagerechtes Bauen – Bauen am und auf dem Wasser – Dezentrale Entsorgungstechnik

Entwicklung von Pontonsystemen für Gebäude und BrückenbauwerkeSchwimmende Bauwerke besitzen im Ge-gensatz zu Gebäuden auf dem festenLand keine herkömmlichen Fundamente.Sie werden „schwimmend gegründet“.Die dafür erforderlichen Schwimmkörperbzw. Pontons können sehr unterschied-lich ausgeführt werden.

Einsatzgebiete für modulare Pontonsyste-me sind einerseits schwimmende Bau-werke, wie Häuser und Brücken, z.B. aufder Lausitzer Seenkette. Eine weitere Ein-satzmöglichkeit für mobile Pontonsyste-me besteht aber auch in ländlichen Regio-nen und Katastrophengebieten, in denenkeine Infrastruktur vorhanden ist.

Erforschung von bauphysikalischen Randbedingungenschwimmender BauwerkeSchwimmende Bauwerke sind aufgrundihrer Lage einerseits speziellen Umwelt-bedingungen ausgesetzt und können an-dererseits von konventionellen Systemenzur Ver- und Entsorgung nicht oder nurmit großem Aufwand erreicht werden. Ineinem kooperativen Forschungsprojektgeht es daher darum, die speziellenRandbedingungen zu erfassen und ent-sprechende wirtschaftlich ausführbareSysteme zu entwickeln.

Erhöhung der Leistungsfähigkeit von Kleinkläranlagen in der PraxisIm ländlichen Raum ist eine zentrale Ab-wasserreinigung häufig nicht möglich. DerGrund dafür liegt in der weitläufig verteiltenSiedlungsstruktur. In diesen Gebieten ha-ben sich Kleinkläranlagen durchgesetzt,deren Ablaufleistung aber von verschiede-nen Randbedingungen abhängt, dazu zäh-len sowohl technische als auch betreiber-spezifische Parameter. Demzufolge gibt eszwischen den in Prüffeldern ermittelten Er-gebnissen und denen aus der Praxis für dieFunktionstüchtigkeit der Kleinkläranlagenhäufig enorme Diskrepanzen. Zur Verbes-serung der Gewässerqualität nach EU-Wasserrahmenrichtlinie wurden deshalbmehrere Forschungsprojekte durchgeführt.Dazu zählen die Bewertung von Einfluss-faktoren auf die Leistungsfähigkeit vonKleinkläranlagen, Methoden und Systemenzur kurzfristigen Erkennung von Kleinklär-anlagenausfällen und Untersuchungen zurErhöhung der Funktionstüchtigkeit vonKleinkläranlagen bei Einbau und Betrieb.

Geruchsminderung von Gülle durch Einsatz von BraunkohlenstaubGülle enthält geruchsintensive Stoffe, dienach den gesetzlichen Anforderungen zuminimieren sind. Die derzeit meist einge-setzten Verfahren führen nur zu einer Ge-ruchsverringerung bei der Lagerung. Ineinem Projekt wurde der Güllezuschlag-stoff Braunkohlenstaub auf seine Eig-nung zur Emissionsminderung bei Lage-rung, Abtransport und Ausbringung derGülle erfolgreich getestet.

Fachbereich Architektur/ Bauingenieurwesen/ Versorgungstechnik (ABV)Lipezker Straße 4703048 Cottbus

DekanProf. Dr. Gundolf Pahn

Tel.: +49 (0)355 5818-601Fax: +49 (0)355 [email protected]

Weitere AnsprechpartnerProf. Dr. Gerd Bürger,LG BaukonstruktionProf. Dr. Gert Gebauer,LG Baustoffe und BauchemieDr. Peter Strangfeld,LG BauphysikDipl.-Ing. Andrea Straub,LG Abfall- undSiedlungswasserwirtschaft

ArchitekturTechnische Ausstattung:Ateliers, Raumlabor,CAD-Labor, Medienlabor,Modellbauwerkstatt

BauingenieurwesenLaboreinrichtungen für Arbeitssicherheit, Bauchemie,Bauinformatik, Baukonstruktion,Baustoffprüfung,Bauverfahrenstechnik,Betontechnologie, Erdbau,Experimentelle Baumechanik,Geotechnik, Grundbau, Holzbau,Hydromechanik und Wasserbau,Massivbau, Mauerwerksbau,Messtechnik,Siedlungswasserwirtschaft undGewässerschutz, Stahlbau,Straßenwesen,Umweltsimulation,Verkehrstechnik,Vermessungstechnik

VersorgungstechnikArbeitsbereich EDV und CAD,Arbeitsbereich Thermodynamikund Kältetechnik, Labor fürAbfall- undSiedlungswasserwirtschaft,Labor fürBauphysik/PhysikalischesPrüffeld, Labor für Heizungs- undFeuerungstechnik, Labor fürMess-, Steuer- undRegelungstechnik, Labor fürRaumlufttechnik, LaborSicherheitstechnischeGebäudeausrüstung

Prototyp eines neuartigen Kunststoff-Glasfaserbeton-Pontons im Modell

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Forschen für den ländlichen Raum 121

Fachhochschule Lausitz (FHL)University of Applied Sciences

IURS e.V.c/o Fachhochschule LausitzGroßenhainer Straße 5701968 Senftenberg

VorsitzenderProf. Dr. Peter Metzing

Tel.: +49 (0)3573 85-485Fax: +49 (0)3573 [email protected]

Die Hauptaktivitäten des Instituts sind:• Beratung, Gutachten, Studien,

Projekte, Wirtschaftlichkeits -analysen

• physikalische und chemischeAnalysen und Untersuchungen

• Untersuchungen zurProzessgestaltung und -optimierung undingenieurtechnischer Entwurf

• Verbindung von effektiverUmwelt- und Energietechnik

• Rückkopplungen für einepraxisorientierte Ausbildungund Weiterbildung

Institut für Umwelttechnik undRecycling Senftenberg e.V. –An-Institut der FH Lausitz (IURS e.V.)

Seit über zehn Jahren befasst sich das In-stitut für Umwelttechnik und RecyclingSenftenberg e.V. (IURS) mit Umweltfor-schung und anwendungsorientierter tech-nologischer Forschung und Entwicklung,Begutachtung und Beratung. Seit 2001 istes An-Institut der FH Lausitz.

Im IURS e.V. sind nahezu alle an der FHLausitz vertretenen wissenschaftlich-tech-nischen Fachgebiete vertreten. Damit ist esin der Lage, vielfältige Aufgabenstellungenkompetent und umfassend zu bearbeiten.

Ein Beispiel für die Zusammenarbeit mitUnternehmen der Region ist die Entwick-lung einer automatischen Behälterfüll-standssteuerung für Reservebehälter desTrinkwassernetzes des SprembergerWasser- und Abwasserzweckverbandes(SWAZ).

Durch Verknüpfung von Informationenüber den aktuellen und prognostiziertenTrinkwasserbedarf mit den aktuellen Elek-troenergiepreisen ist es möglich, die Trink-wasserreservebehälter energetisch güns-tig zu füllen. Mit dem entwickelten Steue-rungsalgorithmus wird eine Einsparungvon Energiekosten von bis zu 20 Prozentpro Jahr möglich.

Ebenfalls gemeinsam mit dem SWAZ so-wie der Vattenfall Europe Mining AG wur-den verschiedene Verfahren zur Verringe-rung von Geruchsbelästigungen aus Ab-wasserkanälen entwickelt (hauptsächlichH2S). Diese Verfahren verhindern zuver-lässig, kostengünstig und nahezu war-tungsfrei sowohl die Entstehung von Ge-rüchen im Abwasserkanalnetz als auchden Austritt von unangenehmen Gerü-chen aus den Abwasserschächten.Gleichzeitig mit der Vermeidung der Ent-stehung von Gerüchen werden Korro -sionsschäden an den Abwasserleitungenvermieden. Darüber hinaus wird an weite-ren Projekten für die regionale Wirtschaftgearbeitet.

Bereits realisiertes Projekt eines schwimmenden Hausesauf dem Gräbendorfer See

Xylit (nicht verkohltes Holz) zur Beseitigung vonGeruchsemissionen.

Foto: FHL

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122 Forschen für den ländlichen Raum

Die Berliner Veterinärmedizin blickt aufeine über 200-jährige Geschichte zurück.Sie begann mit der Gründung der königli-chen Tierarzneischule im Jahre 1790, diezunächst in der von Karl Gotthart Lang-hans erbauten „Zootomie“ ihren Platzfand. In diesem Gebäude, im Volksmundals „Trichinentempel“ bekannt, wurden dieAnfänge des Veterinärmedizinischen Ver-braucherschutzes in der akademischenLehre vertreten. Im Jahre 1887 wurde dieTierarzneischule in die Tierärztliche Hoch-schule Berlin umgewandelt und ab 1937als selbstständige Fakultät der BerlinerUniversität ab 1950 der Humboldt Univer-sität geführt.

Im Westteil der Stadt hatte sich 1950 eine„Notgemeinschaft“ von Professoren undStudenten der Tiermedizin formiert, die1952 als eine politisch unabhängige Vete-rinärmedizinische Fakultät an der eben-falls neu gegründeten Freien UniversitätBerlin eingegliedert wurde. Nach der Wie-dervereinigung wurden beide Fakultätenunter dem Dach der Freien UniversitätBerlin als Fachbereich Veterinärmedizinzusammengeführt.

Berlin ist in Deutschland die Stadt mit demgrößten Bestand an kleinen Haus-, Heim-und Hobby-Tieren. Deshalb hat sich amFachbereich ein Schwerpunkt Kleintierme-dizin herausgebildet. Einen besonderenService bietet der Fachbereich unter demGesichtspunkt an, dass 25 Prozent allerErkrankungen beim Kleintier auf Ernäh-rungsfehler zurückzuführen sind. Deshalbwurde eine umfangreiche, wissenschaft-lich fundierte Ernährungsberatung einge-führt. Daneben bietet die Klinik die medizi-nische Versorgung des umfangreichenPferdebestands im Raum Berlin, Branden-burg, und Mecklenburg-Vorpommern an.Besonders interessant im Hinblick auf dieForschungskooperationen mit den Län-dern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ist der Bereich der Landwirt-schaftlichen Nutztiere. Zahlreiche Instituteund Kliniken des Fachbereichs kooperie-ren hier mit landwirtschaftlichen Betrieben.Ein drittes entwicklungsträchtiges Betäti-gungsfeld sieht die Fakultät im Veterinär-medizinischen Verbraucherschutz (Veteri-nary Public Health – VPH). Neben der Si-cherung der Qualität und Unbedenklich-keit der vom Tier stammenden Lebensmit-

Freie Universität Berlin (FU Berlin)Fachbereich Veterinärmedizin

DekanProf. Dr. Dr. Leo Brunnberg

Masterstudiengänge • Small Animal Science • Veterinary Public Health

Am Ende des Studiums steht derzur Ausübung des tierärztlichenBerufes befähigte approbierteTierarzt. Durch das Studiumwerden die Tierärzte befähigt,Tierkrankheiten zu behandelnsowie Menschen vor Gefahrenund Schädigungen durchTierkrankheiten bzw. durchLebensmittel und Erzeugnissetierischer Herkunft zu schützen.

Freie Universität BerlinFachbereich VeterinärmedizinOertzenweg 19 b 14163 Berlin

Tel.: +49 (0)30 838-624 24+49 (0)30 838-624 26

Fax: +49 (0)838-624 31

[email protected] www.vetmed.fu-berlin.de

Wildschweine auf dem Weg zur Tierklinik

Foto: FUB

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Forschen für den ländlichen Raum 123

tel ist die Erfassung, Vermeidung und Be-kämpfung von Krankheiten, die vom Tierauf den Menschen übertragen werdenkönnen (Zoonosen) ein weiterer Tätigkeits-schwerpunkt des Fachbereichs.

Institut für Veterinär-PhysiologieDie Forschung des Instituts ist darauf ge-richtet, Erkenntnisse der Molekularbiolo-gie, der Zellphysiologie und physiologi-sche und pathophysiologische Reaktionenin die Veterinärmedizin zu integrieren. Dieserfolgt in verschiedenen Arbeitsrichtungenvon der pränatalen Entwicklung von Vo-gelembryonen bis hin zum Verhältnis vonLeistung und Gesundheit. Landwirtschaft-liche Nutztiere erkranken vermehrt auf-grund der gestiegenen Leistungsanforde-rungen und/oder veränderter Ansprüchean eine bedarfsgerechte Haltung. Das Ver-hüten von Krankheiten und deren Therapieals traditionelle tierärztliche Aufgabe ge-winnt eine völlig neue Bedeutung, wenndiese leiden und Krankheiten als Folge derÜberbeanspruchung physiologischer Leis-tungen auftreten. Unter diesen Vorausset-zungen gewinnt der Begriff „Tierschutz“eine zusätzliche Bedeutung.

Institut für Veterinär-BiochemieDie Grundlagenforschung am Institut lässtsich den Schwerpunkten Fortpflanzungs-biologie, Sicherheitsforschung zu gentech-nisch veränderten Futtermitteln, Entwick-lung von Tierversuchsalternativen (Zellkul-turmodelle) und Anwendung von neuen di-agnostischen Biomarkern bei chronischenErkrankungen des Tieres zuordnen.

Das Institut ist Gründungsmitglied des Ver-bundes ReProTier (www.reprotier.de), des-sen Ziel die Bündelung von Kompetenzenverschiedener universitärer und außeruni-versitärer Einrichtungen zur Erzielungnachhaltiger Ergebnisse in der Reprodukti-onsmedizin ist. Gemeinsam mit weiterennationalen Partnern wird ein von der DFGund dem BMBF gefördertes Projekt zurFertilität der Milch- bzw. Hochleistungskuhbearbeitet. Eigene Zellkulturmodelle wer-den für das Studium von Signalübertra-

gungswegen verwendet. Diese Modelledienen weiterhin als Tierversuchsersatz-modelle, zur Erforschung von Anpas-sungsprozessen des Magendarmtrakteswährend der Futterumstellung sowie zurRisikoabschätzung von gentechnisch ver-änderten Futtermitteln. Für eine schnelleErkennung von Gelenkerkrankungen beiPferd und Hund werden verschiedene phy-siologische Parameter aus dem Blutserumund der Gelenkflüssigkeit auf ihre diagnos-tische Relevanz hin untersucht. Des Weite-ren werden neue Verfahren (miR-Q) zumNachweis von kleinen, regulatorischenRNAs (microRNAs) etabliert, um zukünftigmit Nukleinsäure-basierten Verfahren zurIdentifizierung und Therapie von Tumorer-krankungen beim Tier beizutragen.

Institut für TierernährungDie grundlagenorientierten Untersuchun-gen am Institut umfassen die Charakteri-sierung von Nahrungsfaktoren und ihrenEinflüssen auf die Zusammensetzung undden Stoffwechsel der Darmbakterien so-wie deren Einfluss auf physiologische undimmunologische Vorgänge im Organis-mus. Dadurch wird ein Beitrag zur Fragedes Zusammenhangs von Ernährung,Tiergesundheit und letztlich auch der Le-bensmittelsicherheit geleistet. Die Tierver-suchsanlagen sind vor allem auf die Hal-tung von Schweinen, Geflügel und Heim-tieren ausgerichtet. Der institutseigeneSauenbestand gestattet es, sowohl anSauen als auch an Ferkeln in den Säuge-,Absetz- und Aufzuchtperioden Fütterungs-versuche und stoffwechselphysiologischausgerichtete Untersuchungen durchzu-führen. Schwerpunkt dabei ist die Beein-flussung der Magen-Darmflora durch Fut-termittel und Zusatzstoffe. Enge Kontaktemit landwirtschaftlichen Betrieben erlau-ben darüber hinaus, bei Rindern, Schafen,Ziegen und Pferden anwendungs- und tier-gesundheitsorientierte Fütterungsversucheunter Praxisbedingungen durchzuführen.

Ein Beispiel für zootechnische Zusatzstof-fe sind Probiotika, die als lebensfähige Mi-kroorganismen im Darm unerwünschteBakterien kontrollieren sollen. Da über dieWirkungsmechanismen von Probiotika

Freie Universität Berlin (FU Berlin)Fachbereich Veterinärmedizin

Institut für Veterinär-PhysiologieArbeitsrichtungen:1. Pränatale Entwicklung von

Vogelembryonen2. Zell- und Epithelphysiologie3. Renale Funktionsdiagnostik

beim Kleintier4. Bedeutung der

Stewart-Theorie des Säuren-Basen-Status bei Tieren

5. Leistung und Gesundheit

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124 Forschen für den ländlichen Raum

wenig bekannt ist, wurde dazu eine dis-ziplinübergreifende DFG-Forschergruppeinitiiert. Auch andere Futterbestandteilesind Thema der Arbeiten, wie z.B. Präbio-tika. Präbiotika sind unverdauliche Nah-rungsbestandteile, die den Wirtsorganis-mus positiv beeinflussen, indem sie dasWachstum oder die Stoffwechselaktivitäterwünschter intestinaler Bakterien stimu-lieren. Derzeit wird die Effizienz derartigerSubstrate auf die Darmflora und derenAuswirkungen auf die Leistung beimMastgeflügel untersucht.

Institut für Virologie Das Institut für Virologie fokussiert seineForschungsarbeiten derzeit auf die moleku-lare Pathogenese von Herpesviren, EquineHerpesviren, Orthopoxviren sowie die Vi-rusdiagnostik. Die Arbeitsgruppe Molekula-re Pathogenese von Herpesviren beschäf-tigt sich mit Replikation und Pathogeneseder Herpesviren bei verschiedenen Tier-arten. Hierbei geht es neben der Pathoge-neseforschung vorrangig um die Entwick-lung von antiviralen Impfstoffen und die Be-schreitung neuer Wege in der Gentherapie.

Die Arbeitsgruppe Equine Herpesviren un-tersucht die in der Pferdepopulation weitverbreiteten equinen Alphaherpesviren so-wie die Gammaherpesviren. Hier werdenimmunologische, virologische und mole-kularbiologische Aspekte dieser Virusin-fektionen an natürlich infizierten Pferdenuntersucht. Es geht darum, die verschie-denen Pathogenese- und Latenzstrategiender equinen Herpesviren besser zu verste-hen. Ziel ist es, neue Strategien zur Prä-vention der Latenz zu entwickeln.

Die Arbeitsgruppe Orthopoxviren konzen-triert sich vornehmlich darauf, neue Tech-niken zur Manipulation von Kuhpocken-Viren zu entwickeln.

Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen Die Forschung am Institut beinhaltet alleAspekte bakterieller Tierseuchen- sowieZoonoseerreger. Schwerpunkte sind dieEtablierung molekularer Diagnostika undmolekularer Methoden zur Verwandt-schaftsanalyse und Populationsgenetikbakterieller Pathogene sowie experimen-telle Untersuchungen zur Pathogeneseder entsprechenden Infektionskrankheitenbei verschiedenen Wirten. Eines der wich-tigsten Ziele ist die Entwicklung von pro-phylaktischen Methoden, sei es durch dieEntwicklung von Impfstoffen oder durchdie Vermeidung nosokomialer Infektionenmittels professionellen Hygienemanage-ments und Antibiotika-Regimes. Ent-wickelt wurde ein sogenannter Pork-Chip– ein hochsensibles DNA-Microarray ba-siertes Detektionssystem – zum schnellenund parallelen Nachweis von wirtschaft-lich und gesundheitlich relevanten Krank-heitserregern des Schweines. Neben Un-tersuchungen zur Resistenzsituation vete-rinärpathogener Erreger nehmen zudemVerwandschaftsanalysen nosokomialerInfektionserreger eine wichtige Rolle ein.

Ein weiterer bedeutender Arbeitschwer-punkt liegt in Analysen zur Aufklärung vonPathogenesemechanismen. Identifiziertund analysiert werden dabei schwer-punktmäßig Virulenzdeterminanten vonSalmonella enterica und aviären pathoge-

Freie Universität Berlin (FU Berlin)Fachbereich Veterinärmedizin

Am Institut für Virologie wirdeine umfassende Diagnostik derViruskrankheiten der Tiereaufgebaut. Ziel ist es,insbesondere für die TierartenPferd, Hund und Katze eineumfassende virale Diagnostik fürTierärzte und Tierhalteranzubieten.

Arbeitsgruppen am Institut für Mikrobiologieund Tierseuchen AG „Infektionsdiagnostik undmolekulare Epidemiologie“AG „InterdisziplinäreZoonosenforschung“AG „Intestinale zelluläreMikrobiologie“AG „Infektionsbiologie undPhylogenie bakteriellerPathogene“

Einsatz modernster VerfahrenPCR16S rRNA-Gen SequenzanalyseFluoreszenz in situ-Hybridisierung Multilokus- bzw. Singlelokus-Sequenz-Typisierung (MLST, SLST)Makrorestriktionsanalysen (PFGE)

Institut für Tierernährung

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Forschen für den ländlichen Raum 125

nen Escherichia coli (APEC). Hierfür wer-den neben Zellkulturanalysen modernstemolekularbiologische Methoden wieDNA-Mikroarray-Analysen eingesetzt. Umvor diesem infektionsmedizinischen Hin-tergrund auch einen prophylaktischenBeitrag zu leisten, finden zudem Untersu-chungen zur Aufklärung molekularer Me-chanismen und Interaktionen von probio-tischen Bakterien im Schwein statt.

Institut für Lebensmittelhygiene In der Lebensmittelkette „from conceptionto consumption“ vertritt das Institut denpost harvest-Bereich, d.h. die Stufen Verar-beitung, Vertrieb und Verzehr vom Tierstammender Rohstoffe, worunter Rot- undWeißfleisch, Wild, Eier, Fisch, Meeresfrüch-te und Milch fallen. In der Lehre werden füralle diese Substrate die Warenkunde, dieTechnologie, die Analytik sowie die lebens-mittelrechtlichen Bestimmungen unter be-sonderer Berücksichtigung der Produktsi-cherheit sowie des Vermeidens von Irrefüh-rung und Täuschung abgehandelt.

Die praxisorientierten Schwerpunkte um-fassen den Nachweis pathogener Mikro-organismen (Salmonella, Campylobacter,Listeria u. a.), die Beurteilung modernerTechnologien (Formfleisch, Separatoren-fleisch, Rework u. a.) und die Entwicklungstatistischer Prüfverfahren. Ganz aktuelleThemen wurden mit der Einführung der di-gitalisierten Mikroskopie, dem PCR-Nachweis von Noroviren und der Diag-nostik des „emerging pathogen“ Arco-bacter butzleri aufgegriffen.

Institut für Fleischhygiene und -technologieFleischhygiene ist eine anwendende Dis-ziplin, die einen Bogen spannt aus der Hal-tung über die Schlachtung der Nutztiereund die Fleischgewinnung bis hin zu denFleischerzeugnissen („from stable to ta-ble“). Angesichts der sich wandelndenUmfeldbedingungen müssen immer wie-der neu Erkenntnisse über Risikopotenzia-le für die menschliche und/oder tierischeGesundheit erbracht werden. Dies giltauch für tierschutzrelevante Gegebenhei-

ten. In enger Zusammenarbeit mit einer Erzeu-gergemeinschaft (Schweine) wird derzeitein Informationssystem installiert, das dieHaltungsumstände als Grundinformationmit mikrobiologischen Daten und Ergeb-nissen aus der Fleischuntersuchung kom-biniert. Ziel ist es, die (bei Schwein undGeflügel) auftretenden Umstände hin-sichtlich ihrer Relevanz einzuschätzen,das gesamte Untersuchungssystem nachnaturwissenschaftlichen Gesichtspunktenauf Sinnhaftigkeit zu überprüfen und an-schließend Vorschläge für Verbesserun-gen vorzulegen.

Die TSE-Forschung (TSE TransmissibleSpongiforme Enzephalopathie) am Insti-tut, die auch BSE-Krankheiten (BovineSpongiforme Enzephalopathie) ein-schließt, sucht nach Übertragungswegenfür die tödlich verlaufenden Gehirnerkran-kungen. Zur Zeit besteht noch eine „diag-nostische Lücke“ zwischen der Invasioneines Wirtstieres mit dem TSE Agens undder Nachweisbarkeit in der Gehirnregion.Dies wir in Kooperation mit dem Bundes-forschungsinstitut für Tiergesundheit aufder Insel Riems untersucht.

Institut für Tier- undUmwelthygieneInnerhalb des Komplexes Umweltschutzliegt der Forschungsschwerpunkt auf demGebiet der Umweltgefährdung durch Tier-produktionsanlagen, wobei die Ausbrei-tung von pathogenen Mikroorganismendurch die Luft und der Abbau von biolo-gisch wirksamen Stoffen (Arzneimittel,Hormone) in der aquatischen und terrestri-schen Umwelt im Vordergrund stehen. Un-tersucht wurden die Resistenzentwicklungvon Bakterien gegen Desinfektionsmittel,die Reduzierung von Bakterien und Endo-toxinen in der der Abluft aus Tierställen so-wie die Hygienisierung von tierischen Ab-fällen bei der Kompostierung.

Zukünftig wird sich die Wirksamkeit desInstituts in einem neu zu errichtenden Ge-bäude im Campus Düppel verbessern. Sowird eine neue Qualität in der Bioaerosol-forschung möglich sein, da mit einem Ae-

Freie Universität Berlin (FU Berlin)Fachbereich Veterinärmedizin

Standorte Institut für Fleischhygieneund -technologieBerlin-Dahlem und Berlin-MitteHauptadresseBrümmerstr. 10 14195 BerlinTel: +49 (0)30-838-52790

Forschungsschwerpunkte • mikrobiologische Diagnostik in

Kombination mitmolekularbiologischerFeindifferenzierung zumAuffinden epidemiologischerÜbertragungswegen derderzeit vorherrschendenpathogenen Mikroorganismenwie Salmonella oderCampylobacter

• Sammlung von Daten aus derHaltung, die in die zukünftigenÜberwachungsprogrammeeingebaut werden

• Felduntersuchungen in denBeständen, in derFleischgewinnungslinie sowieauf dem Transport desgewonnenen Fleisches

BSE gehört zur Gruppe der TSE(Transmissible SpongiformeEnzephalopathie), d.h. zur Gruppeder übertragbaren,schwammartigen, nichtentzündlichenGehirnerkrankungen. Dieseumfassen eine Gruppe tödlichverlaufender Krankheiten, die beiTieren und Menschen auftretenund zu krankhaftenVeränderungen des zentralenNervensystems führen.

Institut für Tier- undUmwelthygiene

Forschungsschwerpunkte• Überlebensfähigkeit von

pathogenen Mikroorganismenin verschiedenen Medien

• Übertragungswege vonpathogenen Mikroorganismen

• Reduzierung pathogenerMikroorganismen in derTierumwelt

• Stabilisierung derInfektionsabwehr der Tieredurch belastungsreduzierteHaltung

Dienstleistungen • Desinfektionsmittelprüfung • Lösung von speziellen Fragen

der Hygiene bei derNutztierhaltung sowie imKlinikbetrieb

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126 Forschen für den ländlichen Raum

Freie Universität Berlin (FU Berlin)Fachbereich Veterinärmedizin

rosolkanal eine entscheidende techni-sche Voraussetzung für die Bestimmungder Ausbreitung von Agenzien im luftge-tragenen Zustand gegeben sein wird.

Institut für Tierpathologie Ein Schwerpunkt der Tätigkeit des Veteri-närpathologen am Institut ist die Diagnostikvon epidemiologisch relevanten Haustier-und Nutztiererkrankungen im ländlichenRaum um Berlin. Ein weiterer Schwerpunktliegt in der Erforschung bedeutender Er-krankungen. Neben den grundlagenorien-tierten Forschungen zu Behandlungsmög-lichkeiten der Mukoviszidose durch die Er-forschung der CLCA-Genfamilie und zurTumorpathologie, beschäftigen sich dieMitarbeiter mit verschiedenen praktisch-tierärztlich relevanten Fragestellungen. InZusammenarbeit mit dem Naturschutz-bund Calau in Brandenburg untersuchtdas Institut die Sterblichkeit vonWeißstorch-Nestlingen. Brandenburg stelltmit über 1000 Brutpaaren das wichtigsteBrutgebiet des Weißstorchs in Deutsch-land dar. Dem dauerhaften Erhalt der Ge-sundheit in dieser Population kommt im

Überleben der gefährdeten Großvogelartin Deutschland eine entscheidende Be-deutung zu. Daher werden, in enger Zu-sammenarbeit mit den Storchenbetreuernin Brandenburg, tot aufgefundene Weiß-störche systematisch auf Krankheits- undTodesursachen hin untersucht.

Da in den vergangenen Jahren die Lun-gen-Aspergillose (eine Schimmelpilzin-fektion) eine offenbar zunehmende Rollespielte, gilt dieser Erkrankung bei Jung-vögeln besondere Aufmerksamkeit.Langfristiges Ziel dieser Studie soll essein, die Bedeutung dieser Pilzerkran-kung, ihre Ursachen wie zum Beispiel Kli-mafaktoren sowie ihre epidemiologischeBedeutung aufzuklären, um gegebenen-falls geeignete Gegenmaßnahmen ergrei-fen zu können.

Institut für Parasitologie und TropenveterinärmedizinDas Institut für Parasitologie und Tropen-veterinärmedizin lehrt und forscht auf denGebieten der Epidemiologie, Diagnoseund Bekämpfung veterinärmedizinisch

Pathologie, Balkenmikroskop

Institut für TierpathologieSchwerpunkte• Forschung zur CLCA-

Genfamilie und ihrer Produktesowie zu Fragestellungen mitklinischer Relevanz

• Dienstleistungen fürForschungseinrichtungen

• Interdisziplinäre Projekte zurÄtiopathogenese undTierschutzrelevanz des„Beinschwäche-Syndroms“bei Mastputen

• PathologischeUntersuchungen undDienstleistungen

Institut für Parasitologie undtropische Veterinärmedizin • Parasitologische

Untersuchungen fürwissenschaftlichenEinrichtungen sowie fürniedergelassene Tierärzte undtierärztliche Kliniken

• Untersuchungen auf Ekto- undEndoparasiten

• Durchführung klinischer Feld-und Laborstudien an Nutz-und Haustieren

Sezieren eines Gehirns

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Forschen für den ländlichen Raum 127

Freie Universität Berlin (FU Berlin)Fachbereich Veterinärmedizin

Methoden undDienstleistungsangebote• Hygieneberatungen vor Ort• Durchführung von

Laboranalysen, für die eineAkkreditierung vorliegt

• mikrobiologische,immunologische undchemische Untersuchungen

• sensorische und histologischeAnalytik

Institut fürGeflügelkrankheiten

Dienstleistungen undBeratungen für • Tierärzte, • veterinär-medizinische

Pharmaunternehmen, • Impfstoffhersteller, • Tierhalter, • private Vogelhalter und • Behörden im In- und Ausland.

Beratung umfasst• Diagnose, Prophylaxe und

Therapie vonGeflügelkrankheiten.

• Fragen desVerbraucherschutzes,

• Sanierungsprogramme zurTilgung vonvolkswirtschaftlichbedeutsamen Erkrankungen

• Erprobung neuer Impfstoffeund Arzneimittel

WeitereForschungsschwerpunktesind• Untersuchungen zum

Vorkommen, zurDifferenzierung und zurPathogenese aviärerPockenviren

• Untersuchungen zurDifferenzierung aviärerReoviren

• Bedeutung von Influenzavirenbei Wildvögeln undGreifvögeln

• Auftreten vonSkeletterkrankungen undFußballenentzündung beiMastputen

bedeutender Parasitosen bei Haus- undNutztieren an klimatisch gemäßigten undtropischen Standorten. Einige der ange-wandten Forschungsaktivitäten werden inBrandenburg durchgeführt.

Zecken als KrankheitsüberträgerViele Parasiten bei Mensch und Tier, aberauch viele virale und bakterielle Erregerwerden durch Insekten und Zecken über-tragen, Vertreter des artenreichsten Stam-mes der Tierwelt (Arthropoda). Als Folgeder sich abzeichnenden Klimaerwärmungwird mit einer räumlichen Ausdehnungbzw. Einwanderung von Arthropoden so-wie der von ihnen übertragenen Krankhei-ten gerechnet. So kam die Auwaldzecke,Dermacentor reticulatus in Deutschlandbis vor ca. 30 Jahren nur in kleinen Natur-herden in Süddeutschland vor. Sie hatsich aber in den letzten Jahren stark aus-gebreitet. Als Faktoren für die Ausbrei-tung werden neben der schon erwähntenKlimaveränderung die Renaturierung vonlandwirtschaftlichen Nutzflächen undeine Zunahme der Wirtstiere (Nager undandere Wildtiere) diskutiert. Durch Ko-operation mit der Industrie werden neueMedikamente und Formulierungen aufihre Wirksamkeit gegen Zecken klinischgetestet.

Bekämpfung von Gnitzen als Überträger der BlauzungenkrankheitIm August 2006 brach in Deutschland(Raum Aachen) erstmals die Blauzungen-krankheit aus, eine Viruserkrankung vonWiederkäuern, die durch blutsaugendeGnitzen (Mücken der Familie Ceratopogo-nidae) übertragen wird und sich auf Tierge-sundheit, Zucht- und Vermarktungsstrukturauswirkt. Seit 1998 hatte sich das Blauzun-genvirus im Mittelmeerraum ausgebreitet,in den es aus Afrika und dem Nahen Osteneingewandert war. Ausgehend von etwa800 Fällen im Jahre 2006 wurden im letztenJahr allein in der Bundesrepublik mehr als20.000 neue Fälle registriert. Zurzeit wer-den in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität Berlin, dem Tiergesundheits-dienst Bayern, der Firma Cognis Deutsch-land GmbH und Agrargenossenschaftenumfangreiche Versuche zur Kontrolle vonGnitzen in Milchvieh- und Vererberbetrie-

ben in Brandenburg durchgeführt. Dabeisoll untersucht werden, ob es möglich ist,mit insektizidhaltigen Netzen Rinderzucht-stationen mit ihren wertvollen Hochleis-tungsrindern in offenen Stallsystemen vordem Eindringen der Krankheitsüberträgerzu schützen.

Bekämpfung von Lästlingsinsekten in der Nutztierhaltung Haus- und Stallfliegen spielen in der land-wirtschaftlichen Nutztierhaltung eine großeRolle. Leistungseinbußen entstehen beider Belästigung durch leckende und ste-chende Fliegen. Außerdem stellt die me-chanische Übertragung verschiedener Kei-me ein großes hygienisches Problem dar.Unsachgemäßer und häufiger Gebrauchvon Insektiziden kann innerhalb wenigerFliegengenerationen zur Entwicklung vonResistenzen gegen die eingesetzten Insek-tizide führen. Daher sollen das Vorkommenund die Verbreitung von Insektizidresisten-zen in der Region Brandenburg dokumen-tiert werden. Den betroffenen Betriebensoll eine möglichst wirksame und individu-elle Beratung zur zukünftigen Fliegenbe-kämpfung gegeben werden.

Medikamenten-Resistenz bei WeideparasitenIn einer im Jahre 2006 durchgeführten re-präsentativen Studie zum Wurmbefall beiPferden auf 126 Betrieben in Brandenburgwurde deutlich, dass die kleinen Strongy-liden als die wichtigsten Weideparasitenanzusehen sind. Als bedeutende Risiko-faktoren für einen hohen Wurmbefall stell-ten sich in der Untersuchung vor allem un-regelmäßiges Ausmisten und seltenesEntwurmen dar. Deshalb wird in einer zur-zeit in Brandenburg durchgeführten Stu-die mit einer repräsentativen Anzahl vonBetrieben die Wirksamkeit der bei Pferdeneingesetzten Wurmmittel überprüft.

Institut für GeflügelkrankheitenDer Schwerpunkt der Routine- und For-schungsarbeiten liegt auf dem Gebiet derIsolierung und Differenzierung von Salmo-nellen im Rahmen der Überwachungspro-gramme. Ferner befasst sich das Institutmit Ornithobacterium rhinotracheale, Clo-

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128 Forschen für den ländlichen Raum

Freie Universität Berlin (FU Berlin)Fachbereich Veterinärmedizin

stridium perfringens und Mykoplasmen.Dabei werden methodische Fragestellun-gen für die Diagnostik wie auch Unter-schiede hinsichtlich des Serotypes undder Pathogenität von Isolaten aus unter-schiedlichen Ländern bearbeitet. Darüber hinaus werden Methoden zur Iso-lierung sowie zur molekularbiologische Di-agnose des Erregers der Schwarzkopf-krankheit (Histomoniasis) erarbeitet undetabliert sowie die Wirksamkeit verschie-dener Produkte zur Prophylaxe bzw. The-rapie der Histomoniasis unter experimen-tellen Bedingungen untersucht.

Des Weiteren werden neue serologischeNachweismethoden für Erreger entwi-ckelt, für die momentan keine kommer-ziellen Untersuchungsverfahren verfügbarsind oder für Erreger, für die die bisherüblichen Verfahren mit hohem Arbeits-und Zeitaufwand verbunden sind.

Um Fachkenntnisse weiter zu intensivie-ren und den Austausch der Erfahrungenzwischen den Fachkollegen weltweit zuermöglichen, hat das Institut vor 10 Jah-ren in Zusammenarbeit mit der World Ve-

terinary Poultry Association and WorldPoultry Science Association Federationof European Branches ein InternationalesSymposium über Putenkrankheiten bzw.Putenproduktion ins Leben gerufen. Diesist weltweit die einzige wissenschaftlicheTagung, die sich ausschließlich mit Pu-tenkrankheiten und Putenproduktion be-fasst. Bislang wurden 10 Tagungen inBerlin abgehalten.

Klinik für KlauentiereDie Forschungstätigkeit der Klinik richtetsich vor allem auf den Erhalt der Gesund-heit und die Leistungsfähigkeit von Wie-derkäuern und Schweinen. Der Stoff-wechsel landwirtschaftlicher Nutztierewird im Falle der Milchkuh aufgrund derhohen Milchleistung und im Falle vonMastrindern und Mastschweinen auf-grund rapider Körpergewichtszunahmestark beansprucht.

Darüber hinaus können verschiedeneStresszustände wie die fortgeschritteneTrächtigkeit oder Transporte zum Aus-bruch von Krankheiten führen, die nicht zuden klassischen Tierseuchen gehören, je-doch das Wohlbefinden der Tiere beein-trächtigen und gleichzeitig erheblichewirtschaftliche Verluste verursachen. Beidiesen so genannten Faktorenkrankhei-ten setzt die Forschungstätigkeit der Kli-nik an, welche auf die Vermeidung vonStoffwechsel- und Infektionskrankheitengerichtet ist. Schwerpunkt dabei ist dieStabilisierung des Stoffwechsels vonlandwirtschaftlichen Nutztieren durcheine ausgewogene Ernährung und dieVerminderung von Stress durch eine Ver-besserung der Haltungsbedingungen.

Tierklinik für FortpflanzungVerfolgt werden unter anderem Projektein den Bereichen Fruchtbarkeit und Eut-ergesundheit von Milchkühen sowie Käl-bererkrankungen. Im Rahmen desDienstleistungsangebots werden auchMilcherzeugerbetriebe betreut und ver-schiedene Produktionsbereiche bei derLösung von Problemen und Entwicklungvon Strategien unterstützt. Dabei stehen

Truthahn in fachkundigen Händen

Klinik für Klauentiere

Arbeitsbereiche • Tierklinik – Behandlung

kranker Tiere aus Betriebenim Umland von Berlin

• Tierambulanz – Betreuungkranker Tiere außerhalb derKlinik

• diagnostischer Dienst –tierärztliche Unterstützung beider Lösung vonbestandsweise gehäuftauftretenden Problemen

• Bestandsbetreuung –Betreuung ausgewählterBetriebe in regelmäßigenAbständen bzgl. konkreterFragestellungen

Forschungsbereiche undAusrüstung• hämatologisches,

biochemisches undmolekularbiologisches Labor

• Analytik vonStoffwechselparametern

• Bestimmung vonSpurenelementen,Botenstoffen desImmunsystems sowie vonStressproteinen.

Tierklinik für Fortpflanzung

Forschungsschwerpunkte Gesundheit nach der Abkalbung(Nachgeburtsverhalten,Gebärmutterentzündungen) unterBerücksichtigung von Tierschutzund Verbraucherschutz.

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Forschen für den ländlichen Raum 129

Freie Universität Berlin (FU Berlin)Fachbereich Veterinärmedizin

praktisch anwendbare Ergebnisse für dielandwirtschaftlichen Betriebe im Vorder-grund. Es wird nicht nur die Wirksamkeiteiner Maßnahme, einer Technologie odereines Medikaments wissenschaftlich ge-prüft, sondern auch der wirtschaftlicheNutzen für den Betrieb ermittelt. Zurzeitbesteht eine intensive Kooperation mit derAnimal Welfare Group der University ofBritish Columbia in Vancouver, Kanada.

Klinik und Poliklinik für kleine HaustiereDie Klinik und Poliklinik für kleine Haustie-re behandelt etwa 30.000 Patienten (Hun-de, Katzen, Heimtiere, Vögel und Wildtie-re) im Jahr. Es gibt Spezialsprechstundenauf den Gebieten Orthopädie, Dermatolo-gie, Hämatologie, Kardiologie, Ophthal-mologie, Heimtiere und Zahnheilkunde.

In Zusammenarbeit mit dem Institut fürErnährungswissenschaft der UniversitätPotsdam werden Untersuchungen zuNierenerkrankungen und Harnleiden beimHund auf molekularer Ebene hinsichtlichihrer Pathophysiologie untersucht. Die Ar-

beitsgruppe Kardiologie befasst sich mitBlutdruckmessungen bei Hund und Kat-ze. Weiterhin werden Projekte zu angebo-renen Herz- und Gefäßmissbildungen be-ziehungsweise Kardiomyopathien sowieProjekte im Hinblick auf die Weiterent-wicklung herkömmlicher Untersuchungs-methoden wie computergestütztes Lang-zeit-EKG durchgeführt.

In der Arbeitsgruppe Heimtiere, exotischeTiere und Wildtiere werden vor allem Ka-ninchen, Meerschweinchen, Chinchillas,Kleinnager, Reptilien und Wildvögel mitbesonderem Schwerpunkt auf Greifvögelund Eulen medizinisch betreut. Die Ver-sorgung von Wildvögeln erfolgt über eineenge Zusammenarbeit mit dem Natur-schutzbund Berlin (NABU), der Natur-schutzstation Woblitz (Brandenburg), dervom Landesumweltamt Brandenburg be-triebenen Vogelschutzwarte Buckow undNaturschutzstationen aus allen Bundes-ländern. Weiterhin kooperiert die Arbeits-gruppe mit dem Leibniz-Institut für Zoo-und Wildtierforschung Berlin in mehrerenProjekten mit dem Schwerpunkt Greifvo-gel- und Kranichkrankheiten.

Klinik für Klauentiere, Röntgenaufnahme

Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere

Forschungsschwerpunkte • Arthrose-/Arthritisforschung • Ellbogengelenksdysplasie

bei Hunderassen • funktionserhaltende operative

Maßnahmen irreversibelgeschädigter Gelenke

• Optimierung vonFrakturversorgungen

Die Kleintierklinik unterhälteine Blutbank für Hundebasierend auf einem freiwilligenBlutspenderprogramm. Zudemverfügt sie über einehochmoderneRöntgeneinrichtung, einenComputertomographen und einmodern eingerichtetesDiagnostiklabor.

Behandlung einer Katze

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130 Forschen für den ländlichen Raum

Die Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakul-tät (LGF) ist eine „grüne“ Fakultät, die sichintensiv und systematisch mit der Bewirt-schaftung und dem Erhalt des natürlichenLebensraumes und den nationalen und in-ternationalen Dimensionen landwirtschaftli-cher und gärtnerischer Produktion ausei-nander setzt. Sie sieht sich damit einer nun-mehr 200-jährigen Tradition verpflichtet: Al-brecht Daniel Thaer, der 1804 sein landwirt-schaftliches Lehrinstitut in Möglin bei Berlineröffnete, war 1810 einer der Gründungs-professoren der Berliner Universität. In ihrerjetzigen Organisationsform besteht die LGFseit 1992, als die beiden nach dem Krieggetrennten Teile in Ost und West fusionier-ten. Als Ergebnis intensiver Diskussionenbesitzt die LGF heute ein Leitbild, das Lehreund Forschung auf die Aspekte Nachhaltig-keit, Internationalität, Interdisziplinarität so-wie Regional- und Praxisbezug fokussiert.

Die Fakultät hat stets bekräftigt, dass diehistorisch gewachsenen Beziehungen zumLand Brandenburg, also zum unmittelbarenUmfeld, von entscheidender Bedeutung fürdie inhaltliche Ausrichtung der Fakultätsind.

Nach der geltenden Strukturplanung ver-fügt die Fakultät über vier Institute, das In-stitut für Pflanzenbauwissenschaften, dasInstitut für Nutztierwissenschaften, das In-stitut für Gartenbauwissenschaften unddas Institut für Wirtschafts- und Sozialwis-senschaften des Landbaus.

In den 21 Fachgebieten arbeiten derzeit 27Hochschullehrer sowie 65 wissenschaftli-che und 150 nichtwissenschaftliche Mitar-beiter. An den beiden Hauptstandorten derFakultät in Berlin-Mitte und Berlin-Dahlemwurden als Basis für moderne Lehre undForschung molekulargenetische und analy-tische Labors sowie eine zentrale For-schungsstation mit Gewächshaus (3500m²) und Freiflächen eingerichtet. WeitereEinrichtungen sind die beiden An-Institutefür Genossenschaftswesen und für Agrar-und stadtökologische Projekte sowie dasSeminar für Ländliche Entwicklung, das seitden sechziger Jahren Spezialisten für dieEntwicklungszusammenarbeit ausbildet.Berlin-Brandenburg besitzt eine in Deutsch-land einzigartige Konzentration und Vielfaltan agrar- und gartenbauwissenschaftlichenForschungseinrichtungen. Mit nahezu allen

Humboldt-Universität zu Berlin (HU Berlin)Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät

DekanProf. Dr. Dr. h.c. Otto Kaufmann

ProdekanProf. Dr. Dr. Christian Ulrichs

StudiendekanProf. Dr. Uwe Schmidt

Studenten1.400 Studierende, davon60 % aus Berlin-Brandenburgund 13 % ausländischeStudierende

Mitarbeiter242davon 27 Professoren

Humboldt-Universitätzu Berlin

Landwirtschaftlich-Gärtnerische FakultätInvalidenstr. 4210115 Berlin

Tel.: +49 (0)30 20939008Fax: +49 (0)30 20939003

[email protected] www.agrar.hu-berlin.de

Eingangsportal Fakultät

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 131

in dieser Dokumentation aufgeführten Insti-tutionen besteht auf der Grundlage von Ko-operationsverträgen eine fruchtbare wis-senschaftliche Zusammenarbeit. Diese Ko-operationen sollen durch gemeinsame Be-rufungen und Forschungsprojekte weiter in-tensiviert werden. So wurden zwischen2002 und 2006 an der LGF 33 Promotionenund 2 Habilitationen von Mitarbeitern derLeibniz-Institute in Brandenburg erfolgreichabgeschlossen. Rund 1.400 Studierendenutzen derzeit das Lehrangebot der Fakul-tät. Hinzu kommen rund 300 Promovieren-de. Seit im Jahr 2001 das zweistufige Studi-ensystem mit den Abschlüssen Bachelor ofScience und Master of Science eingeführtwurde hat sich die Zahl der Absolventenkontinuierlich erhöht. Außerdem sind Ver-besserungen in der Einhaltung der Regel-studienzeit sowie der Flexibilität in Bezugauf Teilstudien an anderen in- und ausländi-schen Universitäten zu verzeichnen. Jüngs-tes Beispiel für Innovationen im Bereich desStudiums sind die Umstellung der fürDeutschland einzigartigen Lehramtsstudi-enkombination in Land- und Gartenbauwis-senschaften auf das zweigestufte System,die Einführung eines International Master inHorticultural Science mit Universitäten imIn- und Ausland sowie die Erprobung vonDoppelmasterabschlüssen mit der Cran-field University (GB) sowie Universitäten inMoskau und Kiew. Das Promotionsstudium„Agricultural Economics“ wird im Verbundmit den Universitäten in Kiel, Göttingen undHalle sowie weiteren Einrichtungen in Halleund Braunschweig angeboten und verläuftsehr erfolgreich. Ein weiteres derartigesDoktorandenstudium soll auf dem Gebietder naturwissenschaftlich orientierten Dis-ziplinen folgen.

Gegenwärtig wird intensiv daran gearbeitet,einen ostdeutschen Lehr- und Forschungs-verbund der Agrarfakultäten in Berlin, Halleund Rostock mit Leben zu erfüllen. DieLehr- und Forschungsplattform „AgrosNet“soll dazu beitragen, die an den ostdeut-schen Hochschulstandorten vorhandenenLehr- und Forschungskapazitäten zu bün-deln und gemeinsame, voll austauschfähi-ge Lehrangebote zu schaffen. In diesenProzess sind die Institute der Forschungs-plattform Berlin-Brandenburg voll integriert.

Forschung an der LGFDie Forschung an der LGF basiert auf demStrukturkonzept „Innovation und Wandelagrarischer Systeme“. Dieser Schwerpunktsetzt sich aus den Problemfeldern Techni-sche Systeme, Biologische Systeme undSozioökonomie und deren Interaktionenzusammen. Abgeleitet aus dem Anspruch,relevante Problemlösungsbeiträge zu erar-beiten, müssen die Agrarwissenschaftennotwendigerweise einen Bogen schlagenvon Prozessen auf molekularer Ebene (naturwissenschaftliche Grundlagenfor-schung) über technologische Prozesse(Anwendung der Ergebnisse der Grundla-genforschung) bis hin zu sozioökonomi-schen Prozessen, die sich auf die gesell-schaftliche Akzeptanz neuer Technologienund deren Folgen auswirken.

Forschung im Zusammenspiel dieser Teil-prozesse ist an der Fakultät interdisziplinärangelegt und verfolgt das Ziel, die biologi-schen und technologischen Grundlagen fürdie Gestaltung gesellschaftlich geforderterund ökonomisch tragfähiger Prozesse beider Erzeugung von Nahrungsmitteln undRohstoffen bereitzustellen und die damit

Studiengänge• Bachelor Agrarwissenschaften• Bachelor

Gartenbauwissenschaften• Bachelor Land- und

Gartenbauwissenschaften(Kombinationsstudiengang mitLehramtsoption)

• Master Prozess- undQualitätsmanagement

• MasterAgrarökonomik/AgriculturalEconomics

• Master Integrated NaturalResource Management

• Lehramtsmaster Land- undGartenbauwissenschaft

• Master Fishery Science andAquaculture (IGB)1

• International Master in RuralDevelopment (Gent, Cordoba,Rennes)

• International MasterHorticultural Science(München, Wien, Bologna)1

• Doppelmaster AgriculturalSciences (Cranfield)1

• Doppelmaster Agrarökonomik(Moskau, DAAD Erprobungbeantragt)1

• Doppelmaster Prozess- undQualitätsmanagement (Kiew,DAAD Erprobungsphase)1

• Promotionskolleg AgriculturalEconomics(FAL Braunschweig, Kiel u.a.)1

• BerufsfeldbezogenesErgänzungsstudiumInternationaleZusammenarbeit

1 Studiengänge auf Kooperationsbasis

Thaersaal mit Thaerstandbild

Humboldt-Universität zu Berlin (HU Berlin)Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät

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132 Forschen für den ländlichen Raum

einhergehenden ökonomischen und gesell-schaftlichen Folgen zu analysieren und zuprognostizieren.

Das Berliner Konzept unterscheidet sichvon dem anderer agrarwissenschaftlicherFakultäten durch die Konzentration aufgrundlegende Veränderungsprozesse. AusMetropolensicht gewinnt die Politikbera-tung auf nationaler und EU-Ebene an Be-deutung. Die Fakultät konnte ihr Drittmittel-aufkommen mit fast 4 Millionen Euro 2007gegenüber 2004 fast verdoppeln. Mittelfris-tig ist eine stärkere Fokussierung der For-schungsaktivitäten erforderlich. Die drei For-schungsschwerpunkte der Fakultät umfas-sen vielfältige Programme und Aktivitäten:

Analyse und Gestaltung wirtschaftlicher,politischer und institutioneller Veränderungsprozesse im AgrarsektorDie Forschung an der LGF trägt dem Um-stand Rechnung, dass der Agrarsektor seitjeher starken Veränderungen ausgesetzt ist.Dies betrifft beispielsweise den enormenProduktivitätsfortschritt, der auf der einenSeite die sichere Belieferung mit Nahrungs-mitteln ermöglichte, auf der anderen Seite

aber dazu geführt hat, dass viele Arbeits-kräfte in andere Sektoren der Wirtschaft ab-gewandert sind. Die Ergebnisse der man-nigfaltigen Projekte müssen der veränder-ten Sichtweise von Innovations- und Verän-derungsprozessen im Agrarsektor Rech-nung tragen. International ist eine zuneh-mende Öffnung der Märkte zu beobachten,was mit erheblichen Chancen aber auch miteinigen Risiken für die inländische Produkti-on verbinden ist. Diese Interaktionen gilt esweiter zu untersuchen. In diesem Kontextstehen auch weitere Forschungen zu Quali-tät und Sicherheit landwirtschaftliche Pro-dukte. Den Veränderungen der gesetzlichenVorgaben muss Rechnung getragen wer-den und die Abstimmung in landwirtschaft-lichen Verarbeitungsketten zunehmen (ko-ordinierte Wertschöpfungsketten). Darüberhinaus gilt es die Bedeutung der Landwirt-schaft für den Ressourcen- und Klima-schutz sowie die Nutzung ländlicher Räumeimmer mehr in den Vordergrund zu rückenund den Veränderungen der – vielfachdurch die EU vorgegebenen – politischenund rechtlichen RahmenbedingungenRechnung zu tragen. Die mit diesen Verän-derungen einhergehenden komplexen Ver-änderungsprozesse sind Gegenstand deran der Fakultät vorgenommenen Analysezum Strukturwandel in der Landwirtschaft.

Aufklärung biologischer und ökologischerGrundlagen der Qualitätssicherung von Prozessen und Produkten der Agrarwirt-schaft und des GartenbausDerzeit findet eine Neubewertung des Qua-litätsbegriffes für Leistungen des Agrarsek-tors statt. Zur Forcierung des internationa-len Handels haben sich die Bemühungenzunächst auf eine Standardisierung äußererQualitätsmerkmale und die Begrenzung ge-sundheitlicher Risiken gerichtet. Damitkonnten Kosten des internationalen Waren-austausches (Transaktionskosten) deutlichgesenkt werden. Seit einigen Jahren wer-den an der Fakultät verstärkt innere Quali-tätsmerkmale betrachtet, d.h. der Beitraglandwirtschaftlicher Produkte zu einer ge-sunden Ernährung. Die gezielte Steuerungder Inhaltsstoffe und damit auch des Nah-rungswertes der Produkte ist ein Anliegenvielfältiger Forschungsbemühungen. Dabeigeht es um die Sicherstellung wertgeben-

Humboldt-Universität zu Berlin (HU Berlin)Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät

Zweigbibliothek Agrarwissenschaften

Forschungsschwerpunkte• Analyse und Gestaltung

wirtschaftlicher, politischerund institutionellerVeränderungsprozesse imAgrarsektor

• Aufklärung biologischer undökologischer Grundlagen derQualitätssicherung vonProzessen und Produkten derAgrarwirtschaft und desGartenbaus

• Systeme zur sensorbasiertenAnalyse und Bewertung derQualität landwirtschaftlicherund gartenbaulicher Prozesse

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Forschen für den ländlichen Raum 133

der Inhaltsstoffe durch Züchtung, Produkti-on und Nacherntebehandlung in der Liefer-kette landwirtschaftlicher Produkte. Fragender Ressourcenschonung, des Klimaschut-zes sowie der Tiergerechtheit finden sichheute mehr den je in der Definition vonQualität landwirtschaftlicher Leistungen,der Prozessqualität. Im Rahmen diesesKomplexes befassen sich interdisziplinäreProjekte u.a. mit dem Qualitätsbegriff, derGestaltung von Produktion, Nacherntebe-handlung, Verarbeitung und Vermarktungunter Berücksichtigung der Umweltbelan-ge und des Ressourcenschutzes.

Systeme zur sensorbasierten Analyse undBewertung der Qualität landwirtschaftlicherund gartenbaulicher ProzesseVeränderte Anforderungen an Produktionund Prozesse in der landwirtschaftlichenProduktion sind darauf angewiesen, dasssich die Kenntnisse komplexer Systemzu-sammenhänge weiter verbessern. So be-darf es für die Entwicklung intelligenterStrategien im Pflanzenschutz umfassenderKenntnisse der komplexen Interaktion zwi-schen Wirtspflanzen, Schädigern und Um-weltfaktoren. Prozesse anhand bestimmterSystemparameter steuern zu können, erfor-dert geeignete technologische Verfahren,wie z.B. der sensorbasierten Analyse- undBewertung. Die Entwicklung solcher tech-nischen Lösungen bildet ein wesentlichesAufgabenfeld landwirtschaftlicher For-schung an der Fakultät und ermöglicht es,die Rückverfolgung von Produkten sicher-zustellen, Ressourcen präzise und zielge-richtet einzusetzen und die Koordination in-nerhalb von Wertschöpfungsketten zu ver-bessern.

Dabei muss berücksichtigt werden, dassder Einsatz solcher Technologien in einembestimmten Wettbewerbsumfeld stattfindenmuss und die Übernahme in die Praxis zu-dem von der Bereitschaft und den gegebe-nen Voraussetzungen in den Unternehmenabhängt. Nicht zuletzt bedarf es einer Ab-schätzung der Folgen des Einsatzes neuerTechnologien, um im Vorfeld auch auf mög-liche Probleme hingewiesen zu werden. ImRahmen der Produktion tierischer undpflanzlicher Erzeugnisse zu Nahrungszwe-cken und zur Bereitstellung von Rohstoffen

für die Industrie und den Energiesektor ist esnotwendig, methodische Fortschritte in derMolekularbiologie und der Biotechnologiezu nutzen. Beispiele sind die Entwicklungneuer Nutzorganismen mit erhöhten Gehal-ten an gesundheitsfördernden Wirkstoffen,die erhöhte Effizienz der Nutzung knapperRessourcen durch Pflanzen und Tiere sowieder geringere Bedarf an Medikamenten,Pestiziden und Düngern. Damit werden zu-gleich neue agrarwissenschaftlich zu bear-beitende Fragen zu den ökonomischen Fol-gewirkungen, der gesellschaftlichen Akzep-tanz, der wirtschaftlichen Tragfähigkeit undder politischen Gestaltung aufgeworfen,beispielsweise bei der Nutzung gentech-nisch veränderter Pflanzen und Tiere.

An der Humboldt-Universität arbeitet dieFakultät forschungsseitig verstärkt mit denInstituten für Biologie und für Geografie, derCharité sowie der Wirtschaftswissenschaft-lichen Fakultät zusammen. Mehrere DFG-Projekte sowie die Mitgliedschaft im Inter-disziplinären Zentrum „Genetische Variabi-lität und Anpassungsfähigkeit“ und imGeorg-Simmel-Zentrum für Metropolenfor-schung belegen diese Vernetzung.

Humboldt-Universität zu Berlin (HU Berlin)Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät

MBZ-Labor

Kooperationen• Fakultäten der

Humboldt-Universität• Fakultäten anderer

Hochschulen in Berlin-Brandenburg

• Agrarfakultäten Deutschlands

Kooperationen mitForschungsinstitutionen inBerlin-Brandenburg:• Institute der Leibniz-

Gesellschaft (ZALF, IGZ)• Biologische Bundesanstalt• Deutsches Institut für

Wirtschaftsforschung• Bundesministerium für

WirtschaftlicheZusammenarbeit

• Bundesamt fürVerbraucherschutz undLebensmittelsicherheit

• Landesamt fürVerbraucherschutz,Landwirtschaft undFlurneuordnung Brandenburg

• Landesforstanstalt Eberswalde• Länderinstitut für

Bienenkunde HohenNeuendorf

Zwei An-Institute• Institut für agrar- und

stadtökologische Projekte• Institut für

Genossenschaftswesen

Stiftungen• Schweisfurth Stiftung• GTZ

Netzwerke• Forschungsnetzwerke, z.B.

FUGATO, Metropolenforschung• AgrosNet• ICA (Verbund Europäischer

Agrarfakultäten)• GCHERA (Weltkonsortium der

Agrarfakultäten)

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134 Forschen für den ländlichen Raum

Das Institut für Agrar- und Stadtökologi-sche Projekte an der Humboldt-Universi-tät zu Berlin (IASP) ist eine interdisziplinärarbeitende Forschungseinrichtung. Zielund Aufgaben des IASP sind innovativeArbeiten in Wissenschaft, Forschung undEntwicklung zu speziellen integrativenProblemstellungen und die Überführungvon anwendungsorientierten innovativenLösungen in die kommunale und betriebli-che Praxis. Das IASP versteht sich alswissenschaftlicher Partner für kleine undmittelständische Unternehmen (KMU),insbesondere für solche ohne eigene For-schungskapazitäten. Es ist darüber hi-naus Partner für Institute von Universitä-ten und wissenschaftlichen Einrichtungendes In- und Auslandes. Rechtlicher undwirtschaftlicher Träger des 1996 als An-In-stitut an der Humboldt-Universität zu Ber-lin gegründeten IASP ist der gemeinnützi-ge Verein zur Förderung agrar- und stadt-ökologischer Projekte e.V. (A.S.P.). Die amIASP realisierten Forschungs- und Ent-wicklungsarbeiten sind wissenschaftsthe-matisch strukturiert und werden schwer-punktmäßig in zwei Wissenschaftsberei-chen (Ressorts) organisiert.

Das Ressort Agrarökologie/Stadtökologiehat sich in der Vergangenheit insbesonde-re auf dem Gebiet der Gleisbett-Naturie-rung sowie mit einer Vielzahl von Pilot-und Demonstrationsanlagen für techni-sche Vegetationssysteme auf Bauwerks-oberflächen den Status eines Kompetenz-zentrums erarbeitet. Das Ressort ist wei-terhin mit Forschungs- und Entwicklungs-aufgaben im Bereich des Garten- undLandschaftsbaus und der Anwendungnachwachsender Rohstoffe befasst. Da-rüber hinaus sind in den vergangenenJahren neue Kompetenzfelder in den Be-reichen der Wertstoffgewinnung aus bio-genen Abprodukten, verknüpft mit demAufbau eines Biogastechnikums, und dertechnischen Verfahrensentwicklungenhinzu gekommen. Die Erarbeitung vonKonzepten und Szenarien zur Entwicklungdes ländlichen Raumes gehört zu denjüngsten Leistungsangeboten des Res-sorts.

Hauptanliegen des Ressorts Ernährungs-wirtschaft ist eine durchgehende Bearbei-tung von Projekten der Lebensmitteler-zeugung, beginnend bei der landwirt-

Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP)

GeschäftsführerDr. rer. agr. Stefan Köhler

VerwaltungsleiterinDipl.-Betriebswirt (FH) Kirsten Hampel

RessortleiterAgrarökologie/StadtökologieDipl.-Ing. (FH) Boris Habermann

RessortleiterinErnährungswirtschaftDipl.-Ing. Susanne Herfort

Mitarbeiter30 Beschäftigte davon 22 Wissenschaftler

Institut für Agrar- und StadtökologischeProjekte an der Humboldt-Universität zu Berlin

Invalidenstraße 4210115 Berlin

Tel.: +49 (0)30 2093 9061Fax: +49 (0)30 2093 9065

[email protected]

Humboldt-Universität zu Berlin, Invalidenstraße 42, Standort des IASP

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 135

schaftlichen Primärproduktion über dieVerarbeitung bis hin zur Vermarktung. Inden vergangenen Jahren wurden verstärktForschungs- und Entwicklungsprojekte imZusammenhang mit der Tiergesundheitund der Verbesserung der Produktqualität– im Sinne von Rückverfolgbarkeit undVerbraucherschutz – bearbeitet. Neu istdie Projektarbeit auf dem Gebiet der Tele-veterinärmedizin.

Eine besondere Kompetenz besitzt dasIASP im Aufbau und Management von in-ternationalen und nationalen Forschungs-netzwerken. Im internationalen Maßstabist das Institut z. B. Koordinator des Euro-päisch-Lateinamerikanischen Zentrumsfür Logistik und ökologische Projekte (CE-LALE), auf nationaler Ebene koordiniertdas IASP verschiedene Verbundprojekte.

Biogas – Bakterien am WerkBis zum Jahr 2020 soll der Anteil der er-neuerbaren Energien an der gesamtenStromversorgung in Deutschland auf min-destens 20 % gesteigert werden. Einenwesentlichen Beitrag hierzu kann die Er-zeugung und Nutzung von Biogas aus or-ganischen Reststoffen, wie z. B. Gülle,aber auch aus speziell angebauten Ener-giepflanzen (Biogas Crops) leisten. Beidem unter Luftausschluss stattfindendenBiogasprozess setzen eine Vielzahl vonBakterien die in den Pflanzen enthaltenenorganischen Bestandteile über verschie-dene Schritte in Biogas um.

Im Rahmen des vom Bundesministeriumfür Bildung und Forschung (BMBF) geför-derten Netzwerkes „Biogas-Crops-Network“ werden von zehn namhaftenForschungseinrichtungen der Bundesre-publik in vier Arbeitsgruppen erstmalswissenschaftliche Grundlagen zur Biogas-gewinnung aus Energiepflanzen erforscht.Das IASP koordiniert als Netzwerkmana-ger die Arbeiten dieses Forschungsver-bundes. Die Forschung soll dazu beitra-gen, dass die Biogas-Produktion bessersteuer- und regelbar ist, dass negative Ef-fekte wie eine Versäuerung des Prozessesund damit Ausfälle von Biogasanlagenverhindert werden und dass die Ausbeute

von derzeit rund 180 m3 Biogas pro TonnePflanzenmaterial erhöht werden kann. Dabisher nur ca. 5 % der an der Stoffwand-lung und Biogasbildung beteiligten Mikro-organismen identifiziert sind, steht dieAufklärung der mikrobiologischen Stoff-wandlungsprozesse in der gesamtenWertschöpfungskette Energiespeicher(Pflanze) – Energieumwandlungsprozess(Biogasreaktor) – Energieträger (Biogas)im Vordergrund.

Dabei werden, beginnend mit verschiede-nen Strategien der Pflanzenvorbehand-lung (Ernte, Konservierung und Aufberei-tung des Pflanzenmaterials) bis hin zuProzessführung (ein- und zweistufige Sys-teme) und Biogasbildung alle technisch-technologischen Aspekte berücksichtigt.Die Untersuchungen erfolgen unter Ver-wendung der Biogaspflanzen Mais, Rog-gen, Gras und Futterrüben, die sich in ih-rer Struktur und der stofflichen Zusam-mensetzung wesentlich unterscheidenund für den praktischen Einsatz bei derlandwirtschaftlichen Biogaserzeugunghohe Bedeutung haben. Die parallel zuden Untersuchungen verlaufende Ent-

Das Institut für Agrar- undStadtökologische Projekte an derHumboldt-Universität zu Berlin(IASP) ist eine interdisziplinärarbeitendeForschungseinrichtung inrechtlicher und wirtschaftlicherTrägerschaft des Vereins zurFörderung agrar- undstadtökologischer Projekte e.V.(A.S.P.). Das Zusammenwirkenmit der Humboldt-Universität istüber einen Kooperationsvertraggeregelt und wird durch einenWissenschaftlichen Beiratkoordiniert.

Das IASP ist Gründungsmitgliedder ForschungsplattformLändliche Räume Berlin-Brandenburg. Es wirkt zudemaktiv mit im Verband innovativerUnternehmen e. V. (VIU), imBiogas-Fachverband e. V. sowieim BrandenburgerErnährungsnetzwerk e. V. BEN.

Kernkompetenzen• Stoffliche Prozesse der

Biogaserzeugung(Substrataufbereitung,Gärrestverwertung)

• Naturierung urbaner Flächen(Grüne Dächer, Grüne Gleise)

• Anwendung biologischgewachsener Zell- undGewebestrukturen imLebensmittel- undNichtlebensmittelbereich

• SensorgestütztesTiermonitoring

Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP)

www.biogas-network.de

Biogasversuchsanlage

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136 Forschen für den ländlichen Raum

wicklung mathematischer Modelle unter-stützt die Prozessbeschreibung, Simula -tion und Standardisierung.

Ein grundlegendes Problem der Vergärungvon Biogaspflanzen besteht darin, dass fürdie am Biogasprozess beteiligten Mikroor-ganismen nicht alle in den Pflanzen enthal-tenen organischen Bestandteile direkt zuverstoffwechseln sind. Innerhalb des Bio-gas-Crops-Netzwerkes bearbeitet dasIASP deshalb das Projekt „Einsatz von En-zymen zum Abbau des Lignocellulose-Komplexes in Energiepflanzen unter be-sonderer Berücksichtigung der Silierungund Biogasproduktion“.

Das Ziel dieses Teilprojektes ist es, dieMöglichkeiten einer Vorbehandlung desPflanzenmaterials unter Verwendung ver-schiedener Häcksellängen und unter Ein-satz von speziellen Enzymen zu untersu-chen. Diese Enzyme sind in der Lage, denLignocellulose-Komplex in den Pflanzenaufzubrechen, so dass für die an der Bio-gaserzeugung beteiligten Mikroorganis-men mehr und leichter verwertbare Nähr-stoffe vorliegen.

Folglich können die Ausbeute an Biogasund der Gehalt an Methan erhöht werden.In Laborversuchen wurden Enzympräpa-rate während und nach der Silierung derEnergiepflanzen sowie im Biogasreaktoreingesetzt. Anschließend werden in dis-kontinuierlichen Batch-Versuchen die Bio-gaspotenziale und Methanausbeuten so-wie der Abbaugrad einzelner Inhaltsstoffebestimmt. Im institutseigenen Biogas -technikum steht zudem eine Biogasanla-ge im labortechnischen Maßstab mit On-line-Datenerfassung der wichtigsten Pro-zessparameter zur Verfügung.

Schafwollmatten für denGarten- und LandschaftsbauNeben einheimischen pflanzlichen Fasernweisen auch Fasern tierischen Ursprungswie zum Beispiel Schafwolle wertvolleStoffeigenschaften auf. In den vergange-nen Jahren rückte jedoch die Gewinnungvon Schafwolle immer mehr in den Hinter-grund. Da vorrangig die Fleischproduk -tion Schwerpunkt der Haltung von Scha-fen ist, fällt geschorene Wolle zunehmendals Abfallprodukt an, welches teilweisekostenpflichtig entsorgt werden muss.Das trägt nicht dazu bei, die geringe Wirt-schaftlichkeit der Schafhaltung zu ver-bessern. Im Rahmen eines vom Bundes-ministerium für Wirtschaft und Technolo-gie geförderten Forschungs- und Ent-wicklungsprojektes wurden in Koopera -tion mit einem Brandenburger Unterneh-men Vegetationsträger aus Schafrohwolleentwickelt, die im Garten- und Land-schaftsbau Anwendung finden können.

Im Mittelpunkt des Projektes stand so-wohl die Entwicklung einer dünnschichti-gen Vegetationsmatte aus Schafrohwollefür die Dachbegrünung als auch die Ent-wicklung einer Kulturmatte für den Gemü-seanbau unter Glas. Beide Matten solltenvollständig biologisch abbaubar sein. Fürdie Dachbegrünung wurden im Rahmendes Projektes Matten verschiedener Flä-chengewichte in Kombination mit ande-ren Naturfasern hergestellt, mit Substra-ten verschiedener Höhe versehen und mitSedumsprossen vorkultiviert. Im Ergebnisder Versuche hat sich eine „Sandwich“-

Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP)

Forschungsschwerpunkte

Ressort Agrarökologie/Stadtökologie• Biologische

Wertstoffgewinnung undBiorecycling

• Produkte ausnachwachsenden Rohstoffen(Non Food)

• Verfahrensentwicklungen zuden Bereichen Abluft, Biogasund Reststoffveredlung

• TechnischeVegetationssysteme (z. B.Grüne Dächer und GrüneGleise)

• Regionale Entwicklung fürländliche Räume

Ressort Ernährungswirtschaft• Entwicklung neuartiger

Lebensmittel undLebensmittelherstellungs -verfahren

• Sicherung von Produkt- undProzessqualität in derLebensmittelkette

• Verbesserung derTiergesundheit

Muster der Begrünungsmatte, „Grünes Dach“

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Forschen für den ländlichen Raum 137

Matte aus Schafwolle und Kokosfasernmit einer Substratstärke von 1 cm bei al-len Untersuchungsparametern am bestenbewährt. Ihre Vorkultivierung erfolgte ineinem wesentlich kürzeren Zeitraum alsauf konventionellen Kokosfasermattenüblich.

Im Ergebnis des Forschungsprojekteskonnten eine Dachbegrünung unter Ver-wendung von Schafwollvegetationsmat-ten auf einem Gebäude der Humboldt-Universität zu Berlin und ein Demonstra -tionsprojekt auf der Bundesgartenschau2007 in Gera realisiert werden.

Auch für die Unter-Glas-Produktion vonTomaten und Gurken ist der Einsatz vonSandwichmatten aus Schafwolle und Ko-kosfasern empfehlenswert. Einjährige Un-tersuchungen im Tomatenanbau ergaben,dass der Einsatz von Schafwollmatten zupositiven Auswirkungen auf Ertrag undGeschmack führte. Die Markterschließungwird aufgrund des großen Interesses anden neuen Trägersystemen zügig erfol-gen. Die damit verbundenen wirtschaftlichpositiven Effekte sollen sich insbesondereauf die Schafzuchtbetriebe, die faserver-arbeitenden Betriebe und die Gala-Bau-Betriebe auswirken.

Healthy Structuring Der Ausgangspunkt für das Forschungs-vorhaben waren epidemiologische Studi-en, nach denen ein Verzehr größerer Men-gen von Früchten und Gemüse das Risikofür chronische Krankheiten, einschließlichKrebs und Arteriosklerose, reduzierenkann. Da jedoch nur wenige Menschendie empfohlene Menge von täglich 600 gObst und Gemüse tatsächlich konsumie-ren, können attraktive Fertigprodukte ei-nen gesteigerten Verzehr gesunder Pro-dukte unterstützen. Eine hohe Bioverfüg-barkeit von entsprechenden Nährstoffenkann zu den gesundheitsfördernden Ei-genschaften beitragen. „Healthy Structu-ring“ ist ein Projekt im 6. Forschungs-Rahmenprogramm der Europäischen Union. Partner des IASP sind das Schwe-dische Institut für Lebensmittel und Bio-technologie (SIK), das Institut für Lebens-

mittelforschung (IFR) in Norwich, dieChalmers Technische Universität in Göte-borg, die Universität in Murcia, die Katho-lische Universität Leuven sowie die Unter-nehmen Unilever und Tetrapak.

Ziel des Projektes ist es, die ernährungs-physiologische und strukturelle Qualitätvon Fertigprodukten aus Früchten undGemüse (Tomaten, Broccoli und Möhren)zu verbessern. Dazu werden optimale Mi-schungen aus den Rohmaterialien sowieneue und innovative Technologien be-nutzt. Diese sollen so optimiert werden,dass eine hohe Bioverfügbarkeit der ent-haltenen Nährstoffe, hauptsächlich Vita-mine und Antioxidantien, gegeben ist, wo-bei die mikrobiologische Sicherheit undein Erhalt der vom Verbraucher bevorzug-ten Textureigenschaften gewährleistetwird. Modelle von Lebensmittelformulie-rungen werden entwickelt, hergestellt undevaluiert. Die Ergebnisse sind besondersrelevant für KMU der Lebensmittelbran-che. Ihre Verbreitung wird durch verschie-dene Medien erfolgen, u. a. auch durcheine KMU-Plattform im Internet und durchWorkshops.

Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte an der Humboldt-Universität zu Berlin (IASP)

CELALEBesondere Kompetenz besitztdas IASP im Aufbau undManagement von internationalenund nationalenForschungsnetzwerken. So istdas IASP u. a. Koordinator desEuropäisch-Lateinamerikanischen Zentrumsfür Logistik und ökologischeProjekte (CELALE).

Mitarbeit in weiterenNetzwerken• Biogas-Crops-Network

www.biogas-network.de• TRESTERnetz.berlinbranden -

burg.dewww.tresternetz.de

• EMiL – Entwicklung vonMikrosystemtechnik fürinnovativeLebensmittelerzeugungwww.emil-net.de

• Innovative Lösungen für Folienund Folienanlagenwww.folien-netzwerk.de

Graduierungsarbeiten• Dissertationen• Bachelor-, Master- und

Diplomarbeiten• Praktika

Zur Förderung deswissenschaftlichen Nachwuchsesim Bereich deranwendungsbezogenen Agrar-und Stadtökologieforschungkönnen Schüler, Lehrlinge,Studenten,Hochschulabsolventen undDoktoranden, die sich währendund nach Abschluss derAusbildung auf ihre weitereQualifizierung inForschungsprojekten vorbereiten,Geldleistungen als Stipendiumoder Prämierungen (Förderpreisdes Vereins zur Förderung agrar-und stadtökologischer Projektee. V.) für Forschungsvorhabenund wissenschaftlicheLeistungen erhalten.

Forschung für gesunde Lebensmittel

www.sik.se/hstructuring

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138 Forschen für den ländlichen Raum

Südöstlich von Berlin entwickelt sich dieTechnische Fachhochschule Wildau zu ei-nem Spitzencampus. Hier verbinden sichpraxisnahe Lehre und Forschung mit demLeben im Grünen. Die TFH Wildau wurde1991 gegründet. Derzeit sind etwa 3.500Studierende eingeschrieben. Sie könnenStudiengänge in den Ingenieur-, Wirt-schafts- und Verwaltungswissenschaftenbelegen. Die Lehrveranstaltungen sindgeprägt durch den steten Bezug zur spä-teren Berufstätigkeit, wissenschaftlicheSolidität und Interdisziplinarität.

Die Bachelor- und Masterstudiengängeentsprechen dem modernen europäischenStandard und vermitteln den StudierendenGrundlagen für eine erfolgreiche beruflicheZukunft. Mit der Telematik, der Luftfahrt-technik/ Luftfahrtlogistik, der Logistik undder Biosystemtechnik/Bioinformatik bietetdie TFH Wildau in ihrem Portfolio einen ho-hen Anteil innovativer Studiengänge fürdie Zukunftsbranchen der Industrie. Ne-ben der grundständigen Ausbildung gibtes an der TFH Wildau ein vielfältiges Wei-terbildungsangebot, zu dem Fernstudien-gänge, Fortbildungskurse und das Gradu-

ierten-Programm des Wildau Institute ofTechnology (WIT) gehören.

Die TFH Wildau hat noch mehr zu bieten.Sie ist eine überschaubare, moderneCampushochschule. FamilienfreundlicheStudien- und Arbeitsbedingungen gehö-ren ohne Frage dazu. Zu Beginn des Som-mersemesters 2008 wurde das Eltern-Kind-Zimmer „Campuszwerge“ eröffnet –ein Baustein zur „FamilienfreundlichenHochschule TFH Wildau“. Die Einrichtungeines Career Service Centers folgt dem-nächst. Hervorragende Bedingungen alsofür junge Menschen, um ein Studium mitPerspektive aufzunehmen.

Forschungsgruppe Innovations-und RegionalforschungWie können Regionen unterschiedlichenTyps ihr Entwicklungspotenzial ausschöp-fen? Welche Rollen spielen dabei soziale,organisatorische und wissenschaftlich-technische Innovationen? Mit diesen Fra-gestellungen beschäftigt sich die For-schungsgruppe Innovations- und Regio-nalforschung am Fachbereich Betriebs-

Technische Fachhochschule Wildau (TFH Wildau)

Präsident Prof. Dr. László Ungvári

Vizepräsident für ForschungProf. Dr.-Ing. Herbert Sonntag

Mitarbeiter200 64 Mitarbeiter zusätzlich inDrittmittelforschungsprojekten

Technische Fachhochschule Wildau

Bahnhofstraße15745 Wildau

Tel.: +49 (0)3375-508-0Fax: +49 (0)3375-500324

[email protected]

Campus der TFH Wildau

Mitglied der

Foto: TFH Wildau

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Forschen für den ländlichen Raum 139

wirtschaft/Wirtschaftsinformatik unter derLeitung von Prof. Dr. Rainer Voß.

Die Forschungsgruppe untersucht ver-schiedene Teilregionen, wie z.B. dieSpreewaldregion oder das Umfeld desentstehenden Großflughafens BBI. Ge-genstand der Arbeiten ist immer wiederdie Innovationskompetenz von Unterneh-men oder ganzer Branchen. In Stärken-Schwächen-Profilen zeigt die For-schungsgruppe auf, wo die Reserven fürInnovationen liegen. Das kann eine stär-kere Zusammenarbeit mit Hochschulensein, der Ausbau von Kooperationsbezie-hungen oder die Entwicklung speziellerDienstleistungen. Gezielte und auf einzel-ne Unternehmen zugeschnittene Unter-stützungsangebote geben Anhaltspunk-te, wie das regionale Innovationspotenzi-al entwickelt werden kann.

So hat die Forschungsgruppe das Inno-vationspotenzial der Region Wittenbergeuntersucht, die – wie viele periphereStädte im ländlichen Raum – von massi-ven Schrumpfungsprozessen gekenn-zeichnet ist. Die Ergebnisse der Untersu-chung haben zur Anerkennung der Regi-on als Regionaler Wachstumskern beige-tragen.

Technische Fachhochschule Wildau (TFH Wildau)

ForschungsgruppeInnovations- undRegionalforschung

AnsprechpartnerProf. Dr. Rainer Voß

Forschungsschwerpunkte• Innovationskompetenzen von

Branchen und Unternehmen• Innovationspotenziale im

ländlichen Raum• Wissenschaftliche Begleitung

arbeitsmarkt- undsozialpolitischer Projekte

Stärken-Schwächen der Innovationskompetenz von Unternehmen des Bauhandwerks

Neues Bibliotheksgebäude der TFH Wildau

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140 Forschen für den ländlichen Raum

Neben diesen anwendungsorientiertenForschungs- und Dienstleistungsprojek-ten beschäftigt sich die Forschungsgrup-pe Innovations- und Regionalforschungauch mit der wissenschaftlichen Beglei-tung arbeitsmarkt- und sozialpolitischerProjekte im Land Brandenburg und aufder Ebene der EU.

Fachbereich Ingenieurwesen/WirtschaftsingenieurwesenDas Thema Biomasse hat in den letztenJahren stark an Popularität gewonnen.Die Forschung am Fachbereich Inge-nieurwesen/Wirtschaftsingenieurwesender TFH Wildau beschäftigt sich sowohlmit den Chancen als auch mit den Risikenbei der Nutzung des organischen Materi-als. Prof. Dr. Udo Hellwig, StudiengangVerfahrenstechnik, leitet die Forschungs-projekte in enger Zusammenarbeit mit In-dustriepartnern, die die Forschungser-gebnisse unmittelbar umsetzen. Die Fra-ge, wie aus landwirtschaftlichen Rest-stoffen wie Stroh und KompostmaterialStrom und Wärme erzeugt werden kann,umfasst dabei nur einen Teilbereich der

wissenschaftlichen Forschung. Von Inte-resse sind auch Techniken zum Abbauder Schadstoffe, die bei der Umwand-lung der Energieträger entstehen. Denn:Werden Biomassen zur Strom- oder Wär-megewinnung genutzt, kommt es zur Ab-gabe von Stickoxiden, Feinstäuben undKohlenwasserstoffen. Diese Emissionenführen zu Luftbelastungen. ReaktiveElektrofilter zum Feinstaubabbau oderisotherme Reaktoren zur Reinigung vonRauchgas stehen im Zentrum der For-schungsprojekte im Bereich der Emissio-nen. Speziell im Bereich der Wärme-wandlung widmen sich die Forscher umProf. Hellwig den innovativen Technikenfür die Wärmeübertragung im Niedrig-temperaturbereich. Dabei kommen zumBeispiel Niedrigtemperatur-Rekuperato-ren zum Einsatz.

Durch die enge Zusammenarbeit mit In-dustriepartnern können die Forschungs-ergebnisse unmittelbar umgesetzt wer-den. Auf diesem Weg sind in den letztenJahren neben regionalen und nationalenauch viele internationale Verbindungengewachsen.

Fachbereich Ingenieurwesen/Wirtschaftsingenieurwesen

AnsprechpartnerProf. Dr. Udo Hellwig

Forschungsschwerpunkte• Erzeugung von Energie aus

verschiedenenBiomasserohstoffen

• Reduktion von Emissionen• Wärmeübertragung im

Niedrigtemperaturbereich

Rundholz-Logistik in Brandenburger Laubwäldern, BMBF-Projekt „OPERA“

Technische Fachhochschule Wildau (TFH Wildau)

Foto: TFH Wildau

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Forschen für den ländlichen Raum 141

ForschungsgruppeVerkehrslogistik Die Forschungsgruppe Verkehrslogistikan der TFH Wildau (FGVL) unter Leitungvon Prof. Dr.-Ing. Herbert Sonntag befasstsich mit der Analyse, Planung und Steue-rung der in- und externen Logistik. Im Mit-telpunkt der Forschung stehen die Trans-port-, Umschlag- und Lagerprozesse unddie damit verbundenen Informationsflüs-se. Neben Themen wie intermodale Trans-portketten und europäische Güterver-kehrsnetze untersucht die Forschungs-gruppe seit einigen Jahren Problemstel-lungen der Logistik zur Bereitstellung vonHolz- und Biomasserohstoffen. Die Bereit-stellung holzartiger Biomasse ist For-schungsobjekt des vom BMBF geförder-ten Verbundprojekts „Dendrom“, in demBereitstellungskonzepte für die „neue“Dendromasseart Agrarholz entwickeltwurden. Weitere Schwerpunkte sind re-gionale Logistikknoten für die Lenkungvon Energieholzströmen und Biomasse -höfe zur Bedarfsgerechten Belieferungkleiner und mittlerer Abnehmer. In Zusam-menarbeit mit dem Fachbereich Betriebs-

wirtschaft/Wirtschaftsinformatik der TFHWildau erarbeitet die ForschungsgruppeModelle für die Optimierung von Logistik-konzepten zur Versorgung von Biomasse-kraftwerken und anderen Großabneh-mern. Durch die Entwicklung modernerTechnologien und den Transfer von Know-how in der Forst- und Biomasselogistiksollen auch kleine und mittlere Unterneh-men der Forst-, Holz- und Landwirtschaftin Brandenburg gestärkt werden. Vor die-sem Hintergrund werden Forschungs-und Entwicklungsarbeiten zum Einsatzmoderner Informations- und Kommunika-tionstechnik in der Holzlogistik geleistet.Ziel ist die Senkung der Kosten für dieHolzrohstoffbeschaffung – ein entschei-dender Wettbewerbsfaktor für den ClusterForst und Holz in Brandenburg. Ein Fokusder Forschungsgruppe liegt auf der Opti-mierung des Holztransports vom Lagerortim Wald bis zum Umschlag im Werk. Bei-spiele sind die web-basierte Frachtverga-be, die Navigation im Wald sowie der Ein-satz von RFID-Technologie zur Kenn-zeichnung und Rückverfolgung. Dabeiwird der Logistikstandort Wildau durchden Fachbereich Telematik ergänzt.

ForschungsgruppeVerkehrslogistik

AnsprechpartnerProf. Dr.-Ing. Herbert Sonntag

Forschungsschwerpunkte• Intermodaler Güterverkehr• Regionale Bereitstellung von

Energieholz• Optimierung der

Rundholzlogistik• Einsatz von IKT in der

Holzlogistik• Standortbewertung für

Bioenergieanlagen

Ausstattung• RFID-Labor

RFID steht für RadioFrequency Identification. DerBegriff umschreibt dasberührungslose Auslesen undBeschreiben einesDatenträgers mit Hilfe derFunktechnologie.

• Verkehrslogistiklabor• Branchentransferstelle

Logistik (BTL)

RFID Tag und Einlesechip, BMBF-gefördertes Holz-Logistik-Projekt „OPERA“

Technische Fachhochschule Wildau (TFH Wildau)

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142 Forschen für den ländlichen Raum

Auch wenn es an der Universität Potsdamkein Institut gibt, das sich explizit mit For-schungen zum ländlichen Raum beschäf-tigt, befassen sich doch Wissenschaftlerunterschiedlicher Bereiche, insbesondereder Mathematisch-Naturwissenschaftli-chen Fakultät, in verschiedenen For-schungsvorhaben mit dieser Thematik. Soforschen Wissenschaftler der Institute fürBiochemie und Biologie, Chemie oderGeowissenschaften zu diesem Themen-bereich. Dabei geht es beispielsweise umsolche Gebiete wie Biodiversität, Getrei-deaufbereitung, Forschungen an derSchnittstelle zwischen Agrarforschungund Geophysik, Stadt- und Landschafts-planung oder Agrar- und Umweltfor-schung im Bereich der Chemie.

Agrar- und Umweltforschung in der ChemieKernkompetenzen der Arbeitsgruppe Phy-sikalische Chemie an der Universität Pots-dam sind Grundlagen- und Anwendungs-forschung in Photochemie und Photophy-sik, Laserspektroskopie und optischerSensorik. Die hervorragende Forschungs-

infrastruktur, mit Investitionsmaßnahmenvon etwa fünf Millionen Euro allein im Be-reich der instrumentellen Ausstattung inden vergangenen sieben Jahren, sowie dieinterdisziplinäre Anlage der Forschungs-themen zeichnen die Arbeitsgruppe alsexzellenten Forschungspartner aus.

Im Bereich der Agrar- und Umweltfor-schung werden durch das Bundesminis-terium für Bildung und Forschung und dasBundesministerium für Wirtschaft undTechnologie sowie die Europäische Unionderzeit sechs Forschungs- und Entwick-lungsvorhaben mit einem Gesamtbudgetvon über einer Million Euro und gemein-sam mit regionalen, nationalen und inter-nationalen Forschungs- und Industrie-partnern durchgeführt. Es sind dies: Pro-Senso.net2 – Optische Detektion von My-kotoxinen auf Getreide, CHEMKIN – Mes-sung der Stabilisotopensignatur von CO2

zur Überwachung von Sequestrierungs-verfahren durch Diodenlaser-Absorptions-spektroskopie, KORA – Monitoring desAbbaus von Schadstoffen im Grundwas-ser unter naturnahen und optimierten Be-dingungen mittels optischer Sensorik,

Universität Potsdam (UP)

PräsidentinProf. Dr.-Ing. habil. Dr. Sabine Kunst

Dekan der Mathematisch-NaturwissenschaftlichenFakultätProf. Dr. Reimund Gerhard

Studierende20.000davon Mathematisch-Natur -wissenschaftliche Fakultät 5.300

Mitarbeiter239 Professoren570 Wissenschaftliche Mitarbeiter734 Mitarbeiter in Technik undVerwaltung542 aus Drittmitteln finanzierteWissenschaftler und Mitarbeiter

Universität Potsdam

Am Neuen Palais 1014469 Potsdam

Tel.: +49 (0)331/977-0Fax: +49 (0)331/972163

[email protected] www.uni-potsdam.de

Gebäude Institut für Chemie in Golm

Mitglied der

Foto: UP

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Forschen für den ländlichen Raum 143

InnOX – Innovative faseroptische Senso-rik für die in-vivo Messung von Sauerstoffin Kartoffeln. Außerdem gibt es das ProjektHumin – spektroskopische Untersuchun-gen von binären und ternären Humin stoff-Tongestein-Lanthanoid-Sys te men zur Ver-besserung der Modelle in Langzeitsicher-heitsanalysen. Das von der EU geförderteProjekt ReCosy befasst sich mit der Un-tersuchung von Redoxprozessen in natür-lichen Barrieren.

An den Vorhaben sind u. a. vier regionaleuniversitäre und außeruniversitäre Einrich-tungen beteiligt, das Institut für Agrartech-nik Bornim, das Helmholtz-Zentrum Pots-dam Deutsches GeoForschungsZentrum,das Max-Planck-Institut für MolekularePflanzenphysiologie sowie die TechnischeUniversität Berlin.

Qualität von Lebens- undFuttermitteln verbessernIn dem Verbundvorhaben ProSenso.net2arbeiten fünf Forschungsinstitute undacht Unternehmen an innovativen Sensor-konzepten zur Lebensmittelkontrolle. DieUntersuchungen werden exemplarisch anzwei wirtschaftlich bedeutenden Wert-schöpfungsketten durchgeführt. Die Wis-senschaftler untersuchen einerseits Ge-treide und andererseits Obst, Gemüseund Kartoffeln. Von größtem Interesse istdabei der Nachweis von Schimmelpilzen.Letztere sind besonders bedenklich, dadurch Schimmelpilze die Genießbarkeitder Lebensmittel leidet und darüber hi-naus eine akute gesundheitliche Bedro-hung durch Mykotoxine besteht.

Die Food and Agriculture Organization ofthe United Nations (FAO) schätzt, dassetwa 25 Prozent der Weltproduktion vonNahrungsmitteln mit Mykotoxinen kontami-niert und in 20 Prozent der Getreideernteder Europäischen Union messbare Konzen-trationen an Mykotoxinen detektierbar sind.Damit die Lebensmittelsicherheit weiterhingewährleistet bleibt, werden neben denRoutinemethoden schnellere und zerstö-rungsfreie Methoden benötigt, um die Ge-treideproben direkt vor Ort auf Schimmelpil-ze und deren Mykotoxine zu untersuchen.

Bei Getreide ist der Nacherntebereich mitLagerung, Aufbereitung und Verarbeitunghäufig mit belasteten Partien konfrontiert.Im Rahmen des Teilprojektes „Indikatorenund Sensortechnik zur Erkennung vonMykotoxinbildnern in der Getreideaufbe-reitung“ werden zur Identifizierung vonSchimmelpilzen und/oder mykotoxinbe-lasteten Getreidepartien innovative Sen-sorsysteme zur Geruchsmustererkennungbeziehungsweise spektroskopische Ver-fahren entwickelt.

Die spektroskopische Charakterisierungwird im Bereich der Physikalischen Chemieder Universität Potsdam durchgeführt. ImArbeitskreis von Prof. Dr. Hans-Gerd Löh-mannsröben werden Ionenmobilitätsspek-trometrie, laser-induzierte Fluoreszenz- so-wie Reflektionsspektroskopie an Getreide-,Schimmelpilz- und mykotoxinbelastetenProben in Kombination mit chemometri-schen Verfahren eingesetzt. Die im Laborgewonnenen Ergebnisse sollen auf Real-proben übertragen und Sensoren bezie-hungsweise miniaturisierte und mobile Ge-räte entwickelt werden, die an vielen Stel-

Universität Potsdam (UP)

Exzellenzbereich Kognitionswissenschaften/Cognitive Sciences

Profilbereiche• Empirische

Bildungswissenschaften• Erdwissenschaften/Earth

Sciences• Funktionale Weiche

Materie/Functional Soft Matter• Funktionelle Ökologie und

Evolutionsforschung/Functional Ecology andEvolution

• Komplexe Systeme/ComplexSystems

• KulturelleBegegnungsräume/UnsettledCultures

• Pflanzengenomforschung/Systembiologie/PlantGenomics/Systems Biology

• Politik, Verwaltung undManagement/Public Policyand Management

AnsprechpartnerAgrar- und Umweltforschung in der ChemieProf. Dr. Hans-GerdLöhmannsröben, Institut für Chemie/physikalische Chemie Tel.: +49 (0)331-977-5222, [email protected], www.chem.uni-potsdam.de/pc

Sensorik in komplexen Matrizies, z.B. Stabilitäts unter su -chungen von Milch

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144 Forschen für den ländlichen Raum

len der Produktionskette das Getreide aufSchimmelpilze und deren Toxine kontrollie-ren können. Im Weiteren werden die Vo-raussetzungen für die Entwicklung einesArrays verschiedener Sensortypen ge-schaffen, welche für das gezielte und do-kumentierte Ausschleusen belasteter Ge-treidepartien geeignet sein sollen.

Forschungsplattform für Bio di versität undÖkosystemforschungÄnderungen in der Landnutzung und derenIntensität beeinflussen die Biodiversität(von der Landschaftsvielfalt bis zur geneti-schen Diversität). Und solche Veränderun-gen der Biodiversität wirken sich auf Öko-systemprozesse aus. Bisher wurden dieseZusammenhänge nur getrennt untersucht.Nun werden sie in einer von der Deut-schen Forschungsgemeinschaft geförder-ten Langzeitstudie in mehreren großflächi-gen Gebieten in Deutschland, den soge-nannten Biodiversitäts-Exploratorien, erst-mals gemeinsam erforscht, um Rückkopp-lungen verstehen zu können. Drei Land-

schaften mit vielfältiger Wald- und Grün-landnutzung wurden dafür ausgewählt. Eshandelt sich dabei um das Biosphärenre-servat Schorfheide-Chorin in Brandenburg,den Nationalpark Hainich und sein Umlandin Thüringen sowie das geplante Biosphä-rengebiet Schwäbische Alb in Baden-Württemberg. Die Untersuchungen findenauf unterschiedlichen räumlichen und zeit-lichen Skalen mit georeferenzierter Daten-erfassung, Experimenten und Modellierun-gen entlang von Landnutzungsgradientenstatt. Auf 50 Wald- und 50 Grünlandflächenpro Exploratorium werden der Artenreich-tum vieler Organismengruppen, wie Pflan-zen, Pilze, Vögel, Fledermäuse und andereSäugetiere, verschiedene Insektengruppenund Mikroorganismen sowie die geneti-sche Vielfalt einzelner Pflanzen und mikro-organismischer Gruppen untersucht. Dabeiwerden Beziehungen zwischen Landnut-zungsintensität, Diversität und Ökosystem-prozessen, wie beispielsweise Biomasse-produktion, Stoffkreisläufe, Bestäubungs-mechanismen und Lebensgemeinschafts-stabilität, betrachtet. An dem Projekt arbei-ten über 200 Mitarbeiter von 25 For-schungseinrichtungen. Die Exploratorien

Universität Potsdam (UP)

Ansprechpartner Forschungsplattform für Bio di versität undÖkosystemforschungProf. Dr. Markus FischerSprecher der Biodiversitäts-Exploratorien

Dr. Simone Pfeiffer Koordinatorin der Biodiversitäts-Exploratorien, Institut fürBiochemie und Biologie Tel.: +49 (0)[email protected] [email protected] www.biodiversity-exploratories.de

Untersuchung von Bodenschichten

Arbeitssplatz für laserinduzierte Fluoreszenz -untersuchungen von z.B. Getreide

Foto: UP

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Forschen für den ländlichen Raum 145

sind längerfristig offen für weitere Projekteund werden so eine vielschichtige For-schungsplattform für Biodiversität undÖkosystemforschung in Deutschland bie-ten. Das Kernprojekt wird mit etwa achtMillionen Euro gefördert.

Neues Messsystem Geophilus ElectricusPrecision Farming als moderne Form derLandwirtschaft bedient sich vieler Kompo-nenten und Techniken, die von benachbar-ten Wissenschaftszweigen entliehen wer-den müssen. Eine Schnittstelle zwischender Agrarforschung und der Geophysikbilden hoch aufgelöste, digitale Bodenkar-ten. Die zur Flächendifferenzierung ge-nutzte Kartierung der elektrischen Leitfä-higkeit ist in Forschung und Praxis ein an-erkanntes Verfahren. Nach gründlicherEvaluierung vorhandener Geräte wurde inden vergangenen Jahren an der Professurfür Angewandte Geophysik der UniversitätPotsdam gemeinsam mit dem Institut fürGemüse- und Zierpflanzenbau in Groß-beeren ein neues Messsystem, der Geo-

philus Electricus, entwickelt. Es basiert aufdem Prinzip rollender Elektroden. Mit demZiel, dreidimensionale Bodenmodelle zuerstellen, können über eine Mehrkanalap-paratur sowohl Heterogenitätsverteilungenin der Fläche als auch Schichtungsverhält-nisse abgebildet werden. Die existierendeMehrdeutigkeit bei der Interpretation derelektrischen Leitfähigkeitswerte soll durchspektrale Messungen der komplexen Leit-fähigkeiten eingeschränkt werden.

In einem Pilotprojekt wird die Praxistaug-lichkeit des Gerätes auf insgesamt 4.000Hektar Fläche des Lehr- und Versuchsgu-tes Köllitsch und des Landwirtschaftsbe-triebes Trebbin getestet. Eine erfolgreicheEinführung dieses neuartigen Sensorswird dazu führen, derzeit genutzte Mess-technik zu ergänzen oder abzulösen unddetaillierte Bodenkarten als Datengrund-lage für Managemententscheidungen imPrecision Farming zur Verfügung zu stel-len. Das Projekt, an dem sieben Mitarbei-ter beteiligt sind, wird mit 0,1 MillionenEuro von der Deutschen BundesstiftungUmwelt gefördert.

Universität Potsdam (UP)

Ansprechpartnerin Neues Messsystem Geophilus ElectricusDr. Erika Lück Institut für Geowissenschaften Tel.: +49 (0)331-977-5781 [email protected]

Durchstimmbares Lasersystem für spektroskopischeGrundlagenforschung

Förster Jörg Hailer (l.) und Ralf Lauterbach messen eineUntersuchungsfläche im Exploratorium Schwäbische Alb ein

Foto: UP

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146 Forschen für den ländlichen Raum

Geschichte und Bedeutung der ViadrinaDie Viadrina wurde im April 1506 als letztevorreformatorische Universität mit vier Fa-kultäten von Kurfürst Joachim I. v. Bran-denburg eröffnet. Der jeweilige Bischof vonLebus übernahm das Amt des Kanzlers derUniversität. Als erster Rektor konnte derbekannte Theologieprofessor Konrad Wim-pina gewonnen werden. Mit ihm kamenweitere 31 der 46 ersten Professoren vonder Universität Leipzig, nach deren Vorbilddie Statuten gestaltet wurden. Mit ca. 930Einschreibungen erzielte die Viadrina diehöchste Zahl an Erstimmatrikulationen allerdeutschen Universitäten. Danach sank dieZahl auf ein Durchschnittsniveau von ca.150 Einschreibungen, die Viadrina bliebaber bis zum 18. Jahrhundert an Studen-tenzahlen auf dem vierten Platz unter den19 Universitäten des Reiches.

Etwa 5 Prozent ihrer Studenten kamen ausdem östlichen Mitteleuropa. Zu Beginn wardie Universität eine Hochburg des Katholi-zismus, hier konnte der Ablaßprediger Jo-hann Tetzel im Januar 1518 in einer Dispu-

tation Luther antworten. Diese konservativeLinie schadete der Viadrina, viele Studen-ten wanderten nach Wittenberg. Zusätzlichließ die Pest die Zahl zurückgehen, 1536bis auf 40 Studenten. Ähnlich war es beianderen Universitäten.

Neue Impulse erfolgten durch Konfessions-wechsel Kurfürst Joachims II. (1539/40)und Hinwendung der Viadrina zum Luther-tum. Melanchthon wurde als Berater heran-gezogen. Studenten und Professoren, nach1590 aus Wittenberg verdrängt, kamen andie Viadrina. Der erneute Konfessions-wechsel der Brandenburger Kurfürstenzum reformierten Bekenntnis im Jahr 1613formte sie zu einem Zentrum der Toleranztrotz erheblicher Polemik untereinander. Jü-discher Buchdruck und die erste jüdischePromotion sind deutliche Zeichen.

Im 18. Jahrhundert verwies die UniversitätHalle die Viadrina auf den zweiten Platz inPreußen, es gab aber regen Austauschvon Studenten und Professoren. Die res-triktive Religionspolitik reduzierte die Stu-dentenzahl seit 1789. Man begann 1804mit einer Reform, auch der Plan einer ka-

Europa-Universität ViadrinaFrankfurt (Oder)

Präsident Dr. Gunter Pleuger

Präsidentin (1999–2008)Prof. Dr. Gesine Schwan

Studenten5600 aus 75 Ländern

Mitarbeiter 420davon 62 Professoren

FakultätenKulturwissenschaftRechtswissenschaftWirtschaftswissenschaft

Europa-UniversitätViadrinaFrankfurt (Oder)

Große Scharrnstraße 5915230 Frankfurt (Oder)

Tel.: +49 (0)335 5534 4274Fax: +49 (0)335 5534 4305

[email protected]

Viadrina-Hauptgebäude Auditorium Maximum

© Heide Fest

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Forschen für den ländlichen Raum 147

tholischen Fakultät entstand. Anfang 1811wurde beschlossen, die neue Universität inBerlin zu bevorzugen und die Viadrina nachBreslau zu verlegen. Ein Teil der Professo-ren, das Archiv und die Bibliothek wander-ten nach Breslau. Am 6. September 1991wurde die Viadrina als Europa-Universität,mit den Fakultäten Jura, Kulturwissen-schaften, Wirtschaftswissenschaften wie-derbegründet.

Das besondere Konzept sieht neben Inter-nationalität und Interdisziplinarität einenAnteil der Studierenden von 30 Prozent Po-len und 10 Prozent anderen Ausländern vor.Die Universität hat ihre alte Brückenfunkti-on zwischen Ost- und Westeuropa wiederaufgenommen.

Das Collegium Polonicum in SłubiceDas Collegium Polonicum bildet eine neueForm grenzüberschreitender Zusammenar-beit auf dem Gebiet von Forschung undLehre. Es wird in gemeinsamer Verantwor-tung von der Republik Polen und dem LandBrandenburg getragen. Es ist eine gemein-

same wissenschaftliche Einrichtung derEuropa-Universität Viadrina Frankfurt(Oder) und der Adam-Mickiewicz-Uni ver si -tät Poznan. Seine Hauptaufgabe ist die wis-senschaftliche und kulturelle Zusammenar-beit zwischen Polen und Deutschland. ImKontext eines sich erweiternden Europaswird es zu einer wissenschaftlichen Begeg-nungsstätte von Studierenden und Lehren-den aus ganz Europa.

Das inhaltliche Profil orientiert sich auf Stu-diengänge und Forschungsprogramme, dieunter der Verantwortung je einer oder beiderUniversitäten stehen sowie auf Aufbaustu-diengänge und Lehrveranstaltungen, die er-gänzend zum Studium angeboten werden.Darüber hinaus übernimmt das CollegiumPolonicum die Rolle eines Begegnungszen-trums für den Bereich Wissenschaft undKultur, Konferenzen, Seminare, Ausstellun-gen und populärwissenschaftliche Veran-staltungen mit dem Ziel, die deutsch-polni-schen Beziehungen zu stärken und zu ver-bessern. Hauptaufgabe des Collegium Po-lonicum ist die Lehre. Im Sommersemester2008 waren im Collegium Polonicum in 16Studiengängen über 1600 Studierende ein-

Europa-Universität ViadrinaFrankfurt (Oder)

Direktor des Collegium Polonicum Dr. Krzysztof Wojciechowski

Die Lehr- undForschungsprogramme desCollegium Polonicumumfassen folgende Bereiche:• Vergleich zwischen den

Rechts- undVerfassungssystemen West-und Mittelosteuropas,

• Polnische Sprache und Kultur, • Transformationsprozesse in

den mitteleuropäischenGesellschaften,

• InterkulturelleKommunikationsprozesse inund zwischen West- undMittelosteuropa,

• Wirtschaftliche, rechtliche,kulturelle und ökologischeAspekte der Entwicklung derGrenzregion zwischen Polenund Deutschland imZusammenhang mit derOsterweiterung derEuropäischen Union,

• Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen,

• Untersuchungen zumNaturschutz und zurLandschaftsgestaltung imOderflussgebiet.

Viadrina-Bibliothek

Viadrina, Gräfin-Dönhoff-Gebäude

Foto: Viadrina

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148 Forschen für den ländlichen Raum

geschrieben. Ein das Land Brandenburgmit Polen und Europa verbindendes For-schungsprojekt ist die Wiederentdeckungdes Jakobsweges.

Der Jakobsweg – Von Europanach OstbrandenburgDer Jakobsweg ist ein Geflecht von Pilger-wegen, das schon im Mittelalter weite Tei-le Europas durchzog. Seit dem 12. Jahr-hundert pilgern Menschen aus diversenInteressen in die Stadt des Apostels Jako-bus nach Santiago de Compostela im äu-ßeren Nordwesten Spaniens. Santiago warim Mittelalter neben Rom und Jerusalemeines der Hauptpilgerziele des Christen-tums. Die Pilgerstraßen des Jakobswegesüben gegenwärtig wieder eine außeror-dentliche Anziehungskraft aus – nicht erstseit Hape Kerkeling.

Eine Anbindung an historische Routen desJakobswegenetzes, das in Spanien, Frank-reich sowie in Süd- und Westdeutschlandbereits auf vielen Strecken wieder er-schlossen ist, wurde auch im östlichenBrandenburg erarbeitet. 1987 wurde der

Pilgerweg vom Europarat zur Ersten Euro-päischen Kulturstraße deklariert und 1993der spanische Abschnitt des Jakobswegesvon der UNESCO als Weltkulturerbe er-nannt. In der Europapolitik gilt der Jakobs-weg deshalb als Symbol des Kulturaustau-sches und des geeinten Europas. Die Be-schäftigung mit dem Pilgern ist in wissen-schaftlicher Hinsicht, als auch als Teil der„Erlebniskultur“ des 21. Jahrhunderts po-pulär: Pilgern befriedigt zum einen daswachsende Bedürfnis vieler Menschennach Auseinandersetzung mit religiösenund spirituellen Themen – auf den Pilger-wegen werden diese Themen aktiv erleb-bar –, zum anderen bedeutet Pilgern dieBegegnung mit Geschichte, Kultur undNatur der durchwanderten Regionen.

Das Projekt „Jakobswege östlich und westlich der Oder“Im Sommersemester 2005 wurde von Pro-fessor Knefelkamp (Mittelalterliche Ge-schichte Mitteleuropas und regionale Kul-turgeschichte) an der Kulturwissenschaftli-chen Fakultät der Europa-Universität Via-drina eine Projektgruppe gegründet, die inden Blickpunkt rücken wollte, dass Frank-furt und die Oderregion im Routennetz desPilgerweges vom Baltikum nach Spanieneine Rolle spielen. Das Projekt hat zumZiel, die historischen Routen wieder zu ent-decken, so dass der Jakobsweg auch inOstbrandenburg als heutiger Pilger-, Erleb-nis- und Tourismusweg neu eingerichtetwerden kann.

Im östlichen Brandenburg wird der histori-sche Pilgerweg, von Polen über Frankfurt(Oder) nach Berlin und nach Sachsen-An-halt führend, nachvollzogen und ein begeh-barer Weg rekonstruiert. Dabei soll der his-torische Pilgerweg in den heutigen kulturel-len und sozialen Kontexten wiedererschaf-fen werden.

Pilger des Mittelalters bewegten sich aufHandels- und Verkehrswegen fort. Daher istfür die Region eine ungefähre Rekonstrukti-on der Wege der Jakobspilger anhand his-torischer Routen möglich. Durch land-schaftliche Umstrukturierungen sind diehistorischen Handelsstraßen und alte We-gestrecken selten bewahrt oder führen teil-

Europa-Universität ViadrinaFrankfurt (Oder)

Apostel Jakobus in der Kirche Sieversdorf

Der Jakobsweg ist ein uralterPilgerweg zum Grab des HeiligenJakob im nordspanischenSantiago de Compostela.Für die Entdeckung desangeblichen Grabes gibt es unteranderem die Legende desMönches Pelayo. Er soll einLeuchten über einem Feldgesehen (Sternenfeld – CampusStellae – Compostela) und somitdas verloren geglaubte Grabentdeckt haben. Eine andereErklärung geht von dem Begriffdes Grabhügels (compostum)aus. Nachdem der Bischof die„Echtheit“ anerkannte, wurde mitdem Bau einer Kirche (heuteKathedrale von Santiago deCompostela) über dem Grabbegonnen.

Die christliche Kirche machteden volkstümlichen Heiligen zueiner Art Leitfigur. Im Gegensatz zum 12.Jahrhundert, als dieJakobusverehrung unter dengewaltvollen Beweggründen derChristenheit im Kampf gegen denIslam stand, gilt der Jakobswegin der heutigen Zeit als Symboleines geeinigten Europas.

vgl. Studie zur Machbarkeit derInstallierung des mittelalterlichenund frühneuzeitlichenJakobsweges als heutigenPilger-, Erlebnis- undTourismusweg in der RegionOderland-Spree, erstellt von SaraMeiers und Laura Murzik,www.jakobsweg-viadrina.eu

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Forschen für den ländlichen Raum 149

Europa-Universität ViadrinaFrankfurt (Oder)

weise entlang stark befahrener Bundesstra-ßen, so dass für die Wegführung eine Ver-bindung historischer Wege mit begehba-ren, für den Pilger attraktiven Strecken an-gestrebt wird. Neben der wissenschaftli-chen Arbeit mit Quellen und Zeugnissendurch die teilnehmenden Studierendenwerden die auf dem Wege befindlichenKunstdenkmäler, Kirchen und Museen,Gaststätten und Unterkünfte gesichtet undbeschrieben. Ziel des Projektes ist es, denPilgern und anderen Reisenden die land-schaftliche Schönheit und die kulturellenund historischen Besonderheiten des östli-chen Brandenburgs näher zu bringen.

Die Bedeutung des Jakobsweges für die Region OstbrandenburgAls touristisches Produkt ist der Jakobs-weg für den ländlichen Raum in Ostbran-denburg von Interesse, weil die Route einenBeitrag zur Nutzung noch nicht erschlosse-ner Ressourcen leistet. Da in Ostbranden-burg, einer ländlich strukturschwachen Re-gion mit überwiegend agrarischer Prägung,der Entwicklung des naturnahen Tourismussowie des Kulturtourismus eine zunehmen-de Bedeutung zukommt, kann der Jakobs- weg einen Beitrag zur Erweiterung des An-

gebots leisten. Insgesamt ist der Tourismusein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Auch derSchutz des Natur- und Kulturerbes in länd-lichen Regionen ist zu einem wichtigenThema geworden. Das kulturelle Erbe um-fasst dabei Gebäude, Relikte und Bräuchein der Landschaft, in Orten und in Gebäu-den, die dem Besucher die kulturelle, sozia-le und wirtschaftliche Entwicklung des je-weiligen Gebietes vermitteln sollen. In Ost-brandenburg gibt es, bisher kaum beach-tet, eine Reichhaltigkeit an sehenswertenhistorischen Gebäuden, Stadtkernen, Dör-fern und Naturlandschaften.

Darüber hinaus, und dies ist eines der gro-ßen Anliegen des universitären Projekts,bietet der Jakobsweg der lokalen Bevölke-rung eine gute Möglichkeit, das Bewusst-sein der Einwohner für ihre Region zu stär-ken und die eigene Geschichte wieder indas Gedächtnis zu rufen. Zu hoffen istauch, dass dieses Projekt zu einer positivenImagebildung des Gebiets beiträgt, wassich sowohl auf die Innen- als auch die Au-ßendarstellung der Region bezieht.

Auf dem Pilgerweg bei Sieversdorf

Jakobus als Pilger und Schutzpatron, Nordportal derKirche St. Marien in Frankfurt an der Oder.

Lina Lisa Kolbitz, Laura Murzik:

Auf dem Jakobsweg durch BrandenburgVon der Oder bis nach Berlin Hrsg. von Ulrich Knefelkamp

Über 200 Kilometer Pilgerwegdurch 28 Ortschaften inBrandenburg. Mit Tipps, Fotos, Karten, Adress- und Serviceteil. ISBN 978-3-86124-618-3

Foto: Viadrina

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150 Forschen für den ländlichen Raum

Es steht in allen Zeitungen: Der ländlicheRaum insgesamt und insbesondere im Os-ten Deutschlands ist von Abwanderungund Schrumpfung der Bevölkerung be-droht. Gilt dies überall? Keineswegs, nebender Abwanderung und „Ausdünnung“ fin-det sich auch Zu- und Rückwanderung,Verwirklichung im ländlichen Raum. VieleFamilien und junge Menschen verwirkli-chen hier ihren Traum von einem naturver-bundenen Leben und möchten keinesfallsdie Region verlassen.

ZivilgesellschaftlicheInfrastruktur für den ländlichen RaumDas Zentrum Technik und Gesellschaft derTU Berlin und das Berliner nexus Institutsind seit vielen Jahren dabei, Lebensmo-delle und erfolgreiche lokale Strukturen zuidentifizieren und neue soziale Erfindungenzur Stärkung des ländlichen Raums in dieTat umzusetzen. In vielen Fällen geht es da-bei um den Aufbau von zivilgesellschaftli-chen Infrastrukturen, neuen Kooperationenvon Kommune, Wirtschaft und zivilgesell-schaftlichen Partnern, die gemeinsam Auf-gaben stemmen, welche der Staat alleinnicht (mehr) bewältigen kann, oder die bis-her überhaupt nicht angegangen wordensind. Zu diesen neuen infrastrukturellen Er-wartungen der Bürger an ihre Kommunengehören zum Beispiel die kommunalen Bil-dungslandschaften.

Zivilgesellschaftliche Infrastrukturen sinddaher breit im Aufwind und zwar gerade inOstdeutschland, weil hier der Handlungs-druck besonders groß ist, aber auch, weildie Haltung gegenüber bürgerschaftlichemEngagement eine andere ist, als in West-deutschland. Hier sehen Engagierte ihrebürgerschaftliche Tätigkeit häufiger auchals ein Beitrag zur beruflichen Qualifizierungoder sogar als Möglichkeit zum Zuverdienstoder einen Weg in den ersten Arbeitsmarkt.Und auch von der anderen Seite, den Pro-fessionellen, Institutionen und Experten istim Osten die Bereitschaft zur Kooperationmit dem dritten Sektor größer. Diese Offen-heit ist ein zentraler Vorteil, denn die Bereit-schaft der hauptamtlichen Mitarbeiter inkommunalen Infrastrukturen, bürgerschaft-

lich Engagierte und wirtschaftsseitige Part-ner verantwortlich an der Gestaltung der In-frastrukturen mitwirken zu lassen, ist einganz entscheidender Schritt auf dem Wegzur zivilgesellschaftlichen Infrastruktur. Be-reits jetzt reisen Bürgermeister aus West-deutschland in die neuen Bundesländer, umsich über diese Lösungen zu informieren.

Mobikult: Mobilität in ländlichen Regionen Brandenburgs Öffentlicher Personennahverkehr wird inDeutschland als ein wichtiges öffentlichesGut bejaht und seine öffentliche Co-Finan-zierung von den meisten Menschen grund-sätzlich begrüßt. Gleichwohl geht der öf-fentliche Verkehr in der Fläche seit Jahrenzurück, weil er in der angebotenen Formnicht mehr finanzierbar ist. Er ist damit ei-nes von vielen Beispielen dafür, dass sichder Staat in der kommunalen Infrastrukturübernommen hat, nun zurückbaut oderneue Bündnisgenossen für das Aufrechter-halten und den gezielten Aus- und Umbauder Infrastrukturen suchen muss. Nebendem offiziellen öffentlichen Verkehr (ÖV)gibt es einen heimlichen ÖV. Unter diesemBegriff können verschiedene private undgemeinschaftliche Auffanglösungen für denerodierenden offiziellen ÖV zusammenge-fasst werden, von privaten Mitnahmen, Ho-telbussen, Kirchenbussen, Disco-Taxis imElternverbund, Vereinsbussen aller Art bishin zu Mobilitätsangeboten von Trägern derfreien Wohlfahrtspflege. Dieses Engage-ment kombiniert z.T. bürgerschaftliches En-gagement mit eigenen wirtschaftlichen In-teressen. Wer sich engagiert, möchte auchmitbestimmen, im Fall des öffentlichen Ver-kehrs über seinen Charakter, die konkretenAngebote und Frequenzen.

Bürgerbusse sind ein bürgerschaftlicherVersuch, Mobilität für alle dort anzubieten,wo der klassische öffentliche Verkehr nicht(mehr) finanzierbar ist. Der erste Bürgerbusals Auffanglösung (bzw. Ergänzung) für den erodierenden ÖV entstand 1985 inNordrhein-Westfalen (www.pro-buergerbus-nrw.de). Inzwischen gibt es im Bundesge-biet knapp 100 Bürgerbusvereine mit teil-weise über 50.000 Fahrgästen im Jahr. InBrandenburg sind im Rahmen des Projekts„Mobikult“ mehrere Bürgerbusvereine ge-

Zentrum Technik und Gesellschaft an der Technischen Universität Berlin (ZTG)

WissenschaftlicherGeschäftsführerDr. Hans-Liudger Dienel

Mitarbeiter35

Kooperationspartnernexus Institut fürKooperationsmanagement undinterdisziplinäre ForschungGmbH

nexusAufträge und Förderung durchBMBF, BMVBS, BMFSFJ, BMWi,Landesministerien, Stiftungen,EU-Kommission, Unternehmen.18 Mitarbeiter

Zentrum Technik und Gesellschaft an der Technischen Universität Berlin

Hardenbergstraße 36a10623 Berlin

Tel.: +49 (0)30-314-21406Fax: +49 (0)30-314-26917

[email protected]

Foto: ZTG

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Forschen für den ländlichen Raum 151

gründet worden, die mit großem Erfolg imländlichen Raum Mobilität für alle anbieten.Dieses Angebot wird ergänzt durch einezweite neue Infrastruktur, die im ProjektMobikult entwickelt wurde, die Servicesta-tionen. Sie sind eine pragmatische, preis-werte Alternative zu der oft nicht finanzier-baren „Mobilitätszentrale“. Die Betreiber ei-ner Servicestation versprechen sich einkleines Zubrot für ihr Hauptgeschäft: einReisebüro, ein kleiner Laden, eine Küsterei.Auch wenn die Servicestation Gewinn ab-werfen wird, ist ihr Betrieb zugleich bürger-schaftliches Engagement zur Stärkung desöffentlichen Verkehrs. Eine Bürgerausstel-lung zum Projekt „Mobikult“ ist mit großeröffentlicher Aufmerksamkeit an vielen OrtenBrandenburgs gezeigt worden.

Ländliche LebensmodelleUnter dem Titel „Ländliche Lebensmodel-le“ haben Bürger gefördert durch das Mi-nisterium für Landesentwicklung und Ver-kehr des Landes Sachsen-Anhalt Ideengesammelt und entwickelt, um das Lebenvon Familien und jungen Menschen in ihrenStädten attraktiver zu machen. Die Erfah-rungen und aktivierenden Verfahren, dieTricks und Kniffe, die in sieben Orten er-probt und „erfunden“ wurden, sind keines-

falls nur in diesen gültig, sondern solltenmöglichst breit aufgenommen, diskutiertund angewendet werden. Aus der konkre-ten Arbeit vor Ort sind ein Buch und einFilm über Familien im ländlichen Raum(Regisseurin: Prof. Ilona Wuschig undTeam von der Hochschule Magdeburg-Stendal) und viele konkrete Projekte in densieben Gemeinden entstanden, von Mehr-generationenhäusern über Krabbel-Scheu-nen und Leerstandsregister für Wohnge-bäude im Ortskern bis hin zu Bürgerbus-sen, Paten auf Zeit und Heimat- und Schul-vereinen.

Außerdem hat das Projekt zwei Gesell-schaftsspiele zur Zukunft des ländlichenRaums und einen Leitfaden entwickelt undalle diese Dinge in einem „Ideenkoffer fürden ländlichen Raum“ zusammengefasst.Der Ideenkoffer für den ländlichen Raumsoll Kommunen anregen und befähigen,Initiativen zur Stärkung zivilgesellschaftli-cher Infrastrukturen auf den Weg zu brin-gen. Der Koffer enthält einen Leitfaden,zwei Brettspiele, ein Buch mit „Geschich-ten vom Bleiben“, einen sehr persönlichenFilm mit sieben Geschichten vom Bleibenvon sieben Familien, die gern in den sie-ben Modellorten leben sowie Modera -tionsmaterial.

Arbeit mit Jugendgruppen im ländlichen Raum Das nexus Institut hat im Auftrag der Stif-tung Demokratische Jugend an mehrerenProjekten zur Stärkung der regionalen Iden-tität von Jugendlichen im ländlichen Räu-men Ostdeutschlands mitgewirkt. Dazu ge-hört das Projekt Zeitensprünge, in denenjedes Jahr rund 100 Jugendgruppen ihreRegionalgeschichte erforschen und die Er-gebnisse in Filmen, Ausstellungen, und Do-kumentationen vorstellen. Die Broschüre„Heimat ist Cool“ ist am Institut entstanden.Im Wettbewerb „Visionen für Regionen“entwickeln Jugendgruppen konkrete Visio-nen für ihre Region. Sie geben innovative,konstruktive Antworten auf die Frage: „Wasmuss sich ändern, damit ich bleibe?“ undstellen die Ergebnisse in kreativer Form inSongs, Videos, Ausstellungen oder Model-len der Öffentlichkeit vor. Die besten Visio-nen werden jährlich prämiert.

Kooperationspartnernexus Institut fürKooperationsmanagement inBerlin (www.nexus-berlin.com),die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt (www.lgsa.de) und dieHochschule Magdeburg-Stendal(www.hs-magdeburg.de) inenger Zusammenarbeit mit denBürgermeister, der Verwaltungund vielen engagierten Bürger inCoswig, Gerbstedt, Ilsenburg,Mieste, Stendal, Weißenfels undWanzleben

MobikultMobilität in ländlichenRegionen Brandenburgs www.mobikult.de www.buergerbus-gransee.dewww.buergerbus-hoherflaeming.de

Ländliche Lebensmodellewww.prolandleben.de

nexus Institut fürKooperationsmanagementund interdisziplinäreForschung GmbHOtto-Suhr-Allee 59D-10585 BerlinTel.: +49 (0)30-31805463Fax: +49 (0)[email protected]

Für eine nachhaltigeMobilitätskultur in den ländlichenRegionen Brandenburgs

www.mobikult.de

Kontakt

Technische Universität Berlin • Zentrum Technik und Gesellschaft

Hardenbergstr. 36 A • 10623 Berlin • www.mobikult.de • www.ztg.tu-berlin.de

Silke Schmidtmann • Tel.: 030 / 314 -25 413 • [email protected]

Eckard Schenk • Tel.: 030 / 314 -24 291 • [email protected]

LandBrandenburg

Märkische Schweiz

1 Fläming-Havel

Strittmatter-Land

4 Wald- und Heideland

5 Westhavelland

6 WirtschaftsraumSchraden

2

3

Berlin

Fläming-Havel

Hier wurden unter dem Motto »Bürger machen mobil«

Betriebskonzepte für den Bürgerbus in Belzig und den

Gemeindebus Borkheide-Borkwalde entwickelt.

Märkische Schweiz

In der Märkischen Schweiz werden zum kleinen Fahrplan-

wechsel im Mai 2006 die ersten beiden Stufen des Mobi-

litätskonzeptes umgesetzt: die Einrichtung einer Touris-

tenbuslinie sowie von Servicestationen. Die Ostschleife

verbindet den Regionalbahnhof Müncheberg, Buckow und

weitere sehenswerte Orte. Auf der Westschleife werden

Buckow und besuchenswerte Orte vom S-Bahnhof Straus-

berg-Nord aus angebunden. Des Weiteren werden mehrere

Servicestationen in der Region realisiert, bei denen Informa-

tion, Beratung und Fahrradservice im Vordergrund stehen.

Die nächsten Schritte werden die Realisierung von zusätz-

lichen Stich- und Shuttlefahrten sein, Car-Sharing-Angeboten

im ländlichen Raum sowie beschilderte Fuß- und Fahrradwe-

ge, die auf touristische und landschaftliche Highlights auf-

merksam machen.

Strittmatter-Land

In Abstimmung mit dem ortsansässigen Verkehrsunterneh-

men werden im Strittmatter-Land bestehende Linienange-

bote durch zusätzliche Fahrdienste für Touristen und Bewoh-

ner der Region angeboten. Das Mobilitätsangebot wird durch

die Kooperation verschiedener Dienstleister der Region in

die Tat umgesetzt. Reiseveranstalter arbeiten mit ortsansäs-

sigen Taxi- und Mietwagenunternehmen zusammen und bieten

zeitlich und räumlich individuelle Fahrdienste und touristische

Touren an. Vermarktet werden sollen die Mobilitäts- und

Tourismusangebote über eine neu eingerichtete Servicestation

in Döbern. Auch Radverkehr soll integriert werden. Die dafür

notwendige Infrastruktur sowie geeignete Betreiber stehen

für den geplante Betriebsstart im Spätsommer bereit.

Wald- und Heideland

Über ein »Fischgräten-Modell« werden Stich- und Shuttle-

fahrten von den Bahnhöfen der DB-Regio und des Elbe-Elster-

Expresses den Besucher zu derzeit abgelegenen touristischen

und weiteren Einrichtungen der Region führen. Für umfassende

Information, Beratung und Fahrradservice sorgen die geplan-

ten Servicestationen im Bahnhof Falkenberg-Elster sowie im

Drahndorfhof in Schlieben. In Schlieben soll bereits im Som-

mer 2006 der Betrieb aufgenommen werden. Zudem sollen

Car-Sharing-Angebote für den ländlichen Raum über die

Kooperation von privaten und öffentlichen Dienstleistern

umgesetzt werden.

Westhavelland

Im Westhavelland soll die Verstärkung der touristischen

Mobilität im Milower Land über Fahrradservice, Bootsver-

mietung sowie die Entwicklung eines Wanderwege-Netzes

erzielt werden. Die »Initiative Milower Land« wird außerdem

durch einen Internetauftritte sowie Marketing-Aktionen

unterstützt. Die Erarbeitung eines Betriebskonzeptes für die

Fährverbindung zwischen Schollene (Sachsen-Anhalt) und

Parey (Brandenburg) zeigt auch die Möglichkeiten einer

länderübergreifenden Zusammenarbeit auf. Für eine Solar-

draisine auf der Strecke Rathenow-Neustadt/Dosse macht

sich mobikult ebenfalls stark.

Wirtschaftsraum Schraden

Im südöstlichen Gebiet von Elsterwerda ist bereits ein Be-

triebskonzept für den RufBus Schraden entstanden. Dieses

Angebot ergänzt die bereits von der Elbe-Nahverkehrsge-

sellschaft GmbH betriebenen Rufbusangebote im Landkreis

Elbe-Elster. Auch über den Einsatz von ehrenamtlich

betriebenen Fahrdiensten wird nachgedacht.

Eine Netz von Servicestationen für Information, Beratung und

Fahrradservice wird derzeit erarbeitet. Von großer Bedeutung

ist die Umsetzung eines Wegenetzes sowie eines barrie-

refreien Zugangs zu PKW- und Busplätzen.

/Mobikult-Projektstand

mobikult - Mobilität ist Kultur. Mit diesem Motto

haben sechs ländliche Regionen Brandenburgs,

die zum EU-LEADER+-Programm gehören, das

Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) der TU

Berlin beauftragt, nachhaltige Mobilitätskonzepte

für ihre Regionen zu entwickeln. mobikult versucht

von September 2005 bis Ende 2006 mit innovativen

Kooperations- und Vermarktungsstrategien im

Bereich Mobilität zu LEADER+-antragfähigen

Projekten zu gelangen. Bis jetzt gelang es für alle

Regionen Pilotprojekte zu entwickeln, die sich

größtenteils schon in der Umsetzungsphase

befinden vor der Umsetzung stehen

Zentrum Technik und Gesellschaft an der Technischen Universität Berlin (ZTG)

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Algenforschung am IGV

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Forschen für den ländlichen Raum 153

„Die Vernunft ist ein Licht. Davon will und soll die Naturerleuchtet, jedoch nicht in Brand gesteckt werden.“Giacomo Leopardi (1798 – 1837), ital. Dichter

Spezialisierte Einrichtungen

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154 Forschen für den ländlichen Raum

Biopos, das Forschungsinstitut BioaktivePolymersysteme, wurde 1996 am For-schungsstandort Teltow-Seehof als ge-meinnützige Gesellschaft zur Förderungder Naturwissenschaften mit angeschlos-senem, gleichnamigen Institut gegründet.

Forschungs- undEntwicklungskompetenzenHauptthema des Instituts ist die Erfor-schung und Entwicklung von nachhal-tig ökologischen Bioraffinerie-Konzepten, -Prozessen, -Systemen und -Produkten.Dabei gilt die besondere Aufmerksamkeitden bioaktiven Polymersystemen, insbe-sondere den Affinitätsträgermaterialien undder Chromatographie, den Polyelektrolyt-komplexen sowie der bioorganischen Syn-thesechemie. Bearbeitet werden als Raffi-nerie-Grundprodukte und Naturstoffe Zellu-lose, Zucker und Proteine, zum einen alskomplexe Naturstoffe, im Besonderen je-doch ihre biotechnologischen beziehungs-weise chemisch-hydrolytischen Abbaupro-dukte wie Hydroxycarbonsäuren (zum Bei-spiel Milchsäure, Äpfelsäure), Aminocarbon-säuren (Lysin, Glutaminsäure), Betaine (Car-nitin), Furane und Alkohole. Diese Bioraffi-nerie-Produkte werden dank schonenderMethoden gezielt zu neuen und sogar neu-artigen Wirk- und Werkstoffen aufgebaut.Ein Ansatz bei Biopos ist es, die Molekül-struktur möglichst wenig zu ändern, um dieVorteile der Naturstoffe auch auf die End-produkte zu übertragen. Biopos ist einkompetenter Partner für Auftragsforschungmit den Schwerpunkten biotechnologischeund chemische Stoffwandlungen. Hierzuwird neben einer umfangreichen Analytik

auch die Verfahrensentwicklung und Erpro-bung angeboten. Dabei kann das Team aufeine Reihe eigener Patente zurückgreifen.

Bereits praxistauglich ist die Entwicklungvon Polymilchsäure via Aminiumlactaten.Ein wesentlicher Schwerpunkt eines funk-tionierenden Bioraffineriesystems ist dieVerknüpfung biotechnologischer und che-mischer Stoffwandlung. Gemeinsam mit derUniversität Potsdam und dem Institut fürAgrartechnik Bornim hat Biopos ein Verfah-ren entwickelt, Milchsäure direkt an das bio-technische Fermentationsregime zu deriva-

Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V. (Biopos)

VorstandsmitgliederProf. Dr. Birgit Kamm(Wissenschaftliche Leitung)

Hartmut Müller Finanzvorstand

Mitarbeiter15

ForschungsinstitutBioaktive Polymersysteme e.V.(Biopos)

Kantstraße 5514513 Teltow

Tel.: +49 (0) 3328-332210Fax: +49 (0) 3328-332211

[email protected]

Chemische Hydrolyse von Lignocellulose-Rohstoffen

Biomasse

Getreide-Ganzpflanzen(Triticeen-Gruppe, Mais)

Lignocellulose ‚naturtrockene‘ Rohstoffe (Holz, Stroh)

Grüne ‚naturnasse‘ Rohstoffe (grünes Gras, Luzerne, Klee,unreifes Getreide)

Präkursoren

Stärke

Hemicellulose

Cellulose

Lignin

Öle, Fette

Protein

Plattform-Chemikalien

Methanol

Ethanol

Glycerin

Milchsäure

Lävulinsäure

Furfural

Lysin

Produkte/Anwendungen

Kraftstoffe und Additive

Polyethylenfolie

Lebensmittel-Verpackungen,Textilien

Gehäusekunststoffeauf Basis von Lignin

Nylonbekleidung

Schaumstoffe

Biomasse-Präkursoren, Plattformchemikalien und Anwendungen (Auswahl)

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 155

tisieren. Über die so genannte Aminium-lactatlinie lassen sich Milchsäurefolgepro-dukte wie Etyllactat, Dilactid und Polymilch-säure kostengünstig und umweltfreundlichherstellen. Gemeinsam mit einem Indus-trieunternehmen wurden effiziente Verfah-ren zur Synthese „Grüner Lösungsmittel“entwickelt und patentiert. L-Carnitin ist einnatürliches körpereigenes Betain mit vitami-nischen Eigenschaften. Carnitin hat Bedeu-tung im Fettsäurestoffwechsel bei Tier undMensch. Aufgrund seiner biotechnologi-schen Zugänglichkeit und spezifischen Ei-genschaften ist Carnitin auf dem Weg zu ei-nem attraktiven Biogrundprodukt. Gemein-sam mit einem Kosmetikunternehmen wur-de Carnitin über patentierte Verfahren erst-mals in polymere Strukturen überführt. Mi-krokapseln werden in der chemischen, bio-chemischen und pharmazeutischen Indus-trie eingesetzt. Sie besitzen eine kugelför-mige, semipermeable Membran und ent-halten zum Beispiel Absorberstoffe, vitalesBiomaterial, Pigmente oder reaktive Farb-stoffe. Biopos hat patentiertes Know-howauf kapselfähigen Polyelektrolytsystemenwie Natriumcellulosesulfat/Polydadmacoder Natriumcellulosesulfat/Polycarnitine.

Bioraffinerie Verbund Mitte-OstIm Rahmen der BMBF-InnovationsinitiativeNeue Länder fand im November 2005 inPotsdam ein Innovationsforum „Bioraffine-rien und biobasierte industrielle Produkte“unter Koordination von Biopos zur Etablie-rung des Bioraffinerie-Verbundes Mitte-Oststatt. Ziel war es, in den nächsten fünf biszehn Jahren mindestens einen marktrele-vanten und regional- bzw. landwirtschaft-lich messbaren, industriellen Produktions-verbund Bioraffinerie vom Biomasseprodu-zenten bis zum Finalprodukt-Produzentenzu etablieren. Charakteristisch für die Regi-on ist, dass hier seit Jahren im Bereich For-schung und Entwicklung am Zukunftsthe-ma „industrielle stoffliche Verwertung nach-wachsender Rohstoffe“ gearbeitet wird.

Unter dem Leitthema „Biobasierte indus-trielle Produkte und Bioraffinerien“ arbeitenInstitute, wie das Forschungsinstitut Bioak-tive Polymersysteme e.V. (Biopos) Teltow-Seehof, in engem Verbund mit Institutender Fraunhofer-Gesellschaft und der che-mischen Großindustrie. In der Auswertungder Ergebnisse dieses Forums sprachensich die beteiligten Arbeitsgruppen für dieWeiterentwicklung der Region zu einemKompetenzzentrum für Bioraffinerie-Syste-me aus. Dabei fand die Verständigung auf

Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V. (Biopos)

Unternehmensverbund

Kapselherstellung, Polyelektrolytsystem

Forschungs- undEntwicklungsverbundBioraffinerie/ Grüne Bioraffineriewww.biopos.dewww.biorefinica.dewww.bioraffinerie.dewww.biorefinery.de

Grafik: Biopos

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156 Forschen für den ländlichen Raum

FuE-Ziele, Demonstrationsprojekte sowieUmsetzungsziele und Märkte statt. Es wur-den Interessenverbünde unter dem Dacheiner Bioraffinerie-Beispielregion gebildet.

Demonstrationsvorhaben„System Grüne Bioraffinerie“Ein erstes Demonstrationsvorhaben desBioraffinerie Verbundes Mitte-Ost, geför-dert vom Bundesministerium für Umwelt(BMU), ist die Projektierung und Installationder Primärraffination (Nassfraktionierung,Lagerung und Konservierung) von 30.000Tonnen grüner Biomasse als zentrales Pro-duktionsmodul einer Grünen Bioraffinerieam Trockenwerk Selbelang. Dieses Moduldient der Erzeugung der HalbfabrikatePresssaft und Presskuchen aus GrünenBiomassen (Luzerne, Klee, Gras). An-schließend wird der Presssaft einer Se-kundärfraktionierung in Proteine und Fer-mentationsmedien überführt.

Gegenwärtig vollzieht sich in der deut-schen und mitteleuropäischen Landwirt-schaft ein massiver Strukturwandel, deru. a. durch einen Rückgang der Viehwirt-

schaft (Milchproduktion) gekennzeichnetist, was unmittelbar zu einer Zunahme anüberschüssiger Grünlandbiomasse bzw.an nicht mehr landwirtschaftlich benötig-tem Grünland führt. Um dieses nicht mehrbenötigte Grünland weiterhin offen und be-wirtschaftet zu halten – was einen wesent-lichen Beitrag zur Erhaltung der reich struk-turierten deutschen Kulturlandschaftendarstellt – ist es erforderlich, für die über-schüssige Grünlandbiomasse neue Ver-wertungsmöglichkeiten zu erschließen,wobei gleichzeitig die ökonomischen, öko-logischen und sozialen Bedürfnisse ländli-cher Regionen zu berücksichtigen sind.Eine innovative Möglichkeit zur alternativenVerwertung überschüssiger Grünland-Bio-masse bietet das Technologiekonzept einerGrünen Bioraffinerie. Das Basiskonzept ist,in Analogie zu einer Erdölraffinerie den Roh-stoff „Grünlandbiomasse“ (z.B. Gras, Klee,Luzerne etc.) in einer einzigen Verarbei-tungsanlage möglichst vollständig (Ganz-pflanzennutzung) und abfallfrei in eine Viel-zahl verkaufbarer Produkte umzuwandeln,z.B. chemische Grundstoffe, Kraft-/Brenn-stoffe, Faserprodukte, Werkstoffe.

Die Gesamtwirtschaftlichkeit einer GrünenBioraffinerie hängt von der komplexen Ver-arbeitung sowohl des Presskuchens alsauch des Presssaftes ab.Der Presskuchenkann weiterhin als vollwertiges Futtermittelverwendet werden (Mindestproteingehaltvon 140 g pro kg Trockensubstanz [TS] wirdgewährleistet). In später zu projektierendenModulen soll der Presskuchen für weitereAnwendungsgebiete, wie beispielsweisedie Nutzung als Rohstoff für die Kraftstoff-synthese, chemische Industrie oder Fest-brennstoff, erschlossen werden. Der Press-saft enthält die zellsaftlöslichen Bestand-teile, wie Proteine, Farbstoffe, Vitamine,Mineralien und löslichen Zucker. Der TS-Gehalt beträgt ca. 5 %. Der Fokus des Vor-habens liegt in der Extraktion des Wertstof-fes Protein. Durch die Verwendung von ver-schiedenen Strecken bei der Verarbeitungdes Presssaftes und deren Kombinierfähig-keit während des laufenden Betriebes sol-len verschiedene Produktqualitäten herge-stellt werden. Damit soll eine der jeweiligenAnwendung angepasste Produktqualitäterzielt werden. Daneben ist der Presssaft

Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V. (Biopos)

Destillationsanlage und Rohstoff Stroh

AusblickEin Hauptaugenmerk liegtzukünftig auf dem industriellenEinsatz von Lignocellulose-Rohstoffen wie Stroh, Holz, Schilfoder spätgemähten Gräsern.Insbesondere die globaleVerfügbarkeit und der günstigePreis dieser Rohstoffe, da Nicht-Nahrungsmittel, sind für dieChemische Industrie und dieKraftstoffindustrie interessant.

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Forschen für den ländlichen Raum 157

als Fermentationszusatz verwendbar, da eralle für die Kultivierung von Mikroorganis-men notwendigen Stoffe und Spurenele-mente enthält.

Ein weiterer gewichtiger Vorteil soll die Ein-sparung von Trocknungsenergie sein. Demin der Presskuchenlinie zu trocknenden Gutsollen 50 % der Wassermenge entzogenwerden, so dass ein thermisches Einspa-rungspotenzial in der Presskuchenlinie von40–50 % berücksichtigt werden kann. Somitsollen Energieressourcen wirtschaftlich ef-fektiver eingesetzt werden, was gleichzeitigzu einem verringertem CO2-Ausstoß führt.Zielstellung des Gesamtvorhabens ist dieEntwicklung einer grundsätzlich neuenhochinnovativen Basistechnologie. DieEntwicklung baut in Teilstufen sowohl aufbekannte Verfahren der Grüngut-Fraktio-nierung, als auch auf Eigenentwicklungen(FI Biopos und Kooperationspartner desProjektes) auf. Somit kann in der landwirt-schaftlichen Region um das TrockenwerkSelbelang ein einzigartiges Modell derkombinierten Produktion von Futtermittelnund Chemie-Grundstoffen entwickelt wer-den. Eine weitere Zielstellung ist, die Ge-

samttechnologie in anderen landwirt-schaftlichen Regionen zu vermarkten.

Forschungsinstitut Bioaktive Polymersysteme e.V. (Biopos)

System Grüne Bioraffinerie

Öffentlichkeitsarbeit des FI BIOPOS Literatur

B. Kamm, et al.; GrüneBioraffinerie Brandenburg,Beiträge zur Produkt- undTechnologieentwicklung sowieBewertung, BrandenburgischeUmweltberichte 8 (2000)

European Technology Platformfor Sustainable Chemistry,Industrial Biotechnology Section,2005, www.suschem.org

B. KAMM, M. KAMM; DasKonzept der Bioraffinerie –Produktion vonPlattformchemikalien undFinalprodukten, In: OttoMachhammer (Hrsg.),Rohstoffwandel, Themenheft derChemie Ingenieur Technik, 5(2007)

B. Kamm, P.R. Gruber, M. Kamm;Biorefineries – IndustrialProcesses and Products,ULLMANN’s ENCYCLOPEDIA OFINDUSTRIAL CHEMISTRY,Electronic Release, 7th ed.,WILEY-VCH, Weinheim, 2007

Grafik Biopos

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158 Forschen für den ländlichen Raum

Die GFS – Gesellschaft zur Förderung derSolarenergienutzung – ist ein gemeinnützi-ger eingetragener Verein, der 1992 von en-gagierten Privatpersonen in Frankfurt(Oder) gegründet wurde. Mit dem Wirkendes Vereins sollten Projekte vorgeschlagen,gefördert und begleitet werden, mit denenwissenschaftliche Erkenntnisse auf denGebieten des rationellen Energieeinsatzesund der Nutzung regenerativer Energiefor-men gewonnen, genutzt und publiziert wer-den können. So wurden in der Anfangspha-se der Vereinsarbeit Potenziale der For-schung, der Produktion und der Anwen-dung dieser Energienutzung in Branden-burg erfasst. In entsprechenden Studienwurden Stand und Trends von Photovol-taik-Technologien analysiert und Schwer-punkte für neue Materialien und innovativeTechnologien für die Solarenergie-For-schung und deren wirtschaftliche Nutzungin Brandenburg abgeleitet.

Es wurde ein Konzept entwickelt und in derFolgezeit konsequent umgesetzt, das eineKoordinierung der Arbeit von Forschungs-einrichtungen, der Wirtschaft und sonstigerInstitutionen Brandenburgs vorsah.

Zur Erforschung neuer Solartechnologienwurde die IST – Institut für Solartechnolo-gien GmbH – eine neue, ausschließlich aufdiesen Geschäftszweck ausgerichtete Ge-sellschaft gegründet, deren Wirken durchden Verein ideell und wirtschaftlich unter-stützt wurde. Kooperationen mit internatio-nalen und nationalen Forschungseinrich-tungen und Unternehmen führten zur Ent-wicklung einer neuartigen Dünnschicht-Technologie für Solarmodule, CISCuT, dieheute von der ODERSUN AG wirtschaftlicherfolgreich im Land Brandenburg produziertwird.

Eine weitere Komponente der inhaltlichenAusrichtung der GFS ist die rationelle Ener-gienutzung. Gemeinsam mit der IST GmbHwurde für das Solarzentrum im Business In-novation Centre eine gleichermaßen ener-getisch vorbildliche wie architektonisch an-spruchsvolle Synergiefassade entwickelt.Synergie bedeutet hier die Ausnutzung desTageslichtes, Heizen und Kühlen in einemSystem unter Nutzung regenerativer Ener-gien sowie eine optimierte Frischluftversor-gung und Wärmerückgewinnung. In diemodular aufgebaute Fassade sind Luftkol-

Gesellschaft zur Förderung der Solarenergienutzung e.V. (GFS)

VorsitzenderDr. Thomas Koschack

Mitglieder13

GFS – Gesellschaft zur Förderung derSolarenergie-nutzung e.V.

Im Technologiepark 715236 Frankfurt (Oder)

Tel.: +49 (0)335-5633-120Fax: +49 (0)335-5633-160

[email protected]

Solarforschungszentrum in Frankfurt (Oder)

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Forschen für den ländlichen Raum 159

lektoren und Photovoltaikelemente inte-griert. Das Energiekonzept ermöglicht einesaisonale Speicherung von Wärmeüber-schüssen im Erdreich und die Nutzung derAbwärme technologischer Prozesse in denLaboren für die Beheizung.

Weitere wirtschaftliche Nutzungen diesesKonzeptes sind durch die ODERSUN AGund deren Kooperationspartner in Form ei-ner integrativen und substitutiven Solarfas-sadenlösung in Vorbereitung. Aufgrund desaußerordentlich starken Wachstums in derSolarbranche und der anhaltend positivenWachstumsprognosen für dieses Ge-schäftsfeld haben sich in den letzten Jah-ren auch im Land Brandenburg viele Neu-ansiedlungen etabliert. Allein in Frankfurt(Oder) gibt es drei Solarfirmen und im enge-ren Wirtschaftsraum ist der Aufbau/Ausbaueiner entsprechenden Zuliefererindustrie zubeobachten. Diese Firmen binden ein be-achtliches Arbeitskräftepotenzial. Um hier-für entsprechende Bildungs- und Ausbil-dungsangebote bereitzustellen, engagiertsich der Verein für eine auf diese Anforde-rungen ausgerichtete spezifische Kenntnis-vermittlung an den Schulen. Gemeinsam

mit Institutionen der Wirtschaft, der Agenturfür Arbeit und der Sparkasse initiierte dieGFS mit der Kampagne „Photovoltaik inden Schulen“ die Qualifizierung von Lehrin-halten und Lehrmitteln. Zukünftig stellt sichdie spannende Frage, wie sich die histo-risch gewachsenen, überwiegend ländlichgeprägten Regionen Brandenburgs imKontext mit bestehenden industriellen undneuen Branchenkompetenzen entwickeln.

Die traditionelle Kohleförderung und -Ver-stromung im Land Brandenburg wird inletzter Zeit bezüglich ihrer wirtschaftlichenund arbeitsmarktpolitischen Effekte vonden Herstellern und Nutzern umweltver-träglicher regenerativer Energieumwand-lungstechniken immer stärker flankiert undwird diese in einigen Jahrzehnten auch si-cherlich gänzlich verdrängen. In nur weni-gen Jahren haben die Beschäftigtenzahlenin den Betrieben der Solarwirtschaft undbei den Windkraftanlagenherstellern inBrandenburg die Größenordnung der Ar-beitsplätze des Bergbaus und der konven-tionellen Energieerzeuger und -versorgererreicht.

Forschungs-/Arbeitsschwerpunkte

Photovoltaik und Applikationen

Bildung/Ausbildung im Fachbereich

Kooperationspartner

WirtschaftsförderungOstbrandenburg (ICOB)

Agentur für Arbeit

Deutsche Gesellschaft fürSolarenergie (DGS)

Institut für SolartechnologienGmbH (IST)

Verschiedene Solartechniken am Gebäude desSolarforschungszentrums

Gesellschaft zur Förderung der Solarenergienutzung e.V. (GFS)

Produkte der Odersun AG

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160 Forschen für den ländlichen Raum

Neue Produkte braucht das Land. Siemüssen unter sparsamem Materialeinsatzhergestellt sein, nachwachsende stattfossiler Rohstoffe nutzen, weniger oderkeine Abprodukte erzeugen, die Umweltinsgesamt entlasten und das Klima schüt-zen. Diesen Forderungskatalog zu erfüllenist strategisches Ziel einer ökologischenTechnologie. Der ökosystemare Ansatzsowie der Fokus auf hohe Wirtschaftlich-keit und die Beachtung von sozialen For-derungen – hierzulande und in anderenWeltregionen – sind dafür unabdingbar. Das alles ist Forschungsgegenstand derGesellschaft für ökologische Technologieund Systemanalyse e.V. Sie ist 1992 vonMitarbeitern des Instituts für Biotechnolo-gie der Berliner Akademie der Wissen-schaften gegründet worden, um der Emp-fehlung des Wissenschaftsrates zu folgen,die FuE-Kapazitäten für nachhaltige Wirt-schaftsweisen zu stärken. GTS befasstsich daher mit den Grundlagen ökologi-scher Technologien und setzt sie in Pro-jekten um, die auf hohe Ressourceneffi-zienz, Klimaschutz und Nachhaltigkeit zie-len. Die Arbeit erstreckt sich fach übergrei-fend auf die stoffwandelnde Industrie und

die Landwirtschaft genauso wie auf dasEnergie- und Abfallmanagement oder so-gar künstlerische Bereiche, um auch hierdem neuen Ansatz zum Durchbruch zuverhelfen. Denn Rohstoffverknappungund Klimawandel allein bringen noch kei-ne neuen Verfahren hervor; dazu ist FuE-Arbeit unumgänglich. GTS leistet eigen-ständige Forschung und ist an der Über-führung von wissenschaftlichen Erkennt-nissen in die Wirtschaft beteiligt. Sie un-terstützt die akademische Lehre und diefachbezogene Weiterbildung. Sie wirkt indeutschen und internationalen Gremienvor allem der Biotech Community mit. Or-ganisatorisch wird die Arbeit in drei Sek-tionen durchgeführt und von einem wis-senschaftlichen Vorstand koordiniert.

Die Sektion Biotechnologie/nachwach-sende Rohstoffe befasst sich mit Biopro-zessen für die Herstellung von neuartigenProdukten aus erneuerbaren Rohstoffen.Diese werden zukünftig die auf den fossilenRohstoffen Erdöl, Erdgas und Kohle basier-ten ersetzen müssen. Die chemische In-dustrie sucht dafür neue Zugänge vor allemüber Bioprozesse. GTS hat sich mit dieser

Gesellschaft für ökologische Technologieund Systemanalyse e.V. (GTS)

Vorsitzender undwissenschaftlicher LeiterPriv.-Doz. Dr.-Ing. habil. Konrad Soyez

GeschäftsfuhrerDipl.-Ing Dieter Baier

eingetragener Vereingegründet 1992

Mitglied der EuropäischenFöderation Biotechnologie (EFB)www.efbweb.org

Mitglied der ArbeitsgemeinschaftBiotechnologie (AGB)www.dechema.de/biotech/vbu/agbio.htm

Mitveranstalter der EuropeanBioPerspectiveswww.bioperspectives.org

Gesellschaft fur ökologischeTechnologie und Systemanalyse e.V.GTS Regionalbüro Brandenburg

Hubertusweg 4014552 Michendorf

Tel.: +49 (0)331 977 4693Fax: +49 (0)331 977 4433

[email protected]

Reststoffe der Kokosverarbeitung werden in Rezepturen für neue Produkte getestet

Foto: GTS

Foto: GTS

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Forschen für den ländlichen Raum 161

Aufgabe seit Gründung intensiv befasstund bereits an den frühesten Konzeptionenfür ein „ecological bioprocessing“ maßgeb-lich mitgewirkt. Ein für Brandenburg wichti-ges Ergebnis war die – auch vom MLUV ge-förderte – Etablierung des Bioraffineriekon-zepts seit den 90er Jahren. Derzeit betreibtGTS Grundlagenuntersuchungen u.a. zurRationalisierung der industriellen Biogas-produktion, zum Qualitätsmanagement beider Kompostierung und zur Transformationvon biogenen Reststoffen in marktfähigeProdukte. Ein aktuelles Projekt ist die Ent-wicklung eines mit biogenen Effektoren do-tierten Formkörpers, mit dem sich das An-wachsverhalten von Laubgehölzen im Zugevon Aufforstungsmaßnahmen Brandenbur-ger Forsten verbessert.

In der Sektion Stoffstrommanagementund Technologiebewertung werden tech-nologische Grundlagen untersucht, umProzesse und Produkte unter den ZielenRessourceneffizienz, Dematerialisierungund Klimawirksamkeit passfähig zu ma-chen. Das setzt die Kenntnis der konkretenStoffströme und die Bewertung unterNachhaltigkeitszielen voraus. GTS erarbei-

tet Bewertungsmethoden und erstellt Bilan-zen und ökologische Bewertungen für diebetriebliche Praxis in Brandenburger Be-trieben und in der Region. Im Kyritzer Raumhat GTS die natürlichen und agrarischenStoffströme erfasst und die Tragfähigkeitdes ökologischen Systems für die Energie-gewinnung über Biogas ermittelt. Mit derökobilanziellen Bewertung von Abfallwirt-schaftsprozessen lassen sich Vorzugsvari-anten für regionale Entsorgungskonzeptenachweisen. Besonderes Augenmerk ver-dienen die klimarelevanten Treibhausgase,zu denen neben Kohlendioxid auch Methanund Lachgas gehören. Beide treten bei ab-fallwirtschaftlichen Prozessen auf. Ihre Bi-lanzierung weist zum Beispiel nach, dassdie thermische (Müllverbrennung, MVA)und die mechanisch-biologische Abfallbe-handlung (MBA) die Klimabelastung min-dern können, wogegen es immer eine Be-lastung für das Klima darstellt, wenn derAbfall auf Deponien gelangt. Die Vorteileder Verfahren steigen, wenn die im Abfallsteckende Energie besser genutzt wird,etwa durch Stromerzeugung in MVA oderdie Nutzung von heizwertreichen Fraktio-nen aus der MBA. Ein für die Brandenbur-ger Abfallwirtschaft wichtiges Ergebnis sol-cher Untersuchungen ist der Nachweis,

Sektion Biotechnologie undnachwachsende Rohstoffe

Technische Ausstattung• Technikumsanlage zur

Biokonversion• Hochdruckstempelpresse• Extrusionsapparatur• Granulierteller• Olfaktometer• UV-Spektrometer• Gasbildungsmessgerät

Aktuelle FuE-Arbeiten• Qualitätsuntersuchungen an

Fasern aus Gärresten derBiogasproduktion

• Temperaturverhalten vonthermoreguliertenFormkörpern aus organischenReststoffen

• Schadstoffabbau inGewässern durchschwimmende Biofilter

• Granuliereigenschaften vonLatentwärme speicherndenMaterialien

• Verwertbarkeit von Reststoffender Celluloseproduktion inBiogasprozessen

SektionStoffstrommanagement und Technologiebewertung

Eigene Simulationssoftware• COMBO zur Simulation der

Kompostierung• CUBIS zur ökologischen

Bilanzierung• RESSOURCE zur Bilanzierung

von Wasser- undEnergieströmen

• BIOMARKET zur Simulationvon Biogasanlagen

• RHEIN zur Simulation vonGrauwasseranlagen

Aktuelle FuE-Arbeiten• Entwicklung eines Tools für

die Klimabewertung vonGrauwassersystemen

• Aufbau einesSimulationsprogramms fürdas Wasserrecycling

• Reststoffbilanzen derZuckerindustrie auf Kuba

• Untersuchung von agrarischenMaterialflüssen derchilenischen Weidewirtschaft

• Machbarkeitsuntersuchungder Biogasproduktion inJugendzentren in Sudafrika

Im Labor-Versuchsstand werden Wärmebilanzen derKompostierung ermittelt

Gesellschaft für ökologische Technologieund Systemanalyse e.V. (GTS)

Freilandversuche weisen den Abbau von Mulchplattenaus Reststoffen nach

Foto: GTS

Foto: GTS

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162 Forschen für den ländlichen Raum

dass MVA und MBA gleichwertige Techni-ken sind – wenn sie die hohen gesetzlichenAnforderungen an die Abgasbehandlungund die Verwertung von Abprodukten erfül-len. Daher muss kein Verfahren von vornhe-rein ausgeschlossen werden, und die Kos-tenvorteile entscheiden darüber, welcheOption in einer Kommune oder einemLandkreis unter den dortigen wirtschaftli-chen Verhältnissen gewählt und angewen-det wird.

Die Sektion Nachhaltigkeit und Wissens-transfer widmet sich der Aufgabe, die erar-beiteten methodischen Grundlagen undtechnologischen Problemlösungen im Kon-text der Nachhaltigkeit in die Ausbildung zuintegrieren und in die Wirtschaftspraxis zuüberführen. Dabei gewinnen internationaleProjekte in Drittweltländern zunehmend anGewicht, weil viele der dort anstehendenProbleme am besten in enger wissen-schaftlich-technischer Kooperation mit denIndustrieländern zu lösen sind. Zugleich er-schließen sich für die Unternehmen neueMärkte. GTS arbeitet vorrangig in Projektenzur Verbesserung der Infrastruktur, vor al-lem der Wasserversorgung und beim Ab-fallmanagement.

Besonders Wasser ist eine rare Ressource;viele Regionen leiden unter extremem Man-gel dieses lebenswichtigen Gutes. Hier Ab-hilfe zu schaffen ist ein zunehmend wichti-ger Ansatzpunkt für Transferaktivitäten vonGTS in Drittweltländern. Im Projekt Wasser-haus Südafrika entwickelt GTS dafür ge-meinsam mit Industriepartnern, darunteraus Berlin-Brandenburg, eine Technologiefür die sparsame und effektive Wassernut-zung in ländlichen Gemeinden in Südafrika.Wasser wird mehrfach im Kreislauf geführtund solar erwärmt. Der Wasserverbrauchfür Waschen und sanitäre Zwecke sinkt umdas Zwei- bis Dreifache, was den extremangespannten Wasserhaushalt deutlichentlastet und mehr Menschen versorgenhilft. Durch eingesparte Heizenergie redu-zieren sich die CO2-Emissionen jährlich umfast hundert Tonnen je Wasserhaus. Daszahlt sich auch wirtschaftlich aus, wenn dieverminderten Emissionen im Klimahandelder Kyoto-Mechanismen (dem sog. CleanDevelopment Mechanism, CDM) angebo-ten werden. Beim Abfallmanagement kon-zentriert sich GTS auf den Transfer von bio-logischen Verfahren, die auch in Einfach-technologien umgesetzt werden könnenund so kurzfristig Lösungen ermöglichen,die Kosten sparen, Arbeitplätze schaffenund die Umweltbelastungen verringern.

Gesellschaft für ökologische Technologieund Systemanalyse e.V. (GTS)

Sektion NachhaltigeEntwicklung undWissenstransfer

FuE-Arbeiten• Einführung von Urine

Diversion Systems für dieFäkalentsorgung ländlicherGebiete in Afrika

• Wasserkreislaufführung undregenerative Wärmeerzeugungfür ländliche Regionen inDrittweltländern

• Materialfluss-Managementund ProduktionsintegrierterUmweltschutz (PIUS) in der X. Region in Chile

• Materialscreening fürinnovative Walkprozesse fürModeaccessoires

In vielen Drittweltländern ist sauberes Wasser knapp undwird mit einfachen Mitteln weite Strecken transportiert

Das Wasserhaus Südafrika ermöglicht Waschen undDuschen bei sparsamem Verbrauch

Foto: Ulrike Markert (www.markert-art.net)

Foto: GTS

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Forschen für den ländlichen Raum 163

Das Qualitätsmanagement und Arbeitser-leichterungen stehen im Mittelpunkt. ZurVerwertung getrennt gesammelter Bioab-fälle bietet sich die Kompostierung an.Qualität ist nur dann garantiert, wenn dieAusgangsstoffe unbelastet sind und derProzess ständig überwacht wird. GTS hatin einem Projekt in einer südafrikanischenKompostierungsanlage ein Testlabor einge-richtet, das die Prozessführung erleichtert.Die Tests bestätigen, dass der erzeugteKompost alle Qualitätsanforderungen ge-messen an der deutschen Bioabfallverord-nung (BioAbfV) erfüllt.

Neue Materialien und der Wechsel von fos-silen zu nachwachsenden Materialien be-einflussen über die Wirtschaft und die tech-nischen Prozesse alle Lebensbereiche, da-runter auch Kunst und Kunsthandwerk. Da-her ist GTS auch in diesem Gebiet aktiv.Unter dem Thema „Schönheit der Faltun-gen“ hat GTS ein Projekt aufgelegt, das imGrenzbereich von Technik und Kunst liegt:Mit einer von der Künstlerin Erdmute Holl-mann entwickelten speziellen Walktechnikentstehen eigenartige Formen, die an natür-liche Strukturen von biologischem odergeogenem Material erinnern. In dem Pro-

jekt werden neuartige Materialkombinatio-nen verschiedener Provenienzen unter-sucht, um den Formenkanon zu erweiternund neue Anwendungsgebiete – auch imtechnischen Bereich – zu erschließen.

Publikationsreihe Beiträgezur ökologischen Technologie

Ausgewählte Bände:• Ecological Bioprocessing

(1993)• Die Grüne Bioraffinerie

(1997)• Emissions- und

immissionsseitigeBelastungspotenziale der Kompostierung (1998)

• Das Optimalitätsprinzip derökologischen Technologie(2004)

• Modern water treatmenttechnologies in rural regions(2007)

Frauen setzen Kompostmieten in einer südafrikanischen Anlage in Handarbeit um

Gesellschaft für ökologische Technologieund Systemanalyse e.V. (GTS)

Die Kombination biogener Materialien in neuartigenWalkprozessen führt zu interessanten Strukturen

Foto: GTS

Foto: GTS

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164 Forschen für den ländlichen Raum

Das Institut für angewandte Gewässeröko-logie GmbH wurde im Jahr 1994 gegründet.Die ca. 20 wissenschaftlichen und techni-schen Mitarbeiter sind in den Unterneh-mensbereichen „Angewandte Forschung“und „Gewässerökologische Dienstleistun-gen“ tätig. Beide Unternehmensbereichebefassen sich hauptsächlich mit Problemender Ökologie von Seen und Fließgewässernsowie angrenzender Fachgebiete.

Im Bereich „Gewässerökologische Dienst-leistungen“ werden Aufträge auf dem Ge-biet des gewässerökologischen Monito-rings sowie in den Bereichen ökologischeBewertung, Planung und Consulting bear-beitet. Die Arbeiten der Gewässerüberwa-chung stehen hauptsächlich im Zusam-menhang mit der Umsetzung der Wasser-rahmenrichtlinie sowie der NATURA 2000-Richtlinie der EU. Auftraggeber sind vor al-lem die Umweltverwaltungen der Bundes-länder Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, aberauch Kommunen und private Unternehmenoder Personen. Schwerpunkte der Arbeitim Bereich Bewertung, Planung und Con-sulting sind die ökologische Bewertung von

Gewässern und ihrer Einzugsgebiete sowiePlanungen für eine Verbesserung des Zu-standes und nachhaltige Nutzung.

Auf dem Gebiet der „Angewandten For-schung“ stehen oftmals Themen und Ideenim Mittelpunkt der Aufgaben, die aus Pro-blemen des Dienstleistungsbereiches ent-standen sind. Praktische Beispiele dafürsind die Forschungsthemen „BiologischeBewertung von Gewässern“, „OptischeSensoren zur Erfassung von gewässergüte-relevanten Parametern“, „Quantifizierungund Bewertung von kleinen Nährstoffbe-und -entlastungsquellen von Gewässern“.Der aktuelle Schwerpunkt der wissen-schaftlichen Arbeiten ist eindeutig mit derUmsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinieverbunden, die bis 2015 die Erreichung ei-nes guten ökologischen Zustandes allerGewässer der EU fordert. Da dem vor allemProbleme der Nährstoffbelastung (Eutro-phierung) unserer Gewässer sowie, klima-und nutzungsbedingt, des Wasserhaushal-tes entgegenstehen, werden in den letzenJahren Forschungsprojekte vor allem aufdiesen Gebieten bearbeitet. Die wichtigstenFördermittelgeber für diese Projekte sind

Institut für angewandte Gewässerökologie GmbH (IaG)

GeschäftsführerProf. Dr. habil. Olaf Mietz

ProkuraDipl.-Geogr. Jens Meisel

Mitarbeiter12 wissenschaftliche Mitarbeiter(Biologie, Chemie, Geographie,Landschaftsökologie)6 technische Mitarbeiter

Institut für ange-wandte Gewässer-ökologie GmbHSchlunkendorfer Straße 2e14554 Seddin

Tel.: +49 (0)33205-71010Fax: +49 (0)33205-62161

[email protected]

Gebäude des IaG in Seddin

Foto: IAG

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Forschen für den ländlichen Raum 165

das BMBF und die ILB Brandenburg sowiedie AiF und EuroNorm als Beauftragte desBundeswirtschaftsministeriums. Ziel derwissenschaftlichen wie praktischen Arbei-ten ist immer die nachhaltige Sicherung derRessource Wasser in Güte und Menge.Auch im relativ wasserreichen Deutschlandist Wasser neben Energie die entscheiden-de Ressource der menschlichen Tätigkeitim Raum und bildet eine wichtige Voraus-setzung für die langfristige Erhaltung unse-rer natürlichen Ressourcen. So ist Wasserin den ländlichen Räumen Brandenburgsdie Basis der weiteren wirtschaftlichen Ent-wicklung sowie Sicherung und Verbesse-rung der sozialen Lebensverhältnisse wieauch der Sicherung von einzigartigen Le-bensräumen für Tiere und Pflanzen.

Auswirkungen des Klimawandels auf Flachseen Im Rahmen des BMBF-FörderprogrammsKLIMZUG wurde im Konsortium des Lan-des Brandenburg INKA BB ein eigenständi-ger Projektantrag mit dem Titel „Nachhalti-ges Management von Flachseen gegen kli-mabedingte rasante Seenalterung“ gestellt.

Ziel des Förderprogramms ist es, Strate-gien, Technologien und Verfahren zur An-passung an die Folgen des Klimawandelszu entwickeln.

Die Mehrzahl der Seen des Landes Bran-denburgs sind Flachseen. Sie sind gene-tisch durch eine relativ geringe Tiefe undeine starke, durch die menschliche Tätigkeitverursachte Eutrophierung geprägt. DieseFakten treffen grundsätzlich für die gesamteRegion Nordostdeutschlands bzw. despleistozänen Jungmoränenlandes zu. ImVergleich zu tiefen Seen sind Flachseenökologisch relativ instabil und daher extremklimaabhängig. Eutrophierung und Wasser-mangel beschleunigen die Seenalterungdurch Verlandung mit Konsequenzen fürUmwelt, Wirtschaft und Tourismus. Reali-sieren sich die Klimaszenarien, wie z.B. inder PIK-Studie für Brandenburg vorherge-sagt, werden bis zum Jahr 2050 einige derheutigen Flachseen nicht mehr existieren.Ziel des Projektes ist es, die Auswirkungendes Klimawandels auf Flachseen zu prog-nostizieren, um darauf aufbauend Verfahrenzu entwickeln und zu testen, die der rasan-ten Seenalterung und Verlandung beim zu

Dienstleistungen im BereichConsulting zur nachhaltigenNutzung von Gewässern

• Gewässermanagement desurbanen Gewässers amPotsdamer Platz, Berlin

• Gewässermanagement für 12Seen des Golf und CountryClub Seddiner See

• Pflege- undEntwicklungsplanungen fürGewässer inGroßschutzgebieten

• Managementplanungen fürGewässer in FFH-Gebieten

• Gewässerentwicklungs-konzepte zur Umsetzung derEU-Wasserrahmenrichtlinie

Proben mit Wasserpflanzen

Aufbereitung von Wasserproben im Labor

Institut für angewandte Gewässerökologie GmbH (IaG)

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166 Forschen für den ländlichen Raum

erwartenden Klimawandel entgegenwir-ken. In einem Teilprojekt soll untersuchtwerden, ob die jahreszeitlich begrenzteÜberleitung von Wasser aus Fließgewäs-sern zum Ausgleich des Wassermangelsgeeignet ist, die schlimmsten Folgen desKlimawandels in Seen von besonderertouristischer oder naturschutzfachlicherBedeutung zu mindern. Insbesondere istzu klären, ob dies ökologisch und wirt-schaftlich sinnvoll ist.

Die irreversible Absenkung von Wasser-ständen von Flachseen durch die Verän-derung der klimatischen Wasserbilanzführt zu einem Eutrophierungsschub, deranhand von Modellierungen quantifiziertwerden soll. Eutrophierung kann nur zueinem gewissen Grad im Rahmen einerregelmäßigen Gewässerunterhaltung, wiesie heute für Fließgewässer standardmä-ßig durchgeführt wird, verhindert werden.Mögliche Methoden sind der Entzug unddie Bindung von Nährstoffen in Seen undderen Zuflüssen mittels Nährstofffällungund Sedimentkonditionierung sowie dieEntnahme von Nährstoffen über die Bio-masse in Form von Schilf. Dies könnte

gleichzeitig als Rohstoff für die Energieer-zeugung zur Verfügung stehen, der nichtmit der Nahrungsmittelerzeugung in Kon-kurrenz steht. Im Projekt soll geklärt wer-den, ob diese Maßnahmen erfolgreichsein können. Gleichzeitig sollen kosten-günstige Methoden und Verfahren für die-se Fragestellungen entwickelt werden.

Projekte zur Verbesserung desökologischen Zustandes vonSeen für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie Die fachliche Umsetzung der EU-Wasser-rahmenrichtlinie fordert die Herstellungdes guten ökologischen Zustandes allerGewässer bis zum Jahr 2015. In Branden-burg wurde für mindestens zwei Drittel derSeen festgestellt, dass der gute ökologi-sche Zustand aktuell nicht erreicht wird.Dies gilt explizit auch für andere norddeut-sche Bundesländer. Wichtigste Ursachedafür ist die hohe Nährstoffbelastung derGewässer. Maßnahmepläne für Seen undihre Einzugsgebiete, die die externe undinterne Nährstoffbelastung stark reduzie-

Institut für angewandte Gewässerökologie GmbH (IaG)

Aktuelle Auswirkung des Klimawandels: trocken gefallenes Schilf am Gr. Seddiner See

Dienstleistungen im Bereich chemisches undbiologisches Monitoring zum Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie

• Chemisches Monitoring vonSeen in den BundesländernBrandenburg undMecklenburg-Vorpommern

• Erfassung und Bewertung vonMakrophyten undPhytobenthos inFließgewässern Schleswig-Holsteins

• Erfassung und Bewertung vonPhytoplankton in Seen undFließgewässern Brandenburgsund Mecklenburg-Vorpommerns

• Erfassung und Bewertung vonbenthischen Diatomeen inSeen und FließgewässernBrandenburgs

• Erfassung und Bewertung vonPhytobenthos undMakrophyten inFließgewässern Berlins

• Erfassung und Bewertung vonPhytobenthos undMakrophyten inFließgewässern Sachsen-Anhalts

Foto: IAG

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Forschen für den ländlichen Raum 167

ren, sind zu entwickeln und umzusetzen.Da Abwasserbehandlungsanlagen als Be-lastungsquelle heute vielfach nicht mehrrelevant sind und sich die Nutzung land-wirtschaftlicher Flächen in Zukunft wiederintensivieren wird, wird ein Schwerpunktder Maßnahmen in der Behandlung vonZuflüssen, Senkung der Nährstoffkonzen-trationen in den Seen selbst und der Re-duzierung der internen Belastungen ausden Seesedimenten liegen. Die Maßnah-men müssen kostengünstig, effektiv undökologisch unbedenklich sein. Dazu wer-den gegenwärtig zwei wissenschaftlicheProjekte bearbeitet, die die Effekte derAusfällung von Phosphor mittels Alumini-umverbindungen untersuchen und die ent-sprechenden Methoden weiter entwickeln.

Mit den Erkenntnissen der Projekte wirdes möglich sein, die Umsetzung der EU-WRRL in Nordostdeutschland bzw. im eu-ropäischen Jungmoränenland dahinge-hend zu befördern, dass der Einsatz öf-fentlicher Mittel für die Restauration vonSeen deutlich effektiviert werden kann, sodass mit den stark begrenzten öffentli-chen Mitteln mehr Seen als bisher in einen

guten ökologischen Zustand versetzt wer-den können.

Institut für angewandte Gewässerökologie GmbH (IaG)

Dienstleistungen im BereichPlanung & Management von Projekten derSeenrestauration

• Tonsee Belzig (Brandenburg)2004

• Rudower See (Brandenburg)2005

• Güterfelder Haussee(Brandenburg) 2005/2006

• Jabelscher See (Mecklenburg-Vorpommern) 2005/2006

• Seddiner Seenkette(Brandenburg) 2006 – 2009

• Lake Nordborg (Dänemark)2006

• Tongruben Niemegk(Brandenburg) 2007/2008

• Brüssower See (Brandenburg)2007/2008

• Netzowsee (Brandenburg)2007/2008

• Großsteinberger See(Sachsen) 2007/2008

• Klietzer Teiche (Sachsen-Anhalt) 2007/2008

• Talsperre Bautzen (Sachsen)2008/2009

Wasserproben vor der chemischen Analytik

Mikroskopische Analyse von Phytoplankton zur biologischen Bewertung von Gewässern

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168 Forschen für den ländlichen Raum

Institut für angewandte Gewässerökologie GmbH (IaG)

Projekt Restauration von Seen mittels Nährstofffällung durch Aluminium -verbindungen – Weiterentwicklung und Optimierung des verfahrenstechnischen Ansatzes

In den letzten Jahren wurde die Methodeder Ausfällung von Phosphor in Seenmittels Aluminiumverbindungen inner-halb verschiedener wissenschaftlicherForschungsprojekte und von Pilotprojek-ten zur Seenrestauration angewandt. DieMethode ist in der Abwassertechnik inder dritten Reinigungsstufe von Kläranla-gen etabliert und wurde in Deutschlandin Forschungsprojekten am SchmalenLuzinsee und am Tiefwarensee erstmaligerfolgreich in Seen angewandt.

Ziel des im Zeitraum 2006 – 2008 durchdie ILB Brandenburg geförderten Projek-tes ist es, das Verfahren der Nährstofffäl-lung zur Restauration von Seen durchAluminiumverbindungen zu optimieren.Die Nährstofffällung ist grundsätzlicheine effektive und ökologisch unbedenk-liche Methode der Seenrestauration, umden die Eutrophierung verursachenden

Nährstoff Phosphor stabil und unlöslichzu binden und Gewässersedimente so zubehandeln, dass die Nährstoffrücklösungaus den Sedimenten in das Freiwasservon Seen deutlich reduziert wird. Im Pro-jekt werden die Wirkprozesse unter sichändernden klimatischen und limnologi-schen Bedingungen untersucht. Dabeiwurden verschiedene Fällmittel in unter-schiedlichen Konzentrationen und unterverschiedenartigen Einbringungsbedin-gungen zunächst im Laborversuch aufihre Effektivität getestet.

Mittels so genannter Enclosure wurdendiese Versuche später in Seen wiederholt,um unter möglichst realen Bedingungendie Wirkungen klimatischer (z.B. Wasser-und Lufttemperaturen, Strahlungsbedin-gungen) chemischer (z.B. Nährstoffkon-zentrationen, pH – Werte) und biologi-scher (z.B. Phytoplanktonbiomasse, Ta-xazusammensetzung) Bedingungen zutesten. Einen besonderen Raum nahmdabei auch die Untersuchung potenziellernegativer Wirkungen auf andere Wasser-organismen wie Unterwasserpflanzen,Wirbellose und Fische ein.

Sichttiefenmessung mit einer Secchi-Scheibe

Wasserprobenentnahme mit einem Ruttner-Schöpfer

Probenahmetechnik• umfangreiche Boots- und

Probenahmetechnik zurEntnahme von chemischenund biologischen Proben ausFreiwasser und Sediment vonGewässern unterschiedlicherGröße und Tiefe

Labore• Chemisches Labor zur

hochgenauenNährstoffanalytik zurchemischen Bewertung vonGewässern

• Biologisches Labor zurbiologischen Bewertung vonGewässern, insbesondere derArtgruppen:PhytoplanktonZooplankton PhytobenthosEmerse & submerseMakrophytenMakrozoobenthosFische

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Forschen für den ländlichen Raum 169

Pilotprojekt zur Restauration von Flach-seen in Nordostdeutschland – Restauration der Seddiner SeenketteFlachseen, die im Sommer keine thermi-sche Schichtung aufweisen, machen inNordostdeutschland die Mehrzahl derSeen gegenüber den tiefen, geschichte-ten Seen aus. Auf Grund ihrer genetischbedingten Beckengestalt und Lage sindsie von der Eutrophierung viel stärker be-troffen, als die geschichteten Seen. Mitdem Ziel der EU-WRRL, den guten öko-logischen Zustand aller Seen bis 2015 zuerreichen, besteht ein hoher Bedarf aneinsetzbaren technologischen Lösungenzur Verbesserung des ökologischen Zu-standes von Flachseen durch seeinterneMaßnahmen der Restauration.

Wie bereits erwähnt, ist das Restaurati-onsverfahren der Nährstofffällung grund-sätzlich kostengünstig, effektiv und ökolo-gisch unbedenklich, so dass es potenziellauch an Flachseen zur Anwendung kom-men kann. Da aber die Mehrzahl der For-schungs- und Pilotprojekte zu dem Ver-fahren an geschichteten Seen durchge-führt wurde, bestand für den Typ derFlachseen sowohl Forschungsbedarf alsauch die Notwendigkeit für ein Pilotpro-jekt. Der Forschungsbedarf wurde teilwei-se im oben beschriebenen Projekt abge-deckt.

Als Pilotprojekt wird die Restauration derSeddiner Seenkette im Zeitraum 2006 –2009, gefördert durch das Ministerium fürLändliche Entwicklung, Umwelt und Ver-braucherschutz Brandenburg, durchge-führt. Ziel des Projektes ist es, Flachseenbeispielhaft und nachhaltig zu restaurie-ren. Im Pilotprojekt werden an der Seddi-ner Seenkette verschiedene Verfahren derRestauration eingesetzt und auf Ihre Wirk-samkeit und Effektivität hin untersucht.

Der Kähnsdorfer See konnte 2006 erfolg-reich therapiert werden. Im gesamten Jahr2007 herrschten im See niedrige Nähr-stoffkonzentrationen vor, die nur eine mä-ßige Phytoplanktonentwicklung erlaubtenund damit die lichtklimatischen Bedingun-gen gegenüber früheren Jahren wesent-lich verbesserten. In Folge dessen etab-lierten sich sofort umfangreiche Bestände

an Unterwasserpflanzen, die den Restau-rationserfolg absicherten. Für den Seewurde so das Ziel der EU-WRRL, die Wie-derherstellung des guten ökologischenZustandes, erreicht.

Im Gr. Seddiner See konnte nach der ers-ten Therapiephase im Jahr 2007 eine par-tielle Wiederbesiedlung mit Unterwasser-pflanzen als erster Restaurationserfolgverzeichnet werden. Seit Herbst 2007konnten als Folge der Phosphorfällungniedrige Nährstoffkonzentrationen ge-messen werden, die seit dem Winter2007/2008 zu für den See ungewöhnlichhohen Sichttiefen führten. Auch im Gr.Seddiner See führt das dazu, dass sichdie Unterwasservegetation weiter aus-breiten wird. Die Erreichung des Ziels derEU-WRRL, die Wiederherstellung des gu-ten ökologischen Zustandes, erscheint fürden See als wahrscheinlich. Mit den Er-kenntnissen des Projektes wird es mög-lich sein, eine Vielzahl von Flachseen, fürdie es bisher keine schlüssigen Ansätzezur Restauration gab, erfolgreich zu thera-pieren und damit die Umsetzung der EU-WRRL zu unterstützen.

Einbau eines TIBEAN am Gr. Seddiner See zurEinbringung von Fällmitteln

Institut für angewandte Gewässerökologie GmbH (IaG)

Forschungsschwerpunkte• Verfahren zur Restauration

von Seen• Folgen des Klimawandels für

Gewässer • Biologische Bewertung von

Gewässern• Optische Sensoren zur

Erfassung vongewässergüterelevantenParametern

• Quantifizierung undBewertung von kleinenNährstoffbelastungsquellenvon Gewässern

Netzwerke• NEMO –Netzwerk

„Gewässerschutz undGewässerrestauration“ (in Beantragung)

Kooperationspartner• Humboldt-Universität zu

Berlin, Institut für Geographie• Institut für Gewässerökologie

und BinnenfischereiNeuglobsow

• Universität Cottbus, Lehrstuhlfür Gewässerschutz

• Universität Greifswald, Institutfür Geographie

• FH Eberswalde, FBLandschaftsnutzung undNaturschutz

Foto: IAG

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170 Forschen für den ländlichen Raum

Forschung für eine gesunde Zukunft –das ist die Philosophie dieses privatwirt-schaftlichen Forschungsinstitutes. Im In-stitut sind 110 Mitarbeiter tätig, darunter90 Forscher und Entwickler in den Berei-chen Bäckereitechnologie, Lebensmit-teltechnologie, Biotechnologie, Nach-wachsende Rohstoffe sowie Analytikund Qualitätssicherung. Darüber hinauswerden Dienstleistungen im Handelsla-bor und Bildungszentrum des Institutesangeboten.

Unter Nutzung eigener und externerGrundlagen- und Anwendungsforschungwerden für Auftraggeber aus Wirtschaft,Wissenschaft und Öffentlichkeit markt-orientiert Produkte und Herstellungsver-fahren entwickelt. Von diesen Erfahrun-gen und Dienstleistungen profitieren seitnunmehr fast 50 Jahren Kunden inDeutschland, Europa und der Welt.

Qualifizierte Mitarbeiter und eine umfas-sende Ausstattung an Geräten, Maschi-nen und Anlagen bieten im IGV die Voraussetzung, komplexe Probleme in in-terdisziplinärer Arbeitsweise zu lösen.

Forschung

Von den Experten des Bereiches Backwa-ren des Institutes erfolgt die spezifischeBetreuung von Unternehmen aus derBackbranche, Industrie oder Handwerk.Mit Rohstoff-Know-how, Produkt- undVerfahrensentwicklungen sowie Wissens-transfer entstehen innovative Produktide-en, die gemeinsam mit den Unternehmenin die Praxis umgesetzt und bis zur Markt-reife begleitet werden. Dabei werdenebenfalls die Kooperationspartner derBackbranche, Roh- und Hilfsstofflieferan-ten sowie Maschinenbauunternehmen mitbetreut. Nachfolgend werden zwei Bei-spiele der komplexen Arbeitsweise in die-sem Bereich des Institutes aufgezeigt.

Patentiertes RoggenverfahrenRoggen ist ein vielfältiges Getreide und hatin Brandenburg eine lange Tradition. DasInstitut für Getreideverarbeitung entwi-ckelte ein patentiertes Roggenverfahren,mit dem es möglich ist, Roggen auch un-versäuert zu verarbeiten. Dadurch könnendie gesunden Eigenschaften von Roggenneben Broten auch für Kleingebäcke und

IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH

GeschäftsführerPeter Kretschmer

Beschäftigte110

IGV Institut fürGetreideverarbeitungGmbH

Arthur-Scheunert-Allee 40/4114558 Nuthetal

Tel.: +49 (0)33200-890Fax: +49 (0)33200-89220

[email protected]

Untersuchung neuer Backverfahren

Mitglied der

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Forschen für den ländlichen Raum 171

feine Backwaren, wie Blechkuchen, Crois-sants, Stollen, Muffins oder Plätzchen ge-nutzt werden. Erfolgreiche Umsetzungfand dieses Verfahren in vielen Bäckereiendes Landkreises Potsdam-Mittelmark,dessen Wirtschaftsförderung sich für denverstärkten Einsatz von Roggen engagiertund die Netzwerkbildung zwischen Land-wirtschaft, Gewerbe, Tourismus und Ge-sundheitswirtschaft fördert.

Effiziente HerstellungsverfahrenEin weiterer Entwicklungsschwerpunktdes Bereiches Backwaren im Institut sindrationelle und effiziente Herstellungsver-fahren für Backwaren. Während einerseitszunehmend traditionelle, lange Teigrührun-gen wieder Einzug auch in die industrielleFertigung halten, bietet andererseits derBackprozess ein hohes Potenzial zur Pro-zessverkürzung. Backzeitverkürzungenwirken sich dabei besonders auf das wirt-schaftliche Ergebnis der Bäckereien aus.Im Rahmen von Forschungsvorhaben wer-den Backverfahren entwickelt, mit denendie Backzeit von hefegelockerten Back-waren, vorzugsweise Brot und Kleinge-bäck, drastisch verkürzt werden kann.

Zentraler Ansatzpunkt hierfür ist die Ergän-zung der traditionellen Wärmeübertra-gungsarten (Strahlung, Leitung und Kon-vektion) mit Mikrowellenenergie. Dadurchist es möglich, Backzeitverkürzungen vonbis zu 50 % bei gleichzeitiger Qualitätssi-cherung des Endproduktes zu erreichen.Eng verknüpft mit den Forschungs- undEntwicklungsarbeiten im Bereich Backwa-ren ist die Aus- und Weiterbildung für dasBackwarengewerbe. Lehrlingsunterwei-sungen, Meisterqualifizierung und Weiter-bildung partizipieren von Ergebnissen derForschungsarbeiten. Darüber hinaus wer-den aber auch neue Methoden der Qualifi-kation entwickelt, so e-learning-Angebotefür zeit- und ortsunabhängiges Lernen undInformationsaustausch der Branche.

Der Bereich Lebensmitteltechnologiedes Institutes befasst sich vorrangig mitder Entwicklung von Verfahren und Er-zeugnissen mit gesundheitsförderndenWirkungen. Darüber hinaus werden für dieIndustrie direkte Hilfestellungen bei dertechnologischen Optimierung vorhande-ner Prozesse geleistet. Schwerpunkte derEntwicklungstätigkeit für die Lebensmit-

IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH

Bereich BackwarenBereichsleiterDipl.-Ing. Olaf Bauermann

Technik/Technologie• Entwicklung von

diskontinuierlichen undkontinuierlichen Verfahren undTechnik fürbäckereitechnologischeGrundprozesse

Rohstoffe/Zwischen-undFertigprodukte• Rohstoffscreening• Compounds• funktionelle Lebensmittel

Bildungszentrum• Überbetriebliche

Lehrlingsunterweisung• Meisterausbildung• praxisnahe Weiterbildung

BereichLebensmitteltechnologieBereichsleiterDr. Ralph Thomann

Erforschung pflanzlicherRohstoffe

Entwicklung von Lebensmittelnund Herstellungsverfahren

Besondere Technologien• Extrusion und Co-Extrusion• Zerkleinerungs-,

Fraktionierungs- undDestillationsverfahren

• Hydrothermische Behandlung

Lehrling in der Lehrbäckerei

Getreide- und Mühlentechnologie

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172 Forschen für den ländlichen Raum

telbranche sind dabei Produktentwicklun-gen im Hinblick auf natürliche Konservie-rung, Erhalt aller wichtigen Inhaltsstoffe,Erschließung neuer Rohstoffe, angerei-cherte Nahrungsmittel sowie Erzeugnissefür spezielle Bevölkerungsgruppen.Ein Beispiel der Arbeit in diesem For-schungsbereich des Institutes ist die Ver-wertung von Nebenprodukten der Obst-und Samenverarbeitung. Aus Samenker-nen von Beerenobst, z.B. schwarzen Jo-hannisbeeren, Heidelbeeren, Erdbeeren,die als Nebenprodukte bei der Obstverar-beitung anfallen, oder aus reifem Samen,wie z.B. Borretsch, Schwarzkümmel, wer-den durch Abpressen der Öle Pressku-chen gewonnen, die durch mechanischeVerfahrensschritte so modifiziert werden,dass diese zu sensorisch einwandfreienLebensmitteln verarbeitet werden können.Diese Presskuchen enthalten Inhaltsstoffemit ernährungsphysiologisch wertvollenEigenschaften, die bisher weitestgehendungenutzt sind. Darüber hinaus werdenRezepturen und Verarbeitungstechnolo-gien zur Herstellung von Brot, Kleinge-bäck und feinen Backwaren erarbeitet.Die Wirksamkeit der wertgebenden In-

haltsstoffe wird innerhalb des Verbund-projektes analytisch und in einer Human-studie nachgewiesen. Da Roggen einewichtige Kultur im Land Brandenburg ist,befasst sich das Institut mit der vielfälti-gen Nutzung von Roggen im Lebensmit-telbereich. Gemeinsam mit anderen euro-päischen Forschungseinrichtungen wer-den spezifische Projekte bearbeitet undInformationen ausgetauscht.

MikroalgenEine Aufgabe des Bereiches Biotechno-logie des IGV ist die Forschung und Ent-wicklung zur Nutzung des biologischenPotenzials der Mikroalgen. Dabei reicht diePalette der Entwicklungsaufgaben von derKultivierung spezieller Mikroalgenarten mitder Zielstellung hochwertiger natürlicherSubstanzen, wie Farbstoffe, ungesättigteFettsäuren und Polysaccharide für Medi-zin, Kosmetik und Ernährung bis hin zurNutzung im energetischen Bereich. Das In-stitut hat eine eigene Kosmetikserie auf derBasis von Mikroalgen entwickelt und ver-marktet diese über die Internetplattformwww.aquaflor.de.

Die Breite der Aufgaben in diesem For-schungsbereich und die vielfältigen Poten-ziale von Mikroalgen werden anhand dernachfolgenden Projektbeispiele dargestellt.Im Zusammenhang mit der Ernährung derMenschheit spielt die Entwicklung von effi-zienten Futtermitteln eine große Rolle. Zieleines Projektes des Bereiches Biotechnolo-gie des Institutes ist es, den Fischmehlan-teil in Futtermitteln für die wirtschaftlich be-deutende Großgarnelengattung Penaeusdurch Einsatz pflanzlicher Eiweißquellenund Zusatz von Mikroalgen und Enzymendeutlich zu reduzieren. Die Rezepturen wer-den gemeinsam mit der Universität Texasentwickelt, in kleinen Test-Chargen nachneu entwickelten Verfahren hergestellt undin Fütterungsversuchen innerhalb einerKreislaufanlage getestet. Die Qualitätskon-trolle des Futtermittels erfordert dabei auchneue Qualitätssicherungssysteme auf derEbene der Rohstoffe, der Futtermittelfor-mulierung und der Wirkung des Futtermit-tels auf den Zielorganismus und die Was-serqualität. Die Integration eines Online-Verfahrens zur Erfassung biologischer Pa-

IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH

Bereich BiotechnologieBereichsleiter Prof. Dr. Dr. Otto Pulz

Photobioreaktoren• 20 l bis 42.000 l• 3DMS Photobioreaktor für die

Nutzung von CO2 aus Abgasen

Mikroalgenbiomasse• Nahrungsergänzungsmittel• funktionelle Lebensmittel• Tierfuttermittel• Kosmetik• Pharmaprodukte• Biokraftstoffe

Algenforschung

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Forschen für den ländlichen Raum 173

rameter und die Entwicklung eines Biomo-nitors für die Wasserqualität stellen Neue-rungen in der Qualitätssicherung dar. DieSuche nach effizienten Alternativen zu fos-silen Energieträgern gehört zu den ammeisten forcierten Forschungsgebietenweltweit. Dabei stehen erneuerbare Ener-giequellen aller Art wie Windkraft, Geother-mie, Biomasse (Biogas, Biodiesel) und be-sonders Sonnenenergie (Photonen) in Ver-bindung mit konventionellen Energieträgernund damit konventionellen Infrastrukturenderzeit im Vordergrund. Wasserstoff wirdallgemein als eine der prinzipiell und lang-fristig aussichtsreichsten alternativen Lö-sungen angesehen. Auch dabei werden er-neuerbare Energiequellen aller Art unter-sucht und bewertet. Da die wichtigste Pri-märenergiequelle auf der Erde die Sonnen-energie ist, verfolgen viele Programme de-ren Nutzung zur Herstellung von Wasser-stoff, vor allem auch biologisch-biotechno-logische Programme.

Mikroalgen und Cyanobakterien stehen da-bei im Zentrum der Forschung im IGV, dasie hochproduktive phototrophe Organis-men darstellen und biotechnologisch und

gentechnisch beherrschbar sind. Sehr guteErgebnisse wurden im Institut bei der Kulti-vierung von Mikroalgen zur Herstellung vonBiodiesel erreicht. Die Mikroalge Chlorellaerreicht unter den spezifischen Kultivati-onsbedingungen in den patentierten Reak-toren des Institutes bereits jetzt eine 30 malhöhere Ausbeute an Ölen als die gleicheMenge an Raps oder Sonnenblume.

DämmstoffeDie Durchführung von Forschungs-, Ent-wicklungs- und Demonstrationsvorhabenzur Erschließung weiterer Verwendungs-möglichkeiten von pflanzlichen Rohstoffenim Nichtnahrungsmittelsektor sind das brei-te Aufgabenfeld des Bereiches Nach-wachsende Rohstoffe des Institutes. Da-bei zählt die Technologie biogener Rohstof-fe genauso wie die Entwicklung biogenerWerkstoffe zum Profil. Besonders erfolg-reich ist das IGV im Bereich der Entwick-lung von Konstruktionswerkstoffen ausnachwachsenden Rohstoffen. Ein Beispielist der patentierte Dämmstoff Ceralith, derim Extrusionsverfahren aus Getreide undmineralischen Zusätzen hergestellt undzum Einblasen in Hohlräume von Dächern

IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH

Bereich NachwachsendeRohstoffeBereichsleiterDipl.-Ing. Uwe Lehrack

Entwicklung technischerWerkstoffe und Materialien• Erosionsschutz- und Be-

grünungsmaterial• Schalldämmende Systeme• Dämmstoffe• Binde-und Porosierungsmittel• Biokunststoffe• Bodenverbesserungsmittel• Bioethanol

Glasröhren für die Algenproduktion

Anlage zur Algenproduktion

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174 Forschen für den ländlichen Raum

und Deckenböden geeignet ist. Ein weiteresBeispiel sind Faserplatten zur Schall- undWärmedämmung. Die im IGV entwickeltenHerstellungsmethoden sorgen für verbes-serte Materialien, mit denen Anwendungs-spektrum und Angebotspalette wachsen.Insbesondere die Anforderungen an einenerhöhten Wärmeschutz mit dem Ziel einerglobalen CO2-Reduktion machen die entwi-ckelten Naturdämmstoffe noch attraktiver,da hier die CO2-Bilanz ausgeglichen ist.

Internationale Beachtung findet der Einsatzder im IGV entwickelten ROFA-Pflanzenfa-serplatten für den Erosionsschutz, die Be-grünung und Rekultivierung. Gemeinsammit der Gesellschaft für Technische Zusam-menarbeit (GTZ) und einem Unternehmenin Nepal wurde ein Projekt zum Land-schafts- und Bodenschutz realisiert. Dabeiwurde das von der IGV GmbH entwickeltekombinierte Erosionsschutz- und Begrü-nungssystem ROFA® eingesetzt. Als Test-fläche wurde ein Teil eines ausgedehntenBergrutsches an einer der wichtigstenHighways in Nepal (von Kathmandu nachIndien) ausgewählt. Voraussetzung für dieVerlegung der ROFA®-Pflanzplatten war die

ingenieurbiologische Sicherung und Vorbe-reitung der Versuchsflächen. Die Hangnei-gung der Versuchsfläche betrug 30 bis 50°,so dass das Ausbringen der ROFA®-Pflanz-platten unter kompliziertesten Bedingun-gen erfolgte. Die Arbeiten und die Schutz-maßnahme für den Berghang waren erfolg-reich. Die in den ROFA®-Matten integriertenSamen führten wenige Wochen nach derAuslegung zu der erwarteten Begrünungder mit diesen Matten belegten Fläche. DieVerwurzelung der Pflanzen im Boden desHanges ist eine erste Voraussetzung, dassder Boden nicht weiter abrutscht. Basie-rend auf diesen Ergebnissen wurde mitdem nepalesischen Partner ein Handelsab-kommen abgeschlossen. Darin wurde derAufbau einer landeseignen Fertigung sowiedie Lieferung von ca. 70.000 m2 ROFA-Pflanzplatten nach Nepal vereinbart.

Der Bereich Analytik ist sowohl Prüf- alsauch Forschungslabor. Er bietet ein breitesSpektrum an chemisch-physikalischen Un-tersuchungen in Lebensmitteln, pflanzli-chen Rohstoffen bzw. Verarbeitungspro-dukten an. In diesem Bereich des Instituteswerden für das Land Brandenburg Ernteun-

IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH

Versuchsfläche Erosionsschutz in Nepal

Bereich AnalytikBereichsleiterDr. Gerd Huschek

Unabhängiges PrüflaborDIN EN ISO 17025 akkreditiertGMP zertifiziert

Untersuchung von• Lebensmitteln• Obst• Gemüse• Futtermitteln• Kosmetik• Arzneimitteln• auf Verkehrsfähigkeit und

Produktsicherheit

Foto: IGV

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Forschen für den ländlichen Raum 175

tersuchungen zur Getreidequalität und Ver-arbeitungseignung von Roggen und Weizenunter Berücksichtigung des Mykotoxinsta-tus durchgeführt. Die Ernteuntersuchungenwerden ergänzt durch ein Vorerntemonito-ring zur Feststellung der Belastung von My-kotoxinen auf Risikoflächen. Ziel sind kurz-fristige Analysen und Bewertungen der Ern-te- und Verarbeitungsqualität des frisch ge-ernteten Brotgetreides (Weizen und Rog-gen) im Land Brandenburg nach demDrusch. Die Ergebnisse dieser Untersu-chungen versetzen die Landwirte, Agrarge-nossenschaften und Vermarktungsorgani-sationen in die Lage, ihre Getreidequalitätschon frühzeitig zu erkennen und eine ef-fektive Vermarktung des Getreides in dieWege zu leiten. Mit den Ergebnissen wirdder be- und verarbeitenden Industrie dieMöglichkeit gegeben, Brandenburgischelandwirtschaftliche Erzeugnisse bekannterQualität zu erwerben und zu verarbeiten.Die Bewertung der Getreidequalität erfolgtdurch die Analyse der Mahl- und rheologi-schen Eigenschaften, des Backverhaltenssowie der Rückstandsbestimmung von My-kotoxinen und Pflanzenschutzmitteln.

Ein zuverlässiges technologisches Verfahrenfür die Verarbeitung und Vermarktung vonFrischobst wird von Obstanbauern, Produk-tions- und Handelsbetrieben sowie von denHandelsketten gefordert. Dabei steht insbe-sondere für Kirschen der Klassierung Premi-um (Mindestdurchmesser 26 mm) eine län-gere Frischehaltbarkeit von 10 Tagen im Vor-dergrund. Im Projekt, gefördert durch dasBundesministerium für Wirtschaft, wird einneues technologisches Verfahren, das neuauf dem Markt angebotene Hydrocooler-System, zur Verbesserung der Lagerungsfä-higkeit von Obst am Beispiel von Süßkir-schen getestet. Hauptinhalts punkte desProjektes, die vom IGV bearbeitet werden,sind die Testung und Wichtung von haltbar-keitsverlängernden bzw. qualitätssichern-den Einzelmaßnahmen zur Lagerbeständig-keit am Beispiel von Süßkirschen mittels mi-krobiologischer und physiologischer Unter-suchungen sowie die Untersuchung vonEinzeleffekten, wie Identifizierung isolierterSchimmelpilze und Hefen, Überprüfung desErntezeitpunktes, Einfluss der Düngung (B,Ca), hygienische Maßnahmen.

Inhaltsstoffe, NahrungsergänzungsmittelInhaltsstoffe natürlich vorkommender Nah-rungsmittel, welche fördernd auf den Ge-sundheitszustand des Organismus wirken,sind gegenwärtig von besonders hohem In-teresse. Dazu gehören die Ballaststoffe, diegegenüber der Verdauung und Absorptionim menschlichen Dünndarm resistent sindund im Dickdarm teilweise oder vollständigfermentiert werden. In dem Vorhaben „Ver-besserung der Nährwertkennzeichnung inLebensmitteln durch Erweiterung der amtli-chen Ballaststoffbestimmungsmethodeund ihre Anwendung bei der Extraktion lös-licher Pentosane aus Roggenmehlsuspen-sionen“ werden durch den Bereich Analytikdes IGV vor allem Nachweismethoden fürPentosane sowie die entsprechendenNährwertkennzeichnungen entwickelt.

Das Prüflabor des IGV ist ein seit 1994durch die DAP Deutsches Akkreditierungs-system Prüfwesen nach DIN EN 45001 ak-kreditiertes Prüflabor für die Untersuchungvon Lebensmitteln, Getreide und Futtermit-teln. Reakkreditierungen nach DIN EN17025 fanden am 04.11.1999 und am13.05.2004 statt.

IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH

IGV GmbH ist

Mitglied in regionalenNetzwerken u.a.• iq Brandenburg• BEN Brandenburger

Ernährungsnetzwerk e.V.• Biotechnologieverbund

Berlin/Brandenburg e.V.• Pro agro e.V.• Pro Brandenburg e.V.

Mitglied in überregionalenVereinigungenu.a.• Arbeitsgemeinschaft

Getreideforschung e. V• Berliner Gesellschaft für

Getreideforschung e.V• Bund für Lebensmittelrecht

und Lebensmittelkunde e.V• Deutscher Fachausschuss für

Arznei- und Gewürzpflanzen• Deutsche Gesellschaft für

Ernährung e.V.• Deutsche Gesellschaft für

Qualität e.V. • Deutsche Gesellschaft für

Qualitätsforschung -pflanzliche Nahrungsmittele.V.

• ForschungskreisErnährungsindustrie e.V.

• Gesellschaft DeutscherChemiker e.V.

• Gesellschaft DeutscherLebensmitteltechnologen e.V.

Mitglied in internationalenVereinigungen u.a.• American Association of

Cereal Chemists• Asia-Pacific Society of

Phycology• European Society of

Microalgal Biotechnology• Internationale Gesellschaft für

Getreidewissenschaft undTechnologie

• International Society of AlgalBiotechnology

Untersuchung von Mehl

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176 Forschen für den ländlichen Raum

Das Institut für Veterinär-Pharmakologieund Toxikologie (IVPT) GmbH Bernau istein privates Forschungsinstitut im Land-kreis Barnim, Land Brandenburg. Hier ar-beiten unter der Leitung von OVR Prof.Dr. Klaus Lusky, Fachtierarzt für Pharma-kologie und Toxikologie, Eurotoxikologeund amtlich zugelassener Sachverständi-ger für Lebensmittel, erfahrene Veterinär-mediziner, Lebensmittelchemiker, undBiologen mit modernster Analysentech-nik.

Seit der Gründung im Jahre 1991 bietetdie IVPT GmbH Bernau Forschungs-,Entwicklungs- und Dienstleistungsarbei-ten auf den Gebieten der Veterinär-Phar-makologie, Rückstandstoxikologie sowieLebensmittel- und Futtermittelanalytikan. Seit 1992 arbeitet das Institut nachden Grundsätzen der Guten Laborpraxis(GLP).

1999 wurde die IVPT GmbH Bernau erst-malig nach DIN EN 45011 als Zertifizie-rungsstelle akkreditiert. In diesem Rah-men werden zahlreiche lebensmittelher-stellende und -verarbeitende Betriebe

sowie Handelseinrichtungen kontrolliertund zertifiziert, um einen hohen Verbrau-cherschutz über die gesamte Wertschöp-fungskette von der Erzeugung über dieVerarbeitung bis zum Endprodukt zu ge-währleisten.

Seit 2000 ist die IVPT GmbH Bernau alsPrüflaboratorium nach DIN EN ISO/IEC17025:2005 (vormals DIN EN 45001) fürdie sensorische, mikrobiologische, che-misch-analytische und rückstandstoxi-kologische Untersuchung von Lebens-mitteln, Futtermitteln u. a. biologischenStoffen akkreditiert.

Veterinär-Pharmakologie und ToxikologieIn der IVPT GmbH Bernau werden eineVielzahl von pharmakologisch-toxikolo-gischen Untersuchungen für Rück-standsanalysen u. a. für die pharmazeu-tische Industrie zur Analytik von Tier-arzneimitteln, Futterzusatzstoffen undanderen Wirkstoffen in biologischen Matrizes durchgeführt. Untersucht wer-den weiterhin die Zieltierverträglichkeit,

Institut für Veterinär-Pharmakologie und Toxikologie GmbH (IVPT)

LeitungOVR Prof. Dr. sc. med. vet. Klaus Lusky

Mitarbeiter15

Institut fur Veterinär-Pharmakologie undToxikologie GmbH

Weißenseer Straße 3616321 Bernau

Tel.: +49 (0)3338 3965-0Fax: +49 (0)3338 3965-17

[email protected]

…mit LaboreinblickFlurfront Chemisches Labor…

Foto: IVPT

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Forschen für den ländlichen Raum 177

Rückstandstoxikologie, Bioverfügbar-keit, Pharmakokinetik und -dynamik vonTierarzneimitteln oder z. B. das Rück-standsverhalten von Stoffen mit toxiko-logischer und ökotoxikologischer Bewer-tung. Die Untersuchungsdienstleistun-gen umfassen die Erarbeitung und Vali-dierung von Analysemethoden für be-kannte und neue Wirkstoffe in den zu un-tersuchenden Matrizes.

Lebens- undFuttermitteluntersuchungenEin wesentlicher Bestandteil der Lebens-mitteluntersuchungen in tierischen undpflanzlichen Matrizes sind die mikrobio-logische und chemische Analytik sowieGenusstauglichkeitsprüfungen gemäߧ 64 Lebens- und Futtermittelgesetzbuchfür Unternehmen der lebensmittelherstel-lenden und -verarbeitenden Industrie imRahmen der gesetzlichen und freiwilligenQualitätskontrolle.

Die Untersuchungen von Lebensmittelnumfassen neben der chemischen Analy-tik auf Zusammensetzung und Inhalts-stoffe (Brennwert, Eiweiß, Fett, Asche,Zucker, pH-Wert, Natrium, Kalium, Fett-säurespektrum, Ballaststoffe) auch dieAnalyse von Zusatzstoffen (z. B. Milchzu-cker, Glucose, Glutamin- und Ascorbin-säure) und weitere Parameter.

Außerdem werden Lebens- und Futter-mittel auf Kontaminanten wie z. B.Schwermetalle, Polychlorierte Biphenyle(PCB), Furane, Toxaphene, PolyzyklischeAromatische Kohlenwasserstoffe (PAK),Nitrat/Nitrit etc. sowie auf Rückständevon Pflanzenschutzmitteln, Tierarzneimit-teln und deren Metaboliten, Futterzusatz-stoffe, Spurenelemente und andere er-wünschte und unerwünschte Stoffe ge-prüft. Speziell für Futtermittel wurde dieMykotoxinanalytik etabliert.

Für die analytischen Fragestellungen ste-hen flüssigchromatographische und gas-chromatographische Trennsysteme mitverschiedenen Detektoren sowie einAtomabsorptionsspektrometer zur Verfü-gung. Darüber hinaus bietet die Lebens-

mittelanalytik des Instituts Screening-tests auf gentechnisch veränderte Orga-nismen (GVO) sowie Tierartendifferenzie-rung oder Schnelltests zum Nachweisvon Salmonellen, Listerien u. a. Lebens-mittelsicherheitskriterien an.

Im Rahmen der Integrierten Produktionwerden Kontrollen des Bodens, der Blät-ter und von Fruchtproben durchgeführt.Bodenproben werden u. a. auf den pH-Wert und den Gehalt der HauptnährstoffeStickstoff, Phosphor, Kalium und Magne-sium analysiert. Blattproben werden aufStickstoff und Trockensubstanz, Frucht-proben auf den Nitratgehalt sowie aufPflanzenschutzmittelrückstände unter-sucht.

Mikrobiologisch werden verschiedeneHygieneindikatoren, pathogene und fa-kultativ pathogene Mikroorganismenoder die produktspezifische technologi-sche Keimflora nachgewiesen.

Institut für Veterinär-Pharmakologie undToxikologie GmbH (IVPT)

Lückenindikation fürPflanzenschutzmittel imZulassungsverfahrenIm Rahmen des bundesweitenProgramms zur Neuzulassungvon Pflanzenschutzmittelnwerden durch die IVPT GmbH alsDienstleister seit 2002 Prüfungendurchgeführt.Dabei werden neue Methodenzur Analytik und zur Bestimmungder Rückstände dieserPflanzenschutzmittel erarbeitetund mit Hilfe modernsterAnalysentechnik umgesetzt.

Tätigkeiten derZertifizierungsstelle in der IVPT GmbH Die IVPT GmbH Bernau ist imRahmen von Produkt- undSystemzertifizierungen fürverschiedeneQualitätsprogramme, wie z. B.bei der Qualität und SicherheitGmbH Bonn und bei derBundesanstalt für Landwirtschaftund Ernährung, als akkreditierteZertifizierungsstelle nach DIN EN 45011 zugelassen undsteht bundesweit allenMarktbeteiligten zur Verfügung.Dabei werden die Bedingungenaller Marktstufen, beginnend vomFutter über Aufzucht und Mast,Schlachtung und Zerlegung,Reifung, Lagerhaltung bis hinzum Verkauf einer regelmäßigenneutralen Kontrolle unterzogenund zertifiziert.Die Zertifizierungsstelle der IVPTGmbH Bernau zertifiziertweiterhin Produkte der Obst- undGemüseproduktion des LandesBrandenburg.

Probenaufarbeitung Chemisches Labor

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178 Forschen für den ländlichen Raum

Die Lehranstalt für Gartenbau und FloristikGroßbeeren e.V. (LAGF) ist die Bildungsein-richtung aller gärtnerischen und floristi-schen Berufsverbände der Länder Bran-denburg und Berlin. Seit 1997 ist die LAGFaktiver Partner im Rahmen der dualen Aus-bildung im Beruf Gärtner. Brandenburgerund Berliner Auszubildende absolvieren ander LAGF bis zu acht Wochen die überbe-trieblichen Ausbildungskurse, die Teil derbetrieblichen Ausbildung sind und deshalbzumeist praktische Ausbildungsinhalte ver-mitteln. Rund 1.200 Auszubildende proJahr absolvieren die überbetrieblichenLehrgänge, die im Rahmen des dualen Sys-tems die betriebliche Ausbildung der Gärt-nerlehrlinge in den Gartenbauunternehmenergänzen. Die berufliche Weiterbildung wirdin Zusammenarbeit mit den gärtnerischenFach- und Landesverbänden zur Qualifizie-rung von Gärtnern und Floristen angebo-ten. Zielgruppe sind alle am Gartenbau In-teressierte, Facharbeiter, Poliere sowie Un-ternehmer aller Fachrichtungen des Gar-tenbaus und der Floristik. Seit August 2005wird die theoretische und praktische Aus-bildung zum Baumpfleger in Form von the-matisch und zeitlich eng abgegrenzten Bil-

dungsbausteinen (Modulen) angeboten.Fünf Grundmodule können zur Vorberei-tung auf die European Tree Worker Prüfunggenutzt werden, weitere fünf Aufbaumodu-le bereiten auf die Prüfung zum „Fachagrar-wirt Baumpflege und Baumsanierung“ vor.Vier Aufbaumodule werden empfohlen, umsich als European Tree Worker auf die Euro-pean Tree Technician Prüfung vorzuberei-ten. Die LAGF ist zudem Träger der Fortbil-dung zum Floristmeister.

Neubau der überbetrieblichen Ausbildungsstätte Gartenbau GroßbeerenNach über dreizehnjähriger erfolgreicherBildungsarbeit wird die LAGF mit Europa-,Bundes- und Landesmitteln erweitert. DieInvestitionen gliedern sich in drei Bauab-schnitte:1. Neubau von drei Werkstatthallen mit zu-gehörigen Freiflächen2. Neubau eines Ausbildungsgewächshau-ses für Gärtner 3. Neubau eines wankelförmigen Zentral-gebäudes für die LAGF mit den FunktionenUnterricht, Internat, Verpflegung und Ver-waltung nebst Gestaltung der zugehörigenFreiflächen.

Lehranstalt für Gartenbau und Floristik Großbeeren e.V. (LAGF)

Geschäftsführender Leiter LAGFCornelius Baudisch

Überbetriebliche AusbildungAbteilungsleiterManfred Wimmer

WeiterbildungAbteilungsleiterAndreas Johnke

Mitarbeiter12

Lehranstalt für Gartenbau und FloristikGroßbeeren e.V.

Theodor-Echtermeyer-Weg 114979 Großbeeren

Tel.: +49 (0)33701-2297-0Fax: +49 (0)33701-2297-20

[email protected]

Drei neue Werkstatthallen für die überbetriebliche Ausbildung

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Forschen für den ländlichen Raum 179

Die Werkstatthallen wurden 2008 fertig ge-stellt. Mit der Realisierung des dritten Bau-abschnittes wird ab 2012 gerechnet. DieLAGF kann damit für die Region Branden-burg und Berlin Lehrgänge und Seminareunter optimalen Rahmenbedingungen pra-xisnah und mit kompetenten Ausbildern undReferenten durchführen. Die LAGF hat nachFertigstellung der Baumaßnahme das archi-tektonische und landschaftsgärtnerischeAmbiente, um das pädagogische Niveauentsprechend attraktiv zu repräsentieren.

Europäische Bildungsarbeit: Multimediale Lernanwendung im blended-learning KonzeptDie LAGF ist seit 1997 Partner in verschie-denen europäischen Bildungsprojektenund arbeitet zurzeit an einem Online-Pro-jekt, das sich mit dem so genannten „Inte-grierten Lernen“ befasst. Als weitere Part-ner in diesem Projekt sind die StaatlicheLehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau inHeidelberg, der Bundesverband Garten-,Landschafts- und Sportplatzbau, das Cen-tre de Formation Professionnelle Forestièrein Frankreich, das Myerscough College inGroßbritannien, die IPC Groene RuimteArnhem in den Niederlanden, die Forst-

schule Erglu Arodvidusskola in Lettland,das Ministeriale FVM Vidékfejlesztési, Kép-zési és Szaktanácsadási Intézet in Ungarnund das European Arboricultural Council inSchweden zu nennen.

Das Ziel ist die Flexibilisierung und Harmo-nisierung der Baumpflege-Lehrgängedurch die Ergänzung multimedialer Lernan-wendungen im blended-learning-Konzept(vermischtes Lernen). Bei dieser Lernformwerden verschiedene Lernmethoden, Me-dien sowie lerntheoretische Ausrichtungenmiteinander kombiniert. Das Konzept ver-bindet die Effektivität und Flexibilität vonelektronischen Lernformen mit den sozialenAspekten der Face-to-Face-Kom mu ni ka -tion. Es bezeichnet damit eine Lernform,die eine didaktisch sinnvolle Verknüpfungvon „traditionellem Klassenzimmerlernen“und modernen Formen von E-Learning an-strebt. Die LAGF ist an dieser Entwicklungder neuen Lernmöglichkeiten beteiligt undwird den Interessierten im Bereich derBaumpflege die Ergebnisse ab dem Jahr2009 präsentieren können. Das Projektwurde mit Finanzmitteln des Leonardo-da-Vinci-Projektes aus Brüssel gefördert.

Lehranstalt für Gartenbau und Floristik Großbeeren e.V. (LAGF)

Gemeinsame Bildungseinrichtung der gärtnerischen undfloristischen Berufsverbände derLänder Brandenburg und Berlin

Nationale und internationale Kooperationen

Vermessen will gelernt sein

Pflanzen stehen im Vordergrund

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180 Forschen für den ländlichen Raum

Die Landesforstanstalt Eberswalde (LFE)ist als Bestandteil der Landesforstverwal-tung Brandenburgs das forstliche Kom-petenzzentrum für das nordostdeutscheTiefland. Als Versuchs- und Serviceein-richtung vereint die LFE praxisbezogeneVerfahrensentwicklungen und Dienstleis-tungen für Wald- und Forstwirtschaft überalle Waldeigentumsarten.

In dieser Eigenschaft ist sie auch für diewissenschaftliche Beratung der Forstbe-hörden und der Landesregierung verant-wortlich.Mit vergleichbaren Einrichtungenim In- und Ausland bestehen enge Kon-takte. Über Drittmittel werden Projekte fürBundesministerien, andere Bundesländerund die Europäische Union (EU) bearbei-tet.

Die in Eberswalde bewährte enge Verbin-dung von Forschung und Lehre wird heu-te durch die intensive Kooperation zwi-schen der Landesforstanstalt und derFachhochschule Eberswalde sowie an-deren „grünen“ Einrichtungen im LandBrandenburg und den angrenzendenBundesländern ständig weiterentwickelt.

Historische Wurzeln

Nach Verlegung der forstlichen Lehre unterWILHELM PFEIL im Jahre 1830 von Berlinnach Eberswalde begann sich hier im letz-ten Drittel des 19. Jahrhunderts eine selb-ständige forstliche Forschungsstätte zu ent-wickeln. Die Anfänge reichen zurück bis zurGründung der Hauptstation für das forstli-che Versuchwesen in Preußen im Jahr1871. DANCKELMANN, SCHWAPPACH, MÖLLER,DENGLER, WIEDEMANN, ERTELD, DITTMAR undweitere auf ihren Fachgebieten internationalbekannte und geachtete Forstwissen-schaftler wirkten in Eberswalde. Der Interna-tionale Verband Forstlicher Forschungsan-stalten (IUFRO) wurde 1892 in Eberswaldegegründet. Durch praxisbezogene kurz-und mittelfristige Untersuchungen und Pro-jekte in der angewandten Forschung sowiedurch langfristiges Monitoring in Wäldernauf Versuchsflächen, Dauerbeobachtungs-flächen und in Naturwäldern wird neuesWissen ermittelt. Das gewonnene Wissenaus eigener Forschung oder fremde Ergeb-nisse werden aufbereitet und in geeigneterForm und zielgruppenorientiert bereitge-stellt. Die Landesforstanstalt Eberswalde

Landesforstanstalt Eberswalde (LFE)

Leiter Prof. Dr. Klaus Höppner

Verwaltungsleiterin Petra [email protected]

ÖffentlichkeitsarbeitJan [email protected]

LandesforstanstaltEberswalde

Alfred-Möller-Str. 1 16225 Eberswalde

Tel.: +49 (0)33 34-59 3603 Fax: +49 (0)33 34-59 3601

Besuchsanschrift bis 01.03.2010:Alfred-Nobel-Straße 1, TGEHaus 26, 16225 Eberswalde

[email protected] www.lfe.brandenburg.de

Dialog mit der Praxis – die LFE erbringt Dienstleistungen, Wissenschafts- und Spezialaufgaben für Wald- und Forstwirtschaft

Mitglied der

Foto: LFE

Foto: LFE

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Forschen für den ländlichen Raum 181

führt Weiterbildungsveranstaltungen für dieLandesforstverwaltung, private Waldbesit-zer und Studenten durch und gibt beimjährlichen Winterkolloquium Einblicke in dieaktuelle Arbeit. In der Eberswalder Forstli-chen Schriftenreihe, in Faltblättern und Bro-schüren informiert sie über die Ergebnisseihrer Arbeit und ist Mitherausgeberin derFachzeitschrift „Archiv für Forstwesen undLandschaftsökologie". Die Öffentlichkeits-arbeit der Landesforstverwaltung erfolgtdurch Fachbeiträge, Organisation vonPresseterminen und Messeauftritten sowiedurch die Information von Presse, Hörfunkund Fernsehen zum Themenbereich Wald-und Forstwirtschaft. Im Lehrbetrieb derFachhochschule Eberswalde sind Mitarbei-ter der Landesforstanstalt Eberswalde aktivin die wissenschaftliche und praktischeAusbildung der Studierenden eingebunden.

OrganisationDie Landesforstanstalt Eberswalde ist als ei-genständige Einrichtung der Landesforst-verwaltung Brandenburg in drei Fachberei-che gegliedert. Diese bearbeiten Dienstleis-tungs-, Forschungs- und Entwicklungsauf-gaben, die sich sowohl aus langfristigen An-forderungen als auch kurzfristigen Aufträgen

der Landesforstverwaltung Brandenburgsowie aus Forschungsthemen ableiten.Schwerpunkte der Arbeit sind die wissen-schaftliche Begleitung des Waldumbaus so-wie die fachliche Unterstützung des Lan-desforstbetriebes, u. a. durch IT-Lösungenund die Fortentwicklung moderner betriebs-wirtschaftlicher Steuerungselemente.

Fachbereich Dokumentation und DatenmanagementDer Fachbereich betreibt das landesweiteIT-Fachnetz der Landesforstverwaltung.Dazu zählt insbesondere das zentral, server-basierte Forstliche Informations- und Con-trollingsystem (FICoS). Darin sind rund1.200 Nutzer eingerichtet. Durch die Kombi-nation von IT- und Forstfachkompetenz imFachbereich sowie die enge Zusammenar-beit mit der forstlichen Praxis und IT-Dienst-leistern können die vielfältigen und wach-senden Informationsbedürfnisse auf allenOrganisationsebenen der Forstbehörden er-füllt werden. Aufgabenschwerpunkte sinddie Gewährleistung der Informationssicher-heit, -verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Inte-grität sowie die Absicherung der IT-gestütz-ten Kosten-Leistungs-Rechnung (KLR) aufallen Ebenen der Landesforstverwaltung mitdem Forstbetriebsmanagementsystem

Landesforstanstalt Eberswalde (LFE)

Der FachbereichDokumentation undDatenmanagementgewährleistet die technischeAbsicherung des laufendenGeschäftsbetriebes sowie dieWeiterentwicklung modernerInformations- undKommunikationsinstrumente fürdie LandesforstverwaltungBrandenburg.

Laboruntersuchungen sind eine wichtige Grundlage für die Risikobewertung bei Gefahren durch Schadinsekten im Wald

Foto: LFE

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182 Forschen für den ländlichen Raum

FBMS. Die landeseigenen Waldflächen wer-den mit dem Liegenschaftsverwaltungs-und -informationssystem LIVIS verwaltet.

Gemeinsam mit den Bundesländern Meck-lenburg-Vorpommern und Thüringen wurdedie bundesweit modernste Wald-Daten-bank mit dem Datenspeicher DSW2 zur Er-fassung und Bearbeitung von Informatio-nen über den Zustand, die Struktur und dieEntwicklung des Waldes entwickelt. Dazuzählt auch die Unterhaltung des Geografi-schen Informationssystems (GIS) mit um-fangreichen Sach- und Geodaten sowieRecherche-, Darstellungs- und Auswert-einstrumenten und die Erstellung vonForststandard- und Spezialkarten. Zur IT-Unterstützung des Wald- und Umweltmoni-torings wurden Fachapplikationen z. B. imForstschutzmeldedienst entwickelt.

Fachbereich Waldentwicklung und MonitoringDie Erarbeitung von baumartenspezifischenKonzepten für eine zukunftsorientierte, na-turnahe Waldentwicklung ist eine Schwer-punktaufgabe des Fachbereichs Waldent-wicklung und Monitoring. Grundlage hierfürbilden u. a. wissenschaftliche Untersuchun-

gen aus einem umfangreichen Versuchsflä-chennetz einschließlich der gesetzlich ge-schützten und seit Jahrzehnten nicht be-wirtschafteten Naturwälder. Ein stufig auf-gebautes Monitoringprogramm, das aufverschiedenen ökosystemaren Ebenen denWaldzustand, die Waldentwicklung und dieDynamik der zahlreichen biotischen undabiotischen Einflussfaktoren überwacht unddokumentiert, stellt eine weitere Informati-onsquelle dar. Der jährliche Waldzustands-bericht der Länder Berlin und Brandenburgist ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit. Ak-tuelle Arbeitsaufgaben des FachbereichsWaldentwicklung und Monitoring sind dieErarbeitung von Grundlagen und Verfahrendes Waldumbaus, insbesondere mit Eiche,und die Untersuchung von Wegen zur na-türlichen und künstlichen Verjüngung derWälder. Mit der Überwachung des Waldzu-standes im Rahmen der europäischen undnationalen Monitoringprogramme (Forstli-che Umweltkontrolle, Level II) werden wich-tige Umweltdaten erfasst und bewertet.

Zur Erhaltung forstlicher Genressourcenwerden u. a. Saatgutbestände gebietshei-mischer Gehölze erfasst. In einem bundes-weiten Projekt werden Ulmen- undSchwarz-Pappelvorkommen kartiert undgenetisch charakterisiert sowie Auwäldermit Schwarzpappeln renaturiert. Untersu-chungen zum Ursachenkomplex des Ei-chensterbens, die Entwicklung von Verfah-ren zur Rekonstruktion von Wäldern nachgroßflächigem Insektenbefall, der Einflussder Bewirtschaftung auf die Struktur, Arten-ausstattung und auf den Bodenzustand vonWäldern im Vergleich zu unbewirtschaftetenNaturwäldern sind wichtige Fragen die For-schung. Neben der Beratung der Forstpra-xis z. B. in Fragen des Waldschutzes unddes Waldbaus entwickelt der Fachbereichdarüber hinaus mit Partnern aus Polen undMecklenburg-Vorpommern u. a. Verfahrenzur Biomasseabschätzung in Wäldern mitHilfe von Luft- und Raumfahrttechnik.

Hauptstelle für WaldschutzZum Schutz des Waldes vor tierischenSchaderregern und sonstigen Schadein-flüssen ist die Landesforstanstalt Eberswal-de zuständig für die Organisation des lan-desweiten Waldschutzmeldewesens. Dazu

Landesforstanstalt Eberswalde (LFE)

Der FachbereichWaldentwicklung undMonitoring integriertSpezialisten des Waldbaus, derWaldwachstumskunde, desWaldnaturschutzes, derForstgenetik und Ökophysiologie,der Forstlichen Umweltkontrolle,der Bodenkunde, desWaldschutzes, derPhytopathologie und derWildökologie. Durch dieZusammenarbeit verschiedenerFachdisziplinen wird dieBearbeitung komplexerFragestellungen ermöglicht.

Umbau von Kiefernforsten in Mischbestände mit Laubholz

Foto: LFE

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Forschen für den ländlichen Raum 183

gehören die Koordination des monatlichenWaldschutzmeldedienstes und die Heraus-gabe des monatlichen Waldschutz-Reportsund der Waldbrand-Statistik. Die Überwa-chung und Prognose der Großschädlinge inWäldern erfolgt u. a. durch die Leitung undAuswertung der flächendeckenden Winter-bodensuchen zur Kontrolle von Schadin-sekten. Dazu zählt auch die Anleitung vonKontroll- und Gegenmaßnahmen für spezi-fische Schaderreger wie Pilze oder Mäuse.

Die in Eberswalde entwickelten Verfahrensorgen dafür, dass der Überwachungsauf-wand rationalisiert werden konnte und übererforderliche Einsätze von Pflanzenschutz-mitteln punktgenau entschieden werdenkann. So werden Diagnosearbeiten und Be-ratung nicht nur für Brandenburg geleistet,sondern auch von anderen Bundesländernnachgefragt. In der Hauptstelle für Wald-schutz werden Forschungsarbeiten zu Bio-logie und forstlicher Bedeutung tierischerund pilzlicher Schaderreger durchgeführt,bestehende Verfahren der Überwachung,Prognose und Bekämpfung weiterentwickeltund in die forstliche Praxis übergeleitet. Forschungs stelle für Wild ökologie

und JagdwirtschaftDie Forschungsstelle für Wildökologie undJagdwirtschaft bearbeitet wildtierökologi-sche und jagdwirtschaftliche Fragestellun-gen für das Land Brandenburg und unter-breitet u. a. Lösungsvorschläge zur Verbes-serung der Lebensgrundlagen von Wildtie-ren sowie zur Wildbewirtschaftung unterbesonderer Berücksichtigung spezifischerProbleme in Schutzgebieten und Bergbau-folgelandschaften.

Zu den aktuellen Arbeitsthemen gehörenUntersuchungen zur Regulierung von Be-standshöhen bei Wildtieren, zur Verringe-rung von Wildschäden im Wald und zurgroßräumigen Bewirtschaftung von Scha-lenwildpopulationen. Im Rahmen der Unter-suchungen zur Wirkung und Effizienz vonWildtierpassagen über Verkehrswege stehtdie Wildbrücke über die Autobahn A11 imwissenschaftlichen Blickpunkt. Hier konntenicht nur die Querung der Brücke durch ei-nen Wolf, sondern auch durch mehrere tau-send andere Wildtiere dokumentiert werden.Weitere wichtige Erkenntnisse liefern mitGPS-Sendern versehene freilebende Rot-

Landesforstanstalt Eberswalde (LFE)

Kooperationspartner

Fachhochschule Eberswalde (FHE)www.fh-eberswalde.de

Johann Heinrich von Thünen-Institut Bundesforschungsinstitutfür Ländliche Räume, Wald undFischerei

Institut für Waldökologie undWaldinventuren www.vti.bund.de

Leibniz-Zentrum fürAgrarlandschaftsforschung (ZALF)www.zalf.de

Brandenburgische TechnischeUniversität Cottbus (BTU)www.tu-cottbus.de

Potsdam Institut fürKlimafolgenforschung (PIK)www.pik-potsdam.de

Forschungsinstitut fürBergbaufolgelandschaften (FIB)www.fib-ev.de

Landesamt für Bergbau, Geologieund Rohstoffeww.lbgr.Brandenburg.de

Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstaltwww.nw-fva.de

Technische Universität Dresden Fakultät für Forst-, Geo- undHydrowissenschaftenwww.tu-dresden.de

Instytut Badawczy Lesnictwa(IBL) w Warszawie www.ibles.waw.pl

Zuwachsmessungen auf forstlichen Versuchsflächen

Inventuren zur Waldschadenerhebung oder für dienachhaltige Bewirtschaftung des Landeswaldes

Foto: LFE

Foto: LFE

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184 Forschen für den ländlichen Raum

Landesforstanstalt Eberswalde (LFE)

und Damhirsche westlich und östlich derAutobahn. Neben der Erarbeitung von Vor-schlägen zur Gestaltung einer artenreichenOffenlandschaft wird der jährliche Jagdbe-richt für das Land Brandenburg erstellt unddas deutsche W.I.L.D. – Wildtierinformati-onssystem für Ostdeutschland koordiniert.

Fachbereich Planung und BetriebswirtschaftDie eigentumsübergreifende Planung derWaldentwicklung ist Teil der forstlichen Rah-menplanung. Sie beinhaltet die Potenzialpla-nung für den langfristigen standortgerechtenWaldumbau und dient der Forstverwaltungfür forstpolitische Entscheidungen sowie dieAnleitung und Beratung im Privat- und Kom-munalwald. Sie ist gleichzeitig ein Fachbei-trag der Forstwirtschaft in außerforstlichen,raumbedeutsamen Programmen und Plä-nen. Zur nachhaltigen Waldentwicklung undHolznutzung werden Großrauminventurendurchgeführt und die nachhaltige Bewirt-schaftung des Landeswaldes durch mittel-fristige Betriebspläne abgesichert. Darin fin-den eine zuvor überarbeitete Standorterkun-dung ebenso Berücksichtigung wie vorlie-gende Waldbiotopkartierungen.

Der Aufgabenschwerpunkt Betriebsanalysebefasst sich mit den betriebswirtschaftli-chen Aspekten im Forstbereich. Je nachProduktzuschnitt werden Fragestellungenzur Unterstützung des Landesforstbetrie-bes oder allgemein gültige betriebswirt-schaftliche Lösungsansätze bearbeitet.

Mit der Betreuung des bundesweiten Test-betriebsnetzes (TBN) forstwirtschaftlicherBetriebe in Brandenburg und der des Test-betriebsnetzes Kleinprivatwald und forst-wirtschaftliche Zusammenschlüsse wirddie betriebswirtschaftliche Situation der an-nähernd 100.000 Waldbesitzer in Branden-burg stichprobenartig erfasst. Neben derDurchführung der Landeswald inventur wirdvom Fachbereich die landesweite Kartie-rung und Aktualisierung der Waldfunktio-nen als Planungsgrundlage für Forstwirt-schaft und Raumordnung durchgeführt.

KooperationAls zuverlässiger Kooperationspartner istdie Landesforstanstalt Eberswalde nichtnur in der Region Berlin-Brandenburg ge-fragt. Ein intensiver Wissens- und Erfah-rungsaustausch besteht auf der Basis vonKooperationsverträgen z. B. mit den Bun-desländern Mecklenburg-Vorpommern undBerlin sowie der Republik Polen.

DrittmittelprojekteNeben den Forschungsaufgaben, die derLandesforstanstalt Eberswalde vom zustän-digen Ministerium für Ländliche Entwick-lung, Umwelt und Verbraucherschutz desLandes Brandenburg gestellt werden, bear-beiten die Wissenschaftler der LFE zusätz-lich eine Reihe extern finanzierter For-schungsfragen im Auftrag des Bundes undder Europäischen Union. Diese Forschungs-aufträge stehen in engem Bezug zu denzentralen Forschungsaufgaben des Landes(Kernaufgaben) und unterstützen diese invielfältiger Weise. Somit kann die LFE alsdrittmittelfähige Landeseinrichtung zusätzli-che befristete Arbeitsplätze schaffen.

Das Beispiel EicheBundesweit hat sich die LFE ein Renom-mee bei der Erforschung der Chancen und

Langfristige wissenschaftliche Versuchsflächen – wichtigeGrundlage der forstlichen Forschung

Wichtige Arbeitsfelder desFachbereichs Planung undBetriebswirtschaft sindDienstleistungen zurnachhaltigen betrieblichenSteuerung derLandesforstverwaltungBrandenburg, die ökonomischeBeurteilung des StrategiezielesWaldumbau und Untersuchungenzur ökonomischen Lage desPrivat- und Körperschaftswaldesin Brandenburg.

Foto: LFE

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Forschen für den ländlichen Raum 185

Landesforstanstalt Eberswalde (LFE)

Grenzen des Waldumbaus mit der BaumartEiche erworben. Im Fokus der Forschungstehen Fragen, die von der Entwicklungökologisch vitaler Eichen-Kiefern-Misch -bestände bis zur Verwertung des anfallen-den Eichenschwachholzes reichen. Dabeiwerden drei Konfliktfelder des Waldumbausim nordostdeutschen Tiefland deutlich. An-gesichts der prognostizierten Klimaände-rungen stellt sich die Frage, ob die kosten-intensive Erhöhung des Eichenanteils auchökonomische Nachhaltigkeitsziele erfüllenkann. Dabei ist zu berücksichtigen, dassdie Eiche die am stärksten geschädigteLaubbaumart ist.

Eine Schlüsselstellung im Ursachenkomplexdes Schadgeschehens nehmen jene Fakto-ren wie Sommertrockenheit, warme Winterund Insektenkalamitäten ein, die sich unterdem Einfluss prognostizierter Klimaänderun-gen häufen könnten. Andererseits zeigen dieUntersuchungen der LFE, dass Trauben-Ei-chen innerhalb ihres großen europäischenVerbreitungsgebietes eine häufig unter-schätzte Elastizität und Anpassungsfähig-keit aufweisen, die es zu nutzen gilt. Gleich-

zeitig nimmt im Zuge des Waldumbaus derAnteil des Eichenschwachholzanteils inBrandenburg zu, für den wirtschaftlich loh-nenswerte Verwendungsmöglichkeiten ge-funden werden müssen. Mit dem Verbund-Forschungsprogramm, an dem auch andereBrandenburger Forschungseinrichtungenbeteiligt sind, wurde ein Brückenschlag zwi-schen der klassischen Waldforschung undder Holzwirtschaft erzielt.

Das Beispiel BiomarkerSeit Anfang der 1990er Jahre wurden inEberswalde Methoden entwickelt, mit de-nen es auf der Grundlage sogenannter Bio-marker möglich ist, die Anpassungsfähig-keit von Gehölzen z. B. bei Klimaänderun-gen objektiv zu bewerten. Da die schädi-gende Wirkung von latenten Klimaänderun-gen oder auch von Klimaextremen zu-nächst kaum wahrgenommen wird, muss-ten Reaktionsindikatoren gefunden werden,die eine kostengünstige Frühdiagnose derStressbelastung und der Anpassungsfähig-keit von lebenden Gehölzen unter Freiland-bedingungen erlauben. Die Biomarker wer-den heute routinemäßig im forstlichen Mo-nitoring, in der Ökosystemforschung undder Klimawirkungsforschung eingesetzt.

Das Beispiel Forstgenetische RessourcenAufgrund ihrer Erfahrungen in der forstge-netischen Analytik wurde die LFE in denletzten Jahren mit bundesweiten Projektenzur Erhaltung und genetischen Charakteri-sierung z. B. der vom Aussterben bedroh-ten Schwarz-Pappel oder der ebenfalls ge-fährdeten Ulmenarten beauftragt. Für dieseBaumarten konnten erhaltungsrelevanteGenzentren in Deutschland gefunden undcharakterisiert werden. In einem umfangrei-chen Erhaltungsprojekt wurden im Natio-nalpark Unteres Odertal Auwälder auf ehe-maligen Grünlandstandorten mit Schwarz-Pappeln angelegt. Die in Eberswalde ge-wonnenen Erfahrungen wurden in einem„Leitfaden zur Auwaldinitialisierung“ doku-mentiert und stehen für europäische Folge-projekte zur Verfügen. Umfangreiche Erfah-rungen bei der Wiederbewaldung von Ex-tremstandorten konnten die Wissenschaft-ler der LFE bereits bei der Anlage von Hart-und Weichholzauen in der Lenzener Elbta-laue gewinnen.

Sorgenkind Eiche: Untersuchungen zum Krank heits ge sche -hen an Brandenburgs wichtigster Laubbaumart

Eine Auswahl aktuellbearbeiteter Projekte

Nachhaltige Bewirtschaftung vonEichen-Kiefern-Mischbeständenim subkontinentalen Nord -ostdeutschen Tiefland

ProjektträgerBundesministerium für Bildungund Forschung

Verbundvorhaben ,NachhaltigeBereitstellung von DendromasseLeitbilder und Szenarien für dieenergetische und stofflicheVerwendung von Waldholz undschnellwachsenden Gehölzen."

ProjektträgerBundesministerium für Bildungund Forschung

Erfassung und Dokumentationgenetischer Ressourcen derSchwarz-Pappel und derUlmenarten in Deutschland

ProjektträgerBundesamt für Landwirtschaftund Ernährung

Erhaltung der Schwarz-Pappel(Populus nigra) im Rahmen derAnlage von Weichholzauewäldernim Nationalpark Unteres Odertal

ProjektträgerDeutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)

Wildtier-Informations-System derLänder Deutschlands W.I.L.D.

Projektträger Deutscher Jagdschutzverband e.V.

Foto: LFE

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186 Forschen für den ländlichen Raum

Nicht weit westlich der LandeshauptstadtPotsdam, zwischen der Blütenstadt Werderund Brandenburg gelegen, findet man denStandort der Lehr- und Versuchsanstalt fürTierzucht und Tierhaltung e.V.Ruhlsdorf/Groß Kreutz (LVAT) in der Ort-schaft Groß Kreutz. Seit 1993 bewirtschaf-tet die LVAT hier als außeruniversitäreAgrarforschungseinrichtung ihr landwirt-schaftliches Versuchsgut. Mit ihren Ver-suchsanlagen in Groß Kreutz und am zwei-ten Standort Teltow-Ruhlsdorf ist die LVATdie wichtigste Forschungs- und Untersu-chungsbasis für die Rinder-, Schweine-und Schafhaltung im Land Brandenburg.

Die LVAT verfügt über moderne Tierhal-tungs- und Versuchsanlagen, unter ande-rem einen Außenklimastall mit Melkroboter.Für die praktische Versuchsdurchführungund den Landwirtschaftsbetrieb werden ca.700 Rinder, 500 Mutterschafe und 800Schweine gehalten. Auf 950 ha wird derFutter- und Marktfruchtbau zur Absicherungder Tierbestände und für die Informations-gewinnung zum standortgerechten Land-bau betrieben. Dabei werden neben intensivbewirtschafteten Standorten auch Flächen

mit Einschränkungen durch Naturschutz-und Vogelschutzauflagen einbezogen.

In enger Zusammenarbeit mit dem Lan-desamt für Verbraucherschutz, Landwirt-schaft und Flurneuordnung (LVLF) werdenhoheitliche Aufgaben bzw. Dienstleistun-gen für das Land Brandenburg erbracht.Die LVAT ist mit der praktischen Durchfüh-rung der Leistungsprüfung in Station alsNachkommens-, Herkunfts- beziehungs-weise Futterwertleistungsprüfung für dieTierarten Rind, Schwein und Schaf beauf-tragt. Unter standardisierten Umweltbedin-gungen werden Daten für die Ermittlungvon Zuchtwerten über das genetischeLeistungsvermögen für die geprüften Tiereund ihre Verwandten für die landwirtschaft-liche Nutzung ermittelt. Für die Arbeit desLVLF liefert die praktische Durchführungvon Versuchen in der LVAT die Forschungs-basis und Bewertungsgrundlage für vielelandwirtschaftliche Produktionsverfahren.Diese Versuche sind auch die Grundlagefür die Demonstration praktisch anwend-barer Ergebnisse der Tierhaltung sowie dieWeiterbildung von Landwirten und land-wirtschaftlichen Beratern.

Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. (LVAT)

GeschäftsführerDipl.-Ing. Detlef May

Mitarbeiter3 Beschäftigte4 Auszubildende

Lehr- und Versuchs-anstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V.

Neue Chaussee 614550 Groß Kreutz

Tel. +49 (0)33207 32252Fax +49 (0)33207 30024

[email protected]

Versuchsaußenklimastall

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Forschen für den ländlichen Raum 187

Gemeinsam mit Partnern wurden in denletzten 10 Jahren über 300 für die Land-wirtschaft relevante Themen und Versuchebearbeitet. Für Lösungen der sich verän-dernden Haltungs- und Managementan-sprüche in der Tierhaltung ist die LVAT oft-mals Wegbereiter. Durch die neutrale Bera-tung, Weiterbildung und Information konn-ten oft Fehlentscheidungen und Fehlinves-titionen in den Betrieben vermieden wer-den.

Sehr intensiv nutzten in den letzten JahrenLandwirte und Behörden die Erfahrungender LVAT in Groß Kreutz zum Bau und Be-trieb einer Biogasanlage. Die LVAT kannhier wichtige Erkenntnisse für Investitions-entscheidungen vermitteln. Als Praxispart-ner der Fachagentur Nachwachsende Roh-stoffe (FNR) werden seit vier Jahren durchdie LVAT Erfahrungen zur Energiepflanzen-fruchtfolge unter Brandenburger Standort-bedingungen gesammelt.

Die Arbeit der LVAT trägt dazu bei, dassauch in Zukunft die Brandenburger Land-wirte in die Lage versetzt werden, unter ver-änderten agrar- und umweltpolitischen

Rahmenbedingungen sich dem hohen na-tionalen und internationalen Wettbewerbs-druck zu stellen und ihre Betriebe erfolg-reich weiterzuentwickeln.

Wichtige Themen in der Arbeit der LVAT inGroß Kreutz sind zum Beispiel Versucheund Datenauswertungen zum Managementund zur Nutzungsdauer in der Milchviehhal-tung sowie zur Mutterkuhhaltung unter denbesonderen Ansprüchen der ganzjährigenFreilandhaltung. In der Schafhaltung zurLandschaftspflege werden Ausrüstungs-komponenten und die elektronische Tier-kennzeichnung auf ihre Praxistauglichkeitüberprüft. In Ruhlsdorf werden unter ande-rem Themen der umwelt- und leistungsge-rechten Schweinefütterung und -haltungbearbeitet. Durch die Kooperation mit meh-reren Universitäten werden die Tierhal-tungsanlagen auch für die Ausbildung unddie Durchführung von Praktika von Studen-ten genutzt. Unter anderem führt die LVATjedes Jahr das landwirtschaftliche Prakti-kum für 35 bis 50 Veterinärstudenten durch.Neben der Studentenausbildung bietet dieLVLF jährlich 20 bis 25 Lehrgänge undSchulungsveranstaltungen an.

Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. (LVAT)

ArbeitsschwerpunkteUntersuchungen zulandwirtschaftlichenProduktionsverfahrenDemonstrationsprojekte,Weiterbildung undVerbraucheraufklärung

Hoheitliche AufgabenNachkommen-, Herkunfts- undFutterwertleistungsprüfung fürdie Tierarten Rind, Schwein undSchaf

Zunehmende Bedeutung in derÖffentlichkeitsarbeit erlangen die Demonstrationlandwirtschaftlicher Verfahren und die sachgerechteVerbraucheraufklärung. VomSchulkind über Studenten, Lehrerbis zum Verbraucher informierensich die Berliner undBrandenburger in Groß Kreutzüber moderne Tierhaltung undumweltgerechte Landwirtschaft.Insgesamt kommen pro Jahrzwischen 2.500 bis 3.000Besucher an die Standorte der LVAT.

Melkroboter im Außenklimastall

Freilandflächen der LVAT mit Schafen

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188 Forschen für den ländlichen Raum

PROTEKUM Umweltinstitut Oranien burgbietet ein breites Spektrum an Leistun-gen für den ländlichen und städtischenRaum. Ganzheitliche Kunden betreuungmit dem Ziel möglichst komplexer Auf-gabenlösungen wird reali siert durch dieAnalyse von Stoffen in Boden, Wasserund Luft, die Erarbeitung und Durchfüh-rung von Sanierungskonzep ten, die Ver-wertung der Reststoffe durch die Ge-winnung unterschiedlicher Wirk- undWertstoffe sowie die umfassende Bera-tung.

Auf diese Gebiete konzentriert sich auchdie innovative Arbeit. Das Alter der Pro-dukte und Dienstleistungen beträgt imDurchschnitt vier bis fünf Jahre.

Dazu stellt die Zusammenarbeit mit Hoch-schulen und Wissenschaftseinrichtungeneine wichtige Voraussetzung dar. In denletzten drei Jahren wurden 15 Diplomar-beiten im Unternehmen betreut sowieeine Vielzahl von Praktikanten u. a. aufden Fachge bieten der Weißen Biotechno-logie, der Abwas serklärtechnik, der Analy-tik von pflanz lichen Wirkstoffen, derSprengstoffanalytik qualifiziert.

Projekte der letzten Jahre

Entwicklung eines Extrakts aus rotenWeintrauben, in dem alle die gesund -heitsfördernden Inhaltsstoffe der rotenWeintrauben, die Gerbsäuren, die Bio fla-vonoide, die Anthocyane (Farbstoffe), dasResveratrol, das Traubenkernöl und das Vi-tamin E enthalten sind. Dieses Extraktions-verfahren wurde weiterent wickelt, um auchaus anderen Trestern von Obst- und Wild-fruchtarten die Wirkstoffe zu isolieren. Ver-suche an Tieren und Zellkulturen zeigen,dass Bioflavonoide und andere Inhaltsstof-fe der roten Weintrauben eine vorbeugen-de Wirkung gegen Herz-Kreislauf-Er kran -kungen und verschiedene Krebsarten zei-gen. In Deutschland liegt der Verzehr anFlavonoiden bei etwa 12 mg, von nieder-ländischen Wissen schaftlern wird jedocheine Tagesdosis von 30 mg täglich emp-fohlen. Dieses Defizit lässt sich durch Ex-trakte der roten Weintrauben problemlosausgleichen. Aus diesem Rotweintrauben-Extrakt sind u. a. folgende Produkte alsfunktionale Lebensmittel mit Partnern ent-wickelt worden: Rotweintrauben-Bonbonsund spezielles Vollkornbrot. Diese Produk-te haben den Vorteil der Alkoholfreiheit.

PROTEKUM Umweltinstitut GmbH Oranienburg

GeschäftsführungHerr Prof. Dr. Lothar EbnerFrau Chem.-Ing. Gudrun Ebner

Gründung17.12.1991

ProkuraHerr Dr. Ingo EbnerHerr Gerald Kluge

Mitarbeiter20

PROTEKUM Umweltinstitut GmbHOranienburg

Lehnitzstraße 73, 16515 Oranienburg

Tel.: +49 (0)3301-698100Fax: +49 (0)3301-698210

[email protected]

Ausgangsstoff, Zwischen- und Endprodukte

Rotweintrester, Schalen und Kerne

Produkte mit Rotweinextrakt.

Diese Produkte haben den Vorteil der Alkoholfreiheit.

Extrakte in fester und flüssiger Form

Fotos: PROTEKUM

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Forschen für den ländlichen Raum 189

Von besonderem Interesse sind die sekun-dären Pflanzenstoffe in der Tierfüt terungund -mast, denn seit 2006 ist der Einsatzvon Antibiotika, Chemotherapeu tika, Hor-monen, Thyreostatika als wachs tumsför-dernde Substanzen verboten. Diese Stoffe,die präventiv das Immun system stärken,die Problematik der Er krankungen des Ma-gen- und Darmtrakts der Jungtiere sowieihren Allgemein zustand verbessern und da-rüber hinaus auch die allgemeine Entwick-lung fördern (u.a. Gewichtszunahme) fan-den wir in den Extrakten aus roten Wein-trauben. Die Anwendungsuntersuchungendieser Pro dukte als Einzelfuttermittel zurMast bei Schweinen erbrachten eine Ver-kürzung der Mastdauer im Durchschnitt um5 Tage bei gleichbleibender Qualität desFleisches. Zusätzlich wurde durch den Ein-satz von Rotweinextrakten als pflanzlichesFutter mittel erreicht, dass die ca. 20 % so-genannter Kümmerer auch das Mastziel inder vorgesehenen Zeit erreichen konnten.

PROTEKUM hat in den letzten Jahren einneues Brandschutzmittel auf einer um-weltschonenden Grundlage mit der Be-zeichnung „antifire“ entwickelt, um Zellu-losefasern (Hanf, Baumwolle, Sisal) undauch Wolle brandhemmend auszu rüsten.Die verdünnte wässrige Lösung von grenz-flächenaktiven Wirkstoffen zieht auf die Fa-sern auf und ist infolge einer irreversiblenReaktion nicht eluierbar. In einem gemein-

samen Projekt mit der Höffele, WattefabrikOHG, Graben-Neudorf wird versucht, dieVorzüge von zwei ökolo gischen Dämm-stoffen miteinander zu kombinieren. Die-se Sandwich-Strukturen Schafwolle/Hanf(weiches Wollvlies und mechanisch stabilebis steife Hanffaser) haben hervorragendeDämmstoff eigenschaften und sind durchdie verbesserte Biegsteifigkeit sehr gut fürdie handwerkliche Verarbeitung geeignet,bei Erhalt der Vorzüge beider Fasern.

Eine Desinfektionsanlage „Hypocell“ er-gänzt seit 2008 die Kleinkläranlage „Mi-croclar“ und gewährleistet damit dieNachnutzung des Ablaufwassers alshochwertiges Brauchwasser. Diese Anla-genkombination wurde als Modul fürLandwirtschafts- und Industriebetriebeweiterentwickelt und getestet.

Eine enge Kooperation mit Partnerein rich -tungen der Humboldt-Universität auf denGebieten der Wirkstoff forschung und -an -wendung, insbesondere auf dem Gebietder Tierernährung, gewährleistet die inno -vative Entwicklung im Unternehmen. ImNetzwerk mit Einrichtungen und Betriebender Ernährungswirtschaft wurden die Pro-dukte der Nahrungs ergänzungsmittel so-wie der Functional Food entwickelt und aufden Markt gebracht. Die gut entwic kel teAnalytik des Unternehmens gewährlei stetdie effektive Qualitätsüberwachung.

PROTEKUM Umweltinstitut GmbH Oranienburg

Bereiche des Unternehmens • Analytik• Technologie/Biotechnologie• Ingenieurbüro• Consulting

Leistungen• Durchführung von Analysen zu

Erkennung von Schadstoffen• Erkundung und Bewertung

von Altlastenstandorten• Untersuchung und

Begutachtung von Baugrund• Planung und Überwachung

von Sanierungsmaßnahmen• Entwicklung und Bau von

Umwelttechnologie• Gewinnung von

„Functional foods“ auspflanzlichen Reststoffen

• Produktion vonBrandschutzmitteln aufökologischer Basis

Projekte• Nutzung von Pflanzenstoffen

als Substitute fürChemotherapeutika in derTierfütterung

• Ökologische Schichten-dämmstoffe – Hanf/Wolle –brandhemmend mit antifireausgerüstet

• Kleinkläranlage „Mikroclar“zur dezentralen Abwasser-behandlung

• Großkläranlage „Cityclar“nach dem USBF-Prinzip(Upflow Sludge BlanketFiltration)

• Anlage zum Wasserrecyclingbei Biogasanlagen

Das Laborder PROTEKUM Umweltinstitut Oranienburg GmbH istentsprechend der BAM-Nr. 058, der DAP-PL-1377-00 und derUVP akkreditiert. Auf dem Gebietder Sprengstoffanalytik ist eseine von zwei in den neuenBundesländern zugelassenenEinrichtungen. Es besitzt vielfältige Zulas-sungen, u. a. zurTrinkwasseruntersuchung.

Gerätetechnische AusstattungAAS, GC, HPLC,Destillationsanlagen,Kleinkläranlagenprüffeld

Kleinkläranlage „Microclar“

Flammversuch, Vergleich

Foto: PROTEKUM

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190 Forschen für den ländlichen Raum

Das Waldkunde-Institut Eberswalde wurde1994 als privates Forschungsinstitut vonProf. Dr. habil. Gerhard Hofmann begründet.Das Institut steht in der Tradition der lang-jährigen waldökologischen Forschung amStandort Eberswalde und verfügt über Da-ten von mehr als 12.000 Versuchsflächen,die in teilweise langjährigen Versuchsreihenseit über einem halben Jahrhundert erho-ben wurden.

Ursprüngliche Versuchsziele waren die Auf-deckung der Vegetations-Standorts-Be zie -hung, die Herausarbeitung der natürlichenOrdnung der Waldvegetation, die großräu-mige Vegetationskartierung, die Erkundungder Wirkung von Nährstoffzuführungen aufdie Waldvegetation und die Untersuchungder Nettoprimärproduktion in verschiede-nen Waldtypen. Mit der Institutsgründungwurden Methoden der Ökosystemanalyseund -modellierung sowie der ökologischenInformatik zunehmend zu zentralen Werk-zeugen der waldkundlichen Forschung. Diewissenschaftliche Koordinierung von regio-nalen und überregionalen Forschungsver-bünden im Auftrag des Bundesministeriumsfür Bildung und Forschung (Waldumbaufor-

schung) oder des Bundesamtes für Natur-schutz (Kartierung der potenziellen natürli-chen Vegetation) sowie die Lehre am Fach-bereich Landschaftsnutzung und Natur-schutz der Fachhochschule Eberswalde er-gänzen das Aufgabenspektrum des Insti-tuts. Die zunehmende Konzentration vonTreibhausgasen in der Atmosphäre erfordertforstliche Risikovorsorge. Am Waldkunde-Institut Eberswalde wurde hierzu das Kon-zept klimaplastischer Wälder entwickelt.

Waldkunde-Institut Eberswalde GmbH (W.I.E.)

Leiter/GeschäftsführerDr. rer. nat. Martin Jenssen

Mitarbeiter6

Waldkunde-InstitutEberswalde GmbH

Dorfstraße2716248 Hohensaaten

Tel.: +49 (0)33368 70397Fax: +49 (0)33368 70398

[email protected]

Versuchsfläche um Eberswalde Mess- und Aufzeichnungsinstrumente

Wurzeln: Die Vertreter der EberswalderWaldvegetationskunde mit Alexis Scamoni (Mitte), HarroPassarge (links) und Gerhard Hofmann (rechts) in einerDiskussion über die natürliche Vegetation (1960).

Foto: W.I.E.

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Forschen für den ländlichen Raum 191

Klimaplastische ZukunftswälderKlimaplastische Wälder werden als Mosai-ke verschiedener an die kleinräumigenStandortsbedingungen angepasster Laub-und Nadelbaumarten begründet. Ihr Aufbauorientiert sich an natürlichen Konstruktions-prinzipien, bei Gewährleistung ökonomi-scher und ökologischer Anforderungen derNachhaltigkeit. Da sie sich durch Verände-rung der Mengenanteile der Baumarten andas sich wandelnde Klima anpassen kön-nen, bieten sie die größtmögliche Sicherheitangesichts einer unvorhersagbaren Klima-zukunft. In dem vom Bundesministerium fürBildung und Forschung geförderten Ver-bundprojekt NEWAL-NET erforscht dasWaldkunde-Institut in enger Kooperationmit dem Leibniz-Zentrum für Agrarland-schaftsforschung, der Humboldt-Universi-tät und weiteren Institutionen vor allem diewaldkundlichen Aspekte des neuen Leitbil-des klimaplastischer Tiefland-Wälder.

Natürliche VegetationspotenzialeMitteleuropa wäre von Natur aus nahezuvollständig mit Wald bedeckt. Die natürli-chen Potenziale der Waldvegetation sindwichtige Grundlage für Landschafts-, Natur-schutz- und Forstplanungen, sie sind zu-gleich Informationsträger für weitere zu er-schließende Naturpotenziale wie Nettopri-märproduktion, Kohlenstoff- und Stickstoff-speicherung, Wasserhaushalt und Biodiver-sität. Am Waldkunde-Institut werden die na-türlichen Vegetationspotenziale auf unter-schiedlichen Maßstabsebenen kartiert undmodelliert. Diese Arbeiten besitzen eine ak-tuelle Bedeutung z.B. für die Erstellung vonSzenarien der Vegetationsentwicklung beiKlimawandel oder für die Entwicklung einesLeitbildes der Auwaldinitialisierung im Na-tionalpark Unteres Odertal.

Pflanzenartenvielfalt im WandelSchutz und langfristige Sicherung der Bio-diversität sind als politische Ziele durch dasÜbereinkommen über die biologische Viel-falt (CBD) sanktioniert. Am Waldkunde-In-stitut wurde ein informationstheoretischerAnsatz entwickelt, der die Modellierung derPflanzenartenvielfalt im Verlauf und Ergeb-nis eines Waldumbaus und bei verändertenUmweltfaktoren erlaubt. Das Verfahren wirdim Rahmen eines Projektes des Umwelt-

bundesamtes für die Prognose der Wirkungatmosphärischer Fremdstoffeinträge auf diePflanzenartenvielfalt in Wäldern genutzt.

Wildtier-InformationssystemAbgesicherte Kenntnisse über die Verbrei-tung und langfristige Entwicklung von Wild-tierpopulationen sind die Grundlage für na-turschutz- und jagdpolitische Entscheidun-gen. Aus diesem Grund initiierte der Deut-sche Jagdschutz-Verband e.V. gemeinsammit den Landesjagdverbänden das Wildtier-Informationssystem der Länder Deutsch-lands (WILD) als einen dauerhaften Bau-stein der Umweltbeobachtung. Das Wald-kunde-Institut arbeitet in enger Kooperationmit der Landesforstanstalt im WILD-Zen-trum Eberswalde an der wissenschaftlichenBegleitung des bundesweiten Monitoring-Programms, in dem Daten zur Bestands-entwicklung von Wildtieren wie Feldhase,Rotfuchs, Dachs, Aaskrähe und Rebhuhnerfasst werden und ist für die Koordinationund Umsetzung der Projektaufgaben in denostdeutschen Bundesländern und Berlinzuständig. Vor Ort werden die Erhebungenin den Bundesländern Berlin, Brandenburgund Thüringen betreut.

Waldkunde-Institut Eberswalde GmbH (W.I.E.)

Forschungsfelder• Angewandte Systemökologie:

– Vegetationsmodelle– Standortmodelle– Wachstumsmodelle– Ökosystemtypisierung– Quantifizierung komplexer

ökologischerBewertungsparameter(pflanzliche Biodiversität,Naturnähe, ökologischerZustand)

• Vegetationsökologie:– Vegetationsanalyse– Vegetationskartierung– Waldbiotoptypen– Pflanzenartenvielfalt

• Dendroökologie:– Jahrringanalyse– Wuchs- und

Konkurrenzpotenziale vonBaumarten, Rekonstruktionvon Landschaftsgestaltung

• Wildtierökologie:– Lebensraumbewertung– Habitat-Typisierung– Wildtier-Monitoring

• ÖkosystemareUmweltbeobachtung:– Dynamik biotischer und

abiotischer Zustandsgrößenin Wald- undForstökosystemen

• Lehre am FachbereichLandschaftsnutzung undNaturschutz der FHEberswalde:– Wald- und

Forstökosysteme

Populationsdichten des Feldhasen in Referenzgebieten 2006

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Anlage zur Gewinnungetherischer Öle (TGW Prignitz)

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Forschen für den ländlichen Raum 193

„Wir müssen die Natur nicht als unseren Feind betrachten, den es zu beherrschen und überwinden gilt, sondern wieder lernen, mit der Natur zu kooperieren. Sie hat eine viereinhalb Milliarden Jahre lange Erfahrung. Unsere ist wesentlich kürzer.“Hans-Peter Dürr (*1929), deutscher Physiker, alternativer Nobelpreis 1987

Netzwerke und Technologieparks

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194 Forschen für den ländlichen Raum

Als im Frühjahr 1993 die Idee eines Cam-pus für Biotechnologiefirmen durch dieWirtschaftsförderung des Landkreises Tel-tow-Fläming gemeinsam mit kleinen Un-ternehmen aus Berlin und Teltow geborenwurde, war die Biotechnologie als Wirt-schaftsbranche im Land Brandenburg nurunbedeutend entwickelt. Ein neues Gen-technikgesetz Ende 1993 und der in denJahren 1995 und 1996 durch das Bundes-forschungsministerium initiierte BioRegio-Wettbewerb sowie erste zaghafte Ansätzeder Bereitstellung von Risikokapital für jun-ge Forschungsfirmen bildeten verbesserteRahmenbedingungen für die Entwicklungbiotechnologischer Unternehmen.

Dieser sichtbar positive Wirtschaftstrendeiner neuen Technologie vor dem Hinter-grund eines dramatischen Strukturwan-dels wurde als Chance gesehen, auch indieser Region neue Impulse für die Zu-kunft zu geben. Die Standortwahl in Lu-ckenwalde wurde maßgeblich durch dieungenutzten Konversionsflächen, die da-mit verbundenen Fördermöglichkeitenund die Einbeziehung bestehender Infra-strukturen bestimmt.

Biotechnologiepark Luckenwalde

Manager desBiotechnologieparks Dipl.-Ing. Christoph Weber

Eröffnung September 1997

Unternehmen38 KMU in den BranchenBiotechnologie, MedizintechnikLifescience

Arbeitsplätzeca. 500

Zentrum für Forschung,Produktion, Ausbildung undKommunikation

BiotechnologieparkLuckenwaldeAbt. der Struktur- undWirtschaftsförderungsgesell-schaft des LandkreisesTeltow-Fläming mbH

Im Biotechnologiepark, TGZ I 14943 Luckenwalde

Tel.: +49 (0)33 71-6 81-1 00 Fax: +49 (0)33 71-6 81-1 05

[email protected] www.bio-luck.de

Gebäude im Biotechnologiepark

Ende 1995 wurde der erste Förderbe-scheid über rund 20 Millionen EUR ausder Gemeinschaftsaufgabe Ost zum Baudes Biotechnologieparks erteilt. Zuvorhatte die Struktur- und Wirtschaftsförde-rungsgesellschaft des Landkreises Tel-tow-Fläming mbH umfangreiche Vorleis-tungen an Planungen, Untersuchungenund Konzepten erbracht, die, dank einerguten Zusammenarbeit mit der Stadt Lu-ckenwalde, zur Bewilligung von Förder-mitteln führten.

Im September 1997 wurde der Biotechno-logiepark vom damaligen BrandenburgerWirtschaftsminister Dr. Burkhard Dreheroffiziell eröffnet. Heute gehört der Biotech-nologiepark Luckenwalde zu Deutsch-lands modernsten Einrichtungen dieserArt. Es ist der erste Biotechnologieparkmit einem eigenen Qualitätsmanagement-system, der seine zentralen technischenDienstleistungen nach ISO 9001/2000 zurVerfügung stellt und seine Anlagen undRäumlichkeiten GMP-gerecht anbietet.Die Struktur- und Wirtschaftsförderungs-gesellschaft investierte mehr als 50 Millio-nen EUR in den Biotechnologiepark Lu-ckenwalde, der sich zu einem exklusiven

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Forschen für den ländlichen Raum 195

innovativen Wissenschafts- und Wirt-schaftsstandort entwickeln konnte.

Heute bietet das campusartige Geländedie räumliche Nähe von Arbeiten, For-schen und Wohnen. Herzstück des Bio-technologieparks ist das Technologie-und Gründerzentrum. Hier stehen aufhöchstem technischen Stand ausgerüste-te Labore mit spezieller Infrastruktur fürbiotechnologisches Arbeiten zur Verfü-gung. 38 kleine und mittlere Unternehmenaus der Biotechnologie und Medizintech-nik sowie dem Life-Science-Sektor habensich auf dem 28 Hektar großen parkähnli-chen Gelände mit rund 500 Arbeitsplätzenangesiedelt.

Die Firmen entwickeln und produzierenErzeugnisse wie z. B. Wirkstoffe sowiechemische und biotechnologische Refe-renzsubstanzen für die Pharmaindustrie,Feinchemikalien, biopolymerbasierte Kos-metikprodukte, Testsysteme für Tumorer-krankungen, künstliche Hüftgelenke undGeräte zur Hirnstrommessung. Für dieEntwicklung der ansässigen Firmen sowiefür die Gründung und Ansiedlung neuer

Unternehmen gewährt das Parkmanage-ment umfassende individuelle Dienstleis-tungen und Beratung.

Der Park ist in ein internationales Netz-werk integriert, das weltweit schnelle effi-ziente Marktzugänge und Kooperationenermöglicht. Das regionale Netzwerk si-chert den Zugang zu Finanzierungsquel-len und Kooperationen mit renommiertenForschungseinrichtungen, Universitätenund Kliniken.

Gemeinsam mit verschiedenen Partnernstartete der Biotechnologiepark Lucken-walde im Jahr 2002 eine Ausbildungsof-fensive. Mit dem Aufbau eines außerbe-trieblichen Aus- und Weiterbildungszen-trums wurde angestrebt, den Bedarf anqualifizierten Mitarbeitern in der Region zudecken und so das wirtschaftliche Wachs-tum der Firmen zu unterstützen. Der Aus-bildungsring Potsdam-Brandenburg e.V.der IHK Potsdam fungiert hierbei als Trä-ger und beauftragte die BiAW Brandenbur-gisches Institut GmbH mit der Durchfüh-rung der berufspraktischen Ausbildung.Nach zwei Jahren Grundausbildung im

Biotechnologiepark Luckenwalde

Auswahl angesiedelterUnternehmen

AFOSA GmbH

AristoTech Implant TechnologiesGmbH

Biocyc GmbH & Co KG

Bioline GmbH

CellTrend GmbH

Chiracon GmbH

Eurovir Hygiene-Institut

Glycon GmbH

HAEMATO-pharm Holding AG

hesco KunststoffverarbeitungGmbH

Human BioSciences GmbH

LGC GmbH

mfd Diagnostics GmbH

Richard Grießbach FeinmechanikGmbH

SWFG mbH / Lotsendienst

T. I. Engineering DeutschlandGmbH

ZAL Bildungszentrum fürBiotechnologie und Chemie

Zentrum für molekulareOnkologie GmbH Entwicklung von medizinisch-technischen Geräten bei der mfd-Diagnostics GmbH

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196 Forschen für den ländlichen Raum

biotechnologischen Ausbildungszentrumwechseln die Auszubildenden in der Regelzu Unternehmen im BiotechnologieparkLuckenwalde und der Region und werdendort praxisorientiert ausgebildet. Die Maß-nahmen werden durch das Ministerium fürArbeit, Soziales, Gesundheit und Familie(MASGF) sowie durch das URBAN-Projektder Stadt Luckenwalde unterstützt.

Begonnen wurde 2002 mit der Ausbil-dungsrichtung Biologielaborant. Seitdemwerden alternierend jährlich 16 Jugend -liche auch als Chemielaboranten ausge-bildet. Die im Oktober 2005 begonneneAusbildung zum Biologielaboranten wirderstmalig vollständig über drei Jahre inForm einer außerbetrieblichen Ausbildungin der BiAW realisiert und beinhaltet zu-sätzlich mehrere längerfristige Betriebs-praktika. Die Finanzierung erfolgt überBundes- und Landesmittel. Im August2008 erfolgte ein Trägerwechsel der Aus-bildung. Das ZAL – Zentrum für Aus- undWeiterbildung Ludwigsfelde GmbH –etablierte auf dem Campus des Biotech-nologieparks Luckenwalde ein Bildungs-zentrum für Biotechnologie und Chemie.

Neben der begonnenen Facharbeiteraus-bildung sollen vor allem für die Unterneh-men der Region im Bereich LifeSciencesfachliche Weiterbildungskurse und Maß-nahmen für die Personalentwicklung an-geboten werden. Darüber hinaus wirdeine Verbundausbildung offeriert und essollen praxisnahe Umschulungen mit derBundesagentur für Arbeit abgestimmtwerden. Ein weiterer Schwerpunkt desneuen ZAL-Bildungszentrums wird in derZusammenarbeit mit Schulen, hierbei vorallem in der naturwissenschaftlichen Be-rufsorientierung, liegen. Aber auch Labor-kurse für biotechnologisch interessierteSchüler und Schülerinnen der Region wer-den im Angebot zu finden sein.

Der Biotechnologiepark Luckenwalde hatsich seit seiner Gründung stetig alsFachveranstaltungszentrum entwickelt.In den vergangenen zehn Jahren fandenim modernen CommunicationCenter weitüber 650 größere und kleinere fachlicheSeminare, Workshops oder Symposienstatt. Kooperationspartner bei der Durch-führung und Organisation von Veranstal-tungen im Biotechnologiepark sind u.a.

Biotechnologiepark Luckenwalde

Infrastruktur des Parks Labore mit • Labortischen / Schränken• Sicherheitswerkbank• Tischabzug• Autoklav• Spülmaschine • Gefahrstoffschrank• Reinstwasseranlage

zentrale Medienversorgung • technische Gase O2, N2, CO2

• Erdgas• Druckluft• VE-Wasser• Warm-/Kaltwasser

Büroräume

Seminarräume

Teeküchen

Lösungsmittellager

Kühlräume 4 °C

Tiefkühlschränke –80 °C

Eismaschine

400 MHz NMR-Spektrometer

zentrale Abfallentsorgung

Auszubildende im Biotechnologiepark Luckenwalde

Wirkstoffherstellung bei der Chiracon GmbH

Foto: BioLuck

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Forschen für den ländlichen Raum 197

die Fraunhofer-Gesellschaft, die Univer-sität Potsdam, die Technische Fachhoch-schule Wildau, die FU Berlin, die Univer-sität Bonn, das Forschungsinstitut Biopole.V., der Biotechnologieverbund Berlin-Brandenburg, BioTOP und ZAB sowiedie IHK. Besonders hervorzuheben istdas Engagement der DECHEMA, Gesell-schaft für chemische Technik und Bio-technologie e.V. mit Sitz in Frankfurt amMain, die regelmäßig ein Regionalkollo-quium in Luckenwalde durchführt. Diebiotechnologisch und medizinisch aktu-ellen Themen finden bei den Teilnehmernaus renommierten Forschungseinrichtun-gen, Universitäten, Hochschulen und re-gionalen Firmen eine sehr positive Reso-nanz.

Der Biotechnologiepark Luckenwaldezählt heute zu den „Leuchttürmen“ imLand Brandenburg und ist, wie auch seinMotto sagt, „Immer eine Idee voraus“. Fürsein Engagement wurde der Park als einerder „Ausgewählten Orte 2007“ im Rah-men der Standortinitiative „Deutschland –Land der Ideen“ ausgezeichnet. Er wirdweiter als ein Motor des Strukturwandels

in der Kreisstadt Luckenwalde und imLandkreis Teltow-Fläming wirken.

Dies überzeugte auch das UnternehmenHuman BioSciences GmbH, deren ameri-kanische und indische Investoren im Bio-technologiepark Luckenwalde eine eigeneProduktionsstätte aufbauen werden. Hu-man Biosciences entwickelt, produziertund vermarktet moderne auf Kollagen ba-sierte Wundversorgungsprodukte sowiehochwertige geweberegenerierende Kos-metika exklusiv für den europäischenMarkt. Mit einer Investitionssumme vonca. 40 Mio. EUR werden in der Region inden nächsten 3 Jahren 100 neue Arbeits-plätze geschaffen. Es ist die größte inter-nationale Ansiedlung der letzten Jahre imLifeSciences-Cluster, ein weiterer Quali-tätssprung für die Zukunft des Standortes.

In den Entwicklungsplänen von Branden-burg besitzt die Biotechnologie einen ho-hen Stellenwert und ist als ein wichtiges,zukunftsorientiertes Kompetenzfeld aus-gewiesen. Entsprechend hat sich die Re-gion zu einem der herausragenden Stand-orte für diese Technologie entwickelt.

Biotechnologiepark Luckenwalde

FachveranstaltungenCommunicationCenter• Konferenzsaal (300 Personen),

teilbar• Seminarräume• modernste

Präsentationstechnik• Foyer für Ausstellungen /

Präsentationen • Restaurant mit

Catering-Service• Bibliothek• Servicebüro

Veranstaltungsbeispiele • DECHEMA-Kolloquium• Berlin-Brandenburger

Forschungssymposium• Netzwerktreffen

„Weiße Biotechnologie“• Biobilanz der Region • Life Science vor Ort

Herstellung von Referenzsubstanzen bei der LGC GmbH

Im Technologie- und Gründerzentrum

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198 Forschen für den ländlichen Raum

Die idyllische Halbinsel Hermannswerderin Potsdam scheint alles andere zu beher-bergen als den Sitz international agieren-der Biotechnologie-Firmen.

Freiraum für Forschung und InnovationSeit mehr als 11 Jahren besteht der BIO-TECH CAMPUS POTSDAM auf der Halb-insel Hermannswerder und kann auf eineerfolgreiche und bewegte Geschichte zu-rückblicken. Philosophie war und ist, Frei-raum für Forschung und Innovation für dieHochtechnologiebranche Biotechnologiezu schaffen. Tatsächlich sind hier renom-mierte Firmen dieser Branche zu finden.Das Leistungsspektrum der angesiedeltenFirmen ist vielschichtig und erstreckt sichüber die grüne Biotechnologie, die Impf-stoffentwicklung, die Entwicklung phar-makologischer Wirkstoffe auf Basispflanzlicher Materialien, die Entwicklungund Produktion von PCR-Tests zur Le-bensmitteltestung, der präklinischen Auf-tragsforschung bis hin zur Medizintech-nik. Insgesamt sind über 200 Mitarbeiteram Standort tätig.

Eigentümerin und Betreiberin ist die BIO-TECH CAMPUS POTSDAM GmbH, einehundertprozentige Tochtergesellschaftder InvestitionsBank des Landes Bran-denburg (ILB). Der BIOTECH CAMPUSPOTSDAM bietet insgesamt rund 11.400Quadratmeter Labor-, Büro-, Gewächs-haus- und Lagerfläche. Sämtliche Laboresind als S1-Labor konzipiert und verfügenüber die baulichen Voraussetzungen fürdie Zulassung als S2-Labor. Auf Her-mannswerder befindet sich zudem – alsbesondere Ressource – ein S3-Labor.

Das Biotechnologiezentrum besteht ausvier um 1900 errichteten Gebäuden, wel-che von 1995 bis 1997 umfangreich saniertwurden und einem Neubau, welcher 2002in Betrieb genommen wurde. Insgesamtwurden rund 24 Mio. EUR in den Standortinvestiert. Die parkähnliche Atmosphäreder Halbinsel schafft eine hervorragendeUmgebung für wissenschaftliches Arbei-ten. In unmittelbarer Nähe stehen weitereoptimale Bedingungen für Tagungen undGeschäftskontakte zur Verfügung. EinSelbstbedienungsrestaurant sowie ein klei-ner Inselladen runden das Angebot ab.

Biotech Campus Potsdam GmbH

Biotech Campus Potsdam GmbHGeschäftsführer Marco FredersdorfSteinstraße 104–10614480 Potsdam

Gründung1995

Unternehmen14 Unternehmen aus derBiotechnologie undMedizintechnik

Arbeitsplätzeca. 200

Biotech CampusPotsdam GmbH

Hermannswerder14473 Potsdam

Tel.: +49 (0)331-6601169Fax: +49 (0)331-6601201

[email protected] hwww.biotechcampus.de

Biotech Campus Potsdam, Hermannswerder, Haus 17

Foto: Biotech

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Forschen für den ländlichen Raum 199

Ausgewählte Firmen am StandortDie hier ansässige AnalytiCon DiscoveryGmbH beschäftigt sich mit der naturstoff-basierten Wirkstoffforschung. Dabei kom-men innovative Technologien der Natur-stoffchemie und der kombinatorischenChemie zum Einsatz. Das Unternehmen istrichtungsweisend auf dem Gebiet der Ge-nerierung und Nutzung naturstoffbasierterSubstanzbibliotheken sowie der mit die-sen eröffneten Wirkstoffsuche. Es bietetdas komplette Dienstleistungsspektrumzur Entwicklung naturstoffbasierter Leit-strukturen an, beginnend mit der Beschaf-fung von Biomaterialien über die Fermen-tation, Isolierung und Strukturaufklärung.Das innovative Technologiekonzept derAnalytiCon wird durch Unternehmen derPharma-, Chemie-, Lebensmittel- undKosmetikindustrie in Europa, den USA undJapan genutzt. Diese benötigen die Sub-stanzen zur Entwicklung neuer Medika-mente, Pflanzenschutzmittel, Lebensmit-telzusatzstoffe etc. Die AnalytiCon Disco-very GmbH ist Weltmarktführer im Bereichvollständig strukturaufgeklärter Naturstoff-

bibliotheken. Nach seiner Gründung imJahr 2000, hat die AnalytiCon Discoverydie langjährige Erfahrung seiner Mutterge-sellschaft (AnalytiCon AG) weiter entwi-ckelt und bietet zwei Arten von natürlichenProduktbibliotheken an: MEGAbolite® (na-türliche Produkte kleiner Moleküle) undNaturstoffanaloga NatDiverse™ (semi-synthetische Stoffe). MEGAbolite® Biblio-theken enthalten nur reine und nicht-re-dundante Naturstoffe niedermolekularerVerbindungen, deren Strukturen offenge-legt sind. AnalytiCon Discovery verwandeltso die Natur in eine Wirkstoffbibliothek.

AnalytiCon hat derzeit Zugriff auf rund einViertel aller weltweit bekannten Naturstof-fe (25.000 von 110.000) und zwar in reinerund vollständig strukturaufgeklärter Form.Das Unternehmen ist weltweit führend inder kundenorientierten Herstellung undEntwicklung von kombinatorischen Biblio-theken basierend auf seltenen Naturstoff-gerüsten (NatDiverse™ tailor-made).

Eine weitere Firma auf dem Campus – dieBIOTECON Diagnostics GmbH – ist seit10 Jahren ein kompetenter Partner für

Biotech Campus Potsdam GmbH

AnalytiCon Discovery [email protected]

AnalytiCon Discovery beschäftigt50 hochqualifizierte Experten fürdie Forschung – darunter 14Doktoranden, 10 Wissenschaftlerund 26 Technikern. Etwa dreiViertel der Mitarbeiter sind an derIsolierung natürlicherVerbindungen beteiligt, ein Viertelarbeitet an reinen und semi-synthetischen natürlichenVerbindungen.

BIOTECON Diagnostics [email protected]

BIOTECON Diagnostics, Laborantin

LightCycler ®, Real Time PCR

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200 Forschen für den ländlichen Raum

molekularbiologische und mikrobiologi-sche Fragestellungen. Das Unternehmenbietet Lösungen für die Lebensmittel- undGetränkeindustrie sowie für Arzneimittel-und Kosmetikhersteller an.

Unter anderem erforscht, entwickelt undvertreibt BIOTECON Diagnostics diag-nostische Systeme zum Nachweis mikro-bieller Kontaminationen und führt analyti-sche Dienstleistungen für die pharmazeu-tische und Lebensmittelindustrie durch.

Im Fokus stehen die Entwicklung, Produk-tion und Vermarktung von PCR-basiertenSchnellverfahren. Die Polymerase Ketten-reaktion (PCR) ist eine molekularbiologi-sche Methode, die zunehmend an Bedeu-tung gewinnt. Die PCR basiert auf derWechselwirkung von Polymerasen mit derDNA. Die Details dieser Wechselwirkungsind bis heute nicht vollständig verstan-den. Deshalb setzt die Einstellung derrichtigen Reaktionsbedingungen viel Er-fahrung voraus. Darüber hinaus vertreibtdas Unternehmen mehr als 5.000 ver-schiedene Referenz-DNA aus Bakterien,Hefen und Schimmelpilzen.

Die Preclinics Gesellschaft für präklini-sche Forschung mbH untersucht phar-mazeutische Wirkstoffe, therapeutischeMethoden und Verfahren sowie medizini-sche Produkte in der präklinischen Phase. Dies geschieht im Hinblick auf Fragen derBioverfügbarkeit, Wirksamkeit und Kom-patibilität. Auch alternative Methoden zuTierversuchen spielen eine Rolle. Kundenvon Preclinics sind Unternehmen in denBereichen Biotechnologie, pharmazeuti-sche Industrie sowie der Medizin. Neue In-dikationen und neue Produkte erforderngeeignete Methoden zur Kontrolle und Be-wertung. Deshalb sucht oder entwickeltPreclinics die geeignete Methode für jedeeinzelne Anwendung. Das erfahrene Teamvon Preclinics verfügt über Expertisen u.a.auf den Gebieten der Chirurgie, Pathologieund Physiologie.

Ziel der Futura Egelzucht ist es, Blutegelfür Notfallambulanzen der Krankenhäuser,naturheilkundlich interessierte Ärzte sowiefür Naturheilpraktiker zu züchten. Unter demDach der Futura Egelzucht wurde im Januar2008 der Produktionsbetrieb BioReproGmbH gegründet. Durch diese Neugrün-

BioRepro GmbH, Blutegel

BIOTECON Diagnostics, Produkte

Biotech Campus Potsdam GmbH

Preclinics Gesellschaft fürpräklinische Forschung [email protected]

Futura Egelzucht Detlef Menzelwww.blutegelfarm.com

BioRepro GmbHHermannswerder 14 14473 PotsdamTelefon: +49 (0)[email protected]

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dung soll der Aufbau der ersten Laborzuchtfür medizinische Blutegel in Mitteleuropagelingen. In einem überschaubaren Zeitrah-men von ca. 2 Jahren sollen Kapazitätenaufgebaut werden, die es ermöglichen, denBedarf an dieser Spezies zu decken. In dermittelalterlichen Medizin galten Blutegelnahezu als Allheilmittel. Bis ins 19. Jahr-hundert wurden sie zur Behandlung vonHämorrhoiden, Furunkeln, bei Blutergüs-sen, Rheuma und Wechseljahrsbeschwer-den eingesetzt. Dann wurden sie durch diemodernen Methoden der Medizin ver-drängt. Seit Mitte des vorigen Jahrhun-derts die Substanzen, die ein Blutegel zumSaugen nutzt, erforscht wurden, wird erwieder in der Medizin eingesetzt. Der Spei-chel des Egels enthält den Wirkstoff Hiru-din, der die Blutgerinnung hemmt und dasBlut verflüssigt, sowie die entzündungs-hemmende Substanz Eglin. In der Unfall-chirurgie wird der Blutegel unter anderemdann eingesetzt, wenn beispielsweisenach dem Wiederannähen abgetrennterGliedmaßen der Rückfluss von Blut undLymphe nicht richtig klappt und die betrof-fene Region so stark anschwillt, dass dasGewebe abzusterben droht. Dann bieten

die Blutsauger Hilfe an. Sie saugen nichtnur gestautes Blut ab. Dadurch, dass siedie Blutgerinnung hemmen und das Blutdünnflüssiger wird, werden die Gliedma-ßen besser durchblutet.

Ein weiteres Unternehmen mit Außenstelleim Biotech-Campus ist die Merz Pharma-ceuticals GmbH. Schwerpunkt der For-schung von Merz Pharmaceuticals sindMedikamente für neurologische und psy-chiatrische Erkrankungen wie zum Beispielder Alzheimer-Demenz, der Parkinson-Krankheit und neuromuskuläre Störungenwie etwa Dystonien. Merz hat das weltweiterste Medikament zur Behandlung von mo-deraten bis schweren Stadien der Alzhei-mer-Erkrankung entwickelt. Die ästhetischeDermatologie ist ein weiteres Kompetenz-feld. Hier entwickelt und vermarktet dasUnternehmen für den klinischen BereichMedikamente, die zur Behandlung von Nar-ben, Akne, Haarausfall oder Pilzerkrankun-gen eingesetzt werden. Am Forschungs-standort Potsdam wird an der Entwicklungneuer biotechnologischer Wirkstoffe mitveränderten pharmakologischen Eigen-schaften gearbeitet.

BioRepro-GmbH, Blutegelzucht

BioRepro GmbH, Versand

Biotech Campus Potsdam GmbH

Weitere Firmen auf dem Campus

Bayer BioScience GmbHwww.bayercropscience.com

BLE Biotech-Laboratorium für Environment

Merz Pharmaceuticals GmbHwww.merz.de

Creatogen Laboratories GmbH

ILBC GmbH

MT.Derm GmbHwww.mtderm.de

Thanares GmbH

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202 Forschen für den ländlichen Raum

Die Region Berlin-Brandenburg betrach-tet seit einem guten Jahrzehnt die Bio-technologie als ein entscheidendes Inno-vationsfeld, in dem die Chancen für wirt-schaftliches Wachstum besonders gutsind. 1996 riefen die beiden Landesregie-rungen gemeinsam die BioTOP-Initiativeins Leben. Dieser stellten sich zwei He-rausforderungen. Die erste bestand da-rin, eine substanzielle Anzahl junger inno-vativer Biotech-Unternehmen hervorzu-bringen und eine Infrastruktur für diesezu bieten. Die zweite darin, Wissenschaftund Wirtschaft intensiv zu vernetzen. Un-ternehmergeist musste auch in die Uni-versitäten und die zahlreichen außeruni-versitären Forschungseinrichtungen ein-ziehen. Wissenschaftliche Erkenntnisseund unternehmerisches Know-how soll-ten möglichst ungehindert zwischen denverschiedenen Organisationen fließen. In beidem war die Region erfolgreich. Siezählt heute zu den führenden Biotech-Standorten in Europa. Mehr als 130 neueBiotech-Unternehmen wurden seit 1996gegründet, insgesamt sind es heute über180. Die meisten davon sind Ausgrün-

dungen aus den Forschungsinstituten,womit der intensive Austausch schon zueinem guten Teil gesichert ist. Sechs Bio-technologieparks wurden auf- und aus-gebaut. Und die Forschungseinrichtun-gen konnten ihre herausragende Stellungfestigen. Seit Ende der 1990er Jahre wur-de Berlin-Brandenburg zum wichtigstenStandort der nationalen Genomfor-schung und übernahm eine Vorreiterrollein vielen wichtigen Feldern, etwa denRNA-Technologien, der Proteinstruktur-forschung, der Glykobiotechnologie, derBiochip-Technologie, der Nutrigenomfor-schung und der regenerativen Medizin.

Ausgezeichnete InfrastrukturUm eine nachhaltige Entwicklung zu si-chern wurden in Wissenschaft, Wirtschaftund Kompetenzfeldmanagement Struktu-ren aufgebaut, die eine weitere dynami-sche Entwicklung sicherstellen. Zu denwichtigen Treibern zählen u.a. das Ak -tionszentrum BioTOP sowie die Techno-logieparks mit ihren Gründerzentren. InBerlin sind das der Biomedizinsche Cam-pus Berlin-Buch, der Technologiepark

BioTOP Berlin-Brandenburg

LeiterDr. Kai Bindseil

BioTOP ist eine gemeinsameInitiative der Länder Berlin undBrandenburg in der TSBInnovationsagentur Berlin GmbH. BioTOP wird aus Mitteln derLänder Berlin und Brandenburgund der Investitionsbank Berlingefördert, kofinanziert von derEuropäischen Union –Europäischer Fonds für RegionaleEntwicklung EFRE.

Mitglied in

BioTOP Berlin-Brandenburg

Fasanenstraße 8510623 Berlin

Tel.: +49 (0)30-318622-11Fax: +49 (0)30-318622-22

[email protected]

Universitäten und Forschungseinrichtungen im Bereich der Lebenswissenschaften

Foto: BioTOP

Grafik: BioTOP

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Forschen für den ländlichen Raum 203

Adlershof sowie der berlinbiotechpark inCharlottenburg. Im Land Brandenburgsind es der Biotechologiepark Lucken-walde, der BIOTECH CAMPUS POTS-DAM sowie das BioTechnologieZentrumHennigsdorf. Gemeinsam mit den Berli-ner Parks bilden sie das Biocampus Netz-werk. Zudem wurde am Standort Golmein Wissenschaftspark aufgebaut, derheute neben der Mathematisch-Naturwis-senschaftlichen Fakultät der UniversitätPotsdam drei Max Planck-Institute undzwei Fraunhofer-Institute beheimatet. Esbot sich an, auch hier die Ansiedlung jun-ger Unternehmen zu unterstützen. Des-halb wurde 2007 das GründerzentrumGO:IN in Betrieb genommen.

Hervorragende Forschung, innovative Unternehmen, gute Vernetzung Die Basis des Erfolgs ist zweifellos dieexzellente Forschungslandschaft mit ei-ner Vielzahl international herausragenderInstitute, aus denen viele der jungen Un-ternehmen hervorgegangen sind. DerSchwerpunkt liegt im biomedizinischenBereich. Doch auch die Bereiche Pflan-zenbiotechnologie, weiße Biotechnologiesowie Umweltbiotechnologie sind gutvertreten und entwickeln sich schnell.

So sind mit der Bayer BioScience GmbHin Potsdam und der zu BASF gehörendenmetanomics GmbH zwei der weltweit füh-renden Agro-Unternehmen mit Forschungs-einheiten in der Region vertreten. BayerBioScience konzentriert sich auf die Opti-mierung pflanzlicher Genotypen mittelsgenetischer Modifikationen des Koh-lenhydratstoffwechsels. Die metanomicsGmbH, ein Joint Venture aus Max PlanckInstitut für molekulare Pflanzenphysiologiein Potsdam-Golm und BASF, ist heute dasweltweit führende Unternehmen auf demGebiet der Pflanzenmetabolomanalyse,auf deren Basis neue transgene Nutzpflan-zen entwickelt werden. Das Unternehmenuntersucht mit Hochdurchsatzverfahrendie Funktionen der Gene dort, wo sie inder Pflanze wirken: im Stoffwechsel.

Eine starke Position haben regionale Un-ternehmen auch im Bereich Umwelt- undLebensmittelanalytik. Hier wurde im Rah-

men des InnoRegios BioHyTec in den letz-ten Jahren eine Reihe von Produkten ent-wickelt, die auf der großen Expertise imBereich der Biosensorik und der Biochip-Technologie aufbauen.

2007 haben sich Vertreter aus Wissen-schaft, Unternehmen und den BioRegio-nen der vier Bundesländer Berlin, Bran-denburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen zueiner länderübergreifenden Zukunftsinitia-tive „Biomassebasierte StoffproduktionDeutschland Ost“ zusammengeschlossen.Ziel der Initiative ist es, ein schlüssigesKonzept für die integrierte stoffliche undenergetische Nutzung von pflanzlicherBiomasse zu erstellen und umzusetzen.Damit soll vor dem Hintergrund steigen-der Energie- und Rohstoffpreise ein wichti-ger Impuls für die industrielle Entwicklungin Ostdeutschland gegeben werden. Zuden Partnern zählen u.a. BioTOP und dasNetzwerk Weiße Biotechnologie Berlin-Brandenburg, indem viele kleine und mitt-lere Unternehmen der Region vertretensind, die innovative Lösungen an derSchnittstelle Biotechnologie/Chemie/Um-weltschutz entwickeln.

Biotech-Netzwerke in Berlin-Brandenburg

BioHyTec – Verein für Bioanalytikund Biohybrid-Technologien e.V.www.biohytec.de

Bioresponsewww.bioresponse.de

DiagnostikNet-BBwww.diagnostiknet-bb.de

GABI – Genomanalyse imbiologischen System Pflanzewww.gabi.de

Glykostrukturfabrikwww.glykostrukturfabrik.de

Net-DDD Netzwerk fürWirkstoffentwicklung Berlin-Brandenburgwww.drugdiscoverynet.de

Netzwerk Nutrigenomik Berlin-Brandenburgwww.nutrigenomik.de

Netzwerk Weiße BiotechnologieBerlin-Brandenburgwww.weisse-biotechnologie-bb.de

Regenerative Medizin InitiativeBerlinwww.rmib.org

RNA-Netzwerkwww.rna-network.com

Ultrastrukturnetzwerkwww.ultrastrukturnetzwerk.de

BioTOP Berlin-Brandenburg

Gründerzentrum GO:IN

Foto: BioTOP

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204 Forschen für den ländlichen Raum

In der Region Berlin-Brandenburg bestehteine für Deutschland einmalige Konzen-tration von Hochschulen und Forschungs-instituten mit agrar- und umweltwissen-schaftlicher Ausrichtung. Fünf Universitä-ten (drei in Berlin, zwei in Brandenburg),zwei Fachhochschulen, zwei An-Instituteeiner Fakultät, mehrere Institute der Leib-niz-Gemeinschaft (WGL) sowie Länderin-stitute sind hier auf dem Gebiet der Agrar-, Forst-, Gartenbau- und Lebens-wissenschaften tätig und forschen zumTeil hochspezialisiert und auf europäi-schem Spitzenniveau. Einige davon bli-cken auf 100jährige Erfahrung zurück.Neben ihrer Tradition sind es vor allemLösungsansätze zur Anpassung an verän-derte Rahmenbedingungen, die die Exzel-lenz der Berliner und BrandenburgischenEinrichtungen in diesem Wissenschafts-bereich ausmachen.

Die Anforderungen an die Agrar- und Um-weltforschung sind hoch angesichts eineswachsenden Problemdrucks für die Land-bewirtschaftung. Forschung ist aber auchzu weltweiten Zusammenhängen zu Kli-maänderungen und zum Schutz von Res-sourcen wie Boden, Wasser, Biodiversitätgefragt. Der Anpassungsprozess an sich

ändernde Rahmenbedingungen erfordertneue Formen und Inhalte der Agrar- undUmweltforschung, der technologischenEntwicklung und der Ausbildung vonFachkräften.

Mit Forschungsarbeiten, die sich an An-wendungen und Lösungen orientieren,werden die Kenntnisse über Produktions-verfahren, Ressourcenschonung, Stoff-kreisläufe und Ökobilanzen stetig erwei-tert. Dabei stellen sich die Einrichtungender Agrar- und Umweltforschung nichtnur grundsätzlich den aktuellen Heraus-forderungen, die aus dem Problemdruckfür die Landbewirtschaftung, die Ernäh-rung oder den Verbraucherschutz herausresultieren.

Vielmehr verfolgen die Einrichtungendurch Vorlauf-Forschung aufkommendeProblemstellungen so, dass Entschei-dungsträger frühzeitig auf anstehendeHerausforderungen vorbereitet werdenkönnen. Stichworte hierfür sind Flächen-konkurrenz, regionale Verfügbarkeit vonRessourcen, weltweit steigende Nachfra-ge nach Nahrungsgütern und erneuerba-ren Energien. Zudem wendet sich die For-schung mit hoher Priorität den weltweiten

Forschungsplattform „Ländliche Räume Berlin-Brandenburg“

Geschäftsführer der ForschungsplattformDr. Hans-Peter Ende

Rotierender VorsitzVorsitz und Koordination wird z. Z. durch dasLeibniz-Zentrum fürAgrarlandschaftsforschung(ZALF) e.V. Müncheberg wahrgenommen

Vorsitzender derForschungsplattformProf. Dr. Hubert Wiggering

Mitarbeiterca. 1.300in 21 Mitgliedseinrichtungen

Forschungsplattform „Ländliche Räume Berlin-Brandenburg“

c/o ZALFEberswalder Straße 8415374 Müncheberg

Tel.: +49 (0)33432 82200

[email protected]

Unterzeichnung der Gründungssatzung

Foto: Hans-Peter Ende

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Forschen für den ländlichen Raum 205

Zusammenhängen der Klimaänderungen,der Bodenfruchtbarkeit oder des Wasser-haushalts zu und damit Forschungsfra-gen, die von einzelnen, z.T. hoch speziali-sierten Forschungseinrichtungen alleinkaum noch beantwortet werden können.

Aufbauend auf früheren Erfahrungen mitder ergebnisorientierten Vernetzung istmit der Forschungsplattform „LändlicheRäume Berlin-Brandenburg“ eine neuarti-ge Zusammenarbeit im Bereich For-schung und Hochschulausbildung etab-liert worden. Die Forschungsplattform istAusdruck der Institutionalisierung dieserKooperation zu gegenseitigem Nutzendurch die gemeinsame Realisierung vonForschungsprojekten, den Einsatz Stu-dierender und Doktoranden im Rahmenvon Praktika und Graduierungsarbeitenund Lehrangeboten. Sie ist also weitmehr als die Summe einzelner For-schungseinrichtungen: Hier werden ein-zelne Themenstellungen systemisch zu-sammengeführt.

Zur Stärkung des ForschungsstandortesBerlin-Brandenburg in den BereichenLändliche Entwicklung, Landnutzung,Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gewäs-serbewirtschaftung, Gartenbau, Ernäh-rung und Gesundheit sowie Tourismuswurden von den Gründungseinrichtungenfolgende Schwerpunkte identifiziert:

• Gemeinsame Planung und Umsetzungvon Forschungsverbünden und -projek-ten bei gemeinschaftlicher Nutzung vonKompetenzen und Ressourcen

• Ausbau des Wissenstransfers zwischenWissenschaft und Praxis sowie Politik-unterstützung

• Intensivierte Kooperation in der For-schung, Lehre und Nachwuchsförde-rung

Einen Überblick über die Bandbreite derbearbeiteten Forschungsfelder gibt dieoben stehende Abbildung. Wissenstrans-fer in die landwirtschaftliche Praxis wirddurch Symposien, Aus-, Fort- und Weiter-

Forschungsfelder auf den Gebieten• Land- und Forstwirtschaft• Ökologie• Technologie• Ländliche Räume

Forschungsplattform „Ländliche Räume Berlin-Brandenburg“

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Forschungsplattform „Ländliche Räume Berlin-Brandenburg“

bildung, Feldtage und Veröffentlichungenin der Fachpresse gewährleistet. Das An-gebot zur Weiterbildung nehmen jährlichüber 5000 Interessierte wahr. Über kon-krete Projekte und Forschungsergebnissegeben unter anderem die Jahresberichteder Einrichtungen sowie die jährlichenAgrarberichte des MLUV Auskunft. Ge-meinsame Aktivitäten der Plattform kön-nen unter www.zalf.de (Stichwort „For-schungsplattform“) abgerufen werden.

Landschaftslabor BrandenburgEin Beispiel für die Aktivitäten der For-schungsplattform ist die gemeinsameKonzeption eines so genannten Land-schaftslabors in Brandenburg. Hinter-grund sind auch hier die Veränderungenauf den Energie- und Agrarmärkten, derKlimawandel und die Globalisierung so-wie demographische Entwicklungen. Die-se Veränderungen werden in den nächs-ten Jahrzehnten die Entwicklung derländlichen Räume prägen. Anpassung imInteresse einer nachhaltigen Entwicklungwird auch neue organisatorische und pro-duktionsorientierte Innovationen erfor-

dern. Dazu eine Region Brandenburgs alseine Art „Innovationslabor“ einzurichten,das vorhersehbare Entwicklungen auf-nehmen und die zu beschreitenden Wegebeispielhaft zeigen kann, würde einenentscheidenden Wettbewerbsvorteil auchfür andere Regionen Brandenburgsschaffen.

Sowohl aus wissenschaftlicher als auchaus politischer Sicht ist es wichtig, aufdem aktuellen Stand des Wissens basie-rende Anpassungsstrategien sowie dazuerforderliche Innovationen und Technolo-gien zu erproben und die dabei gewonne-nen Erfahrungen zu nutzen. Aus politi-scher Sicht werden Informationen benö-tigt, welche Anpassungsstrategien mitwelchen Folgen denkbar sind, welcheKonfliktpotenziale mit den verschiedenenAnpassungsoptionen verbunden sind,welche Möglichkeiten zur Beeinflussungbestehen, welche Instrumente zur Steue-rung geeignet sind und welche ökonomi-schen und ökologischen Effekte mit pla-nerischen und staatlichen Eingriffen ver-bunden sein werden. Aus wissenschaftli-

Ziele derForschungsplattform• Stärkung des

Forschungsstandortes Berlin-Brandenburg in den Bereichenländliche Entwicklung,Landnutzung, Landwirtschaft,Forstwirtschaft,Gewässerbewirtschaftung,Gartenbau und Stadtgrün,Ernährung, Gesundheit sowieTourismus

• Verbesserung derKommunikation zwischen denForschungseinrichtungensowie zwischen Forschungund Politik

• Vertiefte Kooperation und • Gemeinsame

Öffentlichkeitsarbeit • Ausbau des Wissenstransfers

zwischen Wissenschaft undPraxis, einschließlich derPolitikberatung

• Verstärkte Kooperation in derForschung, Lehre undNachwuchsförderung,gemeinsame Nutzung vonForschungsressourcen

Ländliche Räume in Brandenburg mit ihrer engen Verflechtung unterschiedlichster Funktionen bieten sehr guteVoraussetzungen zur Untersuchung von Anpassungsstrategien an zukünftige Veränderungen.

Foto: Heike Schäfer

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Forschungsplattform „Ländliche Räume Berlin-Brandenburg“

cher Sicht ist es wichtig, die mit diesenÄnderungen verbundenen Prozesse zuanalysieren, die Wechselwirkungen zwi-schen verschiedenen sektoralen Anpas-sungsoptionen zu verstehen sowie die je-weiligen Triebkräfte und ihre Einflüsse zuerkennen. Grundsätzlich sollen auf allenEbenen die Betroffenen vor Ort von An-fang an in die Entwicklungen einbezogenwerden, was eine neue Qualität der He-rangehensweise bedeutet.

Die Wechselwirkungen von einzelnen An-passungsstrategien an von außen bewirk-te Veränderungen und ihre Auswirkungenauf eine konkrete Region sind bisher wis-senschaftlich weitgehend unbearbeitet,obwohl genau darin die entscheidendenwissenschaftlichen und politischen He-rausforderungen liegen. Auswirkungenauf die Emission klimarelevanter Gase,auf den Selbstversorgungsgrad oder denExport-/Importanteil einer Region mitEnergie oder Nahrungsmitteln, die Aus-wirkungen auf Biodiversität und andereAspekte des Ressourcenschutzes lassensich nur dann abschätzen, wenn auch dieAnpassungsreaktionen in anderen Berei-chen berücksichtigt werden. Um die hier-für erforderlichen Informationen zu erhal-ten, wird neben der beobachtenden aucheine aktionsgeleitete Forschung benötigt,mit der Zustände, Steuerungsgrößen undRahmenbedingungen im Sinne von Expe-rimenten gezielt verändert werden. Diesbedeutet, dass die handelnden Personenvor Ort bereits bei der Entwicklung desForschungsdesigns einbezogen werdenmüssen, anstatt sie erst bei dessen Um-setzung zu beteiligen.

In der Vergangenheit wurde deutlich, wel-che Konflikte die Umsetzung sektoralerAnpassungsstrategien mit sich bringenkann (Beispiel Windenergie). NachhaltigeAnpassungsstrategien erfordern dahernicht nur technologische Anpassungsop-tionen, sondern auch die „Mitnahme derBevölkerung“. Mit einem „Landschaftsla-bor“ in einer konkreten Region könnte he-rausgearbeitet werden, welche Innovatio-nen regionsspezifisch benötigt werden,welche Anpassungsstrategien gesell-schaftlich durchsetzbar sind und wie die

Konsensfindung verbessert werden kann.Die dabei gewonnenen Erkenntnisse lie-ßen sich zur Entwicklung und Umsetzungneuer Leitbilder für die nachhaltige Ent-wicklung ländlicher Räume einsetzen.Das Land Brandenburg mit seinen beson-deren standörtlichen, wirtschaftlichen undinfrastrukturellen Gegebenheiten und sei-nen umfassenden Forschungspotenzialenbietet für ein solches Vorhaben sehr guteVoraussetzungen.

Die Bildung der Forschungsplattform„Ländliche Räume Berlin-Brandenburg“geht auf eine gemeinsame Initiative desZALF Müncheberg und der Landwirt-schaftlich-Gärtnerischen Fakultät derHumboldt-Universität zu Berlin zurück.Am 22.04.2004 unterzeichneten insge-samt elf Gründungsmitglieder am Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam-Bor-nim eine gemeinsame Satzung.

Seit der Gründung im Jahr 2004 sind fol-gende Institutionen der Forschungsplatt-form beigetreten: PIK Potsdam-Institut fürKlimafolgenforschung, IfG Institut für Ge-nossenschaftswesen an der Humboldt-Universität zu Berlin, BIOPOS For-schungsinstitut Bioaktive Polymersyste-me Teltow, IFN Institut für Fortpflanzunglandwirtschaftlicher Nutztiere Schönow,LIB Länderinstitut für Bienenkunde HohenNeuendorf, LFE LandesforstanstaltEberswalde, IGV Institut für Getreidever-arbeitung GmbH, IfB Institut für Binnenfi-scherei Potsdam-Sacrow, TFH WildauTechnische Fachhochschule Wildau, Uni-versität Potsdam.

Der Vorsitz der Forschungsplattformwechselt satzungsgemäß zwischen denMitgliedseinrichtungen. Bisher hatten dasLeibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam-Bornim, die Biologische Bundesanstaltfür Land- und Forstwirtschaft (heute JKI),die Landesforstanstalt Eberswalde sowiedie Fachhochschule Eberswalde den Vor-sitz inne. Zurzeit liegen Vorsitz und Koor-dination beim Leibniz-Zentrum für Agrar-landschaftsforschung (ZALF) e.V. Mün-cheberg. Beteiligte Mitarbeiter im ZALFsind: Prof. Dr. Hubert Wiggering, Dr.Hans-Peter Ende, Heike Schäfer.

Gründungsmitglieder• ATB Leibniz-Institut für

Agrartechnik Potsdam-Bornim• BBA Biologische

Bundesanstalt für Land- undForstwirtschaft Berlin undBraunschweig – heute: JKIJulius Kühn-Institut,Bundesforschungsinstitut fürKulturpflanzen

• BTU Cottbus,Brandenburgische TechnischeUniversität Cottbus

• FH Eberswalde,Fachhochschule Eberswalde

• FIB Forschungsinstitut fürBergbaufolgelandschaftenFinsterwalde

• LGF Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät derHumboldt-Universität zu Berlin

• IASP Institut für Agrar- undStadtökologische Projekte an der Humboldt-Universitätzu Berlin

• IGB Leibniz-Institut fürGewässerökologie undBinnenfischerei Berlin

• IGZ Leibniz-Institut fürGemüse- und ZierpflanzenbauGroßbeeren/Erfurt

• TU Berlin TechnischeUniversität Berlin

• ZALF Leibniz-Zentrum fürAgrarlandschaftsforschungMüncheberg

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Die industrielle Biotechnologie, auch WeißeBiotechnologie genannt, erschließt die Po-tenziale der Natur für industrielle Verfahrenund Produkte. Hierbei werden Biokompo-nenten, d. h. Mikroorganismen, Zellkulturen,Enzyme und pflanzliche Produktionssyste-me zum Auf-, Um- oder Abbau von Substan-zen in technischen Prozessen eingesetzt, diein entsprechenden industriellen Anlagen ab-laufen. Auf der Suche nach klimaschonen-den und zugleich wettbewerbsfähigen neu-en Produktionsverfahren bietet die Biotech-nologie vielversprechende Alternativen zuvielen herkömmlichen Technologien. Einerder wichtigsten Gründe, die der Weißen Bio-technologie ihren enormen Auftrieb der letz-ten Jahre verliehen hatten, ist das Bestrebennach Unabhängigkeit von ständig steigen-den Energie- und Rohstoffpreisen.

Investitionen in zukunftsfähige innovativeSpitzentechnologien sind für ein hochent -wickeltes und rohstoffarmes Land wieDeutschland wichtig, um sich dauerhaft iminternationalen Wettbewerb zu behaupten.In diesem Kontext werden der Weißen Bio-technologie große Potenziale zur Entwick-lung neuer oder verbesserter Prozesse, Pro-

dukte und Dienstleistungen zugesprochen.Neben ihrem Potenzial zur Bereitstellung in-novativer Produkte und Prozesse kann dieWeiße Biotechnologie auch einen wichtigenBeitrag zur nachhaltigen Umgestaltung vonProduktionsprozessen leisten, da biotech -nische Verfahren zur Stoffproduktion und -umwandlung – im Gegensatz zur klassi-schen Chemie – unter milden Bedingungen,in wässrigen Medien und mit hoher Selekti-vität und Spezifität ablaufen. Zudem entfal-ten biotechnische Verfahren ihre besonde-ren Stärken dort, wo es um die Umwand-lung von Naturstoffen, also regenerativenRohstoffen, geht. So können auch fossileRohstoffe ersetzt werden. Biokatalysatorensorgen dafür, dass sich Wirkungsgrad undAusbeute erhöhen, während Rohstoff- undEnergieverbrauch sinken. Die Entstehungnicht erwünschter Neben- und Koppelpro-dukte sowie von Emissionen wird minimiertund der Einsatz giftiger oder nicht abbauba-rer Stoffe verringert. Es profitieren also so-wohl Industrie als auch die Umwelt. Beach-tet man weiter, dass die Rohölpreise mittler-weile ungeahnte Höhen erreicht haben undbedenkt die Erfordernisse des Klimaschut-zes, so ist es nicht verwunderlich, dass sich

Netzwerk Weiße Biotechnologie Berlin-Brandenburg

NetzwerkkoordinatorThomas Engelhard

Das NetzwerkBiotechnologie/Life ScienceKompetenzfeld WeißeBiotechnologie wird vomMinisterium für Wirtschaft desLandes Brandenburg im Rahmender Gemeinschaftsaufgabe„Verbesserung der regionalenWirtschaftsstruktur“ (GA) ausMitteln des Bundes und desLandes Brandenburg gefördert.

Netzwerk Weiße Biotechnologie Berlin-Brandenburgc/o SWFG mbH, Abt.Biotechnologie Luckenwalde

Im Biotechnologiepark, TGZ I14943 Luckenwalde

Tel.: +49 (0)3371-681-100Fax: +49 (0)3371-681-105

[email protected]

Identifizierung von Rohstoffen

Foto: Netzwerk

Foto: Netzwerk

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Forschen für den ländlichen Raum 209

die Methoden der Weißen Biotechnologieschnell in einer Vielzahl von Anwendungsfel-dern verbreiten und zu einer nachhaltigenGestaltung von Industrieprozessen beitra-gen. Deutschland gehört mit zu den res-sourcenstärksten Ländern im Bereich derWeißen Biotechnologie. Für Brandenburgmit seinen Stärken in den Bereichen bioge-ner Rohstoffe, Bioraffinerietechnik, bioba-sierter Materialforschung, Biokunststoffe,Biokraftstoffe, chemisch-pharmazeutischeZulieferer und traditioneller chemischer In-dustrie ist die Weiße Biotechnologie einstrategisch wichtiges Technologiefeld, dahier kurz- und mittelfristig neue Ideen inmarktfähige Produkte und Dienstleistungenumgewandelt werden können.

Das Netzwerk wurde Anfang 2006 gegrün-det und hat mittlerweile 24 Mitglieder ausUnternehmen, Forschungseinrichtungen,Fachhochschulen, Universitäten und Orga-nisationen. Durch die Kombination einerVielzahl von Kompetenzen sind die Partnerim Netzwerk in der Lage, innovative Lösun-gen für komplexe Problemstellungen in denBereichen Chemie, Papier, Kosmetik, Phar-maka und Nahrungsmittel zu entwickeln.

Das Angebot richtet sich insbesondere anmittelständische Unternehmen, die ein Inte-resse an ständiger Verbesserung von Effi-zienz und Umweltverträglichkeit haben undhierfür einen kompetenten Ansprechpartnersuchen.

Darüber hinaus dient das Netzwerk als Platt-form für den Informationsaustausch, für ge-meinsame Projekte und die netzwerkinterneQualifizierung. Innerhalb des Netzwerks wur-den Arbeitsgruppen in den thematischenBereichen „Cosmeceuticals“, „FunktionaleAdditive für die Celluloseindustrie“ und „Bio-technologische Prozesse für die Lebensmit-telindustrie“ etabliert. Als erstes Projektkonnte die Entwicklung und Herstellung ei-ner kosmetischen Creme realisiert werden.Weitere Verbundprojekte wie die Entwick-lung eines biotechnologischen Verfahrenszur Herstellung von Wirkstoffen bzw. einesHygienevlieses und Superabsorbers für denLebensmittelkontakt und Hygienebedarfsind in der Umsetzung bzw. in der Planung.Mit dem Berlin-Brandenburger Kunststoff-netzwerk KuBra e.V. wurde eine strategischeZusammenarbeit im Bereich Biopolymereund Fachkräftesicherung vereinbart.

Netzwerk Weiße Biotechnologie Berlin-Brandenburg

Die wichtigstenAnwendungsfelder der Weißen Biotechnologie liegenaktuell und zukünftig in denBereichen der Chemie-,Lebensmittel-, Kosmetik-,Getränke- und Pharmaindustrie.Bei den Absatzmärkten handeltes sich um dynamischeWachstumsmärkte mit dauerhaftstabilen Wachstumsraten, die z. T. deutlich über dendurchschnittlichenWachstumsraten der jeweiligenBranchen liegen.

Industriebranchen mitSchnittmengen zur

Weißen Biotechnologie

Bioreaktor

Analyse von Proben

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Die Technologie- und GewerbezentrumPrignitz GmbH wurde 1992 in Wittenbergeals eines der ersten Technologiezentrenim Land Brandenburg gegründet und hatsich in der Prignitz als kompetenter Part-ner für Technologietransfer und Netzwerk-management etabliert.

NEMO-Netzwerk BiokonversionIm Jahr 2005 schlossen sich acht vorran-gig in der Prignitz ansässige Unternehmenund Forschungseinrichtungen des LandesBrandenburg zu einem Netzwerk Biokon-version zusammen. Mit Biokonversion be-zeichnet man die Umwandlung nachwach-sender Rohstoffe zur stofflichen und ener-getischen Verwertung. In der Gründungs-phase des Netzwerkes wurden die Unter-nehmen intensiv von der Technologie- undGewerbezentrum Prignitz GmbH (TGW Pri-gnitz GmbH) unterstützt. Die Kompetenzender TGW Prignitz GmbH bezüglich der För-derung von Innovations- und Netzwerkvor-haben und die bestehenden Kontakte zuwissenschaftlichen Einrichtungen hatteneinen erheblichen Anteil am Erfolg des

Netzwerks. Im Rahmen des NEMO-Pro-gramms des Bundeswirtschaftsministeri-ums übernahm die TGW Prignitz GmbH für2 Jahre das Netzwerkmanagement für dieUnternehmen. NEMO steht für „NEtzwerk-Management-Ost“ eine Fördermaßnahmedes BMWi (AiF) zur Initiierung regionalerUnternehmensverbünde.

Ziel der beteiligten kleinen und mittlerenUnternehmen ist die schnelle Umsetzungeigener Forschungs- und Entwicklungser-gebnisse in innovative Produkte und Her-stellungsverfahren. Der Mangel an finan-ziellen und organisatorischen Ressour-cen, der dabei häufig eine Hürde darstellt,wurde durch die gemeinsame Aktivität ineinem Netzwerk und die Unterstützungdes Netzwerkmanagements am Techno-logiezentrum ausgeglichen. Die Vorteiledieses Ansatzes zeigen sich in der erfolg-reichen Durchführung der Innovationspro-jekte aus dem Netzwerk Biokonversion.

Die Netzwerkunternehmen sind in ihrenKompetenzen und Geschäftsfeldern sehrunterschiedlich aufgestellt, so dass im

Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz GmbH (TGW) NEMO-Netzwerk Biokonversion

GeschäftsführerinAnnett Jura

Gefördert durchBMWi/AiF

DienstleistungenInformation, KommunikationExistensgründungTechnologie- undInnovationsmanagementNetzwerkmanagement

Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz GmbH NEMO-Netzwerk Biokonversion

Laborstraße 119322 Wittenberge

Tel.: +49 (0)3877 984-110Fax: +49 (0)3877 984-113

[email protected]

Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz GmbH inWittenberge

Veredelung vegetabiler Öle und Fette bei der PrignitzerChemie

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Netzwerk eine große Themenvielfalt exis-tiert. Das verbindende Element ist die re-gionale Zusammenarbeit auf dem Gebietder Nachwachsenden Rohstoffe mit demZiel, neue Technologien zu entwickeln unddurch Kooperationen die eigenen Ge-schäftsfelder und Märkte zu erweitern. Diefachliche Vielfalt und die unterschiedli-chen Interessen der Netzwerkpartnerspiegeln sich in den verschiedenen Inno-vationsprojekten wider.

Die börsennotierte EOP Biodiesel AG zumBeispiel, die in ihrem Werk im Gewerbege-biet Falkenhagen jährlich mehr als130.000 Tonnen Öko-Kraftstoff produzie-ren kann, die Stadtwerke Wittenberge unddie ERK Eckrohrkessel GmbH aus Berlinarbeiten an der energetischen Verwertungbiologischer Rohstoffe.

Die Prignitzer Chemie GmbH als Verede-lungsbetrieb von vegetabilen Fetten undÖlen sucht dagegen nach stofflichen Ver-wertungsmöglichkeiten von gesättigtenFettsäuren, die als Zwischenprodukte ent-stehen. In einem PRO INNO II-Projekt ar-

beitet sie dabei mit der Dr. Otto GmbH zu-sammen. Diese ist Dienstleister für chemi-sche Analytik und betreibt die Gewinnungvon spezifischen Pflanzeninhaltsstoffenund deren Veredelung zu Biofeinchemika-lien oder Fertigprodukten, wie Pflanzen-stärkungsmitteln und Hautpflegemitteln.

Bei einem anderen Projekt ist die Dr. OttoGmbH Partner der Firma PSK Metall- undAnlagenbau GmbH aus Wittenberge. Zieldes Vorhabens ist die Gewinnung vonetherischen Ölen aus Abprodukten vonGewürzen. Aus dem meist ungenutztenAbrieb von Kräutern, wie z. B. gerebeltemThymian, lassen sich bestimmte Pflanzen -inhaltsstoffe herauslösen. Endproduktedieses Prozesses sind wertvolle Öle, diezu Biofeinchemikalien für die Lebensmit-tel- und Kosmetikindustrie veredelt wer-den und in der Industrie Höchstpreise er-zielen. Im Rahmen dieses Projektes er-stellten zwei Studenten der TechnischenFachhochschule Wildau ihre Diplomarbei-ten. Dieses vom Land Brandenburg geför-derte Projekt (ILB/ZAB) verlief so erfolg-reich, dass die PSK Metall- und Anlagen-bau einen Verfahrensingenieur für die Wei-

Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz GmbH (TGW) NEMO-Netzwerk Biokonversion

Netzwerkpartnerwww.dr-otto-gmbh.de www.eopbiodieselag.de www.eckrohrkessel.com www.psk-wittenberge.de www.gli-prignitz.de www.flachshaus.de www.stadtwerke-wittenberge.de www.prignitzer-chemie.de

Chemische Analytik und Gewinnung von spezifischenPflanzeninhaltsstoffen bei der Dr. Otto GmbH

Charakterisierung der Pflanzeninhaltsstoffe, Dr. Otto GmbH

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terentwicklung und den Vertrieb einstellte.Diese Neuentwicklung wurde auf der Han-nover-Messe präsentiert und es wurdenbereits mehrere Anlagen verkauft.

Die Flachshaus GmbH stellt Dämmstoffeaus Naturfasern her. In einem PRO INNO II-Projekt soll eine neuartige Akustikdecken-auflage entwickelt werden, die zusätzlichmit einem Katalysator zu Verbesserung derInnenraumluft ausgestattet wird.

Das Projekt „Substitution der Rekultivie-rungsschicht durch nachwachsende Roh-stoffe in Deponieabdichtungssystemen“wird von den Netzwerkpartnern GLI Pri-gnitz mbH und der Flachshaus GmbHdurchgeführt. Die GLI Gesellschaft für La-bor- und Ingenieurdienstleistungen PrignitzmbH ist im Bereich der chemischen, mikro-biologischen und baugrund-physikali-schen Analytik tätig. Hintergrund diesesProjektes ist die gesetzliche Vorgabe, dassDeponien von Siedlungsabfällen, die nichtdem Stand der heutigen Technik entspre-chen, von den Betreibern seit 2005 stillzu-legen sind. Um eine Begrünung zu ermög-lichen und die Dichtungsschichten zu

schützen, werden spezielle Oberbödeneingesetzt. Doch das Bodenmaterial wirdknapp, die Sanierungsarbeiten sind zeit-aufwendig und teuer. Ziel des über PROINNO II bezuschussten Projekts ist daherdie Entwicklung eines großflächigenFlachsfaservlieses, das die bisherige me-terdicke Rekultivierungsschicht in Teilen er-setzt. Das FuE-Projekt wird von der Univer-sität Rostock wissenschaftlich begleitet.Dazu führen Experten am Institut für Um-weltingenieurwesen, Fachgebiet Abfall-und Stoffstromwirtschaft, spezielle Modell-versuche sowie Gefäß-, Feld- und Praxis-versuche durch. Sie sollen zur Klärung bei-tragen, ob sich die Fasermatten u. a. ausFlachsmaterial als Pflanzenstandort eignenund das Biomaterial die geforderte Stabili-tät besitzt. Dabei werden verschiedene, fürdie Deponierekultivierung typische Saat-gutmischungen eingesetzt. Auch nachAuslaufen der NEMO-Förderung für dasNetzwerkmanagement sind die Unterneh-men an weiteren Kooperationsprojekten in-teressiert. Vor diesem Hintergrund wurdeauf Initiative einiger Netzwerkpartner undder TGW Prignitz GmbH im Oktober 2007

Laboranlage zur Wasserdampfdestillation, Dr. Otto GmbH

Chemische, mikrobiologische und baugrund-physika li -sche Analytik bei der GLI Prignitz mbH

Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz GmbH (TGW) NEMO-Netzwerk Biokonversion

Wissenschaftliche PartnerTFH WildauBTU CottbusFH BrandenburgUNI RostockNachwachsende RohstoffeNaturfasernVegetabile Fette und ÖleEtherische ÖleGewürzeBiofeinchemikalienChemische AnalytikBiodieselKraftwerksbauKommunale Energieversorgung

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das Prignitzer Institut für Thermoanalytik(PIT e.V.) gegründet. Die Basis des Vereinsbesteht aus 7 Unternehmen und 5 Hoch-schulen, die ihre fachlichen Kompetenzenim Einsatz thermoanalytischer Methodenzur Charakterisierung von Rohstoffen undProdukten bündeln und weiterentwickelnwollen. Vor diesem Hintergrund bearbeitetund initiiert PIT e.V. Forschungs- und Ent-wicklungsprojekte und begleitet Unterneh-men bei der Entwicklung und Einführungneuer Technologien und Verfahren.

Der Verein wird eigene Grundlagenfor-schung betreiben, deren Ergebnisse der Öf-fentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zuden Tätigkeitsfeldern gehören auch die Or-ganisation und Betreuung von Praktika undGraduierungsarbeiten von Studenten. Darü-ber hinaus bietet PIT e.V. anerkannte Quali-fizierungen auf dem Gebiet thermoanalyti-scher Methoden an. Hierfür wurde im Tech-nologiezentrum ein modern ausgestattetesLehrkabinett eingerichtet. Mit dem Prignit-zer Institut für Thermoanalytik wurde in derRegion ein Kompetenzzentrum geschaffen,das die stoffliche Nutzung Nachwachsen-der Rohstoffe stärkt, Innovationen umsetzt

und ein Alleinstellungsmerkmal mit überre-gionaler Ausstrahlungskraft darstellt.

Gewinnung von ätherischen Ölen aus Abprodukten von Gewürzen, PSK Metall- und Anlagenbau GmbH

Multi-Feed-Demonstrationsanlage, PSK GmbH

Technologie- und Gewerbezentrum Prignitz GmbH (TGW) NEMO-Netzwerk Biokonversion

Prignitzer Institut fürThermoanalytik e.V. (PIT)Laborstraße 119322 WittenbergeTelefon: +49 03877 984 112Telefax: +49 03877 984 [email protected]ündet 2007als gemeinnütziger VereinMitglieder sind Fachhochschulenund Firmen derunterschiedlichstenGeschäftszweige

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Abkürzungsverzeichnis

AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V.

BBR Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung

BMELV Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

CBD Convention on Biological Diversity, Übereinkommen über die biologische Vielfalt, internationales Umwelt-Vertragswerk

CLM Climate Version of the Local Model

CoDiM Costs of Diabetes Mellitus

DBU Deutsche Bundesstiftung Umwelt

DDT Dichlordiphenyltrichlorethan, Insektizid

DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft

DNA Deoxyribonucleic Acid (dt. Desoxyribonukleinsäure, DNS), in jedem Lebewesen vorkommendes zweisträngiges Biomolekül, welches die Erbinformationen beinhaltet

EKG Elektrokardiogramm, Darstellung der Aktivitäten der Herzmuskelfasern

EnMAP Environmental Mapping and Analysis Program

EPIC European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition

EUGENE2 European Network on Functional Genomics of Type 2 Diabetes

EU-WRRL Europäische Wasserrahmenrichtlinie

EVitA Erforschung der Vitalität und Anpassungsfähigkeit von Wildtierpopulationen bei Tierarten von herausragendem ökologischen Interesse im Spannungsfeld Tier – Mensch

FBF Förderverein Biotechnologieforschung e.V.

FuE Forschung und Entwicklung

GAP Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union, beruhend auf den beiden Säulen Marktordnung und Landentwicklung

GIS Geographisches Informationssystem

GL Gemeinsame Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg

GLOWA Globaler Wandel des Wasserkreislaufs

ILB Investitionsbank des Landes Brandenburg

INKA BB Innovationsnetzwerk Klimaanpassung Region Brandenburg Berlin

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IUCN/SSC International Union for Conservation of Nature/Species Survival Commission

IURS Institut für Umwelttechnik und Recycling Senftenberg e.V.

KMU Kleine und mittelständische Unternehmen

MOE Mittel- und Osteuropa

NDVI Normalized Differenced Vegetation Index

NGFN Nationales Genomforschungs-Netzwerk

NuGO The European Nutrigenomics Organisation

NUTS Nomenclature des unités territoriales statistiques, Systematik zur Identifizierung und Klassifizierung der räumlichen Bezugseinheiten der Amtlichen Statistik in den Mitgliedsländern der EU

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development(Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)

PCR Polymerase Chain Reaction, Polymerase-Kettenreaktion, DNA-Vervielfältigunsmethode z. B. zur Erkennung von Erbkrankheiten oder Verderbniserregern

PEM Polymer-Elektrolyt-Membran

Profimet Protein, fibre, metabolic syndrome

RFID Radio Frequency Identification, Verfahren zur Identifizierung von Gegenständen durch elektromagnetische Wellen sowie zur Speicherung von Daten

RNA Ribonucleic Acid (Ribonukleinsäure, RNS), Biomolekül, im Gegensatz zur DNA jedoch einsträngig

SAB Sächsische Aufbaubank

SFB Sonderforschungsbereich

SIAT Sustainability Impact Assessment Tools, Instrumente zur Verbesserung politischer Entscheidungsfindung sowie Implementation

SVAT Soil-Vegetation-Atmosphere-Transport

TSE Transmissible Spongiform Encephalopathy, Übertragbares schwammartiges Hirnleiden, durch Prionen übertragene Hirnerkrankungen

VEG Volkseigenes Gut, landwirtschaftlicher Staatsbetrieb in der DDR

VHF Very high frequency

WATCH Water and Global Change

WGL Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz. Zusammenschluss von82 Forschungseinrichtungen, die jeweils zur Hälfte vom Bund sowie vom ent-sprechenden Sitzland finanziert werden.

ZDS Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion e.V.

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