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20 Forstlich «Organisatorisches aus Hessen. aber welche ihr bas volle Heimatrecht im beutschen Walbe verweigern wollen, möchte ich bamit ein gutes Wort für biefe Holzart eingelegt haben, welche in kultureller Hinsicht burch ihre guten Eigenschaften bem aus- übenben Forftmanne sich bereits schwer entbehrlich zu machen vcr- stauben hat. Forftlich-Vrgamsatorisches au5 Hessen. „Magna est vi veritas et praevalebit postrerno." Das Jahr 1898 hat, abgesehen von ben verfchiebenen Personal- veranberungen, wie sie alljährlich vorkommen, auch in biefen Blättern regelmäßig mitgeteilt zu werben pflegen, aber allgemein forstwissenschaft- Iich°fachlicheZ Interesse nicht beanfpruchen, sehr wesentliche organische unb barum auch für weitere Kreise beachtenswerte Neuerungen gebracht, welche von einschneibenber Bebeutung für gesunbe Entwickelung unseres hessischen Forstwesens sinb, nachbem bieses seit Jahrzehnten in ben Nachtrab ge- raten war. — Jene zu besprechen, bürste beshalb um so mehr angezeigt sein, als bis jetzt bloß bie sachlichen Grunbzüge bestimmt sinb, über bie formelle unb praktische Ausgestaltung aber zum Teil noch speziell zu be- ftnben ist, unb zum Teil noch Beratungen gepflogen werben sollen. Kommen wir zur Sache selbst. Es ist ben Lesern bieses Blattes sowie ber anberen forstlichen Zeitschriften nicht unbekannt, wie schon seit länger als 30 Jahren unermüblich auf Beseitigung ber Lokalforstmeister als Kontrollbeamten unb Einzeluorgesetzten ber Oberförster von uns hin- gearbeitet warben. Die Erreichung bieses Zieles schien bereits bei Beratung bes 1894/97 er Staatsbubgets gesichert, als plötzlich ein Mehlthau infolge bes Umstanbes hineinfiel, baß ber bamals neu ernannte oberste Leiter unseres Forstwesens, welcher früher ein ganz entfchiebener Gegner bes Forst- meifterfystems gewefen war unb sich als solcher in einem äußerst scharf geschriebenen Artikel (vergl. 1872 er Iuliheft ber Allgemeinen Forst- unb Iagbzeitung) behufs Unterstützung bes bamals fchon feit Jahren biefe Sache vertretenhabenben Kollegen bokumentiert hatte, nun plötzlich als ebenso entfchiebener Verteibiger ber Lokalforstmeister auftrat unb hierbei so weit ging, bie Oberförster als ber Korrektur bebürftig zu bezeichnen! Dies war eine Überraschung unb arge Enttäuschung ber Oberförster, welche nach baburch erhöht warb, baß ber bamalige, jetzt zurückgetretene Finanz- minister in ber betreffenbm Kammerverhanblung erklärte, bieser Mann fei gerabe beswegen an feine hohe Stelle berufen worben, weil man ge- wüßt habe, baß er früher ein entfchiebener Gegner ber Lokalforstmeister

Forstlich-Organisatorisches aus Hessen

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20 Forstlich «Organisatorisches aus Hessen.

aber welche ihr bas volle Heimatrecht im beutschen Walbe verweigern wollen, möchte ich bamit ein gutes Wort für biefe Holzart eingelegt haben, welche in kultureller Hinsicht burch ihre guten Eigenschaften bem aus-übenben Forftmanne sich bereits schwer entbehrlich zu machen vcr-stauben hat.

Forftlich-Vrgamsatorisches au5 Hessen. „Magna est vi veritas et praevalebit postrerno."

Das Jahr 1898 hat, abgesehen von ben verfchiebenen Personal-veranberungen, wie sie alljährlich vorkommen, auch in biefen Blättern regelmäßig mitgeteilt zu werben pflegen, aber allgemein forstwissenschaft-Iich°fachlicheZ Interesse nicht beanfpruchen, sehr wesentliche organische unb barum auch für weitere Kreise beachtenswerte Neuerungen gebracht, welche von einschneibenber Bebeutung für gesunbe Entwickelung unseres hessischen Forstwesens sinb, nachbem bieses seit Jahrzehnten in ben Nachtrab ge-raten war. — Jene zu besprechen, bürste beshalb um so mehr angezeigt sein, als bis jetzt bloß bie sachlichen Grunbzüge bestimmt sinb, über bie formelle unb praktische Ausgestaltung aber zum Teil noch speziell zu be-ftnben ist, unb zum Teil noch Beratungen gepflogen werben sollen.

Kommen wir zur Sache selbst. Es ist ben Lesern bieses Blattes sowie ber anberen forstlichen Zeitschriften nicht unbekannt, wie schon seit länger als 30 Jahren unermüblich auf Beseitigung ber Lokalforstmeister als Kontrollbeamten unb Einzeluorgesetzten ber Oberförster von uns hin-gearbeitet warben.

Die Erreichung bieses Zieles schien bereits bei Beratung bes 1894/97 er Staatsbubgets gesichert, als plötzlich ein Mehlthau infolge bes Umstanbes hineinfiel, baß ber bamals neu ernannte oberste Leiter unseres Forstwesens, welcher früher ein ganz entfchiebener Gegner bes Forst-meifterfystems gewefen war unb sich als solcher in einem äußerst scharf geschriebenen Artikel (vergl. 1872 er Iuliheft ber Allgemeinen Forst- unb Iagbzeitung) behufs Unterstützung bes bamals fchon feit Jahren biefe Sache vertretenhabenben Kollegen bokumentiert hatte, nun plötzlich als ebenso entfchiebener Verteibiger ber Lokalforstmeister auftrat unb hierbei so weit ging, bie Oberförster als ber Korrektur bebürftig zu bezeichnen! Dies war eine Überraschung unb arge Enttäuschung ber Oberförster, welche nach baburch erhöht warb, baß ber bamalige, jetzt zurückgetretene Finanz-minister in ber betreffenbm Kammerverhanblung erklärte, bieser Mann fei gerabe beswegen an feine hohe Stelle berufen worben, weil man ge-wüßt habe, baß er früher ein entfchiebener Gegner ber Lokalforstmeister

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gewesen sei, seine neuere Bekehrung zum entgegengefetzten Standpunkt refp. zu vollständiger Billigung ber regierungsfeitlichen Anfchauung bezüglich ber Nnentbehrlichkeit der Lokalforftmeifter aber einen fchlagenben Beweis für bie Richtigkeit erfterer liefere!

I n der That eine sonderbare Argumentation, welche näher zu betrachten kaum noch nötig sein wirb; genügt es boch darauf hinzuweifen, daß das schon für erreicht erachtete Ziel vereitelt und die Konservierung der Lokal-forftmeister mit einer Mehrheit von 4 Stimmen von ber II. Siänbe-kammer genehmigt ward. — Wenn man aber an maßgebender Seite barauf gerechnet, durch diese Manipulation eine fernerweite Agitation gegen das Institut jener Lieblingskinder zum Verstummen zu bringen, zumal man ihre Zahl von 9 auf 6 reduziert und sie schon früher aller wirtschaftlichen Befugnisse durch bie 1875 er und 1879 er Instruktion ent­kleidet hatte, so war das Fazit der Rechnung doch ein geradezu ent-gegengefetztes, zumal die Lokalforftmeifter ungeachtet der erwähnten capitis deminutio höchst inkonfequenterweife noch immer als Einzelvorgefetzte der Oberförster laut § 1 jener Instruktion ihres Amtes walteten.

Die Art nämlich, wie die Forftmeifterftage bei den Beratungen der Ständekammer behandelt ward, schlug dem Faß dm Boden aus: samt-liche Oberförster mit Ausnahme von 4 einzigen, vereinigten sich zu Bildung eines Oberförsterverbandes, welcher nun die Verfolgung des Zieles energisch betrieb, wie dies schon vorher speziell durch Beleuchtung des Grund-satzes, ganz dienstjunge Oberförster zu Lokalforstmeistern und Einzel-vorgesetzten der Oberförster zu ernennen, in dem Auffatz „Forftverwaltungs-Grundsätze" (vergl. 1892 er Dezemberheft diefes Blattes) fowie fpäter in den Artikeln „der Lokalforstmeister" (1893 er Oktoberheft) und „zum Kapitel ber Forstorganisaiion" (1895 er Augustheft), außerdem aber durch eine besondere „Würdigung der bei Beratung des 1894/97 Staatsbudgets vorgebrachten Einwände gegen Eliminierung der Lokalforstmeister" ge-fchehen war.

Und so brachte denn post tot discrirnina rerarn enblich bie Ver­ordnung vom 13. J u l i 1898, durch welche die Forftamter mit Wirkung vom 1. Oktober aufgehoben wurden, die Erlösung, von fraglichem Übel, nachdem auch bei Beratung des neuen Staatsbudgets die II. Stände-kammer jene Aufhebung mit allen gegen 4 Summen gefordert und die I. Kammer — „der Not gehorchend, nicht dem eigenen Trieb" zugestimmt, obgleich die Direktion sich auch diesmal, aber wohl nur behufs Deckung des Rückzugs, gegen einen solchen Beschluß mit wenig zutreffenden Argumenten gewehrt hatte.

Damit war der erste, maßgebende Schritt geschehen, welcher schon

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unter der Hand durch Nichtwiederbefetzung zweier erledigter Forstämter eingeleitet worden war, und verdient es nur volle Anerkennung, daß man sich an maßgebender Seite boch enblich von ber Wichtigkeit der fraglichen OrganijationSänberung überzeugt und sich der Erkenntnis von der Richtigkeit der in den verschiedensten Artikeln dieser Blätter sowie der Allgemeinen Forst- und Iagdzeitung entwickelten Anschauungen nicht länger verschlossen hatte.

Mit diesem ersten Schritte konnte jedoch fragliche Änderung noch nicht abgeschlossen sein, wie denn auch in oben erwähnter Verordnung weitere Anordnungen ausdrücklich in Aussicht gestellt wurden.

Als nächste jener erfolgte dann bie Änderung bezüglich der Aus-Übung der bisher von den Lokalforftmeistern wahrgenommenen Kontrolle enblich aber auch die Einreihung eines letzten Gliedes in bas Organ!-fations-Statut, nämlich bes Wirtschaftsrates, welcher seit länger als 30, Jahren in allen Organifations-Auffätzen gleichzeitig mit ber Bestätigung der Lokalforstmeister geforbert worden.

Was dm ersteren Punkt, die Aussübung der Kontrolle betrifft, fo ist immer barauf hingewiefm worden, daß und warum solche von den Mit-gliedem der Direktivbehörde selbst wahrzunehmen fei, sowie daß die bis-her vorgeschriebene und üblich gewesene Ausübung derselben dem bezüglich des Wissens und Könnens fo ganz veränderten Stanb ber Wirtschafter nicht nur nicht mehr entspreche, somit nicht mehr gerechtfertigt, sondern geradezu nachteilig, weil solch kleinliche Überwachung der Oberförster aus Schritt und Tritt krankend für jene fein und lähmend auf ihre Dienst-freudigkeit wirken, jedem höheren Aufschwung in der Wirtschaft hemmend entgegenstehen müsse, wie dies auch von Danckelmann, einer Autorität im Forftverwaltungswefen, ausgesprochen worden sei.

Es ist deshalb mit aufrichtigem Dank zu konstatieren, daß auch diefes Postulates vollständige Berechtigung an maßgebender Stelle nun rückhalts-los anerkannt worden, da in einer generellen Verfügung vom 14. Sep-tember v. I . gefagt wird, die hinfüro von den Mitgliedern der Direktiv-behörde vorzunehmende Kontrolle könne nicht mehr in der seither üblichen eingehenden Weise vorgenommen werden, auch fei dies nicht mehr nötig, Die wichtigste Aufgabe der Referenten bei den Revisionen werde darin bestehen, darüber zu wachen, daß bie Wirtschaft sich in den für richtig erkannten Bahnen bewege. — Um hierfür eine Grunblage zu schaffen, sei bie Aufstellung von Wirtfchaftsregeln für die verfchiedenen Gebiete beabsichtigt.

Diese Auslassung, welche sich vollständig deckt mit den von uns ver-treten«« Anfchauungm und dem immer wiederholten „Praetor minima

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non curat", burfte als Signalisier«ng einer befonberen, den Wirtfchaftsrat einführenden Verfügung betrachtet werden; und daß diese Auffassung eine durchaus zutreffende war, ergab sich schon sehr bald. — Unterm 21. Sep-tember v. I . erschien nämlich eine weitere generelle Verfügung, betreffend: „Den Entwurf von Wirtfchaftsregeln",

Nun werden die Leser dieses Blattes und der Allgemeinen Forst-und Iagdzeitung sich wohl daran erinnern, daß bie Entwerfung von Wirtfchaftsregeln immer als die Hauptaufgabe des zu kreierenden Wirt-fchaftsrates bezeichnet und diefer folgendermaßen charakterisiert worden:

„Der Wirtfchaftsrat, aus den Oberförstern der zu einem Wirtschafts-kreis vereinigten homogenen Bezirke und den einschlägigen Kontroll-beamten bestehend, hat alljährlich in einem andern Bezirk und in regel-mähigem Turnus seine Veratungen zu pflegen, um die lHauptwirt-schaftsregeln auf dem Lokale festzustellen, refp. einer Revision zu unter-werfen Die Resultate der Beratung werden in einem von allen Beteiligten zu unterzeichnenden Protokoll zusammengestellt, welches der Direktivbehörde zur Sanktion zu unterbreiten ist" und an anderer Stelle: „Daß auf diese Weise gerade bezüglich des allerwichtigften Teiles der jetzt den Forstmeistern überwiesenen Funktionen, nämlich bezüglich der Vermittelung der Ansichten über die Grundzüge des Wirtschaftsbetriebs, mit so viel größerer Sicherheit erreicht werden müßte, bedarf keiner weiteren Erörterung. Außerdem aber würde dadurch ein nicht minder wichtiger Vorteil, nämlich die wesentliche Erweiterung des Gesichtskreises der Oberförster erzielt werden — 2C :c." und wieder an anderer Stelle: „Daß nicht für eine ganze Provinz, nicht einmal für einen sehr großen Bezirk die gleichen Wirtfchaftsregeln gelten können, versteht sich von selbst, nnd wurde es sich deshalb zunächst um Bildung der Wirtschaftskreife handeln, innerhalb welcher bie maßgebenden Verhältnisse fo nahe ver-wandt, daß lc wir glauben deshalb, bah erftere nicht zu groß zu greifen, durchfchnittlich nicht mehr als 3 (3—4) Oberförstereien umfassen füllten." (Vergl. 1864 er Aprilheft der Forst-und Iagd-Zeitung, 1877er Aprilhefi, 1893er Septemberheft und 1898er Augustheft d. BI.)

Sehen wir uns nun die oben erwähnte Verfügung betreffend den Entwurf von Wirtfchaftsregeln" etwas näher an, so werden wir finden, daß diefelbe in allen Punkten sozusagen wörtlich, oder doch dem Sinne nach vollständigst übereinstimmt mit dem, was seit so langen Jahren iteram iterumque geforbert refp. als burchaus nötig bezeichnet worden, — wessen zum Beweis wir hier die wefentlichften Stellen jener Verfügung wörtlich mitteilen:

„Eine rafche Eniwickelung bes forsttechnischen Betriebs in der

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Richtung des gesteckten Zieles wird nur bann ftatifinben, wenn die von den einzelnen Wirtschaftern gemachten Beobachtungen und Er-fahrungen nicht verloren gehen Um festzustellen, ob dieselben für die Entwickelung des Betriebs förderlich sinb oder nicht, erfcheint es als das sicherste Mittel, dieselben der Kritik eines entfprechenden Kreises von Fachgenoffen v o r z u l e g e n — Es liegt hiernach ein staatliches Interesse vor, daß regelmäßige Zusammenkünfte der unter ähnlichen Verhältniffen wirtschaftenden Beamten stattfinden, bei denen Referate erstattet und Exkursionen abgehalten werden. — Seither ward diesem Bedürfnis durch Abhaltung der fogenanntm Forstkränzchen Rechnung getragen, in denen sich die zu dem nämlichen Forst gehörigen Beamten Zusammenfanden. — Nachdem die Forstämter aufgehoben worden sind, halten wir es für bringend wünschenswert, daß diese I n s t i t u t i o n , wenn auch in veränderter Form, beibehalten werde."

Hier müssen wir vorerst einmal anhalten, um den Inhalt des letzten Absatzes etwas näher zu beleuchten, da er einen formellen und einen virtuellen Irrtum enthält, auf welchen aufmerkfam zu machen wohl nicht verdacht werden kann, sintemal Irren menschlich. — Der formelle, sozu-fagen äußerliche Irrtum besteht nämlich in der Unterstellung, als hätten feitber solche Kränzchen allgemein stattgefunden, was keineswegs der Fall war, weder in den ursprünglichen 20, noch in den reduzierten 14, 9 oder 6 Forsten, vielmehr erfchienen dieselben immer nur ganz sporadifch und intermittierend in diefem oder jenem Forst. — Und was den Irrtum in virtueller Hinsicht betrifft, fo ist dieser eigentlich ein zwiefacher.

Einmal nämlich hatten diese rein privatliche Veranstaltungen keinerlei Anspruch auf die Bezeichnung als Institution, wofür ihnen nicht mehr als alles fehlte, da ihnen jede dienstliche oder staatliche Befugnis abging, auch etwaige Beschlüsse über besprochene Gegenstände niemals protokolliert und ebensowenig zur Kenntnis der Direktivbehörde gebracht wurden und somit ohne jeden bindenden Einfluß auf der Wirtfchaft bleiben mußten, — jedem Teilnehmer stand es ganz frei, sich nach jenen Erörterungen zu richten oder nicht; waren diefe Kränzchen ja doch in der Regel mehr gesellige Zusammenkünfte, bei welcher Fachliches und fönst Beliebiges be-sprachen ward. — Nach dieser Charakterisierung — und hierin besteht der anbere Teil des sachlichen Irrtums — konnten und können diese rein privatlichen Veranstaltungen niemals als vorbildlich für den zu kreierenden Wirtschaftsrat oder „die regelmäßigen Zusammenkünfte", deren Hauptaufgabe in Festsetzung von Wirtfchaftsregeln bestehen soll, erscheinen, und zwar um so weniger, als da, wo ein solches Kränzchen als be-fcheidenes Veilchen im Verborgenen blühte, die Teilnehmer in Bezirken

Forstlich-Orgllnifatorifches aus Hessen. m mit den denkbar verfchiedensten wirtschaftlichen Verhältnissen wirkten, und fomit gemeinsame Erörterungen über bestimmte Wirtfchaftsregeln außer Frage standen oder doch ganz unwirksam hätten sein müssen.

So viel über den nicht recht erklärlichen Irrtum, welcher übrigens zur Sache ganz unpräjudicierlich, wie auch sogleich aus einem weiteren Teil des fraglichen Erlasses erhellt, welcher alfo lautet:

„Dagegen wird ausbedungen, daß uns über jede derartige Verfamm-lung ein Protokoll vorgelegt wird" — (ganz wie es seit Jahren ver-langt worden), „aus dem wir Kenntnis erhalten, zu welchem Resultat die Diskussion gelangt ist. — Einer der wichtigsten Beratungsgegen-stände würde der Entwurf von Wirtfchaftsregeln fein. Wir halten es für wünschenswert, daß fämtlichen grohherzogl. Forstbeamten Ge-legenheit geboten wird, sich an der Ausarbeitung der Wirtfchaftsregeln zu beteiligen und ihre Ansichten zum Ausdruck zu bringen, so daß, wenn auch die fchliehliche Fertigstellung von uns vorzunehmen ist, doch die zu erlassenden Wirtschaftsregeln als Refultat einer gemeinfamen Arbeit fämtllcher großh. Forftbeamten zu betrachten sind Unfere Refe­renten, welchen die Lokalinfpektion in den betreffenden Oberförstereien übertragen ist, würden den Zufammenkünften beiwohnen."

Aus Begleichung diefer Stellen mit den oben citierten aus den betreffenden Abhanblungen in den forstlichen Blättern erhellt auf den ersten Blick, daß es sich in Wahrheit ganz fo verhält, wie angegeben. — Und wenn auch bie in jenen litterarifchen Erörterungen konstant gebrauchten Bezeichnungen: „Wirtfchaftsrat" unb „Wirtfchaftskreis" gänzlich verrnieben und durch andere „regelmäßige Zusammenkünfte und „Gruppen" (pure Gruppen will not do, da es gar verschiedenartige Gruppen giebi; eS müßte doch wenigstens Wirtschaftsgruppen heißen) ersetzt werden, so ist dies ja etwas recht Nebensächliches; gleichwohl wäre es wohl besser ge-wesen, die in oben erwähnten Erörterungen konstant gebrauchten, den Lesern völlig geläufigen Bezeichnungen beizubehalten, und dies zwar aus zwei Gründen. — Einmal lassen letztere sofort erkennen, worum es sich handelt und bilden den prägnantesten, kürzesten Ausdruck dafür; zum andern aber könnte bie konstante Vermeibung beifelben (sie werben, wie es in bem bekannten Lieb heißt:

in keinerlei Weise nicht laut und nicht leise

genannt) leicht Anlaß zu einer unliebfamen Deutung geben, wie sie von der betreffenden Seite wohl nicht gemeint sein kann, zumal die fragliche, fachlich vollständige Übereinstimmung von keinem Fachgenossen auch nur vorübergehend verkannt werden könnte! Doch dies nur nebenbei, und

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kämen wir nun zu einem letzten Item, über welches noch zu befinben sein wirb.

I n ben verschobenen Betrachtungen über Ue Wahrnehmung der Kontrolle durch die Mitglieder der Direktivbehörde ist es nämlich immer als rätlich bezeichnet worden, den mit der Kontrolle beauftragten Kollegial-Mitgliedern nicht bestimmte Kontrollbezirke ein für allemal zu überweisen, vielmehr letztere von Zeit zu Zeit wechseln zu lassen, und ihnen Bezirke in den verschiedensten Teilen des Landes zuzuteilen, damit jeber ber Herren mit allen Verhältnissen bes Lanbes genauer bekannt würbe.

Hieraus würbe sich nämlich eine wirkliche, nicht nur scheinbar kollegia-lische Behanblung aller wichtigeren wirtschaftlichen Maßnahmen entwickeln, währenb bislang bie Entscheibung immer mehr oder weniger in der Hand des Referenten lag, wie leicht nachzuweisen wäre.

Jene Einrichtung würde sich nun gerade in Hessen äußerst leicht verwirklichen lassen, wie aus folgendem erhellen dürfte.

Die Zahl der Wirtschaftsbezirke, Oberförstereien, beträgt 71, so daß hieraus 24 oder 18 Wirtschaftskraft oder Wirtfchaftsgruppen !zu bilden wären, je nachbem man 3 ober 4 Oberförstereien zu einer Gruppe zu-sammenfaßte. — Da nun die Zahl der kontrollierenden Oberforsträte = 6 ist (der vorsitzenbe Ministerialrat wirb wohl, weil zu vielfach anberweit in Anspruch genommen, nicht mitzählen), fo kämen auf einen jeben 4 ober 3 Wirtschaftskreife (Wirtfchaftsgruppen) ä 3 ober 4 Oberförstereien, so baß jeber Infpektionsbezirk solche aus jedem Landesteil umfaßte, und alle im Lande vorkommenden Wirtschaftsformen in jedem Infpektionsbezirk ver-treten wären, jene fomit jedem Infpektionsbeamten aus eigener Anfchauung genauer bekannt würden und er nicht von den Oberförstern geführt zu werden brauchte, vielmehr selbst die Führung übernehmen konnte.

Obgleich nun in dem mehrerwähnten Kollegial-Erlah ausdrücklich darauf hingewiesen, daß im Wirtschaftsrat oder in den „regelmäßigen Zu-sarnrnenkünften" die unter ähnlichen Verhältnissen wirtschaftenden Beamten zu vereinigen seien, scheint man doch, wie wir hören, in den Kreisen der Oberförster mehrfach größere Gruppen, etwa 7 im ganzen, wonach eine 10 Oberförstereien umfassen würde, für rätlich zu halten, weil es leicht zur Einseitigkeit führen könne, wenn immer nur gleiche oder ähnliche Ver-Hältnisse zu würdigen feien.

Daß solche Befürchtung an und für sich nicht ganz unbegründet, da vielleicht Mancher sich an dem offiziell unb kostenlos (Diäten sinb nämlich mit 4 Jl bereits bewilligt) Gebotenen genügen lassen und nicht ins Weite streben würde, ist ja leicht zu erkennen, ebensowenig aber auch zu ver-kennen, daß in dieser Art der Hauptzweck, sc: bie Beratung von Wirt-

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schaftsregeln, eine ganz wesentliche Beeinträchtigung erfahren würbe. — Warum? Nun, bies haben wir fchon weiter oben bei Charakterisierung der sogenannten Forstkränzchen gezeigt. — Wirtschafter aus ber Rhein-ebene werden zusammen mit solchen aus dem Odenwald niemals gemein-same Wirtfchaftsregeln feststellen können, es va sans dire! und müßte da­her eine fo weite Ausdehnung der Gruppen dahin führen, daß immer ein Teil der „regelmäßig zufammengekommenen Wirtschafter" lediglich die zu­hörende, vielleicht auch mitunter plaudite rufende corona abgeben würde, wenn sie nicht durch Beteiligung an der speziellen Verhandlung diese verwirren wollten. — Ob ein solches Verhältnis für eine organische Institution zu empfehlen wäre, lassen wir dahin gestellt sein, und bemerken nur, daß gar kein Anlaß zu solcher Komposition geboten, da der befürchteten Ein-seitigkeit auf ganz andere, wirkfamere Weife offiziell vorgebeugt werden kann.

Man würde nämlich nur fo, wie dies in Württemberg üblich, zu verfahren brauchen, wofelbst alljährlich die Forftbeamten eines Forst-bezirkes einen anderen bereisen, um sich zu unterrichten und andere Ver-Hältnisse und Modalitäten der Wirtschaftsführung kennen zu lernen, als die heimischen, was natürlich in hohem Grad zu Erweiterung des Ge-fichtskreises der Wirtschafter und Entwickelung ihrer praktischen Be-fähigung beitragen muh. — Und wenn biefe Exkursionen nach pos. 22 des betreffenden Forstdirektions-Grlaffes auch nicht obligatorifch sind, so rele-viert dies doch nichts zur Sache, da die Teilnehmer an erfteren Diäten von 11 und 8 Jl erhalten. — Setzt man in Hessen statt: „Forstbezirk", welche Bezeichnung sich ja auch in Württemberg voraussichtlich in naher Zeit überlebt haben wird, die der neu zu etablierenden Institution ent-sprechende: „jedes Wirtschaftskreifes" oder „jeder Wirtfchaftsgruppe", und bewilligte entsprechende Diäten, dann wird durch diese InftruktionSreisen die Gefahr bes Einfeitigwerdens sich viel sicherer hintanhalten lassen, als durch Bildung großer Gruppen, in welchen die verschiedenartigsten Wirt-schaftsweifen vertreten sind.

Und vernünftigerweise wird eS doch keinen Anstand bieten können, daß dieser modus kein spezifisch hessischer; denn das Gute nachzuahmen, ist immer löblich und nützlich, man kann es getrost nehmen, wo man es findet.

Wir möchten deshalb recht ernstlich vor Bildung zu großer Wirt-fchaftsgruppen warnen unter gleichzeitiger Empfehlung der Württemberg-fchen Einrichtung als eines Korrelates zu dem Wirtfchaftsrat, woraus sich dann ein nahezu idealer Zustand entwickeln und das Land Hessen wieder an die Stelle würde gerückt werden, welche es früher fast ein halbes Jahrhundert lang als XÖQayoa in dem Bestreben nach gedeihlicher Eni-Wickelung des deutfchen Forstwesens inne gehabt.

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Zeuge dessen das 1811er und das 1823 er OrganisationS-Statut, welch letzteres an sich namentlich in seinem ganzen Gefüge als wahrhaft rnuftergiltig für feine Zeit bezeichnet werden kann und nur wegen des einen Punktes, daß es nicht entwickeln«gsfähig war, sich mit gründlicherer allgemeiner und forstlicher Aus- und Durchbildung der Wirtschafter nicht mehr vereinigen lieh, sich bald überleben mußte.

Nachdem nämlich in letzterer Hinsicht durch das Dekret vom 14. Juni 1831, welches bestimmte, daß „die Lehrer und Studenten der Forstwissen-fchaft ganz in dieselben Verhaltnisse treten sollten, in welchen Lehrer und Studenten anderer Fächer auf der Landesunivers i tä t stehen", eine wesentliche Änderung in dem Verhältnis der durch bas Organifations-Statut geschaffenen Organe zu einanber eingetreten war, hätte bie Not-Wendigkeit einer Modifikation jenes Statutes eigentlich nicht mehr ver-kannt werden können; gleichwohl aber ward solche bis ins Jahr 1875 konstant bis in's Kleinste versagt und auch dann nur eine Halbheit zu Tage gefördert.

Wir haben jenes Verhältnis fchon im 1864 er Aprilheft der Forst-und Iagdzeitung, fowie im 1879 er Februarheft des forstwissenschaftlichen Centralblattes näher beleuchtet, und möge deshalb hier nur noch auf das Mißliche des Fehlens eines einheitlichen OrgamfaiionS-Statutes hin­gewiesen werden, als welches das 1823 er längst nicht mehr betrachtet werden kann, nachdem dessen wesentlichste Bestimmungen obsolet geworden, und mehrfache Änderungen, Amendierungen und GelegenheitS-Erlasse an die Stelle getreten sind.

Hoffen wir deshalb, daß auch diesem Desideriurn recht bald ent­sprochen werbe, was ja sogar innerhalb bes allgemeinen Rahmens bes 1823 er Statutes nrat. rnut. recht wohl möglich wäre, wie es im 1877 er Aprilheft der Baur'fchen Monatsschrift für Forst- und Jagdwesen an-gedeutet ist.

Und möge dann das Geschaffene der Horaz'scheu Vorschrift ent-sprechen:

Primurn ne rnedio, medium ne discrepet imo. N.