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FRAG DIE MÖHRE Das 1x1 der modernen Pflanzenforschung Landwirtschaft: Grundlagen · Geschichte

FRAG DIE MÖHREVermehrung vor. Sie sind sogar in der Lage, ihre Entwicklung und ihren Lebenszyklus auf den Ackerbestand abzustimmen, und dies umso besser, je öfter dieselbe Kulturpflanze

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Page 1: FRAG DIE MÖHREVermehrung vor. Sie sind sogar in der Lage, ihre Entwicklung und ihren Lebenszyklus auf den Ackerbestand abzustimmen, und dies umso besser, je öfter dieselbe Kulturpflanze

FRAG DIE MÖHREDas 1x1 der modernen Pflanzenforschung

Landwirtschaft: Grundlagen · Geschichte

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• Was ist Landwirtschaft?

• Gibt es eine „natürliche Landwirtschaft“?

• Brauchen Pflanzen auf dem Acker Schutz?

• Brauchen Pflanzen Dünger?

• Sind Pflanzenschutz und Düngung neu?

• Warum müssen Erträge gesteigert werden?

• Wie hat sich Landwirtschaft entwickelt?

• Ist der Begriff der „industriellen Landwirtschaft“ neu?

• Wie hat sich Landwirtschaft gewandelt?

• Welche Auswirkungen hatte der Wandel?

• Was ist biologischer Landbau?

• Alles Bio, oder was?

Landwirtschaft: Grundlagen · Geschichte FRAG DIE MÖHREInhalt

ISBN 978-3-947237-03-6

Weiter führende Informationen unter:

http://www.mpimp-golm.mpg.de/22409/Frag_die_Erbse_Booklet

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Unter Landwirtschaft versteht man die gezielte Bewirtschaftung einer Fläche zur Erzeugung von Nahrungsmitteln. Pflanzen sind in der Lage, unter Nutzung von Sonnen - energie über die Photosynthese FRAG DIE ERBSE, organische Substanzen wie Zucker,Fette oder Eiweiße zu bilden. Daher beruhen unsere Koteletts oder Steaks sowie alle anderen tierischen Produkte wie Käse, Eier und Milch genauso auf dem Anbau von Pflanzen wie Obst, Gemüse, Müsli oder Brot.

Neben der Nahrungsmittelproduktion wurden und werden Pflanzen auch für die Produk-tion von Industriegütern eingesetzt, so z.B. Lein und Baumwolle zur Faser gewinnung oder Kartoffeln zur Kleister- und Klebstoffherstellung. Darüber hinaus werden Pflanzen verstärktals Energielieferanten genutzt. Dies führt zu einer Konkurrenz zwischen der Nahrungsmittel -produktion und dem Anbau von Pflanzen zur Energieerzeugung in Form von Biogas, Biosprit oder Biodiesel.

Was ist Landwirtschaft?Der Kern aller Dinge

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Gibt es eine „natürliche Landwirtschaft“?Kulturlandschaft und Nahrungsproduktion

Die Bestellung von Flächen setzt voraus, dass die natürliche Vegetation zurückgedrängtwerden muss. Landwirtschaft stellt deshalb unabhängig davon, ob sie organisch oderbesonders intensiv betrieben wird, immer einen Eingriff in die Umwelt dar. So war esbereits zu Beginn der landwirtschaftlichen Nutzung von Flächen vor mehr als 7.000 Jahren. Die großen in Europa vorhandenen Waldflächen wurden gerodet und machtennach und nach einer land- und forstwirtschaftlich genutzten Kulturlandschaft Platz.Gebiete wie die Lüneburger Heide, die heute als unberührte und zu schützende Naturempfunden werden, sind durch den Eingriff des Menschen – durch Überweidung derehemals vorhandenen Wälder – entstanden. Um diese einzigartige Kulturlandschaft zu erhalten, wird sie noch heute u.a. durch fortgesetzte Beweidung mit Heidschnuckenvon Büschen und Bäumen befreit und damit „künstlich“ erhalten.

Lüneburger Heide

Bild: Willow

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Brauchen Pflanzen auf dem Acker Schutz? Durch Pflanzenschutz Erträge sichern

Die Waldrodungen und der anschließende Anbau von Nutzpflanzen führten zur Ansiedlungund zum Aufwachsen weiterer Pflanzenarten, da sie nicht mehr von Bäumen beschattet wur-den und mit ihnen um Licht, Wasser und Nährstoffe konkurrieren mussten. Der Beginn derlandwirtschaftlichen Bewirtschaftung führte somit zu einer größeren Artenvielfalt nicht nurim Pflanzen-, sondern auch im Tierreich. Diese Vielfalt an Pflanzen brachte tierische, pilzlicheund bakterielle Schädlinge sowie Viren mit sich, die dem Menschen die Erträge streitigmachten. Während in natürlichen Ökosystemen die pflanzliche Zusammensetzung einesStandorts bestimmt wird von Klima und Boden sowie Konkurrenz und Widerstandsfähigkeitgegen Schädlinge und Krankheiten FRAG DIE PFLAUME, beruht Ackerbau in der Regeldarauf, dass auf einer Fläche nur eine Pflanzenart zu einem Zeitpunkt angebaut wird. Wie derFuchs im Hühnerstall finden Schädlinge (zumeist Insekten) und Krankheitserreger (Viren,Bakterien oder Pilze) in solchen Monokulturen optimale Bedingungen für ihre Ernährung und

Kulturlandschaft

À

Bild: istockphoto © Meinzahn

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Vermehrung vor. Sie sind sogar in der Lage, ihre Entwicklung undihren Lebenszyklus auf den Ackerbestand abzustimmen, und diesumso besser, je öfter dieselbe Kulturpflanze angebaut wird. Gleichesgilt für die mit den Kulturpflanzen um Nährstoffe, Wasser und Lichtkonkurrierenden Wildpflanzen, die deshalb in der Vergangenheit alsUnkräuter, in neuerer Zeit oft als Beikräuter bezeichnet werden.

Ohne geeignete Gegenmaßnahmen kann es zu erheblichen Ertrags-einbußen bis hin zu einem Totalausfall der Ernte kommen. Um daszu verhindern, können verschiedene Maßnahmen ergriffen und miteinander kombiniert werden. Mögliche Maßnahmen reichenvon einer gesunden und vielseitigen Frucht folge – damit nichtjedes Jahr dieselbe Pflanzenart auf dem Acker steht – über die Auswahl der angebauten Art und Sorte bis hin zu Techniken der Bodenbearbeitung, dem Einsatz von Pflanzen schutz- undPflanzenstärkungsmitteln oder dem Anbau von gentechnischveränderten Pflanzen. Je effektiver eine Methode zur Bekämp-fung von Krankheiten oder Beikräutern ist, umso geringer ist derKrankheitsbefall und umso weniger Beikräuter und somit Artenviel-falt finden wir auf dem Acker. Allerdings können sich die Krankheit-serreger und Beikräuter ihrer Bekämpfung auch dadurch erwehren,indem sie gegen die zum Schutz der Kulturpflanzen ausgebrachten Mittel Resistenzen aus bilden. Der Prozess derResistenz bildung läuft in Form von Anpassung und Gegenanpassungständig in natürlichen Ökosys temen ab FRAG DIE PFLAUME.

À

Pilzerkrankung beim Mais:Maisbeulenbrand

Schädling im Mais: Maiszünsler

Schädling in Kartoffeln: Larve des Kartoffelkäfers

Bilder: JKI/Hommel

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Brauchen Pflanzen Dünger?Auch Pflanzen brauchen Nahrung

Pflanzen brauchen, um zu wachsen, nebenSonnenlicht, Kohlendioxid und Wasserauch Nährstoffe. Diese nehmen sie inmineralischer Form mit dem Wasseraus dem Boden auf. Auf naturbelasse-nen Flächen wachsen neue Pflanzen aufund alte sterben ab.

Bakterien zersetzen die abgestorbenen Pflan-zen über viele Zwischenstufen bis hin zu ihren elementaren und mineralischen Bestandteilen wie bei-spielsweise Kohlendioxid, Wasser, Stickstoff- sowie Phosphor -verbindungen und weitere. Diesen Abbauprozess bezeichnet man als Mineralisierung. Die durch die Mikroorganismen freigesetzten Stoffe dienen den neu aufwachsenden Pflanzen als Nahrung. Auf naturbelassenen Flächen besteht also ein Kreislauf von Absterben, Stoffab- und Stoffumbau und Aufwuchs.

Auf Ackerflächen ist das anders:Mit dem Erntegut werden die aus dem Boden stammenden Nährstoffe von der Fläche ent-fernt. Ähnlich wie bei einem Bankkonto, von dem immer wieder Geld abgehoben wird, aberkein neues dazukommt, würde so die Menge an Nährstoffen abnehmen, der Ertrag sinken

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und der Boden ausgelaugt werden. Damit dies nicht geschieht, wird gedüngt. Düngungkann organisch durch Tierausscheidungen wie Mist oder Gülle, durch Gründüngung in Formvon Pflanzenrückständen und mineralisch erfolgen. Im stickstoffhaltigen Mineraldünger liegtder Stickstoff bereits in der Form vor, in der die Pflanzen ihn aufnehmen. Er muss also nicht erstaus der organischen Substanz freigesetzt werden und ist deshalb für die Pflanze schneller ver-fügbar. Die Möglichkeit der Versorgung der Kulturpflanzen mit diesem rasch wirksamen Dünger ermöglicht eine bedarfs gerechte Stickstoffversorgung der Pflanzen während der verschiedenenWachstumsphasen. Problematisch ist Düngung dann, wenn Einsatzmenge und -zeitpunkt nichtauf den Nährstoffbedarf der Pflanze abgestimmt sind – das gilt nicht nur für mineralische, sondern vor allem auch für die organische Düngung. Eine ausschließlich mineralische Düngungder Pflanzen ist nicht sinnvoll und wird auch nicht praktiziert. Eine rein organische Düngung wiederum kann zu einer Unterversorgung der Pflanzen mit Nährstoffen führen und Ertragseinbußen nach sich ziehen.

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Sind Pflanzenschutz und Düngung eine neuzeitliche Erfindung? Pflanzenschutz und Düngung von Anfang an

Mit Beginn des Ackerbaus begann auch die Geschichte des Pflanzenschutzesund der Düngung. Die Babylonier nutzten bereits Stallmist, die Ägypter Nilschlamm als Dünger. Auch gegen tierische Schädlinge wie Heu schrecken,Raupen, Käfer oder Würmer wurde versucht vorzugehen. Erste Samen -beizungen gab es bereits mehrere hundert Jahre vor Christus. Boden -schädlinge wurden durch Bespritzen des Bodens mit Ölen bekämpft oder man setzte arsenhaltige Mittel und Leimringe ein.

Dennoch trotzte der Mensch durch Ackerbau und harte Arbeit über Jahr tausende der Natur nur geringe Erträge ab. Im Frühmittelaltererreichten die Ernten nur etwa das 2-Fache der ausgesäten Getreide -körner. Im Spätmittelalter konnte im Durchschnitt zumindest das 3- bis 4-Fache der ausgesäten Samen geerntet werden. Viele der für denErtrag wichtigen Zusammenhänge waren nicht bekannt. Da wegen des fehlenden Futters – speziell im Winter – nur wenige Tiere gehalten werdenkonnten, fehlte es an Mist zur Düngung. Die damals bekannten Maßnah-men zur Bekämpfung von Schadinsekten und Pflanzenkrankheiten warennicht ausreichend und nicht zuletzt zusammen mit ungünstiger Witterungtraten immer wieder große Hungersnöte auf. Schlechte Ernten führtennicht nur zu Hunger im Erntejahr, sondern gefährdeten auch die Ernten der Folgejahre, da es an Saatgut mangelte.

Da die Erntenkärglich waren,führten bereitsgeringe Ertrags-verluste zu Nah-rungsmittelknapp-heit. Trotzdemmusste ein Teilder Ernte alsSaatgut zurück -behalten werden.Ohne Saatgutkeine Ernte imnächsten Jahr.

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Warum werden höhere Erträge notwendig?Welt im Wandel

Durch Kriege, Seuchen und Missernten waren die Bauern nach dem Zerfall desRömischen Reiches in Abhängigkeit geraten. Sie konnten kein Land erwerben, hatteneinen Grundherrn, dem gegenüber sie Verpflichtungen hatten und dem u.a. die Gerichts-barkeit, das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Erlaubnis zur Eheschließung zufiel.Teile ihrer Ernte mussten sie an den Grundherrn, die Kirche und den Steuereintreiberabführen. Die Erträge reichten kaum aus, die eigene Familie zu ernähren. Im 16. Jahr -hundert waren neun Zehntel der deutschen Bevölkerung abhängige Bauern.

Trotz erster Reformvorstöße Mitte des 18. Jahrhunderts kam es zur Bauernbefreiung inDeutschland erst Anfang des 19. Jahrhunderts. Da die Gutsherren aber entschädigt wer-den mussten, verschuldeten sich die Bauern. Viele Bauern verloren einen Teil oder ihregesamte Fläche. Die landlosen Bauern drängten in die Städte, wo sie in Fabriken Arbeitfanden. Während in der vorindustriellen Zeit die Sterberate annähernd der Geburtenrateentsprach, nahm nun die Geburtenrate zu, während gleichzeitig die Lebenserwartung derMenschen aufgrund verbesserter Hygienemaßnahmen stieg. Zwischen 1800 und 1910wuchs die Bevölkerung stark an. Auf dem Gebiet des späteren Deutschen Reiches verdreifachte sich die Bevölkerung nahezu (Anstieg von 23 auf 65 Mio.). Einerwissenschafts basierten Landwirtschaft mit gesteigerten Erträgen kam somit eineenorme Bedeutung zu.

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Datenquelle:http://www.digitalis.uni-koeln.de/Brentano/brentano7-14.pdf

Wandel in Deutschland im 19. Jahrhundert

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Die Neuzeit brachte viele neue Erkenntnisse in der Chemie und Physik FRAG DIE ERBSE.Diese wirkten sich nicht nur in der Pflanzenforschung aus, sondern betrafen auch die praktische Landwirtschaft. So begründeten Julius Kühn und Anton de Bary im 19. Jahrhun-dert die Lehre von den pflanzlichen Krankheitserregern (Phytopathologie), nachdem die Ent-wicklung des Mikroskops die Untersuchung von erkrankten Zellen und Geweben ermöglichte.

Unter den Wissenschaftlern des 18. und 19. Jahrhunderts, die wichtige Impulse für die Land-wirtschaft gaben, ist Albrecht Thaer hervorzuheben, der Anfang des 19. Jahrhunderts eineauf Theorien und Experimenten basierende Agrarwissenschaft entwickelte. Er trat u.a. dafürein, die Felder im dritten Jahr der Anbaurotation nicht brach liegen zu lassen, sondern Hack-früchte wie Kartoffeln, Hülsenfrüchte oder Futterpflanzen anzubauen. Dadurch konnten dieViehbestände erhöht werden, was nicht nur die Versorgung mit tierischen Produkten verbes-serte, sondern auch die Menge an Mist erhöhte, der zur Düngung genutzt werden konnte.

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Dreifelderwirtschaft im Mittelalter (seit etwa 1100)

Zweifelderwirtschaft im Frühmittelalter

Fruchtwechselwirtschaft (Ende 18. / Anfang 19. Jahrhunderts)

Wie hat sich Landwirtschaft entwickelt?Mit neuen Erkenntnissen zu höheren Erträgen

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Hermann Hellriegel und Hermann Wilfarthfanden Mitte des 19. Jahrhunderts heraus,warum sich der Anbau von Hülsenfrüchten undFutter leguminosen positiv auf die Stickstoffver-sorgung des Ackers auswirkt. Der Grund dafürsind bestimmte Bakterien, die mit den Legumi-nosen eine Lebensgemeinschaft (Symbiose) eingehen. Die Bakterien nehmen Stickstoff ausder Luft auf und überführen ihn in eine pflanzen-verfügbare Form, die Pflanze versorgt im Gegen-zug die Bakterien mit der für diesen Prozess notwendigen Energie. Am Ende der Vegetations-periode verbleibt pflanzen verfüg barer Stickstoffauf dem Acker, der von der Folgekultur genutztwerden kann.

Johann Heinrich von Thünen begründete dielandwirtschaftliche Betriebslehre, die es demLandwirt ermöglicht, auf der Basis von Gewinnund Verlustrechnungen die richtigen Entschei-dungen zu treffen.

Knöllchenbakterien an den Wurzelnvon Leguminosen Bild: MPI-MP, Josef Bergstein

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Die Grundlagen für eine gezielte Düngung legten Carl Sprengel und Justus von Liebig. Carl Sprengelkonnte nachweisen, dass die düngende Wirkung desHumus auf die in ihm enthaltenen Nährstoffe zurückzuführen ist und formulierte das „Gesetz vom Minimum“.

Liebigs Ziel war es, die verheerenden Hungersnöte der Vergangenheit zukünftigzu verhindern. Er vertiefte in seinem1840 verfassten Werk zur Agrikultur -chemie das Gesetz vom Minimum undpropagierte die Mineraldüngung undihre Bedeutung für Qualität und Ertragder Pflanzen. Auf der Grundlage seinerArbeiten wurde seit 1855 Phosphat -dünger (Superphosphat) in Deutschlandher gestellt. Zur Ver besserung derStickstoffversorgung wurden Salpeter ausChile und Guano aus Peru importiert. Erst seitAnfang des 20. Jahrhunderts kann mittels desHaber-Bosch-Verfahrens Luft stickstoff zur Düngerherstellung genutzt werden.

Gesetz vom MinimumEntspricht einer der für das Wachstum derPflanze notwendigen Stoffe nicht ihremBedarf, so wirkt sich dieser Nährstoffmangelbegrenzend auf den Ertrag aus. Das Fehleneines Nährstoffes kann durch keinen anderen ersetzt werden.

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Pilzinfektionen der Pflanzen wurden ab Mittedes 18. Jahrhunderts mit Metallsalzen oderorganischen Quecksilberverbindungenbekämpft. Auch den Unkräutern wurdeversucht, mit chemischen Mitteln zu Leibe zurücken. Der Anbau neuer Kulturen mit hohemNährwert (z.B. der Kartoffel), verbesserteKenntnisse über den Zusammenhang zwischenBoden, Pflanze und ihrer Ernährung, Verbesse-rungen und Einführung neuer Techniken undGeräte sowie die Kultivierung von „Ödland“führten zu höheren Erträgen. So konnten dieErträge zwischen 1800 und 1900 verdoppeltwerden – bei Weizen von 10 auf 20, bei Roggenvon 9 auf 18 und bei Hafer sogar von 7 auf 18 Doppelzentner oder Dezitonnen (1 dz oder 1dt = 100 kg). Der Rinderbestand verdoppeltesich ebenso wie die Milchleistung der Kühe.

Mehltaubefall von Pflanzen

Bild: iStockphoto © Copit

Bild: iStockphoto © Funwithfood

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Ist der Begriff der industriellen Landwirtschaft neu?Von der Aufklärung zur Romantik: „Zurück zur Natur“

Industrialisierung, Urbanisierung und Veränderungen der landwirtschaftlichen Praxis riefenauch Kritik hervor. Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Deutschland und derSchweiz eine Reformbewegung. Die Verfechter dieser „Lebensreform“ sahen die Veränderungen nicht als Fortschritt, sondern als Verfallserscheinung und befürchteten „Zivili-sationsschäden“ und „Zivilisationskrankheiten“ des Einzelnen. Nur durch die Rückkehr zu einer„naturgemäßen“ Lebensweise könnten diese vermieden und geheilt werden. Sie propagiertenu.a. eine naturnahe Lebensweise, ökologische Landwirtschaft, Vegetarismus und Naturheil-kunde. Reformhäuser wurden in dieser Zeit begründet. Innerhalb des Bildungsbürgertums kames zu einer „agrarromantischen Großstadtfeindlichkeit“ mit dem Wunsch nach der Idylle aufdem Land. Einige legten Schrebergärten an, andere gründeten Kommunen auf dem Land mitdem Anspruch, Lebensmittel weitgehend selbst zu erzeugen.

Im Zuge der Lebensreform-Bewegung wurden Reformhäusergegründet. Sie zeichneten sichdurch eine alternative Produkt -palette aus wie z.B. Heilkräuter,pflanzliche Produkte als Ersatz fürFleisch, natürliche Kleidung, Natur-kosmetik etc. Aktuell werden inReformhäusern verstärkt auch Bioprodukte angeboten, jedochnicht ausschließlich.Bild: iStockphoto © 97

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Wie hat sich Landwirtschaft gewandelt?Preiswerte Nahrungsmittel in Hülle und Fülle

Obwohl bereits im 19. Jahrhundert aufgrund verbesserter naturwissenschaftlicher Kenntnisse und neu entwickelter agrartechnischer Methoden die Erträge gesteigert werden konnten, um die wachsende Bevölkerung zu ernähren, erfolgten die maß-geb lichen Schritte zur Versorgung der Bevölkerung mit ausreichenden Nahrungsmitteln in guter Qualität erst im letzten Jahrhundert.

Die Entwicklung und der Einsatz von sogenanntem „Kunstdünger“ (gemeint ist im Besonderen der im Haber-Bosch-Verfahren gewonnene Stickstoffdünger) und von Chemikalien, die gegen Insekten (Insektizide), Pilze (Fungizide) oder Unkräuter/Beikräuter(Herbizide) wirksam sind, sowie verbesserte Züchtungs- und Anbaumethoden führtennach dem 2. Weltkrieg zu einem rasanten Anstieg der Ernteerträge in der Landwirtschaft.

Ertragsteigerungen

1950 2015

Weizenertrag

Kartoffelertrag

Zuckerrübenertrag

27 dt/ha*

224 dt/ha*

345 dt/ha*

78 dt/ha +

436 dt/ha +

717 dt/ha +

*Mittel der Erträge 1950 bis 1954. Statistisches Bundesamt, BML, Institut für landwirtschaftliche Marktforschung Völkenrode, + Mittel der Erträge 2010 bis 2015, Statistisches Bundesamt, BMEL

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Ernährte 1949 ein Landwirt noch 10 Menschen, so sind es mittlerweile 147 Menschen. Nahrungsmittel sind so preiswert wie nie zuvor. Während die Verbraucher 1960 noch 55 % ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben mussten, sind es heute nur nochknapp 12 %. Statt des 3- bis 4-Fachen, wie im Spätmittelalter, bzw. des bis zu 10-Fachen, wie im 19. Jahrhundert, wird das 40- bis 50-Fache der ausgesäten Körner geerntet.

Hohe Arbeitslöhne, die außerhalb der Landwirtschaft in den 1950er Jahren während des Wirtschaftswunders gezahlt wurden und hohe Fixkosten für Gebäude, (Flächen-) Aus-stattung und Betriebsmittel in den landwirtschaftlichen Betrieben trugen zu einem tief -greifenden Wandel in der Landwirtschaft bei. Der Anteil der in der Landwirtschaft tätigen Menschen sank innerhalb von 60 Jahren von 4,8 Mio. im Jahr 1949 auf aktuell ca. 1 Mio.

Arbeitskraft wurde durch Technisierung ersetzt. In den Ställen hielt die GüllewirtschaftEinzug, sodass das aufwendige Entmisten entfällt. Elektrische Melkanlagen halfen aufmenschliche Arbeitskraft zu verzichten. Auf Grund der guten Mechanisierbarkeit desGetreideanbaus stieg der Getreideanteil in der Fruchtfolge von 55 auf 70 % an. Um ein ausreichendes Betriebseinkommen zu erzielen, musste die Produktionsmenge erhöht werden. Seit 1949 sank die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe von 1,65 Mio.auf knapp 300.000 im Jahr 2010.

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Lebensmittel werden günstiger – Landwirte erlösen weniger

VerkaufserlösWieviel Geld kommt beim Landwirt an in %

1960/1970 2011

ArbeitszeitSolange braucht es, bis man sein Essenverdient hat

Datenquellen: Statistisches Bundesamt, AMI, BMELV (123) und von Thünen Institut, DBV

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Welche Auswirkungen hatte der landwirtschaftliche Wandel?Von Butterbergen, Milchseen und anderen Folgen

Ein derartig starker Struktur- und Bewirtschaftungswandel blieb nicht ohne Folgen fürdie Umwelt. Aufgrund der wirtschaftlichen Zwänge oder fehlender Erfahrung beim Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln war die Devise „Viel hilft viel“ weit verbreitet. In der Folge kam es nicht nur zu Überproduktionen (Milchseen, Butterberge,Vernichtung von Obst zur Stabilisierung der Preise), sondern Nitrat und/oder Pflanzen-schutzmittel (meist Atrazin) tauchten im Trinkwasser auf und DDT, das sich in der Nah-rungskette anreicherte, wurde im Fettgewebe von Tieren und Menschen gefunden. Die vergrößerten Viehbestände wiederum führten zu einem Gülleproblem. Die neueErrungenschaft der Herbizide hatte in den 70er und zu Beginn der 80er Jahre zur Folge,dass auch die Feldraine besprüht wurden, um ein Aussamen der Wildkräuter auf denAckerflächen zu verhindern. Obst- oder Rebanlagen wurden von jeglicher Begrünungfreigehalten, um Pilzinfektionen zu vermeiden, und gepflügte Brachflächen waren imWinter die Regel. Der Grenzwert für Nitrat im Trinkwasser wurde von 100 mg/l auf 50mg/l gesenkt, was so manchem Wasserversorger Probleme bereitete, und Grenzwertefür Pflanzenschutzmittel und die Summe ihrer Abbauprodukte im Trinkwasser wurdeneingeführt. Mitte der 80er Jahre traten in England die ersten Fälle von BSE auf. Die Landwirtschaft und ihre Methoden kamen in Verruf. Die Verbraucher waren verunsichert.

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Als Folge dieser Entwicklungen wurde ein Wandel in der Agrarpolitik eingeleitet. Pro-gramme zur Extensivierung der landwirtschaftlichen Produktion und zum Schutz vonNatur- und Kulturlandschaft wurden aufgelegt. Im Rahmen dieser Extensivierungspro-gramme erhielten Landwirte Geld für Flächenstilllegung oder für die Umstellung aufbiologischen Landbau, da die geringeren Erträge dieser Bewirtschaftungsform unteranderem auch zu einer Marktentlastung beitrugen.

Was versteht man unter biologischem Landbau?Die etwas andere Art zu wirtschaften

Im ökologischen Landbau werden möglichst geschlossene Betriebskreisläufe ange-strebt. Die durch die Ernte dem Boden entzogenen Nährstoffe sollen durch organi-sche Düngung auf den Acker zurückgeführt werden. Das Futter für die Tiere mussökologisch produziert werden und möglichst aus eigener Erzeugung stammen. DerViehbestand pro Fläche ist in den meisten Fällen geringer als in konventionellenBetrieben. Abwechslungsreiche Fruchtfolgen sollen dazu beitragen, Krankheiten undSchädlinge zu reduzieren. Synthetisch hergestellte Dünger und Pflanzenschutzmittelsowie der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen sind nicht erlaubt.

Doch auch der „Bioanbau“ kommt nicht ohne Pflanzenschutz aus. Durch Hacken oderAbflämmen werden Beikräuter bekämpft. Der Einsatz von Bacillus thuringiensis (Bt)Präparaten gegen Insekten ist gleichfalls gestattet oder auch der Versuch, durchparasitierende Nützlinge Schädlinge zu bekämpfen (Schlupfwespen gegen Raupen,

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Marienkäferlarven gegen Blattläuse etc.). Der Einsatz von Inhaltsstoffen derChrysantheme, die insektizid wirken, ist erlaubt. Derselbe Stoff, synthetisch hergestellt,ist verboten. Gegen Pilzinfektionen bei Kartoffeln durch Phytophthora infestans(Kraut- und Knollenfäule) sind Kupferpräparate erlaubt, jedoch keine synthetischen Fungizide. Darüber hinaus dürfen Pflanzenstärkungsmittel eingesetzt werden, die dieWiderstandsfähigkeit von Pflanzen gegen Schadorganismen erhöhen und gegen nichtparasitäre Beeinträchtigungen schützen sollen.

Diese Form der Bewirtschaftung hat allerdings ihren Preis – nicht nur im Lebensmittel -geschäft: für die Grundnahrungsmittel Weizen oder Speisekartoffeln sind die Erträge nur halb so groß wie im konventionellen Anbau und gleichzeitig ist ein höherer Arbeitsaufwand nötig. Raps oder Zuckerrüben werden nur in sehr eingeschränktemUmfang angebaut, da Raps zu den besonders nährstoffzehrenden Kulturen gehört und esüberdies an „natürlichen“ Bekämpfungsmöglichkeiten gegen Schadinsekten an Raps mangelt. Auch Zuckerrüben gehören im Biolandbau zu den eher problematischen Kulturen,da sich die Unkrautbekämpfung als sehr aufwendig erweist. Weil der Biolandbau nichtanstrebt, mit den vorhandenen Betriebsmitteln den höchsten Ertrag zu erzielen, sonderneher extensiv gewirtschaftet wird, ist die Wirtschaftlichkeit dieser Betriebsform nur gegeben, wenn die Produkte teurer vermarktet werden können und staatliche Subventio-nen in besonderer Weise diese Produktionsweise unterstützen. Dem Biolandbau ist esinzwischen gelungen, aus seinen Produkten eine Marke zu entwickeln („BIO“, „ÖKO“), die der Verbraucher mit positiven Attributen verbindet. Deshalb ist er bereit, für Bioprodukte tiefer in die Tasche zu greifen.

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Erträge im Vergleich

Datenquelle: BMEL, StatistaLeider konnten für den Bioanbau keine Ertragsdaten für die Jahre 2014 bis 2016 ermittelt werden.

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Alles Bio, oder was?Konventionelle Landwirtschaft, der Buhmann der Nation?

Seit den Erfahrungen der 70er und 80er Jahre hat sich viel getan in der modernen Land-wirtschaft. Statt „Viel hilft viel“ lautet die Devise im modernen integrierten Landbau„So viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Dies zeigt sich an der Abnahme des (Mineral-) Düngemitteleinsatzes und der ausgebrachten Wirkstoffmenge an Pflanzen -schutzmitteln pro Hektar. Neue Verfahren zur Ermittlung des Nährstoffbedarfs und desVersorgungs status von Pflanzen wurden genauso entwickelt wie Verbesserungen bei dergezielten Applikation von Düngern. Entwickelt wurden neue Pflanzenschutzmittel, beideren Zulassung umweltrelevante Aspekte eine entscheidende Rolle spielen, z.B. bei Insektiziden die Wirkung auf Nichtzielorganismen oder ihre Abbaurate im Boden.Moderne Nutzpflanzenzüchtung und die Entwicklung neuer Sorten FRAG DIE GERSTE

tun ihr Übriges dazu.

Obwohl im Bundesdurchschnitt 94 % der Betriebe konventionell wirtschaften und dafür Sorge tragen, dass wir mit ausreichend Lebensmitteln in guter Qualität und kostengünstig versorgt werden und der Anteil der biologisch produzierten Lebensmittelam Gesamt lebensmittelmarkt weniger als 4 % beträgt, wird der konventionellen Land bewirtschaftung ein großes Misstrauen entgegengebracht.

Mit vergleichbaren Argumenten und Schlagworten wie im 19. Jahrhundert (Lebensreform-Bewegung) wird sie als „industrielle Landwirtschaft“ kritisiert. Dabei wird oftmals dieBetriebsgröße der konventionell wirtschaftenden Betriebe als Kriterium für die „industri-

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elle Landwirtschaft“ herangezogen, wobei sich allerdings die Flächenstruktur dieser Betriebe nicht von derjenigen der Biobetriebe unterscheidet. Es ist am Ende keineFrage der Betriebsgröße, wie umwelt- und tiergerecht ein Betrieb wirtschaftet, sondern es geht vielmehr um das Engagement und Know-how der Betriebsleitung und derenfinanziellen Möglichkeiten zur Investition in neue umweltschonendere Techniken.

Datenquelle: Statistisches Bundesamt, BMEL

Betriebsgrößen und Flächenanteile von konventionell und biologisch wirtschaftenden Betrieben (2013)

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Ob große oder kleine konventionell wirtschaftende Betriebe, Fakt ist: die Erträge konntenauf den großen und den kleinen Betrieben erhöht werden. Ohne die Ertragssteigerungen des19. und 20. Jahrhunderts müssten wir noch sehr viel mehr Hunger auf der Welt beklagen,als wir gegenwärtig erleben. Jedoch kann für die Zukunft keine Entwarnung gegeben werden, da die Weltbevölkerung weiter wächst und landwirtschaftlich nutzbare Fläche, z.B.durch zunehmende Verstädterung, verloren geht, der Klimawandel die Anbaubedingungenhöchst wahrscheinlich verändern wird und Energie- und Nahrungsmittelproduktion schonjetzt mit einander konkurrieren. In dieser Situation ist es unangemessen, durch oft ideolo-gisch geprägte Grabenkämpfe Zukunftsperspektiven zu verspielen. Viel sinnvoller ist es, das Wissen und die Kenntnisse verschiedener Anbauverfahren zu sichten, zu evaluieren und auf Dogmen zu verzichten. Ziel der landwirtschaftlichen Praxis muss es sein, in Abhängigkeit von den Gegebenheiten des jeweiligen Standorts so effektiv wie möglich zu produ zieren, bei gleich zeitiger Schonung der Umwelt und Erhalt einer möglichst großenArten vielfalt. Eine optimal entwickelte Pflanzen- und Agrarforschung wird einenentscheidenden Beitrag dazu liefern.

iStockphoto © small_frogBild: MPIMP © Lox

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Die Herausgeber· Hochschule für Wirtschaft und Umwelt, Nürtingen-Geislingen· Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung· Max-Planck-Institut für chemische Ökologie· Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie· Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung· Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e.V.

RedaktionText und Konzeption: Ursula Roß-Stitt, Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP)Unter Mitarbeit von: Dr. Jan Kellmann, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie (MPI-CE)Sabine Schuh, Kommunikation, www.saskomm.de

KontaktMax-Planck-Institut für Molekulare PflanzenphysiologieAm Mühlenberg 1, 14476 Potsdam-GolmE-Mail: [email protected]

Design, Illustration, HerstellungStefan Pigur, www.pigurdesign.de

Überarbeitete 2. Auflage, Mai 2017

Page 28: FRAG DIE MÖHREVermehrung vor. Sie sind sogar in der Lage, ihre Entwicklung und ihren Lebenszyklus auf den Ackerbestand abzustimmen, und dies umso besser, je öfter dieselbe Kulturpflanze

• Was ist Landwirtschaft?

• Gibt es eine natürliche Landwirtschaft?

• Warum brauchen Pflanzen Schutz und Dünger?

• Ist die Idee von Pflanzenschutz und Düngung neu?

• Warum müssen Erträge gesteigert werden?

• Ist der Begriff der „industriellen Landwirtschaft“ neu?

• Wie hat sich Landwirtschaft gewandelt?

• Welche Auswirkungen hatte der Wandel?

• Was ist biologischer Landbau?

Zur kompletten thematischen Reihe von „FRAG DIE ERBSE“ gehören: ERBSE · MÖHRE · GERSTE · PFLAUME · CHILI · TRAUBE

WICHTIGE FRAGEN: ISBN 978-3-947237-03-6