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354 Freie Raumladungen in Elektrolyten. Von Alfred Coehn und Robert Schnurmann. Mit 18 Abbildungen. (Eingegangen am 21. Oktober 1927.) Es werden Bedingungen aufgefunden, unter denen in Elektrolyten -- abweichend yore Hittorfschen Schema der Ionenwanderung -- an einer Elektrode Anh~ufung der einen Ionenart stattfindet. 1. Es ist bekannt, dal~ beim Stromdurchgang durch Gase an den Elektroden Anh~ufungen yon Tr~gern eines Vorzeichens, d.h. frele Raumladungen auftreten. Im Gegensatz dazu hat die Theorie der Elektrolyse auf der yon Hittorf gegebenen Grundlage zu der Erkenntnis gefiihr~, daft hier an den Elektroden infolge des Stromdurchganges nur Konzentrations- ~nderungen des gesamten neutralen Elektrolyten, nich~ aber Anh~ufungen der einen Ionenart, also nicht freie Raumladungen sich ausbilden. Der Grund fiir den Unterschied liegt darin, dal~ die Zahl der in der Raum- einheit vorhandenen Elektrizit~tstr~ger beider Vorzelehen bei Elektro- lyten ira allgemeinen yon welt hSherer Grtil~enordnung ist als bei den verdiinnten Gasen, Will man den Versuch maehen, in Fliissigkeiten ein Analogon fiir die freien Raumladungen in Gasen zu linden, so wird dafiir um so eher Aussicht auf Erfolg bestehen, je ~hnlicher dem Gaszustand die zu untersuchenden L~sungen gew~hl~ werden, d. h. je geringer die Konzentration des Elektrolyten ist. Bei Untersuchungen iiber die elektrostatische Ladung yon Gasblasen in Fliissigkeiten -- die nach Lenard* auf die Doppelschicht an Fliissig- keitsoberfl~chen zuriickzufiihren ist -- haben wir eine Gruppe yon Er- scheinungml beobachtet, deren Deutung wit in der Annahme sehen, dall auch in Elektrolyten freie Raumladungen, Anh~ufungen der einen Ionenart slch ausbilden k~nnen. Die elek~rostatische Ladung yon Gasblasen wird durch die Bewegung tier Gasblasen bei der Elektrophorese oder durch den Sprudele~fekt naeh- gewiesen**. Sie ~ul~ert sich bei der Elek~rolyse als Anziehung im Haf~en und Wachsen der Gasblasen zu erheblicher GrSl~e, wenn die Blasen und die Elektrode entgegengesetztes Vorzeichen tragen, und als AbstoSung bei gleiehem Vorzeiehen beider***. * P. Lenard, Sitzungsber. d. Heidelberger Akad. 1914, Nr. 27, 28, 29; Ann. d. Phys. 47, 463, 1915. ** A. Coehn und H. Mozer, Ann. d. Phys. 4@, 1048, 1914. *** A. Coehn und H. Neumann, ZS f. Phys. 20, 68, 1923.

Freie Raumladungen in Elektrolyten

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Freie Raumladungen in Elektrolyten. Von Alfred Coehn und Robert Schnurmann.

Mit 18 Abbildungen. (Eingegangen am 21. Oktober 1927.)

Es werden Bedingungen aufgefunden, unter denen in Elektrolyten - - abweichend yore Hittorfschen Schema der Ionenwanderung -- an einer Elektrode Anh~ufung

der einen Ionenart stattfindet.

1. Es ist bekannt, dal~ beim Stromdurchgang durch Gase an den

Elektroden Anh~ufungen yon Tr~gern e ines Vorzeichens, d .h . frele

Raumladungen auftreten. Im Gegensatz dazu hat die Theorie der Elektrolyse auf der yon

H i t t o r f gegebenen Grundlage zu der Erkenntnis gefiihr~, daft hier an den Elektroden infolge des Stromdurchganges nur Konzentrations-

~nderungen des gesamten neutralen Elektrolyten, nich~ aber Anh~ufungen der einen Ionenart, also nicht freie Raumladungen sich ausbilden. Der Grund fiir den Unterschied liegt darin, dal~ die Zahl der in der Raum-

einheit vorhandenen Elektrizit~tstr~ger beider Vorzelehen bei Elektro- lyten ira allgemeinen yon welt hSherer Grtil~enordnung ist als bei den

verdiinnten Gasen, Will man den Versuch maehen, in Fliissigkeiten ein Analogon fiir die freien Raumladungen in Gasen zu linden, so wird dafiir um so eher Aussicht auf Erfolg bestehen, je ~hnlicher dem Gaszustand

die zu untersuchenden L~sungen gew~hl~ werden, d. h. je geringer die

Konzentration des Elektrolyten ist. Bei Untersuchungen iiber die elektrostatische Ladung yon Gasblasen

in Fliissigkeiten - - die nach L e n a r d * auf die Doppelschicht an Fliissig-

keitsoberfl~chen zuriickzufiihren ist - - haben wir eine Gruppe yon Er- scheinungml beobachtet, deren Deutung wit in der Annahme sehen, dall auch in Elektrolyten freie Raumladungen, Anh~ufungen der einen Ionenart

slch ausbilden k~nnen. Die elek~rostatische Ladung yon Gasblasen wird durch die Bewegung

tier Gasblasen bei der Elektrophorese oder durch den Sprudele~fekt naeh- gewiesen**. Sie ~ul~ert sich bei der Elek~rolyse als Anziehung im Haf~en und Wachsen der Gasblasen zu erheblicher GrSl~e, wenn die Blasen und die Elektrode entgegengesetztes Vorzeichen tragen, und als AbstoSung bei gleiehem Vorzeiehen beider***.

* P. Lenard, Sitzungsber. d. Heidelberger Akad. 1914, Nr. 27, 28, 29; Ann. d. Phys. 47, 463, 1915.

** A. Coehn und H. Mozer, Ann. d. Phys. 4@, 1048, 1914. *** A. Coehn und H. Neumann, ZS f. Phys. 20, 68, 1923.

Freie Raumladungen in Elektro]yten, 3 5 5

Die Absto~ung treibt yon einer ,,Punktelektrode", an der das

Potentialgefalle ausreichend gro] wird, die Blasen als ,,Gasstrahl" welt

in die L(isung hinein (Fig. 1). Der Eintritt dieser Erseheinung ist yon

der Konzentrati0n des Elektrolyten und der Spannnng abhgngig, und diese Abhgngigkelt ist so gut quantitativ reproduzlerbar, dab der Zusammen-

hang in elnem-Vorlesungsversuch demonstrlert werden kann*. Die Unter- suehung yon Coehn und N e u m a n n hat weifier gezeigt, dab die yon tier

Konzentrati0n der L(isung abh~ngende - - wie wir sie nennen - - ,,natiir- liche" LadUng der Gasblasen bei Steigerung der Spannnng an[hSrt, ihre

Wirkung zugu~ern. Die Gasb]ase wird in d e r s e l b e n LSsnng bei zu- nehmender Spannung nicht mehr abgestoBen, sondern halter. Erreicht aber die Spannung bei fortgesetzter Steigerung einen bestimmten hSheren Weft, so zeigt sich die Existenz einer ,,zweiten Strahlspannung". Diese

hat nichts mehr zu tun mi~ der na~iirliehen Ladung der Gasblasen, sondern die dabei wirksame Ladung wird den Gasblasen yon der Elektrode her au[-

gezwungen. Wir gelangen zu ihr so- wohl in Saure wie in Alkali, ebenso an der: Anode wie an der Kathode, Die zweite Strahlwlrkung r immer dann

ein, wen n dutch die angelegte Spannung das starkg Feld an der Punktelektrode

die Eigenfeldstarke der Doppelschicht ~ig. 1. iibersehritten hat,

2, Bei Untersuehung der Strahlelektrode in immer verdtinnteren Liisungen gelangt man an eine Grenze der Konzentration (bei Schwefel- s aure an der Anode etwa 0,001 n), nnterhalb deren die Erseheinung bei

allen Spannungen ausbleibt. Die Gasblasen werden dann nicht mehr yon der Elektrode abgestol~en, sondern Zeigen vor dem Emporsteigen eine starke Wirbelbewegung. Es muff also zu den beiden bisher beobachteten

Bewegungen der Gasblasen - - nach aufwarts bei der gewShnliehen Ent- wieklung und n'ach vorwarts bei der Strahlwlrkung - - eine bisher nicht beaehtete Bewegungskomponente hinzugetreten sein. Um diese sich aus- wirken zu lassen, wird den entstehenden Gasblasen ein welterer Freiheits- grad gegeben. Bisher hat~e man als Elektrode einen P]a~indraht in ein

Glasrfhrehen eingeschmolzen und das Glas vorn abgeseh]iffen (Fig. 2). Jetzt wird die GlasrShre zuniiehst ausgezogen, der Platindraht so ein-

* ZS. f. Elektrochem. 29, 1, 1923. Zeitschri~t flit Physik , Bd. 46. 2 2

356 Alfred Coehn und Robert Schnurmann,

geschmolzen, dab seine ganze L~ngsseite mit einer zur Spitze bin konisch zulaufenden Glashiille bedeckt ist und nur die Endflaehe freigelegt, dig unter sorgsamer Vermeidung von Sprtingea im Glas au[ Ieinem Schmirgel-

papier abgeschliffen wird (Fig. 3). Taucht man dlese Elektrode in eine LSsung yon 0,001 n-Sehwefels~ure, so bekommt man, wenn sie Kathode ist, die friiher beschriebene Gasstrahlwirkung. Macht man sie aber zur

Anode, so sieht man die Gasblasen mit groSer ~Gesehwindigkeit nach riickw~rts gehen (Fig. 4). Und diese ,Riic kstrahlung", die ebenso wie die naeh vorn gehende Strahlwirkung unabh~ngig yon der Stellung der

Gegenelektrode ist, t r i t t in allen

~ ~ I ~ 1 F~llen ein, in denen an der stumpfen Elektrode das Auf~reten yon Wirbeln beobach~et wurde.

Die Versuehe zur Deutung der Fig. 2. Fig. 3. Riickstrahlung fiihrten auf die beim

Elektrizitatsdurchg'ang dutch Gase bekannten Vorgange. In der aul3eren Erscheinung ist die gewiihnliche, nach vorn gerichtete Strahlelektrode eine Art ,,elektrischer Wind". Die elektrostatisch abgestol]enen Gas- blasen kiinnen nut deshalb mehrere Zentimeter welt horizontal dureh den Elektrolyten fliegen, well sle ihre Bewegungsenergie auf die benaehbar~en Fliissigkeitsmolekiile iibertragen. Diese Fliissigkeitsbewegung reil3t ihrer-

selts die Blasen mit nnd verursaeht so ihre grol]e Flugbahn. Sie ist ebenso wie die bei der Spitzenentladung auftretende Luftstr(imung, der , elektrische Wind", eine sekund~re

Ersehelnung. Das Primare ist beim elektrisehen Wind der [onenstrom, bei der Strahlelektrode die Abstol3ung der Gasblasen. Der Primarvorgang fiir den R i i e k - s t r a h l ist aber - - wie im folgenden gezeigt werden s o l l - n i c h t in Bewegungen zu ~inden, die dureh

Fia.4. die elektrostatische Ladung der Gasblasen veranlal3t

sind, sondern in der Elektrolyse selbst, insonderheit in der Ionenbeschleunigung, die bei den extremen Verdiinnungen an der Punktelektrode vorhanden ist.

3. Z e l e n y * und Ch i ld** haben gezeigt, da] beim Ubergang der Elektrizit~t zwischen zwei Metallplatten in einem ionisierten Gas der Potentialabfall zwischen den Platten nicht glelchfiirmig ist. C hi l d gibt

* .1. Zeleny, Phil. Mag. (5) 46, 120, 1898. ** C. D. Child, Wied. Ann. 65, 152, 1898.

Freie Raumladungen in Elektrolyten. 357

eine fiir die Verteilung des Potentials zwischen zwei Elektroden charak- teristisehe Xurve (Fig. 5) an, welche darlegt, dal] tier in der Mitre des

Feldes gleichfSrmige Potentialabfa11 in der Nghe tier Ele~roden steiler wird, und zwar an der negativen Elektrode in starkerem Nal~e. In der Nghe der positiven Platte besteht Bin Ubersehut~ an negativer Elektrizitat, an der negativen Platte ein soleher an posltiver. Dabei ist der Uber- schul] an der negativen Platte grSl~er. Diese Asymmetrie ist auf die geringere Beweglichkeit der posiGven gegeniiber den negativen Ionen zuriickzuftihren. Durch eine zu den Elektroden parallele Ebene wandern

in der Zeiteinheit mehr negative als positive Ionen. An der negativen Platte werden also, sobald man sich im Gebiet des S~ttigungsstrornes

befindet, positive Ionen angereiehert. E ine s p e z i f l s c h e r a u m l i e h e L a d u n g e n t s t e h t .

Der Versuch, diese Anschauung auf LiSsungen zu tibertragen, in denen der RtiekstrahI auftritt, scheint daran scheitern zu mtissen, dal] in

e. 1

E n f f e r n u n q I a = ~ mm

Fig. 5. Fig. 6.

Elektrolyten elne Anreicherung der einen Ionenart nieht stattfindet. Das t t i t t o r f s e h e Schema far die Ionenwanderung lg~t nur Konzentrations- ~nderungen des neutralen Elektrolyten zu.

Anders aber liegen die Verhaltnisse bei Verwendnng der Punkt-

elektrode. Naeh den Messungen yon N e u m a n n ist fast der ganze Potentialabfall ant eine Streeke von 0,1 bis 0,01ram an der Pnnkt- elektrode verteilt. In guter fJbereinstimmung damit sind die Angaben

yon C r o w t h e r und S t e p h e n s o n * , die ft~r eine Elektrode mit 0,5 qcm Oberfl~ehe eine Streeke yon weniger als 0,02 mm gefunden haben. Kleine angelegte Spannungen erzeugen darum schon hohe Fe~der an der Punkt- elektrode. Sobald die Ionen in ein solehes starkes Feld kommen, werden sie besehieunigt. Wenn z. B. in sehr verdiinnter Sehwefelsgure die Anionen bei ihrer Wanderung zu einer positiven Punktelektrode (Fig. 6) den Quersehnitt Q des Elektrolyten erreiehen, der 0,01 mm yon der

* J. A. Crowther und R. J. Stephenson, Phil. M:ag. 50, 1066, 1925. 24*

358 Alfred Coehn und Robert:Sehnurmann,

Punktelektrode entfernt i s t , so erfahren sic eine betrachtliche Be- schleunigung auf die Elektrode zu. Die Katlonen dagegen, die sich zwischen der Punktelektrode and Q befinden, werden yon der Elektrode kraftig abgestoi]en. Die Bewegung der I0nen im Stromgefalle ist be-

stimmt durch die elektrische Feldstarke und den Reibungskoeffizienten. Die Wirkung der Feldstarke ist fiir das Anion und das Ka t ion eines

Elektrolyten dieselbe. Die Ionen tier einen Art wandern iedoch sehne]Ier als die der anderen, weil Sle einen klelneren Reibungskoeffizienten haben,

Aus einem beliebig herausgegriffenen Volumenelement d V des Elektroly~en wandem in derselben Zelt mehr schnellere als ]angsamere Ionen heraus. In dem Volumenelement wiirde dadurch ein Uberschufl an langsameren Ionen entstehen. Bei der Elektrolyse treten aber unter normalen Be- dingungen keine freien Raumladungen auf Sobald die beiden entgegen-

gesetzt geladenen Ionen auseinanderstreben, bildet sich ein Potential aus, das diesem Bestreben entgegenwirkt. Bei Verwendung der Punktelek-

~rode werden iedoeh die Ionen in dem Gebiet zwischen dieser Elektrode und dem Querschnitt Q einem gen i igend s t a r k e n ~uBeren Fe ld u n t e r -

w o r f e n , g e g e n w e l c h e s d a s d e r I o n e n t r e n n u n g e n t g e g e n -

w i r k e n d e P o t e n t i a ] v e r s c h w i n d e t . DaB an der Punktelektrode nur in auBerst verdiinnten L(isungen freie Ranmladungen entstehen, riihrt daher, dab in konzentrierten Liisungen die Gesamtzahl der Ionen sehr groi~ ist. So groin, dab der in dem Volumenelement dV sich ausbfldende Untersehied kelne Rolle spielt. In hinreichend verdiinnter L~sung wird

aber die Gesamtzahl der Ionen in dV abzahlbar. Und dann is~ der Zusiand der freien Raumladung erreieht. Das Auftreten dieser freien Ladungen hiingt somit yon der Anzahl der in der Fliissigkelt enthaltenen

Ionen, -con der Di~ferenz tier Ionenbewegliehkeiten und von der Gr(i~e der :~nderung des Poten~ialabfalles innerhalb der LSsung ab.

Der Ionengehalt der Fliisslgkeit muB demnach so klein sein, da$ die

Anzahl der angereicherten Ionen nicht verschwindet gegeniiber der Gesamtzahl der in diesem Gebiet beIindlichen Ionen. Erreieht das zur Punktelektrode wandernde Ion den Querschnltt Q, so e r f a h r t es eine B e s e h l e u n i g u n g . Diese BesehleunigLmg fallt um so mehr ins Gewicht, ie griil]er die urspriingliche Gesehwindigkeit des yon der Elektrode f o r t - w a n d e r n d e n Ions imVerh~ltnis zu der des hinwandernden ist. Datum zeigt sich das Auftreten freier l~anmladung beim Verdiinnen der Liisung desto eher, ~e grSl~er die Differenz tier Gesehwindigkeiten des Anions and Kations ist. Hat also das Anion geringere Bewegliehkeit als das Kation, wie in Schwefelsiiure, so erhalt man in hinreichend verdiinnter L(isung an

Freie Ranmladungen in Elektrolyten. 359

der A n o d e eine freie Raumladung, wihrend in Kalilauge, wo alas Kation

die kleinere Beweglichkeit hat, in ionenarmer LSsung an der K a t h o d e

freie Raumladung entsteht. In Kalilauge- und Sehwefelsiure15sungen,

deren Konzentrationen unterhalb 0,0001 n liegen, bekommt man an der Punktelektrode eine Ionenanreieherung, gleichgfiltig, ob sie Anode oder

Kathode ist. Ionenarmut nnd groSe Geschwindigkeit des sich yon der Elektrode entfernenden Ions begfinstigen die Entstehung tier Raumladung. Das ursprfinglieh langsamere Ion, das in das hohe Potentialgefalle ger~t, reil]t dann Fliisslgkeit und Gasblasen, die es auf seinem Wege trifft, mi~ sich. Die Bewegung der Gasblasen auf die Elektrode zu is~ demnach eine sekundare Erscheinung. Die Gasblasen sind hier nur die Indikatoren

der StrSmung im Elektrolyten. Diese Betraehtungen erklaren auch Beobaehtungen yon W a r b u r g *

,,fiber elektrisehe Leitung und Konvektion in schwach leitenden ver- dfinnten LSsungen". In Anilin, Xylolanilinmisehungen und vielen anderen

schleeht leitenden Lt}sungen beobachteteWa r b u r g Strfmungserscheinungen

an den Elektroden. Er land einen stirkeren ,,Abstrom", d. h. eine Be- wegung der Flfissigkeit yon der. Elek~rode fort, an der Elektrode, an der alas spezifisehe LeitvermSgen sich erhSht. An der Elektrode dagegen, an der das spezifische LeitvermSgen erniedrigt wird, ist der Abstrom schwieher und kann sogar in einen Zustrom iibergehen, in eine Bewegung der Flfissigkeit auf die Elektrode zu. Diese StrSmungen fiihrt W a r b u r g

auf die bei der Elektrolyse an den Elektroden entstehenden Konzen- trationsinderungen zurtick. In der homogenen Flfissigkeit entstehen an den Elektroden Stellen heterogener Beschaffenheit. Diese Inhomogenitat bezieht sich auch auf die Verteilung der elektrlsehen Ladung. Er leitet

nun ab, dal3, wenn zwei Schichten yon verschiedener Leltfihigkeit an- einandergrenzen, eine Flfissigkeitsbewegung nach Stellen kleinerer Leit- f~higkeit stattfinden muE Die Entstehung besser leitender Fliissigkeit an einer Elektrode beding~ den Abstrom. Zum Naehweis dieser StrSmungs- erseheinungen stellte W a r b u r g Schlierenversuche an. AuSerdem wandte er das yon R e i t l in g e r** bei Str~imungsbeo baehtungen benutzte Riidchen an, das vonder strSmenden Fliisslgkeit zur Drehung gebraeht wi re W a r b u r g selbst macht einen Einwand gegen seine Deutung dutch die Bemerkung: ,,Es scheint, da$ aueh, wenn dureh den Strom keine Heterogenitfit beziig- lieh des LeitvermSgens herbelgefiihrt wird, doeh eia yon dea E]ektroden fortgeriehteter Strom entsteht." Diese Str0mungserseheinungen lassen sich

* E. Warburg, Wied. Ann. ~4, 396, 1895. ** E. Reitlinffer, Wien. Ber. 85 [2a], 72, 1859.

360 Alfred Coehn und Robert Sehnurmann,

ebenso wie der Rfickstrahl durch die Entstehung freier Raumladungen er- klaren. Wir werden sparer noch eine einfaehere Versuehsanordnung an-

geben, die die StrSmungsrichtungen in sehlecht ]eitenden L~sungen anzeigt. 4. Die zur Deutung der Rfickstrahlung herangezogene Annahme, dal]

die Ionen under bestimmten Bedingungen ihre kinetlsche Energie auf die sie umgebenden Fliissigkeltsmolekfile iibertragen und so die Fliissigkeit

teilweise oder auch als Ganzes in Bewegung setzen, is~ durch eine Relhe bereits bekannter Tatsaehen gestfitzt. Eine Zusammenstellung der ~tlteren und neueren Literatur fiber den Gegenstand (Arbeiten yon D a v y ,

R i t e h i e , R o l t i , B a g a r d , F l o r l o , Ch iav ' a s sa , D o n n a n , M o r e t t o , H e i l b r u n , B e r n d t , G r i m s e h l ) bringt die Dissertation yon R. Schnur - mann*. Itler seien nut Versuche yon F r a r y * * erwahnt, der die Er-

seheinung zu einer Methode der Schnellelektroanalyse ohne rotierende

Elektroden ausgearbeitet hat. Eine ringfSrmige, mit einem Elektrolyten geffillte Rinne wird auf einen Magnetpol gesetzt. Die beiden Innen- wandungen der Rinne sind mit Metall belegt, so dal~ das elektrisehe ]?eld fibera]l radial verlauft. Beim Einschalten des Stromes finder eine

der Linke-Hand-Regel entsprechende Ablenkung des stromdurchflossenen Leiters, also der Ionen des Elektrolyten, start. Und zwar werden die

positiven und die negativen Ionen (entgegengesetztes u und ent- gegengesetzte Bewegungsrichtung) naeh derselben Seite abgelenkt. Der

ganze Elektrolyt rotier~ in dieser Richtung. Wit haben gesehen, dal] die Msher nur in Gasen gefundene freie

Raumladung auch in Elektrolyten, und zwar als Rfickstrahlung in die Erscheinung trite, wenn die Konzentration fiir eine bestimmte Spannung und Temperatur u n t e r h a l b einer ffir ieden Elektrolyten bestimmten Grenze bleibt. Wir nennen diese, bezogen auf 440 Volt und 200 C, die k r i t i s c h e K o n z e n t r a t i o n . Die kri~isehe Konzentration wird yon oben her, d. h. bei um so hfiherer Konzentration erreicht, je grSSer die Gesehwindig- keit des yon der Elektrode f o r t w a n d e r n d e n Ions im Vergleich zu tier des hlnwandernden Ions ist. Die Abh~ngigkeit der kritisehen Konzen- tration yon der Differenz der Ionenbewegliehkeiten tr i t t deu~lieh hervor,

wenn wir z. B. d as s e l b e Anion in Verbiadung mit verschiedenen Kationen untersuehen. W~r wahlen KOt t , N a 0 H r LiOIt . Die Wanderungs-

gesehwindigkeiten der drei Kationen sind:

K + ~ 0,000 67 era/see, Na + ~ 0,000 46 era/see, Li+ = 0,000 36 era/see.

* R. Sehnurmann, Diss. GSttingen 1926. ** F. C. Frary, ZS. f. Elektroehem. 18, 308~ 1907; ZS. f. angew. Chem. 20,

1897, 1907.

Freie Raum!adungen in Elektrotyten. 3(~1

Nach unserer Vorausse~zung erwarten wir, da$ der Riickstrahl in Lithiumhydroxyd bei hSherer Konzentration eintritt als in Natronlauge,

in ~qatronlauge bei hSherer Konzentration als in Kalilauge. Beobachtungen bei 20 o C und 440 Volt erguben, dal] die Ri~ckstrahlung mit zunehmender Verdiinnung an tier Kathode einsetzt in:

L i O H bei 0,015 n,

N a 0 H ,, 0,010n, K 0 H ,, 0,005n.

Ein weiterer Beweis dafiir, dai~ fiir den Eintritt des Riickstrahls der Differenz der Wanderungsgeschwindigkeit der beiden Ionerr eine aus-

schlaggebende Bedeutung zukomm~, kann dadureh gefiihrt werden, da$

man bei d e m s e l b e n Elektrolyten diese Differenz andert. Das ist mSglieh, da die ~Yberfiihrungszahlen der Ionen mit steigender Temperatur

belden Ionen im Elektrolyten Fig. 7. und damit unter sonst gleich

gehaltenen Umsti~nden bei einer bestlmmten oberen Temperaturgrenze

die Vernichtung der Vorbedingung fiir den Eintritt des Riiekstrahls. Eine 0,005n SehwefelsaurelSsung, in der bei 20~ an der Anode Rtickstrahl auftritt, wird auf 80~ erwitrmt. ~4~ der Anode seh]ag~ die Riickstrahlung in nach vors gerichtete Strahlwirkung urn. Erst

nach Abkiihlen auf 25~ erh~lt man an der Anode wieder Riiek- strahlung.

Diese Abhangigkeit des Riiekstrahls yon der Temperatur tier LSsnng wurde ngher nntersueht.

Versuehsanordnung (Fig. 7):

~'ber den Spannungsteiler S (1000 Ohm) werden 440 Volt kurz- gesehlossen. Die abgegriffene Spannung wird mit dem Voltmeter V ge-

messen. T ist eln Taster, W eine Wippe, J sind zwei Schalter. Die Elektrolysierzelle Z wird in ein mit Wasser yon bestimm~er Temperatur gefiill~es Dewargef~l] eingesetz& Die Temperatur wird mit einem Thermo- meter mit 1/10-Gradteilung gemessen. Die L5sungen wurden mit doppelt- destilliertem Wasser (bzw. Leitf~higkeitswasser yon K a h 1 b a u m) angesetzt.

Die Grenze, bei der in d e r s e i b e n LSsung Riickstrahlung in Strahl- wirkung umsehlagt, kann auf zwei Weisen erreleht werden. Entweder

dem Wert 0,5 zustreben, d. h. TemperaturerhShung bewirkt eine Abnahme des Untersehie-

des der Beweglichkeit tier

362 Alfred Coehn und Robert Schnurmann,

dadurch, dal~ bei festgehaltener niederer Temperatur die S p a n n u n g

erh(iht wird, oder dadurch, dal~ bei festgehaltener Spannung die Tem- p e r a t u r erhSht wird. Um aber bei allen Versuehen dieser Reihe unter-

halb der Funkenspannung zu bleiben, wurde dls Spannung in keinem

Falle fiber die vom stadtischen Netz her zur Verfiigung stehende yon

440 Volt gesteigerk

Die starkste Schwefe]saure, in der bis zu dieser Spannung bei 200 C

an der Anode sich noch Rfiekstrahlung erhalten laflt, ist 0,005 n. Die

Erseheinung ist hier bereits yon 5 Volt ab deutlich zu bemerken. Wir

beobachten also bei 20 o C Riickstrahlung in dem ganzen Gebiet yore

reinen Wasser his zu 0,005 n HaS0~ fiir Spannungen yon 5 bis 440 Volt.

Die obere Grenze der Spannung erreichen wir nieht, sle liegt hSher als

440 Volt. Verwenden wir aber bel derselben Temperatur elne starkere

L(isung, 0,0075n H2SO~, so erseheint bei 440 Volt kein Rfiekstrahl

mehr~ sondern naeh vorn geriehtete Strahlwlrkung. Damit diese in

Rtickstrahl umsehlagt, mul~ man mit der Spannung his zu 100 Volt

herabgehen. Es wird also in dieser LSsung bei 200 C Rfickstrahlung

yon 5 bis 100 Volt beobaehtet.

In der dazwischenliegenden Liisung yon 0,006n H~S04 wurde Riickstrahlung yon 5 his 150 Volt erhalten. Lafit man abet die Tem-

peratur dieser LSsung sinken, so erweitert slch der Spannungsberelch

fiir den Rfickstrahl zu hSherer Spanaung. Und zwar steigt die HSehst-

spannung, bel der noch Rfickstrahl erhalten wird, yon etwa 150 auf etwa 300 Volt, wenn die Temperatur nur um 1 ~ yon 20 o auf 19 ~ sinkt.

0,006n Schwefelsaure, Anode:

Spannung Temperatur Beobachtet Volt 0 C

230 19,7 Strahl 230 19,6 Riickstrahl 2 5 0 ~19,5 .

[ 260 /19,5 Strahl ~260 / 19,4 Riickstrahl / 270 ~ 19,4 Strahl ~270 19,3 Riickstrahl 280 [19,2 Die Gasblasen 290 ~19,2 gehen naeh allen 300 L 19 ,2 Richtungen

~300 19,1 Riickstrahl

Sucht man ftir elne bestimmte Spannung die Grenztemperatur auf, bei deren ErhShung Riickstrahl in Strahlwirkung umsehlagt, so la6t sich das - - ebenso wie das Entgegengesetzte - - mit Sieherheit auf 0.1~

Freie Raumladangen in Elektrolyten. 363

genau bewerkstel l igen. Diese auffallende, in sicherer Reproduzicrbarkel t

zu erhal tende Temperaturempfindl ichkei t des Riickstrahls an d e r o b e r en

T e m p e r a t u r g r e n z e zeigt sich in der vorstehenden Tabelle.

Man erkennt, da$ fiir dleselbe Spannung der Riickstrahl mit Erh(ihung

der Temperatur um 0,1 ~ verschwindet , fiir dieselbe Anfangstemperatur

abet mi t ErhShung d er Spannung um 10 Volt. In 0,005 n Schwebl s iu re

wurde das Zusammenwirken yon Spannung und Temperatur bei fiber ein

grN~eres Gebie~ ansgeigender Spannung beobach~ek l~it 440 Volt e rh i l t

man yon 10,5 bls 410 C Riickstrahl, oberhalb dieser Temperatur S~rahl-

wirkung. Geht man aber dann mit der Spannung his auf 300 Volt

zuriick, so e rh i l t man noch bei 43,5~ Riickstrahl.

0,005n Schwefels~iure. Anode:

Spannung Volt

5--440 5--440 5--440 5--440 5- -440

300--440 5--300

Tcmperatur Beobachtet oC

10,5 Rtickstrahl 12,5 ,, 17,5 27;8 ,, 41,0 ,, 43,5 Strahl 43,5 Riiekstr ahl

Es seien noch Beobachtungen ftir andere Konzentrat ionen wieder-

gegeben, die das Zusammenwirken yon Temperatur und Spannung auf

den 1Jbergang yon St rahl in Ri ickstrahl und umgekehrt zeigen.

0,006n S e h w e f e l s i u r e . Anode:

Spannung Tcmpcratur Volt o C Beobaehtet

< 150 19,8 [] Rtickstrahl < 210 19,7 II " > 220 19,7 StrahI

0,0075n S e h w e f e l s i u r e . Anode :

Spannung Tempcratur Vol t o C

150 180 195

200 300 100 150

15,5 15,5 15,5

15,5 15,5 20,1 20,0

Beobachtet

Riickstrahl

Die Blasen gehen ~eils nach vorn, tells naeh hinten

Strahl

Riickstrahl Strahl

364 Alfred 0oehn and Robert Sehnnrmann,

Um aueh bet hSherea Konzentrationen noeh Riiekstrahlung zu er-

reiehen, ist es, wie man naeh dem Vorstehenden iibersieht, erforderlieh,

die Temperatur ausreiehend zu erniedrigen. In 0,01n H~SOt wurde

Riickstrahhng erhalten bet Temperaturerniedrigung bis auf 14,3~ ftir

eine tt~chstspannung yon 150 Volt:

0,01n Sehwefels~iare. Anode:

Spannung Volt

i00

150 160

170 200 300

Temperatur oC

14,3

14,3 14,3

14,3 14,3 14,3

Beobachtet

Grol~e, haftende Blasen, die schwach zurtiekgedrSngt werden

Riiekstrahl Sehwanken zwisehen Rtiekstrahl und

Strahl Strahl

5. Das Zustandekommen freier l~aumladung in einem Elektrolyten

wurde darauf zurilckgefilhrt, dal] das zur Punktelektrode hin bewegte Ion

in dem angrenzenden starken Felde, das sich auf etwa 0,01 mm yon

ihr in den Elektrolyten erstreckt, eine Beschleunigung erf~hrt. Das Schwefels~ureanion hat im Potentlalgef~lle 1 Volt/era die Geschwindlgkeit

0,00703 era/see. Nun ist hier nahezu der gesamte Potentlalabfall bls zu

der verwendeten hSchsten Spannung yon 440 Volt an der Punktelektrode

auf die Streeke yon 0,1 bzw. 0,01ram (S. 357) zusammengedrangt. In

diesem Felde yon 44000 bzw. 440 000 Vo]t/cm mfil]te das S04-Ion die

Geschwindlgkeit yon 0,3 bzw. 3 m/see erlangen. Es sollte der Versuch

gemaeht werden, die tats~ehlich vorhandene Gesehwindigkeit zu messen,

am so die Berechtigung der fiir den Rfickstrahl gegebenen Deutung zu

prtifen. Die Geschwindigkeit der Ionen tritt beim Riiekstrahl als Ge-

sehwindigkeit der Gasblasen in die Erschelnung. Denn die Ionen reil]en

auf ihrem Wege die Fliissigkeit mit, and mit dieser bewegen sigh die

darin vorhandenen Gasblasen. Man kann also diese als Indikatoren fiat

die gesuehte Bewegung benutzen, indem man ihre Gesehwindigkeit photo-

graphiseh registriert, ghnlieh wie es z. B. Mache* and Wiesne r** ge- maeht haben, um die Geschwindigkeit der Regentropfen zu messen aus der Lange der in bekannter Zeit anf der photographisehen Platte ent-

standenen Striche.

* K. ~ache, lgeteorol. ZS. 21, \378, 1924. ** B. Wiesner, Wien. Ber. 104 [~a], 1397, 1895.

P r e i e R a u m l a d u n g e a in E l e k t r o l y t e n . 365

Der Riickstrahl wurde dazu in natiirlicher GrSl]e photographiert, wobei die Kiivette seitlich yon vorn mit einer Bogenlampe beleuchtet und hinter der giivette ein kleiner

gohlspiegel angebracht war (Fig. 8). Die Strichl~ngen wurden auf der

Platte an der Spitze der Elektrode mit einem Mikroskop mit 8 facher VergrSl3e- rung gemessen. Abziige ausgemesseaer Platten seien bier wiedergegeben.

Ba'qeq~a r

x Ho/7/spzeff~l Fig. 8.

Platte I (ohne Abb.) 270 Volt. 0,005 n Irl 2 S O~. Beliehtungszeit 0,01 see; Blasendurchmesser 0,2ram. Striehliinge oben 1,2ram, unten 1,4mm. Weg in 0,01 see: oben 1,0 ram, unten 1,2 ram.

Geschwindigkeit obea 10 era/see, unten 12 era/see.

Fig. 9. Fig. 10. Fig, 11,

Fig 9. Platte II. 440Volt. 0,005 n H 2SO4. Belivhtungszeit 0,004 see; Blasenduzvhmesser O,2 ram. StrichI~inge oben 6,0 ram, unte~ 5,0 ram. Weg in 0,004 see: obe~ 5,8 ram, unten 4,8 mm

Geschwindigkeit obett I45 cm/aeg, unten 120 era/see. Fig. 10. Platte III. 440 Volt. 0,005 n H 2 S O 4, Belichtungszeit 0,01 sec; Blasendurchmesser 0,2 mm. Strichliinge oben 12,3 ram, unten 9,3 ram. Weg in 0,01 see: oben 12,1 turn, unten 9,1 ram.

Gesehwindigkeit oben 121 r unten 91 cm/sec.

Fig. 11. Platte IV. 440 Volt. 0.005 n H 2SO~. Belichtungszeit 0,01 see; Blasendurchmesser 0,2 ram. Strichl~nge oben 9,8 ram, unten 9,8 ram. Weg in 0,01 see: oben 9,6ram, unten 9,6 ram.

Gesehwindigkeit oben 96 cm/sec, unten 96 cm/sec,

Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14.

Fig. 12. Platte V. 300 Volt. 0,005n H2SO4. Beliehtungszeit 0,004see; Blasendurchmesser O,I ram. Stri~hI~/ng~ ohen 3,5 ram, unten 3,2 ram. Weg in 0,004 see: obe~ 3A ram, unten 3,1 ram.

Oes~hwindigkeit oben 85 cm/sec, unten 77,5 era/see.

Fig. 13. Platte VI. 200 Volt. 0,005 n H 2 3 0 4. Belichtungszeit 0,004 see; Blasendurchmesser 0,l ram. Striehl~inge oben 2,1 ram, onten 2.3 ram. Weg in 0,004 see: oben 2,0 mm, unteu 2,2 ram.

Geschwindigkeit obea 50 era/see, unten 55 era/see.

Fig. 14. Platte VII. I00 Volt. 0,005 n H e S O , . Belichtungszeit 0,004 sec; Blasendurchmesser 0,2 ram. Strichl~inge unten 1,0 ram. Weg in 0,004 see : 0,8 ram. Oesehwindigkeit 20 cm/sec.

Die Verschledenhelt der Ergebnisse zeigt, dal3 die 3~ethode nur ungenaue Werte liefert. Eine wesentliche Fehlerquelle ]ieg~ darin, dos die Striche (auf den Originalplaften zwar wesentlich besser als auf den Reproduktlonen, abet doch) nicht dlrek~ an der Spitze zu sehen sin& In geringem Abstand yon der Ents%hungsstelle ist abet die Bewegung sehon stark gedampfk Die gemessenen Werte stellen also untere

366 Alfred Goehn und Robert Sehnnrmann,

Grenzen der Geschwindigkeiten in den entspreehenden Feldern dar. Uberdies : sind die einzelnen Striehe nieht immer mit sieher erkennbarer Sch~rfe gegeneinander abgegrenzt. Dazu kommt, dal3 sie nieht parallel zur Kra[triehtung liegen. Dieser Mangel rfibrt v o n d e r Elektroden[orm her. Die Elektrode lauft an der Spitze konisch zu; der Kegelmantel hat un- definierte Einbuehtungen und ErhOhungen, die Wirbelbildungen in der Flfissigkeit verursachen. Der GrSllenordnung nach lie[err die Methode die vermuteten Werte: Ffir elne Spannung yon 440 Volt die GrSl3enordnung lm/sec; [iir genauere quantitative Angaben ist die Methode nicht geeignet.

6.. Zur Beurteilung der [fir den Riickstrah] ma$gebeaden Faktoren erscheint es aber erforderlieh, an die Stelle der blsher gebrauchten Kennzeichnung - - ,,Eintritt oder Ausbleiben des Riickstrahls" - - eine quantitative Angabe ftir die S t a r k e des Rfiekstrahls zu setzen. Zu einer solchen ftihrt ein Verfahren, mit dem Ch at t o ek* die Geschwindigkeit

yon Ionen in Gasen gemessen hit, indem er den bei der Bewegung der Ionen entstehenden Unterdruck

| durch die Verschiebung eines Wassertropfens in einem /

J U,Rohr maB. Die Methode wurde in [olgender An- ordnung dem vorliegenden Zwecke angepal]t (Fig. 15).

Der kfirzere Schenkel eiaes U-t~ohrs wird mlt einer feinen {~)ffnung versehen und mit einem Xork in einen weiteren Glaszy]inder eingesetzt. Der Zylinder

, und die RShre werden mit der LSsunff gefiillt, und Fig. lS. die Punktelek~rode wird fiber die 0[fnung des U-Rohrs

gebracht. Die andere Elektrode befindet sich im oberen Tell des Zylinders. Vorversuehe zeigten, da$ die Fliissigkeitsbewegung belm Rtiekstrahl im Manometer einen gut mel]baren Unterdruck erglbt. Bei passender LoehgrSl]e des U-Rohrs und gttnstiger Form und Stellung der Punktelektrode erzeugt der entstehende Unterdruck ein Sinken des Fliissigkeltsfadens um mehrere Zentimeter.

In der Dissertation von R o b e r t S c h n u r m a n n wird der Versueh gemaeht, aus der ge[undenen Saugwirkung die Ionengesehwindigkeit zu bereehnen, indem die yon C h a t t o e k entwiekelte Theorie auf den vor- liegenden Fall fibertragen wird. Es zeigt sieh aber, da~ solehe fdber- tragung nieht durchffihrbar ist, indem die Voraussetzung der Rechnnng yon C h a t t o e k , die unipolare Leitung, nieht in geniigender Annaherung erffillt ist. in dem starken Felde an der Punktelektrode reil]en be ide

* A. P. Chattock, Phil. Mag. 48, 401, 1899.

Freie Raumladungen in Elektrolyten. 367

Ionen Wasser mit - - im entgegengesetzten Sinne. Was zur Wahr:

aaehmung~ gelangt, ist die D~fferenz beider Wirknngen. Auch unter den

[iir die Erscheinung giinstigsten Umsta~den, also be[ kleinster Ionen- konzentration, kann in dem kleiner/ Volumen nnmittelbar an der Punkt- elektrode, in welehem der Riickstrahl entsteht, die dutch die hier obwaltenden Umstgnde herbeigefiihrte unipolare Leitung nur sehr un- vollkommen sein. Die absolute Menge auch der unter dem Einflu~ des

starken Potentialgef~lles yon der Punktelektrode w e g g e f i i h r t e n Ionen

bleibt unter Mien Umst~nden noeh so groI], dab die dur'ch sie mi~gerissene Wassermenge nicht zn vernaeh]~ssigen ist. Das weitere Studium der

Erseheinung unter Beriickslchtigung dieses Umstandes wird ergeben, ob sich aus der Saugwirkung die Geschwindigkeit der beiden Ionenarten in dem starken Felde wird ableiten lassen. JedenfMls aber glbt die

Saugwirkung das gesuchte quantifa~iv fa~bare MaB fiir die Stgrke des Riickstrahls.

7. Das nach Fig. 15 zur Messung des Unterdrucks dienende Mano- meter War in der Weise hergestellt, dalJ ein U-Rohr (lichte Weite 0,5 cm)

an einem Ende zugeschmolzen nnd abgesehliffen wurde, his eine 0ffnung yon ungefghr 0,5ram Durehmesser vorhanden war. " Die Schli[flgehe wurde poliert nnd das U-Rohr so in den Zylinder eingesetzt, da$ die Schliffflitche m i t der Korkfl~ehe abschlol3.

Die blsher verwendete Form der Punktelektrode - - eln in Glas ein- geschmolzener Platindraht, yon dem nur die Stirnfl~che freilag - - War

fiir diese Messungen wenig geelgnet. Die Mange1 und die umfangreichen Versnche ihnen abznhelfen, sind in der Dissertation geschildert. Wesent- lich war es, den Draht bls auf die' Vorderfl~che mit einem seinen Urn- fang nieht mei3bar vermehrenden Uberzug zu versehen, der gegen Span-

nungcn bis zu 440 Volt gut isoliert und gegen Sgure, wend m(iglieh auch gegen Alkali bei den an der Spitze durch die hohe Stromdichte sieh

einstel]enden erhShten Temperaturen wlderstands~ghig ist. Nach vielen eigenen und aueh yon teehnischer Seite angestellten Versuchen erwies

sieh ein yon der Firma A. G. vorm. C. J. Vogel in Berlin-Adlershof hergestellter emaillierter Nickelindraht (Durchmesser 0,2 ram) fiir unsere

Zwecke brauchbar. Platin ebenso zu emaillieren wie Kupfer und Nickelin, gelang nicht. Die Frage, ob der aus Kupfer und Nickel bestehende Nickelindraht als Anode in Schwefelsanre verschiedener Konzentration bei den verwendeten Spannungen gel(ist oder passiviert wurde, konnte in letzterem Sinne entschieden werden. Beim Gebrauch des Drahtes als Punktanode in 0,001 n H2SO 4 bei 440 Volt konnte weder mit Dimethyl-

3 6 8 Al f r ed 0 o e h n a n d R o b e r t S e h n u r m a n n ,

glyoxim Nickel noeh mit Ferroeyankalium Kupfer in der LSsung naeh- gewiesen werden. In 1 n H2S04 war bet 30Volt der Strom naeh kurzer Zeit unterbroehen. Bel den Messungsrelhen wurde yon der Elektrode vor jedem Versueh mit einer schaffen Schere ein Endchen abgesehnitten. Vergleiche der so behandelten Elektrode mlt der Platlnelektrode ergaben, dal] die Bedingungen ftir den Eintritt des Riiekstrahles yore Elektroden- material Unabhangig sind.

8. Es set bier die Bemerkung eingeschaltet 7 dal] die emaillierte Drahtelektrode ihrer kleinen Masse wegen auch in F~llen, in denen Gas- blasehen kaum oder nieht wahrnehmbar sind, ein feines Reagens auf Strahlwirkung and Riiekstrahl bildet. Ein 10em langer emaillierter Nickelindraht wird, wie Fig. 16 zeigt, an einem Elektrolysenstativ Iedernd festgeklemmt; das andere Drahtende taueht in eine 0,001 n Sehwefels~ure- ltisung ein. Man macht diese Elektrode zur Kathode and beobachtet bei 440 Volt S~rahlwirkung und elnes, starken Riickstol3 des in die Liisung

+

..... Fig. 16a. Fig. 16b. Fig. 16o.

tauchenden Drahtendes, eine Verbiegung des Drahtes in der der Gasblasen- bewegung entgegengesetzten Riehtung. Die Riickstrahlung an der Anode ist mit einer Vorwartsbewegung des eingetauehten Drahtendes, also mit elner Verblegung des Drahtes in der der Riickstrahlung entgegengesetzten

Richtung verbunden. In Sehwefelsaurel~sungen unterhalb 10 - t n ist die Gasentwickhng

nur sehr sehwaeh. An der Kathode nlmmt man aber beim Einschalten des Stromes den RiiekstoI] sehr deutllch wahr, an der Anode die Vorwiirts- bewegung. Die Bewegung der Elektrode zeigt die Fliissigkeltsbewegung an. Beim RiiekstraM teilen sich die hydrodynamisehen Stromlinien an der Punktelektrode. An der Teihngsstelle entsteht ein Unterdruek, die Elektrode wlrd angesaugt. Bet der Strahlwirkung werden die Gasblasen yon der Elektrode weggesehossen. Der Impuls der Abstol]ung verteilt sich auf die Gasb]ase und die Elektrode, wobei die Gasblase ihrer kleineren Masse wegen den grSl~eren Geschwindigkeitsanteil erhalt. Die federnd aufgeh~ngte Elektrode diirfte sich fiir das Studium der Fliissigkeits- bewegungen bei der Elektrolyse noch weiterhin ntitzlieh erweisen.

Freie Raumladungea in Elek~rolyten. 369

9. Far die Messung der Saugwirkung wurde der Niekelindraht, wie

die Fig. 15 zeig~, angebraeht und zur Versteifung in ein dtinnes, oben

angekittetes Glasr~hrchen gesteekt, aus dem das untere Ende 4 b i s 5 cm herausragte. Um reproduzierbare Versuehe zu erhalten, war es not- wendig, dleses untere Ende genau fiber die Mitre der 0ffnung des ~ano- meters zu bringen. Dazu wurde ein Stativ konstruiert, mit dem man die Elektrode in allen drei Freiheitsgraden um 0,01 mm versehieben konnte*.

Die Punktelektrode wurde an dem Stativ starr befestigt. Die Elek- trade wurde mlt ttilfe elnes kleinen Spiegels hinter der Zelle au~ den

Rand der ManometerSffnung eingestellt und dann so weir herunter- gesehraubt, big sie mi~ ihrem Bilde auf der sehwaehspiegelnden 0ftnungs- fliche beinahe zur Deckung kam. Dann wurde sie um Teile yon Hundertstelmillimetern weiter gesenkt. Wenn sie die Randfliche gerade

berfihrte, wurde sie mi~tels der beiden horlzontalen Sehli~ten fiber die Mitre des Loches gebraeht. Die andere Elektrode wurde in den oberen Tell des Zylinders eingetaueht.

Um w~hrend der Versuehe die Temperatur konstant zu halten, wurde nach der Justierung der Punktelektrode ein Dewargefil] yon unten fiber

das Mel~gef513 (Fig. 15) geschoben. Das Sinken des Fliissigkeitshdens mul]te darum mit einem Spiegel beobacl~tet werden. Das Innere des Dewar- gefal]es wurde durch Spiegelung yon anl]en beleuchtet, die Niveauversehie- bung mit einem Beobachtnngsfernrohr gemessen. Nach ieder ]~Iessung

wurde das Dewargefil] gesenkt, die Punktelektrode herausgenommen und abgeschnitten. Dann wurde wieder eingestellt. Es zeigte sich, dal3 die

Ergebnisse ~fir die Saugwirkung am besten definiert sind, wenn man die Elektrode 0,1 mm welt in die 0ffnnng des Manometers hineinragen lil]t. 5inn vermeidet so, dais an tier Spitze vonde r Seite her Fltissigkeit nach- strSmen kann, die aus dem Zylinder und nieht aus dem U-Rohr kommt. Unter diesen Umstanden zeigen die Werte die kleinsten Schwankungen. In den folgenden Versuchen ist immer diese Einstellung gewghtt. Die Tabelle gibt yon reinem Lei~fghigkeitswasser (yon K a h l b a u m ) beginnend die Abhangigkeit der Saugwirkung yon der Xonzentration bel Schwefel- siure und Natronlauge. Wo eine Angabe fehlt, ist keine 3iessung aus- gefiihrt; die Saugwirkung 0 ist iedesmal gekennzeichnet.

Der Zusammenhang zwischen Saugwirkung und Konzen~ration ist in den Diagrammen Fig. 17 und 18 dargestellt.

* Das vorztiglich funktionierende Stativ wurde nach unseren Angaben yon der Firnia Spindler u. Hoyer in GSttingen hergestellt.

370 Alfred Coehn and Robert Sehnurmann,

S a u g w i r k u n g i n ~ [ i l l i m e t e r n f i i r S e h w e f e l s ~ u r e v e r s e h i e d e n e r K o n z e n t r a t i o n .

Tempera tur 16 ~ Spannung 440 Volt.

�9 0 5.10,6n .10-5n 3.10-5n 5.]0-5n_ 1.10-4n 3.10-~n 5 . 1 0 - 4 n l l . 1 0 - 3 n 5.10-3n

o i i: : r "~ r "~ t~ ~:~ ~ "El r ~ O "~ "~ "~l r ~1

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ,~ ~ ~ ~ "~

I 011 00 0 0 X o 561211126l l]2~l I] 251151142 / 22 ]I 31115 H 22 ] 0 ]I17 ] o 15 v

42 6 28 27 15 52 23 " 18 0 0 38 7 27 31 46

5 3 25 48

S a u g w i r k u n g i n M i l l i m e t e r n f f i r N a t r o n l a u g e v e r s e h i e d e n e r K o n z e n t r a t i o n .

58 ] 22 56 21 59 20

Temperatur 16 o.

1.10-5 n 5.10-5 n 1.10-

23 I 13 I[ 8 I 11 II 25 24 13 13

Spannung 440 Volt.

~ n

13 12 18 0 6 12 18 0 �9 7

is o

5.10-4 n 1.10-3 n 5.10-3 n

Aus den Kurven ist ersiehtlieh, da~ die Saugwirkung am gr(il]ten ist in reinem Wasser, wenn die Punktdektrode Anode ist; das yon ihr f o r t w a n d e r n d e Ion, das H+-Ion, a l s o dasjenige mit der urspriinglich grS~eren Beweglichkeit ist.

Ist aber die Punktelektrode Kathode, hat also alas fortwandernde Ion, in diesem Falle OH-, die ursprtinglich g e r i n g e r e Beweglichkeiti dann ist Riickstrahl und damit Saugwirkung wohl auch m~glich, aber in geringerer Sti~rke: In reinem Wasser ist die kathodisehe Saugwirkung, wie man sieht, etwa ein Drittel der anodischen, wi~hrend die Beweglieh- keit des OH--Ions etw~ die tIalfte yon derjenigen des H+-Ions [st.

Beim Ubergang yon reinem Wasser - - im idealen an der Luft nur angeni~hert erreichbaren Falle yon t I + ~ O H - = 10 - 7 Gramm-Ion im Liter - - zu noch immer sehr verdiinnten Elektrolyten tri t t zuerst

F r e i e Raumladungen in Elektrolyten. 371

Abfall der Saugwirkung und dann Wiederanstieg ein. Es sind hier, wo dutch Zusatz: yon Saure bzw. Alkali die Dissoziation des Wassers zuriick- gedrangt wird und an die Stelle yon dessen Ionen die Ionen des Elek- trolyten treten, wo aul]erdem auch die zufalligen Beimengungen des ,,reinen" Wassers eine Rolle spielen kSnnen, die Verhaltnisse nicht ein-

I • I

;,oL~'n .y.;,O -.~n 10-3n . . . . ~. 7~-~3n Konzentra/ion

Fig. 17.

C/f/ 6

q /Ca OH 18~ qqo~l*

• h'a/hode

I I I

lo-~,n 5~zo-~,n r fS,7o-Sn Konzehtrat/o~

Fig, 18.

~7o-Jn

fach iibersehbar. Hingewiesen sei aber auf die ganz analogen'Verhi~ltnisse, welche W o u d s ~ r a * ftir die Viskositii~ kolloider L(~sun~,en land. Die

inhere Reibung nahm - - ebenso wie in unserem Falle die Saugwirkung - -

bel Zusatz minlmaler Elekf.roly~raengen bis zu elnem Minimum ab, um dann bei Erh~hunff des Elek~rolytzusatzes anzusteigen. Der weitere Ver-

* 1=1. W. W o u d s t r a , Koll.-ZS. 8, 73, 1911. ZeiSschrit~ ~iir Physik. ]3d, 46. 25

372 Alfred Coehn und Robert Sehnurmann,

lauf der Saugwirkung aber tiber 10 -Sn hinaus erweist sieh unserer Vorstellung entsprechend, nach der die Saugwirkung um so starker sein mu], ie geringer die Ionenkonzeatration ist und ie gr~Ber die ursprfing- liehe Beweglichkeit des yon der Punktelektrode fortwandernden Ions im

Verhaltnis zu der des hinwandernden ist. Maeht man also in reinem Wasser die Pun]<telektrode zur Kathode,

so ist - - da das langsamere 0 H - - I o n das fortwandernde ist - - nur sehr geringe Saugwirkung vorhanden. Bei Zusatz von Elektrolyten, also ErhOhung der Ionenkonzen~ration und damig Verschleehterung der Be- dingungen f~r den Riiekstrahl, hSrt die Saugwirkung schon bei sehr ge-

rlngem Gehalt auf, wenn durch den Zusatz das f o r t w a n d e r n d e Ion des Elektrolyten, das ietzt an die Stelle des OH- tritt, ebenfalls das langsamere ist: Bcl 200 C brieht bei 10 -~ normaler Sehwefe]s~ure an der Punktkathode der Riiekstrahl und damit die Saugwirkung plStzlieh ab. Bel Konzentrationen fiber 1 0 - ~ n ist mlt der in diesen Versuehen immer

gleich gehaltenen Spannung von 440 Volt nur Strahlwirkung, kein Riiek- strahl zu erhalten.

Setzen wir aber zum reinen Wasser, w~hrend die Punktelektrode wie vorher Kathode ist, Natronlauge, dann ist, weil ietzt H + dureh Na § ersetzt wlrd, das f o r t w a n d e r n d e OH-, das vorher das ]~mgsamere Ion war, ietzt das sehnellere geworden. Die Verh~ltnisse slnd dadureh ffir den Riickstrahl giinstig geworden und man kann bei gleicher Spannung die Konzentration bis 5 . 1 0 - 3 n steigern, d.h. mehr als verzehnfaehen, ehe weitere S~eigerung die Saugwirkung zum Aufh~ren bringt.

Maehs man aber in relnem Wasser die Punktelektrode zur Anode~

dann bewlrk~ Zusatz yon N a t r o n l a u g e eine Verschlechterung der Be- dingungen fiir den Rfiekstrahl, indem jetzt, w~hrend O H - das hinwandernde Ion bleibt, start des sehneller als OH- wandernden H ~ nun das lang- samer als O H - wandernde Na +das f o r t w a n d e r n d e Ion geworden ist: Der Riiekstrahl brieht schon bei 5 . 1 0 - 4 n NaOH ab.

Wird dagegen zum Wasser unter sonst gteichen Umst~nden wie vorher, d. h. Punktelektrode als Anode, S c h w e f e l s ~ u r e hinzugesetzt, dann ist H + alas fortwandernde Ion, gegen~ber jedem anderen das schnellere; es trit~ nur an die Stelle des zur Punktanode h i n w a n d e r n d e n Hydroxylions das Sulfation. Die Verhaltnisse bleiben also in gesteigertem Mal]e (da die Differenz der Wanderungsgesehwlndigkeiten sieh erh~ht) die ffir den Riickstrahl gfinstigen. Dementspreehend laflt slch bei gleich- bleibender Spannung die Konzentration bis 5 . 1 0 - 3 n ste~gern, ehe die Saugwirkung au~hSrt.

Freie Raumladungen in Elektrolyten. 373

Zusammenfas sung .

1. Die Frage, ob freie Raumladungen ebenso wie in Gasen aueh in Elektrolyten naehweisbar sind, wird dureh die Untersuchung 'einer neu aufge[undenen Erseheinung bei der elektrolytisehen Gasentwleklung aus sehr verdfinnten ElektrolytlSsungen beantwortet.

2. Die Bedingungen ffir das Auftreten der ,,Gasrtiekstrahlung" werden untersueht. Es ergibt sieh, dal] die Riieks~rahlung (die in einer auf die Elektr0de zu geriehteten and tiber sie hinausgehenden Flttssig- kelts- und Gasbewegung besteht) bei um so geringerem Elektroden- potential zustande kommt, ie weniger Ionen der Elektrolyt enthalt und je grSl]er der Untersehied der Bewegliehkeiten yon Kation und Anion ist.

3. Es wird gesehlossen, dag in sehr ionenarmen Elektroly~en bei grol]em Potentialgef~lle an einer Elektrode das Hi t to r f sehe Schema ffir die Ionenwanderung nieht mehr gilt, sofern es lediglieh Konzentrations- anderungen des neutralen Elektrolyten an den Elektroden zulal?t, dal~ vielmehr hier tin l~'bersehul~ der einen Ionenart, d. h. eine freie Raum- ladung, naehweisbar ist.

4. Die grol]e Gesehwindigkeit, welehe die Ionen in unmittelbarer N~he einer ,Punktelektrode" erlangen, und dureh die sie Fltissigkeit und Gas mltreil]en, l~l]t sieh aul]er dutch die Rtiekstrahlung aueh dutch den hydrostatisehen Druek bzw. die Saugwirkung naehweisen, welehe die Fltissigkeit in unmittelbarer Nahe der Elektrode ausiibt.

Der Notgemeinsehaft der Deutsehen Wissensehaft danken wir ftir die Gew~ihrung von Mitteln zur Durehffihrung der Un~ersuehung.

G ~ t t i n g e n , Photochem. Abt. d. Inst. f. phys. Chemie, Juli 1927.

25*