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V.i.S.d.P: Corinna Hölzel Stand: 03/2010 Auf frischer Tat ertappt Nestlés Beitrag zur Zerstörung von indonesischem Re- genwald und Orang-Utan-Gebieten DER TATORT: Die indonesischen Regenwälder Indonesien hat gegenwärtig die höchste Abholzungsrate weltweit. Ein jährlicher Waldverlust von 2% hat Indonesien einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde einge- bracht. Die Zerstörung von tropi- schen Regenwäldern für Ölpalmen- und Holzplantagen ist eine ökologi- sche Katastrophe, die Indonesien zum weltweit drittgrößten Erzeuger von Treibhausgasen macht – nach China und den USA. In den letzten 50 Jahren wurden in Indonesien über 74 Millionen Hektar Regenwald vernichtet, eine Fläche mehr als doppelt so groß wie Deutschland. DAS MOTIV: Palmöl Die weltweite Nachfrage nach Palm- öl ist explosionsartig gestiegen. Für Lebensmittel, Kosmetika, Wasch- mittel und als „Biosprit“ findet Palmöl mittlerweile Verwendung. Aktuellen Trends zufolge wird sich die Nachfrage nach Palmöl bis 2030 verdoppeln und bis 2050 verdreifa- chen. DER TÄTER: Sinar Mas Der Konzern Sinar Mas ist Indone- siens größter Palmölproduzent. Zum Sinar Mas Imperium gehören be- reits 406.000 Hektar bestehende Ölpalmenplantagen. Die Sinar Mas Gruppe hat mit 1,3 Millionen Hektar die größten Expansionspläne in den unberührten Urwaldgebieten in Pa- pua und Kalimantan. Das heißt weitere Entwaldung von Torfmooren und Vernichtung von Orang-Utan-Gebieten. Angesichts dieser dramatischen Umwelt- und sozialen Praktiken hat der Konzern Unilever im Dezember 2009 seinen 30 Millionen US Dollar Vertrag mit der Sinar Mas Gruppe gekündigt. Sinar Mas Konzession in West-Kalimantan: Wert- volle Torfwälder werden gerodet, 2009 ©Greenpeace/ Edy Purnomo DER KOMPLIZE: Nestlé Nestlé ist der größte Lebensmittel- konzern der Welt. Täglich werden mehr als eine Milliarde Produkte verkauft. Die Firma ist ein großer Abnehmer von Palmöl - mit stei- gender Tendenz. Laut eigener Aus- sage hat sich der Palmöl-Verbrauch von Nestlé in den letzten Jahren auf 320.000 Tonnen verdoppelt, die für die Herstellung namhafter Produkte verwendet werden, darunter der Schokoriegel Kitkat. Alle fünf Minu- ten werden soviele Kitkat-Riegel produziert, dass man mit den auf- einander geschichteten Riegeln den Eiffelturm nachbauen könnte. Nest- lé bezieht Palmöl von Sinar Mas. Aber auch in anderen Produkten kann Palmöl aus Urwaldzerstörung landen: In Lindt-Schokolade, Bahl-

FS Auf frischer Tat ertappt - greenpeace.de · V.i.S.d.P: Corinna Hölzel Stand: 03/2010 net Nestlé als Teil ihres weltweiten Kundenstamms. In Indonesien kauft Nestlé Palmöl-produkte

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V.i.S.d.P: Corinna Hölzel Stand: 03/2010

Auf frischer Tat ertappt

Nestlés Beitrag zur Zerstörung von indonesischem Re-

genwald und Orang-Utan-Gebieten

DER TATORT: Die indonesischen Regenwälder

Indonesien hat gegenwärtig die höchste Abholzungsrate weltweit. Ein jährlicher Waldverlust von 2% hat Indonesien einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde einge-bracht. Die Zerstörung von tropi-schen Regenwäldern für Ölpalmen- und Holzplantagen ist eine ökologi-sche Katastrophe, die Indonesien zum weltweit drittgrößten Erzeuger von Treibhausgasen macht – nach China und den USA. In den letzten 50 Jahren wurden in Indonesien über 74 Millionen Hektar Regenwald vernichtet, eine Fläche mehr als doppelt so groß wie Deutschland. DAS MOTIV: Palmöl Die weltweite Nachfrage nach Palm-öl ist explosionsartig gestiegen. Für Lebensmittel, Kosmetika, Wasch-mittel und als „Biosprit“ findet Palmöl mittlerweile Verwendung. Aktuellen Trends zufolge wird sich die Nachfrage nach Palmöl bis 2030 verdoppeln und bis 2050 verdreifa-chen. DER TÄTER: Sinar Mas Der Konzern Sinar Mas ist Indone-siens größter Palmölproduzent. Zum Sinar Mas Imperium gehören be-reits 406.000 Hektar bestehende Ölpalmenplantagen. Die Sinar Mas Gruppe hat mit 1,3 Millionen Hektar die größten Expansionspläne in den unberührten Urwaldgebieten in Pa-pua und Kalimantan. Das heißt weitere Entwaldung von Torfmooren und Vernichtung von Orang-Utan-Gebieten. Angesichts

dieser dramatischen Umwelt- und sozialen Praktiken hat der Konzern Unilever im Dezember 2009 seinen 30 Millionen US Dollar Vertrag mit der Sinar Mas Gruppe gekündigt.

Sinar Mas Konzession in West-Kalimantan: Wert-volle Torfwälder werden gerodet, 2009 ©Greenpeace/ Edy Purnomo

DER KOMPLIZE: Nestlé Nestlé ist der größte Lebensmittel- konzern der Welt. Täglich werden mehr als eine Milliarde Produkte verkauft. Die Firma ist ein großer Abnehmer von Palmöl - mit stei-gender Tendenz. Laut eigener Aus-sage hat sich der Palmöl-Verbrauch von Nestlé in den letzten Jahren auf 320.000 Tonnen verdoppelt, die für die Herstellung namhafter Produkte verwendet werden, darunter der Schokoriegel Kitkat. Alle fünf Minu-ten werden soviele Kitkat-Riegel produziert, dass man mit den auf-einander geschichteten Riegeln den Eiffelturm nachbauen könnte. Nest-lé bezieht Palmöl von Sinar Mas. Aber auch in anderen Produkten kann Palmöl aus Urwaldzerstörung landen: In Lindt-Schokolade, Bahl-

Spendenkonto Postbank, KTO: 2 061 206, BLZ: 200 100 20

Greenpeace ist vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt. Spenden sind steuerabsatzfähig.

sen Keksen, der Prinzenrolle, Toffi-fee, in Maggi-Produkten, in Nivea Hautcreme, Kosmetik von Schwarz-kopf und in Waschmitteln wie Frosch, Persil, Spee und Terra Ak-tiv. DIE OPFER: Gemeinschaften Die Anlage von Plantagen ist oft verbunden mit sozialen Konflikten. Im indonesischen Palmölsektor gibt es mehr als 500 Konflikte, dabei geht es vor allem um die Frage, wem das Land gehört. Die Vernich-tung der ursprünglichen Regenwäl-der und die folgenden Monokulturen zwingen die lokalen Gemeinschaften dazu, ihre Lebensweise zu verän-dern und macht sie abhängig von Großkonzernen. Orang-Utans Orang-Utans sind „Waldmenschen“, ihre Heimat sind die tropischen Re-genwälder auf Borneo und Sumatra. Die Abholzung dieser Wälder ist die Hauptursache für den starken Rückgang der Bestandszahlen des Orang-Utans in den letzten Jahren.

Jüngsten Schätzungen zufolge gibt es in freier Wildbahn auf Borneo zwischen 45.000 und 69.000 Orang-Utans und nur noch 7.300 Orang-Utans auf Sumatra.

Urwaldzerstörung für Plantagen ist eine der Hauptursachen für das Aussterben der Orang-Utans auf Borneo und Sumatra © BOS

Das Umweltprogramm der Verein-ten Nationen (UNEP) stuft die Orang-Utans auf Borneo als „stark gefährdet“ und die Orang-Utans auf Sumatra als „vom Aussterben be-droht“ ein. 2008 verglich Greenpeace zwei Kar-ten: Eine Verbreitungskarte der Orang-Utan-Habitate auf Borneo und eine Karte mit den Konzessio-nen von Sinar Mas. Die Untersu-chung zeigte, dass Orang-Utan-Habitate und Sinar-Mas-Konzessionen nicht nur überlappen, sondern dass der Lebensraum der Orang-Utans auch bereits zerstört wurde. Das Klima Die Zerstörung der Wälder ist eine der Hauptursachen des Klimawan-dels. Jedes Jahr werden bei der Zerstörung und Brandrodung indo-nesischer Torfmoore 1,8 Milliarden Tonnen klimaschädlicher Gase frei-gesetzt – das sind 4 % der weltwei-ten CO2-Emissionen auf nur 0,1 % der globalen Landfläche. Greenpeace schätzt, dass die Zer-störung der Torfwälder für Ölpalm-plantagen durch Sinar Mas in einer einzigen Provinz (Riau) auf Sumatra 2,5 Millionen CO2 verursacht. Das entspricht den durchschnittlichen jährlichen Emissionen von fast einer halben Million Autos. Obwohl in Indonesien das Abbren-nen von Waldgebieten seit 1999 verboten ist, ist Brandrodung in-nerhalb der letzten Jahrzehnte gän-gige Praxis. Greenpeace hat wie-derholt Brandrodungen auf Konzes-sionsflächen von Sinar Mas doku-mentiert.

Nestlé und die Kette der Zerstö-rung Als ein wichtiger Abnehmer des Palmöls von Sinar Mas macht sich Nestlé der Zerstörung von Torfwäl-dern und Orang-Utan-Gebieten mit-schuldig. Sinar Mas selbst bezeich-

V.i.S.d.P: Corinna Hölzel Stand: 03/2010

net Nestlé als Teil ihres weltweiten Kundenstamms. In Indonesien kauft Nestlé Palmöl-produkte direkt von der Sinar-Mas-Gruppe. In anderen Ländern bezieht der Lebensmittelkonzern Sinar-Mas-Palmölprodukte über Zwischen-händler wie Cargill. Greenpeace Un-tersuchungen ergaben, dass Cargill Palmöl hauptsächlich nach Indien, in die Niederlande, nach Italien und nach Deutschland verschifft. Das Chocoladenwerk Hamburg, wo der Schokoriegel Kitkat hergestellt wird, wird von der Firma IOI, einem weiteren wichtigen Palmölproduzen-ten, beliefert. Greenpeace konnte aufzeigen, dass IOI im Jahr 2009 mehrere Schiffsladungen mit Sinar Mas Palmöl erhalten hat.

Sinar Mas: Urwaldzerstörung in der Nähe des National-parks Danau Sentarum, West-Kalimantan, 2009 ©Greenpeace/ Edy Purnomo

Nestlé gibt vor, sich für Umwelt-schutz und Klimaschutz einzuset-zen. Die Unternehmensphilosophie besagt, dass die Lieferanten bevor-zugt werden, die sich um Nachhal-tigkeit bemühen. Im April 2009 hat Nestlé Greenpeace gegenüber ver-sichert, allen Lieferanten ihre An-forderungen an Nachhaltigkeit mit nicht verhandelbaren Prinzipien ge-schickt zu haben. Ein Prinzip von Nestlé ist, dass die Lieferanten ge-setzeskonform handeln müssen. Greenpeace hat jedoch wiederholt Beweise für illegale Aktivitäten von Sinar Mas dokumentiert. Indem Nestlé weiterhin Palmöl von Sinar

Mas kauft, verletzt der Konzern sei-ne eigenen Standards. Greenpeace fordert: Die großen Produzenten von Palmöl sind verantwortlich für die Auswir-kungen ihres Handelns. Auf Druck von Umweltgruppen gründeten mehrere Unternehmen 2004 den Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO). Sowohl Nestlé als auch Sinar Mas Unternehmen sind Mitglieder des RSPO. Das Zertifizie-rungssystem ist jedoch schwach und die Mitglieder des RSPO halten selbst diese eigenen, schwachen Regeln nicht ein, sondern zerstören weiterhin wertvollen Urwald. Es langt bei Weitem nicht, sich auf den RSPO zu verlassen, denn die Mit-glieder im RSPO tun nicht genug, um den Urwald in Indonesien zu schützen. Mit dem bloßen Verweis auf den RSPO nimmt Nestlé seine Verantwortung für Umwelt- und Klimaschutz nicht ernst. Greenpeace fordert von Nestlé und anderen Palmölverarbeitern, ihre Geschäftsbeziehungen mit der Sinar Mas Gruppe zu beenden. Alle direk-ten und indirekten Verträge mit Si-nar Mas müssen gekündigt werden. Nestlé soll sich außerdem gegen-über der indonesischen Regierung für einen Stopp der Entwaldung in Indonesien und für ein Moratorium auf die weitere Umwandlung der Torfwälder in Plantagen einsetzen.