26
Förderprogramm „Integraon durch Qualifizierung IQ“ Zur Sprache im Unterricht Eine Handreichung für Fach-Lehrkräſte Für die Praxis – Band Materialien für die berufsbezogene Sprachbildung 3

Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung IQ“

Zur Sprache im Unterricht Eine Handreichung für Fach-Lehrkräfte

Für die Praxis – Band Materialien für die berufsbezogene Sprachbildung

3

Page 2: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Impressum

Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ wird gefördert durch:

In Kooperation mit:

Herausgeberpassage gGmbH

Migration und Internationale ZusammenarbeitFachstelle Berufsbezogenes Deutsch im Förderprogramm IQNagelsweg 1020097 Hamburgwww.deutsch-am-arbeitsplatz.dewww.netzwerk-iq.de

Autorinnen Heike Krautschun-Lindner

Iska Niemeyer

Redaktion

Dr. Sonya Dase

Layout

Thurner Design, München

Stand 1. Auflage 2016

passage

Page 3: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Zur Sprache im Unterricht

Vorwort 4

Zu diesem Band: Der Umgang mit Sprache 5

Zum Hintergrund 6

1. Kommunikation im Unterricht 7

1.1 Welche Rolle spielt Sprache im mündlichen Unterrichtsgeschehen? 7

1.2 Hintergrundinformationen zu Sprachkompetenzen 8

1.3 In die Unterrichtssprache einführen 9

1.4 Wie können Auszubildende in ihrem Sprachlernprozess unterstützt werden? 11

1.5 Haben Sie alles verstanden? – Anregungen zur Verständnissicherung 11

1.6 Du oder Sie – welche Ansprache ist korrekt? 12

Warum verwechseln Auszubildende das?

2. Die Kommunikationsfähigkeit der Auszubildenden trainieren 14

2.1 Das „4-Ohren-Modell“ 14

2.2 Das Beratungsgespräch 15

2.3 Ein Beratungsgespräch zur Haar- und Kopfhautanalyse als Vorbereitung 15

auf die Gesellenprüfung, Teil 1 einüben

2.3.1 Aktivierung des Vorwissens 15

2.3.2 Einüben der Redemittel 17

2.3.3 Rollenspiel 19

2.3.4 Feedback – Tipps und Regeln 20

2.3.5 Die Videoaufnahme als Unterrichtsergänzung 22

3. Fazit 25

Page 4: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

4 Zur Sprache im Unterricht

Vorwort

In der Reihe „Für die Praxis – Materialien für die berufsbezogene Sprach-

bildung“ veröffentlicht die Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch Handrei-

chungen und Materialien, die in Zusammenarbeit mit IQ Teilprojekten

entstanden sind und/oder im Kontext der Arbeit vor Ort erprobt wurden.

Sie sollen DaZ-Lehrkräften, Fach-Lehrkräften, Ausbilderinnen und Ausbil-

dern in Nachqualifizierung, Umschulung und Ausbildung Hilfestellungen,

nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tätigkeit geben.

IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch

Page 5: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 5

Zu diesem Band: Der Umgang mit Sprache

Mittlerweile lassen sich viele Handreichungen und Broschüren finden, die

sich mit Sprachsensibilisierung bzw. sprachsensiblem Unterricht beschäfti-

gen. Sie weisen zumeist auf mangelndes Leseverständnis und fehlende

Schreibkompetenzen der Teilnehmenden hin und geben Anregungen, wie

diese verbessert werden können.

Der Aspekt der Kommunikation wird dabei vielfach vernachlässigt. Das

verwundert nicht weiter, denn die mündliche Kommunikation bietet im

Gegensatz zur geschriebenen Sprache viele Verständnishilfen, wie beispiels-

weise Gestik und Mimik. Dies trifft insbesondere auf die alltägliche Kom-

munikation zu.

Ganz anders gestaltet es sich in Hinblick auf die Unterrichtssprache. Bereits

ein unbekanntes Wort kann das Verständnis grundsätzlich stören. Teilneh-

mende grübeln oftmals noch lange über diese Wörter nach und können

den anschließenden Inhalten nicht mehr folgen. Kommunikation, insbeson-

dere die Unterrichtskommunikation, ist flüchtig.

Viele Schwierigkeiten, die in der alltäglichen Unterrichtskommunikation

auftauchen, werden auf den ersten Blick nicht als solche erkannt. Erst nach

und nach, durch schriftliches Abfragen und beim Üben von Fachgesprächen,

stellt sich heraus, dass wesentliche im Unterricht vermittelte Inhalte nicht

abrufbar sind. Bei Teilnehmenden mit Deutsch als Zweitsprache können

Verständnisprobleme der Grund sein, dass sie dem Unterricht nicht ange-

messen folgen können. Insbesondere diese Teilnehmenden weisen in der

Regel, wenn überhaupt, nur einmal darauf hin, dass sie etwas nicht ver-

standen haben, da sie nicht auffallen und den Unterricht nicht aufhalten

möchten. Das kann dazu führen, dass fachliche Verständnisfragen nicht

geklärt werden können und somit langfristig gesehen der Ausbildungserfolg

der Teilnehmenden gefährdet ist.

In dieser Handreichung möchten wir Tipps und Anregungen geben:

�� wie Sie Ihren eigenen Sprachgebrauch reflektieren können,

�� wie Sie bestimmte Kommunikationssituationen im Unterricht

aufbereiten und vermitteln können.

Iska Niemeyer und Heike Krautschun-Lindner

(Paritätisches Bildungswerk LV Bremen e.V.)

Page 6: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

6 Zur Sprache im Unterricht

Zum Hintergrund

Dieser Band ist im Rahmen des IQ Teilprojekts „TANDEM – Berufliche Qua-

lifizierung und Sprachförderung“ im Förderzeitraum 2011–2014 entstan-

den. Ausgangspunkt der Erarbeitung dieser Broschüre sowie weiterer

Hand reichungen war, dass Lehrgangsteilnehmende so unterschiedlich sind

wie die beruflichen Branchen, in denen sie unterrichtet werden. Verschie-

dene Schulsysteme und unterschiedliche Lebenswege haben großen Ein-

fluss auf ihre Lernstrategien und -kompetenzen. Kommen zu den Lern-

schwierigkeiten noch sprachliche Probleme hinzu, sind Lern- und Prüfungs-

erfolg gefährdet.

Aus diesem Grunde wurden neben diesem Band eine Reihe von Materiali-

en erarbeitet. Sie sollen Fach-Lehrkräften, Ausbilderinnen und Ausbildern

in Umschulung und Ausbildung Tipps und Anregungen für einen lernerorien-

tierten, sprachsensiblen Fachunterricht und Empfehlungen zur sprachsen-

siblen Formulierung von Klausur- und Prüfungsaufgaben geben. Dabei geht

es nicht darum, Lerninhalte zu vereinfachen, sondern den Teilnehmenden

den Zugang zu den Inhalten zu erleichtern.

Das IQ Teilprojekt „TANDEM“ war eine Kooperation des Paritätischen Bil-

dungswerks LV Bremen e.V. und der HandWERK gGmbH – dem Kompetenz-

zentrum der Handwerkskammer Bremen. Seit Jahren führt die HandWERK

gGmbH Umschulungen, Ausbildungen und überbetriebliche Lehrlingsun-

terweisungen sowie diverse Lehrgänge in verschiedenen Gewerken durch.

Allen Kollegen und Kolleginnen des HandWERKs sei in diesem Zusammen-

hang noch einmal herzlich gedankt für ihre Unterstützung und ihr freund-

liches Entgegenkommen.

Iska Niemeyer und Heike Krautschun-Lindner

(Paritätisches Bildungswerk LV Bremen e.V.)

Page 7: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 7

1. Kommunikation im Unterricht

Kommunikation findet beispielsweise statt:

��im Unterricht und in den Ausbildungsstätten,

��zwischen Ausbildenden und Auszubildenden,

��zwischen den Teilnehmenden,

�� verbal und nonverbal

��und als Teil des Lernstoffes.

1.1 Welche Rolle spielt Sprache* im münd-lichen Unterrichts geschehen?

In der Regel denkt man als Lehrkraft wenig darüber nach, wie man den

Unterricht sprachlich gestaltet. Spannend und abwechslungsreich

sollte er, wenn möglich, sein.

Alltagssprachliche Ausdrücke werden mit bildungssprachlichen Begrif-

fen und Fachwörtern verbunden, gelegentlich fließt eine Redewen-

dung oder auch ein dialektaler Ausdruck mit ein. Wird dies durch

Scherze, ironische oder auch sarkastische Bemerkungen ergänzt,

können Teilnehmende mit Deutsch als Zweitsprache das Unterrichts-

gespräch oftmals nicht mehr verstehen. Auch die Betonung und Satz-

melodie kann das Verständnis erschweren.

Unterrichtssprache besteht aus einem Mix aus unterschiedlichen

Sprach- und Stilebenen. Es wird beispielsweise zwischen Alltags-, Bil-

dung- und Fachsprache unterschieden. Um dem Unterricht inhaltlich

folgen zu können, müssen die Teilnehmenden diese Sprachebenen be-

herrschen. In Deutsch sprach kursen wird Standardsprache vermittelt.

Das Beherrschen von Standardsprache bereitet nur bedingt auf die sprach-

lichen Anforderungen im Fachunterricht vor. Doch selbst wenn Teilneh-

mende bereits seit mehreren Jahren in Deutschland leben und gut

Deutsch sprechen, bedeutet dies nicht, dass sie der Unterrichtssprache

ohne weiteres folgen können.

* Wenn wir den Begriff „Sprache“ verwenden, gehen wir in dieser Handreichung von Deutsch als Zweitsprache aus. Die Kompetenz der Mehr-sprachigkeit wird in beruflichen Qualifizierungen bislang nicht berücksichtigt.

Unterrichtssprache

Die Unterrichtssprache bezeich-

net die Sprache, die bei der

Durchführung des Unterrichts in

Theorie und Praxis verwendet wird. Alle sprachlichen Äußerun-

gen, die in der Unterrichtssitua-

tion produziert werden, sind darin enthalten. Die verbale In-

teraktion im Unterricht ist zu Be-

ginn der Umschulung die einzig authentische Sprechsituation in

Vorbereitung auf den angestreb-

ten Beruf. Die Unterrichtssprache ist Deutsch und damit die Spra-

che, in der alle Teilnehmenden ihr Wissen vermittelt bekommen und aufbauen. Daher ist der Bereich Deutsch als Unterrichts-

sprache interdisziplinär: Die Unterrichtssprache ist in allen Fächern und Lernbereichen für

den Bildungserfolg der Teilneh-

menden von großer Bedeutung.

Vgl. http://www.hueber.de/wiki-99-stichwoerter/index.php/ Unterrichtssprache

http://www.lis.bremen.de/detail.php?gsid=bremen56.c.6298.de

Alltagssprache/ Umgangssprache

„Die Umgangssprache, auch All-tagssprache, ist – im Gegensatz zur Standardsprache und auch zur Fachsprache – die Sprache, die im täglichen Umgang benutzt wird [...]. Die Umgangssprache […] wird geprägt durch regionale und soziale Gegebenheiten wie dem Bildungsstand und dem sozialen Milieu der Sprechenden […].“

http://de.wikipedia.org/wiki/ Umgangssprache

Page 8: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

8 Zur Sprache im Unterricht

1.2 Hintergrundinformationen zu Sprachkompetenzen

Um einschätzen zu können, auf welchem Sprachniveau sich Ihre Teil-

nehmenden bewegen, erweisen sich die Deskriptoren des „Gemein-

samen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER)“ als hilf-

reich:

„Der GER legt eine für Sprachenlernende und -lehrende umfangreiche

Empfehlung vor, die den Spracherwerb, die Sprachanwendung und die

Sprachkompetenz von Lernenden transparent und vergleichbar macht.

Diese Empfehlung wird für alle Teilqualifikationen (Leseverstehen,

Hörver stehen, Schreiben und Sprechen) vorgenommen und ist in Form

von sechs Kompetenzniveaus formuliert.“

http://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinsamer_Europ%C3%A4ischer_

Referenzrahmen.

Mehr Informationen zum GER:

http://www.europaeischer-referenzrahmen.de

Die Kompetenzniveaus beschreiben

a) die elementare Sprachverwendung A1/A2 (grundlegende

Sprachkenntnisse, die einfache For mulierungen in alltägli-

chen, bekannten Situationen ermöglichen, z.B. beim Arzt

oder beim Einkaufen),

b) die selbstständige Sprachverwendung B1/B2

(erweiterte Sprachkenntnisse, die immer noch auf bekannte

Situationen ausgerichtet sind und sprachliche Hilfestellungen

erfordern; B2 setzt aber bereits sichere Kenntnisse im Text-

verständnis voraus und gilt als Voraussetzung für die erfolg-

reiche Teilnahme an Qualifizierungen),

c) die kompetente Sprachverwendung C1/C2 (die Sprachbe-

herrschung auf hohem Niveau, nahezu fehlerfreie Anwen-

dung)

Zugewanderte mit einem anerkannten Aufenthalts status haben seit

2005 das Recht und teilweise die Pflicht, einen in der Regel 645 Unter-

richtsstunden umfassenden Integrationssprachkurs zu besuchen.

Anschlie ßend besteht die Möglichkeit, an einem Kurs der „Berufsbe-

zogenen Deutschförderung“ teilzunehmen, der explizit darauf abzielt,

Fachsprache

„Eine Fachsprache […] ist die für ein bestimmtes Fachgebiet oder

für eine bestimmte Branche gel-tende Sprache. Auch die Sprache, die sich vor allem durch Fachaus-

drücke von der Gemeinsprache unterscheidet“.

http://de.wikipedia.org/wiki/Fachsprache

Bildungssprache

„ (…) ist ein formelles sprachli-ches Register, das auch außer-halb des Bildungskontextes – in anspruchsvollen Schriften oder öffentlichen Verlautbarungen – gebräuchlich ist. D.h. sie wird nicht nur in der Schule, son-

dern auch in anspruchsvollen Presseorganen, akademischen Vorträgen, Referaten, Büchern etc. verwendet. Bildungssprache hat tendenziell Merkmale der Schriftsprache auch dann, wenn sie sich mündlich vollzieht. Der Gebrauchszweck von Bildungs-

sprache ist, hoch verdichtete, kognitiv anspruchsvolle Informa-

tionen in Situationen zu vermit-teln, in denen man nicht auf den Kontext verweisen kann.“

http://de.wikipedia.org/wiki/ Bildungssprache

Standardsprache

Standardsprache unterscheidet

sich von der alltäglichen Kommu-

nikationssprache nicht unwesent-lich. Sie wird „an den Schulen gelehrt und gilt als verbindlich im Verkehr mit Behörden, Gerich-

ten, Ämtern, Arbeitgebern.“

http://de.wiktionary.org/wiki/Standardsprache

Page 9: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 9

die berufssprachlichen Kompetenzen der Teilnehmenden zu erhöhen.

Mehrheitlich werden diese Sprachkurse auf den Kompetenzniveaus A2 bis

B2 abgeschlossen.

Auszubildende sollten zu Beginn einer Ausbildung über ein B2-Sprachniveau

verfügen, so wie es auch mittlerweile in vielen Ausbildungsberufen Voraus-

setzung ist. Erst auf diesem Niveau ist es den Auszubildenden zumeist

möglich, den Anforderungen der Ausbildung, allerdings noch immer mit

Hilfe von Seiten der Ausbildenden, gerecht zu werden.

Ein sprachliches B2-Niveau bedeutet jedoch nicht, dass sich die Teilneh-

menden auf allen Sprach ebenen bewegen können. Beispielsweise können

sprachliche Feinheiten wie Ironie, Sarkasmus oder auch Scherze auch auf

diesem Sprachniveau noch nicht vollständig verstanden werden. Betonung

und Satzmelodie spielen beim Verständnis eine bedeutende Rolle und

diese können meistens erst ab Sprachniveau C1 erfasst werden.

1.3 In die Unterrichtssprache einführen

Für viele Teilnehmende ist die Aufnahme einer beruflichen Qualifizierung,

Umschulung oder Ausbildung gleichzusetzen mit einem Sprung ins kalte

Wasser. Zusätzlich zu den neuen Eindrücken, die verarbeitet werden müs-

sen, stehen insbesondere die Teilnehmenden mit Deutsch als Zweitsprache

vor der Herausforderung, sich sprachlich sowohl in die schriftlichen als auch

mündlichen Anforderungsbereiche einzuarbeiten.

Daher ist es insbesondere zu Beginn einer Maßnahme wichtig, dass Sie Ihre

Teilnehmenden in Ihre Unterrichtssprache einführen. Es ist keineswegs

erforderlich, dass Ausbildende nun nur noch Standardsprache verwenden

und auf jeden Scherz verzichten. Doch sollten Sie darauf achten, die Be-

deutung bildhafter Ausdrücke, wie z.B. „das müssen Sie auf dem Schirm

haben“, zu erklären oder auch scheinbar einfache Fachbegriffe einzuführen

und schriftlich festzuhalten. Ebenso ist es hilfreich, auf die doppelte Bedeu-

tung mancher Fachbegriffe (z.B. Strom) hinzuweisen.

Page 10: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

10 Zur Sprache im Unterricht

Die folgende Checkliste weist auf die Fallstricke der Unterrichtssprache hin:

immer oft manchmal nie

Ich bin mir bewusst, dass es unterschiedliche Sprach-ebenen (Alltags-, Bildungs- und Fachsprache) gibt, in denen meine Teilnehmenden sich bewegen müssen.

Ich bin mir bewusst, dass es unterschiedliche Sprach-

register (mit wem rede ich wie) gibt, in denen meine Teilnehmenden sich bewegen müssen.

Ich verwende in meinem Unterricht Alltagssprache und führe nach und nach in die Fachsprache ein.

Wenn ich Fachbegriffe benutze, erkläre ich sie.

Ich schreibe die genannten Begriffe auch an die Tafel/ans Whiteboard.

Mir ist bewusst, dass es fachsprachliche Begriffe gibt, die in der Alltagssprache eine andere Bedeutung haben.

Ich gehe im Unterricht auf diese Unterschiede ein.

Wenn ich Abkürzungen verwende, erkläre ich sie.

Wenn ich Redewendungen benutze, erkläre ich diese.(z.B. Das müssen Sie auf dem Schirm haben. = Daran müssen Sie denken, folgende Punkte dürfen Sie nicht vergessen.)

Wenn ich regionale Ausdrücke (Dialekt) benutze, übersetze ich diese in die Standardsprache (z.B. nord-

deutsch: schnacken = reden).

Wenn ich ironische Bemerkungen verwende, bin ich mir bewusst, dass diese evtl. nicht als solche verstan-

den werden.

Zur Verständnissicherung verwende ich auch nonverbale Kommunikationsmittel wie Gestik, Mimik etc.

Ganz allgemein achte ich auf mein Sprachverhalten, ggf. spreche ich langsamer und deutlicher.

Ich spreche korrekt und in vollständigen Sätzen.

Ich sorge für eine angenehme Unterrichtsatmosphäre,

biete den Raum für offene Fragen und räume den Teil-nehmenden Zeit für die Beantwortung ein.

CHECKLISTE „EIGENER SPRACHGEBRAUCH“

Page 11: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 11

1.4 Wie können Auszubildende in ihrem Sprachlernprozess unterstützt werden?

Sprechen in der Zweitsprache erfordert komplexe Planungsvorbereitungen.

Wortschatz, Grammatik, Aussprache, Adressat, Thema, all dies muss vor

der eigentlichen Sprachhandlung bedacht werden. Während des Sprechens

erfolgt zudem eine ständige Kontrolle und Überprüfung des Gesagten.

Auszubildende mit Zuwanderungshintergrund benötigen im Unterricht

wesentlich mehr Zeit, um Fragen zu formulieren oder zu beantworten.

Zudem müssen zunächst die sprachlichen Anforderungen bewältigt wer-

den, erst danach können sich die Teilnehmenden auf die fachlichen Inhal-

te konzentrieren.

Anregungen:

��Geben Sie Ihren Teilnehmenden die Zeit, die sie benötigen, um Antwor-

ten zu formulieren!

�� Lassen Sie Ihre Teilnehmenden ausreden, auch wenn sie nach Wörtern

suchen müssen und es ein wenig länger dauert!

�� Führen Sie die Sätze Ihrer Teilnehmenden nicht zu Ende, auch wenn Sie

bereits erahnen, was gesagt werden soll!

��Geben Sie Ihren Teilnehmenden kleine Aufgaben zur Übung, die sie

anschließend mündlich präsentieren müssen.

Auch wenn dies Zeit kostet, unterstützen Sie Ihre Teilnehmenden im Sprach-

lernprozess mit diesen scheinbar einfachen Anregungen. Inhalte können we-

sentlich besser behalten werden, wenn sie selbst formuliert und ausgesprochen

werden. Zusätzlich wird die Sprachkompetenz der Teilnehmenden trainiert.

1.5 Haben Sie alles verstanden? – Anregungen zur Verständnissicherung

Wer kennt das nicht? Auf die Frage „Was haben Sie nicht verstanden?“

melden sich meistens diejenigen, die dem Unterricht in der Regel gut folgen

können. Die Teilnehmenden, von denen Sie annehmen, dass sie Verständ-

nisschwierigkeiten haben, äußern sich nicht.

Um sicherzustellen, dass die Unterrichtsinhalte verstanden wurden, gibt es

folgende Möglichkeiten zur Verständnissicherung:

Page 12: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

12 Zur Sprache im Unterricht

�� Stellen Sie Ihren Teilnehmenden konkrete inhaltliche Fragen! Fragen Sie

nach, was am heutigen Unterrichtsinhalt besonders interessant für sie

oder auch neu gewesen ist.

��Planen Sie während des Unterrichts Phasen der inhaltlichen Wiederho-

lung ein. Lassen Sie Ihre Teilnehmenden beispielsweise Fachbegriffe

o.Ä. in eigenen Worten erklären oder auch in andere Zusammenhänge

bringen.

�� Halten Sie im Unterricht wichtige Fachbegriffe und ihre Definitionen

schriftlich fest! Die Definitionen sollten allerdings nicht diktiert, son-

dern ans Whiteboard oder an die Tafel geschrieben werden. Achten Sie

auch darauf, dass Ihre Teilnehmenden sich diese Begriffe notieren

(beispielsweise in einem „Vokabelheft“).

��Übung „Fragenkiste“:

Alle Teilnehmenden erhalten am Ende des Unterrichts eine Karte, auf

der sie die Begriffe und Sachverhalte schriftlich festhalten, die sie nicht

verstanden haben. Anschließend legen sie diese Karten anonym in eine

Schachtel. Am folgenden Unterrichtstag, bevor auf inhaltlich Neues

eingegangen wird, werden sie von Teilnehmenden oder auch der

Lehrkraft vorgelesen. Die Antworten geben die Teilnehmenden, die den

Sachverhalt bereits verstanden haben.

Die Lehrkraft hält sich in diesem Prozess zurück.

�� Sorgen Sie auch für eine gute Kursatmosphäre, in der eine respektvolle

Kommunikation möglich ist und auch scheinbar einfache Fragen gestellt

werden können.

1.6 Du oder Sie – welche Ansprache ist korrekt? Warum verwechseln Auszubildende das?

Sie kennen bestimmt auch die Situation, in der Sie sich mit einer Ihrer

Auszubildenden im Gespräch befinden und Sie abwechselnd gesiezt und

geduzt werden. Vielen Teilnehmenden mit Deutsch als Zweitsprache ist

durchaus bekannt, welche Anrede im Gespräch mit Ihnen als Ausbilder oder

Ausbilderin korrekt ist. Dennoch geschieht es immer wieder, dass sie inner-

halb eines Gespräches zwischen den beiden Anredeformen wechseln. In

Momenten starker Konzentration, z.B. in einem Fachgespräch, wird unbe-

wusst ins Duzen übergegangen. Die Teilnehmenden fokussieren sich auf die

inhaltliche Ebene, die sprachliche tritt dahinter zurück.

Warum nicht diktieren?

Hören bedeutet, schwan-

kenden Luftdruck als Laute wahrzunehmen. Diese Laute müssen „umgesetzt“ wer-den, d.h. das Gehirn erkennt die Laute als Bilder, Silben, Wörter, Sätze. Hören in der Zweitsprache benötigt also zunächst Vorwissen, um die ausgesendeten Schallwellen mit Informationen zu verbin-

den. Wenn Teilnehmende nicht wissen, was sie unge-

fähr hören werden, ist es für sie, außer bei fast mutter-sprachlichem Sprachniveau, äußerst schwierig, den Inhalt zu deuten oder ihn korrekt aufzuschreiben. Im Unterricht Fachbegriffe, Definitionen,

Merksätze oder Ähnliches zu diktieren, überfordert die Teil-nehmenden mit Deutsch als Zweitsprache und kann unter Umständen zu fehlerhaften Lernvorlagen führen.

Page 13: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 13

Die Verwendung einer korrekten Ansprache ist nur ein Beispiel dafür, vor

welchen Hürden Teilnehmende in beruflichen Qualifizierungen stehen.

Sie müssen lernen, sich in unterschiedlichen Sprachre gistern zu bewegen.

Insbesondere in Dienstleistungsberufen ist eine hohe kommunikative Kom-

petenz ein wesentlicher Bestandteil des Berufsbildes. Im Kontakt mit

Kundinnen und Kunden muss der Situation angemessen kommuniziert

werden.

Dies stellt eine hohe Herausforderung für die Teilnehmenden dar, denn:

�� um in den jeweiligen Kommunikationssituationen passend agieren zu

können, benötigen sie Wissen über die zu erwartenden Sprachregister,

�� in unterschiedlichen Sprachregistern agieren zu können, bedeutet

darüber hinaus gleichsam, auf verschiedenen Sprachebenen kommuni-

zieren zu können.

Sprachregister

„Sprachregister bezeichnet in der Sprachwissenschaft eine für einen bestimmten Kommu-

nikationsbereich charakteristi-

sche Rede- und Schreibweise. Im Sprachregister werden soziale Beziehungen sprach-

lich abgebildet. So benutzt ein Angestellter im Gespräch mit seinem Vorgesetzten eine andere Sprechweise als unter Freunden.“

Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Sprachebene

Page 14: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

14 Zur Sprache im Unterricht

2. Die Kommunikationsfähigkeit der Auszubildenden trainieren

2.1 Das „4-Ohren-Modell“

Die Kommunikationsfähigkeit spielt in sozialen Berufen sowie im Dienst-

leistungsbereich eine besondere Rolle, da dort der Kontakt mit Kundinnen

und Kunden im Mittelpunkt der Tätigkeiten steht. Die Stärkung dieser

Kompetenzen ist ein wesentlicher Bestandteil des Rahmenlehrplans in

Ausbildung und Umschulung. Dementsprechend bereiten Sie Ihre Teilneh-

menden im Unterricht auf die spezifischen Kommunikationssituationen vor.

Um auf die der Kommunikation zugrunde liegenden Prozesse aufmerksam

zu machen, wird in der Regel auf das „4-Ohren-Modell“ von Schulz von

Thun zurückgegriffen.

Anhand des Kommunikationsquadrats (Sachinhalt, Appell, Beziehung,

Selbstoffenbarung) wird verdeutlicht, dass

�� Kommunikation sich nicht auf die Aufnahme und Weitergabe von

Sachinformationen beschränken lässt,

��Kommunikation nicht losgelöst von zwischenmenschlichen Beziehun-

gen zu betrachten ist,

��Kommunikation sehr störanfällig ist.

Zusätzlich besteht eine weitere Herausforderung darin, dass zwei Drittel

des Kommunikationsaustausches über visuelle (Gestik, Körperhaltung,

Mimik) und akustische Kanäle (Betonung und Sprachmelodie) ablaufen.

Teilnehmende haben zum Teil große Probleme mit dem Verständnis und

der Anwendung dieses Kommunikationsmodells. Es fällt ihnen schwer, die

akustischen Signale zu erkennen und zu deuten. Auch die Bedeutung von

Gestik, Körperhaltung und Mimik variieren von Sprache zu Sprache.

Jede aufzunehmende Information wird mit einer Vielzahl von Erfahrungen,

Erinnerungen, Gefühlen und Werten verbunden, die sowohl bei Teilneh-

menden als auch bei Ausbildenden unterschiedlich sind.

(Vgl. http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/)

Der Schwerpunkt des folgenden Unterrichtsvorschlags liegt auf der Stärkung

der Gesprächskom petenz.

Page 15: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 15

2.2 Das Beratungsgespräch

Damit Auszubildende in einem Beratungsgespräch adäquat agieren kön-

nen, müssen sie über folgende drei Kompetenzen verfügen:

��fachliche Kompetenz

��soziale Kompetenz

��sprachliche Kompetenz (Gesprächskompetenz).

Es ist nicht immer leicht zu erkennen, ob Auszubildende aufgrund sprach-

licher oder fachlicher Defizite die an sie gestellten kommunikativen Anfor-

derungen nicht erfüllen können. Manchmal reichen bereits ein starker

Akzent oder eine fehlerhafte Grammatik, die zu Zweifeln an ihrer Fachlich-

keit führen. Wenn Sie Ihre Teilnehmenden optimal unterstützen möchten,

lohnt oft ein zweiter Blick!

Wie Sie insbesondere die sprachlichen Kompetenzen Ihrer Teilnehmenden

stärken können, soll exemplarisch folgende Unterrichtseinheit zum Thema

„Beratungsgespräch im Friseurhandwerk“, die wir in einem Umschulungs-

lehrgang der HairDesign Akademie in Bremen gemeinsam mit den Ausbil-

denden entwickelt und erprobt haben, verdeutlichen.

Die Teilnehmenden sind Auszubildende im ersten Lehrjahr, mit und ohne

Zuwanderungshintergrund, die im Theorieunterricht bereits in den Ablauf

eines Beratungsgesprächs eingeführt und die dafür nötigen Redemittel

kennengelernt hatten. Nun sollten sie ihr Wissen in die Praxis übertragen

und einüben.

2.3 Ein Beratungsgespräch zur Haar- und Kopfhautanalyse als Vorbereitung auf die Gesellenprüfung, Teil 1* einüben

Zu Beginn des Unterrichts sollte der geplante Unterrichtsablauf mit den

Teilnehmenden besprochen werden.

2.3.1 Aktivierung des Vorwissens

Über die Frage „Warum ist ein gutes Beratungsgespräch wichtig?“ findet

ein Einstieg in das Thema statt, der den Teilnehmenden den Sinn der fol-

genden Übungseinheiten verdeutlichen soll.

* Der Prüfling muss in der Prüfung nachweisen, dass er oder sie Haar und Kopfhaut an der Dame beurteilen, reinigen und pflegen kann.

Page 16: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

16 Zur Sprache im Unterricht

Anschließend werden die Teilnehmenden durch die Frage „Was fällt Ihnen

zum Thema Beratungsgespräch ein?“ motiviert, sich ihr Vorwissen zu ver-

gegenwärtigen.

Als Hilfestellung können folgende Stichpunkte vorgegeben werden:

��nonverbale Kommunikation,

��verbale Kommunikation,

��Ablauf eines Beratungsgesprächs.

Es ist sinnvoll, die Assoziationen der Teilnehmenden schriftlich festzuhalten,

beispielsweise in Form einer Mindmap an der Tafel oder auch mit Kärtchen

an eine Moderationswand geheftet.

Die folgende Grafik veranschaulicht eine mögliche Umsetzung.

Die in der Grafik kursiven Begriffe können, nachdem die Teilnehmenden

ihre Assoziationen mitgeteilt haben, gegebenenfalls von der Ausbilderin/

dem Ausbilder ergänzt werden.

Aktivierung des Vorwissens

Die Aktivierung von Vorwissen ist nicht nur im Deutsch-als-Zweitsprache-Unterricht ein gängiger Unterrichtseinstieg. Das Wissen der Teilnehmen-

den wird als Ausgangspunkt ihres eigenen Lernprozesses genutzt. Neue Impulse können durch die Verknüpfung mit bekanntem Wissen besser aufgenommen und verarbeitet werden.

Phasen

1. Begrüßung

2. den Wunsch der Kundin herausfinden

3. Diagnose erstellen (Haare betasten & betrachten)

4. Mitteilung der Ergebnisse

5. Empfehlungen

6. Verabschiedung

nonverbale Kommunikation

verbale Kommunikation

Ablauf

z.B. Körperhaltung, Gestik, Mimik, Blickkontakt etc.

z.B. Fragetech niken: offene Fragen etc.

Beratungs-gespräch

Page 17: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 17

2.3.2 Einüben der Redemittel

Nachdem das Vorwissen der Teilnehmenden aktiviert worden ist, erarbei-

ten sie sich im nächsten Schritt die Redemittel selbst. Dazu schauen sie sich

das Video einer gelungenen Beratungssituation an. Wenn die technischen

Voraussetzungen es ermöglichen, können die Teilnehmenden diese Übung

auch in Gruppenarbeit durchführen. Jede Gruppe sollte dann jedoch ein

eigenes Video zur Verfügung haben; die Gruppengröße sollte vier Personen

nicht übersteigen.

Im Vorfeld erhalten die Teilnehmenden die konkrete Aufgabenstellung:

1. Schauen Sie sich das Video des Beratungsgesprächs an. Finden Sie es

gelungen? Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe Ihre ersten Eindrücke!

2. Welche Probleme hat die Kundin mit ihrer Kopfhaut und ihren Haaren?

Welche Produkte empfiehlt die Friseurin/der Friseur? Wenn Sie es nicht

sofort wissen, schauen Sie sich das Video noch einmal an.

3. Schauen und hören Sie sich nun jede einzelne Phase des Beratungsge-

sprächs genau an. Beachten Sie die verbale und nonverbale Kommuni-

kation!

Teilen Sie sich hierzu auf: Zwei Personen konzentrieren sich auf die Rede-

mittel, die beiden anderen auf die nonverbalen Kommunikationsmittel.

Machen Sie sich Notizen! Als Hilfestellung können Sie das Arbeitsblatt nutzen.

Gehen Sie nun das Beratungsgespräch im Detail durch.

Ein Tipp zur Binnendifferenzierung: Bei sehr heterogenen Lerngruppen

sollten Sie die Gruppenzusammensetzung steuern und darauf achten, dass

Teilnehmende mit sicherer und unsicherer Sprachkompetenz zusammen in

einer Gruppe sind. Die Teilnehmenden mit eher unsicherer Sprachkompe-

tenz sollten sich bei der Aufgabe auf die nonverbalen Kommunikationsmit-

tel konzentrieren.

In das folgende Arbeitsblatt können die Teilnehmenden die beobachteten

Redemittel einfügen.

Page 18: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

18 Zur Sprache im Unterricht

Wie sage ich es am besten? – Redemittel im Beratungsgespräch

FRISEURIN/FRISEUR KUNDIN

Begrüßung

Den Wunsch der Kundin herausfinden

Diagnose erstellen (Kundin befragen, Haare betrachten & befühlen)

Mitteilung der Ergebnisse

Empfehlungen

Verabschiedung

Page 19: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 19

Nachdem die Teilnehmenden die Aufgabe bearbeitet haben, werden die

Ergebnisse in der Gruppe besprochen und von der Lehrkraft schriftlich

festgehalten. Wichtig ist hierbei, dass im Anschluss an diesen Übungsteil

alle Teilnehmenden die zu den einzelnen Phasen der Beratung passenden

Redemittel selbst aufgeschrieben und somit vorliegen haben.

Selbstverständlich kann zusätzlich eine Liste mit den passenden Redemitteln

an die Teilnehmenden verteilt werden.

2.3.3 Rollenspiel

Die Teilnehmenden sollen nun die Redemittel und die Struktur eines Bera-

tungsgesprächs einüben. Jeweils zwei Teilnehmende bilden ein Team und

bekommen von Ihnen eine Situation vorgegeben, in der sowohl das Ergeb-

nis der Haar- und Kopfhautanalyse als auch passende Pflegeprodukte dar-

gestellt sind.

Beispiel einer Situationskarte:

Ergebnis:Die Kundin hat trockenes, poröses Haar und leicht schuppende, juckende Kopfhaut.

Produktempfehlung:1. Kopfhautbalsam:

�� um die Kopfhaut zu beruhigen

��um den Juckreiz zu vermindern

2. Pflegeshampoo:

��um das Haar nicht weiter zu strapazieren

��um Pflegestoffe anzulagern

3. Intensivkur:

��um Keratin aufzubauen

��damit die Schuppenschicht adstringieren kann

Page 20: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

20 Zur Sprache im Unterricht

Die Unterrichtseinheit könnte folgendermaßen umgesetzt werden:

1. Die Teilnehmenden finden sich zu zweit zusammen bzw. Sie teilen

die Teilnehmenden in Teams ein. Das Team entscheidet, wer im

folgenden Rollenspiel Friseur oder Friseurin und wer Kundin ist.

2. Jedes Team bekommt eine Situationskarte von Ihnen ausgeteilt.

Gemeinsam werden Verständnisfragen geklärt und sich darüber

hinaus überlegt, wie Fachbegriffe (beispielsweise adstringierend)

auch für fachfremde Personen verständlich formuliert werden kön-

nen.

3. Anschließend erarbeiten die Teams jeweils ein Skript für ihren eige-

nen Dialog. Diesen halten sie schriftlich fest. Dabei achten sie auch

auf die passenden nonverbalen Kommunikationsmittel.

4. Dann üben die Teilnehmenden ihren Dialog ein.

5. Abschließend führt jedes Team seinen Dialog der Gesamtgruppe vor.

Die Gruppe gibt ein Feedback.

Nach und nach kann diese Aufgabe in ihrem Schwierigkeitsgrad erhöht

werden. Beispielsweise dadurch, dass die Teilnehmenden keine Vorgaben

bekommen und spontan agieren müssen. Zu Beginn allerdings sollten sich

die Teilnehmenden auf die Erarbeitung der Redemittel konzentrieren kön-

nen.

Da das Führen eines Beratungsgesprächs eine sehr anspruchsvolle und

prüfungsrelevante Tätigkeit sowie eine für die Ausübung des Berufs wich-

tige Voraussetzung darstellt, sollten die Teilnehmenden möglichst frühzeitig

in die unterschiedlichen Anforderungsbereiche eingeführt werden und

diese kontinuierlich trainieren.

2.3.4 Feedback – Tipps und Regeln

Nicht allen Teilnehmenden fällt es leicht, sich vor der gesamten Lerngruppe

zu präsentieren und sich bewerten zu lassen, vor allem dann nicht, wenn

sie sich in der deutschen Sprache nicht sicher fühlen. Daher ist es wichtig,

für das „Feedback-Geben“ einige Regeln aufzustellen. Bestenfalls werden

diese im Vorfeld mit der gesamten Gruppe erarbeitet.

Page 21: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 21

1. Nach Anschauen des Videos äußert sich der oder die Feedback- Empfänger/in als Erstes!

2. Dann geben Sie Ihr Feedback:

a. Geben Sie zuerst an, was Ihnen gut gefallen hat:

„Es hat mir besonders gut gefallen, dass du …“

„Es ist dir hervorragend gelungen, …“

„Deine große Stärke ist, …“

b. Geben Sie anschließend Tipps, was noch verändert werden könnte:

„Das hätte ich mir noch gewünscht, …“

„Ich denke, dass …“

c. Formulieren Sie Ich-Botschaften!

„Ich denke, …“

„Ich finde, …“

Page 22: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

22 Zur Sprache im Unterricht

2.3.5 Die Videoaufnahme als Unterrichtsergänzung

Videoclips erfreuen sich ganz allgemein einer immer größer werdenden

Popularität, auch durch die Verbreitung der Social-Media-Anwendungen.

Mittlerweile haben die meisten Teilnehmenden ein Smartphone, machen

Selfies, laden Videoclips bei Youtube hoch und sind bei Facebook aktiv.

Sie sind mit den neuen Medien vertraut. Warum sollte man diese neue

Technologie nicht in den Unterricht integrieren und das Einüben des Bera-

tungsgesprächs mittels Video einführen?

Die Erstellung von Videoaufnahmen ist heutzutage keine besondere tech-

nische Herausforderung mehr.

Videoclips als Unterrichtsergänzung bieten einige Vorteile:

�� In der Regel stehen die Teilnehmenden nach einer ersten spontanen

Abwehrreaktion dieser Idee aufgeschlossen gegenüber und sind dem-

entsprechend motiviert.

�� Die Teilnehmenden sehen sich selbst, nehmen wahr, wie sie wirken,

und können gezielt mit diesem Material weiterarbeiten.

��Die Teilnehmenden sehen auch, wie andere wirken, und können positi-

ve Aspekte übernehmen.

�� Einzelne Sequenzen sind immer wieder abrufbar. So kann der Fokus bei

der Nachbearbeitung auf verschiedene Aspekte wie Körpersprache und

Redemittel gerichtet werden.

�� In regelmäßigen Abständen wiederholt, ermöglicht es den Teilnehmen-

den, selbst zu registrieren, welche Fortschritte sie machen.

�� Die Videoclips sind ein Anschauungsmaterial, welches mit Zustimmung

der Teilnehmenden auch in nachfolgenden Lehrgängen den Auszubil-

denden gezeigt werden kann.

Selbstverständlich sollte die Arbeit mit Videoclips gut eingeführt werden.

Die Teilnehmenden müssen mit dieser Form der Unterrichtsgestaltung

einverstanden und auf die Aufnahmesituation vorbereitet werden. Darüber

hinaus muss auch die Auswertung der Videos sensibel durchgeführt werden

(siehe 2.3.4 Feedback – Tipps und Regeln, S. 20f.).

Insbesondere für die erste Aufnahme sollte den Teilnehmenden ausrei-

chend Zeit für die Vorbereitung zur Verfügung stehen. Im Vorfeld sollten

die Teilnehmenden ein Skript für ein Beratungsgespräch erstellen.

Anbei finden Sie einen Analysebogen, der sich für die Auswertung der Vi-

deoclips einsetzen lässt:

Page 23: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 23

Das Beratungsgespräch zur Haar- und Kopfhautanalyse in Form eines Rollenspiels einüben

– Beobachtungsbogen zur Videoauswertung –

Die Kundin begrüßen

1. Die/der Auszubildende begrüßt die Neukundin.

Ja Nein

2. Die/der Auszubildende stellt sich selbst vor.

Ja Nein

3. Die/der Auszubildende erfragt den Namen der Neukundin.

Ja Nein

Den Wunsch der Kundin herausfinden

5. Die/der Auszubildende erfragt die Wünsche der Kundin.

Ja Nein

6. Die/der Auszubildende fragt, wie lange die Probleme bereits bestehen.

Ja Nein

7. Die/der Auszubildende versucht herauszufinden, warum diese Probleme bestehen.

Ja Nein

8. Die/der Auszubildende erfragt, was die Kundin verändern möchte.

Ja Nein

Eine Diagnose erstellen

9. Die/der Auszubildende unterteilt das Haar, um eine Diagnose vorzunehmen.

Ja Nein

10. Die/der Auszubildende untersucht die Kopfhaut.

Ja Nein

11. Die/der Auszubildende untersucht den Haaransatz.

Ja Nein

12. Die/der Auszubildende untersucht die Längen und Spitzen des Haares.

Ja Nein

13. Die/der Auszubildende untersucht den allgemeinen Zustand der Haare.

Ja Nein

Die Ergebnisse mitteilen

14. Die/der Auszubildende teilt der Kundin die Ergebnisse der Diagnose im Sitzen mit.

Ja Nein

15. Die/der Auszubildende drückt die Ergebnisse positiv aus.

Ja Nein

Page 24: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

24 Zur Sprache im Unterricht

Empfehlungen geben

16. Die/der Auszubildende empfiehlt der Kundin passende Produkte und gibt sie ihr in die Hand.

Ja Nein

17. Die/der Auszubildende geht auf den Nutzen für die Kundin ein.

Ja Nein

18. Die/der Auszubildende erklärt die Anwendung.

Ja Nein

19. Die/der Auszubildende erklärt die Inhaltsstoffe und deren Wirkung.

Ja Nein

20. Die/der Auszubildende fragt nach, ob noch Fragen bestehen.

Ja Nein

Die Kundin verabschieden

21. Die/der Auszubildende bietet eine Behandlung beziehungsweise einen Termin zur Behandlung an.

Ja Nein

22. Die/der Auszubildende verabschiedet die Kundin mit Namen.

Ja Nein

Allgemeiner Eindruck

23. Die Wortwahl im Beratungsgespräch ist der Situation angemessen.

Stimmt voll Stimmt eher Stimmt eher nicht Stimmt nicht

24. Die/der Auszubildende ist höflich und zeigt gute Umgangsformen.

Stimmt voll Stimmt eher Stimmt eher nicht Stimmt nicht

25. Die nonverbale Kommunikation der/des Auszubildenden ist offen und der Kundin zugewandt.

Stimmt voll Stimmt eher Stimmt eher nicht Stimmt nicht

26. Die/der Auszubildende hört aktiv zu.

Stimmt voll Stimmt eher Stimmt eher nicht Stimmt nicht

27. Die der Auszubildende verwendet offene Frageformen.

Stimmt voll Stimmt eher Stimmt eher nicht Stimmt nicht

Die Idee zur Erstellung eines Analysebogens wurde den Materialien des im Schuljahr 2011/2012 am Märki-schen Berufskolleg des Kreises Unna durchgeführten Pilotprojekts „Sprachsensibler Fachunterricht in der Fri-seurausbildung“ entnommen. Nähere Informationen zu dem Projekt finden Sie unter: http://www.mbk-unna.de/index.php?id=470

Page 25: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Netzwerk IQ 25

3. Fazit

Festzuhalten ist, dass

�� die Bewältigung der Unterrichtskommunikation für Auszubildende mit

Deutsch als Zweitsprache eine unterschätzte Herausforderung darstellt.

�� Unterrichtsinhalte zu verstehen und berufstypische Kommunikationssi-

tuationen zu bewältigen von den Auszubildenden besondere sprachli-

che Kompetenzen erfordern.

�� Unterrichtende die sprachliche Ausgestaltung ihres Unterrichts reflek-

tieren und an den Kenntnisstand ihrer jeweiligen Lerngruppe anpassen

sollten.

�� die Kommunikationsfähigkeit der Auszubildenden durch das Einüben

von authentischen und berufsspezifischen Kommunikationssituationen

frühzeitig eingeführt und regelmäßig trainiert werden sollte.

Page 26: Für die Praxis – Band - Deutsch am Arbeitsplatz€¦ · nützliche Tipps und Anregungen für die eigene Tägkeit geben. IQ Fachstelle Berufsbezogenes Deutsch . Netzwerk IQ 5 Zu

Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung IQ“

bmaIM8007_ESF_Logo_2eg.pdf 12.03.2008 16:04:44 Uhr

Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert.

In Kooperation mit: