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646 liche Regelung noch nioht erfolgt ist. Die gegen- wiirtig yon dem Staat gogeniiber der Elek- t r izitiitswir tseh,aft g~forderten Mallnahmen haben teils die Besteuerung der elektrischen Arbeit, tells die FSrderung der elektrischen GroBwirtsehaft, teils die gesmmte Monopoli- sierung zttm Gegenstand. Ei,ne Besteuerung der elektrischen Arbeit, d~e ,bereits im Jahre 1908 den Reichstag beschiiftigte, wiirde nicht nur ~.erhiiltnismiillig unbedeuterrde Betriige erbringen, sie wiirde vielmehr ctie Elektrizitiitsversorgung zu- gunsten anderer Kraftquellen wesentlich beein- triichti.gen; sie Scheint d'ureh die Einfiihrun,g der Kohlen, steuer denn auch gliicklich iiberwurrden zu sein. Die gesamte ~-~[onopolisierung der Elektrizitiits- w irtseh,aft, d'. h. die t?bernahme der Erzeugung und Verteilung .der eiektrischen Arbeit yon seiten der Staaten bzw. des Reiches begegnet in alle~l einsichtigen Fachkreisen den schwersten Be- denken; der Lahmlegung .des gerade auf diesem Gebiete so erfolgreichen privaten Unternehmungs- geistes, der Gefahr einer staatlich bureaukrati- sehen Betriebsfiihrung wiirden nur unbedeutende Ertrw ohne alle weiteren Vorteile gegen- iiberstehen. Die ~[onopolis4erung wird daher auch nut yon Theoretikern gefordert, die den wirk- lichen Verh~iltnissen fremd gegeniiber,stehen. Da- gegen wiirde die 175rderung tier Grol]wirtschaft durch Errichtung yon Grol]kraftwerken und Ver- bindungsnetzen, sei es auf Kosten des Staates, sei es mit seiner Unterstiitzung, die natiirliche Ent- wicklung begiinstigen und kSnnte neben den er- wiinschten Ertr~ignissen zugleich fiir den Staat eine Grundlage schaffen, die ihm in ferner Zeit ein weiteres Eingreifen, .sofern sich d~es a]s zweckm~Big und nStig erwe~sen sollte, erm~iglichen wiirde. Friedrich Robert Helmert. Von Prof. Dr. W. Schweydar, Berlin-Potsdam. Am 15. guni 191.7 starb n, ach zehnmonatigem Krankenlager der Direktor des Preul]. Geodiiti- schen Instituts und des Zentralbureaus der Inter- nationalen Erdmessung in Potsdam, Geheimer Oberregierungsrat Prof. Dr. Dr.-Ing. Helmert. Wir ver]ieren in ihm einen an Erfo]~gen reichen Forscher, der im In- u n~d Ausl~nde als der Groll- meister der Geodlisie verehrt wurde. Er hat nicht nur seiner speziellen Wi~ssenschaft neue Were fruchtbarer Entwicklung gewiesen,.sondern .~uch aug den Nachbargebieten der Geophyslk und Geo- logie fSrdernd und anregend gewirkt. Helmert wurde am 31. Juli 1843 zu Frei- berg i. Sa. geboren. :Nach dem Besuch der Biir- gersehule seiner Vaterstadt und der Annenreal- schule in Dresden stu.dierte er an dem Polytech- nikum in Dresden yon 1859---1863, ,&as ihm bei seinem Abgange die silberne Medaille nnd ein Relsestipendium verlieh. Sein Lehrer Nagel vet'- Schwevdar: Friedrich Robert Helnmrt. r Die Natu~ " Lwissenschaften schaffte ibm friihzeitig die Steilung eines As- sistenten bei der siiehsischen Grad, messung, die er bis 1866 inne hatte. Naeh einem kurzen Stu- dium an der Universitiit in Leipzig erwarb er 1868 den Doktorgrad mit der Dissertation .Stu- d'ien fiber rationelle Vermessungen", die seia tiefes u ftir die Aufgaben der Geodiisie und seinen kritischen Geist verriet. Von 1869 bis 1870 beschiiftigte er sich als O~bservator der Hamburger Sternwarte mit astronomischen Arbeiten. Iln'gahre 1870 erhieit er den Ruf als ordentlicher Lehrer tier Geod~ie .an die Tech- nische Hochschule in Aachen. Als General Baeger 1885 star}), wurde Helmert am 1. Januar 1886 kommissarisch mit der Leitung dos Geo- diitischen Instituts in Berlin betraut und im April 1887 zmn Direktor und ordentlichen Professor der Geodiisie an der Universitlit ernannt. Die yon dem verdienten General Baeyer, dem Griinder des Geodiitischen Institutz (1869) ins Leben gerufene ~fitteleurophische (1862) bzw. Europiiische (1867) Gradmessung, erweiterte sich in demse~ben J'ahre, in dem Helmert nach Berlin kam, zur Ynter- nationalen Erdmessung; das Geod~itische Institut wurde nach den neuen Statuten Zentra~bure~u dieser Vereinigung, so d.all Helmert auch Direk- tor dieses Zentralbureaus war. Im Jahre 1891 erhielt das Geodiitisehe Institut auf Betreiben yon Helmert auf dem Telegraphenberg bei Pots- d'am ein neubs Helm, das nach Helmerts Pliinen gebaut und in mustergiiltiger Weise fiir seine wisseuschaftlichen und praktischen Zwecke aus- gestattet wurde. Zahlreich sind die iiulleren Anerkennungen und Ehrungen, die ihm yon der Wissensclraft, der eigenen und auswlirtigen Regierungen zuteil wurden; 26 wissenschaftliche \rereini,gungen und Akademien des In- und Ansi andes erw~ihlten ihn zum Ehren- bzw. ausw.:irtigen ,-~[i~gliede. Im lahre 1912 erhielt er (lie grol]e goldene 3[edaille fiir Wissenschaft. Es wiirde zu welt fiihren, wenn man hier al]e Arbeiten und Erfolge Helmerts aufz~ihlen wollte; cs sei im fo]genden nur das Wic.htigste zusammen- gefallt. Helmert verfallte sein erstes grSlleres Werk ,,Die Ausgleichun~rechnur~g nach der .~[ethode der kleinsten Quadrate" 1872, das 1907 in zweiter, umgearbeiteter Auflage erschien. Den Grund: stein zu seinem Ruf als geodiitische Autoritiit legte er durch das Werk ,,Die matb_~matischen und physikalischen Theorien d'er hSheren Geo- diisie", das er in den Jahren 1880--1884 ver- 5ffentlichte. Durch die systematische und ~ sorg- same Durcharbeitung der Auf~,aben un,d :-~[ethoden der Geodiisie. die kritisehe Priifung des Vorhan- denen nnd das wesentlich Neue ist d.ieses Werk noch heute uniibertroffen und zum griindlichen Studium der hSheren Geod~isie unentbehrlieh. Die Probleme und Ideen, die es birgt, bilden in der l-[aupt.qaehe ~ewi,.~rmaBen das Programm der sp:,iteren Arl,eiten und Anregl,ngen Helmer!.% mit

Friedrich Robert Helmert

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liche Regelung noch nioht erfolgt ist. Die gegen- wiirtig yon dem Staat gogeniiber der Elek- t r izitiitswir tseh, aft g~forderten Mallnahmen haben teils die Besteuerung der elektrischen Arbeit, tells die FSrderung der elektrischen GroBwirtsehaft, teils die gesmmte Monopoli- sierung zttm Gegenstand. Ei,ne Besteuerung der elektrischen Arbeit, d~e ,bereits im Jahre 1908 den Reichstag beschiiftigte, wiirde nicht nur ~.erhiiltnismiillig unbedeuterrde Betriige erbringen, sie wiirde vielmehr ctie Elektrizitiitsversorgung zu- gunsten anderer Kraftquellen wesentlich beein- triichti.gen; sie Scheint d'ureh die Einfiihrun,g der Kohlen, steuer denn auch gliicklich iiberwurrden zu sein.

Die gesamte ~-~[onopolisierung der Elektrizitiits- w irtseh,aft, d'. h. die t?bernahme der Erzeugung und Verteilung .der eiektrischen Arbeit yon seiten der Staaten bzw. des Reiches begegnet in alle~l einsichtigen Fachkreisen den schwersten Be- denken; der Lahmlegung .des gerade auf diesem Gebiete so erfolgreichen privaten Unternehmungs- geistes, der Gefahr einer staatlich bureaukrati- sehen Betriebsfiihrung wiirden nur unbedeutende Ertrw ohne alle weiteren Vorteile gegen- iiberstehen. Die ~[onopolis4erung wird daher auch nut yon Theoretikern gefordert, die den wirk- lichen Verh~iltnissen fremd gegeniiber,stehen. Da- gegen wiirde die 175rderung tier Grol]wirtschaft durch Errichtung yon Grol]kraftwerken und Ver- bindungsnetzen, sei es auf Kosten des Staates, sei es mit seiner Unterstiitzung, die natiirliche Ent- wicklung begiinstigen und kSnnte neben den er- wiinschten Ertr~ignissen zugleich fiir den Staat eine Grundlage schaffen, die ihm in ferner Zeit ein weiteres Eingreifen, .sofern sich d~es a]s zweckm~Big und nStig erwe~sen sollte, erm~iglichen wiirde.

Friedr ich R o b e r t H e l m e r t . Von Prof. Dr. W. Schweydar, Berlin-Potsdam.

Am 15. g u n i 191.7 starb n, ach zehnmonatigem Krankenlager der Direktor des Preul]. Geodiiti- schen Instituts und des Zentralbureaus der Inter- nationalen Erdmessung in Potsdam, Geheimer Oberregierungsrat Prof. Dr. Dr.-Ing. Helmert. Wir ver]ieren in ihm einen an Erfo]~gen reichen Forscher, der im In- u n~d Ausl~nde als der Groll- meister der Geodlisie verehrt wurde. Er hat nicht nur seiner speziellen Wi~ssenschaft neue Were fruchtbarer Entwicklung gewiesen,.sondern .~uch aug den Nachbargebieten der Geophyslk und Geo- logie fSrdernd und anregend gewirkt.

Helmert wurde am 31. Juli 1843 zu Frei- berg i. Sa. geboren. :Nach dem Besuch der Biir- gersehule seiner Vaterstadt und der Annenreal- schule in Dresden stu.dierte er an dem Polytech- nikum in Dresden yon 1859---1863, ,&as ihm bei seinem Abgange die silberne Medaille nnd ein Relsestipendium verlieh. Sein Lehrer Nagel vet'-

Schwevdar: Friedrich Robert Helnmrt. r Die Natu~ " Lwissenschaften

schaffte ibm friihzeitig die Steilung eines As- sistenten bei der siiehsischen Grad, messung, die er bis 1866 inne hatte. Naeh einem kurzen Stu- dium an der Universitiit in Leipzig erwarb er 1868 den Doktorgrad mit der Dissertation .Stu- d'ien fiber rationelle Vermessungen", die seia tiefes u ftir die Aufgaben der Geodiisie und seinen kritischen Geist verriet. Von 1869 bis 1870 beschiiftigte er sich als O~bservator der Hamburger Sternwarte mit astronomischen Arbeiten. I l n ' g a h r e 1870 erhieit er den Ruf als ordentlicher Lehrer tier Geod~ie .an die Tech- nische Hochschule in Aachen. Als General Baeger 1885 star}), wurde Helmert am 1. Januar 1886 kommissarisch mit der Leitung dos Geo- diitischen Instituts in Berlin betraut und im April 1887 zmn Direktor und ordentlichen Professor der Geodiisie an der Universitlit ernannt. Die yon dem verdienten General Baeyer, dem Griinder des Geodiitischen Institutz (1869) ins Leben gerufene ~fitteleurophische (1862) bzw. Europiiische (1867) Gradmessung, erweiterte sich in demse~ben J'ahre, in dem Helmert nach Berlin kam, zur Ynter- nationalen Erdmessung; das Geod~itische Institut wurde nach den neuen Statuten Zentra~bure~u dieser Vereinigung, so d.all Helmert auch Direk- tor dieses Zentralbureaus war. Im Jahre 1891 erhielt das Geodiitisehe Institut auf Betreiben yon Helmert auf dem Telegraphenberg bei Pots- d'am ein neubs Helm, das nach Helmerts Pliinen gebaut und in mustergiiltiger Weise fiir seine wisseuschaftlichen und praktischen Zwecke aus- gestattet wurde.

Zahlreich sind die iiulleren Anerkennungen und Ehrungen, die ihm yon der Wissensclraft, der eigenen und auswlirtigen Regierungen zuteil wurden; 26 wissenschaftliche \rereini,gungen und Akademien des In- und Ansi andes erw~ihlten ihn zum Ehren- bzw. ausw.:irtigen ,-~[i~gliede. Im �9 lahre 1912 erhielt er (lie grol]e goldene 3[edaille fiir Wissenschaft.

Es wiirde zu welt fiihren, wenn man hier al]e Arbeiten und Erfolge Helmerts aufz~ihlen wollte; cs sei im fo]genden nur das Wic.htigste zusammen- gefallt.

Helmert verfallte sein erstes grSlleres Werk ,,Die Ausgleichun~rechnur~g nach der .~[ethode der kleinsten Quadrate" 1872, das 1907 in zweiter, umgearbeiteter Auflage erschien. Den Grund: stein zu seinem Ruf als geodiitische Autoritiit legte er durch das Werk ,,Die matb_~matischen und physikalischen Theorien d'er hSheren Geo- diisie", das er in den Jahren 1880--1884 ver- 5ffentlichte. Durch die systematische und ~ sorg- same Durcharbeitung der Auf~,aben un, d :-~[ethoden der Geodiisie. die kritisehe Priifung des Vorhan- denen nnd das wesentlich Neue ist d.ieses Werk noch heute uniibertroffen und zum griindlichen Studium der hSheren Geod~isie unentbehrlieh. Die Probleme und Ideen, die es birgt, bilden in der l-[aupt.qaehe ~ewi,.~rmaBen das Programm der sp:,iteren Arl,eiten und Anregl,ngen Helmer!.% mit

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Heft 42. 1 19, 10. 1917]

denen die Entwickhmg und die Fortsehritte der modernen Geodi~sie verkniipft sin& t telmerts Hauptinteresse galt der Erkenntnis der Gestalt der mathematischen Erdoberfliiche, des Geoids, und im engsten Zusammenhang h iermit allen Fragea betreffend die Konstitution des Erd- kSrpers. Tells mitarbeitend, tells anregend wirkte er be:i dem Stu~tium (~er ~reriinderlichkeit des ErdkSrpers, wie sie d,urch die Lageiinderung der Rotationsachse, die Flutkr~ifte un& Elastizi- tiit des Erdmaterial~ bewirkt wird, Mit Riick- sicht auf die lmhe Bed'eutung, die der Ausbreitun.g der Erdbebenwellen fiir die Erkenntnis der Kon- stitution der Erde zukommt, sorgte er ftir die Errichtung einer seismischen Station im An- sehlull an das In,stitut.

Der erste Band seines Hauptwerks brachte einen wichtigen Fortschritt in der hypothesen- freien Bestimmung des Geoids. Wegen der leicht auszufiihrenden Breitenmessungen empfiehlt er die Bestimmung yon :Meridianprofilen des Geoids alls Lotabweichungen in Breite. Da das Geoid aus ~qeigungen gegen das Referenzelllpsoid bestimmt wird, so gleicht das Yerfahren einem Nivelle- ment, das Helmert astronomisches Nivell.ement gen.annt hat. Werden die Profile dicht genug gelegt, so geniigt ein Westostprofil iihnlicher Art, um eine graphische Darstellung des Geoids in d~m untersuchten Gebiet durch ~qiveaukurven zu konstruieren. Helmert konnte an einigen Bei- spielen (Meridian des Brockens, Schneekoppe- Ko~berg) .die praktische Verwendbarkeit seiner ]~[ethode dartun. Da hierbei die Kri'tmmung der Lotlinien noch nicht beriicksichtigt war, hat Helmert in zwei der Akademie der Wissenschaf- ten in Berlin vorgelegten Abhandhmgen (1901, 1902) ein Verfahren angegeben, k]eine Fl~ichen- stiicke des Geoids aus Lotabweichungen mit Rficksicht auf die Lotkriimmung durch Yerwen- dung der Schwerkraftmessungen zu bestimmen ur~4 dieses auf das Gebiet des Harzes angewandt:. Zur Bestimmung der ]~rdgestalt in grSl3eren Ge- bieten fiihrte Helmert das 'Verfahren der astronomisch-geod~itischen Netzausgleichung" din, das sich gegeniiber den iilteren Methoden da- dutch auszeichnet, dab die yon ibm nach Laplace benannten, aul3er in Breite such in Azim, ut und Liinge bestimmten Punkte und such schiefe Bogen verwen(let werden. Das Verfahreil ist ausfiihrlich yon Helmert dargestellt in 'der ~erSffentlichung ,,L0tabweichungen Heft I" 1886. Hiernach Wurde such . die euro- piiische Liingengradmessung in 52 o Breite im Institut bearbeitet. Unter Benutzuag .der Ergeb- nisse des 1. Heftes der ,,Lotabweichungen" konnte H e l m e r t in Nizza 1887 der Erdmessnng eine t?bersicht der bekannten Lotabweich~r~gen un:d eine erste Anniillerung ffir das System der Lot- abweichnngen im urspriinglichen Gebiet der Mit- teleuropiiischen Gradmessung geben. Dutch die ArbeiteN des Zentralbureaus unter Helmerts Lel- tung wurde das urspriingliclm Ziel der Europii-

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ischen Gradmessuzag, die Landesarbeitea zu einem Resultat bezfiglich der Erdgestalt zus~mmenzu- fassen, erst verwirklicht.

Neben diesen geometrischen Methoden widmete sich Helmert mit erhShtem Interesse der leistun,gs- fiihigeren, auf Schweremessungen beruhenden Methode, die Erdfig~r abzuteiten. E r nahm in das Arbeitsprogramm des Instituts die Pendel- beobachtungen auf, die seit der Einffihrung der handlichen v. Sterneckschen Pendel grollen "Urn- fang annahmen. Durch sorgfiilti,ge Unter- suchungen der Fehlerquellen und Konstrulctions- iiuderu,ngen wurde die ]kfethode tier retativen Schweremessung im Geodiitischen Insti tut auf eine hohe Stufe der Genauigkeit gebracht. Er regte die Bestimmung des a~so],uten Wertes der Sch~er- kraft im Institut an und gab in seinen ,,Beitr~gen zur Theorie des Reversmnspendels 1898 die t.heo- retische Grundlage hierzu. So wurde das Insti tut eine wichtige Basis fiir die Messungen der Schwer- kraft.

Das bis 1900 reich anqesammette Beobach- tun~smaterial benutzte Helmert zur Bestimmung der Konstauten der Clair~utschen Formel fiir die Abhilngigkeit der Sch~'ere yon der geographischen Breite und kam zu dem fundamentalen Ergebnis, dal] das Geoid Abweichungen yon nur etwa +-- 100 m gegen ein Umdrehungsellipsoid aufweist, dessen Abplattung 1:298,3 in naher .tJberein- s'timmung mit dem aus der PriizessionskonsCante theoretisch abge]eiteten Weft betr~dgt, Die von Helmert vorgeschlagene .5[essung der Schwere auf hoher See bestStigte dleses Resultat und er- hob die Prattsche Hvpothese der Isostasie der Erdrindc zur Gewil~heit. Es war ihm noch ver- gSnnt, seine ]etzten Untersuchuno'en fiber den Verlauf der Schwerkraft l~ings der Erdoberfliiche auf Grund des seit 1900 stark arrgehiiuften ~fa- terials yon Pendelmessungen abzuschliellen und die schSnen Ergebnisse in einer 1915 der Akadv- m.ie der Wissenschaften vorgelegten Abhandlung uns zu hinterlassen. Nach der neuen Formel ffir den Verlauf der Schwere im Meeresnive~u ist die Erde e i n dreiachsiges Ellipsoid; .die grSllere Achse der Aquatorellipse fiillt n.ahezu in den lk[e- ridian yon Ferro, die kleinere auf die Siidseite yon Vorderindien. Ihre Differenz betr~igt 230 m. Die mittlere Abplattung der Meridianellipse fin- det er in noch besserer ~,bereinstimmung mit dem theoretischen Wert zu 1 : 296:7. Die Reduktion de r Schwere auf alas ~feeresniveau wird yon ibm mehrfach, je naeh dem Zweck,-dem der gemessene Wert dienen sell, behandelt. Zur Charakteristik der MassenstSrungen fiihrte er eine komprimierte Schicht ira A[eeresniveau, die sogen: ideelle stS- rende Schicht, ein. Bedeutsam sind diexbezfig- lich seine Untersuchungen fiber die Schwere in den Alpen, die in der beriihmten A'bhandlung .,Die Schwerkraft im I-Iochgebirge" 1890 ent- halten sind und tier Ge01ogie neue (}esichtspunkte zur Erkenntnls der Konstitution der Erdrir/de lieferu, In dieser Arbeit ist zuni ersten ]~[al d, ie

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strenge Reduktion eines Nivellements mit H i l f e der Sehwerkras c~ureh,gefiihrt.

Die isostatisehe Redukt ion der Sehwere und die Theorie des Gleichgewiehts der Erdrin,de (Isostasie) hat ihn in mehreren Abhandlungen ganz besonders beschiif t igt; es sei nur auf seine schSnen Ergebni,sse fiber den Ver lauf der Schwer- kraf t an den Kfisten und die Bostimznung der Tiefe der isostatischen Ausgleichsf]iiche zu 120 km hingewiesen. Die wesentlichen For t - sehrit te auf dem Gebiete der Sehweremessung sind in einem grSBeren Art ikel ,,Die Schwerkraf t uad die ]~assenvertei lung der Erde" in der Enzy- klopiidie der math. Wi.ss. Bd. VI yon ihm zusam- mengefal3t.

Zwei kritische Abhandlungen (1906, 1911) sind der GrSl3e der E rde gewidmet.

]3ei seinem lebhaften Interesse fiir die Ver~inder- ]iehkeit ,des :ErdkSrpers nahm er hervorragenden Anteil an dem gr~Jl3tenUnternehmen.der In ternat io- nalen Erdmessung. der Beol)achtung und dem Stu- dium der Schwankungen der Rotationsachse. Er schuf die Grundlagen ffir die numerische Ablei tnng der Polbahn und fSrderte d.as Problem dutch An- regung und Erwe i t e rung der Organi ,~t ion der Beobachtungen. Auch dem Studium der Defor- mation und Elnstizit~t der Erde war er jederzeit fSrderlich.

t t e l m e r t zeigte fiir al le Fra~reu auf mathe- matisch-naturwi.~ensehaft l iehem Gebiet lebhaftes Interesse; er hat in den ]etzten J'ahren oft br dauert, dab es ihm nicht mehr mSg]ich sei, die neuereu ,~fethodcn un4 Probleme der Mathemat ik und Physik genauer zu studieren, lm Gespr~i(.h wirkte er aul3erordentlich anregend, uud stets war er bemiiht, (lie I(leen anderer, namentl ich die Setb- standi~keit ,Tfmgerer zu unterstfitzen. Seine schnel]e Anffassun~sgabe und sein Sinn ff~r pein]iche Ordnung er]eiehterteh ihm nehen seinen x~,i~ssenschaftlic.hen Arbei ten die Fiihrut~g der um- fangreieheu Gesehiifte des Ius t i tu ts und des Zen- tralbureaus. Er war rol ler Giit.e und )~[ensehen- liebe und suehte iiberall zu helfen; seine sym- pathische PersSnl iehkei t erwarb ihm in weiten Kreisen Zuneigung und X~erehrung und siehert ibm eine treue und dankbare Er innerung.

Besprechungen. Mehmke, Rudolf, Leitfaden zum graphisehen Reehnen.

Sammlung mathematisel!-physikali~eher Lehrbiieher, herausgegeben von E. J a h n k e . Leipzig und Berlin, B. G . Teubner, 1917. VII L 152 S., 121 Figuren und-1 Kurve. 'Pre is geh. M. 4,80, geb. M. 5,40.

Der Leitfaden zerfRllt in zwei }Iaupt~ile: I. Ge- wGhnliche Rechnungen und Aufl~sung yon Gteiehungen. II. Integration und Differentiation. Jeder yon beklen ist untert~ilt 4n A. Anwendung gewShnl.ieher, B. log- ar~thmi~cher MaBst/tbe.

Die in I A entwiekelten Verfahren laufen prak- tiseh auf Seileeke und Zerlegung yon Vektoren naeh vorg~sehriebenen Riehtungen hinaus. Die AuflSsung linearer Gleiehungen wird von vornhorein in diesem Sinne gedeutet, wobei im Falle yon 3 und mehr Un-

B e s p r e e h u n g e n . I" Die Natur- Lwissensohaften

bekanntea die darstellende Geometrie d~ Raumes yon 3 und mehr Dimensionen benutzt wird. Anhangsweise, vermutlich weil es sieh dieser Betrachtungsweise nicht einordnet, wird sodann dab Lillsehe Verfahren zur AuflGsung algebraiseher Gleichungen dargestellt und auf quadratisehe Gleiehungen insbeson, dere angewandt.

Die in I B entwiekelte Methode der logarithmisehen Ma~tiibe verwendet an Stelle yon x, y i~re Log- aritkmen ~, I1. betrachtet also an Stelle tter liblichen graphischen Darstellung yon y = [ (x) diejenige yon TI -- log f(e"). Dadurch wird zuniich~t das . logari th- misehe Bild" vou y = a x m zu einer Geraden, ~1 = a -'}- m ~. Das logarithmisehe Bild einer ganzen Funkt,ion y = at xmt -~- a.~ .92mi "7~ . �9 . gewinnt man aus den geraellinigen Bildetn der Einze}glieder d u r e h eine graphisehe ttbertragung der G~ul~sclaen Addi~ions- und Subtraktionstafel, ira wesentliehen roittels des Iog- arithmi,sehen Bilde~ der Funktion y = 1 Jr" x, das dem Buch als besonderer Tafelanhang beigegeben ist. Die Behandlung yon Gleiehungen mit mehreren Unbekann- ten benutzt wiederum die darstellende Geometrie yon 3 und mehr Dimensionen un,.1 sttitzt sieh auf die ein- lathe Tat~aehe, dal3 das logarithmi,sehe Bild yon z = a x m y n e i n e Ebene ~ = a dl- nz ~ Zl- n r I i~t.

Anhangsweise werden die geometrisehen Eigen- .~ehaften der logarithmisehen Bilder, insbesondere die Bedeutung einfaeher Transformat,ionen, wie Parallel- versehiebung, Spiegelung, Affinit';it u~v. untersueht, wobei die zuvor gewoanenen Ergebnisse wesentlieh rertieft und in~besondere [fir drei- und viergliedrige Gleiehungen halbmeehanisehe elegante AuflGsung,~ver- fahren ge~vonnen werden.

Absehnitt I I A bringt die hinreichend bekannten Verfahr.en zur graphi,~ehen Qtmdratur (a) und Diffe- rentiation (~), sodann die Integration gewiihnlieher I)ifferentialgleiehu~gen erster (7) uml hGherer (~) Ordnung. Die letzteren werden auf S y s t e m e yon Glei- ehungea erster Ordnung zurfiekgefiihrt,' die in (~) dureh mehrdimensionale Betraehtungen und darstel- lend-geometrisehe Methoden behandelt sind. Die An- wendung logarithmiseher Mal3sK'tbe in t I B i~t nur noeh kurz skizziert. Ihre Bedeutung fiir Integrations- i,robleme reieht an diejenige for GleiehungsauflGsung anseheinend nieht heran.

Der Inhalt des Bandehens kst ein ~sehr reiehhaltiger ,nd anregender, zumal Absehnitt I mit zahlreiehen Beispielen ausgestattet ist. Mit besonderer Liebe seheint Verfa.~er den Absehnitt I B behandelt zu haben. Doch fiirehtet Referent, dab die geistige Arbeit, 4ie an die vi~llige Beherrsehung der logurithmisehen 3fethode gewandt werden mul3, dem Praktiker einen iibermal3igen Zeitaufwand verdrsaehen dfirfte. Allge- mein seheint ja, nieht zuletzt infolge der Konkurrenz der Rechenmasehinen, das graphisehe Reehnen den IIShepunkt ~einer Beliebtheit ilber~ehritten zu haben; selbst so durehsiehtige und einfaehe Methoden, wie diejenigen der graphisehea Statik, maehen vielfaeh winder reehnerisehen Verfahren Platz, obwohl bei ihnen die geometrisehe Deutung bereits dutch die Pro- blemstellung unmitte~bar gegeben und nieht naehtr';ig- lieh untergelegt i~t.

Dagegen ~ollte das Bueh um des Absehnitts II A willen sehon dem Anf~tng~r in Differential- und Inte- gralreehaung zur ErgKnzung rein reehneriseher Me- t.hoden vorgelegt werden. Aueh heute noeh ist der Begriff des ,,Integrierens" in ganz ungerechtfertigtem MaBe mit demjenigen umfangreicher Rechnerei und mehr oder meier weniger methodiseh verst'~ndlieher Umformun.g~kunst~tiicke verbunden. Was z.. B. ill