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Führungsfragen und Arbeitsformen in der anthroposophisch-medizinischen Bewegung

Führungsfragen und Arbeitsformen in der … · Führungsfragen und Arbeitsformen in der anthroposophisch-medizinischen Bewegung Herausgegeben von Michaela Glöckler und Rolf Heine

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Führungsfragen und Arbeitsformen in der anthroposophisch-medizinischen Bewegung

Führungsfragen und Arbeitsformenin der anthroposophisch-medizinischen Bewegung

Herausgegeben von Michaela Glöckler und Rolf Heinefür die Internationale Koordination Anthroposophische Medizin / IKAM

Verlag am Goetheanum

Der Verlag am Goetheanum im Internet: www.vamg.ch

Umschlaggestaltung von Wolfram Schildt, Berlin, unter Verwendung XX

© Copyright 2015 by Verlag am Goetheanum, CH–4143 Dornach Alle Rechte vorbehalten

Satz: Höpcke, HamburgDruck und Bindung: Druckhaus Nomos, Sinzheim

ISBN 978-3-7235-xxxx-x

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Inhalt

Vorwort zur vierten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Vorwort zur ersten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Einleitung –Auf dem Wege zu einer Führungskultur mit «Herz» . . . . . . . 15

Gründungsintention und Arbeit der Medizinischen Sektion am Goetheanum Michaela Glöckler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

Impulse, die nicht auf den Egoismus bauen . . . . . . . . . . . 20Die Schwelle zur geistigen Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27Moralische Techniken für soziales Engagement . . . . . . . . 29Die Raphael-Imagination als Inspirator ärztlich-therapeutischen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32Zukunftsperspektiven für die Arbeit und die Frage nach den Qualitäten der von Rudolf Steiner intendierten Zweiten und Dritten Klasse der Freien Hochschule . . . . . 38Arbeit und Ziele der Medizinischen Sektion . . . . . . . . . . . 41Wie kann ein christlicher Führungsstil gelingen? . . . . . . . 44Gegenbilder menschenwürdiger Führungspraxis . . . . . . . 48Die von Rudolf Steiner veranlagten Arbeitsprinzipien . . . 49Zentrum und Peripherie der Medizinischen Sektion – der entscheidende Wechsel der Perspektive . . . . . . . . . . . 52Das Hochschulkollegium heute – seine Berufungs- und Abberufungspraxis . . . . . . . . . . . . . 54Finanzierungswege in der Hochschule am Beispiel der Medizinischen Sektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Vom Filderkreis zur Internationalen Koordination Anthro posophische Medizin / IKAM Michaela Glöckler . . . . 57

Berufungspraxis der IKAM-Koordinatoren . . . . . . . . . . . 57Zur Arbeitsfähigkeit und Effizienz von IKAM . . . . . . . . . 60Weshalb individuelle Repräsentanten und nicht Kollegien für die Leitung der einzelnen Koordinationsfelder?. . . . . . 62

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Fragen und Antworten zu unserem Leitungskonzept Rolf Heine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

Verantwortungsstrukturen und Arbeitsinstrumente der Medizinischen Sektion – eine Übersicht . . . . . . . . . . 76

Die Arbeitsfelder der Internationalen Koordination Anthroposophische Medizin (IKAM) und ihre meditativen Impulse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

Konferenz der Vorstände Anthroposophischer Ärzte-gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87IVAA – Internationale Vereinigung Anthroposophischer Ärztegesellschaften – Koordination . . . . . . . . . . . . . . . . 89Internationale Koordination Anthroposophische Arzneimittel / IMKA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94International Association of Anthroposophic Pharmacists (IAAP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Internationaler Forschungsrat / Research Council . . . . . . 100 Internationale Koordination Anthroposophische Medizin – Freie Hochschule für Geisteswissenschaft . . . 102 Das Internationale Jungmedizinerforum . . . . . . . . . . . . 104Innere Entwicklung im eigenen Beruf – Vom Weg mit den Mantren des Jungmedizinerkurses . . . 110Koordination Kliniken und die Entwicklung der Marke Anthromed . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120Anthroposophische Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122Internationale Koordination Psychotherapie . . . . . . . . . 129Heilpädagogik und Sozialtherapie – Grundlagen – Strukturen – Perspektiven . . . . . . . . . . . . 142Heileurythmie / Eurythmie-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . 151Anthroposophische Kunsttherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . 162Gedanken zum Spruch Rudolf Steiners «Schau in deiner Seele Leuchtekraft» aus dem Blick - winkel der Therapeutischen Sprachgestaltung . . . . . . . . 167Meditativer Umgang mit von Rudolf Steiner gegebenen Sprüchen für die Sprachgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 170Aus der meditativen Praxis der Maltherapie . . . . . . . . . . 171Meditationen für die anthroposophische Musiktherapie 172Meditatives Arbeiten für den Plastiker . . . . . . . . . . . . . . 174Anthroposophische Körpertherapie . . . . . . . . . . . . . . . . 178

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Anthroposophische Hebammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185Internationale Koordination Anthroposophische Heilpraktiker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186Koordination Ernährungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189Internationale Koordination Ärzteausbildungen . . . . . . 191Internationale Koordination Anthroposophische Fachärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192Anthroposophische Zahnärzte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195Arbeitsgruppe der nationalen Verbände und Gesamt- Repräsentanzen für Anthroposophische Medizin – Group of National Coordinators for Anthroposophic Medicine / GNCAM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198Internationale Koordination für Alterskultur und Altenpflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200European Federation of Patients’ Associations for Anthroposophic Medicine (EFPAM) . . . . . . . . . . . . . . . 204Koordination Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . 207Gemeinsames Arbeiten an einem «Brevier» . . . . . . . . . . 209

Entwicklungsschritte der Medizinischen Sektion am Goetheanum im Werdegang der Anthroposophischen Medizin – in Etappen von je 12 Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . 222

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227Zur Finanzierung der Medizinischen Sektion . . . . . . . . . . . 231Rundbrief der Medizinischen Sektion, Sommer 2014 . . . . . 232Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

In Dankbarkeit gewidmet:

Erika von Arnim (1918 – 2007) Rita Leroi (1913 – 1988) Rudolf Grosse (1905 – 1994)Thomas McKeen (1953 – 1993)Bernard Lievegoed (1905 – 1992)Margarete Kirchner-Bockholt (1894 – 1973)

Heilsam ist nur, wennIm Spiegel der Menschenseele

Sich bildet die ganze Gemeinschaft; Und in der Gemeinschaft

Lebet der Einzelseele Kraft .

Motto der Sozialethik, 5. November 1920*

* Aus: Steiner, R.; Maryon, E.: Briefwechsel – Briefe – Sprüche – Skizzen 1912 – 1924 (GA 263/1). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1990.

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Vorwort zur vierten Auflage

Seit dem Erscheinen dieses Buches Ostern 2010 haben uns erfreu-lich viele Fragen zum Inhalt, aber auch Anregungen zum besse-ren Verständnis erreicht. Dies hat uns motiviert, das Buch für die vierte Auflage gründlich zu überarbeiten. «Uns» bedeutet: die Mitglieder der Internationalen Koordination Anthroposophische Medizin / IKAM, die für diese Schrift verantwortlich zeichnen. Warum ist es uns wichtig, das positive Anliegen der hier darge-legten Führungsfragen bzw. Arbeitsformen zu beschreiben? Zum einen handelt es sich dabei um ein Stück lebendige Geschichte der anthroposophisch-medizinischen Bewegung, sozusagen ihr «Organigramm», so wie es seit 1988 auch international Gestalt angenommen hat. Zum anderen wird dadurch unser Bemühen deutlich, die von Rudolf Steiner auf der Weihnachtstagung von 1923 / 1924 für die anthroposophische Bewegung veranlagte Arbeitsweise zu realisieren. Marie Steiner schrieb in ihrem Vor-wort zur Buchausgabe dieser Weihnachtstagung, dass das Ganze der darin dokumentierten Verhandlungen ein Schulungsweg sei in Sachen Versammlungsführung und der Behandlung gesellschaft-licher Probleme.1 So lag es nahe, diesen Ansatz auch für die sozi-alen Gestaltungsprozesse der anthroposophisch-medizinischen Bewegung aufzugreifen. Diesen Schulungsweg ernst zu nehmen und dessen mögliche soziale Strahlkraft zu erproben, wurde uns dadurch zur Aufgabe und hat uns immer wieder neu in der Arbeit begeistert.

Gerne haben wir daher in diese Neuauflage auch Fragen und Gesichtspunkte aufgenommen, die sich aus zahlreichen Gesprä-chen und Briefen im Mitarbeiterzusammenhang der anthroposo-phisch-medizinischen Bewegung ergeben haben. Sie sind in dem dadurch neu hinzugekommenen Kapitel «Fragen und Antworten zu unserem Leitungskonzept» zusammengestellt. Wir hoffen, dass dadurch auch noch deutlicher werden kann, inwiefern eine inter-nationale Arbeitsgemeinschaft, die helfen und heilen will, soziale Formen braucht, die diesem Impuls entsprechen. Das oben zitierte

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«Motto der Sozialethik» hat sich dabei als Grundorientierung erwiesen. Denn erst, wenn die individuellen Beiträge der einzel-nen Mitarbeiter in den Organisationen und Institutionen so aufge-nommen werden, dass diese Mitarbeiter nicht nur ihr Bestes geben können, sondern dabei auch von der Gemeinschaft unterstützt werden, entsteht eine heilsame und inspirierende Sozialkultur. An einer solchen immer wieder neu zu arbeiten ist unser Anliegen.

Um jedes Kapitel auch für sich genommen verständlich zu hal-ten, haben wir es in Kauf genommen, einige Motive mehrmals zu erwähnen. In den Kapiteln zu den berufsspezifischen Meditati-onen haben wir jeweils den vollen Wortlaut wiedergegeben und weitgehend auf Seitenverweise verzichtet. Entsprechend werden auch einige Motive im Text der anderen Kapitel wiederholt aufge-griffen, damit sie in sich besser lesbar und verständlich sind.

Wir danken allen Kollegen und Mitarbeitern, die uns zu dieser Neuauflage angeregt haben. Sehr herzlich danken wir auch unse-rer Lektorin Ute E. Fischer und dem Verlag am Goetheanum für seine Unterstützung.

Für die Internationale Koordination Anthroposophische Me -dizin / IKAM

Michaela Glöckler und Rolf HeineMedizinische Sektion am GoetheanumJohanni 2015

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Vorwort zur ersten Auflage

Mit den vorliegenden Ausführungen möchten die Herausgeber – die Internationale Koordination Anthroposophische Medizin / IKAM – eine Standortbestimmung vornehmen, an welcher Stelle die anthroposophisch-medizinische Bewegung in ihrer Entwick-lung gerade steht.

Rolf Heine – Koordinator für Krankenpflege in der IKAM – hat das Organigramm der anthroposophisch-medizinischen Bewegung entworfen. Dieses wurde von Mitarbeitern aus aller Welt gegengelesen und im IKAM-Kollegium weiterbearbeitet und verabschiedet.

Auch wenn zunächst die Absicht war, diese Arbeit nur für den internen Gebrauch vorzunehmen, zeigte sich bald, dass sie auch für andere anthroposophisch arbeitende Berufsbewegungen inte-ressant sein kann, denn es schöpfen die mit Führungs- und Lei-tungsaufgaben in den verschiedenen Bereichen anthroposophi-scher Kulturarbeit beauftragten Menschen aus denselben Inspira-tionsquellen.

So entschlossen wir uns, diese Arbeit auch im Hinblick auf den 150. Geburtstag Rudolf Steiners zu publizieren. Denn Stei-ners Lebenswerk umfasst nicht nur seine Schriften und veröffent-lichten Vorträge, sondern birgt auch ein soziales Bauwerk, ein Organigramm für eine international kooperierende Initiativge-meinschaft, die sich für Spiritualität in Forschung, Lehre, Berufs- und Lebenspraxis einsetzt. Dieses am Beispiel der anthroposo-phisch-medizinischen Bewegung sichtbar zu machen ist unser Anliegen. Deshalb integrieren wir auch Kurzbeiträge zur medi-tativen Arbeit aus der beruflichen Praxis. Außerdem entschlos-sen wir uns, die Kapitel zur Medizinischen Sektion innerhalb der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft aus der Goetheanum-Broschüre2 für diesen Zweck umzuarbeiten.

Wir hoffen, dass die Lektüre dieser kleinen Schrift mithelfen wird, die Bedeutung Rudolf Steiners als Inaugurator von Arbeits-weisen zu erkennen, in denen sich die friedensstiftenden Prinzipien

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geistiger Führung mit den Notwendigkeiten der heutigen Arbeits-welt konstruktiv ergänzen.

Allen, die dazu beigetragen haben, diese Publikation auf den Weg zu bringen, sei an dieser Stelle herzlichst gedankt!

Wir freuen uns über Kommentare und Anregungen.

Michaela Glöckler und Rolf Heine Medizinische Sektion am GoetheanumOstern 2010

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Einleitung – Auf dem Wege zu einer Führungskultur mit «Herz»

Michaela Glöckler

Als Teil der anthroposophischen Kulturinitiativen ist die an -throposophisch-medizinische Bewegung ein Kind des 20. Jahr-hunderts. Begründet von dem österreichischen Philosophen und Anthroposophen Dr. phil. Rudolf Steiner (1861 – 1925) und der holländischen Ärztin Dr. med. Ita Maria Wegman (1876 – 1943), realisiert sie den anthroposophischen Erkenntniszugang für ein spirituelles Selbst- und Umweltverständnis im Fachbereich Medi-zin. Das heißt, sie verbindet die akademisch-naturwissenschaft-liche Medizin mit den Arbeitsergebnissen der Anthroposophie.3

In sozialer Hinsicht ist die anthroposophisch-medizinische Bewegung mitbeteiligt am Schicksal der Anthroposophischen Gesellschaft und den Impulsen der von Steiner begründeten all-gemeinen anthroposophischen Bewegung mit ihrem Zentrum, der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft in Dornach / Schweiz.

1923/24 hatte Steiner im Rahmen einer Tagung in der Weih-nachtszeit – daher «Weihnachtstagung» genannt – die Anthropo-sophische Gesellschaft neu konstituiert, deren Sitz von Deutsch-land in die Schweiz verlegt und ihr die Aufgabe gegeben, die Freie Hochschule zu fördern. Außerdem richtete er Fachsektionen ein, in denen die Anthroposophie in die Praxis umgesetzt und substan-ziell wirksam werden sollte. Damit war einerseits ein definitiver Ausgangspunkt geschaffen für verschiedene, durch das Erkennt-nisgut der Anthroposophie inspirierte Berufsbewegungen. Ande-rerseits war damit aber auch die Möglichkeit gegeben, für diese Berufsbewegungen eine Führungskultur zu veranlagen.

Denn bei der Einrichtung der Fachsektionen beauftragte Rudolf Steiner die Leiter dieser Sektionen zugleich mit der Auf-gabe, «die einzelnen Zweige der anthroposophischen Bewegung zu leiten».4 Offen blieb dabei jedoch sein Leitungsverständnis. Außerdem stellt sich heute die Frage, inwiefern diese «Ur-Kon-

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zeption» den Anforderungen an eine moderne Führungskultur entspricht.

Warum hat sich Steiner beim Aufbau der Anthroposophischen Gesellschaft und der damit verbundenen Hochschule nicht kon-sequent an die in Vereinen üblichen demokratischen Spielregeln gehalten, womit er riskierte, als Gründer einer eher rückwärtsge-wandten, hierarchisch geführten Menschengemeinschaft missver-standen zu werden?

Was würde zum Beispiel im Falle der anthroposophisch-medi-zinischen Bewegung für die Begründung eines weltweit agieren-den «Internationalen Dachverbandes anthroposophisch-medi-zinischer Initiativen und Berufsverbände» sprechen, der basis-demokratisch geführt und kontrolliert wird? Dass eine große, in der Öffentlichkeit präsente Berufsbewegung Organisationsformen und Leitung braucht, ist offensichtlich. Welche Form jedoch wäre die sachdienlichste und entspräche den Gründungsintentionen?

Unter welchen Bedingungen sich eine aus geistiger Inspiration herleitende Berufsbewegung bestmöglich entwickeln kann, ist eine neue und nicht nur für die anthroposophisch-medizinische Arbeit aktuelle Fragestellung. Naheliegend ist, sich dabei entweder an dem von Steiner konzipierten Statut der Weihnachtstagung zu ori-entieren, auch wenn er selbst die Fruchtbarkeit der dort veran-lagten Leitungsformen aufgrund seines frühen Todes nicht mehr unter Beweis stellen konnte, oder andere mögliche Orientierungen zu erarbeiten.

Denn so sehr der Gedanke begeistern kann, diese von Steiner noch nicht verwirklichten, jedoch veranlagten Arbeitsformen zu prüfen und so weit als möglich zu realisieren, ebenso evident ist auch, dass dies nur gelingen kann, wenn die Mitarbeiter der an throposophisch-medizinischen Bewegung dies wollen.

Dies war die Situation, als Michaela Glöckler – in enger Abspra-che mit und unterstützt durch den Vorstand der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland und später durch die Internationale Konferenz Anthroposophischer Ärztegesellschaf-ten – im Jahre 1988 die Leitung der Medizinischen Sektion am Goetheanum übernahm. Es war seitens der Ärzteschaft ein starker Wille vorhanden, die Fortsetzung der Arbeit in innerer Verbun-denheit mit dem Goetheanum und seinen Gründungsintentionen zu gestalten. Nur war die Frage offen, wie Steiners soziales Bau-

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werk von Hochschule, Sektionen und Anthroposophischer Gesell-schaft für den Alltag dieser Berufsbewegung zugänglich gemacht werden könne.

Die hier zusammengestellten Ausführungen zeigen, wie weit wir damit gekommen sind und inwiefern sich die von Steiner ideell veranlagten Arbeitsformen für die Entwicklung tragfähiger Sozi-alstrukturen in der anthroposophisch-medizinischen Bewegung als inspirierend und lebenspraktisch erwiesen haben.

Bisher hat sich uns dabei bestätigt, was Marie Steiner 1944 im Vorwort zur Buchausgabe der oben genannten Weihnachtstagung geschrieben hat:

«Das Ganze der Verhandlungen ist für uns ein Schulungs-weg in Dingen der Versammlungsführung und der Behandlung gesellschaftlicher Probleme. [...] Es herrscht das Bestreben vor, die Dinge der Welt praktisch und sinngemäß zu vollziehen, aber sie dem Willen einer weisen Weltenlenkung unterzuordnen. Das Alltägliche wird dadurch in die Sphäre der geistigen Zielsetzung und der höheren Notwendigkeit gehoben.»5

Marie Steiner hat durch diesen Kommentar offengelegt, wie die von Rudolf Steiner veranlagten Arbeitsweisen realisierbar und inspirationsfähig bleiben. Denn werden Arbeitsweisen gesucht, durch welche die täglichen Verpflichtungen und praktischen Not-wendigkeiten «einer weisen Weltenlenkung», das heißt einer inne-ren, allen Beteiligten zugänglichen geistigen Führung, unterstellt werden, bekommt Führung die Dimension «geistiger Führung». Diese ist jedoch nötig, wenn es um die Weiterentwicklung einer Berufsbewegung geht, die sich an spirituellen Werten und Zielset-zungen orientiert. Ja, die in diesen das Führende erlebt .

Was 1921 als «Anthroposophische Medizin» in dem klei-nen «Klinisch-Therapeutischen Institut» in Arlesheim begonnen hatte, ist inzwischen eine eigenständige Therapierichtung gewor-den.6 Dabei betrifft diese erfreuliche Entwicklung nicht nur die ärztlich-fachärztlichen Bereiche, sondern auch die Gebiete der Krankenpflege, Physiotherapie, Pharmazie, Psychotherapie, Heil-pädagogik, Kunsttherapie, Heileurythmie und andere.

Seit 1986 hat sich in der anthroposophisch-medizinischen Bewegung schrittweise ein weltumspannendes Netzwerk zusam-menarbeitender Fachleute gebildet. Anlass dafür waren die zuneh-menden Reglementierungen im Gesundheitswesen, national und

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im Rahmen der Europäischen Union. Sie führten zunächst Ärzte, Hersteller und Verbraucher zu regelmäßigen Gesprächen in der Filderklinik bei Stuttgart zusammen. Bald zeigte sich jedoch, dass auch andere Fachbereiche die Zusammenarbeit suchten und brauchten.

Denn so wahr es ist, dass sich die bisherige Entwicklung der anthroposophisch-medizinischen Bewegung nicht aufgrund stra-tegischer Überlegungen oder «zentral organisiert» vollzogen hat – vielmehr sind es von Anfang an meist voneinander ganz unabhän-gige, individuelle Initiativen gewesen, welche die Anthroposophi-sche Medizin weltweit ausgebreitet haben –, so deutlich ist auch, dass eine gedeihliche Weiterentwicklung Erfahrungsaustausch, gegenseitige Absprache und Koordination braucht. Wie aber kann eine Koordinationsweise aussehen, welche die unternehmerische Initiative Einzelner so wie die von Gruppen und Verbänden nicht nur anerkennt und in ihrer Autonomie fördert, sondern zugleich auch koordiniert und damit «leitet»?

Steiners Idee von Leitung nach dem Modell der Herzfunktion (siehe Seite 47 ff.) verbindet diese sonst unvereinbaren Gegen-sätze. Denn Wissens- und Informationsprivilegien geben einer «kopf orientierten» elitären Leitungsform das typische Gepräge. «Hand- und fußorientierte» Leitungsweisen sind gekennzeichnet durch zentralistische Handhabe der finanziellen und adminis-trativen Mittel. Demgegenüber versorgt eine Führung nach dem Modell der Herzfunktion den ganzen Organismus mit Informa-tionen – und zwar aus erster Hand. Sie dezentralisiert Geld und Adminis tration und unterstützt den Aufbau einzelner Verantwor-tungsbereiche in unternehmerischer Selbstverwaltung (siehe Seite 76 ff.). Sie ist auf gegenseitige Wahrnehmung und Impulsierung sowie Vertrauen und bewussten Machtverzicht gebaut. Sie för-dert Initiative und Autonomie bei den «Geleiteten» ebenso wie Engagement und Mitdenken mit den Kernanliegen der Leitenden. Entsprechend steht in Steiners Idee von den individuell und auto-nom geleiteten Sektionen bei gleichzeitiger kollegialer Gesamt-verantwortung für die Hochschule und die anthroposophische Bewegung der Herzgedanke zentral. Bei IKAM ist das analog: hier entspricht das internationale Kollegium der Koordinatoren (siehe Seite 54 ff., 57 ff., 65 ff., 76 ff., 87 ff.) dem Kollegium der Sekti-onsleiter der Hochschule. Denn jeder Koordinator leitet «seinen»

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Bereich der anthroposophisch-medizinischen Bewegung in Eigen-verantwortung, wo immer möglich auch bis hin zur Beschaffung der finanziellen und administrativen Mittel. In der gemeinsamen Verantwortung für die Gesamtbewegung sitzt man jedoch mit der Sektionsleitung am Goetheanum zusammen und schaut über den eigenen Tellerrand in das große, gemeinsame Aufgabenfeld.

Wer bis hierher gelesen hat, mag vielleicht denken: Wie kann ein solches Ideal von Führung in der Wirklichkeit funktionieren? Wer ist «reif dazu», so etwas zu wollen beziehungsweise dessen Realisierung auf den Weg zu bringen? Die Antwort ist schlicht: Wer über Führungsfragen nachdenkt, entdeckt bald den zukunfts-weisenden Charakter von Steiners Ansatz der Selbstverwaltung, der individuelle Initiative mit kollegialer Verantwortung für das Ganze verbindet. Die Frage ist nur, ob man so arbeiten will und wie man es lernt.

Die Erfahrung in der anthroposophisch-medizinischen Bewe-gung war bisher analog dem Spruch: «Wer will, findet Wege, und wer nicht will, findet Gründe.» Und: «Wer will, orientiert sich am Gedeihen der Arbeit und der menschlichen Beziehungen. Er lernt vom Leben und gerne auch aus Fehlern.»

In den folgenden Beiträgen wird dargelegt, auf welche Weise die Intentionen Rudolf Steiners für die Leitung der anthroposo-phisch-medizinischen Bewegung bisher umgesetzt werden konn-ten und welche Konsequenzen sie für deren Arbeitsabläufe haben.

Michaela Glöckler

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Gründungsintention und Arbeit der Medizinischen Sektion am Goetheanum

Michaela Glöckler

Impulse, die nicht auf den Egoismus bauen

Die Aufgaben der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft und mit ihr auch die der Medizinischen Sektion dieser Schule haben ihren Ursprung in dem, was Rudolf Steiner den «geistigen Ein-schlag» in die hochgehenden Wogen des Materialismus im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts nennt. Diese «hochgehenden Wogen des Materialismus» brachten nicht nur technischen Fortschritt und materiellen Wohlstand für einen Teil der Menschheit, son-dern haben das soziale Elend eines anderen Teils unsäglich ver-schärft. Rudolf Steiners Antwort auf das soziale Elend vor dem Ersten Weltkrieg war 1913 die Grundsteinlegung des Goethe-anum als einer Hochschule zur Überwindung des Materialismus in Wissenschaft und Lebenspraxis. Nach dem Krieg 1919 war es die auf eine Bitte des «Waldorf Astoria»-Zigarettenfabrikanten Emil Molt in Stuttgart vollzogene Gründung der ersten Waldorf-schule. Damit hatte Steiner eine Erziehungsform veranlagt, «die nicht auf den Egoismus baut».7 1921 erfolgte dann auf die Ini-tiative Ita Wegmans und der Stuttgarter Ärztegruppe um Otto Palmer (1867 – 1945) hin die Begründung der ersten Klinisch-Therapeutischen Institute in Arlesheim und Stuttgart. Auch hier ging es um den Impuls der Selbstlosigkeit, des «Moralisch-Liebevollen» in der Medizin. Ja, Steiner nannte das Wesen einer spirituellen Medizin sogar «das wunderbarste Mittel der Erzie-hung zur Selbstlosigkeit».8 1922 schloss sich die Begründung der Christengemeinschaft an – durch eine Theologengruppe, die den geistesgegenwärtigen Anschluss an den Offenbarungsstrom des christlichen Heilsgeschehens suchte und Rudolf Steiner dafür um Hilfe bat. 1923/24 entschied sich Steiner dann, selbst die Leitung der Anthroposophischen Gesellschaft zu übernehmen als großer internationaler Fördergemeinschaft anthroposophischer Initiati-

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ven und des Goetheanum, dessen Hochschule für Geisteswissen-schaft er mit der Aufgabe versah, ein Zentrum all dieser Bemü-hungen um eine Spiritualisierung des Berufslebens zu sein. Auch richtete er Sektionen ein für Kunst, Naturwissenschaft und Land-wirtschaft, Mathematik und Astronomie, Sozialwissenschaften sowie für das Geistesstreben der Jugend und allgemeine anthro-posophische Arbeit. Die schon zuvor entstandenen Fachbereiche für Pädagogik und Medizin wurden der Hochschule eingegliedert und der Prozess der Eingliederung der Bewegung für religiöse Erneuerung und der Christengemeinschaft ideell ebenfalls ver-anlagt. In die Leitung dieser Hochschulsektionen berief Steiner Mitarbeiter, die willens waren, den Weg selbstloser Hingabe an die Impulse aus der geistigen Welt zu gehen. Zur Unterstützung dieser Bereitschaft richtete er in der allgemeinen anthroposophi-schen Sektion einen meditativen Lehrgang in Form der sogenann-ten Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft ein, der in 19 Situationsmeditationen und den dazugehörigen Erläuterungen besteht, durch die man sich auf den Weg aus dem Hier und Jetzt des bürgerlichen Alltagsbewusstseins zur Schwelle zur geistigen Welt begeben kann und darüber hinaus zum geisti-gen Urquell des Daseins.9

Dieser Weg führt von der «selbst»bezogenen Selbsterkenntnis hin zu einer Selbsterkenntnis, durch die man sich als Gott-gewollt und gottesdienlich-selbstlos tätig erleben kann. Was Rudolf Stei-ner darunter verstand, hat er einmal prägnant so formuliert: «Die wahre Meditation aber ist ein Vollziehen des geistigen Willens, der den Zeitgeist in sich trägt. Wo solche Meditation geübt wird, da vermag eine geistige Kraft in das irdische Geschehen hineinzu-wirken. Geistige Welten wollen heute in das irdische Geschehen hineinwirken, aber sie können dies nur, wenn durch menschliche Meditation Raum dafür geschaffen wird. Es geschieht dadurch etwas wie eine Aussparung im physischen Felde, in die geistige Wesen mit ihren Wirkungen sich hineinbegeben können.»10

So ist es nicht verwunderlich, dass er auf der Weihnachtsta-gung, wo es darum ging, für diesen Gesamtimpuls Goetheanum als Hochschule und Sitz der Anthroposophischen Gesellschaft die Aufgabenstellung zu skizzieren, zu den etwa 800 anwesen-den Mitgliedern sagt: «Eröffnet hat sich die Offenbarung eines Geistigen für die Menschheit. Und nicht aus irdischer Willkür,

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sondern im Anblick der großartigen Bilder, die aus der geistigen Welt heraus sich als die neuzeitlichen Offenbarungen ergaben für das Geistesleben der Menschheit, daraus ist der Impuls für die anthroposophische Bewegung erflossen. Diese anthroposophi-sche Bewegung ist nicht ein Erdendienst, diese anthroposophi-sche Bewegung ist in ihrer Ganzheit mit all ihren Einzelheiten ein Götter-, ein Gottesdienst. Und die richtige Stimmung für sie treffen wir, wenn wir sie ansehen in ihrer Gänze als einen solchen Gottesdienst.»11

Damit ist deutlich, dass die Begründung des Goetheanum als einer freien Hochschule für Anthroposophie eine Initiative Rudolf Steiners war, mit der er eine lebenspraktische Gottesdienstlichkeit für die anthroposophisch inspirierten Berufsfelder stiften wollte. Anlass für diese Initiative war die Frage Ita Wegmans gewesen nach einer Erneuerung alter spiritueller Mysterienmedizin in zeit-gemäßer Form (siehe Seite 34 ff.).

Damit war ein gewaltiger kultureller Paradigmenwechsel vollzogen. Nicht mehr nur – wie heute üblich – sollten Vertre-ter des geistlichen Berufsstandes gottesdienstlich tätig sein. Viel-mehr sollte sich jetzt jeder Berufstätige fragen dürfen, inwieweit er sich für das, was er tut, vor einer realen, göttlich-geistigen Welt verantwortlich fühlen will und kann. Spiritualität, geistige Wegsuche und Identitätsbildung ist ja nicht nur Sache des reli-giösen Berufsstandes, sondern lebt heute als tiefe Sehnsucht in jedem Menschen, wenn auch oft unbewusst. Mit einem solchen Bestreben knüpft Steiner erstmals in der Neuzeit an diese ältes-ten Mysterientraditionen an. «Mysterion» heißt aus dem Griechi-schen übersetzt «Geheimnis». Dies stand für Einweihungsriten, die geheim gehalten wurden, weil sie ohne spezielle Schulung und Vorbereitung gefährlich waren. Demgegenüber heißt das Einwei-hungswort des Christentums «Apokalypsis», d. h. Enthüllung, Offenlegung, Offenbarung. Geisterkenntnis für jeden, der sie sucht, gemäß dem Wort aus dem Johannesevangelium, das sich an jeden denkenden Menschen richtet: «Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen» (Joh. 8,23). Steiner und seine Mitarbeiter konzipierten das Goetheanum als einen Ort, der ein solches Suchen und Finden für die heutige Zeit ermöglichen sollte, sodass jeder Interessent den für seinen Beruf passenden inneren «Einweihungsweg» finden kann, um so weit

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als möglich den selbst erkannten und verantworteten Zielen zu dienen.

Steiner formuliert dies so: «Da die Freie Hochschule für Geis-teswissenschaft nicht eine Hochschule sein kann wie die gewöhn-lichen, so wird sie auch nicht anstreben, mit diesen in irgendeine Konkurrenz zu treten, oder für sie ein Ersatz sein. Man wird aber dasjenige, was man an den gewöhnlichen Hochschulen nicht fin-det, die esoterische Vertiefung, am Goetheanum finden können. Man wird da gerade das erhalten, was die Seele in ihrem Erkennt-nisstreben sucht. Dies Erkenntnisstreben kann das ganz allge-meinmenschliche sein. Für denjenigen, welcher nur dieses allge-meinmenschliche Bedürfnis hat, die Wege der Seele zur geistigen Welt hin zu finden, wird die allgemeine Sektion da sein. Sie wird für ihn eine ‹Esoterische Schule› bilden. Für denjenigen, der sein Leben in einer speziellen wissenschaftlichen, künstlerischen und so weiter Art wird orientieren wollen, werden die andern Sek-tionen bemüht sein, die Wege zu zeigen. So soll jeder suchende Mensch an der ‹Hochschule am Goetheanum› dasjenige finden, wonach er nach den besonderen Bedingungen seines Lebens stre-ben will. Eine rein wissenschaftliche Einrichtung soll also die Freie Hochschule nicht sein, sondern eine rein menschliche; sie soll aber auch den esoterischen Bedürfnissen des Wissenschaft-lers und Künstlers voll entgegenkommen können.»12

Hier entstehen nun einige Fragen, auf die im Weiteren einge-gangen wird: – Wie steht der «christliche Impuls» der Anthroposophie in der

globalen Transkulturalität?– Welches ist der «allgemeinmenschliche» spirituelle Ansatz der

Anthroposophie?– Wie kann das Goetheanum tatsächlich Zentrum einer interna-

tionalen und multikulturellen Stätte der Mysterienerneuerung sein?

– Waren die alten Mysterien nicht gerade sehr volks- und traditi-onsverbunden?

– Wie ist ein «internationales», «transkulturelles», «allgemein-menschliches» Mysterienwesen denkbar?

Es sei darauf persönlich eingegangen. Denn jeder Einzelne ist heute gefragt, wie sich seine eigene Wegsuche zu derjenigen seiner Mit-

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menschen verhält. Ohne ein solches Fragen, ohne echtes Interesse, die Wege der anderen zu verstehen, kann sich die aktive Toleranz und Friedensfähigkeit nicht entwickeln, die für den Humanisie-rungsprozess der Menschheit unabdingbar ist.

Mir hat einmal ein Schülervater in Beijing für die ganze Tragweite dieser Fragestellung die Augen geöffnet, als ich von ihm wissen wollte, weshalb er seinen Sohn einer erst vor weni-gen Jahren begründeten Waldorfschule anvertraut. Er erwiderte: Ich kenne zwar noch nicht viel von der Anthroposophie – aber was ich davon verstanden habe und an den Kindern und Lehrern als Haltung und Bemühen erlebe, zeigt mir, dass diese Art, ent-wicklungsorientiert zu denken und zu handeln, uns im heutigen China helfen wird, an unsere alten spirituellen Wurzeln wieder anzuknüpfen, aber in neuer Form. Diese Ansicht ist mir dann bei meinen Besuchen auch in anderen Städten Chinas immer wieder begegnet. Der moderne Materialismus – den Rudolf Steiner oft als seelisches Furchtphänomen charakterisierte und als geistige Krankheit bezeichnete – ist heute ein globales Phänomen. Er hat das Streben nach materiellem Gewinn, nach Geltung und äuße-rem Prestige zur herrschenden Kulturqualität gemacht. Wenn dies aber bis zu einem gewissen Grade erreicht ist, wird offen-kundig, dass solches Streben nicht ausreicht, um den Menschen auch seelisch und geistig zu ernähren und ihn zu befähigen, sich auch unter schmerzlichen und unglücklichen Lebensumständen gesund zu erhalten. Der Materialismus verfügt über keine «innere Macht», die geeignet wäre, um einem Menschenleben Ziel und Richtung zu geben. Denn für die Erhaltung der körperlichen und seelischen Gesundheit braucht es vor allem die Möglichkeit, die eigene Biographie als «Schule des Lebens» zu verstehen und die Lebensereignisse sinnstiftend zu verarbeiten. Diese innere Kom-petenz und Entwicklungsbereitschaft muss aber durch Erzie-hung und Vorbild geweckt werden. Sonst besteht die Gefahr, zu verzweifeln, auszubrennen oder in innere Leerheit zu verfallen. Daher braucht es heute einen Zugang zur Spiritualität, der eine Brücke schlagen kann zwischen der materialistischen Naturwis-senschaft und spirituellen Erfahrungen. Und weil die Anthropo-sophie gerade dieses anstrebt, kann sie diese Brücke bauen. Denn ihr Instrument ist das menschliche Denken, das zum einen Fun-dament der akademischen Forschung ist und zum anderen weiter-

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entwickelt werden kann zum Verstehen und Erkennen geistiger Zusammenhänge. Das Denken und mit ihm die Philosophie kön-nen die Werte beschreiben, die allen spirituellen und religiösen Systemen eigen sind. Es war der deutsche Philosoph Karl Jaspers (1883 – 1969), der den Begriff der «Achsenzeit» prägte. Darunter verstand er den Zeitraum zwischen 800 bis 200 v. Chr., in dem das individuelle Denken in den vier großen Kulturräumen dieser Erde entwickelt wurde und sich historisch in großen Persönlich-keiten manifestierte. In diesem Zeitraum beginnen alle Anschau-ungen und Wert-Systeme, die der heutigen Menschheit vertraut sind: In China wirkten einst Laotse und Kungfuze, die den Gedanken-Entwicklungsweg lehrten, der sich an klaren ethischen Werten wie Liebe, Genügsamkeit, Demut, Toleranz, harmonische Ordnung der Dinge und des Staatswesens orientiert und bis heute Gültigkeit hat. In Indien tritt mit Siddhartha Gautama Buddha die umfassende Lehre von Mitleid und Liebe auf und damit der bewusste Umgang mit dem Konzept der Wiederverkörperung und der Schicksalsbildung. Im Orient – Hebräer, Perser – traten die biblischen Propheten auf und Zarathustra mit dem Konzept des Kampfes zwischen Gut und Böse. Im Okzident hingegen ent-stand die griechische Philosophie von den frühen Naturphiloso-phen bis hin zu Sokrates, Platon und Aristoteles, die das ethi-sche und philosophische Fundament der europäisch-westlichen Welt bis heute prägen mit den Kardinaltugenden Gerechtigkeit, Besonnenheit, Tapferkeit, Weisheit und Frömmigkeit, die unter der Kontrolle der Vernunft, des Logos stehen. Diesem Fundament menschlicher Entwicklungsperspektiven begegnet man auch in der Anthroposophie Rudolf Steiners. Sie baut philosophisch auf dem deutschen Idealismus (Fichte, Hegel, Schelling, Schiller, Goethe) auf mit seiner konsequent individuellen Entwicklungs-orientierung an den zentralen Werten der Menschlichkeit in Form von Wahrhaftigkeit, Liebe und Freiheit. Letztlich geht es in allen vier Kulturkreisen um gewaltige Impulse der Humanisierung, um eine Erweckung des Ich, der Persönlichkeit des einzelnen Men-schen, mit dem Mittel des Denkens und dem persönlich Sich-ver-binden-Wollen mit ethischen Werten und Idealen. Davon macht auch die Anthroposophie keine Ausnahme. Sie bringt aber zu die-sen großen Wertesystemen, die in ihrer innersten Substanz ein-ander sehr ähnlich sind, die Möglichkeit der Realisierung im All-

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tag hinzu, den Bezug zur Lebenspraxis in allen Einzelheiten. Ihr Schulungsweg ist durch und durch praxisorientiert. Es geht in der Anthroposophie nicht nur darum, ein ethisch vollkommenerer Mensch zu werden. Sie vermittelt, dass jede geistige Einsicht, jede innere Tugend nur dann zum Guten führt, wenn das Leben zum getreuen Spiegel davon wird. In der Anthroposophie geht es letzt-lich immer um die Anwendung des Gelernten im Leben, um den Dienst am Menschheitsganzen. Daher hat sie auch ihren Namen: «Anthropos» heißt, aus dem Griechischen übersetzt, «Mensch», und «Sophia» bedeutet «Weisheit». Daher kann man zu Recht sagen: Anthroposophie bringt keine neuen Werte zu den in der Achsenzeit der Menschheit formulierten hinzu. Sie zeigt jedoch einen inneren Weg zu diesen Werten auf, der unmittelbar in die Lebenspraxis führt und die materialistische Naturwissenschaft, die selbst keine Ethik zu entwickeln vermag, heilsam ergänzt und tiefer verständlich macht. Dadurch wird der Abgrund über-brückt, der sich zwischen dem «Glauben und Vertrauen» an eine geistige Welt und dem «Wissen über die Dinge» der modernen Naturwissenschaft aufgetan hat. Anthroposophie versteht sich daher als Geisteswissenschaft . Sie ist keine Glaubenssache oder Religion. Rudolf Steiner fordert vielmehr von seinen Schülern: «Nicht glauben sollst du, was ich dir sage, sondern es denken.»13 Daher gibt es weltweit Menschen, die aus der Anthroposophie heraus Initiativen auf den Gebieten der Landwirtschaft, Pädago-gik, Kunst und Medizin realisieren, ganz unabhängig davon, wel-cher Religion, meditativen Praxis oder spirituellen Orientierung sie angehören. Eine anthroposophische Ärztin in Indien sagte mir einmal, dass die Anthroposophie ihr geholfen habe, ihre alte Reli-gion, den Hinduismus, besser zu verstehen, weswegen sie diese jetzt wieder tief wertschätzen könne. Dasselbe sagte mir in Japan ein anthroposophischer Architekt bezüglich des Buddhismus, den er praktiziert. Und in Ägypten, im muslimischen Kultur-kreis, formulierte es der anthroposophische Pionier und Träger des alternativen Nobelpreises, Ibrahim Abuleish, für die Weisheit des Koran und die Religion des Islam, denen er geistig verbunden ist. Mir selber ging es so mit dem Christentum. Erst mit Hilfe der anthroposophischen Geisteswissenschaft wurde mir diese Religion wirklich zugänglich. Die Beispiele zeigen: Der moderne Mensch möchte verstehen – auch was er oder sie glaubt –, sonst

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fühlt er sich nicht wohl. Es ist die Mission der Anthroposophie, konsequent dazu beizutragen, dass dies gelingen kann. Da jeder völlig frei seinen eigenen Weg sucht und geht und das Fundament des denkenden Verstehens allen Menschen gemeinsam ist, liegt in ihrem Studium auch das Potential für die so nötige umfassende Toleranz und Akzeptanz für den Andersdenkenden. Denn man versteht und respektiert dann, weshalb andere Menschen anders denken. Die Stärke der Anthroposophie liegt nicht nur in ihrem «Wissen» – das erwirbt sich jeder auf seine Weise. Ihre Stärke beruht vor allem auf der Möglichkeit, das Gelernte zu realisieren, zu tun. Daher ist «Anthroposophie tun» auch das Schlüsselwort, um welches sich auf der Weihnachtstagung alles drehte und dem das Goetheanum mit all seinen Einrichtungen dienen möchte.

Die Schwelle zur geistigen Welt

Bereits in einem öffentlichen Vortrag am 1. Mai 1919 in Stuttgart führt Rudolf Steiner aus, wie notwendig es ist, sich klar darü-ber zu sein, dass die Schwellen von Geburt und Tod Übergänge in geistige Daseinsformen des Menschen sind, zu denen auch das irdisch-zeitliche Leben in unmittelbarer Beziehung steht.14 Er legt dar, dass Lebensglück und Krisenfestigkeit eines Menschen davon abhängen, inwieweit er sich dieser Tatsache bewusst ist. Denn wer mit dem Bewusstsein lebt, dass die geistige Welt – als nachtodliches und vorgeburtliches Leben – tatsächlich existiert, kommt zu anderen Werten und Bewertungen im Verfolgen des täglichen Lebens. Er lernt den Alltag in allen Einzelheiten achtsa-mer zu gestalten und die Art des eigenen Tuns vor sich selbst und seiner geistigen Führung zu verantworten. Fehlt dieses Bewusst-sein, so geht das Verständnis für den Sinn des Lebens und für die Kostbarkeit jeder Stunde, die einem für die eigene Weiterentwick-lung und die Arbeit für andere geschenkt ist, verloren. Die Pflege von «Schwellenbewusstsein» im beruflichen und sozialen Leben hingegen weckt Sinnerleben und Verantwortungsgefühl für den Entwicklungszusammenhang, in dem man steht, und gibt dem Leben Wert und Orientierung. Dabei wird aber auch vieles «ent-schleiert» im Sinne der genannten «Apokalypsis». Sich bewusst der Schwelle zur geistigen Welt zu nähern, ist eine ernste Ange-

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legenheit – so, wie es auch Wahrheitssuche und Selbsterkenntnis sind, als Ausdrucksformen dieser Schwellennähe.15

In der esoterischen Tradition nennt man die drei entschei-denden Schritte zur Vorbereitung des bewussten individuellen Schwellenübergangs bildhaft die Feuer-, Wasser- und Luftprobe.16 Früher zur Zeit der alten Mysterien konnte man diese Proben oder Prüfungen nur in Form von Initiationsritualen im Tempel erleben. Gegenwärtig sind die inneren und äußeren Lebensumstände der meisten Menschen so, dass das Leben selber diese Prüfungen for-dert. Das Leben ist zum Mysterium geworden, dessen Sinn und Entwicklungsperspektiven zu erschließen sind. Die dadurch mög-lichen Einweihungserlebnisse «durch die Prüfungen des Lebens» betreffen das Erkenntnis-, Gefühls- und Willensleben.

Die Feuerprobe: Im Feuer ehrlicher Selbst- und Welterkenntnis verbrennt die Selbsttäuschung, mit der man sich und andere unbe-wusst vor unbequemen Wahrheiten schützen möchte.

Die Wasserprobe: In der Vertrauenskrise, die sehr oft auf eine schwere Enttäuschung über sich oder einen anderen Menschen folgt, erlebt man die Qualität der Wasserprobe, in der «nichts mehr trägt». Angesichts der damit verbundenen tiefen Verunsi-cherung, dem Wegbrechen von Anerkennung, Unterstützung und Zuspruch von innen und außen, kann man sich nur dann gesund weiterentwickeln, wenn man den Grund zum Handeln in sich sel-ber findet bzw. ganz und gar in der Sache, um die es geht. Persön-liche Sympathien können und müssen hier schweigen. Die in der Sache allein begründete Liebe zur Handlung trägt einen in dieser Situation, auch wenn man ansonsten «am Schwimmen» ist.

Die Luftprobe: Luftprobenqualität hingegen ist die Fähigkeit, die der moderne Mensch insbesondere dann braucht, wenn er kulturschöpferisch und heilsam handeln möchte. Hierfür bedarf es nicht nur der Erziehung zur Wahrhaftigkeit sich selbst und anderen gegenüber (Feuerprobenprozess) oder der Entwicklung von Menschenverständnis beziehungsweise Liebefähigkeit (Was-serprobenprozess). Dafür braucht es insbesondere die Fähigkeit der moralischen Intuition17, das heißt die Kompetenz, situativ die richtige Entscheidung zu treffen. Dies erfordert Mut, Toleranz und bedingungslose Liebe zur Freiheit, ohne die echt geistesge-genwärtiges Handeln nicht möglich ist.

Diese drei neuen Handhabungen von Denken, Fühlen und

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Wollen – auch wenn sie erst anfänglich geübt werden – lassen sozi-ales Leben zum Entwicklungsraum für alle werden. Zugleich sind es aber auch diejenigen Eigenschaften beziehungsweise Lebenshal-tungen, welche die geistige und die sinnliche Welt miteinander ver-binden, die ein bewusstes Überschreiten der Schwelle zur geistigen Welt ermöglichen.

Moralische Techniken für soziales Engagement

Angesichts der oft zutage tretenden sozialen Mangelerlebnisse ist es wichtig, die erforderlichen sozialen Kompetenzen zu benennen:

• Auf dem Gebiet des Geisteslebens braucht es die Förderung von Individualismus und persönlichem Engagement, sozusa-gen von geistigem Unternehmertum.

• Auf rechtlichem Felde bedarf es klarer Verabredungsstruk-turen und der Möglichkeit, die Arbeitsformen, in denen man steht, zu reflektieren und zum Wohle aller zu optimieren.

• Auf wirtschaftlich-sozialem Felde geht es primär um eine Kultur der Anerkennung dessen, was geleistet wird, was jeder Einzelne mit seinen individuellen Begabungen und Kompeten-zen beitragen und einbringen kann.

Werden diese drei Urbedürfnisse des modernen Menschen berück-sichtigt, so kann dem «Schwierigen» im sozialen Leben kon - struktiv begegnet werden. Es kann eine kreative Entwicklung aller anstelle des chaotischen Auseinanderdriftens der Intentionen Einzelner treten. Um eine innere Orientierung dafür zu haben, hat Steiner am 27. Dezember 1923 während der Weihnachtsta-gung drei mögliche Formen von Gemeinschaftsbildung skizziert – zwei mit horizontaler Struktur und eine die horizontalen Struk-turen vertikal kreuzende und verbindende.18

Die mit horizontalen Linien charakterisierten Arbeitsformen sind die der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft mit ihren drei Klas-sen (siehe Skizze: I, II, III, nächste Seite), von denen Steiner nur die Erste Klasse in ihrer ersten Abteilung noch selbst einrichten

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konnte. Die «vertikale» Gemeinschaftsbildung im Sektionszusam-menhang wurzelt in der Gesinnung, die tägliche Arbeit aus spiri-tueller Verantwortung zu leisten. Dazu braucht es die Autonomie und brüderliche Haltung, die in den Arbeitsformen der Anthropo-sophischen Gesellschaft und Hochschule gelernt werden können.

In den von Steiner konzipierten Statuten der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft sind deren Arbeitsformen ganz auf die Initiative des Einzelnen gebaut.19 Jedem Mitglied wird die Autonomie zuerkannt, sich einer Arbeitsgruppe anzuschließen oder sich mit anderen zusammenzutun, um eine Gruppe auf ört-lichem oder sachlichem Arbeitsfelde zu begründen.20

In der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft hingegen gibt es keine Statuten, welche die Rechte und Pflichten der Mit-

Rudolf Steiners Skizze, die er zur Verdeutlichung der Arbeitsformen von An throposophischer Gesellschaft, Freier Hochschule für Geisteswissen-schaft und den Sektionen auf der Weihnachtstagung 1923/24 erläutert

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glieder beschreiben. Steiner nennt die Hochschule vielmehr die «Seele der Anthroposophischen Gesellschaft».21 Um Hochschul-mitglied zu werden, bedarf es keiner Aufnahmeprüfung, keines Fähigkeitszeugnisses, wie dies sonst bei Hochschulen üblich ist. Es wird auch kein Mitgliederbeitrag festgesetzt wie in der Anth-roposophischen Gesellschaft. Eintrittsvoraussetzung sind viel-mehr rein menschlich-moralische Qualitäten, drei Entwicklungs-bedingungen, deren Erfüllung verbindlich anzustreben man sich selbst und der Hochschulleitung – dem Kreis der Sektionsleiter – gegenüber zusichert:

1. den anthroposophischen Entwicklungsweg eigenständig und verbindlich zu gehen,22

2. sich mit den anderen Mitgliedern der Hochschule «in Zusam-menhang zu halten»,23

3. ein Repräsentant des anthroposophischen Kulturimpulses «in allen Einzelheiten des Lebens» zu sein.24

Diese drei Bedingungen geben dem Einzelnen eine klare Orien-tierung und erzeugen die nötige Kohärenz für die Bildung von Arbeitszusammenhängen, von «Gemeinschaften freier Geister». Im Kontext dieser Betrachtung wird auch deutlich, dass es diese drei Bedingungen sind, durch die «Mysterienerneuerung» mög-lich wird. Der ganze Mensch ist gefragt: sein Denken in der indi-viduellen Wegsuche, sein Fühlen – sich den anderen in geistig-geschwisterlicher Liebe verbunden wissen – und sein Wollen: zu repräsentieren, wofür man sich entschieden hat. In seinen «Brie-fen an die Mitglieder 1924» beschreibt Rudolf Steiner diese drei Bedingungen implizit und explizit als sozialen Schulungsweg, individuell und gemeinschaftlich die Anthroposophie zur best-möglichen Wirksamkeit zu bringen.25

Interessant ist auch, dass Rudolf Steiner in all seinen Man-datierungen und Beauftragungen sich immer an einzelne Indivi-duen hielt. Wenn es zu kollegialen Strukturen kam, dann immer so, dass die Inhaber von individuellen Einzelverantwortungen zu gemeinsamem, übergeordnetem Wirken zusammen aufge-rufen waren – sowohl in der Leitung der Zweige und Gruppen der Anthroposophischen Gesellschaft als auch im Kollegium der Hochschule. Ein «esoterischer Zug» sollte die anthroposo-

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phische Arbeit prägen: «Allein dasjenige kann im esoterischen Sinne die Anthroposophische Gesellschaft begründen und hal-ten, was als reale menschliche Beziehungen vorhanden ist. So muss in der Zukunft alles auf die realen menschlichen Beziehun-gen im weitesten Sinne begründet sein, auf das konkrete, nicht auf das abstrakte geistige Leben.»26 Damit ist verdeutlicht, was man unter «Esoterik», «esoterisch» konkret verstehen kann: Die Spiritualität des Lebens in der Vielfalt seiner Wechselwirkungen und Bezüge sowie die Spiritualität menschlicher Beziehungen, wenn sie «echt» sind. Im christlichen Sinne handelt es sich um das Prinzip: «Denn wo zwei oder drei versammelt sind in mei-nem Namen, da bin ich mitten unter ihnen» (Matth. 18,20). Der Einzelne arbeitet eigenverantwortlich und ist zugleich interessiert am Beitrag der anderen. Dadurch entsteht die notwendige Durch-lässigkeit für das, was sich als höherer Auftrag und Wille aus der geistigen Welt durch die Gemeinschaft realisieren kann.

Die Raphael-Imagination als Inspirator ärztlich-therapeutischen Handelns

Am 7. Oktober 1923 entwickelte Rudolf Steiner im Rahmen sei-ner Jahreszeitenvorträge – und in Vorbereitung der Weihnachts-tagung – die Raphael-Imagination als Inspirationsquelle für das Osterfest: der Auferstandene schreitend und das Gleichgewicht haltend zwischen Luzifer und Ahriman – so wie dies auch in der Holzplastik Rudolf Steiners zum Ausdruck kommt. Raphael ist der Erzengel, der ganz im Dienst dieser Gleichgewicht schaffen-den Kräfte des Auferstandenen sein Dasein hat. Der holländische Psychiater, Heilpädagoge und Organisationsentwickler Bernard Lievegoed schrieb 1982 im Aufblick zu Raphael die Anrufung:27

Raphael !

Bruder der Menschheit – der neben uns steht

und uns Mut schenkt wo wir heilend handeln wollen –

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wo wir festgefahrenes Schicksal wieder in Entwicklung bringen wollen.

Der erlösend die Finsternis der Erde in Licht und Wärme

aufflammen lässt um seinen Stab.

Hilf uns – weil auch wir wollen

Menschenfinsternis verwandeln und Menschenlicht und Wärme

in Menschenherzen flammen lassen.

Das unausgesetzte Ringen um Gleichgewicht, um Harmonisie-rung, ist zugleich der Urquell der Gesundheit:

körperlich in der Selbstregulation des Organismus, seelisch im Willen zur Selbsterziehung, geistig in der Arbeit, das Ich als Wesenskern zum Bewusstsein seiner Freiheit zu führen und damit an den Quellpunkt der gleichgewichtschaffenden Tätigkeiten im Menschen.

Es ist dies der individuelle Aspekt der Gesundheit. Der soziale Aspekt betrifft die Harmonisierung der karmischen Verhältnisse unter den Menschen und das Wesen von Heilungen dadurch, dass problematische Beziehungen verständlich und so einer «Schick-salsheilung» zugänglich werden. Hinzu kommt der menschheit-liche Aspekt. Jeder Mensch ist Teil der gesamten Menschheit und trägt so durch sein individuelles und soziales Verhalten zum Heil oder Unheil dieses großen Entwicklungszusammenhanges bei.

Dementsprechend ist Raphael ein verborgener Erzengel. Wir wissen viel weniger über ihn als über Gabriel oder Michael. Umso erstaunlicher ist es, dass Goethe im Prolog im Himmel seines «Faust» Raphael an erster Stelle sprechen lässt und damit den Urgrund der göttlichen Harmonie und der in aller Schöpfung ver-anlagten «kosmischen Gesundheit» benennt, der jedem noch so tragischen Geschehen innewohnt.

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So erklingt es von Raphael im Prolog im Himmel:

Die Sonne tönt nach alter Weise In Brudersphären Wettgesang, Und ihre vorgeschriebne Reise Vollendet sie mit Donnergang.Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke, Wenn keiner sie ergründen mag; Die unbegreiflich hohen Werke Sind herrlich wie am ersten Tag.

(Goethe, Faust I)

An dieses Gesunde im Menschen sich zu wenden und ihm uner-schütterlich zu vertrauen ist die wichtigste raphaelische Tugend, aus der sich der von Steiner den Ärzten so eindringlich nahege-legte «Mut des Heilens»28 speist.

Ita Wegman empfand dieses Geheimnis, sie hatte diesen Mut des Heilens und den «unbesieglichen Karmawillen».29 So konnte sie auch die Frage nach der Erneuerung der medizinischen Myste-rien stellen. Von ihr niedergeschriebene Notizen davon sind – in ihrer typisch holländisch-deutschen Schreibweise – erhalten. Sie stammen aus dem Jahr 1936, ein Jahr nach der Generalversamm-lung der Anthroposophischen Gesellschaft, deren Mitglieder sie und ihre Kollegin Elisabeth Vreede von der Vorstandstätigkeit abberiefen und viele Mitglieder aus der Gesellschaft ausschlos-sen, die Freunde Ita Wegmans waren. Die damit verbundene Tra-gik klingt in ihren Worten an. Im Folgenden werden Notizen wie-dergegeben, die sie in Vorbereitung einer Ärztetagung in ihrem Klinisch-Therapeutischen Institut in Arlesheim niederschrieb:30

«Zwei Fragen [sind es], die ich Dr. Steiner stellte, ich kann sogar ganz genau die Zeit angeben, wann sie gemacht wurden. Die erste Frage in England nach Penmaenmawr / Sommerschule: Warum wird das Mysterienhafte in der Medizin nicht mehr auf den Vor-dergrund gesetzt und in eine Form gegossen? Warum müssen die medizinischen Kurse so intellektuell gegeben werden? Das musste so sein, sagt Dr. Steiner, weil die Bedingungen für das andere noch nicht da sind. Dass Sie diese Frage stellen, ist sehr wesentlich. Im Oktober/November 1923 gab er uns dann die vielen Mysterien-vorträge, die Michael-, Weihnachts-, Oster-, Johanni-Imaginati-

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onsvorträge, in denen kosmische Heilkunst behandelt wurde. Die Weihnachtstagung wurde begründet, neues Leben sprosste in die Anthroposophische Gesellschaft hinein. Und es wurde wirklich angefangen, das Medizinische anders zu gestalten. Ich erinnere Sie an die Vortrüge, an die jungen Mediziner gegeben. Das Mysterien-prinzip ist, dass man bildhaft denken lernt, dass die Geschehnisse im ganzen Weltall in Bildern aufgenommen werden, so auch das Heilen im Kosmos und das Heilen im Mikrokosmos, das nur ein Bild ist des Makrokosmischen. In Meditationen müssen die Bilder dann zusammengefasst werden.

Meine zweite Frage an Dr. Steiner war kurz vor seiner Erkran-kung im September 1924. Ich fragte: Ist es nicht möglich, eine medizinische Mysterienschule zu begründen? Die Antwort Rudolf Steiners war: Das geht so einfach nicht, das muss von der geistigen Welt gewollt sein und Menschen müssen da sein, die es empfangen wollen. Nach einigen Tagen sagte er mir, dass er den Geist Mer-kur-Raphael gefragt habe und eine bejahende Antwort bekommen habe. Ihm war die Aufgabe zugeteilt, alten Brauch zu erneuern, der einmal auf heiligen, altehrwürdigen Stätten stattgefunden hat, unter Führung Merkur-Raphaels. Mir käme die Aufgabe zu, geist-getragene Menschenseelen zu suchen, die Sinn für solches Tun haben und Gehör geben wollen den Worten Raphaels.

Wir machten dann daraufhin einen ganz kleinen Anfang. So wurde der Keim gesetzt für eine Raphael-Schule.

Meine lieben Freunde, das war bedeutungsvoll. Dasjenige, was Heilprinzipien waren in den verschiedenen Mysterien, gesammelt in einer Schule. Michael und Raphael zusammenwirkend!

Leider durfte es nicht so sein, man fühlte förmlich die Erde widerstreben. Erde und Menschen wollten eine so ungeheure Geistigkeit noch nicht. Dr. Steiner verließ dann dies Erdenwirken, selbstgewollt, seine Krankheit war nur eine Maja. Und die Men-schen blieben allein, verfielen in das alte Übel, alles intellektuell zu bewerten und vernunftmäßig zu urteilen. Die Anthroposophische Gesellschaft wurde in ihren Grundsäulen erschüttert. Karmische Zusammenhänge wurden durcheinandergebracht. Die Menschen hatten noch nicht die Reife, so viel Geistigkeit zu empfangen oder auch, und das ist das Positive im Streit und Kampf, dass, wohl ahnend, dass die Reife noch nicht da war, retardierende Kräfte, die auch oft nötig sind, sich dem Gang der Dinge widersetzten,

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um geistigen Unvollkommenheiten in der geistigen Entwicklung vorzubeugen. So sieht es aus.

… Wir haben die Sehnsucht nach einer Mysterienmedizin. Wir können dasjenige, was angefangen war, nicht so ohne weiteres fortsetzen. Wir müssen versuchen, uns wieder vorzubereiten, ein Geisterinnern in uns zu erwecken von dem, was in alten Mysterien einmal war. Was in meiner Macht steht daran mitzuhelfen, das will ich tun.

Klarmachen, wer die Wesenheit Merkur-Raphael ist.Michael hilft dem Menschen in seinem Kampf, das Naturbe-

wusstsein in Selbstbewusstsein umzuwandeln, [letzteres] herzu-stellen. Michael ist da, der geistige, der kosmische Heiler, wir-kend auf den Kopf. Merkur-Raphael steht neben dem Menschen, wirkend auf sein Atmungssystem. Wie das Flammenschwert Michaels aus kosmischem Eisen geschmiedet ist und mit dieser Kraft das Naturbewusstsein des Menschen, das heraufsteigen will, bekämpft und das Selbstbewusstsein hervorzaubert (Notiz-buch 57).»31

Aus der von Peter Selg veröffentlichten Korrespondenz unter den Jungmedizinern wissen wir, wie sehr die Frage unter den Ärz-ten lebte, was Rudolf Steiner und Ita Wegman wohl von ihnen erwarten und worauf es wirklich ankommt in der Medizin.32

Eines war und ist dabei sehr deutlich geworden: Es genügt nicht, ein guter Arzt oder Therapeut zu sein – es braucht zugleich die Bildung tragfähiger Gemeinschaften von «geistgetragenen Menschenseelen», die bereit sind, auch an der Harmonisierung ihres Schicksals zu arbeiten. Denn in den unharmonischen Schick-salsgegebenheiten wurzeln die meisten Krankheitszustände, die einen Patienten zum Arzt führen. Daher liegen in der Bildung therapeutisch wirksamer Gemeinschaften auch starke heilende Wirkungsmöglichkeiten verborgen. Den Anfang einer solchen Gemeinschaft hat Rudolf Steiner im September 1924 gemacht. Es geschah dies während des Pastoral-Medizinischen Kurses. Er berichtet den dort anwesenden Ärzten davon in einer Ansprache vom 18. September: «Zu erstreben einen solchen Quell der Wirk-samkeit hier am Goetheanum für das Medizinische, das ist das Sinnen und Trachten der Zusammenarbeit von Frau Dr. Wegman und mir. Und nur in dem Sichanschließen an dasjenige, was hier Quell sein soll, nur in dem Bewusstsein der Zusammengehörig-

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keit kann eigentlich der Sinn dessen liegen, was Heiler mitnehmen aus dem Medizinischen Kurs an der Medizinischen Sektion am Goetheanum: Reales Zusammengehörigkeitsgefühl mit demjeni-gen, was von dem angedeuteten Zentrum ausgehen soll. Und so darf ich wohl am Schluss gerade zu Euch, meine lieben Freunde, sagen: Suchet den Weg, der in diesem Sinne den Zusammen-schluss der praktischen Ärzteschaft darstellt. Suchet den Weg zu diesem Zusammenschluss. Ihr werdet ihn finden. Und es wird unsere Sorge am Goetheanum sein, das Ihr ihn findet. Dass damit ein erster Schritt getan werde, ist von Frau Dr. Wegman und mir Veranlassung genommen worden, zunächst einen ersten esoteri-schen Impuls dadurch zu geben, dass ein durchaus erweiterbarer esoterischer Kern geschaffen worden ist, der, wie gesagt, durch-aus erweiterbar ist, der aber aus guten Gründen zunächst nur aus einer Anzahl von praktischen Ärzten besteht, welche ihrerseits jene Angelobung geleistet haben, die für das esoterisch-medizini-sche Wirken notwendig ist. Dieser Kern besteht aus den prakti-schen Ärzten: Dr. Walter, Dr. Bockholt, Dr. Zeylmans, Dr. Glas, Dr. Schickler, Dr. Knauer, Dr. Kolisko.» […] «Das ist es ja, was vom Goetheanum aus als das beste geschehen kann: Menschen zu finden, die draußen in der Welt stehen auf den verschiedensten Gebieten menschlichen Wirkens, und deren Intentionen immerzu ein Echo desjenigen sind, was gesagt wird, gewirkt werden soll hier vom Goetheanum aus. Tut Ihr das auf Eurem Gebiet, dann wird ein Band der Zusammengehörigkeit, goetheanistischer Geist Eure Herzen und Seelen verbinden und wir werden zum Menschenheil Früchte immerzu auferstehen sehen, dann, wenn Ihr den Weg immer wieder und wieder findet hierher zum Goe-theanum. Denn alles, was hier getan wird, ist ja doch immer nur Fragment, immer nur ein Teil, immer zunächst Anfangskapital. Je mehr wir hoffen können, dass das Anregung dafür ist, dass der Einzelne mehr und mehr davon mitnimmt, desto mehr erreicht es sein Ziel. Das ist das, was ich Euch bitte, als dasjenige, was ich Euch sagen möchte, mit auf den Weg zu nehmen. Und damit möchte ich mit einem innigen Herzensgruß an Euch alle diesen Kursus über Pastoralmedizin zum Abschluss gebracht haben.»33

Diese Gemeinschaft hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg neu konstituiert und ist unter dem Namen Oster- bzw. Raphael - kreis bekannt. Eine Publikation, die die Bedingungen seiner

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Begründung und die Entwicklung seiner heutigen Arbeitsform beschreibt, steht noch aus. Die Worte, die Rudolf Steiner bei dessen Begründung sprach, sind erhalten geblieben und wurden im Jahr 1999 publiziert.34 Sie beschreiben, wie sich Raphael an Rudolf Steiner und Ita Wegman wendet, sie auffordernd, alten Mysterienbrauch zu erneuern und geistgetragene Menschenseelen zu suchen, die sich dieser Erneuerung anschließen wollen. Ent-sprechend möchte auch dieses Buch ein Beitrag sein, die raphaeli-sche Qualität in Arbeitszusammenhängen der anthroposophisch-medizinischen Bewegung bewusster und dadurch handhabbarer zu machen.

Da Rudolf Steiner und Ita Wegman in einem Schicksalsverhält-nis standen, das sich weitestgehend harmonisieren konnte, war es der Raphael-Wesenheit möglich, sich an sie zu wenden und mit ihnen zusammen zu wirken. Auch wenn der Raphaelkreis als rei-ner Ärztekreis begründet wurde, liegt in seiner Intention eine neue medizinische Ethik und Praxis veranlagt, die das Ganze der anthro - posophisch-medizinischen Bewegung betrifft. Es gilt an Formen einer «raphaelischen Kultur» im Medizinbetrieb der Gegenwart zu arbeiten.

Zukunftsperspektiven für die Arbeit und die Frage nach den Qualitäten der von Rudolf Steiner intendierten Zweiten und Dritten Klasse der Freien Hochschule

Die oben wiedergegebene Sozialstruktur von anthroposophischer Bewegung, Gesellschaft und Freier Hochschule zeigt auf, wie der anthroposophische Kulturimpuls in sozialer Hinsicht veranlagt wurde und wie sich seine verschiedenen Organe und Arbeitszu-sammenhänge gegenseitig durchdringen und befruchten können. Offen ist jedoch die Frage, welche Qualitäten und Arbeitsmöglich-keiten durch die Zweite und Dritte Klasse hinzugekommen wären, die in der zweiten und dritten horizontalen Linie der Skizze vom 27. Dezember 1923 angebracht sind. Diese Frage ist besonders entscheidend für die Arbeit der Sektionen, deren vertikale Struk-tur die Ebenen dieser intendierten, jedoch von Steiner nicht mehr realisierten Klassen kreuzt.

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Da es nur wenige mündliche und schriftliche Hinweise und Andeutungen von Rudolf Steiner über den weiteren Ausbau der Hochschule gibt, reichen die Gesichtspunkte darüber und Hal-tungen zur Weiterarbeit vom respektvollen Sich-Versagen jedes weiterführenden Gedankens bis hin zu konkreten Arbeitsansät-zen, wie dem im Folgenden Dargestellten.35 Dieser orientiert sich an dem Wenigen, was überliefert ist, sowie an den oben genann-ten Bedingungen zur Hochschulmitgliedschaft (siehe Seite 29 ff.). Denn diese zeugen von drei sehr unterschiedlichen Kompetenzen, die es zu entwickeln gilt, wenn anthroposophische Kulturar-beit gelingen soll. Die erste Bedingung zielt auf die Entwicklung von individueller geistiger Autonomie (Individualkompetenz). Die zweite Bedingung ist der Erarbeitung von Sozialkompetenz gewidmet. Die dritte Bedingung führt zu einer christlich-rosen-kreuzerischen Lebenshaltung: Alles Gelernte in den Dienst des Lebens und der Menschheitsentwicklung zu stellen.

Der damit verbundene Arbeitsansatz entspricht zudem den drei großen Kulturimpulsen von Wissenschaft, Kunst und Religion, die sich in den Grundorientierungen der drei Klassen wiederfinden.

Ita Wegman war von Rudolf Steiner nicht nur mit der Leitung der Medizinischen Sektion betraut worden, sondern auch mit der Leitung der Ersten Klasse der Freien Hochschule. Sie hatte die innere spirituelle Aufgabe übernommen, den Materialismus, der insbesondere in der naturwissenschaftlichen Medizin den Menschen bedroht, zu überwinden und zu lernen, wie man ganz konkret in noch so kleine Verrichtungen des täglichen Medizin-betriebs Spiritualität einfließen lassen kann. Anthroposophie in allen medizinischen Erkenntnissen und Handlungsweisen wirk-sam werden zu lassen, war ihre Zielsetzung. Die von Steiner in den Lehrstunden der Ersten Klasse vermittelten Imaginationen, Worte und Zeichen zeigen den Weg zur Überwindung der tiefen Kränkung des Bewusstseins durch den herrschenden wissenschaft-lichen Materialismus. Es handelt sich hier um den Erkenntnisweg, den Weg der Geisteswissenschaft, der primär auf Wahrheitsfin-dung (Prozess der Feuerprobe) zielt und sich nicht nur mit Prin-zipien wie die der Machbarkeit oder Reproduzierbarkeit begnügt.

Um die Aufgaben anzudeuten, die mit der Arbeit der Zweiten Klasse verbunden sind, ist es hilfreich, auf den Stiftungsimpuls36 von 1911 in der Gesellschaft für theosophische Art und Kunst37

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und die künstlerische Arbeit an den «Mysteriendramen»38 zu schauen. Hier geht es um die Ausbildung spirituell-sozialer Fähig-keiten, um Anleitungen für ein sozial-künstlerisches Vermögen und um ein Ernstnehmen des Karma, der Schicksalsgestaltung: Der Mensch lernt, mit Menschen anderer Schicksalsprägungen und Orientierungen zusammenzuwirken. Hier gilt das, was die Mysteriendramen in ihren Tempel-Szenen zeigen: wie die Schick-sale der Menschen weise geordnet werden, wie schwer es für einen Menschen ist, voll bewusst zu seinem Schicksal zu stehen und angesichts der sozialen Probleme nicht die Orientierung zu verlieren (Prozess der Wasserprobe). Diese Mysteriendramen – aber auch die von Rudolf Steiner im letzten Wirkensjahr geschrie-benen «Briefe an die Mitglieder»39 – geben reichen Stoff zum Stu-dium dieser Arbeitsqualitäten.

Die wenigen Andeutungen, die zum Arbeitsimpuls der Dritten Klasse überliefert sind, legen den Gedanken nahe, dass es sich hier um ein kultisch-religiöses Arbeiten handeln würde, wo im realen Vollzug erlebt wird, in welchem Menschheits- und Welt-zusammenhang die Aufgabe der anthroposophischen Bewegung steht und wie ihr am entschiedensten gedient werden kann. The-matisch weisen die sogenannten Michaelbriefe (GA 26) in die Richtung der damit in Aussicht gestellten Substanzbildung und moralischen Wegleitung. Das Empfangen zeitgemäßer Inspirati-onen und Intuitionen aus der geistigen Welt kann dadurch vor-bereitet und unterstützt werden. Die Qualität der Luftprobe, das unmittelbare – ausschließlich geistesgegenwärtige – Handeln «im Dienste des Zeitgeistes Michael», steht im Mittelpunkt.40

Zukunftsperspektiven dieser Art zu hegen ist insbesondere dann wichtig, wenn die Frage brennt, was heute in uns Zeitge-nossen entwickelt, bearbeitet werden muss, damit wir nicht nur dem Augenblick genügen, sondern dazu beitragen können, um für die Kulturentwicklungen der fünften, sechsten und siebten nach-atlantischen Entwicklungsepoche, die Steiner in seinem Buch «Die Geheimwissenschaft im Umriss» (GA 13) beschreibt, die nötigen Vorbereitungen und Weichenstellungen vorzunehmen.

Deutlich ist, dass die Arbeit der Ersten Klasse primär der Bewältigung der kulturellen Aufgabe gewidmet ist, die sich in der Gegenwart des jetzigen, fünften Kulturzeitraumes stellt: dem Erkennen und Überwinden der destruktiven Konsequenzen mate-

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rialistischer Wissenschaft und Weltanschauung. Die Motive der Zweiten Klasse stehen mehr im Zusammenhang mit der Vorbe-reitung der sechsten Kulturepoche, des Zeitraums, wo Prozesse der Gemeinschaftsbildung und Brüderlichkeit kulturbestimmend sein werden. Die skizzierten Arbeitsimpulse der Dritten Klasse hingegen veranlagen die Aufgabe des siebenten Entwicklungszeit-raumes; hier gilt es, die Möglichkeit des Kampfes aller gegen alle umzuwandeln in ein bewusstes Sich-Hineinstellen des Einzelnen in das Menschheitsganze. Damit stellt sich das Goetheanum in die Tradition der Mysterienstätten der Menschheit, die Gegen-wart des täglichen Lebens nicht nur traditionell aus der Vergan-genheit fortzusetzen, sondern auch im Dienste dessen, was wer-den will.

Rudolf Steiner hatte schon 1908 in einem öffentlichen Vortrag in Nürnberg über die neuen Mysterien gesprochen, die im Gegen-satz zu den vorchristlichen Mysterien der Weisheit Mysterien des Willens sind:41 Zentrale Aufgabe der Freien Hochschule für Geis-teswissenschaft ist es daher, für die verschiedenen Berufe Wege und Arbeitsformen zu finden, durch die gelernt werden kann – bis in die alltäglichsten Pflichten und Tätigkeiten hinein –, dieses exis-tenzielle Darinnenstehen in den großen Menschheitsaufgaben zu realisieren. Es geht darum, Qualitäten «der Einweihung durch das Leben» und durch bewusste individuelle Schulung zum Funda -ment einer zukunftsfähigen Zivilisationsentwicklung zu machen.42

Arbeit und Ziele der Medizinischen Sektion

Warum erkrankt der Mensch? Diese Frage gehört zu den Kern-fragen der Gegenwart. Es gibt kein Gebiet des sozialen Lebens, in welches nicht pathologische und therapeutische Fragestellun-gen hineinspielen. Vieles in der gegenwärtigen Kultur ist krank machend: Unsicherheit, Angst, Identitätsprobleme, Grenzüber-schreitungen in Form von Missbrauch und Gewalt, sowohl seeli-scher als auch körperlicher Art, bestimmen das Lebensgefühl und nicht selten auch den Alltag vieler Menschen. Umso mehr erweist sich die Erschließung von Gesundheitsquellen, nicht nur auf kör-perlicher, sondern insbesondere auch auf seelischer und geistiger Ebene, als Zeiterfordernis. Darüber hinaus stellt sich für die Medi-

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zinische Sektion die ganz grundlegende Aufgabe, die therapeu-tischen Aspekte im Wirken der anderen Fachsektionen aufzusu-chen, zu beleuchten und durch Zusammenarbeit zu fördern.

Dazu aber bedarf es einer Neuorientierung im Bereich der Fragen, was Pathologie und Therapie, Krankheitsentstehung und Heilung tatsächlich sind. Aus dieser Neuorientierung erwächst die Kernaufgabe der Medizinischen Sektion. Diese besteht darin, die Anthroposophie als spirituelle Wissenschaft in die naturwis-senschaftlich orientierte Medizin zu integrieren und daraus das «medizinische System der Anthroposophie» aufzubauen.43 In die-sem System werden die naturwissenschaftliche und die spirituelle Seite der Krankheit so erarbeitet, dass sie als «physische Imagina-tion vom geistigen Leben» erkannt werden kann.44 Das heißt, der physische Leib offenbart durch seine Krankheitssymptome eine «unbewusste Selbsterkenntnis – ein unbewusstes Einweihungs-erlebnis».45 In einem seiner Notizbücher skizziert Steiner diese Selbstbegegnung in der Krankheit als eine unbewusste Begeg-nung mit dem «Hüter der Schwelle», das heißt mit seiner ganz persönlichen Schicksalsführung:

Es strömen an der SchwelleSinnesdunkel und GeisteshelleZum Blendwerk ineinander.Dieses Blendwerks AbbildIst die KrankheitIn der Krankheit lebet der Hüter.Begegnung im Geist bewusstBegegnung im Körper unbewusst.

Rudolf Steiner 46

Die hier angedeutete spirituelle Sicht der Krankheitsentstehung und -vorbeugung eröffnet neue Aspekte für Diagnose und Therapie.

Gesundheit erweist sich demgegenüber als Ergebnis von Erzie-hungs- und Selbsterziehungsprozessen, die sich am Leben und den eigenen Entwicklungszielen orientieren. In dem von Ita Weg-man und Rudolf Steiner gemeinsam verfassten Buch «Grund-legendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissen-schaftlichen Erkenntnissen» (GA 27) zeigen die Autoren den Weg nicht nur zu den Grundlagen anthroposophisch-medizinischer

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Forschung, sondern auch zur Ausbildung und therapeutischen Praxis. Die dort entwickelte medizinische Menschen- und Sub-stanzkunde beschreibt die Verbindung von Leben, Seele und Geist des Menschen so, dass verstehbar wird, wie Geist und Materie im Körper zusammenwirken. Wie zum einen der seelisch-geistige Entwicklungsweg des Menschen mit der Art der Substanzbildung und Verwandlung in seinem Körper zusammenhängt und wie zum anderen die in Frage kommenden Arzneimittel bei der Her-stellung Prozesse durchlaufen, die denen ähnlich sind, die sich im menschlichen Organismus abspielen.47

Im Zentrum der anthroposophisch orientierten Gesundheits-wissenschaft steht jedoch die Prävention, die vorbeugende Arbeit, die verhindert, dass Krankheit entsteht. Steiner nannte den Prä-ventionsimpuls «hygienischen Okkultismus» und die Fähigkeit, Krankheiten vorzubeugen, die hygienisch-okkulte Fähigkeit.48 Was wir heute primäre Prävention nennen – Krankheitsvorbeu-gung, ohne dass schon Anzeichen einer Krankheit in Sicht sind –, ist ganz im Sinne des hygienischen Okkultismus gedacht. Im Mittelpunkt steht eine gesundheitsfördernde, altersentspre-chende Erziehung und Selbsterziehung. Die daraus entspringende Entwicklungs- und Gesundheitslehre liegt sowohl der von ihm begründeten Waldorfpädagogik als auch der von Steiner vertrete-nen Selbstschulung zugrunde. Sein großes Anliegen war, Lehrer und Ärzte zur Zusammenarbeit aufzurufen im Sinne der genann-ten Mysterientraditionen, gemäß deren man davon ausgeht, dass der Mensch krank wird, wenn man ihn nur seiner Natur über-lässt und nicht aktiv zur Menschlichkeit hin erzieht:

Es war in alten Zeiten,Da lebte in der Eingeweihten Seelen Kraftvoll der Gedanke, dass krank Von Natur ein jeglicher Mensch sei. Und Erziehen ward angesehen Gleich dem Heilprozess,Der dem Kinde mit dem Reifen Die Gesundheit zugleich erbrachte Für des Lebens vollendetes Menschsein.

Rudolf Steiner 49

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Hinzu kommt, dass nicht nur der einzelne Mensch erkranken kann und damit heilbedürftig ist, sondern ebenso der soziale Organismus der Gesellschaft. Auch hier sieht sich die Anthro-posophische Medizin gefragt, ihren Beitrag zu leisten. Denn es wäre gesund und grundlegend, wenn das Geistes- und Kultur - leben ein Ort freier Initiative und persönlicher Entfaltung wäre, das Wirtschaftsleben sich brüderlich an den realen Bedürfnis-sen der Menschen orientierte und das Rechts- und Staatsleben die dafür notwendigen Gesetze schaffte und für Rechtsgleich-heit sorgte. Die gelebte soziale Realität ist demgegenüber jedoch pathologisch: Gegenwärtig lebt die globale Wirtschaft weitgehend als «freie Marktwirtschaft» nach dem Prinzip, das für das Geistes-leben gesund ist: Freiheit. Das Geistesleben an den Universitäten hingegen ist angepasst an klar vorgegebene akademische Spielre-geln, über welche die «scientific community» wacht. Das weist in Richtung Bruderschaft/Brüderlichkeit. Dazwischen versucht eine aufgrund der pathologischen Gesamtsignatur hypertrophierende Bürokratie den Gefährdungen der Biosphäre infolge des Wissen-schaftsbetriebs und der damit assoziierten kapitalistischen Wirt-schaft gegenzusteuern.

Wie kann ein christlicher Führungsstil gelingen?

Als am 1. Januar 1924, am Ende der Weihnachtstagung, Louis Werbeck den Dank der Teilnehmer zum Ausdruck brachte, sprach er Rudolf Steiner mit den Worten an: «Du großer reiner Menschenbruder». Er bat ihn um seinen «väterlichen Segen» für die weitere Arbeit in der Anthroposophischen Gesellschaft. Der so Angesprochene erwiderte: «Meine lieben Freunde, was hier geschehen ist, ich weiß es, ich durfte es sagen, denn es ist gesagt worden unter voller Verantwortung im Aufblick zu dem Geist, der da ist und sein soll und sein wird, der Geist des Goetheanums. In seinem Namen habe ich mir in diesen Tagen so manches Wort zu sprechen erlaubt, das nicht so stark hätte ausfallen dürfen, wenn es nicht im Hinaufblick zu dem Geist des Goetheanums gespro-chen worden wäre. Und so lassen Sie mich auch denn diesen Dank entgegennehmen im Namen des Geistes des Goethe anums, für den wir wirken, streben, arbeiten wollen in der Welt.»50

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Diese Worte Rudolf Steiners entsprechen zugleich einem neuen «Sukzessionsprinzip». Gegenüber der «horizontalen» Sukzes-sion, die durch Handauflegung oder Stabsübergabe etc. an den Nächsten wirksam wird, wird hier das Prinzip der «vertikalen Sukzession» veranlagt, in die Steiner sich selbst als Begründer der Anthroposophie mit einbezog. Sowenig er den Dank der Men-schen für sein Werk selbst in Empfang nehmen wollte, sondern an seine Inspirationsquelle in der geistigen Welt weiterleitete, von der die «Führung» ausgeht, so wenig schätzte er es, wenn Menschen sich auf seine Autorität im Sinne einer «horizontalen Sukzession» beriefen und nicht «aus sich selbst heraus» sprachen.

Ein «christlicher Führungsstil» orientiert sich an der pauli-nischen Haltung: «Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Chris-tus lebt in mir.»51 Dies aber ist die Haltung der «vertikalen Suk-zession». Anthroposophie will ein Weg sein zur eigenständigen Geist erkenntnis. Auf wissenschaftlichem Felde ist dies möglich durch die Spiritualisierung des Denkens, durch Meditation. Auf künstlerischem Gebiet durch schöpferische Handhabung der künstlerischen Gestaltungselemente – Baumaterialien, Formen, Farben, Töne, Worte, Bewegungen – so, dass Geistiges sich offen-baren kann.52 Im praktischen Leben hingegen kann jeweils so viel von diesem konkret geistig Erfassten und Ersehnten realisiert werden, wie es der Einzelne durch die Art seiner Arbeit und seiner Lebensführung vermag. Unter diesen drei Manifestationsformen geistiger Realitäten ist die Kunst am weitesten fortgeschritten. Sie kann Bilder, Offenbarungen des «Vollkommenen» zeigen.

So erstaunt es auch nicht, dass Rudolf Steiner oft und in so bewegender Weise über das Wesen des Dornacher Baus spricht und dessen zentrales plastisches Kunstwerk, den «Menschheits-repräsentanten». Diese über neun Meter hohe Statue zeigt den schreitenden Christus zwischen den Mächten, die den Menschen von seinem Pfade abbringen wollen: Luzifer als strahlenden Geist der Selbstüberschätzung und Ahriman als machtbewussten Geist der Anpassung und Entindividualisierung.

In der Anfangszeit des Goetheanum-Baues, anlässlich der Einweihung des Künstlerateliers am 17. Juni 1914, sagte Steiner: «Dann aber, wenn alles beseelt ist von diesem Geist, den ich her-beirufen möchte durch diese Worte in diesem Raum am heutigen Abend, wenn alles, was über diesen Hügel hin gearbeitet wird,

Christus als Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman, Holzskulptur von Rudolf Steiner (9,70 m)

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mit diesem Geist der Liebe, der zugleich doch immer der Geist des echten Künstlertums ist, erfüllt ist, dann wird von diesem Hügel, von dem, was ihn bedeckt, ausstrahlen in die Welt der Geist des Friedens, der Geist der Harmonie, der Geist der Liebe.»53

Leitbild für die Führungskultur des Goetheanum insgesamt, insbesondere aber für die Medizinische Sektion mit ihrem the-rapeutischen Auftrag, ist die Herzfunktion des Menschen. Der Ort, in dem der oben genannte Geist der Liebe Zutritt hat. Steiner bestätigt diesen Auftrag durchgängig in seinem Werk mit Formulierungen wie: «Das innerste Prinzip anthroposophischen Wirkens ist Menschenliebe.»54 «Was wir sagen und hören, wir werden es nur in der rechten Weise zum Ausgangspunkt für die Entwicklung der anthroposophischen Sache machen, wenn unser Herzblut dafür zu schlagen fähig ist.»55 Am Ende der Weihnachts-tagung klingt es wie ein Pfingstsegen: «So, meine lieben Freunde, traget hinaus eure warmen Herzen, in denen ihr eingegründet habt den Grundstein für die Anthroposophische Gesellschaft, traget hinaus diese warmen Herzen zu kräftigem, heilkräftigem Wirken in der Welt.»56 «Und so werden die Herzensbande, die Sie schließen können mit dem Goetheanum, etwas sein, was Ihnen gerade als Mediziner in einer tiefen Weise wird zu der Aufgabe helfen können, die Sie sich eigentlich gesetzt haben.»57

Für Steiner war der Zusammenhang ganz offensichtlich zwi-schen den sozialen Missständen seiner Zeit, wie zum Beispiel der Armut, und dem Aufkeimen von Rassismus, Machtmissbrauch und Gewalt und einer geistfernen, ungenügenden Erziehung zu Freiheit und Verantwortung. Die soziale Frage war für ihn eine pädagogische Frage.

Bei der Begründung der Waldorfschule vertrat er die These, dass die Pädagogik therapeutisch orientiert sein müsse – immer im Dienst der individuellen Entwicklung, auf die sich entwickelnde Gesundheit des Kindes ausgerichtet. Die pädagogische wird so zur medizinisch-therapeutischen Frage.

Die medizinische Frage wiederum ist letztlich im Sinne des Paracelsus die Frage nach der einzig wahren Arznei, der Liebe. Und so schließt sich der Kreis: Die soziale Frage ist eine pädago-gische, diese eine medizinische, und die medizinische Frage: Was hilft, was ist heilsam?, bestimmt die Haltung den sozialen Zustän-den gegenüber.

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Im Herzen wird auf physiologische, seelische und geistige Weise differenziert wahrgenommen, was in den Organen und Organsystemen des Gesamtorganismus vor sich geht. Von hier aus wird sowohl das Ganze impulsiert als auch jedem einzel-nen Organ und jeder Funktionsweise das für die individuellen Erfordernisse nötige Herzblut gegeben. Im Herzen spiegeln sich die besonderen Möglichkeiten, Befähigungen, Bedürfnisse und Belastungen einzelner Organe ebenso wie der Bedarf des Gan-zen.58

Das Herz ist in seiner Funktionsweise, seinem archetypischen Vermitteln zwischen Peripherie und Zentrum und zwischen den Polaritäten des Nerven-Sinnes-Systems und Stoffwechsel-Glied-maßen-Systems, Ur- und Leitbild für eine christliche Sozialkultur und Führungsqualität. Friedensfähigkeit ist das Ergebnis aktiver Arbeit, Gegensätze zu vermitteln, die eigene Tätigkeit am Bedarf in der Umgebung auszurichten.

Gegenbilder menschenwürdiger Führungspraxis

Der französische Revolutionspolitiker Robespierre steht als his-torisches Beispiel für ein Denken, dem im weiteren Verfolgen der Ideale Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit der Bezug zum Her-zen verloren ging. Geschieht dies, so wird aus Leitbildern und Idealen Ideologie mit emotionaler Gefolgschaft und Abhängigkeit Vieler von einer charismatischen Persönlichkeit – spirituell gese-hen von Inspirationen Luzifers. Kommen zur ideologischen Aus-richtung auch Wille und Kompetenz für äußere Machtausübung hinzu, so erweist sich Ahriman als Inspirator.59 Es entwickeln sich die verschiedenen Spielarten totalitärer Systeme und auto-ritärer Führungsstile. Ihr Kennzeichen ist die Fähigkeit, sowohl ideologische als auch Sachzwänge als Machtmittel zu gebrauchen. Dazu gehört auch das Instrumentalisieren finanzieller Engpässe, um bestimmte Ziele zu erreichen. Gemeinsam sind diesen luzife-risch-ahrimanisch inspirierten Sozialkulturen mehr oder weniger große Einschränkungen von individueller Gedanken-, Meinungs- und Handlungsfreiheit sowie herzlose, menschenverachtende Ele-mente in Umgangsformen und Vereinbarungen. Vor der luzife-rischen Faszination schützt die Liebe zum tatsächlichen Leben:

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«Denjenigen, denen es mit dieser Geisteswissenschaft ernst ist, kommt es nicht auf das Herumstreiten mit Bekenntnissen an, sondern ihnen kommt es auf ernsthafte Arbeit auf allen prakti-schen Gebieten des Lebens an.»60 Vor der ahrimanischen Gefahr schützt der Respekt vor der Freiheit des Einzelnen: «Es müsste die Individualität sich aus den Verbänden erst herauslösen, damit aus der Individualität heraus sich das Soziale verwirklichen kann.»61 Die eigenen Arbeitsweisen und -strukturen möglichst bewusst und heilsam für das gesellschaftliche Leben zu gestalten, ist daher die soziale Kernaufgabe der Medizinischen Sektion und der ihr angeschlossenen Berufsverbände und Institutionen.

Die von Rudolf Steiner veranlagten Arbeitsprinzipien

Das Prinzip der Herzlichkeit: Wie können Anthroposophische Gesellschaft, Freie Hochschule, anthroposophische Bewegung und Öffentlichkeit konstruktiv zusammenwirken? Als Leitbild zeichnete Steiner die weiter vorne abgebildete Skizze an die Tafel (siehe Seite 30). Die zur Realisierung dieses skizzierten Leitbildes notwendige Arbeitshaltung charakterisierte er so: «Das ist sehr wichtig, dass wir uns die Gesinnung aneignen, dass es nicht so ist, als ob wir ein Recht hätten, den Menschen etwas anderes zu geben, als wonach sie verlangen, als ob wir ein Recht hätten, uns über die Menschen zu stellen, denen wir was bringen wollen. Wir müssen uns abgewöhnen, in gewöhnlich lehrhafter Weise oder in agitatorischer Weise aufzutreten, sodass man wirklich auch wahr machen kann: Einsicht muss das Grundelement des Lebens in der Anthroposophischen Gesellschaft sein.»62 Eine «Kultur der Herz-lichkeit» lebt von der Wahrnehmung und Einsicht in die Bedürf-nisse und Notwendigkeiten des Umkreises, das heißt der Men-schen, und dem, was die Sache braucht. Sie schafft Strukturen und Einrichtungen, um diesen Bedürfnissen und Notwendigkei-ten bestmöglich gerecht zu werden. So wie das Herz nur schlagen kann, wenn es den Lebenszustand des Organismus wahrnimmt und der periphere Kreislauf sich regt, so kann der Beitrag des Einzelnen zum Ganzen auch nur gesund sich einfügen, wenn er gebraucht wird und sich an der Wahrnehmung des Ganzen, dem er dienen möchte, orientiert. Die eigene Initiativkraft an den

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Bedürfnissen der Mitwelt zu entzünden und für sie schöpferisch werden, ist zugleich der so notwendige Schulungsweg der Selbst-losigkeit. Denn selbstlos kann nur sein, wer ein «Selbst» hat. Dieses so kraftvoll zu entwickeln, dass es immer mehr von sich absehen kann – ist die Kulturaufgabe. Die höchste Freiheit, die erreicht werden kann, ist eben die Freiheit von sich selbst, das von sich absehen und anderen zuwenden können, ohne dabei «weniger» zu werden, etwas zu verlieren oder zu vermissen.63

Entsprechend lässt Steiner auf seiner Strukturskizze diese von ihm angeregten Formen der Zusammenarbeit sich durchdringen.

So steht im Zentrum der Skizze die Vertikale – als Grund-orientierung für jeden Einzelnen, der sich einem oder mehreren Sektionsimpulsen in seiner Arbeit verpflichtet fühlt. Sie steht für den Anthropos, den aufrecht stehenden Menschen, der sich kraft seiner Einsicht herzlich zuwenden kann nach rechts und links in die verschiedenen Arbeitszusammenhänge anthroposophi-schen Lebens hinein, aber auch nach oben zu Inspiration aus der geistigen Welt und nach unten, durch das Stehen im Leben, in der Öffentlichkeit, mit den täglichen Anforderungen im persön-lichen, beruflichen und sozial-menschheitlichen Alltag.

Das Individualitätsprinzip: Rudolf Steiner hat in den Statuten und Statutenberatungen der Anthroposophischen Gesellschaft einen demokratisch-republikanischen Gestus zugrunde gelegt:64 Jedes Mitglied hat das Recht, sich auf örtlichem oder sachlichem Gebiet Ziele zu setzen, Arbeitszusammenhänge zu begründen und sich mit eigenen Statuten zu organisieren. Diese eigenen Ziele und Statuten sollten nur denjenigen der Allgemeinen Anthropo-sophischen Gesellschaft nicht widersprechen. Hier steht vollum-fänglich das Individualitätsprinzip im Mittelpunkt.

Das Brüderlichkeitsprinzip in geistiger Gemeinschaft: Die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft ist nach dem Prinzip einer geistigen Bruderschaft gebaut: Das geistige Band wird durch die drei Bedingungen (siehe Seite 31) gebildet, welche die verschiede-nen Formen des Zusammenwirkens regeln.

Das Repräsentanz- und Dienstleistungsprinzip: Die anthroposo-phisch-medizinische Bewegung ist – so wie die anderen Sektionen

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– als Dienstleistungsgemeinschaft konzipiert. Die Freie Hoch-schule sollte die Arbeitsergebnisse der anthroposophischen Geis-tesforschung für die «Brüderlichkeit im menschlichen Zusammen-leben», «für das moralische und religiöse sowie für das künstleri-sche und das allgemeine geistige Leben» fruchtbar machen.65 Hier steht das Anliegen der rosenkreuzerischen Schulung im Zentrum: «Eine Handlung, welche aus Herzensgüte vollbracht wird, ist eine solche, bei welcher der Vollbringer nicht seinem eigenen Interesse folgt, sondern dem Interesse seiner Mitmenschen. Und eine solche kann eine sittlich gute genannt werden.»66 «Und es muss ja auch jederzeit ein vollkommener Einklang herrschen zwischen dem äußeren Leben und der Einweihung.»67 «Ihre Anweisungen [die der guten spirituellen Lehrer] führen zum Guten oder aber zu gar nichts.»68 «Diesen liegt lediglich an der Entwicklung und Befrei-ung aller Wesen, die Menschen und Genossen des Menschen sind.»69 Und in Anknüpfung an die Impulse der Rosenkreuzer, des Templerordens und Goethes Beziehung zu dem fortwirken-den Geist dieser Gemeinschaften formuliert Steiner eine Art Leit-satz für die gegenwärtige Kulturepoche: «Und in immer wieder und wiederum von dieser Seite inspirierten Menschen, in denen fortlebte dasjenige, was mit dem Verbrennen der Tempelritter getötet werden sollte. In Menschen, die davon inspiriert waren, lebte immer wieder das hohe Ideal, dass an die Stelle dessen, was in die Menschen Streit und Hader bringt, dasjenige treten muss, was das Gute auf die Erde bringen kann, so wie es vorgestellt wer-den kann, dieses Gute, unter dem Symbolum des Kreuzes in der Verbindung mit den Rosen.»70

Prinzip flexibler Strukturen: Das Wesen der Herztätigkeit ist nur rhythmische Kontinuität. Es ist auch – je gesünder das Herz ist – die Fähigkeit größtmöglicher elastischer Anpassung an die Erfor-dernisse des Organismus. Daher fordert Rudolf Steiner – insbe-sondere im Zusammenhang seiner sozialwissenschaftlichen Vor-träge – von Organisationen, dass sie nicht nur entstehen, sondern auch vergehen sollten – gerade so, wie es dem Leben am besten dient. Auch Geld sollte altern dürfen und sich nicht «ewig» wei-tervermehren. So gilt es zum Beispiel für die anthroposophisch-medizinische Bewegung mit ihren vielfältigen Arbeitszusammen-hängen, sich immer wieder neu den wachsenden Anforderungen

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anzupassen und sich da wieder zurückzunehmen, wo es nicht unbedingt nötig ist, sich zu engagieren. Wo Fähigkeitshierar-chie gebraucht wird, wird diese eingesetzt, wo jeder gefragt ist und gefragt werden soll, werden demokratische Vereinbarun-gen getroffen. Im Übrigen werden je nach Situation und Bedarf befristete Mandate vergeben (siehe Seite 76 ff.), neue Instanzen geschaffen und nicht mehr benötigte Strukturen und Funktionen beendet. Alle von Rudolf Steiner entwickelten oder angeregten Arbeitsweisen waren flexible Antworten auf Fragen oder Zeit-notwendigkeiten. Durch dieses Prinzip wird die Entwicklungsof-fenheit gewährleistet, womit sowohl möglichen Stagnationen als auch chaotischen Auflösungserscheinungen im Sozialen entge-gengewirkt werden kann.

Zentrum und Peripherie der Medizinischen Sektion – der entscheidende Wechsel der Perspektive

Als Rudolf Steiner 1925 starb, erlebten viele Mitglieder und Freunde, dass die von ihm auf der Weihnachtstagung begründete Arbeitsgemeinschaft Lebende und Tote verbindet. Auch heute ist dies für viele Menschen spürbar. Steiners Abschied aus der physi-schen Welt hat seine Mitarbeit in dieser Gemeinschaft nicht been-det, sondern auf geistige Weise fortgesetzt. So wurde seine Aussage von der Anthroposophie als «Wissenschaft vom Gral» und dem Ideal von Gemeinschaftsbildung «im Dienste des Grals» für viele nach seinem Tode zur Gewissheit.71 Denn die Gralsgemeinschaft umfasst im historisch überlieferten Bilde der ihr zugehörigen Schwanenritter auch die mit den Lebenden verbundenen Toten.

Während des Verwaltungsinterregnums nach der Abberu-fung Wegmans durch Mitgliederbeschluss der Anthroposophi-schen Gesellschaft im Jahr 1935 bis zur förmlichen Aufhebung und Zurücknahme dieses Beschlusses auf der ersten General-versammlung der Anthroposophischen Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg 1948 ging zwar vom Goetheanum so gut wie nichts aus auf medizinischem Felde. Wegman – von ihren Vorstandspflichten in der Anthroposophischen Gesellschaft ent-bunden – entfaltete jedoch im Bereich ihres Hochschulmandats, das per Gründungsstatut der Anthroposophischen Gesellschaft

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von Mitgliederbeschlüssen nicht tangiert ist, ungebrochen ihre Initiativen und Aktivitäten für die Anthroposophische Medizin weiter. Sie blieb ihrer durch Rudolf Steiner vollzogenen Einset-zung zur Leitung der Medizinischen Sektion zeitlebens treu.72 Ihre Arbeit verlief ungehindert weiter und strahlte international aus. Neben dem physischen Goetheanum mit den dort arbei-tenden Menschen wurde durch Wegmans Arbeit das «geistig-periphere» umso stärker wirksam. Nach Steiners Tod hatte sich eine Umstülpung vollzogen. Manfred Klett, langjähriger Leiter der Sektion für Landwirtschaft, hat diese Umstülpung im Laufe seiner Arbeit immer wieder deutlich erlebt und seine diesbezüg-lichen Erfahrungen und gewonnenen Einsichten in einer kleinen Schrift niedergelegt.73

Konkret heißt dies, dass Rudolf Steiner von der geistigen Welt aus überall inspirierend tätig sein kann – wo immer man die geis-tige Rücksprache mit ihm sucht. Je mehr das Goetheanum nach Steiners Tod überschattet wurde von Kämpfen und Krisen und das «Herz» weniger impulsierendes Zentrum als vielmehr erkranktes Organ war, desto kräftiger entwickelten sich die Zentren anthro-posophischen Wirkens in der Peripherie. Und umso stärker wur-den auch die peripheren Bemühungen, sich angesichts der Füh-rungskämpfe und Spaltungstendenzen innerhalb der Anthropo-sophischen Gesellschaft nach Steiners Tod heilend zu betätigen. Besonders hervorragende Beispiele dafür sind die Initiativen von Karl König, Willem Zeylmans van Emmichoven, Jörgen Smit und Clara Kreutzer.

Gerade diese an sich tragische Etappe der geschichtlichen Ent-wicklung von Anthroposophischer Gesellschaft, Hochschule und anthroposophisch-medizinischer Bewegung ist – positiv gesehen – ein Zeichen für Gesundheit und Flexibilität der von Steiner ver-anlagten Sozialkultur. Diese erlaubt nicht nur konstruktive Ent-wicklungen beeindruckender Synergie, sondern auch das Über-stehen großer sozialer Turbulenzen und Kränkungen, ohne dass der Gesamtorganismus daran zerbrechen muss. Dass die anthro-posophische Bewegung lebt und ihr peripherer Kreislauf selbst ein zeitweise insuffizientes Herz in Form einer gespaltenen oder schwachen Führung weitgehend kompensieren kann – war und ist eine großartige psychosoziale Erfahrung der anthroposophischen Weltgemeinschaft.

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Das Hochschulkollegium heute – seine Berufungs- und Abberufungspraxis

Der Idee nach existiert das Hochschulkollegium seit seiner Begründung auf der Weihnachtstagung 1923/24. Es sollte als Kollegium der Sektionsleiter das «Direktorium»74 einer «selbstän-digen Einrichtung» sein, als «naturgemäße Seele» der Anthro-posophischen Gesellschaft arbeiten und deren Vorstand in allen Hochschulangelegenheiten beraten.75 Der Realität nach wurde es erstmals auf der Michaeli-Konferenz im Jahr 2000 vom damali-gen Vorsitzenden der Allgemeinen Anthroposophischen Gesell-schaft, Manfred Schmidt-Brabant, der Öffentlichkeit als existent vorgestellt. Unzureichend realisiert ist es jedoch noch bis heute. Die beseelende Zusammenarbeit mit der Anthroposophischen Gesellschaft und die rechtliche Verankerung der Hochschule als einer «selbständigen Einrichtung» sind zwar auf gutem Wege, jedoch noch nicht volle Realität. Ein wesentlicher Entwicklungs-schritt dazu war jedoch der Goetheanum-Leitungsprozess, der 2012 und 2013 mit der Hilfe des Unternehmensberaters und Freundes des Goetheanum, Dr. Friedrich Glasl, möglich wurde.76 Hochschulkollegium und Vorstand der Allgemeinen Anthropo-sophischen Gesellschaft bilden jetzt gemeinsam ein neues Organ: die Goetheanum-Leitung. Die Goetheanum-Leitung arbeitet the-menbezogen zusammen, auch wenn es noch keine regelmäßigen Sitzungen dieses Leitungsgremiums gibt.

Die Berufungsverfahren für einen neuen Sektionsleiter reichen von der Einrichtung einer Findungskommission über direkte Beru-fung auf Vorschlag des bisherigen Sektionsleiters bis hin zu Vor-schlägen aus den Berufsbewegungen selbst beziehungsweise den dort verantwortlichen Repräsentanten und Gremien. Entschieden über die Berufung wird dann in der Goetheanum-Leitung. Die Auf-gabe des Sektionsleiters wurde von Steiner ursprünglich ebenso wie die eines Vorstandsmitgliedes der Anthroposophischen Gesell-schaft als eine verbindliche Lebensaufgabe angesehen. Gegenwär-tig wird am Goetheanum die Amtsdauer als eine individuell zu bestimmende und von Zeit zu Zeit anzuschauende Angelegenheit betrachtet, wenn auch nach wie vor ein Grad von Engagement und Verantwortung erwartet wird, der dem einer Lebensaufgabe

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gleichkommt. Entscheidend für die Fortsetzung der Arbeit oder Grund für deren Ende ist in jedem Fall deren Fruchtbarkeit bezie-hungsweise Fruchtlosigkeit.

Finanzierungswege in der Hochschule am Beispiel der Medizinischen Sektion

Bis zum Jahr 2001 war die Finanzierung der Sektionen – so auch der Medizinischen – eine pragmatische Frage. Die Medizinische Sektion finanzierte sich durch die tägliche Arbeit weitestgehend selbst. Tagungen, Vortragstätigkeit und Spenden erbrachten die notwendigen Einkünfte, um die Mitarbeitergehälter und den Bürobedarf zu sichern sowie die erforderlichen Anschaffungen zu tätigen, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Räumlichkei-ten warm zur Verfügung gestellt wurden und die Anthroposophi-sche Gesellschaft auch eine Defizitgarantie gewährte. Umgekehrt führte die Medizinische Sektion immer wieder auch vorhandene Jahresüberschüsse der Anthroposophischen Gesellschaft zu.

2001 jedoch änderte sich vieles. Drei neue Vorstandsmitglieder kamen: Sergej Prokofieff, Bodo von Plato und Cornelius Pietz-ner (als Schatzmeister). Der finanzielle Beitrag der Anthroposo-phischen Gesellschaft für die Medizinische Sektion wurde auf 150 000.– CHF pro Jahr limitiert – die Personalkosten des Sek-tionsleiters und seiner Mitarbeiter voll eingeschlossen. Das heißt, die Unterstützung betrug jetzt durchschnittlich 10 % des Gesamt-jahresbudgets der Medizinischen Sektion. Die Sektion brauchte mit ihrer gewachsenen Administration mehr Räumlichkeiten und Mitarbeiter und zog aus ihren beiden Räumen im Goetheanum in ein eigenes Haus. Ein Arbeitszimmer verblieb jedoch als Prä-senzraum der Sektion im Goetheanum. Ruth Andrea – bis dahin Geschäftsführerin und Assistenz der Sektionsleitung – entschied sich, die Geschäftsführung der Dora Gutbrod Schule für Sprach-kunst zu übernehmen. Es war jedoch nicht möglich, in der verblei-benden Halbjahresfrist eine kompetente Nachfolgerin zu finden, geschweige denn einzuarbeiten. Angesichts dieser Situation war die Frage naheliegend, die Sektion vorübergehend «wegen Umbau zu schließen» oder die Leitung zur Disposition zu stellen. Aus

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Gründen der Arbeitskontinuität geschah weder das eine noch das andere. Die daraufhin unweigerlich auftretenden administrativen Turbulenzen waren nicht leicht zu bewältigen. Das zunächst über-forderte Mitarbeiterteam stellte zwar die Kontinuität der Arbeit bis zu einem gewissen Grade sicher, konnte aber der Sektionsleitung nicht mehr «den Rücken frei halten». Es gelang jedoch im Laufe der folgenden Jahre der Übergang der Medizinischen Sektion aus ihrer Pionierzeit (zwei bis vier Mitarbeiter auf engem Raum) in eine teamorientierte Organisations- und Integrationsentwicklung. So gehört es heute, da sich die Arbeitsverhältnisse deutlich konso-lidiert haben, zu den vordringlichen Aufgaben, auch an einer stim-migen Finanzierung der gewachsenen Administration der Medizi-nischen Sektion zu arbeiten sowie ihrer Tätigkeitsfelder und deren koordinierenden Leitungsfunktionen im IKAM-Kollegium (siehe Seite 57 ff.).

Die Medizinische Sektion erhält derzeit ihre finanziellen Mittel über drei Zuflüsse:

• Zuwendungen durch die Anthroposophische Gesellschaft und Mitarbeiter-Beiträge der Medizinischen Sektion

• Eigenleistungen in Form von Veranstaltungen, Vorträgen, Kon gressen

• Projektfinanzierung, freie Spenden

Einnahmen und Ausgaben werden jährlich im Finanzbericht im Rahmen des Jahresberichtes der Medizinischen Sektion veröf-fentlicht. Die satzungsgemäße Mittelverwendung wird durch die Revision eines Rechnungsprüfers gewährleistet. Die IKAM-Koor-dinationsfelder werden durch den jeweiligen Bereich finanziert, wenn dieses möglich ist. Dies geschieht durch Spenden, Mitglieds-beiträge, Projektfördermittel oder Einkünfte aus Veranstaltungen. Die Rechenschaft über die Mittelverwendung erfolgt gegenüber dem jeweiligen Koordinationsfeld. Ist eine Finanzierung aus dem eigenen Koordinationsfeld nicht möglich, so ist die Leitung der Medizinischen Sektion bemüht, die Finanzierungslücke durch Fundraising oder aus eigenen Quellen zu schließen.

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Vom Filderkreis zur Internationalen Koordination Anthroposophische Medizin /IKAM

Michaela Glöckler

Der Intensivierungs- und Koordinationsbedarf in den einzelnen Zweigen und Arbeitsfeldern der anthroposophisch-medizinischen Bewegung wurde jedoch nicht nur vor Ort am Goetheanum, son-dern auch international zunehmend bemerkbar. Was seit Begrün-dung des Filderkreises durch Jürgen Schürholz 1986 bereits als Koordinationstätigkeit unter den Repräsentanten der anthropo-sophisch-medizinischen Bewegung vorhanden war, entwickelte sich weiter. Aus dem großen Arbeitskreis der internationalen Ver-tretungen von Ärzten, Herstellern und Verbrauchern, der sich bis zum Jahrhundertende zweimal jährlich in der Filderklinik als «Fil-derkreis» traf, entstand IKAM, die «Internationale Koordination Anthroposophische Medizin».

Durch Holger Schüle, den früh verstorbenen, damaligen Geschäftsführer der Firma Wala, wurde diese soziale Neuent-wicklung an der Jahrhundertwende maßgeblich impulsiert. Er war an der Planung von ESAM beteiligt, einer von ihm mit inten-dierten «Europäischen Koordination Anthroposophische Medi-zin», dem entscheidenden Zwischenschritt zwischen dem Fil-derkreis und IKAM. Als jungem Unternehmer war ihm spontan einsichtig, dass die anthroposophisch-medizinische Bewegung als Ganzes eine transparente Struktur und Führungsperspektive braucht. Nach seinem Tod war es zunächst sehr mühsam, den so engagiert begonnenen Prozess struktureller Weiterentwicklung fortzusetzen, auch im Hinblick auf die oben genannten transito-rischen Zusatzbelastungen im Bereich der Verwaltung der Medi-zinischen Sektion.

Berufungspraxis der IKAM-Koordinatoren

Die Berufungspraxis der IKAM-Koordinatoren ist der Beru-fungspraxis der Sektionsleiter analog. Es gilt für diese Praxis der

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wegleitende Ausspruch Rudolf Steiners im Rahmen der Statu-tenberatungen während der Weihnachtstagung, dass es letztlich unerheblich sei, ob demokratisch gewählt, aristokratisch berufen, nominiert oder irgendwie anders der Kandidat gefunden werde – Hauptsache, es sei der Richtige! Dies sei daran ersichtlich, dass die Arbeit gedeihe. Im Kontext der Stiftungsgründung von 1911 verwendete Steiner auch den Begriff des Interpretierens. Damit ist das Nominierungsverfahren gemeint, nach dem er selbst bei der Zusammensetzung des Gründungsvorstandes der Allgemei-nen Anthroposophischen Gesellschaft und der Besetzung des Hochschulkollegiums 1923/24 vorgegangen war. Hier liegt die Frage zugrunde: Wer ist bereits auf dem betreffenden Gebiet überzeugend tätig und braucht nur wenig zusätzliche Fähigkeiten zu erwerben, um der umfassenderen Aufgabe zu genügen? Wer wurde übersehen und könnte vielleicht in Frage kommen? Wer sollte zusätzlich, zum Beispiel in einem demokratischen Verfah-ren, bestätigt werden? Kurz, es ist ein Prozess, der im Sinne der «moralischen Intuition» aus Liebe zur Sache und von der Sache inspiriert verlaufen sollte.77 Wenn die Beteiligten das Gedeihen der Arbeit im Auge haben, so lassen sich persönliche Ambitio-nen leichter regulieren, als wenn man sich primär nach den Spiel-regeln demokratischer und politischer Macht richtet. Ein paar Beispiele von Berufungen von IKAM-Koordinatoren mögen dies verdeutlichen:

Rüdiger Grimm wurde von seinem Vorgänger Johannes Denger vorgeschlagen und eingearbeitet – bestätigt durch die damalige Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie und die Sekti-onsleitung. Was gegenwärtig als Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie firmiert, ist das Ergebnis ihrer jahrelangen sozialen Aufbau- und Weiterarbeit. Rüdiger Grimm ist heute international als der Sekretär/Koordinator, im Grunde als eigen-ständiger Leiter dieses Fachgebietes, bekannt und geschätzt. Auch erfolgt die Finanzierung seiner Leitungstätigkeit vollumfänglich aus seinem Arbeitsfeld, das heißt aus der heilpädagogischen und sozialtherapeutischen Bewegung.

Rolf Heine wurde nach Beratungen im Internationalen Ini-tiativkreis für Anthroposophische Krankenpflege in geheimer Abstimmung demokratisch gewählt und dann von der Sektions-

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leitung ins Amt berufen. Seither wurde Rolf Heine von dem demo-kratisch organisierten Pflegeforum mehrfach wiedergewählt.

Angelika Jaschke kam auf Bitte der Sektionsleitung und aus eigener Initiative zu dieser Funktion. Als langjähriges Vorstands-mitglied im deutschen Berufsverband Heileurythmie und dessen europäischer Vernetzung sah sie die Notwendigkeit einer inter-nationalen Koordination und war bereit, hier einen Versuch zu wagen. Sie kennt inzwischen alle weltweit tätigen Heileurythmis-ten mit Namen und hat fast alle Länder besucht, in denen heil-eurythmisch gearbeitet wird. Sie berief im Jahr 2006 eine erste internationale Konferenz für Heileurythmie ein, die den Großen Saal des Goetheanum mit etwa 90 % der weltweit tätigen Heileu-rythmisten füllte. Für 2016 ist die nächste diesbezügliche Veran-staltung geplant.

Patrick Sirdey (Arzneimittelhersteller) und Peter Zimmermann (Vorsitz IVAA) waren demokratisch gewählte Dachverbandsvor-sitzende und als solche legitimierte Repräsentanten und interna-tional agierende Koordinatoren. Für Patrick Sirdey gibt es derzeit keine Nachfolge, weil der Verband AFMUTA derzeit nicht aktiv arbeitet. So sind die Geschäftsleitungen der Firmen Weleda und Wala als Gäste immer willkommen und werden über alles infor-miert, was im Rahmen von IKAM geschieht. Thomas Breitkreuz als Nachfolger von Peter Zimmermann hat Laura Borghi aus dem IVAA-Vorstand das IKAM-Mandat übertragen.

Ad Dekkers und Henriette Dekkers wurden aufgrund ihrer internationalen Präsenz und ihrer für die anthroposophische Psy-chotherapie entfalteten Initiativen als Koordinatoren durch die Sektionsleitung interpretiert beziehungsweise angefragt.

Die Internationale Medizinische Koordination Arzneimittel (IMKA) kam auf den Weg, weil ein wachsender europäischer und internationaler Koordinationsbedarf im Hinblick auf Erhalt und Weiterentwicklung des Arzneimittelsortiments bestand. Georg Soldner ergriff daraufhin, unterstützt vom Vorstand der IVAA und der Sektionsleitung, die Initiative. Die offizielle Bestätigung und Mandatierung erfolgte ein Dreivierteljahr später auf der nächsten Internationalen Vorständekonferenz der Ärztegesell-schaften am Goetheanum.

Diese Beispiele mögen genügen, um die situative Signatur der gehandhabten IKAM-Berufungspraxis deutlich zu machen.

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Die Strukturprinzipien der Flexibilität, der individuellen Ini-tiative, die Interpretation von Fähigkeiten, situativ begründete Berufungen und demokratische Organisationsprinzipien können sich konstruktiv ergänzen, wenn klar ist, was gebraucht wird, was gewollt ist, und wenn die Beteiligten sich im Dienst einer als gemeinsam erlebten Aufgabe fühlen.

Zur Arbeitsfähigkeit und Effizienz von IKAM

Zu Beginn der IKAM-Arbeit wurde öfters gefragt: Kann man denn in einem so großen Kreis effizient arbeiten? – Da kann ja gar nicht jeder zu Wort kommen. Inwiefern ist ein so heterogenes Gebilde, das in wechselnder Besetzung tagt, überhaupt entscheidungs- und handlungsfähig? Wie dies gehen kann, wird im folgenden Kapitel dargelegt. Die hier abgebildete Graphik zeigt zur Verdeutlichung das IKAM-Organigramm im Gesamtbild. Die Kreisfläche stellt den gemeinsamen Boden der anthroposophisch-medizinischen Bewegung beziehungsweise der weltweit veranlagten Medizini-schen Sektion der Hochschule dar. Jedes Koordinationsfeld ent-spricht dabei einem Segment und seiner Repräsentanz.

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KVÄG Konferenz der Vorstände Anthroposophischer ÄrztegesellschaftenIVAA Internationale Vereinigung Anthroposophischer ÄrztegesellschaftenIKFÄ Internationale Koordination Anthroposophische FachärzteIRC International Research CouncilIMKA Internationale Medizinische Koordination Anthro- posophischer ArzneimittelIAAP Internationale Koordination Anthroposophische PharmazieVAK Verband anthroposophischer KlinikenIFHE Internationaler Fachbereich HeileurythmieKHS Konferenz für Heilpädagogik und SozialtherapieABT Internationale Koordination Anthroposophische KörpertherapieIFAN Internationales Forum für Anthroposophische PflegeICAAT Internationale Koordination Anthroposophische KunsttherapieIKAP Internationale Koordination für Alterskultur und AltenpflegeAEFMUTA Association Européenne des Fabricants de Médicaments utilisés en Thérapeutique Anthroposophique EFPAM Patientenorganisationen und Europäische Patienten- föderation für Anthroposophische MedizinKAP Internationale Koordination Anthroposophische PsychotherapieIKAH Internationale Koordination Anthroposophischer HebammenIKÖA Internationale Koordination ÖffentlichkeitsarbeitIKAÄ Internationale Koordination Anthroposophische Ärzte- ausbildung JMF Internationales Jungmedizinerforum

Weitere Koordinationsfelder sind noch im Aufbau und bisher nicht besetzt, wie z. B. die Suchttherapie. Außerdem kann bei Entstehen neuer Koordinationsbereiche der Kreis jederzeit erweitert werden.

Die konzentrischen Kreise – mit den römischen Ziffern in der vor-stehenden Zeichnung – markieren die Grenzen zwischen den drei Gliedern des sozialen Organismus:

1. Forschung, Aus- und Weiterbildung – Sphäre des Geistesle-bens, des Individualismus.

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2. Rechtsleben, Berufsverbände – Sphäre des rechtlich-politischen Lebens, der Demokratie, der Verabredungskultur.

3. Wirtschaftsleben, Institutionen – Sphäre des brüderlich-assozi-ativen Lebens.

Inzwischen gibt es bereits einige Länder, in denen sich das Ganze der anthroposophisch-medizinischen Bewegung regional abbildet. Dabei reichen die Organisationsformen vom straff organisierten Dachverband, wie es der «Dachverband Anthroposophischer Medizin in Deutschland / DAMiD» ist, bis hin zu lockeren Netz-werkstrukturen, wie sie beispielsweise in Holland und der Schweiz gepflegt werden.

Weshalb individuelle Repräsentanten und nicht Kollegien für die Leitung der einzelnen Koordinationsfelder?

In dem Maße, wie die Arbeit und auch professionelle Ansprüche wachsen, liegt die Frage nahe, ob nicht die von Steiner favorisierte symmetrische Interaktion von individueller und kollegialer Ver-antwortung zugunsten überwiegend kollegialer Arbeitsstrukturen verändert werden sollte. Wir denken, dass Rudolf Steiners Vorbild – in der Gestaltung der sozialen Verhältnisse die individuelle Ver-antwortung symmetrisch und klar umrissen gegenüber den kol-legialen Strukturen zu bestätigen – im Hinblick auf die Zukunft immer mehr Gültigkeit besitzen wird.

Warum ist das so?

• Geteilter Verantwortung fehlt der verbindliche «vollumfäng-liche» Einsatz für das Ganze.

• Die Vertreter von 20 Arbeitsfeldern können leicht und flexi-bel miteinander kommunizieren und arbeiten – schon bei zwei oder dreimal so viel Menschen ist es schwierig oder nicht mehr möglich bzw. effizient.

• In der ungeteilten Verantwortung wächst die innere Hinwen-dung zur Sache und der damit verbundene Ernst.

• Ein Einzelner fühlt rascher die Notwendigkeit zur Zusammen-

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arbeit mit vielen anderen als ein Kollegium. Er lernt delegieren und mandatieren.

• Die Vertretung nach draußen gewinnt an Transparenz und Verbindlichkeit, wenn der Ansprechpartner ohne «Rückzug ins Kollegium» klar ist.

• Die Flexibilität kollegialer Strukturen ist oft unzureichend, zudem braucht es unter Umständen immer wieder viel Zeit, um sich abzustimmen etc., die der Arbeit verloren geht.

• Wenn Einzelne einen großen Arbeitsbereich überschauen, kann das Ganze sich seiner selbst besser bewusst werden.

• Es liegt auf der Hand, dass ein Einzelner bei der Leitungs-aufgabe einer Gemeinschaft nur reussieren kann, wenn er zu führen vermag bzw. es lernen will: das heißt, je mehr es ihm bzw. ihr gelingt, so weit als irgend möglich die anstehenden Aufgaben unter den Mitgliedern dieser Gemeinschaft zu ver-teilen, sie zu mandatieren und gegebenenfalls auch für die in diesem Zusammenhang anfallende Finanzierung zu sorgen. Leiten heißt hier, frei sein für den Entwicklungsbedarf der Gemeinschaft und sich möglichst wenig binden mit konkreten Tätigkeiten, die auch ein anderer machen könnte. Denn je akti-ver der Einzelne in der Gemeinschaft zum Erfolg des Ganzen beitragen kann, desto lebendiger kann sich diese Gemeinschaft entwickeln.

• Es kann aber auch das Bild überzeugen, dass sich nur im indivi-duellen Tropfen das ganze Weltall spiegeln kann. In kollegialer Verantwortung entsteht immer ein für den Umkreis nicht leicht differenzierbarer Mix aus Teilverantwortungen, totalem, ein-geschränktem oder auch oppositionellem (Nicht-)Mitvertreten von Entscheidungen. Da ein Einzelner jedoch mit einer inter-nationalen Koordinationsaufgabe ohnehin überfordert ist, för-dert dies von vornherein die Intention, das Aufgabenfeld zu gliedern, Kontakte zu knüpfen, bei Bedarf Kollegien zu bilden und Netzwerke aufzubauen, was ohnehin Zusammenarbeit innerhalb des eigenen weltweit verzweigten Aufgabengebietes erfordert.

• Die individuelle Verantwortlichkeit macht das flexible Inter-agieren und die Zusammenarbeit in IKAM mit den Koordina-toren anderer Aufgabenbereiche möglich. Diese können sich leicht und übersichtlich zur kollegialen Gesamtverantwortung

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für die anthroposophisch-medizinische Bewegung zusam-menschließen.78

• Die Aufgabe der Fünften Nachatlantischen Kulturepoche gilt der Entwicklung der Persönlichkeit, der Ich-Kompetenz und dem Lernprozess, wie sich das Individuum konstruktiv in das gesellschaftliche Umfeld einfügt. Das heißt, es gilt, das ein-gangs zitierte «Motto der Sozialethik» von Rudolf Steiner zu üben. Demgegenüber ist es kontraproduktiv, wenn behauptet wird, dass es keine «großen» Persönlichkeiten mehr gäbe und man die Arbeit daher an Kollegien «kleiner» Persönlichkeiten delegieren müsse. Dahinter verbergen sich in Wahrheit jedoch mögliche Sorgen, der Einzelne könne zu mächtig werden oder nicht genügen, das Bedürfnis nach sozialer Kontrolle, manch-mal auch Neid und Missgunst. Dem möchten wir gerne entge-gentreten und die Initiativkraft des Einzelnen fördern.

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Fragen und Antworten zu unserem Leitungskonzept

Rolf Heine

In den vorangegangenen Kapiteln wurde die Entstehung und Entwicklung der Medizinischen Sektion im Hinblick auf die Leitungsintentionen Rudolf Steiners dargestellt. Die Rezeption der ersten Auflage dieser Schrift löste, wie bereits im Vorwort angedeutet, einen größeren Diskussionsprozess aus. Anhand der wichtigsten Fragen und Kritiken sollen nun einige Erläuterungen versucht werden. Dabei wird dem aufmerksamen Leser auffallen, dass manches schon im bisherigen Text thematisiert wurde. Wir haben die mehr dialogische Form jedoch absichtlich beibehalten, um die Textentwicklung im Vergleich zur ersten Auflage transpa-rent zu halten.

Wie kann die hier beschriebene Arbeitsform den Entwicklungsbedingungen der anthroposophisch-medizinischen Bewegung gerecht werden?

Die anthroposophisch-medizinische Bewegung besteht aus vielen tausend Menschen, verstreut über alle Kontinente. Menschen mit den unterschiedlichsten Heilberufen, manchmal zusammenge-schlossen in einem anthroposophisch orientierten Unternehmen, manchmal in Berufsorganisationen oder anthroposophischen Zweigen oder freien Arbeitsgruppen, manchmal selbständig, manchmal ganz freistehend, ohne anthroposophisch gesinntes Umfeld. Letztlich verbindet sie das Herzensbedürfnis nach einer geisterfüllten, menschengemäßen Medizin, inspiriert durch die Anthroposophie Rudolf Steiners. Dieses Bedürfnis begründet eine weltumspannende, in den Herzen eingeschriebene Menschenge-meinschaft. Diese Gemeinschaft ist die Medizinische Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Wer sich ihr zugehörig fühlt, ist ihr Mitglied und Mitarbeiter. Dabei gibt es drei Stufen beziehungsweise Intensitätsgrade der Mitarbeit in der Medizini-schen Sektion:

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• Die Mitarbeit in einem Bereich der anthroposophisch-medizi-nischen Bewegung,

• die Mitgliedschaft in der Anthroposophischen Gesellschaft zum Studium der Anthroposophie und zur Unterstützung der Hochschule,

• die Mitgliedschaft in der Ersten Klasse der Freien Hochschule zum vertieften Studium der Anthroposophischen Medizin, der Pflege der spirituellen Gemeinschaft und der Repräsentanz der Anthroposophischen Medizin in der Öffentlichkeit.

Aus dieser selbst gewählten Form der Mitarbeit leiten sich jedoch keinerlei Rechte ab, lediglich selbstgewählte innere oder äußere Verpflichtungen.

Die Medizinische Sektion hat ein physisches Zentrum am Goetheanum in Dornach. Es wird repräsentiert durch deren Mitarbeiter und die Sektionsleitung. Die Sektionsleitung steht auf esoterischem Gebiet vor denselben inneren Herausforderun-gen wie jeder andere Mitarbeiter der anthroposophisch-medizi-nischen Bewegung weltweit. Beruflich obliegt ihr vor allem die administrative Dienstleistung zur Förderung der Anthroposophi-schen Medizin auf den drei Gebieten des sozialen Organismus: dem Geistigen, Rechtlichen und Wirtschaftlich-Sozialen. Rudolf Steiner spricht hier in gutem Sinne von ver«walten». Sie sammelt, bündelt, koordiniert Initiativen auf dem Feld der Anthroposophi-schen Medizin weltweit. Exoterische und esoterische Ausbildung, Forschung und Praxis gehören ebenso in ihr Wahrnehmungs- und Tätigkeitsfeld wie allgemeine und kulturell-gesellschaftliche Entwicklungen. Aus diesen selbst gewählten Aufgaben erwachsen der Sektionsleitung jedoch ebenfalls keinerlei Rechte. Sie kann nicht kraft ihres Amtes oder eines finanziellen Budgets irgendet-was verfügen, sondern nur anregen und vermitteln. Alles, was sie aus eigener Initiative tut, kann nur sozial wirksam werden, wenn es Resonanz in der anthroposophisch-medizinischen Bewegung findet. Es kann nur über Einsicht und Begeisterung wirksam wer-den. Oder aber, wie oben dargestellt: Das Herz kann nur gesund schlagen, wenn der periphere Kreislauf aktiv ist und man das tut, was gebraucht wird.79

In dieser «Leitungsfigur gewollter Machtlosigkeit» lässt sich ein dreifaches christliches Gestaltungsprinzip erkennen:

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• Wer als Einzelner eine Initiative in die Welt stellen will, braucht den Zusammenschluss mit anderen Menschen.

• Die dadurch entstehende Aufgabengemeinschaft vereinbart in freier Weise Regeln der Zusammenarbeit.

• Dann unterstützt man sich gegenseitig in brüderlicher Weise und trägt so zum gemeinsamen Erfolg des Unternehmens bei.

Dieses dreifache Ideal ist jedoch auf vielfache Weise angreifbar und gefährdet, wie das nachstehend eingefügte Schaubild zeigt. Denn von bereits bestehenden Arbeitsgemeinschaften wie Dach-verbänden, Berufsorganisationen oder Unternehmen gehen an -dere Gestaltungsimpulse aus als von der sich selbst freiheitlich zur Arbeit verpflichtenden Individualität. Sie handeln als Kör-perschaften, nicht als einzelne, individuelle Menschen. Um ihre Initiativen in die Welt zu stellen, beauftragen sie Menschen mit Aufgaben und statten sie mit Kompetenzen aus. Organisationen und Unternehmen delegieren und erteilen Mandate.

Demgegenüber ist der einzelne Initiativträger nur sich selbst verpflichtet. Der Mandatsträger steht im Dienst seiner Organisa-tion. Beide jedoch benötigen die Fähigkeit zu sozialer Wahrneh-mung, zur Kompromissbereitschaft und die sachdienliche Kompe-tenz zur Verwirklichung der zu leistenden Aufgabe – wenn diese gelingen und Gutes wirken soll. Individuelle Initiativträger sind ebenso wie Organisationen angreifbar und Gefährdungen von zwei Seiten ausgesetzt, wie das Schaubild auf der nächsten Seite zeigt.

Innerhalb der Medizinischen Sektion begegnen sich die beiden sozialen Gestaltungsprinzipien, das Individualitäts- und das Organprinzip. Sie bedingen einander und können sich konstruktiv ergänzen:

Wirtschaftsunternehmen, Institutionen und Verbände über-nehmen vom «Organprinzip» her wichtige Funktionen innerhalb ihres jeweiligen nationalen oder internationalen Rechtsrahmens. Sie prägen und gestalten das öffentliche Leben der Anthroposo-phischen Medizin mit. Durch ihre Tätigkeit erscheint diese im kul-turellen und wirtschaftlichen Leben. Durch das «Individualitäts-prinzip» einzelner Menschen und deren selbstverantwortete und gewollte Mit- und Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb von

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Ahrimanische Impulse wie Amts- und Machtmissbrauch

Individualitätsprinzip Selbstverpflichtung aus freier Initiative

Luziferische Impulsewie persönliche Eitelkeit und Ehrgeiz

Soziale Folgezustände:

Seilschaften

Pedanterie

Geld gegen Einfluss

Effizient ist, wenn ich mich der Kompetenzen von Men-schen und der finanziellen Ressourcen bedienen kann, um meinen Machtzuwachs zu optimieren.

«alternativloser» Sachzwang

taktischer Kompromiss

Amts-/Machtmissbrauch

Soziale Folgezustände:

freiwilliger Zusammenschluss

freiwillige Vereinbarungen

brüderliche Zusammenarbeit

«Heilsam ist nur, wenn im Spiegel der Menschen-seele sich bildet die ganze Gemeinschaft und in der Gemeinschaft lebet der Ein-zelseele Kraft.» R. Steiner

sachdienliche Kompetenz

Fähigkeit zum Kompromiss

Mandat

Dienstverpflichtung Beauftragung

Organprinzip

Soziale Folgezustände:

Esoterischer Zirkel

Beliebigkeit

Vetternwirtschaft

Der größte «Image»-Gewinn wird erreicht, wenn die anderen meine Kompeten-zen bewundern und ich «kraft meiner Position» handeln kann.

Dilettantismus

fauler Kompromiss

Bestechlichkeit

Institutionen kommen heilsame Ideen und menschliche Wärme zur Wirksamkeit. Organisationen und Unternehmen sind auf die-sen geistigen Zufluss individueller Ideenbildung ebenso angewie-sen, wie eine individuelle Initiative – um erfolgreich sein zu kön-nen – an bestehende Gemeinschaften und Leistungen anknüpfen muss.

Innerhalb der IKAM-Struktur durchdringen sich Organi-sationsprinzip und Individualprinzip sowohl in der Zusam-mensetzung der Koordinationsstellen wie auch in der täglichen Arbeitspraxis. Ein Beispiel für eine Koordinationsstelle, welche durch die Delegierte eines Dachverbandes repräsentiert wird, ist die Internationale Vereinigung Anthroposophischer Ärztegesell-schaften (IVAA).

Beispiele für individuelle Repräsentanzen sind die Berufskoor-dinatoren, die zwar eine Berufsgruppe vertreten, jedoch nicht als Repräsentanten eines Berufsverbandes auftreten. Gleichwohl wer-den alle für die Berufsgruppe relevanten IKAM-Entscheidungen in der Berufsgruppe kommuniziert und ggf. abgestimmt.

Alle IKAM-Koordinatoren können und sollen Initiativen in das Kollegium einbringen und diese gemeinsam oder selbständig weiterentwickeln. Nur Kommunikation, Beratung und Abspra-

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%

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chen mit den jeweilig verantwortlichen und tragenden Organisati-onen der Bewegung gewährleisten Erfolg und Nachhaltigkeit der Initiativen.

Die von Rudolf Steiner praktizierten Leitungs- und Führungs-instrumente verbinden Individualitätsprinzip und Organprinzip im jeweiligen sachlichen Kontext auf stimmige Weise. So ver - wendet er demokratische Mittel dort, wo bestehende Gemein-schaften, Ämter und Aufgaben der Zustimmung vieler – bes-tenfalls aller – bedürfen. Bei der Neugründung von Initiativen «interpretiert» (sucht) er Mitarbeiter aufgrund ihrer Kompetenz und «Eignung». In Kollegien werden Anliegen, die das Ganze betreffen, republikanisch verhandelt und Entschlüsse möglichst einmütig gefasst.

Warum wird für Fragen einer zeitgemäßen Arbeitsstruktur die Weihnachtstagung von 1923 bemüht? Sind nicht inzwischen gerade auch aus der anthroposophischen Sozialforschung modernere Organisationsformen und Methoden entwickelt worden?

Nicht, weil etwas in der Vergangenheit gut war, hat es heute per se Bestandsschutz. Uns interessieren vielmehr die Arbeitsweisen, die Rudolf Steiner in der Leitung der Anthroposophischen Gesell-schaft selbst angewendet und zu denen sich Ita Wegman als Sek-tionsleiterin von 1923 an bis zu ihrem Tod 1943 verpflichtet hatte. Diese Arbeitsweisen Rudolf Steiners sind für uns Leitstern, Ideal und Schulungsweg. Sie werden hier als innere Orientierung für die IKAM-Mitarbeiter offengelegt. Weshalb ist das so? Weil das Goe-theanum und mit ihm die Medizinische Sektion Rudolf Steiners Werk sind, sein letztes – soziales – (Bau-)Werk. Wir denken, dass wir ihm und seinen Intentionen am Goetheanum Raum geben sollten und nicht einem Sozialforscher der Gegenwart. Diesem steht ja die übrige Welt offen. – Auch war die Weihnachtstagung mit ihrem Entwurf der sozialen Gestaltung der anthroposophi-schen Gesamtbewegung Rudolf Steiners eigenen Worten nach ein Zukunftsimpuls. Dieser war nicht auf zehn, fünfzig oder hundert Jahre hinorientiert. Dieses Zukünftige zu entdecken und die dafür nötigen Arbeitsinstrumente zu schaffen und zu üben, empfinden wir als unsere Aufgabe. Natürlich können wir eine verbindliche

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Zustimmung für eine sozialkünstlerische Arbeit dieser Art von niemandem als uns selbst einfordern. Rudolf Steiner sprach daher wiederholt vom «freien Vertragsverhältnis» gegenseitiger Akzep-tanz und dem Willen zur Zusammenarbeit.

Welches sind die Aufgaben von IKAM? Was ist und wozu braucht es ein Leitungsorgan? Wer oder was soll geleitet werden?

Die anthroposophisch-medizinische Bewegung ist eine Weltbewe-gung, die auf allen Kontinenten in gut 80 Ländern vertreten ist. Es ist leicht ersichtlich, dass eine internationale Koordination sinn-voll, notwendig und effizient ist, um ein gemeinsames Bewusstsein von den zahlreichen regionalen und nationalen Initiativen auszu-bilden, gegenseitig zu kommunizieren, zeit- und kulturgeschicht-liche Entwicklungen zu erkennen, Gefahren von der Anthropo-sophischen Medizin abzuwehren und ein konsonantes Erschei-nungsbild zu pflegen und zu repräsentieren.

Dessen ungeachtet stellt sich die Frage, ob auch die spirituelle Quelle der Anthroposophischen Medizin von einem Mittelpunkt aus gepflegt werden muss oder ob diese Pflege nicht Aufgabe jedes Einzelnen bleiben sollte? Sind wir überhaupt fähig, den Intentio-nen Rudolf Steiners im Hinblick auf esoterische Arbeitsweisen im Sozialen zu genügen? Oder muss ein solcher Versuch zwangsläu-fig in sektiererischen, illusionären oder anspruchsvoll-exklusiven Formen enden?

Wir sehen diese Gefahr! Wir sehen sie aber vor allem dann, wenn Administration und Esoterik voneinander getrennt oder gegeneinander ausgespielt werden. Denn diese Trennung würde Verwaltung und Leitung auf bürokratische Handlungen reduzie-ren. Der Geist aber wäre in Gefahr, «zur Lehre» zu werden, oder seine Pflege fände nur noch in dem Leben enthobenen Zirkeln statt. Wenn hingegen ein christlicher Geist auch in der Verwaltung waltet und eine christbegabte moralische Technik im Alltag den Bezug zu esoterischen Wahrheiten prägt, dann können wir den genannten Pathologien entgegenwirken.

Deshalb wird hier der Versuch unternommen, spirituelle Lei-tung – spirituelle Administration – spirituelle Koordination – zu beschreiben. Die Quellen hierfür sind die Leitungs- und Führungs-

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grundsätze Rudolf Steiners. Es bleibt ein Wagnis, ob wir diese Grundsätze hinreichend verstehen und leben können. Es scheint uns aber unverantwortlich, dies nicht wenigstens zu versuchen.

Leitung ist nach Steiners Auffassung zunächst die Leitung und Führung, die sich jeder Mensch selbst gibt. Im Weiteren ist sie Hindurch-Leitung von Idealen, Impulsen und Einsichten, die jedoch auch jedem an der Arbeit Beteiligten zugänglich sind – nicht nur dem, der leitet oder koordiniert. Er kann sich gerade nicht auf «besonderes» Wissen stützen, da seine «Macht» in dem Auftrag liegt, für die Gemeinschaft «zu wirken», nicht «sie zu belehren». Im 12. Vortrag des Heilpädagogischen Kurses führt Rudolf Steiner diesen entscheidenden Unterschied zwischen dem «Autoritativen – nicht im Lehren, sondern im Wirken» mit Bezug auf Führungsfragen in engagiertester Weise aus.80

In einem dritten Schritt ist Leitung Dienstleistung für die Gemeinschaft. Sie ist nicht die Willensverfügung des Stärkeren oder Intelligenteren über den Schwächeren, des Vermögenden über den Mittellosen oder des Charismatikers über den Unschein-baren.

Wie kommen Verabredungen innerhalb der IKAM zustande? Gibt es Interessenkonflikte bei IKAM-Vertretern, die einer Institution / Organisation angehören? Wie geht man mit diesen Interessenkonflikten um?

Verabredungen in IKAM werden nach hinreichender Beratung, gegebenenfalls auch mit Hilfe von Sachverständigen, einmütig getroffen.

Entscheidungen gegen das Veto Einzelner sind nicht zulässig. Um die Duldung eines Mehrheitsbeschlusses zu erreichen, werden die Gründe für die Ablehnung des Mehrheitsbeschlusses doku-mentiert und der Führer des Widerspruchs auf seinen Wunsch hin von der Verantwortung für die Entscheidung entbunden. Wird das Veto aufrechterhalten, so können einzelne Mitarbeiter allein oder gemeinsam dennoch initiativ tätig werden, auch wenn sich das IKAM-Kollegium als Ganzes diesen Initiativen nicht anschließen will. Sie handeln dann aufgrund ihrer Individualkompetenz, nicht aber als IKAM-Vertreter.

Wir sind der Ansicht, dass Machtstreben und die Durchset-

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zung von Einzelinteressen gegen wesentliche Einwände anderer die gesamte Bewegung ebenso gefährden können wie die Läh-mung von Initiativen durch den Zwang zur Einmütigkeit.

Interessenkonflikte kann und muss es geben. Wenn sie offenge-legt werden, ist ersichtlich, weshalb eine bestimmte Ansicht oder Haltung vertreten wird, und es kann vieles daraus gelernt werden. Da bekannt ist, aus welcher Perspektive die jeweiligen IKAM-Vertreter sprechen, und erlebbar ist, in welchem Grad sie in der Lage sind, ihr «Organinteresse» in ein Verhältnis zum Ganzen zu setzen, müssen sich Interessenkonflikte nicht zwangsläufig negativ auf Entscheidungen auswirken.

Welche Stellung haben Körperschaften, zum Beispiel Dachverbände oder Ärztegesellschaften, innerhalb der Medizinischen Sektion? Welche Legitimation haben Beschlüsse eines Gremiums (IKAM), das selbst nicht demokratisch legitimiert ist, für dieses?

Dachverbände, Berufsorganisationen und andere Körperschaften wie Unternehmen oder Vereine sind notwendig, um im jeweiligen nationalen oder internationalen Rechtsrahmen agieren zu kön-nen. Sie sind Teil der anthroposophisch-medizinischen Gesamt-bewegung und nehmen auf ihrem Gebiet auch zentrale Aufgaben im Sinne des Ganzen wahr. Sie werden deshalb bestmöglich in die Leitung der Medizinischen Sektion einbezogen, entweder als direktes Koordinationsfeld innerhalb IKAMs oder repräsentiert durch einen Koordinator. Einen «Fraktionszwang» sollte es aber für den IKAM-Vertreter einer Organisation nicht geben. Er oder sie muss sich vielmehr fragen, was bei Entscheidungsprozessen für einen selbst verantwortbar ist oder nicht, und sich ggf. – wie oben beschrieben – enthalten oder ein Veto einlegen.

Beschlüsse, die in IKAM gefasst werden, können sich demnach nicht gegen einzelne Glieder der anthroposophisch-medizinischen Bewegung richten, da es ja die Verantwortungsträger sind, die sich in IKAM über die eigenen Sachinteressen hinaus für den Gesamt-zusammenhang einsetzen. Man mag IKAM-Beschlüsse oder Ini-tiativen begrüßen oder ablehnen, sie werden ohnehin nur in dem Maße realisierbar sein, in dem diejenigen, die sich als Mitarbei-

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ter der Medizinischen Sektion verstehen, diese Beschlüsse ver-wirklichen wollen. Wo dies nicht geschieht, geschieht eben etwas anderes oder nichts. Gleiches gilt für die Anerkennung und Legi-timation, die IKAM durch die Gesamtbewegung oder durch ihre Mitarbeiter, Institutionen oder Organisationen essenziell benötigt. IKAM wird entweder gewollt und dadurch wirksam oder IKAM wird abgelehnt und damit geschwächt. Der Freiheits- und Initia-tiv-Gedanke ist ihre Stärke und Schwäche. IKAM wird gestärkt, wenn z. B. demokratisch gewählte Organisationen sie nach ihren eigenen demokratischen Regeln anerkennen. Dies kann dadurch geschehen, dass die Verbindung zur Medizinischen Sektion in der Satzung Ausdruck findet, die Mitglieder über ihre Tätigkeit infor-miert werden und / oder die Arbeit der Medizinischen Sektion finanziell unterstützt wird.

Inwiefern wurde die von Rudolf Steiner vorgeschlagene Dreigliederung des sozialen Organismus in der Verantwortungsstruktur der Medizinischen Sektion berücksichtigt?

Die Dreigliedrigkeit des sozialen Organismus ist zunächst Tatsa-che wie die Dreigliedrigkeit des menschlichen Organismus. Sie ist nicht eine Sozialutopie, die erst in unbestimmter Zeit zu erreichen wäre. Wie im menschlichen Organismus können wir Krankheits-zustände und Tendenzen im sozialen Organismus vor dem Hin-tergrund der sozialen Dreigliederung diagnostizieren. Die Medi-zinische Sektion ist als Mit-Gestalterin der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft, als Ort des Studiums medizinischer Themen und als Gemeinschaft der im Geiste der Anthroposophischen Medizin Tätigen ein Organ des Geisteslebens. Auf das Primat des Freiheits- und Individualitätsprinzips in jeglicher Form der Gestal-tung wird daher in dieser Schrift konsequent hingewiesen.

Dieses Freiheitsprinzip prägt auch das Rechtsleben der Medizi-nischen Sektion im Sinne ihrer Selbstverwaltungsstrukturen. Unter dem Vorzeichen eines gültigen zuverlässigen Rahmens von Ver-einbarungen werden sie zum Beispiel für IKAM in dieser Schrift vorgestellt. Jeder Mitarbeiter der Medizinischen Sektion hat die Möglichkeit, seine Initiative gleichberechtigt einzubringen. Es gibt keine Instanz, die Initiativen behindert. Es bestehen transparente

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Beratungsgremien und Leitungsstrukturen. Die Leitung erhält die Macht, die sie zur Erledigung ihrer Aufgaben benötigt. Koordina-tion und Integration bestimmen ihre Arbeitsweise. Um gegenüber Dritten Rechtsgeschäfte zu tätigen, nutzt sie Körperschaften wie Vereine oder Stiftungen. Im internationalen Rechtsraum bemüht sie sich um die Anerkennung als NGO.

Die Medizinische Sektion nimmt als Anbieter verschiedener Dienstleistungen am Wirtschaftsleben teil. Sie organisiert Kon-ferenzen und Tagungen, sie koordiniert, publiziert, vermittelt, forscht. Dabei tritt sie nie konkurrierend zu anderen Initiativen auf, sondern stellt diesen vielmehr ihre Expertise und Infrastruk-tur zur Verfügung. Durch diesen Grundsatz des Wirtschaftens ist sie auch auf den wohlwollenden finanziellen Zufluss aus der anthroposophisch-medizinischen Bewegung und seitens anderer Nutznießer ihrer Dienstleistungen angewiesen.

Die Medizinische Sektion und ihre Leitung hat ein existen-zielles Interesse an den fachlichen und ethischen Entwicklungen in der Medizin, aber auch an den rechtlich-politischen und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, in welchen Individuen oder Einrichtungen der anthroposophisch-medizinischen Bewe-gung national und international agieren. Dieses Interesse und Engagement ist im Auftrag und in den Statuten der Weihnachts-tagung begründet. Deshalb sitzen sowohl Vertreter der Berufs-fachgruppen als auch Vertreter politisch agierender Bereiche (z. B. An throMed oder IVAA) oder Vertreter von Wirtschaftsunterneh-men (z. B. Arzneimittelhersteller, Klinikverband) im IKAM-Kol-legium und ihre Arbeitsfelder sind dementsprechend im Organi-gramm abgebildet.81

Welche Stellung haben esoterische Arbeitsgemeinschaften wie die Erste Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft (Michael-Schule) oder der Raphael-Kreis innerhalb der Medizinischen Sektion?

Rudolf Steiner hat zahlreiche esoterische Arbeitszusammenhänge begründet. Sie reichen vom persönlichen Lehrer-Schüler-Verhält-nis, zum Beispiel zu Marie Steiner und Ita Wegman, über die Esoteri-schen Schulen vor dem Ersten Weltkrieg, die Begründung der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft im Rahmen der Weihnachts-

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tagung, die Hilfe bei der Begründung der Christengemeinschaft, des esoterischen Jugendkreises oder die Einsetzung des Raphael-Kreises (siehe Seite 32 ff.), um nur die Bekanntesten zu nennen.

Rudolf Steiner verstand sich bei diesen Gründungen als Ver-mittler zwischen der geistigen Welt und den fragenden Men-schen, nicht als deren Initiator. Das Gelingen oder Scheitern der Gemeinschaftsgründungen war und ist abhängig von den Mög-lichkeiten der betreffenden Menschen und der Resonanz, welche die Taten dieser Menschen durch die geistige Welt erfahren. Als Vermittler stellte sich Rudolf Steiner unmittelbar und selbstlos in den Entwicklungsstrom der durch seine Mitwirkung begründeten Gemeinschaften mit allen karmischen Konsequenzen.

Esoterische Gemeinschaften existieren durch die inneren Ver-bindlichkeiten und spirituellen Fragen, die zu ihrer Begründung geführt haben. Sie erheben keinerlei Anspruch auf Macht und Ein-fluss. So hat ein Mitglied der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft keinerlei äußere oder innere Privilegien gegenüber irgendeiner anderen Person. Die Selbstverpflichtung der Klassenmitglieder zu geisteswissenschaftlicher Meditation, dem «Sich in Zusammenhang halten» und der Repräsentanz des anthroposophischen Geistes bedeutet, sozial betrachtet, lediglich Arbeit und Mühe – in keinem Fall jedoch Anspruch auf Anerken-nung, Macht oder Bevorzugung.

Esoterische Gemeinschaftsbildungen innerhalb der Anthro-posophie gehen zurück auf die übersinnliche Michael-Schule, die im 15. Jahrhundert begründet wurde und die Inspirationsquelle der Anthroposophie ist.82 Der Beitritt zu esoterischen Arbeitszu-sammenhängen geschieht auf Initiative des Suchenden oder auf persönliche Einladung.

Letztlich haben alle therapeutischen Spezialisierungen (Berufs-gruppen und Fachdisziplinen) innerhalb der Anthroposophischen Medizin Methoden der esoterischen Vertiefung des Lebens gesucht und entwickelt. Diese werden in freien Arbeitszusammenhängen, freien Verabredungen zu gemeinsamer meditativer Praxis, Hoch-schulzusammenkünften oder Fachtagungen gepflegt. Jeder Spezia-lisierung und Vertiefung, jedem Wissenszuwachs und Kompetenz-gewinn wohnt die Gefahr inne, sich selbst oder die «Peergroup» über oder unter, vor oder hinter anderen einzuordnen. Diese sozialen Ortsbestimmungen verschleiern die wahren und wirk-

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lichen karmischen Verhältnisse zwischen den einzelnen Menschen und ihren tatsächlichen Aufgaben sowohl innerhalb der Gemein-schaft wie auch zwischen den verschiedenen Gruppierungen. Eine christliche Mysterienmedizin wird jedenfalls nur dann gelingen können, wenn wir Fähigkeiten ausbilden, im Bewusstsein des Ganzen individuell oder mit unserer Arbeitsgemeinschaft oder Institution unseren Beitrag zu leisten.

Ohne Liebe und Humor bleiben die Wege verborgen, durch die sich geistige Strömungen im geschichtlichen Fortschritt durch-dringen und ergänzen.

Verantwortungsstrukturen und Arbeitsinstrumente der Medizinischen Sektion – eine Übersicht

Die Medizinische Sektion am Goetheanum ist eine Abteilung der von Rudolf Steiner 1923/24 eingerichteten Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Ihre Aufgabe ist die Erarbeitung des «medi-zinischen Systems der Anthroposophie» durch Erforschung, Ver-breitung und Weiterentwicklung der Anthroposophischen Medi-zin und Heilkunst.

Als weltweit tätige Arbeitsgemeinschaft bedürfen die Mit-arbeiter der Medizinischen Sektion einer Organisationsform, die sowohl mit den Lebensbedingungen des freien Geisteslebens vereinbar ist als auch geeignet, «das Initiationsprinzip unter die Zivilisationsprinzipien» aufzunehmen. Das heißt, es braucht Ver-antwortungsstrukturen, welche sowohl auf die Initiativkraft des Einzelnen bauen – freies Geistesleben – und dennoch der Vielfalt der nationalen und regionalen Bedürfnisse und Entwicklungen gerecht werden sowie den gewachsenen Arbeits- und Rechtsfor-men vor Ort und international Genüge tun. Wie sich dies seit Mitte der neunziger Jahre bis heute entwickelt und bewährt hat, wird nachstehend skizziert.

1 . Mitarbeit in der Medizinischen Sektion

Eine formale Mitgliedschaft in der Medizinischen Sektion gibt es nicht. Es kann sich jeder zugehörig fühlen, der an den Aufgaben

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der Medizinischen Sektion mitarbeitet und für den die Berücksich-tigung der folgenden Bedingungen ein Herzensanliegen ist:

– Allgemeines und fachspezifisches Studium der Anthroposo-phie neben der professionellen Weiterbildung (Erkenntnisweg und Selbstschulung).

– Teilnahme an Arbeitsgruppen und Tagungen, um Dialog und Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern der Medizinischen Sektion zu pflegen (Soziale Kompetenz, Gemeinschaftsbil-dung).

– Verwirklichung der Anthroposophischen Medizin durch ver-antwortungsbewusstes, professionelles Handeln im Dienste des Kranken (Lebenshaltung, Repräsentanz).

2 . Arbeitsbereiche

Wie alle Sektionen der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft ist auch die Medizinische Sektion in drei Arbeitsgebieten tätig:

– dem Arbeitsgebiet von Einrichtungen und Initiativen der an -throposophisch-medizinischen Bewegung,

– dem Gebiet der Anthroposophischen Gesellschaft mit ihren Zweigen und Arbeitsgruppen auf dem Feld der Medizin und Heilkunst,

– dem rein meditativen Arbeitsgebiet der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft.

3 . Arbeitsweisen der Medizinischen Sektion

Spirituelle Verantwortung: Die hier beschriebenen Arbeitswei-sen gründen in der Überzeugung, dass Gedanken, Gefühle und Handlungsmotive nicht nur Ausdruck einer Lebenshaltung sind, sondern auch eine geistige Realität darstellen. Dadurch erwächst ein individuelles Bewusstsein, nicht allein für die in der physi-schen Welt erscheinenden Taten, sondern auch für die eigenen Gedanken und Gesinnungen verantwortlich zu sein.

Initiativprinzip: Quelle und Ausgangspunkt für alle Aktivitäten innerhalb der Anthroposophischen Medizin ist die persönliche

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Initiative einzelner Menschen. Aus freiem Entschluss und nicht aus Statuten oder Programmen erwachsen Initiativen für die Arbeit mit Patienten, die multiprofessionelle und interdisziplinäre Zusammenarbeit, die Mitgestaltung von Rechtsverhältnissen sowie für Forschung und Ausbildung. Die vornehmste Aufgabe aller Leitungsorgane der Medizinischen Sektion ist daher die Begleitung, Förderung und Beratung von Initiativen.

Individuelle Entwicklung: Rudolf Steiner konzipierte die Sektio-nen der Hochschule als Orte kontinuierlicher Weiterentwicklung durch Studium, innere Schulung und berufliche Zusammenar-beit. Diesem Auftrag entsprechen viele Ausbildungsstätten und Weiterbildungen, Arbeitsgruppen und Kongresse am Goethe-anum und an anderen Orten in der Welt.

Geisteswissenschaftliche Forschung: Geisteswissenschaftliche For -schung basiert auf dem individuellen Schulungsweg, dessen Stu-fen von Rudolf Steiner eingehend beschrieben wurden (GA 10 und GA 13). Diesen Weg ins Medizinische zu metamorphosie-ren und mit den akademischen Forschungsmethoden von heute in Beziehung zu bringen oder ihn allgemein für das System der Medizin fruchtbar zu machen, gehört zu den zentralen Aufgaben aller Mitarbeiter der Medizinischen Sektion.

Miteinander im Dialog bleiben und sich in Zusammenhang halten: In unserer heutigen Kulturepoche, in der sich der Einzelne mit seinen persönlichen Entwicklungsbedürfnissen in den Vorder-grund stellen muss, ist ein verlässlicher, auf Vertrauen basieren-der Zusammenhang zwischen den Menschen eine unabdingbare Notwendigkeit. Hier hat die Medizinische Sektion die Aufgabe, die Fachkompetenzen und spirituellen Qualitäten der verschiede-nen medizinischen Berufsfelder untereinander und miteinander ins Gespräch zu bringen und zu einem gemeinsamen Ganzen zu vereinen; zum Wohle des kranken Menschen wie auch des einzel-nen therapeutisch Tätigen.

Spirituelle Gemeinschaftsbildung: In der Medizinischen Sektion wird angestrebt, mit Begabungen und Schwächen ihrer weltwei-ten Mitarbeiterschaft so umzugehen, dass die individuelle Ent-

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wicklung des Einzelnen gefördert wird und im Geben und Neh-men ein gemeinsames, brüderlich-schwesterliches Bewusstsein für die Gemeinschaft und die Bedürfnisse der Welt entstehen kann, das der Arbeit dient.

Repräsentanz: Jeder Mitarbeiter der Medizinischen Sektion trägt mit seinem Handeln, Fühlen und Denken im persönlichen Leben und in der Berufsausübung zur Entfaltung und zum Erschei-nungsbild der Anthroposophischen Medizin bei. Sich gegenseitig darin zu unterstützen, dass individuelle und soziale Repräsentanz in der Öffentlichkeit sachdienlich sind, ist Anspruch und Heraus-forderung zugleich.

4 . Die Arbeitsorgane

Die Organe der Medizinischen Sektion dienen der Verwirklichung der Anthroposophischen Medizin. Jeder ihrer Mitarbeiter ist Aus-gangspunkt dafür, dass deren Idee sich verwirklichen kann. Die Initiative von Einzelnen ist ebenso bedeutsam wie diejenige, die von Institutionen, Verbänden oder Gruppen ausgeht.

Da jeder ihrer Mitarbeiter Ausgangspunkt möglicher Realisie-rungen vor Ort ist, hat auch jeder Einzelne eine Organfunktion innerhalb des Ganzen. So ergibt sich die folgende Struktur:

– Die Leitung der Medizinischen Sektion.– Die Arbeitsgemeinschaft der weltweit tätigen Koordinatoren

der Berufsfelder und Aufgabenbereiche (Internationale Koor-dination Anthroposophische Medizin – IKAM).

– Die Mitarbeiter der Medizinischen Sektion weltweit.

4 .1 . Leitung und LeitungsverständnisDas dargestellte Leitungsverständnis bezieht sich auf alle Bereiche der Medizinischen Sektion. Sowohl die Sektionsleitung, die Inter-nationale Koordination (IKAM) und auch jeder einzelne Mitar-beiter haben die Aufgabe, initiativ und integrativ im Sinne dieses Leitungsverständnisses zu wirken. Das heißt auch, dass die Wahr-nehmung einer Leitungsaufgabe in dem Maße fruchtbar wird, in dem «leiten» und «sich leiten lassen», «koordinieren» und koor-diniert werden» sich bedingen.

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Die Leitung einer spirituellen Gemeinschaft benötigt eine Struktur, die jeden einzelnen Mitarbeiter als Inspirations- und Ini-tiativquell würdigt, einbezieht und fördert. Die Medizinische Sek-tion wird in diesem Sinne durch Persönlichkeiten geleitet, die ihre Aufgabe als spirituelle Dienstleistung verstehen. Dies bedeutet ein freiwilliges Sich-Verpflichten, je nachdem, was eine Situation oder Aufgabe erfordert. Daraus ergibt sich auch, dass eine so verstan-dene Leitung keine aus dem Amt begründete Lehrautorität bean-spruchen kann und will.

Dieses Leitungsverständnis erweist sich als fruchtbar, wenn die Mitarbeiter der Sektion im Sinne der Verwirklichung der Anthroposophischen Medizin an ihren jeweiligen Orten initiativ sind und wenn sich ein Bewusstsein vom Ziel und vom Umset-zungsgrad dieser Initiativen in den Organen und Leitungsstruk-turen der Medizinischen Sektion bildet. Daraus ergeben sich die zentralen Leitungsaufgaben:

– Die Wahrnehmung des Entwicklungszustandes der anthropo-sophisch-medizinischen Bewegung.

– Das Hindurchleiten geistiger Impulse im Sinne selbstloser Wei-tergabe von Einsichten, Erfahrungen und Informationen, die Einzelnen oder Gruppen bzw. Institutionen hilfreich sein kön-nen.

– Bei Bedarf die Impulsierung, Inspiration, Integration und Koordination von Initiativen.

– Förderung und Pflege von Kommunikation und Transparenz innerhalb der anthroposophisch-medizinischen Bewegung.

Das Verhältnis von Zentrum und Peripherie, so wie es sich im menschlichen Organismus zwischen Herz und Kapillargefäßen darstellt, ist ein Funktions- und Leitbild auch für den sozialen Organismus der Medizinischen Sektion.

Aufgaben der Sektionsleitung: Die Leitung der Medizinischen Sektion am Goetheanum hat vier Aufgabenbereiche:

– Sie ist Teil der Gesamtleitung des Goetheanum.– Sie begleitet und koordiniert die Belange und Entwicklungen

innerhalb der anthroposophisch-medizinischen Bewegung und

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deren Integration in die Medizin und Heilkunst der Gegen-wart.

– Sie entfaltet Initiativen, wo dies möglich und gewünscht ist, mit dem Ziel, Wesen, Verbreitung und Akzeptanz der Anthro-posophischen Medizin zu fördern und im öffentlichen Leben zu verankern.

– Sie führt den Vorsitz der IKAM-Konferenzen und beruft die Koordinatoren im Einvernehmen mit dem IKAM-Kollegium.

Die Leitung der Medizinischen Sektion soll, je nach Erfordernis der Situation, wahrnehmen, würdigen, integrieren, delegieren, inspirieren und impulsieren.

Nominierung der Leitung bzw . der Goetheanum-Leitung: Die Lei-tung der Medizinischen Sektion wird durch das Hochschulkolle-gium nach Beratung und in verbindlicher Abstimmung mit IKAM berufen. Die IKAM-Koordinatoren beraten sich mit Kolleginnen und Kollegen der Gremien, in denen sie tätig sind, und bringen Vorschläge in das IKAM-Kollegium ein. Das Votum von IKAM für eine Nominierung orientiert sich an folgenden Kriterien:

– Die zu berufende Persönlichkeit ist in der Lage, die Arbeits- und Entwicklungsbedingungen der in der Medizinischen Sek-tion zusammenarbeitenden Berufsgruppen zu verstehen und zu fördern.

– Die zu berufende Persönlichkeit ist in der Lage, eine weltweite Organisation administrativ und unternehmerisch zu führen.

– Die zu berufende Persönlichkeit findet hinreichende Akzeptanz durch die Mitarbeiter der Medizinischen Sektion.

– Die zu berufende Persönlichkeit verfügt über Qualitäten wie Ausstrahlungskraft, Empathie, Integrationskraft und Initiative.

In der Wahl der Findungsinstrumente ist das IKAM-Kollegium frei.

Amtszeit der Leitung; Abberufung: Die Amtszeit der Leitung ist nicht zeitlich begrenzt. Kann die Leitung ihre Aufgaben nicht mehr fruchtbar wahrnehmen, wird sie durch das Hochschulkol-legium abberufen. Ein Ersuchen auf eine Abberufung kann nach

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einmütigem Beschluss auch durch IKAM an das Hochschulkolle-gium gerichtet werden.

4 .2 . Internationale Koordination Anthroposophische Medizin (IKAM)

IKAM ist die Arbeitsgemeinschaft bzw. das Kollegium der inter-nationalen Koordinatoren der Berufsfelder und Aufgabenbereiche innerhalb der Medizinischen Sektion. Die Aufgabe von IKAM ist die gemeinsame Wahrnehmung der Entwicklung der anthroposo-phisch-medizinischen Bewegung und die Verabredung und Durch-führung von Initiativen zur kollegialen Hilfeleistung und deren Förderung. Die Mitglieder von IKAM tragen jeweils individuell die spirituelle und die unternehmerische Verantwortung für ihr Aufgabengebiet.

Die IKAM-Mitglieder sind das Herzorgan der anthroposo-phisch-medizinischen Bewegung und ermöglichen der Sektions-leitung die Erfüllung ihrer Kernaufgabe. Sie bringen Impulse und Initiativen des von ihnen repräsentierten Aufgaben- oder Berufs-feldes in das IKAM-Kollegium ein. Die Berechtigung, dies zu tun, ergibt sich aus der Einsicht in die Bedeutung, Sinnhaftigkeit oder Notwendigkeit der jeweiligen Initiativen und Impulse für die Ent-wicklung des eigenen Aufgabenfeldes und / oder der anthroposo-phisch-medizinischen Bewegung im Ganzen.

Berufung der Koordinatoren: Die Koordinatoren der Berufsfel-der und Aufgabenbereiche werden durch die Sektionsleitung in Abstimmung mit den Vertretern des jeweiligen Berufs- und Auf-gabenbereichs und des IKAM-Kollegiums berufen.

Dauer der Berufung, Abberufung: Eine Berufung gilt so lange, wie die Tätigkeit des Koordinators für das Berufsfeld sowie die Zusammenarbeit mit der Sektionsleitung und IKAM fruchtbar sind. Die Fruchtbarkeit zeigt sich insbesondere in der Resonanz durch die Mitarbeiter im betreffenden Berufs- oder Aufgabenfeld sowie im Vertrauen, das die Sektionsleitung und das IKAM-Kol-legium dem Koordinator entgegenbringen.

IKAM entwickelt geeignete Instrumente, um regelmäßig die Resonanz der Tätigkeit eines Koordinators in seiner Berufs-

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gruppe bzw. seinem Aufgabenfeld zu ermitteln und gemeinsam mit der Sektionsleitung über die Fortsetzung der Mitarbeit in IKAM zu befinden.

Die IKAM-Koordinatoren: Gegenwärtig sind folgende Berufs-gruppen und Aufgabenbereiche in IKAM vertreten:

– Berufsgruppen Ärzte Heileurythmie Hebammen Heilpädagogik / Sozialtherapie Heilpraktiker Körpertherapie Kunsttherapie Pflege Pharmazie Psychotherapie Studentenarbeit – Aufgabenbereiche Altenhilfe-Einrichtungen (Nikodemuswerk) Arzneimittel-Hersteller Forschung Hochschularbeit Internationale Ärzteausbildung

(Ausbilderkreis der Medizinischen Sektion) Klinikverband, AnthroMed Internationale Medizinische Koordination Arzneimittelfragen (IMKA) Internationale Vereinigung Anthroposophischer

Ärztegesellschaften (IVAA) Öffentlichkeitsarbeit Patientenvereine Rechtsfragen Arzneimittel

Arbeitsinstrumente der Internationalen Koordination (IKAM)

Die IKAM-Konferenzen: dienen dem gegenseitigen Austausch, der Beratung und Entscheidung gemeinsamer Initiativen.

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Initiativen Einzelner: Diese sind erwünscht – sie bedürfen nur der Kommunikation und gegebenenfalls der Absprache mit den Kol-legen.

Berufskoordinatoren-Treffen: Die Berufskoordinatoren treffen sich nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich.

Initiativgruppen: können – auf der Basis der IKAM-Geschäfts-ordnung – von einem oder mehreren IKAM-Mitgliedern einberu-fen und auch wieder beendet werden.

Mandatsgruppen: werden von der Sektionsleitung oder von IKAM beauftragt, eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen.

Ad-hoc-Zusammenkünfte: Je nach Bedarf und Situation können jederzeit an jedem Ort Ad-hoc-Zusammenkünfte unter IKAM-Mitgliedern entstehen oder einberufen werden, deren Ergebnisse dem IKAM-Kollegium mitgeteilt werden.

Die Jahreskonferenz der anthroposophisch-medizinischen Bewe-gung: Einmal jährlich kommen alle Mitarbeiter der anthroposo-phisch-medizinischen Bewegung zu einer Konferenz am Goethe-anum zusammen. Die Jahreskonferenz wird durch die Sektions-leitung und die IKAM-Koordinatoren vorbereitet. Sie dient der gegenseitigen Begegnung und Inspiration. Sie ist der Ort, an dem die anthroposophisch-medizinische Bewegung sich ihrer selbst bewusst werden und aus diesem Selbstbewusstsein Kraft für ihre Aufgabe gewinnen kann. Meist integriert oder am Rande der Konferenz treffen sich auch die IKAM-Koordinatoren mit ihren Netzwerken, Foren oder Arbeitskollegien sowie Mandatsgrup-pen.

Interne und externe Kommunikation: Die IKAM-Korrespondenz ist ein internes Kommunikationsorgan der IKAM-Konferenz. Sie enthält kurze Berichte aus den Lebensfeldern der IKAM-Koor-dinatoren und dient der Bildung und Pflege des gemeinsamen Bewusstseins für die anthroposophisch-medizinische Bewegung weltweit.

Der Rundbrief der Medizinischen Sektion wird regelmäßig in

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mindestens sechs Sprachen an die Mitarbeiter der anthroposo-phisch-medizinischen Bewegung versendet. Er berichtet von den aktuellen Ereignissen, Fragen, Anliegen, Kommunikationsbedürf-nissen und möchte das geistige Band unter den Mitarbeitern welt-weit pflegen und ein zentrales Instrument der spirituellen Gemein-schaftsbildung sein.

Der Jahresbericht der Medizinischen Sektion enthält den Rechenschaftsbericht der Sektionsleitung und der IKAM-Koor-dinatoren – einschließlich der Veranstaltungen am Goetheanum und ihrer Kooperationen und Aktivitäten weltweit – sowie den Finanzbericht.

Geschäftsordnung: IKAM gibt sich seine Geschäftsordnung selbst und kann diese gegebenenfalls ändern.

Gestaltungsräume der Mitarbeiter der Medizinischen Sektion: Diese ergeben sich aus der persönlichen Initiative. Die Förderung dieser Initiativen ist die Kernaufgabe der Leitung der Medizini-schen Sektion und IKAM. Delegiertenwahlen oder andere demo-kratische Verfahren der Meinungsbildung und Abstimmung kön-nen genutzt werden, wenn sie der zu verhandelnden Sache ange-messen sind. Über den Einsatz dieser Verfahren entscheiden die Leitung der Medizinischen Sektion und die von IKAM.

Geeignete Instrumente zur Feststellung der Akzeptanz von Sektionsleitung und IKAM bei den Mitarbeitern der weltweiten medizinischen Bewegung können bei Bedarf zum Einsatz kom-men.

Rechtsverhältnisse nach innen und außen: Die Medizinische Sek-tion hat als Abteilung der «Freien Hochschule für Geisteswis-senschaft, Goetheanum» in der Schweiz im Kanton Solothurn den Status einer anerkannten privaten Hochschule. Sie vergibt Diplome und kooperiert mit vielen Ausbildungsstätten bezüglich Akkreditierungs- und Anerkennungsfragen.

Die nationalen Berufsverbände sind über die Berufskoordina-toren mit der Medizinischen Sektion verbunden. Sie unterliegen dem jeweiligen nationalen Recht. Sie treffen gemeinsam interna-tionale und übernationale Vereinbarungen oder schließen sich zu internationalen Dachorganisationen zusammen, welche die welt-

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weite, freie Entwicklung der Anthroposophischen Medizin und Heilkunst unterstützen. Sie kooperieren in dieser Aufgabenstel-lung je nach Thematik mit Arzneimittelherstellern, Patientenor-ganisationen und staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen.

Prinzipien der Finanzierung: Die Finanzierung der Medizinischen Sektion stützt sich auf vier Quellen:

– Zuwendungen der Anthroposophischen Gesellschaft,– Einkünfte aus Dienstleistungen und Veranstaltungen für die

anthroposophisch-medizinische Bewegung,– Spenden von Stiftungen und Institutionen,– Beiträge der Mitarbeiter der anthroposophisch-medizinischen

Bewegung für die Ermöglichung der Netzwerkarbeit der IKAM-Koordinatoren und von Projekten.

Dabei ist der letztgenannte Geldstrom von besonderer Wichtigkeit – in ihm spiegelt sich am getreuesten, ob die Sektionsleitung und IKAM ihre Aufgaben im Sinne der Mitarbeiter der Medizinischen Sektion erfüllen.

4 .3 . Die Geschäftsstelle der Medizinischen Sektion

Die Medizinische Sektion betreibt eine Geschäftsstelle am Goethe-anum in Dornach. Diese hat die Aufgabe, die Sektionsleitung bei allen administrativen Aufgaben zu unterstützen. Die Geschäfts-stelle ist Anlaufpunkt für alle Mitarbeiter der Medizinischen Sek-tion sowie für Kooperationspartner und die Öffentlichkeit. Sie unterstützt die IKAM-Koordinatoren in ihren Aufgaben.

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Die Arbeitsfelder der Internationalen Koordination Anthroposophische Medizin (IKAM) und ihre meditativen Impulse

Die hier wiedergegebenen Beiträge der IKAM-Koordinatoren der Medizinischen Sektion geben Einblicke in die Arbeit der verschie-denen Koordinationsfelder der täglichen Arbeit für die Anthropo-sophische Medizin.

Konferenz der Vorstände Anthroposophischer Ärztegesellschaften

Dr. med. Michaela Glöckler Leitung der Medizinischen Sektion, Gesamt-koordination [email protected]

Seit 1989 werden die Mitglieder der Vorstände aller existierenden anthroposophischen Ärztegesellschaften einmal im Jahr eingela-den, sich am Goetheanum zu treffen und sich über gemeinsame Fragen, Aufgaben und Zukunftsperspektiven auszutauschen. Im Jahr 2009 stand die Konferenz am 15. und 16. September im Zeichen des Rück- und Vorblicks auf 20 Jahre gemeinsamer Arbeit:

• Quo vadis anthroposophisch-medizinische Bewegung?

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• Wo sehen wir Innovationsbedarf, neue Gestaltungsmöglichkei-ten?

• Welche Formen der Forschung, der Aus- und Weiterbildung existieren und wo ist Entwicklungsbedarf?

• Welche Arbeitsinstrumente und Arbeitsformen braucht es? Was ist bereits vorhanden und bedarf nur der Optimierung?

• Wo steht die zu leistende Öffentlichkeitsarbeit?• Welche Aufgabenstellung muss neu ergriffen oder weiterent-

wickelt werden?• Wie lässt sich Zusammenarbeit auch in Richtung spiritueller

Gemeinschaftsbildung gestalten?• Wie kann die notwendige Übersetzungsarbeit finanziell unter-

stützt werden, damit die wichtigste anthroposophisch-medizi-nische Primär- und Sekundärliteratur weltweit zur Verfügung steht?

Im Hinblick auf diese Fragen wurde auch beraten, was sich bewährt hat, was noch entwicklungsbedürftig ist und wo Erneue-rungs- beziehungsweise Änderungsbedarf ansteht.

Die Vorständekonferenz ist der zentrale Begegnungsort der Vertreter von inzwischen 40 Ärztegesellschaften. Aus ihr ging die Neukonstituierung der Internationalen Vereinigung Anthroposo-phischer Ärztegesellschaften / IVAA hervor mit Verantwortungs-kreisen für Ausbildung, Forschung, Arzneimittelverfügbarkeit sowie die Unterstützung für das Vademecum (www.vademecum.org) und das Anthromedics-Projekt (www.gaed.de/gaaed/struk-tur/struktur/anthromedics.html). Es ist das Gremium, in dem alle international wichtigen Belange der Anthroposophischen Medizin in ihrer Entwicklung beraten und mitentschieden werden.

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IVAA – Internationale Vereinigung Anthroposophischer Ärztegesellschaften – Koordination

Dr. med. Laura Borghi – Vorstand IVAAKoordinatorin der IVAA in [email protected]

Dr. med. Thomas Breitkreuz – Präsident der [email protected]

Seit wann besteht die IVAA? Wie viele Mitgliedsverbände hat sie? Wie ist sie organisiert?

Die IVAA wurde im Jahr 1992 begründet und ist aus der IAV (Internationale anthroposophische Ärztevereinigung) hervorge-gangen. Sie ist ein Verein nach schweizerischem Recht, mit Ein-trag vom 7. Juni 1993 im Handelsregister des Kantons Solothurn (CH-247.6.000.010). Im Jahre 2013 hatte die IVAA ärztliche Mit-gliedsverbände in 31 Ländern weltweit, davon 18 in der EU, mit insgesamt ca. 3200 voll ausgebildeten anthroposophischen Ärz-ten im Jahr 2012. Die IVAA-Delegierten vertreten in der jährlich

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stattfindenden Mitgliederversammlung die nationalen Ärztege-sellschaften (www.ivaa.info). Die Leitung der IVAA erfolgt statu-tengemäß durch einen maximal siebenköpfigen Vorstand mit Prä-sident, Vizepräsident, Schatzmeister und Beisitzern, der von der jährlichen Delegiertenversammlung für jeweils drei Jahre gewählt wird. Thomas Breitkreuz ist seit September 2013 Präsident der IVAA. Die Leitung der Medizinischen Sektion am Goetheanum ist selbstverständliches Mitglied des IVAA-Vorstandes. Der Vor-stand der IVAA arbeitet kooperativ mit eigenverantwortlicher Aufgabenverteilung der Vorstandsmitglieder unter der Leitung und Gesamtkoordination des Vorsitzenden. Die IVAA wird aus Mitgliedsbeiträgen und projektbezogenen Zuwendungen von Stif-tungen mit einem Jahresbudget von 130 000 CHF finanziert.

Welche Aufgaben hat die IVAA?

Die statutengemäße Aufgabe ist die weltweite Vertretung der anthroposophischen Ärztegesellschaften in rechtlichen und poli-tischen Angelegenheiten. Die IVAA ist mit ihrer internationalen Aufgabe aktuell vornehmlich innerhalb der EU tätig, da dort die Anerkennung der AM und ihrer Arzneimittel Voraussetzung für die Ausbreitung weltweit ist. Sie kooperiert mit anderen kom-plementärmedizinischen Ärztegesellschaften in der «CAMDOC-Alliance» und darüber hinaus auch mit den entsprechenden CAM-Verbänden von Patienten und nicht-ärztlichen Berufen im «EUROCAM»-Bündnis.

Die IVAA unterhält in Brüssel in Nähe von Parlament und Kom-mission eine ständige Präsenz (IVAA EU Liaison Office). Im Hin-blick auf die europäische Gesetzgebung setzt sich die IVAA mit einer mehrjährigen Perspektive für die offizielle Anerkennung und damit für die Markenzulassung der AM-Medikamente in der EU ein. Sie verfolgt dieses Vorhaben in enger Abstimmung mit den anderen Stakeholdern der AM (Hersteller, Patienten, Wissen-schaftler, Pharmazeuten, Therapeuten), einschließlich ESCAMP. ESCAMP erarbeitet zurzeit die wissenschaftlichen Voraussetzun-gen für die Zulassung anthroposophischer Medikamente nach einem neuen Konzept zum Nachweis ihrer Wirksamkeitsbeurtei-lung im Rahmen des Gesamtsystems der AM. Die IVAA setzt sich

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gleichzeitig für die Anerkennung von CAM in der europäischen Gesundheitspolitik ein, kooperiert hierzu auf EU-Ebene eng mit den anderen CAM-Interessengruppen und beteiligt sich an wichti-gen Initiativen in der europäischen Gesundheitspolitik.

Die IVAA unterstützt mit Rat und Tat die nationalen Mitglieds-assoziationen weltweit bei rechtlich-politischen Problemen in ihren Ländern und gewährleistet einen Rückfluss der Erfahrungen aus den einzelnen Ländern in die internationale ärztliche Gemein-schaft. Außerhalb Europas befürwortet die IVAA eine regionale und sachbezogene Zusammenarbeit ihrer Mitgliedsassoziationen.

Die IVAA nimmt ihre Aufgabe im Gremium der Internatio-nalen Koordination Anthroposophische Medizin IKAM wahr. Sie vertritt rechtlich-politisch relevante Gesichtspunkte aus dem Bereich der Anthroposophischen Medizin in der IKAM-Arbeit, wie umgekehrt die IKAM-Anliegen in die Arbeit des IVAA-Vor-standes und, durch die Delegierten, in die anthroposophischen Ärztegesellschaften insgesamt vermittelt werden.

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Welches sind die drängendsten Probleme, an denen die IVAA arbeitet?

Auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene wird daran gearbeitet, die Anerkennung des Gesamtsystems der Anth-roposophischen Medizin und speziell der ärztlichen Arbeit sowie die Zulassung und Verfügbarkeit der anthroposophischen Heil-mittel angemessen zu sichern. Das drängendste Problem ist die noch nicht vorhandene Anerkennung für die Arzneimittel der AM in den Regelungen der Marktzulassung von Medikamenten in der EU. Nur in einigen wenigen EU-Mitgliedsstaaten (u. a. Deutsch-land) ist hierzu eine befriedigende nationale rechtliche Regelung gefunden worden, die aber noch nicht EU-systemkonform und deshalb auch nicht zukunftssicher ist. In den meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten sind die bisherigen nationalen Regelungen unbe-friedigend, in manchen sind AM-Medikamente sogar verboten.

Mit welchen Strukturen wird an diesen Problemen gearbeitet?

Die IVAA-Arbeit erfordert einerseits, die politischen Entschei-dungsträger in den EU-Institutionen (EU-Kommission, Europäi-sches Parlament und Rat) zu einer Anerkennung von CAM als unverzichtbaren Teil des öffentlichen Gesundheitswesens zu bewegen. Dies geschieht im Bündnis mit den o. g. übergreifenden Stakeholdern der Komplementärmedizin (CAMDOC, EURO-CAM) und auf nationaler Ebene durch entsprechende Kontakte, Initiativen und weitere CAM-Forschung (CAMbrella und Nach-folgeprojekte). Zum anderen setzt die IVAA sich für die spezifi-schen Anliegen der AM und eine angemessene Regelung der AM-Medikamente in der europäischen Rechtsetzung für Humanmedi-zin ein. Diese Aktivität erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den anderen AM-Organisationen. So besteht eine enge Kooperation mit ESCAMP, deren wissenschaftliche Arbeit von der IVAA poli-tisch begleitet und deren Vorschläge für eine europäische Arznei-mittelregulation von der IVAA aufgegriffen werden. Enge Abspra-chen bestehen auch mit dem Patientenverband EFPAM, dem Phar-mazeutenverband IAAP und dem Herstellerverband ECHAMP (European Coalition of Homeopathic and Anthroposophic Medi-cines Producers) sowie mit der NGO ELIANT.

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Können die Grundsätze oder Hinweise aus dem Werk Rudolf Steiners für die politische Arbeit genutzt werden?

Für das Selbstverständnis und die Kooperationen der IVAA ist der Bezug zur Dreigliederung des sozialen Organismus hochgra-dig relevant. Das «soziale Hauptgesetz» ist ein Leitstern für die Zusammenarbeit im IVAA-Vorstand.

Die IVAA bringt sich in die politische Gestaltung nicht als politischer Lobby-Verband ein, sondern arbeitet im Bewusstsein einer inneren Orientierung an den «Bedingungen zur Geheim-schulung» aus «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Wel-ten?», die u. a. das Gleichgewicht zwischen Innenwelt und Außen-welt schaffen wollen. Hier lautet die zweite Bedingung: «sich als ein Glied des ganzen Lebens zu fühlen … In der Erfüllung dieser Bedingung ist viel eingeschlossen … Und dann wird mir die Vor-stellung auch nicht mehr ferne liegen, dass ich nur ein Glied in der ganzen Menschheit bin und mitverantwortlich für alles, was geschieht.»

Die hohe Wertschätzung Rudolf Steiners für klare rechtliche Verhältnisse und optimale juristische Regelungen für anthroposo-phische Arbeitszusammenhänge ist bekannt.

Am 26. Dezember 1923, während der Weihnachtstagung, führte er aus: «Denn würden wir heute aus irgendeiner Sympa-thie heraus beschließen, in den Gruppen nur innerlich zu arbei-ten, was ja gewiss sehr schön wäre, würden wir uns nicht um die Öffentlichkeit kümmern, so würden wir sehen, wie das noch immer mehr und mehr überhandnimmt, dass sich die Öffentlich-keit um uns im feindlichen Sinne bekümmert.»83

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Internationale Koordination Anthroposophische Arzneimittel / IMKA

Dr. med. Andreas ArendtInternationale Medizinische Koordination Arzneimittel / [email protected]

Die Hauptaufgabe von IMKA ist es, länderübergreifende Fragen und Probleme bezüglich der anthroposophischen Arzneimittel aufzugreifen, mit den Herstellern ins Gespräch zu bringen oder ggf. zwischen den Erfordernissen der Ärzte und denen der Her-steller zu vermitteln. Andreas Arendt (Schweiz) ist IMKA-Koordi-nator. Er arbeitet mit den Kollegen und IMKA-Mitgliedern Laura Borghi (Italien), Philipp Busche (Deutschland), Markus Debus (Deutschland), Reinhard Schwarz (Österreich) und Michaela Glöckler (Medizinische Sektion, Schweiz) zusammen. Abhängig von der Aufgabenstellung wurden in den Kreis der Mitarbeiter jeweils weitere Personen einbezogen.

Arbeitsweise von IMKA

Regelmäßige Gespräche mit den Herstellern anthroposophischer Arzneimittel, in der Regel ein bis zwei Mal jährlich und nach Bedarf. Dabei werden jeweils aktuelle Themen aus den Berei-chen Arzneimittelsortiment, Verfügbarkeit, Lieferfähigkeit, auch mit Bezug auf Verbreitung und Forschung, besprochen. Einmal jährlich moderiert IMKA das gemeinsame Treffen der Internatio-nalen Konferenz der Vorstände der Anthroposophischen Ärztege-sellschaften mit den Herstellern. Dieses Treffen bietet auch eine Plattform, auf der die Ärztevertreter aus der ganzen Welt direkt mit Verantwortungsträgern der Herstellungsbetriebe anthropo-

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sophischer Arzneimittel in ein persönliches Gespräch kommen können.

Projekt: Vademecum Anthroposophischer Arzneimittel

Das Vademecum fasst die von einem internationalen Redakti-onsteam geprüften Erfahrungsberichte anthroposophischer Ärzte zu einzelnen Arzneimitteln zusammen. Derzeit liegt in deutscher Sprache bereits die 3. Auflage vor. An der 4. Auflage, die zusätz-lich die onkologische Misteltherapie beinhaltet, wird derzeit gearbeitet. Sowohl durch das Einsenden neuer Erfahrungsbe-richte als auch kritischer Äußerungen zu den bereits bestehenden und publizierten Erfahrungen soll die Qualität des Vademecums fortlaufend verbessert werden. Übersetzungen des Vademecums ins Englische, Italienische, Spanische und Französische sind in Arbeit oder bereits fertiggestellt. www.vademecum.org

International Association of Anthroposophic Pharmacists (IAAP)

Dr. rer. nat. Manfred KohlhaseIKAM-Koordinator [email protected]

Rechtlich-organisatorische Darstellung des Dachverbandes

2001 schlossen sich die anthroposophisch orientierten Pharma-zeuten als Berufsgruppe mit ihrem im selben Jahr gegründeten

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internationalen Dachverband IAAP der Medizinischen Sektion am Goetheanum an. Die IAAP ist ein Verein nach Schweizer Recht und vertritt heute sieben europäische nationale Mitglieds-organisationen (in Belgien-Niederlande, Deutschland, England, Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz) und einen Apotheker-verband in Übersee: Brasilien (Farmantropo = Associação Brasi-leira de Farmácia Antroposófica). Für Länder ohne eigene anthro-posophische Verbandsorganisation gibt es die Möglichkeit, als Fachkollege/in direkt die IAAP–Mitgliedschaft zu erwerben. In Deutschland (GAPiD) können inzwischen auch Pharmazeutisch Technische Assistent/Innen die (außerordentliche) Mitgliedschaft erwerben. Eine Neugründung in Japan ist in Vorbereitung. Der Vorstand besteht aus Repräsentanten der Mitgliedsländer.

Um ein gemeinsames international ausgerichtetes geistig-seeli-sches Band unter den anthroposophisch orientierten Pharmazeu-ten zu schaffen und um den aktuellen Stand der Arbeit der IAAP im persönlichen Austausch zu reflektieren, bietet der IAAP-Vor-stand regelmäßig jedes Jahr auf der Jahreskonferenz der Medizini-schen Sektion eine offene Vorstandssitzung und einen Fachwork-shop über das APC (Anthroposophic Pharmaceutical Codex) an.

Berufsentwicklung

Vor dem Jahr 2000 gab es unter den Apotheker/innen, die entwe-der bei der Abnoba, Helixor, Wala oder Weleda arbeiteten (ver-einzelte Offizin-Apotheker mit eingeschlossen), kein gemeinsames Berufsbewusstsein oder Berufsbild. Manfred Kohlhase bildete auf Anregung eines Geschäftsleitungskollegen aus der Weleda Eng-land eine Initiativgruppe aus Weleda- und Wala-Pharmazeuten, die sich zur Aufgabe machte, ein Berufsleitbild zu erarbeiten und eine Berufsorganisation/Verband mit entsprechender Satzung zu kreieren. Elf Apotheker/innen gründeten daraufhin in 2001 den Berufsverband Anthroposophischer Apotheker in Deutschland. Parallel dazu entstand im selben Jahr ein britischer Verband und es gab anfängliche Schritte zur Installierung des Internationalen Dachverbandes (IAAP). In den Folgejahren gründeten sich weitere anthroposophische Apotheker-Berufsverbandsorganisationen.

Die IAAP fungierte dabei als Unterstützer und Helfer dieser Neubildung von Apotheker-Organisationen, indem sie orientie-

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rende Satzungs- und Berufs-Leitlinien erarbeitete und die Bedin-gungen zur Mitgliedschaft im IAAP festlegte.

Als wegleitend sind auch die internationalen Leitlinien zur Weiterbildung zum Anthroposophischen Apotheker, IFEAP = International Further Education in Anthroposophic Pharmacy, entwickelt worden.

Ziele und Aufgaben des IAAP (Leistung und Repräsentanz)

Die IAAP möchte in erster Linie alle anthroposophisch orientier-ten, pharmazeutisch Tätigen weltweit repräsentieren und dazu beitragen, die naturwissenschaftlich orientierte Pharmazie um geisteswissenschaftliche Aspekte zu erweitern. Dabei setzt sie auf interdisziplinäre Zusammenarbeit mit allen anthroposophisch-medizinisch-therapeutisch arbeitenden Kollegen/innen.

Als ein langjähriges Ziel und Projekt verfolgt sie die Heraus-gabe des Anthroposophischen Arzneibuches (APC) bzw. seine offizielle Anerkennung als rechtsgültige Pharmakopöe. Inzwi-schen sind zwei elektronische Editionen zugänglich, die bereits in den Arzneimittel-Zulassungsbehörden der Schweiz, Brasiliens und Australiens als anerkannte Qualitätsdokumente gelten und zum Markterhalt der anthroposophischen Präparate im Land dienen konnten. 2013 erschien die dritte erweiterte Auflage erstmals auch in Buchform (siehe: www.iaap.org.uk).

Als eine zentrale Aufgabe sieht sie auch die Entwicklung von international gültigen Standards in der Fort- und Weiterbildung sowie in der Arbeits-Praxis des anthroposophischen Apothekers (siehe IFEAP). Absolventen der Weiterbildung können durch die IAAP nach einheitlichen Standards zertifiziert werden und damit die Marke Anthromed® Pharmacy erwerben. Fernziel ist ein welt-weites Netz aus Anthromed®-Apotheken, die auf magistraler Ebene anthroposophische Arzneimittel herstellen können, da ihr herstellendes Personal zertifizierte Weiterbildungen in anthropo-sophischer Pharmazie durchlaufen hat.

Möglicherweise kann die IAAP in Zukunft dazu beitragen, dass für diese Apotheken in Ländern ohne Versorgung mit anthro-posophischen Arzneimitteln Grundsubstanzen, die im APC aufge-führt sind, zur Verfügung gestellt werden.

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Finanzielle Grundlagen

Die Arbeit und die Projekte des IAAP-Dachverbandes werden ehrenamtlich vom Vorstand geführt und bisher durch Mitglieds-beiträge sowie Unterstützung der anthroposophischen Hersteller-firmen finanziert. In Zukunft sollen Sponsorengelder mithelfen, die Abhängigkeit von der Unterstützung der Herstellerfirmen zu verringern.

Ein Wahrspruchwort – auch für Pharmazeuten?

Rudolf Steiner hat keinen speziell für Pharmazeuten ausgerich-teten Kurs gegeben. In den sog. Ärztekursen84 sind aber etliche pharmazeutische Aspekte, Fragestellungen und Hinweise enthal-ten. Insbesondere in dem Buch «Grundlegendes für eine Erwei-terung der Heilkunst» (GA 27) widmen sich Rudolf Steiner und Ita Wegman in einem eigenen Kapitel den damals neuen und bis heute wichtigen Typenmitteln der Anthroposophischen Medizin. In dem ersten Ärztekurs «Geisteswissenschaft und Medizin» (GA 312) werden u. a. kursorisch Ursprung, Methodik und Herstel-lung homöopathischer Heilmittel behandelt und wichtige Her-stellungsanweisungen für Mistelzubereitungen gegeben. Zudem findet der Pharmazeut im ganzen Werk Rudolf Steiners eine Fülle von charakteristischen Schilderungen über Heilsubstanzen aus allen Reichen der Natur, seien es Mineralien, Metalle, Heilpflan-zen oder Substanzen tierischen Ursprungs, wobei vor allem die geistige und verborgene Seite dieser Stoffes-Welt deutlich wird und die Beziehung zum Menschen und seinen Erkrankungen zutage tritt.

Die Aufgabe des Apothekers bestand seit Jahrhunderten darin, sich Kenntnisse über Naturstoffe zu erwerben und daraus Arznei-mittel zuzubereiten. Diese Herstellungs-Kunst und tiefe Kennt-nisse über Substanzen aus der Natur werden heute in den Apothe-ken und von den Pharmazeuten weitgehend nicht mehr benötigt.

Der anthroposophische Pharmazeut hingegen lernt die Mis-sion der Substanzen kennen. Er entdeckt die Heilbeziehungen zum Menschen und lebt sich ein in ein geisteswissenschaftliches Ver-ständnis von Gesundheit und Krankheit. Zudem wird in ihm die Freude am Herstellen, am Praktisch-tätig-Werden wieder erweckt.

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Und so ist der Leitspruch von Rudolf Steiner, den er am Ende eines öffentlichen Vortrages (GA 297) in der Stuttgarter Waldorfschule am 24. September 1919 zum ersten Mal aussprach, auch für unsere Berufsgruppe passend:

Suchet das wirklich praktische materielle Leben,Aber suchet es so, dass es euch nicht betäubt über den Geist, der in ihm wirksam ist.Suchet den Geist,Aber suchet ihn nicht in übersinnlicher Wollust, aus übersinnlichem Egoismus,Sondern suchet ihn,Wie ihr ihn selbstlos im praktischen Leben, in der materiellen Welt anwenden wollt.

Wendet an den alten Grundsatz:«Geist ist niemals ohne Materie, Materie niemals ohne Geist» in der Art, dass ihr sagt:Wir wollen alles Materielle im Lichte des Geistes tun,Und wir wollen das Licht des Geistes so suchen, Dass es uns Wärme entwickele für unser praktisches Tun.

Der Geist, der von uns in die Materie geführt wird,Die Materie, die von uns bearbeitet wird bis zu ihrer Offenbarung,Durch die sie den Geist aus sich selber heraustreibt;Die Materie, die von uns den Geist offenbart erhält,Der Geist, der von uns an die Materie herangetrieben wird,Die bilden dasjenige lebendige Sein,Welches die Menschheit zum wirklichen Fortschritt bringen kann,Zu demjenigen Fortschritt, der von den Besten in den tiefsten Untergründen der Gegenwartsseelen nur ersehnt werden kann.

Rudolf Steiner 85

Der ganze Duktus ist auffordernd, fast drängend und zur Umset-zung aufrufend, willensbetont. «Suchet …» «wendet an …» «wir wollen …» Dieses Suchen und dann Umsetzen findet auf der Basis

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eines «alten Grundsatzes» statt: «Geist ist …» Ermahnend klin-gen die Worte, den Geist nicht in «übersinnlicher Wollust» zu suchen. Die luziferische Abwendung vom irdischen Arbeitsleben soll vermieden werden, stattdessen ist die spirituelle Seite des Lebens anzustreben, mit dem Ziel, das Alltagsleben, Arbeitsleben zu durchwärmen mit geistgetragenen Gedanken. Mit ihnen beein-flussen, durchdringen wir das irdisch-materielle Dasein, sodass es sich in seiner wahren geistigen Seite erst zeigen kann.

Um eine Substanz zum Arzneimittel zu verwandeln, wird der Pharmazeut jeden Herstellungsprozess, z. B. den Potenzier-Vor-gang, mit heiltragenden Gedanken begleiten. Die Substanz wird schrittweise vom Materiellen befreit und offenbart den Geist, der in ihr wirksam ist. Gelingt dies in der besten Weise, so entsteht Fortschritt zum Heil des Menschen. Der Leitspruch fordert uns auf, unsere Arbeit mit ich- und geistgetragener Wärme und Liebe auszuüben, und kann uns immer wieder befeuern, diesen Fort-schritt herbeizuführen.

Internationaler Forschungsrat / Research Council

Dr. med. Helmut KieneInternationale Koordination Forschunghelmut.kiene@ifaemm.dewww.dialogforum-pluralismusindermedizin.de

Nachdem die Forschung zur AM im ersten Jahrsiebt nach der Jahrhundertwende eine deutliche formale Professionalisierung erfuhr, parallel zu der schulmedizinischen Entwicklung der evi-denzbasierten Medizin, lag in dem nun abgeschlossenen zweiten Jahrsiebt eine zusätzliche wesentliche Orientierung in dem Ver-

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such einer verstärkten Akademisierung. Dieser Weg der Akademi-sierung findet nun einen immer deutlicheren Niederschlag.

Es gibt heute, und zwar teilweise aufgrund von Stipendien oder Förderungen im Rahmen von Forschungsprojekten, über 20 habilitierte Mediziner im Kontext der AM. Mittlerweile gibt es auch die namentliche Verankerung der AM in verschiedenen Professuren: Allen voran heißt der Gerhard-Kienle-Lehrstuhl an der Universität Witten/Herdecke heute «Lehrstuhl für Medizin-theorie, Integrative und Anthroposophische Medizin»; der Lehr-stuhlinhaber ist Prof. Dr. med. Peter Heusser. Zu diesem Lehrstuhl gehörig sind verschiedene Professuren, u. a. seit diesem Jahr auch eine «Professur für Integrative Neuromedizin – Schwerpunkt Anthroposophische Medizin» (Prof. Dr. med. Wolfram Schar-brodt). In den Niederlanden gibt es an der Hogeschool Leiden ein Professorship «Anthroposophic Healthcare», Inhaber ist Prof. Dr. med. Erik Baars. An der Universität Bern wurde 2014 eine Ao. Professur für Anthroposophisch erweiterte Medizin eingerichtet, die Prof. Dr. med. Ursula Wolf übernahm. – Für die Zukunft sind wohl noch weitere ähnliche Akademisierungsschritte zu erwarten. Selbstverständlich sind neben dieser verbreiterten universitären Basis auch die außeruniversitären Forschungsaktivitäten unver-mindert wichtig, zumal es dort manchmal größere Freiheitsgrade der Positionierung gibt.

Unter den Forschungsbereichen zur Anthroposophischen Medizin ist weiterhin die zur Misteltherapie führend, mit über 1000 Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften und über 150 klinischen Studien zur Wirksamkeitsfrage. Bislang allerdings erfüllten die meisten dieser Studien nicht die heute allgemein geforderten formalen Qualitätsstandards.

Eine Ahnung von der heute bestehenden Breite, Vielfalt und Dyna-mik der Forschung kann man gewinnen, wenn man sich verdeut-licht, dass in den deutschsprachigen Ländern mittlerweile mehr als 20 Forschungseinrichtungen zur Anthroposophischen Medi-zin existieren: jeweils bei den Arzneimittelherstellern: Weleda, WALA, Helixor, Hiscia, Abnoba, Birken, und an Krankenhäu-sern: Herdecke, Forschungsinstitut Havelhöhe / FFIH, Filderklinik Institute Academic Research in Complementary and Integrative Medicine /ARCIM, Arlesheim, Richterswil, sowie an Universitä-

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ten bzw. Hochschulen: Universität Witten/Herdecke (Lehrstuhl), Integriertes Begleitstudium Anthroposophische Medizin; Uni-Zentrum Naturheilkunde und Forschungszentrum an der Univer-sität Freiburg; IFAEMM Freiburg; Carus-Institut Öschelbronn, Alanus-Hochschule, IKOM Bern.

Für die Zukunft wird wichtig sein, verstärkt Forschungspro-jekte zu den Themen von Erkenntnismethodik, Anthropologie und Ausbildung anthroposophischer Erkenntnisfähigkeiten zu veranlagen.

Internationale Koordination Anthroposophische Medizin – Freie Hochschule für Geisteswissenschaft

Dr. med. Matthias GirkeInternationale Koordination Hochschul-arbeitKoordination Anthromedics-Projektmatthias.girke@havelhoehe.dewww.havelhoehe.de

Der Erkenntnisweg der Freien Hochschule für Geisteswissen-schaft bekommt in den einzelnen Sektionen eine besondere Gestal-tung. Dieser Weg, der zum wahren Menschlichen führen und das Geistige im Menschenwesen mit dem Geistigen der Welt verbin-den will, steht mit den zentralen Fragen der Medizin und Heil-kunst in Zusammenhang. So braucht bereits die Diagnose ihre geisteswissenschaftlichen Wesensgliederdimensionen, um sich dem Wesen des Patienten nähern zu können und den Heilbedarf sowie die konkrete Therapie zu finden. Diese ist nun nicht nur hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu prüfen, sondern stellt darüber hinaus die Frage nach dem für den Patienten «Guten». In jeder Begegnung mit dem Patienten wird aus der wissenschaftlichen

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Frage der geeigneten Therapie die moralische «Wie finde ich das Gute?». Hier helfen keine Leitlinien weiter, vielmehr bedarf es der Befähigung zur ethischen Entscheidungsfindung durch einen meditativen Erkenntnisweg. Schließlich wird in der therapeuti-schen Beziehung zum Patienten die Schwelle zum geistigen Wesen des anderen Menschen mit ihren Herausforderungen real und ver-langt Auseinandersetzung mit den zahlreichen Zweifel- und Sinn-fragen in der Patientenbegleitung: Ablehnung und «Hass» auf die Erkrankung, «gegen die nun endlich vorgegangen werden muss», und den unterschiedlichen Qualitäten von Angst und Furcht, die sich sowohl auf der Seite des Patienten als auch des Therapeu-ten einstellen können. Der meditative Erkenntnisweg trennt sich nicht von Praxis und Leben, sondern befruchtet die therapeuti-sche Arbeit und Alltagskompetenzen durch Entwicklung von the-rapeutischer Inspirationsfähigkeit, Vertiefung der Beziehung zum Patienten und seinem Schicksal sowie zur Verstärkung der thera-peutisch wirksamen Kräfte. Durch den individuellen Erkenntnis-weg und die Willensanstrengungen der Einzelnen bildet sich der gemeinschaftsstiftende Zusammenhang der Michaelschule und wird bis in die praktische Arbeit wirksam.

Die Arbeit der Freien Hochschule auf dem Gebiet der Medi-zin wendet sich in Tagungen und Konferenzen für therapeutisch Tätige aus den verschiedenen Berufsgruppen medizinischen Fragestellungen zu. Eine weitere Aufgabe ist die Förderung der inhaltlichen Entwicklung der Anthroposophischen Medizin und ihre Darstellung sowie Repräsentanz in der Öffentlichkeit. Hierzu gehört die Förderung geisteswissenschaftlicher Forschung zu Krankheitskonzeptionen und therapeutischen Vorgehenswei-sen, wie sie in den verschiedenen Arbeitszusammenhängen der therapeutischen Professionen geleistet wird. Ihre Konzeptionen und Ergebnisse müssen durch die Grundlagenforschung und die unterschiedlichen Instrumente evaluativer Forschung in ihrer Wirksamkeit überprüft werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit fließen in das Anthromedics-Projekt. Als Portal der Anthro-posophischen Medizin soll es sowohl dem Kennenlernen und dem Einstieg in die Anthroposophische Medizin dienen als auch die Vertiefung in ihr Krankheitsverständnis und Therapiekon-zeptionen ermöglichen. Die wesentliche Basis sind derzeit die Artikel des Merkurstab – Journal of Anthroposophic medicine,

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herausgegeben von der Medizinischen Sektion und der Ge -sellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD). Diese werden mit der Veröffentlichung 2016 in vollem Umfang (Artikel seit 1946) zur Verfügung stehen. Zukünftig wird der Gesamtüberblick über die Anthroposophische Medizin und ihre praktischen Lebensfelder sowie die Darstellung der einzelnen Fachgebiete ebenfalls veröffentlicht. Durch das laufende Über-setzungsprojekt sollen möglichst zahlreiche Texte nicht nur in der deutschen, sondern auch englischen und spanischen Sprache vorliegen.

Das Internationale Jungmedizinerforum

Anna Sophia Werthmann, ÄrztinInternationale Koordination Jungmediziner-forumanna.sophia.werthmann@jungmedizinerfo-rum.orgwww.jungmedizinerforum.org

Tanja Geib, MedizinstudentinInternationale Koordination Jungmediziner-forumtanja.geib@jungmedizinerforum.orgwww.jungmedizinerforum.org

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Für das Jungmedizinerforum: Tanja Geib, Ann-Kristin Olk, Franziska Schüler, Anna Sophia Werthmann, Philipp Busche, Christoph Holtermann, Johannes Weinzirl, Paul Werthmann.

Die Entstehung des Jungmedizinerforums: Aus dem Anliegen, studentische anthroposophisch-medizinische Bedürfnisse, Initi-ativen und Arbeitskreise wahrzunehmen und zu vernetzen, bil-dete sich 2003 an der Medizinischen Sektion am Goetheanum die «Internationale Koordination Studentenarbeit». 2011 ent-wickelte sich daraus das heutige «Jungmedizinerforum», dessen Name einerseits im Hinblick auf die sozialbildende Tätigkeit von Helene von Grunelius und in Anlehnung an den von Rudolf Stei-ner gehaltenen «Jungmedizinerkurs» und so auch den seit Jahren am Goetheanum stattfindenden Jungmedizinertreffen gewählt wurde.

Das Jungmedizinerforum ist selbständig, international und interdisziplinär ausgelegt und steht so im Zusammenhang mit der «Medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissen-schaft am Goetheanum». Entsprechend ist es in der Internationa-len Koordination Anthroposophische Medizin (IKAM) vertreten.

Wir sind junge Medizinstudierende und Ärzte mit Interesse an Anthroposophischer Medizin und wollen als Forum einen Begegnungsort bilden, der dazu beiträgt, dass junge Menschen ihre Impulse verwirklichen können. Das Leitbild ist für uns dabei die Frage: «Wie werde ich ein guter Arzt?»

Zusammenarbeit: Im Jungmedizinerforum betätigt sich ein klei-ner Kreis von Mitarbeitern – umgeben von vielen initiativen Men-schen in der ganzen Welt – in vielfältigen Projekten. Die Rolle der Mitarbeiter lässt sich durch eine kontinuierliche, verbindliche Zusammenarbeit charakterisieren. Sie wollen einen Überblick über bestehende Aktivitäten halten sowie aktuelle Bedürfnisse und Aufgaben wahrnehmen. Die Aufnahme von neuen Mitarbei-tern erfolgt mit Zustimmung aller Mitarbeiter. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Kurzfristige Entscheidungen im Namen des Jungmedizinerforums kann jeder Mitarbeiter einzeln auf Grundlage unseres Leitbildes treffen.

Jeder Mitarbeiter ist in einer beliebigen Anzahl von Projek-ten des Jungmedizinerforums tätig. Die Projekte werden jeweils

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von einem oder mehreren Mitarbeitern sowie weiteren initiativen Menschen außerhalb dieses Kreises betreut. Aufgaben werden nach dem Initiativprinzip verteilt. Jeder übernimmt die Aufgaben, die er übernehmen möchte. Jede neu eintreffende Aufgabe wird kommuniziert. Aufgaben, die noch nicht ergriffen wurden, prüfen wir erneut auf ihre Notwendigkeit hin. Wird sie als notwendig erkannt, wird sie zu einem Projekt des Jungmedizinerforums. Aus Eigeninitiative ergriffene Aufgaben sind viel einfacher durchzutra-gen als äußere Verpflichtungen. Das Initiativprinzip erwies sich uns bisher als guter Weg, Verpflichtungen, die aus der Sache ent-stehen, in innere Verpflichtungen umzuwandeln. Wir haben nicht nur gelernt, Initiative zu entwickeln, wir mussten auch lernen, Aufgaben abzugeben. Das Leben, und all die Fragen, die es an uns stellt, bringt es mit sich, dass man manchmal an die Gren-zen seiner Belastbarkeit gebracht wird. Für solche Fälle besteht die Absprache, dies offen zu kommunizieren. Immer wieder unterstützen und vertreten wir einander oder tragen zeitweise die Aufgaben der anderen mit. Selbst die Gesamtkoordination wird phasenweise von verschiedenen Menschen getragen. Initiative braucht Solidarität.

Es finden etwa zweimal jährlich Treffen statt, um die gegen-seitige Wahrnehmung und Absprachen zu erleichtern. Die Kom-munikation zwischen den Treffen findet über E-Mail-Listen, monatliche Telefonkonferenzen und eine internetbasierte Projekt-management-Software statt.

Öffentlichkeit: Eines der wesentlichen Ziele des Jungmediziner-forums ist die Vernetzung von anthroposophisch interessierten jungen Menschen und die Bereitstellung von Informationen über stattfindende Tagungen und Seminare. Dies geschieht häufig in Kooperation mit weiteren Initiativen wie beispielsweise der Aka-demie GAÄD (Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte Deutsch-land).

Das Jungmedizinerforum versendet etwa viermal im Jahr eine Rundmail, in der über aktuelle Aktivitäten und Veranstaltungen informiert wird. Um junge Menschen zu fördern und den Zugang zur Anthroposophischen Medizin zu erleichtern, hat das Jungme-dizinerforum in Kooperation mit der GAÄD und der Initiative für Ausbildung in Anthroposophischer Medizin e.V. Pakete für Stu-

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dierende und Assistenzärzte entwickelt, die unter anderem eine vergünstigte GAÄD-Mitgliedschaft, ein «Merkurstab»-Abonne-ment und vergünstigte Tagungsteilnahmen beinhalten.

Die Internetseite des Jungmedizinerforums (www.jungme-dizinerforum.org) dient zusätzlich als Kontaktmöglichkeit und Informationsstelle. Dort wird unter anderem ein Kalender ge -pflegt, der anstrebt, alle anthroposophisch-medizinischen Veran-staltungen abzubilden, sodass man sich einen Überblick sowohl über alle Aktivitäten als auch Veranstaltungen, wie das Einfüh-rungsseminar, die Studienwoche etc., verschaffen kann.

Internationalität: Mit der Pfingsttagung «Die Erkraftung des Herzens» im Mai 2013 fand die erste vom Jungmedizinerforum organisierte internationale Tagung statt. Während der Tagung gab es täglich Gespräche zur internationalen Zusammenarbeit, sodass wir uns ein erstes Bild machen konnten von den Fragen, Ideen und Anliegen der anderen Länder. Die Rahmenbedingun-gen (z. B. das Vorhandensein von Ausbildungsstätten, die Mög-lichkeit, anthroposophische Heilmittel zu verordnen) sind über-all verschieden. Es wurde deutlich, dass es allen ein Anliegen ist, miteinander in Kontakt zu sein, um inhaltliche und organisatori-sche Fragen zu bewegen. Mit der Erfahrung, die wir durch unsere Tätigkeit gesammelt haben, möchten wir gerne initiative Men-schen bei Projekten in ihrem Heimatland unterstützen. Wir wol-len dabei helfen, dass sich in den verschiedenen Ländern ebenfalls junge Menschen zusammenfinden, um die koordinierende Tätig-keit in ihrer Region zu übernehmen.

Auf der Pfingsttagung 2013 wurde auch deutlich, wie wertvoll die persönliche Begegnung ist. In diesem Sinne planen wir auch weitere internationale Treffen, z. B. im Rahmen der Jahreskonfe-renz der Medizinischen Sektion am Goetheanum.

Interdisziplinarität: Wie können die unterschiedlichen pflegeri-schen, therapeutischen und medizinischen Berufe so zusammen-arbeiten, dass es dem Heil des Patienten dient? Was trägt jede Berufsgruppe zum Heilungsprozess bei und auf welche Art? Diese und ähnliche Fragen werden schon seit Gründung der Stu-dentenkoordination und auch aktuell immer noch intensiv im Jungmedizinerforum bewegt. Aus dem Anliegen, schon in der

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jungen Generation eine gute gegenseitige Wahrnehmung, Wert-schätzung und neue Formen der Zusammenarbeit zu ermöglichen und zu entwickeln, gab es einige Jahre interdisziplinäre Tagungen des «Forum Asklepios».

2013 waren diese Fragen zentrales Thema auf der Pfingstta-gung «Die Erkraftung des Herzens». Seitdem bilden sich neue «junge» Zusammenhänge. Diese werden teilweise dem Jungme-dizinerforum angegliedert, sodass die vorhandenen Infrastruktu-ren mit genutzt werden können, oder sie sind selbständig orga-nisiert. Ausgehend vom Jungmedizinerforum wollen wir diese Initiativen bestmöglich fördern und die Zusammenarbeit unter den medizinischen Berufsgruppen weiter pflegen.

Finanzierung der Koordination: Um den organisatorischen Auf-wand für das Jungmedizinerforum möglichst gering zu halten, wurde auf die Gründung einer eigenen Rechtsperson verzichtet. Die Zusammenarbeit mit der Initiative für Ausbildung in An -throposophischer Medizin e.V. bietet die Möglichkeit zu einer solchen sozialen und rechtlichen Verankerung. Darüber hinaus stellt diese Initiative die finanziellen Mittel zur Verfügung, die das Jungmedizinerforum benötigt, um eigene Treffen, Projekte u. Ä. durchführen zu können. Die finanziellen Mittel der Initia-tive sind Stiftungen, Sponsoren und Einzelspenden zu verdanken.

Initiativbereiche

Jungmedizinertreffen: Eine regelmäßige inhaltliche Arbeit findet zu Themen des «Jungmedizinerkurses»86 statt. Die Jungmedizi -nertreffen werden vom Jungmedizinerforum organisiert und stel-len eine Begegnungsmöglichkeit junger Medizinstudierender und Ärzte – mit Raum zum Kennenlernen, dem Austausch eigener Gedanken, Ideen und vor allem zum Stellen eigener Fragen – dar. Der Fokus der Arbeit und die Herangehensweisen variieren je nach der Zusammensetzung der jeweiligen Vorbereitungsgruppe.

Studierende: Wie kann ich etwas über das Wesen von Gesundheit und Krankheit, über den Heilerwillen und die Heilmittel selbst lernen, ohne täglich in einem therapeutischen Prozess mit meinen Patienten zu stehen? Als Student ist man meist nicht angebunden

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an eine anthroposophische Klinik, oft alleine in einer Stadt, ohne Anschluss an einen anthroposophischen Arbeitszusammenhang. In diesem Sinne verstehen wir unsere Aufgabe darin, den Aus-bildungsweg eines jeden Einzelnen unterstützend zu begleiten. Beginnend mit einer persönlichen Begegnung, einem Gespräch, bis hin zur Vernetzung der Studenten und Arbeitskreise, Vermitt-lung von Famulaturen, Forschungsarbeiten sowie Verbreitung der Informationen über stattfindende Seminare und Tagungen. Wir unterstützen Arbeitskreise bei ihrer Gründung oder Vertiefung der Arbeit und wollen jedem jungen Menschen auf seinem indivi-duellen Weg begleitend zur Seite stehen.

Junge Ärztinnen und Ärzte: Die Frage nach der eigenen Ausbil-dung zu einem guten Arzt begleitet uns auch nach Abschluss des Studiums weiter. Viele junge Ärzte suchen sich so einen Arbeitsplatz in einer anthroposophischen Klinik, um die prak-tische Anwendung der Heilmittel und den Umgang mit Patien-ten auf Grundlage des anthroposophischen Menschenbildes kennenzulernen. Dieses Anliegen wollen wir unterstützen und durch Austauschmöglichkeiten den sozialen Zusammenhang stärken.

In manchen Kliniken besteht bereits ein schönes und struktu-riertes Weiterbildungsangebot für den Bereich der schulmedizini-schen Inhalte sowie der Inhalte in Anthroposophischer Medizin. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Einrichtun-gen der Anthroposophischen Medizin möchten wir dabei helfen, die Weiterbildungsmöglichkeiten und die Arbeitsbedingungen junger Ärzte mit Interesse an Anthroposophischer Medizin zu verbessern.

Vermittlung von Forschungsarbeiten: Im Kontext der Anthroposo-phischen Medizin gibt es zahlreiche Möglichkeiten, eine Diplom- oder Doktorarbeit zu schreiben. Das inhaltliche und methodische Panorama ist dabei sehr vielfältig. Beispiele wären etwa Literatur-arbeiten im Bereich der Medizin-Theorie/-Philosophie (etwa zur Leib-Seele-Interaktion), experimentelle Arbeiten (phytotherapeu-tische, zellbiologische, homöopathische Grundlagenforschung), künstlerisch-therapeutische Studien, Arzneimittelstudien (z. B. zur Misteltherapie), qualitative Forschung (Fragebögen, Inter-

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views, Diskursanalysen), Einzelfallbeschreibungen (z. B. im Sinne der Cognition Based Medicine), medizin-anthropologische oder organologische Arbeiten (z. B. im Sinne einer goetheanistischen Phänomenologie) bis hin zu tiefergehenden anthroposophischen Fragestellungen und Forschungsmethoden. Hinter all diesen Bereichen stecken unterschiedliche Menschen, Institute, Univer-sitäten, die wir gerne vermitteln.

Rundbrief: Der Rundbrief erscheint etwa einmal jährlich in gedruckter Form und besteht im Wesentlichen aus Beiträgen der Leser. Durch den Rundbrief wollen wir Raum für Austausch und Gespräch über aktuelle Fragen und Themen geben sowie einan-der von persönlichen Erfahrungen von Tagungen, Seminaren, Arbeitskreisen und Kliniken berichten.

Innere Entwicklung im eigenen Beruf – Vom Weg mit den Mantren des Jungmedizinerkurses

Philipp Busche, René Ebersbach

Von 2011 bis 2013 fanden insgesamt fünf «Jungmedizinertref-fen» statt. Einen wesentlichen Teil der Treffen bildet das gemein-same Erarbeiten der Inhalte und Mantren des sogenannten Jung-medizinerkurses.87 Trotz der intensiven Beschäftigung mit diesen Meditationen fällt es schwer, etwas auf Papier zu bringen, das über den Moment der Treffen hinaus Bedeutung und vor allem Gültigkeit haben soll. Der Zugang zu den Mantren, der Umgang mit ihnen und die Gedanken über sie sind so vielfältig wie die jun-gen Menschen, die sich auf den Treffen zusammenfinden. Viele der hier enthaltenen Gedanken sind im gemeinsamen Gespräch auf den Jungmedizinertreffen entstanden. An dieser Stelle sei unseren Freunden herzlich für ihre Anregungen gedankt.

Der Umkreis der Mantren

Der Buchtitel «Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst» charakterisiert zugleich dessen Inhalt.

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Auffällig ist, dass sieben Wort- bzw. Spruchmeditationen, soge-nannte Mantren, die zentrale Stellung in den Vorträgen einneh-men. Die Vorträge sind voller Angaben für das Verständnis der Inhalte und Zusammenhänge dieser Mantren. Einigen der Man-tren stellt Rudolf Steiner andere Übungen voraus. Sie erläutern den Umgang mit der jeweiligen Meditation oder ermöglichen auf anderem Wege ähnliche Erfahrungen, so beispielsweise die dreigliedrige Pflanzenbetrachtung nach Sal, Merkur und Sulphur im 4. Vortrag des Weihnachtskurses88, oder die Übung mit dem Goldspiegel im 8. Vortrag89. Durch die Einleitungen bekommt der übende Mensch zahlreiche Hilfen, um sich verständnismäßig mit den Inhalten auseinandersetzen zu können. Durch die ergän-zenden Übungen kann er den übenden Umgang mit den Mantren vertiefen.

Die Wirkungen der Mantren

Jede Meditation bildet eine Fähigkeit in der Seele aus. Eine der Voraussetzungen anthroposophischer Meditation ist es, sich einen Überblick über die Wirkung der jeweiligen Meditation zu erarbei-ten, um innerlich frei zu bleiben. Ausgehend von diesem Grund-verständnis anthroposophischer Schulung war es für uns einer der wesentlichen Arbeitsschritte, diese Wirkungen aus den zahlrei-chen Angaben in den Vorträgen herauszusuchen.

Wer die Vorträge des Jungmedizinerkurses studiert, kennt die Fülle der in ihnen enthaltenen Anregungen für das medita-tive Leben. So kann auch die folgende Betrachtung der Mantren aus dem von uns gewählten Blickwinkel auf die Wirkungen nur einen einzigen Aspekt beleuchten, der alleine selbstverständlich der Komplexität dieser Angaben nicht gerecht wird. Aber schon die sich auf diese Weise ergebenden Erkenntnisse scheinen uns so reich, dass sie das eigene innere Arbeiten anregen können. Wir sind uns bewusst, dass auch die Wirkungen der Mantren vielschichtig und unterschiedlich sind. Wir erheben hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr war es eine besondere Entdeckung für uns, wie eng diese Meditationen mit Fragen aus Studium und ärzt-lichem Alltag zusammenhängen.

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Ein Überblick

«Die Wärmemeditation …»:

Vorbereitung: Wie finde ich das Gute?

1. Kann ich das Gute denken?

Ich kann das Gute nicht denken.Denken versorgt mein Ätherleib.Mein Ätherleib wirkt in der Flüssigkeit meines Leibes.Also in der Flüssigkeit des Leibes finde ich das Gute nicht.

2. Kann ich das Gute fühlen?

Ich kann das Gute zwar fühlen; aber es ist durch mich nicht da, wenn ich es nur fühle.Fühlen versorgt mein astralischer Leib.Mein astralischer Leib wirkt in dem Luftförmigen meines Leibes.Also in dem Luftförmigen meines Leibes finde ich das durch mich existierende Gute nicht.

3. Kann ich das Gute wollen?

Ich kann das Gute wollen.Wollen versorgt mein Ich.Mein Ich wirkt in dem Wärmeäther meines Leibes.Also in der Wärme kann ich das Gute physisch verwirklichen.

Ich fühle meine Menschheit in meiner Wärme

1. Ich fühle Licht in meiner Wärme.(Achtgeben, dass diese Lichtempfindung auftritt in der Gegend, wo das physische Herz ist)

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2. Ich fühle tönend die Weltsubstanz in meiner Wärme. (Achtgeben, dass die eigentümliche Ton-Empfindung vom Unterleib nach dem Kopfe, aber mit Ausbreitung im ganzen Leibe geht)

3. Ich fühle in meinem Kopfe sich regend das Weltenleben in meiner Wärme.(Achtgeben, dass die eigentümliche Lebensempfindung vom Kopfe nach dem ganzen Körper sich verbreitet)

Rudolf Steiner 90

«Helene (von Grunelius) beklagte sich, dass es ihr unmöglich sei, den Ratschlag über das ‹Heft› zu befolgen, denn man wisse doch nicht, ob das, was man auf der rechten (geisteswissenschaft-lichen) Seite schreibe, richtig sei. Rudolf Steiner antwortete: ‹Das macht doch nichts, Sie werden sich selbst im Laufe der Zeit kor-rigieren. Außerdem können Sie mir Ihre Hefte einschicken. Wenn Sie aber mehr Sicherheit bekommen wollen, kann ich Ihnen eine Meditation geben.› Da gab er ihr die Wärme-Meditation …»91 Die Meditation wurde schon vor dem Beginn des Jungmediziner-kurses gegeben und bildete gewissermaßen den Auftakt. Sie sei eine Hilfe bei der «doppelten Buchführung» und sie sei ein Weg zum Schauen des ätherischen Christus.92

Die doppelte Buchführung hat besonders am Beginn des Stu-diums ihre große Bedeutung, da sie helfen soll, Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft ins richtige Verhältnis zu bringen. Die zweite Aussage spannt den Bogen zu einem hohen Ideal des Arzt-seins. So umgreift die Wärmemeditation den gesamten Entwick-lungsweg des Arztes, Beginn im Studium und großen Ausblick zugleich.

«Ihr heilenden Geister …»:

Ihr heilenden Geister Ihr verbindet euch Dem Sulphursegen Des Ätherduftes;

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Ihr belebet euchIm Aufstreben MerkursDem TautropfenDes WachsendenDes Werdenden.

Ihr machet Halt In dem Erdensalze Das die Wurzel Im Boden ernährt. –

Ich will mein Seelenwissen Verbinden dem Feuer Des Blütenduftes;

Ich will mein SeelenlebenErregen am glitzernden Tropfen Des Blättermorgens;

Ich will mein SeelenseinErstarken an dem Salzerhärtenden Mit dem die ErdeSorgsam die Wurzel pflegt. –

Rudolf Steiner 93

Wenn man heutzutage das medizinische Studium durchläuft, kann das vermittelte Wissen als leblos und abstrakt empfunden werden. Dieses Wissen führt nicht zum Interesse für den kon-kreten Patienten, nachweislich nimmt die Empathiefähigkeit der Studentenschaft im Laufe des Studiums deutlich ab.94 Hier hilft der meditative Umgang mit diesem Mantram und der Gang in die Natur. «Das heißt, sie werden anfangen […], Ihr medizinisches Wissen zu beleben, die Natur und den Menschen so anzusehen, dass Ihnen aus dem starken Impuls des Hilfeleistens […] das Hei-len kommt.»95 Lebendiges Wissen und Empathiefähigkeit bzw. die Absicht, Hilfe leisten zu wollen, gehören zusammen.

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«Schau in Deiner Seele Leuchtekraft … »:

Schau in deiner Seele LeuchtekraftFühl in deinem Körper SchweremachtIn der Leuchtekraft Strahlet Geistes-IchIn der Schweremacht Kraftet Gottes-GeistDoch darf nicht LeuchtekraftErgreifen SchweremachtUnd auch nicht SchweremachtDurchdringen LeuchtekraftDenn fasset Leuchtekraft Die SchweremachtUnd dringet Schweremacht In LeuchtekraftSo binden in Welten-Irre Seele und KörperIn Verderbnis sich.

Rudolf Steiner 96

«Seht Ihr, durch solche Betrachtungen kommt Ihr zu denjeni-gen Eigenschaften einer Substanz, die man für die Therapie braucht.»97 Über die Krankheitserkenntnis hinaus, wie eigentlich durch den Inhalt erwartet, kann durch den meditativen Umgang mit diesem Mantram die Fähigkeit zur Heilmittelerkenntnis und ein Blick für «das Heilende der Heileurythmie»98 entwickelt wer-den. Es war für uns erstaunlich, dass man über die Krankheit meditiert und dadurch die Fähigkeit erlangt, Heilmittel zu erken-nen.

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«Es war in alten Zeiten …»:

Es war in alten Zeiten,Da lebte in der Eingeweihten SeelenKraftvoll der Gedanke, dass krankVon Natur ein jeglicher Mensch sei.Und Erziehen ward angesehenGleich dem Heilprozess,Der dem Kinde mit dem ReifenDie Gesundheit zugleich erbrachteFür des Lebens vollendetes Menschsein.

Rudolf Steiner 99

Dieses Mantram ist das vierte in der chronologischen Reihenfolge und hat schon dadurch eine Sonderstellung, dass es nicht inner-halb der Kurse gegeben, sondern im Rundbrief zwischen Weih-nachtskurs und Osterkurs verschickt worden ist. Die Angaben zur Wirkung beschränken sich auf einen einzigen Satz. «Es ist gut, solch kraftvolle Gedanken […] vor die Seele treten zu lassen, wenn man in rechter innerlicher Stimmung die Seele bereiten will zum Erfassen der Heileswirkungen.»100 Wenn man eine therapeu-tische Idee hat und ein Medikament gibt in der Annahme, dass es das Richtige für den Patienten sei, so hilft diese Meditation, die Wirkungen wahrnehmen zu können. Diese, als werdender Arzt nur langsam zu entwickelnde Fähigkeit dient der Evaluation der Therapie.

«Schau, was kosmisch sich fügt …»:

Schau, was kosmisch sich fügt, Du empfindest Menschengestaltung.– das im Zusammenhang mit dem Mond. Schau, was luftig dich bewegt,– zum Beispiel im Atem oder in der Blutzirkulation – Du erlebest Menschenbeseelung.– das ist im Zusammenhang mit der Sonne. Schau, was irdisch sich wandelt,– vorzugsweise das, was den Menschen auch den Tod bringt – Du erfassest Menschendurchgeistung.– das im Zusammenhang mit Saturn.

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Schau, was kosmisch sich fügt, Du empfindest Menschengestaltung.

Schau, was luftig dich bewegt, Du erlebest Menschenbeseelung.

Schau, was irdisch sich wandelt, Du erfassest Menschendurchgeistung.

Rudolf Steiner 101

Die klare Struktur und der Inhalt dieses Mantrams lassen seine Wirkung naheliegend erscheinen: «[…] dann werden Sie lernen, in den Menschen hineinzuschauen.»102 «Sie werden so darauf kommen, was in den Menschen hereingebaut ist aus dem Kosmos, aus dem Umkreis der Erde, von irdischen Kräften.» «[…] wenn wir den Menschen durchgreifend verstehen wollen, namentlich ihn verstehen wollen für eine Heilbehandlung, […]»103, dann ent-wickeln wir im meditativen Umgang mit diesem Mantram die Fähigkeit zu einer Diagnose, die die Wirksamkeit kosmischer und irdischer Kräfte im Patienten mit erfasst.

«Fühle in des Fiebers Maß …»:

Fühle in des Fiebers MaßDes Saturn GeistesgabeFühle in des Pulses ZahlDer Sonne SeelenkraftFühle in des Stoffs GewichtDes Mondes Formenmacht:Dann schauest du in deinem HeilerwillenAuch des Erdenmenschen Heilbedarf.

Rudolf Steiner 104

Das äußere Messen des Fiebers, das Zählen des Pulsschlages und das Wiegen des Stoffes sollen ein anderes werden, indem wir innerlich unsere Aufmerksamkeit auf den kosmischen Bezug des Menschen ausdehnen. Durch den meditativen Umgang mit dem Mantram «[…] geht Ihnen eine Intuition auf über dasjenige, was Sie eben tun sollen».105 Über das Menschenverständnis und die

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Diagnose hinaus erkennt man, was therapeutisch getan werden kann. Über die allgemeine Erkenntnis hinaus, was ein Heilmit-tel charakterisiert, erkennt man, was in diesem individuellen Fall hilft. Als weitere Wirkung wird beschrieben: «[…] der diese Dinge mit seinem Herzen, mit seiner Seele durchdringende Mensch hat am meisten Gelegenheit, im kranken Menschen dasjenige, was aus früheren Inkarnationen herüberkommt, wahrzunehmen, oder wenigstens ahnend zu empfinden.»106 So befähigt dieses Mantram zur eigentlichen praktischen Tätigkeit in der gegenwär-tigen Patientenversorgung.

«Schiebe die Frühzeit …»:

Schiebe die FrühzeitIn des Kindes AlterUnd des Kindes AlterIn die Jugend Zeit.Dir erscheint verdichtetMenschenätherseinHinter Körperwesen –

Schiebe die Altersdichte In die MenschenreifezeitUnd das reife AlterIn das Jugendleben.Dir ertönt in WeltenklängenMenschenseelenwirkenAus dem Ätherleben.

Rudolf Steiner 107

An dieser allgemeinen Betrachtung des Menschen sollen zwei Fähigkeiten erübt werden, die den berufsspezifischen Schulungs-weg des Arztes unmittelbar an die allgemeine Schulung der Anth-roposophie anschließen. Wenn man dieses Mantram meditiert, «[…] dann gebiert sich Ihnen» aus dem Umgang mit dem ersten Abschnitt «wirklich die Imagination des menschlichen Äther-leibes; verhältnismäßig sehr schnell gebiert sich die Imagination des menschlichen Ätherleibes».108 Durch den Umgang mit dem zweiten Teil «bekommt [man] einen Eindruck des Astralischen

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im Menschen».109 Das letzte der sieben Mantren führt somit zur Erkenntnis des Übersinnlichen des Menschen in einer allgemei-nen Weise. Damit wird der Bogen zur Wärmemeditation auf überraschende Weise geschlossen, setzt doch das Schauen des ätherischen Christus die Erkenntnis des Ätherischen voraus.

Vom Weg mit den Mantren des Jungmedizinerkurses

Unter dem Gesichtspunkt der Wirkungen fügen sich die einzel-nen Mantren so zu einer sinnvollen Komposition zusammen. Überraschenderweise stimmten die beschriebenen und gemeinsam erarbeiteten Wirkungen nicht immer mit unseren Erwartungen überein. In der chronologischen Reihenfolge können die Mantren helfen, die folgenden Fähigkeiten zu entwickeln:

– das Studium durch die doppelte Buchführung reichhaltiger machen;

– das Wissen beleben und den Heilerwillen entwickeln;– Heilmittelerkenntnis ermöglichen;– Therapieevaluation;– die richtige Diagnose finden zu können;– die richtige Therapie im Einzelfall zu finden und eine begin-

nende Wesensgliederdiagnose erstellen zu können.

Diese Fähigkeiten sind die Kernkompetenzen des ärztlichen Beru-fes. Im inneren Umgang mit diesen Mantren bekommt die eigene Schulung eine große Relevanz für die praktische Tätigkeit.

Uns hat die gemeinsame Arbeit der Jungmedizinertreffen Mut gemacht, weiter mit den Mantren umzugehen. Und so hoffen wir, dass die Schönheit der Komposition und ihr Praxisbezug auch andere Menschen anregen werden, sich mit ihnen zu beschäfti-gen.

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Koordination Kliniken und die Entwicklung der Marke Anthromed

Dr. math. Andreas JäschkeInternationale Koordination Anthropo-sophische Klinikenandreas.jaeschke@klinik-arlesheim.chwww.klinik-arlesheim.ch

Dr. med. Roland BersdorfKoordination der Marke AnthroMed® innerhalb des [email protected]

Im Verband Anthroposophischer Kliniken e.V. finden zweimal jährlich im Plenumstreffen eine Begegnung und ein Austausch der 25 Mitglieder statt. Aus dem Kreis dieser Verbandsmitglieder wurde 2005 von neun Kliniken die «gemeinnützige An throMed GmbH» als Arbeitsinstrument für verschiedene operative Auf-gaben gegründet. Schon seit 2004 wird das Thema der Marken-bildung innerhalb der Anthroposophischen Medizin in enger Abstimmung mit der Medizinischen Sektion bearbeitet. Bei Mar-kenbildung und -entwicklung geht es wesentlich darum, spiri-tuelle Aspekte – Fragen der Identität, der Mission usw. – in ein Instrument hinein zu kondensieren und damit unternehmerisch handhabbar zu machen.

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Mit IKAM wurde verabredet, dass die Kliniken diesen Prozess aktiv voranbringen und dieser Prozess so offen gestaltet werden soll, dass andere Berufsgruppen bei Interesse zu diesem Marken-prozess hinzutreten können. 2007 wurde die Marke «Anthro-Med®» eingetragen. Es besteht ein Kriterienkatalog nebst Verfah-ren für die Erlangung der Markenrechte.

Die Kliniken als Gesellschafter der AnthroMed GmbH sind inzwischen alle zertifiziert. Mittlerweile hat der Prozess der Rezer-tifizierung eingesetzt. Insofern hat dieses Instrument seine Alltags-tauglichkeit bewiesen.

Inzwischen ist das Qualitätslabel «AnthroMed®» für die Anwendung über den klinischen Bereich hinaus weiterentwi-ckelt worden. So bestehen zurzeit Markenvereinbarungen für die Berufsfelder Heileurythmie und Pharmazie. Weitere, vor allem im internationalen Bereich – wobei nationale Anpassungen vorge-nommen werden müssen –, sind in Ausarbeitung.

Ein weiteres zentrales Aufgabenfeld der AnthroMed GmbH ist die Unterstützung und Begleitung von Mitgliedseinrichtungen des Verbandes resp. klinischer Initiativen. Darunter sind auch Anfra-gen von bestehenden Krankenhäusern, die im Zuge der allgemei-nen Strukturreformen an einem Angebot im Rahmen Anthropo-sophischer Medizin interessiert sind. Der limitierende Faktor die-ser Aufgabe sind die völlig unzureichenden finanziellen Möglich-keiten für strategisches Engagement. Die Marginalisierung einer nicht ausreichend wachstumsfähigen klinischen Anthroposophi-schen Medizin ist weiterhin ein sehr ernstes Bedrohungsszenario.

Ein weiteres und außerordentlich wichtiges Projekt betrifft die Ausbildung anthroposophischer Ärzte, was zusammen mit den Ärztegesellschaften bearbeitet wird.

Die Sozialgestalt und die Struktur des Zusammenarbeitens in einem anthroposophischen Krankenhaus ist neben der Marken-bildung ein weiteres zentrales Arbeitsfeld der Kliniken. Von Ger-hard Kienle stammt noch der Begriff des «Gemeinschaftskranken-hauses», wodurch der Fokus auf das «zusammen» gelenkt wird. Immer entscheidender wird aber der Aspekt von «Führung», nicht zuletzt deshalb, weil unsere Krankenhäuser in einem zuneh-mend kompetitiveren Umfeld sich bewegen müssen und daher der Unternehmenscharakter immer deutlicher hervortritt. Zugleich besteht die spirituell-soziale Herausforderung, den sozialen Kon-

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text einer Einrichtung als Ganzes wie ein Heilmittel zuzubereiten, denn in der Wirkung der heilenden Kräfte aus dieser Dimension heraus besteht eine wesentliche Spezialität unserer Häuser, die es weiterzuentwickeln gilt.

Anthroposophische Pflege

Rolf Heine, KrankenpflegerKoordination für Anthroposophische [email protected]

Welchen Beitrag leistet die anthroposophische Pflege im System der Anthroposophischen Medizin?

Pflege durchzieht alle Bereiche des Lebens von der Geburt bis zum Tod. Die Pflege des Kindes, des kranken, des behinderten oder des alten Menschen bedarf oftmals professioneller Unterstützung. Drei Sätze beschreiben Wesen und Aufgabe des Pflegens: «Pflege ermöglicht das Kranksein», «Pflege verleiht der Therapie Dauer» und «ohne Pflege fallen alle Errungenschaften der Kultur zurück in einen Zustand sinnfreier Natur».

Wie viele anthroposophisch Pflegende sind weltweit tätig?

In 16 Ländern verteilt auf alle Kontinente, mit Schwerpunkt im deutschsprachigen Europa, arbeiten etwa 3000 beruflich Pflegende auf Grundlage der Anthroposophie. Die überwiegende Zahl ist in anthroposophisch orientierten Krankenhäusern, Alteneinrichtun-gen, ambulanten Pflegediensten, Arztpraxen oder Pflegepraxen beschäftigt. Eine nicht geringe, aber schwer zu schätzende Zahl ist in konventionellen Einrichtungen des Gesundheitswesens tätig.

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Wie ist der Zusammenschluss der anthroposophisch Pflegenden organisiert? Wie wird er finanziert?

Es gibt neun nationale Verbände für anthroposophische Pflege, die sich im Internationalen Forum für Anthroposophische Pflege (IFAN) zusammengeschlossen haben. Mitarbeiter im IFAN kön-nen darüber hinaus alle beruflich Pflegenden werden, die eine Initiative auf dem Gebiet der anthroposophischen Pflege reprä-sentieren. Das Forum besteht aus ca. 60 Pflegenden aus aller Welt, die einmal jährlich am Goetheanum zusammenkommen. Ein Koordinator wird für drei Jahre durch das Forum gewählt. Ein Leitungskreis führt die Geschäfte gemeinsam mit dem Koordinator.

2014 wurde das International Council for Anthroposophic Nursing Associations (ICANA) als Zusammenschluss der natio-nalen Berufsverbände der anthroposophischen Pflege begründet. Als eingetragener Verein ist es das Rechtsorgan des IFAN.

Die Agentur Quality in Anthroposophic Nursing (QAN) führt weltweit Anerkennungsverfahren für Bildungsangebote in anthro-posophischer Pflege im Auftrag des IFAN durch.

So entsteht eine dreigliedrige Struktur der anthroposophischen Pflege: IFAN ist als Forum des Austauschs und der Initiative ein Organ des Geisteslebens. ICANA vertritt die Rechtsgeschäfte der Bewegung nach innen und außen. QAN erbringt Dienstleistungen für die Mitarbeiter und Organisationen der anthroposophischen Pflege.

Die Finanzierung des Forums und seiner Leitungsorgane erfolgt durch Beiträge aus den nationalen Verbänden sowie derzeit durch eine gesponserte Freistellung des Koordinators.

Wie werden die in diesem Buch beschriebenen Arbeitsweisen und Verantwortungsstrukturen in der anthroposophischen Pflege praktiziert?

Die Mitgliedschaft gründet ausschließlich auf dem Willen, eine anthroposophische Pflege-Initiative zu repräsentieren. Der Beitritt zum Forum erfolgt nach Rücksprache mit dem Koordinator. Die Formen der gemeinsamen Arbeit sind in einer Geschäftsordnung geregelt, die aus einem gemeinsamen Entwicklungsprozess her-

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vorgegangen ist und sich den Arbeitsweisen und Verantwortungs-strukturen der Medizinischen Sektion verbunden fühlt.

Das Forum, der Leitungskreis und der Koordinator über-nehmen die Verantwortung für die weltweite Entwicklung der anthroposophischen Pflege als Teil des medizinischen Systems der Anthroposophie. Dies beinhaltet sowohl die Sorge um die fach-lich-berufliche Entwicklung durch Aus-, Fort- und Weiterbildun-gen, die Vereinbarung von Standards für die gegenseitige Aner-kennung von Bildungsabschlüssen, die Beratung in fachlichen und berufspolitischen Fragen, die Gestaltung der Beziehungen zu anderen Berufs- und Aufgabenfeldern innerhalb der Medizi-nischen Sektion wie auch die Pflege der berufsesoterischen Arbeit und die Mitarbeit in der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft.

Welche Ausbildungs-, Fort- und Weiterbildungsorte gibt es?

Weltweit gibt es fünf staatlich anerkannte Pflegeschulen. In den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ist das Nachwuchspro-blem erkannt, und gemeinsame Anstrengungen zur Gewinnung von Pflegenden für diese Einrichtungen sind angelaufen. Weiter-bildungen in anthroposophischer Pflege gibt es weltweit in neun Ländern.

Wie wird die spirituelle Substanz gepflegt?

Im Mittelpunkt der anthroposophischen Pflegebewegung ste-hen fünf von Rudolf Steiner gegebene Spruch-Meditationen, der sogenannte «Schwesternspruch», die Meditation «Finde dich im Lichte», die drei Meditationen des sogenannten «Samariterkur-ses», und das sogenannte «Therapeutische Emblem». Darüber hinaus haben im Kontext der von Rudolf Steiner speziell für die Ärzte gegebenen Meditationen die sogenannte «Wärmemedita-tion» und der Spruch «Suche in des Fiebers Maß» eine besondere Verwandtschaft mit dem inneren Weg des Pflegenden. Diese bei-den Meditationen sind deshalb besonders geeignet, ein gemein-sames geistiges Band zwischen dem Arzt und der Pflege zu knüp-fen. Von den genannten Meditationen war nur der Schwestern-spruch unmittelbar für die Berufsgruppe der Pflegenden bestimmt,

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die übrigen Meditationen stehen in anderen Zusammenhängen, haben aber eine starke innere Verwandtschaft mit der Pflege. Ita Wegman erhielt den Schwesternspruch am 2. Dezember 1923 von Rudolf Steiner mit der ausdrücklichen Auflage, ihn erst den Schwestern zu geben, wenn eine gute Zusammenarbeit, eine neue Gemeinschaftsbildung bestehe. Daraufhin wurde der Spruch anlässlich des ersten Schwesternkurses 1925 an sieben ausge-wählte Schwestern, die Mitglied der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft waren, übergeben. Diese Gruppe wurde gleichzeitig als «Unterabteilung» in die Medizini-sche Sektion aufgenommen. Der Schwesternspruch wurde bis zu seiner Veröffentlichung in den neunziger Jahren ausschließlich an Mitglieder der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geistes-wissenschaft weitergegeben und in diesem Zusammenhang für die Ausbildung der Herzenskräfte des einzelnen Menschen, in der Berufsgemeinschaft und in der pflegerischen Praxis meditiert. Nach seiner Veröffentlichung wurde zwischen denjenigen, die mit dieser Meditation arbeiten, verabredet, jeden Sonntag in der ers-ten Tageshälfte sich in die Meditation im Bewusstsein eines welt-weiten geistigen Bandes der Pflegenden zu vertiefen und in diese Meditation auch diejenigen Verstorbenen einzubeziehen, die im Geiste dieser Meditation gelebt und gearbeitet haben. Jeder, der mit dem Schwesternspruch arbeitet, ist eingeladen, sich diesem Band spiritueller Praxis anzuschließen.

Im Herzen wohnt In leuchtender HelleDes Menschen HelfersinnIm Herzen wirketIn wärmender MachtDes Menschen Liebekraft.So lasset uns tragen Der Seele vollen Willen In Herzens-Wärme Und Herzens-Licht So wirken wir das Heil Den Heilbedürft’gen Aus Gottes Gnadensinn.

Rudolf Steiner 110

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Die von Rudolf Steiner gegebene Meditation «Finde dich im Lichte» wurde von Ita Wegman über viele Jahre hinweg am Tages-beginn mit Pflegenden des Klinisch-Therapeutischen Instituts praktiziert. Die Arbeit mit dieser Meditation fördert die Fähig-keit, in der ätherisch-imaginativen Welt zu erwachen und in dieser sich ständig wandelnden, sich auflösenden und sich verdichtenden Welt das Ichbewusstsein zu stärken.

Finde dich im Lichte Mit der Seele Eigenton; Und Ton zerstäubt,Wird Farbgebild Im Lichte –Licht – Götter – Wesen.

Verschwundener TonIn ihm wiedererstandener Ton Spricht aus ihm: Du bistEigenton im Weltenlicht Töne leuchtend Leuchte tönend.

Rudolf Steiner 111

Die Meditationen des Samariterkurses wurden von Rudolf Stei-ner wenige Tage nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs als Mittel-punkte einer Reihe von vier Vorträgen eingeführt. Ziel des Kurses war die praktische Einführung in die medizinische Erstversor-gung, um im Notfall die nötige Erste Hilfe geben zu können. Der Kurs war in einen praktischen Teil mit Wundversorgung und Ver-bandstechnik und in Vorträge zum esoterischen Hintergrund von Wundheilung, mitfühlender Hilfe und den Ursachen von gewalt-samen Auseinandersetzungen gegliedert. Die beiden mantrischen Sprüche «Quelle Blut» und «So lang du den Schmerz erfühlst» sind seither für Pflegende wichtiger Bestandteil der esoterischen Vertiefung im Umgang mit Wunden und Schmerz.

Quelle Blut,Im Quellen wirke;

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Regsamer Muskel, Rege die Keime; Liebende Pflege Wärmenden Herzens Sei heilender Hauch.

Rudolf Steiner 112

So lang du den Schmerz erfühlest,Der mich meidet,Ist Christus unerkanntIm Weltenwesen wirkend;Denn schwach nur bleibet der Geist,Wenn er allein im eignen LeibeDes Leidesfühlens mächtig ist.

Rudolf Steiner 113

Der dritte Spruch des Samariterkurses wendet sich an den Volks-geist und deutet auf die Beziehung individuellen Leides mit dem Leid von Gemeinschaften, z. B. im Zusammenhang mit Kriegen oder Naturkatastrophen.

Du, meines Erdenraumes Geist, Enthülle deines Alters LichtDer christbegabten Seele,Dass strebend sie finden kannIm Chor der Friedenssphären, Dich tönend von Lob und MachtDes christergebnen Menschensinns.

Rudolf Steiner 114

Das sogenannte Therapeutische Emblem entstand nach einem Entwurf Rudolf Steiners während des Ersten Weltkriegs und wurde von Helene Röchling den Schwestern des von ihr begrün-deten Lazaretts als Anerkennung für deren Einsatz überreicht. Das Emblem mit der Inschrift «Heil den Helfern der Heilung» zeigt die Strahlen der Sonne, die auf zwei empfangende Hände, zu der sich eine einzelne Hand hinneigt, niederscheinen. Zwischen Strahlen und Empfangen richtet sich eine Schlange als Symbol der

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Erkenntnis und der Heilung auf. Das Emblem ist eine Bildmedita-tion, durch welche die Wirkung «werktätiger Liebe» ausgedrückt wird. Das Emblem wurde zur Vorlage des Logos einiger nationa-ler anthroposophischer Pflegeverbände.

Die Meditation «Fühle in des Fiebers Maß» wurde den Ärzten im sog. Jungmedizinerkurs gegeben.115 Das Erfassen der Körpertem-peratur, des Pulses und des Körpergewichts, Alltagsaufgaben in der Krankenpflege, werden in dieser Meditation mit der gesamten Weltevolution in Beziehung gesetzt. Die Praxis dieser Meditation lenkt zunächst die Achtsamkeit auf die sinnliche Wahrnehmung des Körpers und dringt, vermittelt durch die Kategorien Maß, Zahl und Gewicht, hindurch zu den Entwicklungsgesetzen der Welt. Die Meditation erfordert ein Sich-vertraut-Machen mit den Grundbegriffen der Weltevolution. Sie ist einerseits Ansporn für das Studium der Geisteswissenschaft, andererseits führt sie hohe Gedanken in die Tiefe der Sinneswahrnehmung hinein. So arbei-tet der Meditierende an einem Grundmotiv der Pflege und verbin-det es mit dem Heilerwillen des Arztes.

Die am Beginn der esoterischen Schulung des Arztes stehende sogenannte Wärmemeditation wurde durch den Arzt Karl König auch an nicht-ärztliche Mitarbeiter der Camphill-Gemeinschaft weitergegeben. Sie lebt gerade auch dort bei den Pflegenden als

Therapeutisches Emblem – Logo des Verbandes für Anthroposophische Pflege

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ein besonderes Herzstück ihrer meditativen Arbeit. Die Medita-tion hat thematische Verwandtschaft mit dem Schwesternspruch. Jener arbeitet bildhaft und auf das Herzorgan bezogen mit dem Wärmemotiv. Die Wärmemeditation ruft die Denkkräfte wach und wandelt sie zu einem Wahrnehmungsorgan für die Strömun-gen des Wärmeäthers in Mensch und Welt. Mit ihrer Ausgangs-frage «Wie finde ich das Gute?» ist sie das ethische Fundament der Anthroposophischen Medizin.

Internationale Koordination Psychotherapie

Henriette Dekkers, Psychologin / PsychotherapeutinInternationale Koordination Psychotherapiedekkers.appel@planet.nlwww.medsektion-goetheanum.org

Ad Dekkers, Psychologe/PsychotherapeutInternationale Koordination Psychotherapiedekkers.appel@planet.nlwww.medsektion-goetheanum.org

Der Ursprungsimpuls der anthroposophisch orientierten Psychotherapie

Dieser wird um 1975 datiert und hatte von Anfang an eine For-schungssignatur. Rudolf Steiner – weil er nie gefragt wurde – ent-

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wickelte weder Sonderkurse noch eine Sonderschulung für die Psychotherapeuten. Demzufolge schufen die Arbeits- und For-schungstätigkeiten der ersten Initiativgruppen in Deutschland und in den Niederlanden die Grundlagen für eine Erweiterung der angewandten Diagnose- und Behandlungsmethoden von Psychi-atern, Psychotherapeuten und psychotherapeutisch wie auch all-gemeinmedizinisch tätigen Ärzten. Diese Grundlagenforschung und die Erforschung des sich in der Zeit fortlaufend ändernden Erscheinungsbildes der Psychopathologie stehen weiterhin im Vordergrund der Arbeit der Berufsgruppe.

1973: Prof. Dr. med. Bernard Lievegoed initiierte eine Arbeits-gruppe für Psychiatrie und Psychotherapie in den Niederlanden und führte in 1978 eine erste dreijährige Post-Doc-Fortbildung durch, gipfelnd in seinem Buch «Der Mensch an der Schwelle».

1979: Dr. med. Paul von der Heide (Filderklinik, Deutschland) gründete das Institut für anthroposophisch orientierte Psychothe-rapie gemeinsam mit u. a. Dr. med. Werner Priever, Dr. med. Käthe Weizsäcker, Dr. med. Hertha Lauer. Andere maßgebende Fach-genossen schlossen sich an, u. a. Dr. med. Dieter Beck, Dr. med. Hugo Solms (Schweiz).

Im Laufe der Jahrzehnte konzentrierte sich die Arbeit in beiden Initiativgruppen auf folgende Grundlagen:

Geistige Schulungswege der psychologischen und ärztlichen Psychotherapeuten respektive Psychiater, namentlich bezüglich Themen der Schwelle zur geistigen Welt und zu den Hütern der Schwelle. Seit 1991 fand diese Arbeit zusätzlich in den internatio-nalen Hochschulkonferenzen in Dornach statt.

• Forschungen zu Formen und Wegen anthroposophisch-psy-chotherapeutischer Diagnostik, Heilverfahren und Gesprächs-Systematik.

• Pastoral-medizinische, konstitutionelle, organpsychiatrische und karmische Gesichtspunkte zur psychiatrischen Diagnostik und Problematik.

• Psychiatrisch-medizinische Heilmittel.• Praktisch-menschenkundlich erweiterte schulmedizinisch-psy-

chotherapeutische Diagnostik, Behandlung und Prognostik an - hand gemeinsamer Forschung und klinischer Falldarstellun-gen.

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Die Grundlagenforschung und Erforschung des sich in der Zeit fortlaufend ändernden Erscheinungsbildes der Psychopathologie dient überdies noch anderen Zielen: 1. Sich in Bezug auf die sich ändernde Psychopathologie geistig-seelisch und schulmedizinisch zu schulen und 2. Leitlinien der Post-Doc-Fortbildungen gemein-sam auf den geistig wie auch schulmedizinisch aktuellen Stand zu bringen.

Beispielhaft sei die qualitative und quantitative Zunahme der Psychopathologien seit dem Zweiten Weltkrieg erwähnt. Hinzu kommen die Zunahme von Identitätsproblemen (Persönlichkeits-störungen – namentlich Borderline-Störungen), eine quantitativ wie auch qualitative Zunahme der Schwellen-Phänomene, eine quantitative Zunahme der hetero- und auto-aggressiven Proble-matik, ein wachsendes Quantum an Angst-Aggressions-Depres-sions-Komorbidität und die unumgängliche Problematik der Drogensüchtigkeit. Überdies sei die Änderung der menschlichen Konstitution erwähnt, mitsamt der wachsenden Problematik des kleinen Kindes (u. a. Aufmerksamkeits-Defizite, Hyper-Aktivität, Lernstörungen, autistiforme Problematiken, Pervasive Develop-mental Disorders Not Otherwise Specified).

Der Wunsch zur anthroposophisch orientierten oder fundier-ten Psychotherapie ist ständig wachsend, ebenso die Nachfrage nach Ausbildungen und Hilfeleistung bei entsprechenden Initia-tiven.

Unterschiede zwischen Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie

Die Pathogenese der psychiatrischen Krankheitsbilder steht im engsten Zusammenhang mit organbezogenen Störungsbildern des Patienten. Die psychosomatischen Krankheitsbilder basieren eher auf frühkindlichen chronischen Traumatisierungen oder haben einen Bezug zu lebensbedrohenden schockierenden Ereignissen. Man spricht von Leib-gewordenem Schmerz und Stress. Während die psychiatrische Behandlung grundlegend – der Reihe nach – auf Medikationen, Wesensglieder-Heilungsverfahren, Übungen und anthroposophischer Psychodidaktik basiert, steht in der psycho-therapeutischen Praxis die prozessuale Entwicklung auf der Basis der Wesensglieder-Diagnostik und der psychotherapeutischen Be-

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handlung des drei- und viergliedrigen Menschen mit seinen Lebenslauf-Störungen und Traumatisierungen im Vordergrund.

Zur Biographiearbeit

Die Arbeit des biographisch-therapeutischen Counsellors ist aus-gerichtet auf Gespräch, Selbsterkenntnis, biographische Erkennt-nis und Selbst-Steuerung, Beratung und Hilfe in Krisen und Life-Events. In England sind Counsellors auch in der psychiatrischen Begleitung tätig.

Im Zentrum der Biographiearbeit steht das kreative «steer-manship» im biographischen Duktus; dabei werden im Wesent-lichen intakte Ich-Funktionen vorausgesetzt, mit deren Hilfe der Ich-Mensch die Metamorphose-Aufgaben der 7-jährigen Rhyth-men und Spiegelungen im Lebenslauf in Prinzip bewältigen kann.

Organisationsstrukturen

Am 15. September 2012 wurde der Verein «Internationaler Ver-band der Gesellschaften für Anthroposophische Psychotherapie – International Federation of Anthroposophic Psychotherapy Associations» (IFAPA) in Dornach nach Schweizer Recht gegrün-det. Die Gründung fand im Rahmen der Internationalen Medi-zinischen Konferenz am Goetheanum statt. Tagungsthema war «Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie».

Mitglieder sind Länder, in denen es schon eine Gesellschaft für anthroposophische Psychotherapie gibt: Niederlande, Italien, Brasilien, Deutschland, Indien, England, Spanien, Argentinien, die USA, Israel. Anwesende Mitgründer, die zum Zeitpunkt der Gründung noch keine offizielle Landesgesellschaft hatten, sind die Schweiz, Chile, Russland, Kolumbien, Mexiko. Die Freude, nun Verbindungen über die ganze Welt geschlagen zu haben, war ungemein groß.

Kernelemente der esoterisch-weltlichen Organisation der IFAPA

Wichtig sind folgende – in der Präambel formulierte – Kernele-mente des Verbandes zur Zielsetzung, Mitverantwortung gegen-

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über der irdischen und der geistigen Welt, Mitgliedschaft und berufsethische Kodes.

• Die Anthroposophische Psychotherapie hat ihre Grundlagen sowohl in modernen akademischen und professionellen Kennt-nissen als auch in der von Rudolf Steiner entwickelten Geistes-wissenschaft, die den Menschen in seinen Wechselbeziehungen als physisches, psychisches, spirituelles und soziales Indivi-duum betrachtet.

• Die Anthroposophische Psychotherapie ist als solche im Bereich der «Hochschule für Geisteswissenschaft der Medizi-nischen Sektion – School for Spiritual Science of the Medical Section» professionell verankert.

• Die Methoden der Anamnese, Diagnose, Behandlung und Hei-lung reflektieren diese Dimensionen in differenzierter Art und Weise.

• Diese Zielsetzungen berücksichtigen die durch die Geisteswis-senschaft und durch die akademische Forschung erworbenen Erkenntnisse, wofür bei der beruflichen Ausbildung und stän-digen Weiterbildung des Psychotherapeuten sowohl geistige als auch akademische Grundlagen genutzt werden.

• Außerdem wird Folgendes berücksichtigt: 0 die physische, physiologische, psychologische und geistig-

seelische Entwicklung des Kindes wird, als zu beiden Wel-ten, Erde und Geist, gehörend, im Zusammenhang von des-sen sozialen Verankerungen betrachtet;

0 die Entwicklung des Menschen als Individuum während seiner Lebenszeit;

0 die Entwicklung der Menschheit als Ganzes; 0 der historische Zusammenhang von Weltereignissen im

Licht des Zeitgeistes.

Mitgliedschaft im Verband

Ordentliche Mitglieder des Internationalen Verbands (IFAPA) sind nationale Gesellschaften und Verbände, deren Ziel darin besteht, die anthroposophisch erweiterte Psychotherapie zu unterstützen und zu praktizieren. Ordentliche Mitglieder sind durch zwei Dele-gierte vertreten.

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Der Verein bezweckt in der Öffentlichkeit

• die Vertretung der nationalen Gesellschaften der anthroposo-phischen Psychotherapie und die Koordination ihrer Aktivitä-ten von internationaler Bedeutung;

• Hilfestellung bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung und bei der rechtlichen Absicherung von professionellen Stan-dards, zwischenstaatlichen Anerkennungen sowie Entwick-lung von Forschungszielen;

• Hilfestellung und Unterstützung bei der Förderung professio-neller ethischer Grundsätze sowie dem Respekt für den Mit-menschen und die Freiheit des Individuums.

Ausführungen zur Zweckbestimmung – Zielsetzungen – Berufsethik

Der «Internationale Verband der Gesellschaften für Anthropo-sophische Psychotherapie – International Federation of Anthro-posophic Psychotherapy Associations (IFAPA)» verfolgt folgende Zielsetzungen:

• Vertretung der nationalen Gesellschaften der anthroposophi-schen Psychotherapie im Sinne der Präambel auf internationa-ler Ebene;

• Koordination der Aktivitäten von internationaler Bedeutung für die nationalen Gesellschaften;

• Gewährung von gegenseitiger Hilfe für die Mitglieder von IFAPA für die Förderung von nationalen Post-Graduate-Basis-ausbildungen und Fortgeschrittenenschulungen als beruf liche Weiterbildung, wobei Qualität und Qualifizierung durch nati-onal anerkannte und international gültige Zertifizierungen abgesichert werden, und auf nationaler Ebene die Entwicklung der Weiterbildung der Ausbilder;

• Gewährung von gegenseitiger Hilfe und Unterstützung zur rechtlichen Absicherung von: 0 professionellen Standards in Bezug auf die ethischen

Grundsätze bei der Ausübung des Berufs; 0 zwischenstaatlicher Anerkennung der anthroposophisch

erweiterten Psychotherapie;

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0 Entwicklung von Forschungszielen im Sinne der Präam - bel.

• Gewährleistung berufsethischer Grundsätze gegenüber Patien-ten, gegenseitige Hilfe und Unterstützung der Mitglieder des «Internationalen Verbands» in ihren Bestrebungen zur Förde-rung 0 der Wahrung der professionellen ethischen Grundsätze,

sowohl rechtlich als auch spirituell;0 des Respekts für den Mitmenschen und des Respekts für die

Freiheit des Individuums nach Leib, Seele und Geist.

Hochschularbeit

Die Hochschulgruppe am Goetheanum für Psychotherapie exis-tiert jetzt seit 20 Jahren und trifft sich im Rahmen der Jahreskon-ferenz der Medizinischen Sektion. Mittlerweile sind es etwa 50 Kollegen, die sich in den Klassenstunden beruflich vertiefen.

Seit einigen Jahren wirkt eine Initiativgruppe aus der Inne-ren Medizin an der Filderklinik auf der Basis der Klassenstunden Rudolf Steiners an verschiedenen menschenkundlichen Themen wie Pathogenese, Trauma und psychiatrischen Krankheitsbildern.

Beide Gruppen arbeiten grundsätzlich aus der esoterischen Perspektive an den Fragen der heutigen Zeitlage.

Veröffentlichungen

1. Die Deutsche Gesellschaft für Anthroposophische Psychothe-rapie DtGAP brachte einen wichtigen Erstling hervor. Johannes Reiner als Herausgeber publizierte das Buch «In der Nacht sind wir zwei Menschen». Einundzwanzig Autoren lieferten Beiträge und repräsentieren damit einen guten Querschnitt dessen, was heute in der anthroposophischen Psychotherapie in Deutsch-land lebt.116 Der Titel ist einem Vortrag Rudolf Steiners aus dem Jahre 1923 entnommen. Zentrales Thema des Vortragszyklus ist der Mensch, der einerseits materiell und mit den Sinnesorganen erfassbar, andererseits aber nicht-sinnlich, also geistig ist. Im Zustand des Wachseins, des Bewusstseins, greifen diese beiden Daseinsbereiche ineinander und sind eins, während im Dunkel der Nacht Seele und Geist sich lösen und der schlafende Leib

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getrennt von Empfindung und Erinnerung in einem Zustand der Unbewusstheit liegt.117

2. Das niederländische psychotherapeutisch-methodische Buch von Ad Dekkers ist im September 2012 beim Verlag Freies Geis-tesleben auf Deutsch erschienen: «Psychotherapie der mensch-lichen Würde». Eine englische, italienische und spanische Über-setzung sind fertiggestellt, eine russische ist in Vorbereitung. Der Inhalt des Buches ist ein Ergebnis von 25 Jahren interkollegialem und internationalem Studium, kasuistischer Forschungsarbeit und Unterricht in Fortbildungsrunden zu einer anthroposophisch basierten Psychotherapie, die, unmittelbar nachdem Prof. B. C. J. Lievegoed seine erstmalige und einzige Fortbildung zu einer anthroposophisch basierten Psychotherapie für eine Gruppe von Psychotherapeuten und Psychiatern in den Niederlanden durch-geführt hatte, begann. Das Buch wurde zudem aus der Sorge her-aus verfasst, dass – abseits von manchen guten und wohltuenden psychotherapeutischen Bemühungen – in der Psychotherapie welt-weit ein Trend vorhanden ist, der zunehmend auf monosympto-matische Symptom-Bewältigung und kurzfristige Behandlungen nach standardisierten Protokollen zielt. Andererseits macht sich eine Tendenz zur kurzfristigen methodischen Symptom-Befreiung breit, während beide Tendenzen sich von sowohl einem kom-plexen Gesamtbild des Menschseins als auch von der sozialen kontextgebundenen Pathogenese distanzieren. Beide Tendenzen profilieren sich als evidence-based. Das Buch will sich dennoch in voller Breite in die geschichtliche und moderne Psychotherapie einordnen. Demzufolge wird manchen professionellen Autoren Aufmerksamkeit geschenkt.

3. Wolfgang Rissmann, Ad Dekkers und Janna Ertl haben die Aufgabe ergriffen, grundlegende Stellen für die Psychiatrie im Werk Rudolf Steiners zu sammeln. Ein diesbezüglicher Artikel erschien im «Merkurstab», 66. Jahrgang, Heft 3, Mai-Juni 2013, «Angaben zu Psychiatrie im Werk Rudolf Steiners». Die 70 (!) einzelnen Hinweise auf Fragen der Psychiatrie sind chronologisch aufgeführt und inhaltlich kurz beschrieben.

4. Es existierte bereits eine italienische Übersetzung des Buchs «Borderline Erkrankungen», Verlag Freies Geistesleben, von Die-ter Beck †, Ursula Langerhorst und Henriette Dekkers, mit einem Vorwort von Michaela Glöckler, unter dem Titel «Malattie Bor-

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derline», Verlag Novalis, Mailand 2005. Im Mai 2011 erschien die Übersetzung auf Spanisch von Dr. med. Miguel Martínez Falero, Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapie, Präsident des Anthroposophischen Ärztevereins in Spanien und des Vereins für Anthroposophische Psychotherapie «Betula» mit dem Titel: «Trastorno Límite de Personalidad Borderline», Verlag Rudolf Steiner, Madrid. Im August 2011 erschien auf Portugiesisch die Übersetzung von Ralf Rickli anlässlich der Gründung des Brasi-lianisch-anthroposophischen Psychotherapie-Vereins, im Verlag Ad Verbum – Anthroposófica, impulsiert und finanziert von der Berufsgruppe in Curitiba, Brasilien.

5. In den Vereinigten Staaten – USA – publizierte Robert Sar-dello «Facing the World with Soul»; «Money and The Soul’s Path of Virtue»; «Freeing the Soul from Fear»: alle Lindisfarne Press.

William Bento publizierte eine breite Liste von Büchern und Artikeln im Rahmen der Psychodiagnostik und Psychotherapie. Erwähnenswert sind: Bento, W. (2004), «Lifting the Veil of Men-tal Illness: An Approach to Anthroposophical Psychology. Great Barrington», MA: SteinerBooks (2009). «A Somatic Psycho-Di - agnostic Approach to Personality Disorders». Köln, Germany: alle Lambert Academic Publishing.

Post-Graduate-Fortbildungen

Eine der Hauptaufgaben der IKAM-Koordinatoren wurde bereits im IKAM-Jahresbericht von 2005 formuliert: weltweit die kol-legialen Fragen nach anthroposophisch basierter Psychotherapie zu beantworten mittels landesgebundener Post-Graduate-Fortbil-dungen nach vereinbarten Berufskriterien und anschließend die Gründung nationaler Berufs-Vereine zu stimulieren, damit die Gesamtarbeit vor Ort selbständig weitergeführt werden kann. Diese Hauptaufgabe kristallisiert sich jetzt breit aus.

Train the Trainers Konferenz

Juni 2014 fand erstmals eine Train the Trainers Conference statt, organisiert von zertifizierten Kollegen aus zwölf Ländern. Zielsetzung ist, eine gemeinsam fundierte Grundlage für Didak-tik, Inhalte und esoterische Schulung in Leitlinien zu verfassen.

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Dazu wird ein Kompendium mit Beiträgen der Teilnehmenden er - stellt.

Das International Postgraduate Medical Training / IPMT

Die anthroposophische Psychotherapie verbreitet sich auf zwei Arten. Einmal durch eine konkrete Anfrage aus einem Land: Es bildet sich eine Gruppe von interessierten Psychotherapeuten, die für sich eine Fortbildung organisieren und, an diese Fortbildung anschließend, eine Gesellschaft gründen. Die andere Art läuft über die IPMT’s. Da treffen sich alle in einem Land, die sich für die an throposophisch-medizinische Arbeit interessieren und diese erlernen möchten. Alle medizinischen Berufsgruppen sind vertre-ten. Daraus löst sich dann die Gruppe der Psychotherapeuten, die teilweise ein eigenes Programm hat. Das IPMT bleibt jedoch ein wesentlicher Teil der Fortbildung. Die Vorteile sind klar: Es fin-det von Anfang an eine Integration der unterschiedlichen Berufs-gruppen statt und die Psychotherapeuten vertiefen ihre anthropo-sophisch-medizinischen Erkenntnisse in Bezug auf die leiblichen Grundlagen. Anschließend findet dann noch eine «Zertifizie-rungswoche» statt. Dieses «IPMT-Modell» hat für das Spanisch-sprechende Süd-Amerika und für Asien Gültigkeit. Das IPMT-Modell läuft zurzeit für Chile, Argentinien und Indien. Michaela Glöckler ist die treibende Kraft, weil sie der Überzeugung ist, dass die Psychotherapie wichtige und effektive Antworten auf die Frag-mentierungsprobleme des modernen Menschen geben kann, die ihre Fühlhörner in der ganzen Welt hat.

Forschung

Für die Forschung selbst gibt es noch keine ausformulierte Ziel-setzung. Die laufenden Projekte beziehen sich auf Depression und Bindungsstörungen im Rahmen multidisziplinärer Behandlung (Niederlande, gemeinsam mit der Hochschule Leiden) und auf Evaluationen von interdisziplinären Behandlungen von psychoso-matischen Krankheiten (Deutschland, Havelhöhe, M. Quetz).

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Mantren für die Psychotherapeuten

Psychotherapie findet eine fundamentale Meditation im Jungme-dizinerkurs in dem Spruch:

«Schiebe die Frühzeit in des Kindes Alter …»

Diese Meditation bringt in großen Bildern die Vorgeburtlichkeit des Physisch-Ätherischen im Menschen in innige Verbindung mit dem Astralisch-Zukünftigen. Sie dient dem Bewusstsein des Psy-chotherapeuten, die Strömungen des Werdens und des Gesche-henen zu umfassen. Diesen Spruch haben die Psychotherapeuten gemeinsam mit den in der Biographiearbeit Tätigen.

Schiebe die FrühzeitIn des Kindes AlterUnd des Kindes AlterIn die Jugend Zeit.Dir erscheint verdichtetMenschenätherseinHinter Körperwesen –

Schiebe die Altersdichte In die MenschenreifezeitUnd das reife AlterIn das Jugendleben.Dir ertönt in WeltenklängenMenschenseelenwirkenAus dem Ätherleben.

Rudolf Steiner 118

Eine Vertiefung des Verständnisses für die (psycho-)pathologische Dynamik lässt sich herbeiführen durch den Spruch:

Schau in deiner Seele LeuchtekraftFühl in deinem Körper SchweremachtIn der Leuchtekraft Strahlet Geistes-Ich

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In der Schweremacht Kraftet Gottes-GeistDoch darf nicht Leuchtekraft Ergreifen SchweremachtUnd auch nicht Schweremacht Durchdringen LeuchtekraftDenn fasset Leuchtekraft Die SchweremachtUnd dringet Schweremacht In LeuchtekraftSo binden in Welten-Irre Seele und KörperIn Verderbnis sich.

Rudolf Steiner 119

In dem Bemühen, die Vorgehensweisen von Ärzten und Priestern zu verstehen und ihre Arbeit gegen die Berufsgruppe der Psycho-therapeuten abzugrenzen und den richtigen Platz zu finden für die Eigenständigkeit des Bewusstseins zwischen Medikament und Sakrament, ist die Meditation «Ich werde gehen den Weg»120 rich-tungsunterstützend.

In der Psychotherapie wird der Spruch zusätzlich vom Ster-nenleib der Seele bewegt. Er wurde der Berufsgruppe der psycho-logischen Psychotherapeuten und Psychiater von Prof. Bernard Lievegoed zugrunde gelegt. Der Spruch soll den medizinisch Han-delnden und den psychotherapeutisch Tätigen in den gemeinsam geführten esoterischen Rahmen der differenziert-leiblichen Inkar-nation stellen und hinaufführen zur Durchgeistung dieser Kräfte, um zu Fähigkeiten der Seele zu führen. Es ist ein Spruch, den Rudolf Steiner Ita Wegman gab:

Ich halte die Sonne in mirEr führet als König mich in der Welt

Ich halte den Mond in mir Sie meine Gestalt erhält

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Ich halte Merkur in mir Er Sonne und Mond zusammen hält

Ich halte Venus in mirOhne ihre Liebe ist alles nichts,

Sie mit Mars sich vereinetDer mein Wesen im Worte spricht

Dass Jupiter alles erleuchteMit weisem Licht

Und Saturn der reifein mir erstrahlet meines Wesens Farben

Das sind die Sieben der WeltIch bin die Sieben, der Erde weitIch bin die Welt,Ich bin die Sonne.

(Und Christian Rosenkreutz mit Kreuz und Rosen steht neben dir als Geist)

Ich empfangeDie WeltIn den Sieben.

Rudolf Steiner an Ita Wegman 1923/1924, Notizbucheintrag

Die Psychotherapeuten befassen sich mit dem Schicksal der Pati-enten. Wesentlich vertiefend, den äußerlichen Schein von Glück und Schmerz durchbrechend, die karmischen Dimensionen erschließend, dem Therapeuten ein unerschütterliches Gleich-gewicht schenkend, sind die Schlusssätze aus dem Meditations-spruch:

Es ruhen in der Zukunft Schoß:«Wer glaubt, dass gutes Geschick allein fördere, Schlimmes allein niederbeuge, der sieht nicht das Jahr, sondern nur den Tag.»

Rudolf Steiner 121

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Heilpädagogik und Sozialtherapie Grundlagen – Strukturen – Perspektiven

Prof. Dr. Rüdiger Grimm, Dipl. Päd., SekretärKonferenz für Heilpädagogik und [email protected]

Anthroposophische Heilpädagogik und Sozialtherapie

Das Aufgabenfeld der Heilpädagogik und Sozialtherapie bezieht sich auf die Hilfe, Unterstützung, Begleitung und Behandlung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Entwicklungsstö-rungen und Behinderungen, mit Problemen des Lernens und der sozialen Interaktion sowie auf die Unterstützung in den Prozes-sen der Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben. Jede heilpädagogische oder sozialtherapeutische Maßnahme oder Gestaltung zielt auf die biographische Entwicklung der Individu-alität jedes Menschen, die mit ihren je eigenen Möglichkeiten und Beschränkungen ihren Weg im Leben geht. Sie soll darin unter-stützt werden, sich in ihrer jeweiligen Lebensumgebung entfalten zu können. Institutionelle Formen der Heilpädagogik und Sozial-therapie haben die Aufgabe, die Entwicklung des Individuums zu fördern und zu einem gelingenden Leben in inklusiven sozialen Zusammenhängen beizutragen.

Heilpädagogik und Sozialtherapie sind ein interdisziplinäres Arbeitsfeld, innerhalb dessen praktisch alle Berufe, die im Bereich der Medizinischen Sektion tätig sind, sowie Angehörige pädago-gischer und sozialer Berufe zusammenwirken. Da die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen höchst verschieden sind, kön-nen sehr unterschiedliche Konstellationen der Zusammenarbeit zum Tragen kommen.

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Ärzte, auch Fachärzte, sind in der Regel diejenige Berufs-gruppe, die als Erste mit Entwicklungsproblemen eines Kindes in Kontakt kommen, diagnostische Abklärungen vornehmen und die ersten Maßnahmen einleiten. Sie übernehmen häufig begleitende konstitutionelle Behandlungen und die medizinische Betreuung, wenn eine Behinderung mit einer chronischen Erkrankung ver-bunden ist. Therapeuten (Heileurythmisten, Kunsttherapeuten, Physiotherapeuten u. a.) sind in der Behandlung spezieller Situati-onen oder Probleme tätig.

Heilpädagogische Lehrer (Sonderschullehrer) und Erzieher im Kindergarten unterstützen die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in den Bildungsprozessen der Kindheit und Jugend und vermitteln Kenntnisse und Fähigkeiten für die spätere Lebens-gestaltung. Heilpädagogen verhelfen dazu, im Medium des All-tags gelingende Prozesse der Lebensbewältigung anzubahnen.

Sozialtherapeuten und die mit ihnen in verwandten Berufen Tätigen haben die Aufgabe, Erwachsenen mit Unterstützungs-bedarf zu helfen, ein gelingendes Leben in sozialer Teilhabe, im Arbeits- und Kulturleben zu führen.

In allen Prozessen der Heilpädagogik und Sozialtherapie ist das Zusammenwirken mit Eltern und Angehörigen von besonde-rer Bedeutung.

Über die Tätigkeit der einzelnen Berufe hinaus ist Heilpädago-gik und Sozialtherapie ein transdisziplinäres Arbeitsfeld, dessen Wirksamkeit dort am höchsten ist, wo in der Zusammenarbeit der Professionen mehr entsteht, als die einzelnen Maßnahmen ausmachen. Entscheidend für eine wirksame Zusammenarbeit ist, dass die Zusammenarbeitenden eine gemeinsame Erkenntnis-grundlage teilen, welche die sogenannten «Kinderkonferenzen», heilpädagogischen Besprechungen oder sozialtherapeutischen «Biographiegespräche» tragfähig werden lassen. Diese Grundlage ist exemplarisch in den zwölf Vorträgen des «Heilpädagogischen Kurses» zu finden, den Rudolf Steiner im Sommer des Jahres 1924 gehalten hatte, nachdem an drei Orten – an der «Waldorfschule» in Stuttgart, am «Klinisch-Therapeutischen Institut» in Arlesheim und im «Heil- und Erziehungsinstitut für Seelenpflegebedürftige Kinder» in Jena – erste praktische Initiativen der Heilpädagogik entstanden waren. In diesen Vorträgen, die auf der von Steiner in den Vorjahren entwickelten anthroposophischen Menschen-

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kunde, Pädagogik und Medizin aufbauen, finden sich Grundlagen und Ansätze zu einer heilpädagogischen Diagnostik und Praxis, die zu einem spirituellen Verständnis des Menschen und der damit zusammenhängenden psychosomatischen Prozesse der leiblichen, seelischen und geistigen Entwicklung beitragen.

Darüber hinaus sind Heilpädagogik und Sozialtherapie genuin auch soziale Impulse. Denn die Phänomene von Behinderung sind in ihrer Vielschichtigkeit fast immer auch mit expliziten oder subtilen sozialen Ausgrenzungsprozessen verbunden. So hat die anthroposophische Heilpädagogik und Sozialtherapie auch Orte zum Leben und Zusammenleben begründet, in denen soziales Leben, Arbeit und Kultur für alle ermöglicht werden.

Anthroposophische Heilpädagogik und Sozialtherapie ist allerdings nicht auf bestimmte institutionelle Formen festgelegt, sondern kann überall fruchtbar werden, wo es um die Entwick-lung, Bildung und Inklusion von Menschen mit Unterstützungs-bedarf geht.

Strukturen der Zusammenarbeit

Die Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie hat die Auf-gabe, die heilpädagogische und sozialtherapeutische Arbeit in inzwischen fast 50 Ländern mit insgesamt mehr als 750 Einrich-tungen und Organisationen zu vernetzen und für eine regelmäßige Zusammenarbeit, für Austausch und gegenseitige Unterstützung zu sorgen. In dem Papier «Grundlagen und Arbeitsweise der Kon-ferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie» sind die Verabre-dungen über die Art und Weise dieser Zusammenarbeit niederge-legt (www.khsdornach.org).

Die Länder bestimmen – je nach der Zahl ihrer Einrichtun-gen und Organisationen – einen oder mehrere Vertreter, die an den jährlichen Klausurtagungen teilnehmen. Dort werden die auf internationaler Ebene maßgeblichen Fragestellungen bearbeitet. Speziellere Fragen der Heilpädagogik und Sozialtherapie werden in den dafür eingerichteten Arbeitskreisen behandelt. Derzeit exis-tieren folgende Arbeitsgruppen

• Internationaler Ausbildungskreis mit Ausbildungsrat und Anerkennungsgruppe

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• Sozialtherapeutische Arbeitsgruppe• Ärzte, die im Bereich Heilpädagogik und Sozialtherapie tätig

sind• ECCE, Europäische Kooperation für anthroposophische Heil-

pädagogik und Sozialtherapie• Wissenschaftskreis• Wirtschaftskreis• Koordinationsgruppe

Die Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie unterhält ein Sekretariat in Dornach, das die internationale Zusammenarbeit koordiniert und die Konferenz nach außen repräsentiert.

Dienstleistungen

Die Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie veranstaltet alle zwei Jahre eine internationale Tagung für Heilpädagogik und Sozialtherapie am Goetheanum in Dornach. Außerdem führt sie verschiedene Fachtagungen zu wissenschaftlichen und beruflichen Fragen und Themen durch sowie Arbeitstage für Hochschulmit-glieder, die im Bereich der Heilpädagogik und Sozialtherapie tätig sind. Ihre Veranstaltungen werden in der «Zeitschrift Seelen-pflege» und auf ihrer Internetseite angekündigt.

Die Konferenz führt eigene Forschungs- und Entwicklungs-projekte durch und arbeitet beratend an anderen Initiativen mit. Neben der Publikation der Fachzeitschrift «Seelenpflege in Heil-pädagogik und Sozialtherapie» ist sie Herausgeberin der Buch-reihe «Anthropos – Heilpädagogik und Sozialtherapie aus anthro-posophischen Perspektiven», die seit 2012 in der Kooperation des Verlags am Goetheanum und des Athena Verlags erscheint, sowie weiterer Publikationsprojekte.

In ihrer wissenschaftlichen Arbeit und der Entwicklung von akademischen Ausbildungsmöglichkeiten arbeitet sie unter ande-rem mit der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alf-ter zusammen.

Die Konferenz verfügt über eine aktuelle Online-Bibliographie der Literatur zur anthroposophischen Heilpädagogik und Sozial-therapie sowie eine Präsenzbibliothek der vorhandenen Litera-tur. Sie publiziert ein Verzeichnis aller nach anthroposophischen

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Gesichtspunkten arbeitenden Einrichtungen für Heilpädagogik und Sozialtherapie.

Einen zentralen Arbeitsbereich bildet die Zusammenarbeit mit den nationalen Organisationen, mit Angehörigen- und Berufsver-bänden und mit Einrichtungen der Heilpädagogik und Sozialthe-rapie weltweit.

Aus- und Weiterbildung

Aus- und Weiterbildung sind das Kapital der Zukunft. Die Ent-wicklung der anthroposophischen Methoden in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen hängt davon ab, dass junge Men-schen qualitativ hochstehende Ausbildungsmöglichkeiten vorfin-den, in denen sie die menschenkundlichen Grundlagen der Heil-pädagogik und Sozialtherapie erlernen können. Diese müssen zugleich mit einer vollen Berufsberechtigung, d. h. in der Regel staatlicher Anerkennung, verbunden sein. Derzeit gibt es Ausbil-dungsmöglichkeiten sowohl auf fachschulischer wie auf universi-tärer Ebene. Die anthroposophischen Ausbildungsstätten haben sich zu einem internationalen Ausbildungskreis zusammenge-schlossen, in dem sie fachliche Aspekte, Fragen der Qualitätsent-wicklung und Weiterbildungsprojekte bearbeiten können.

Wirtschaftliche Grundlagen

Die Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie hat im «Fonds für Heilpädagogik und Sozialtherapie» einen eigenen Rechtsträger (ein sog. nicht eingetragener Verein nach Schweizer Recht). Er erhält seine Mittel in der Hauptsache in Form von Bei-trägen der Länder, die in der Konferenz aktiv mitarbeiten, sowie durch Erträge aus Publikationen und Spenden. Projekte werden jeweils durch einen eigenen Projekthaushalt finanziert, für den in der Regel Drittmittel eingeworben werden. Der Jahresbericht der Konferenz wird jeweils in Heft 2 der «Zeitschrift Seelenpflege» des folgenden Jahres und auf der Internetseite der Konferenz ver-öffentlicht.

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Perspektiven

Heilpädagogische und sozialtherapeutische Angebote sind grund-sätzlich öffentlich, sie können von allen Menschen genutzt werden und sind in vielen Ländern Teil der sozialen Hilfesysteme. Als sol-che sind sie sowohl Akteure der gesellschaftlichen Wandlungspro-zesse als auch Betroffene von sich ändernden Rahmenbedingun-gen der sozialen Arbeit und damit herausgefordert, ihren spezi-fischen eigenen Beitrag in den öffentlichen Diskurs einzubringen. Um diesen überzeugend vertreten zu können, muss die begon-nene wissenschaftliche Weiterentwicklung der Grundlagen der anthroposophischen Heilpädagogik und Sozialtherapie stringent verfolgt werden. Das Menschenbild der Anthroposophie und die über Jahre gelebten Sozialformen der Heilpädagogik und Sozial-therapie stellen eine bedeutsame Grundlage für die Entwicklung inklusiver Angebote für Menschen mit Behinderungen dar, ihre institutionellen Formen werden sich jedoch mit den absehbaren Entwicklungen verändern müssen, um weiterhin gesellschaftlich innovativ zu sein. Eine Reihe von Einrichtungen hat dazu bereits interessante und vorausgreifende Angebote entwickelt. Für andere wird es nicht leicht sein, Ballast abzuwerfen und in neuen Ent-wicklungen Schritt zu halten. Bei nicht wenigen anderen steht durchaus in Frage, ob und inwieweit sie sich den Methoden und Grundlagen der anthroposophischen Heilpädagogik und Sozial-therapie weiterhin verbunden wissen wollen.

Im internationalen Zusammenhang ist zu beobachten, dass sich nicht alle hoffnungsvollen Initiativen in den politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen ihrer Länder – manche von ihnen auch bedingt durch eigene Probleme – halten und weiterentwi-ckeln konnten. Nicht wenige haben dennoch auch in widrigs-ten Umständen eine innovative und resiliente Arbeit aufgebaut, besonders dort, wo sie es verstanden hatten, einen eigenen sozi-alen Umkreis zu mobilisieren. Möglicherweise wird die Zahl der anthroposophischen Einrichtungen sogar zurückgehen. Unsere Bewegung hat sich jedoch seit jeher in erster Linie über Quali-tät definiert und die quantitative Entwicklung zu einem gewissen Grad auch kritisch reflektiert. Die internationale Entwicklung der anthroposophischen Heilpädagogik und Sozialtherapie ist wei-terhin virulent: So hat in den letzten Jahren ein stärkeres Erwa-

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chen gegenüber der Anthroposophie und ihren Impulsen für das praktisch-gesellschaftliche Leben im asiatisch-pazifischen Raum eingesetzt und damit auch ein Bedürfnis nach der Entwicklung von Angeboten für Menschen mit besonderen Entwicklungsbe-dürfnissen hervorgerufen.

Informationen auf www.khsdornach.org mit aktuellen Ange-boten für Tagungen und Publikationen, den Strukturpapieren des internationalen «Netzwerks Konferenz» und den Jahresberichten der Konferenz.

Spirituelle Grundlagen der Heilpädagogik und Sozialtherapie

Wandtafelzeichnung von Rudolf Steiner zur «Punkt-Umkreis-Meditation»

Im Heilpädagogischen Kurs Rudolf Steiners gibt es eine Reihe von meditativen Übungen, um die menschenkundlich-heilpäda-gogischen Fragen und Probleme in eine innere und eigene Erfah-rung zu vertiefen.122 Im Zentrum dieser Übungen kann man die Meditation von Punkt und Kreis sehen (siehe Abb. oben), die von Rudolf Steiner erst gegen Ende des Kurses, im 10. und 11. Vortrag, entwickelt wurde. Es ist eine Übung, die erlaubt, grund-legende polare Kräfteverhältnisse, welche in der menschlichen Organisation wirksam sind, meditativ zu durchleben, z. B. etwa

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in den sich gegenüber stehenden Bildern zwanghafter Reproduk-tion der immer gleichen Vorstellungen einerseits und des Unver-mögens des Erinnerns auch nur einfacher Alltagserlebnisse ande-rerseits. Heilpädagogisches Verstehen und Handeln erwächst damit aus einem Prozess der Konvergenz äußerer Anschauung, menschenkundlicher Erkenntnisbildung und des inneren Nach- und Vorbildens von konstitutionellen Prozessen sowie aus einer empathischen Beziehungsgestaltung und der Entwicklung indivi-dueller Angebote für seelenpflegebedürftige Menschen.

Die Meditation von Punkt und Kreis

Die innere Tätigkeit der Meditation von Punkt und Kreis umfasst mehrere Elemente, durch die polare Erfahrungen angeregt und vertieft werden können:

Indem sie am Abend und am Morgen geübt wird, trifft sie unterschiedliche Bewusstseinssituationen: Abends entsteht ein kontemplatives Bewusstsein in der Vergegenwärtigung des ver-gangenen Tages und in der Loslösung von dessen Geschehnissen und Erfahrungen, die nun in der rückblickenden Betrachtung zu inneren Bildern geformt werden können. Am Morgen hingegen tritt der Mensch in seinen individuellen Raum des Handelns ein, den er wohl gedanklich zielorientiert vorbildet, der jedoch prin-zipiell ergebnisoffen ist und mitbestimmt wird von dem, was ihm entgegenkommt. Die polare Lebenssituation wird meditativ an den Übergängen von Schlaf und Wachen erfahrbar.

Ein zweites polarisches Element wird durch die Formdynamik von Punkt und Kreis, respektive durch die innere Übung der Vor-stellungsbildung von zentripetaler und zentrifugaler Bewegung geübt. Der Punkt erfährt in der inneren Vorstellung eine stetig zum Kreis sich ausdehnende Bewegung, gleichzeitig wird das periphere Kreiselement immer mehr zum Punkt hin konzentriert.

Die damit verbundene Gestaltung von Blau und Gelb verweist ebenfalls auf den höchstmöglichen Gegensatz von Farbräumen, von raumgebend-zurückweichenden und hervortretend-lichthaf-ten Eindrücken.

Die beiden kurzen Meditationssätze ermöglichen, sich in die Tiefe dieser Prozesse einzuleben: die Tätigkeit der Bewusstseins-bildung am Abend nicht nur als Abbild des Tagesbewusstseins,

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sondern als die Präsenz einer spirituellen Wirklichkeit zu erfahren, in der sich menschliches Bewusstsein mit göttlichen Gedanken erfüllen kann: «In mir ist Gott». Dem morgendlichen Bewusstsein hingegen wird erfahrbar, wie der handelnde Mensch in seiner Wil-lenstätigkeit mit der gegenständlichen Welt zugleich eine göttlich geschaffene Welt berührt, in der sich Menschen mit ihren indivi-duellen Schicksalsdispositionen begegnen: «Ich bin in Gott».

Aus der kontinuierlichen Übung dieser Meditation kann eine innerliche Beweglichkeit entstehen, die den Wechsel der Bewusst-seinszustände des Menschen als waches Gedanken- und als schla-fendes Willenswesen in Einklang bringt. Als «Berufsmeditation» befähigt sie zu Erfahrungen, die für die heilpädagogische Wirk-samkeit letztlich unerlässlich sind: Sie ist eine Schule der Aufmerk-samkeit, der Andacht für die Sinneswelt und ihre oft unerwarteten Hinweise und Schlüsselsituationen für die Wahrnehmung eines anderen Wesens. Und sie bildet einen Entwicklungsraum aus für das Vertrauen, im Augenblick geistesgegenwärtig handeln zu können.

Heilpädagogik und Sozialtherapie als Beruf?

Freude an der Begegnung mit anderen Menschen, Interesse an der menschlichen Organisation, Unterstützung bei leiblichen, seelischen und kognitiven Schwierigkeiten, Gestaltung von Ent-wicklungsumgebungen und Lebenswelten sowie Brückenbildung zum gesellschaftlichen und sozialen Leben bilden den Kern der heilpädagogischen und sozialtherapeutischen Berufe. Praktische Arbeit und Reflexion von Zielen und Handlungen bilden eine untrennbare Einheit, ebenso die Frage, wie man mit den eigenen Unzulänglichkeiten und den konfrontativen Erlebnissen umgehen soll – ein spannungsvoller und herausfordernder Beruf. Er gibt die Möglichkeit der Zuwendung zum anderen Menschen, für einen bewussten Umgang mit sich selbst und eine initiative Haltung gegenüber sozialen und kulturellen Prozessen.

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Heileurythmie / Eurythmie-Therapie

Angelika Jaschke, HeileurythmistinInternationale Koordination [email protected]://heileurythmie-medsektion.net

Wie steht die Heileurythmie im System der Anthroposophischen Medizin?

Die Heileurythmie ist der einzige Beruf im System der Anthro-posophischen Medizin, der ausschließlich aus der Geisteswissen-schaft Rudolf Steiners hervorgeht und in ihr begründet ist. Die Berufsgemeinschaft der HeileurythmistInnen entwickelt sich im internationalen Forum Heileurythmie seit dem Jahre 2000 durch ein gemeinsames globales Bewusstsein aus den Bedürfnissen und Notwendigkeiten kontinuierlich weiter.

Inzwischen arbeiten in über 40 Ländern ca. 1600 Heileuryth-mistInnen unter den unterschiedlichsten Bedingungen, um den heileurythmischen Impuls innerhalb der anthroposophisch-medi-zinischen Bewegung für die Patienten zugänglich zu machen. So ist ein flexibler Organismus entstanden, der sich sowohl an den gesellschaftlichen Anforderungen als auch an inneren, geistigen Fragestellungen orientiert.

Wie ist der Zusammenschluss der HeileurythmistInnen organisiert? Wie wird er finanziert?

Fachgremien arbeiten autonom an spezifischen Themenbereichen. Aus jedem Gremium gibt es einen Koordinator, einen Menschen, der sich zur Aufgabe gemacht hat, den Überblick über das gesamte Netzwerk zu haben, um daraus im speziellen Fachgremium wei-

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tere Entwicklungsschritte anzuregen. Diese Koordinatoren bilden gemeinsam das sogenannte Koordinationsteam.

Zurzeit bestehen folgende Fachgremien:

1. Vertreter aller durch die Medizinische Sektion am Goethe-anum anerkannten Ausbildungen (etwa 10 weltweit) arbeiten in der internationalen Ausbilderkonferenz (GbR) zusammen an Fragen der Ausbildungsqualität, der Methode und im Hin-blick auf eine berufsrechtliche Anerkennung. Für die »Aner-kennung durch die Medizinische Sektion» sind die in diesem Kreis einvernehmlich getroffenen Vereinbarungen verbind-lich.

2. Ein Forschungs-Kolloquium unter den aktiv Forschenden för-dert den Austausch und erarbeitet ein spezifisch-heileuryth-misches Forschungskonzept – in Zusammenarbeit mit den bestehenden Forschungs-Instituten der AM.

3. Dreizehn Berufsverbände haben sich weltweit für die recht-lichen Fragen und Kooperationen sowie die Qualitätsentwick-lung (AnthroMed®), die über die nationalen Belange hinaus- gehen, zusammengeschlossen (IAg-HEBV). Eine rechtliche Föderation mit den Verbänden der Heileurythmie und der Anthroposophischen Kunsttherapien (IFAAET) sorgt sich um europäische und internationale Rechtsfragen und ist aktiv beteiligt am Ausbau des Systems der AM.

4. In den bestehenden sechs Praxisfeldern (Arbeit mit Klein-kindern, mit Schulkindern, mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen, mit Patienten in Kliniken, mit Senioren und in freier Praxis) wird durch inhaltliche Fachfortbildungen und die Erarbeitung einer heileurythmischen Menschenkunde in den verschiedenen Altersstufen an der Vertiefung gearbeitet.

5. Durch eine aktuelle Webseite mit allen für die Heileuryth-mie grundlegenden Standards, Informationen, Adressen und Links, einem internen Fach-Diskussionsforum sowie durch Publikationen wird die Öffentlichkeitsarbeit gepflegt. www.heileurythmie-medsektion.net

6. Die Finanzierung des ForumHE geschieht durch einen frei-willigen Solidaritäts-Beitrag aller internationalen Heileu-rythmistInnen im Wert einer nationalen Therapiestunde pro Jahr. Dadurch wird ca. die Hälfte der notwendigen Kosten

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aufgebracht. Durch Sponsoren, Legate und Stiftungen werden beantragte Projekte nach Möglichkeit finanziert.

Wie werden die in diesem Buch beschriebenen Arbeitsweisen und Verantwortungsstrukturen in der Heileurythmie praktiziert?

In der jährlich stattfindenden Delegiertenkonferenz (verantwort-liche Vertreter aus Ausbildung, Forschung, Berufsverbänden, Ländern, Praxisfeldern, der Hochschularbeit der Ersten Klasse, der Öffentlichkeitsarbeit und weiteren Arbeitszusammenhängen) findet ein internationaler Austausch statt und anstehende Fragen werden bearbeitet. Die zu leistende Arbeit wird, in gegenseitiger Anerkennung und mit wachsendem Vertrauen, durch individuelle Menschen für das Ganze gestaltet und verantwortet.

Die Rückkopplung zu den nationalen, dezentralen Verantwor-tungsträgern und Individualitäten, bei denen die Beschluss- und Umsetzungsaufgabe liegt, findet durch die Delegierten statt.

Dieser Weg braucht die Bereitschaft, sich der Verantwortung für die gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben der Heileuryth-mie gemeinsam anzunehmen und sich in geistigem Zusammen-hang zu wissen und halten zu wollen. Es ist wie ein Herzorgan, in dem Peripherie und Zentrum in ständig dynamisch-bewegtem Austausch sind und sich gegenseitig befruchten.

Die Fachgremien, das Koordinationsteam und die IKAM-Koordinatorin übernehmen die Verantwortung für die weltweite Entwicklung der Heileurythmie innerhalb der anthroposophisch-medizinischen Bewegung. Dies beinhaltet sowohl die Arbeit an der beruflichen Entwicklung durch Aus- und Weiterbildungen (Fortbildungen unterliegen den Regelungen der nationalen Berufs-verbände), die Vereinbarung von Standards für die gegenseitige Anerkennung von Ausbildungen, die Beratung in fachlichen und berufspolitischen Fragen, die Gestaltung der Beziehungen zu anderen Berufs- und Aufgabenfeldern innerhalb der Medizini-schen Sektion wie auch die Pflege der berufsesoterischen Arbeit und die Mitarbeit in der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft.

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Wie sind die Ausbildungen organisiert und wo kann man sich informieren?

Die internationale Ausbilderkonferenz ist das älteste Gremium im heileurythmischen Zusammenhang. Sie trifft sich seit 1983 in der gemeinsamen Verantwortung, die methodischen und praktischen Grundlagen der Ausbildungen – an den Fragen der gegenwärtigen Welt – in gemeinsamer Arbeit weiterzuentwickeln.

Gegenseitige Anerkennung als Ausdruck einer gleichberech-tigten und verbindlichen Zusammenarbeit ist ein wichtiger Pro-zess zur Qualitätsentwicklung und Identitätsstiftung nach innen und außen. Im «Internationalen Rahmen-Curriculum» sind die grundlegenden inhaltlichen Erfordernisse einer Heileurythmie-Ausbildung niedergelegt und werden den Notwendigkeiten ent-sprechend ständig weiter bearbeitet. Das im Akkreditierungs-handbuch der Medizinischen Sektion entwickelte Verfahren wird von den meisten Ausbildungen durchlaufen. Ein wichtiger Teil dieses Qualitätsverfahrens ist u. a. die berufsübergreifende Audi-tierung als Hilfe zur Selbstreflexion und Selbstkorrektur einer Ausbildungsstätte.

Die meisten Ausbildungen sind heute berufsbegleitend. Alle bauen – gemäß dem derzeit geltenden «Internationalen Rah-men-Curriculum» – auf eine Eurythmie-Grundausbildung mit Di plomabschluss / Bachelor auf. Weltweit gibt es zurzeit sieben fortlaufende Ausbildungen und drei bis vier Ausbildungen in unterschiedlichen Ländern, die einen einmaligen Ausbildungs-durchgang über zwei bis drei Jahre unter Patenschaft einer aner-kannten Ausbildung durchführen. Weitere Informationen unter: http://www.heileurythmie-medsektion.net/de/tr/ausbildung

Wie wird die spirituelle Substanz gepflegt?

Rudolf Steiner spricht am 28. August 1913 in München, als den Mitgliedern der Anthroposophischen Gesellschaft erstmals EURYTHMIE vorgeführt wurde, einleitend folgende Worte: «Beachten Sie aber auch, dass ein dreifaches Wollen hinter dieser Eurythmie liegt .»

Die drei Elemente dieses Wollens charakterisierte er u. a. am 15. Mai 1920

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• als das Ästhetische, das Element der Schönheit. Verstärkte Bewegungen der höheren Welten sind ein künstlerisches Element: «In der eurythmischen Kunst ist der Mensch selbst Werkzeug .»

• als das pädagogisch-didaktische Element. Hier ist die Auf-gabe, die menschliche Seele so in Verbindung mit dem Leib-lichen zu bringen, dass sie sich entfalten kann. Wie an anderen Stellen wird auch am 15. Mai 1920 die pädagogische Euryth-mie «beseeltes Turnen» genannt.

• als das hygienisch-therapeutische Element. Das heißt: darauf aufmerksam zu werden, «was eigentlich der Ätherleib durch seine innere Beweglichkeit von dem physischen Leibe ver-langt», und das Nichtzusammenstimmen des physischen und ätherischen Leibes «aufzuheben durch eine Bewegungsfähig-keit des physischen Leibes, die dem Ätherleib entspricht – Har-monie mit dem Weltenwesen».

Die einzige, speziell für die Eurythmie gegebene Meditation gründet sich auf dieses Ur-Willenswesen, das jeglicher Ausgestal-tung der Eurythmie (Kunst, Pädagogik und Therapie) zugrunde liegt.123 Im Zusammenhang mit dem lebendigen, menschlich-eurythmischen Instrument des Leibes, der Seele und des geistig-kosmischen Umkreises – also dem ganzen Menschen – werden die darin wirkenden Kräfte, die wirksamen Aktivitäten und auch der physische Erscheinungsort genannt. Der geistige Raum erklingt durch «Erde – Luft – Himmel», die seelische Aktivität durch «Sprechen – Singen – Sinnen», die physische Gestalt durch «Füße – Hände – Haupt».

«Auch beim Eurythmisten kann es sich nur darum handeln, dass er durch immer wiederkehrendes Erwecken einer gewissen Seelenstimmung sich empfänglich macht für das Fühlen und Emp-finden der ausdrucksvollen Gebärden. Und da kann es sich darum handeln, dass durch eine auf die Geheimnisse der menschlichen Organisation gehende Meditation der Eurythmist gerade in dieses feine Empfinden hineinkommt. Das kann etwa erreicht werden dadurch, dass Sie mit voller Innigkeit, mit starkem innerem Erfüh-len dessen, was in den Worten steht, meditieren, so dass das, was Sie meditieren, nicht bloß Worte oder abstrakte Begriffe sind, son-dern dass das sich wirklich in Ihnen vollzieht, was in den Worten

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steht; dann werden Sie dasjenige erreichen, was ich eben bezeich-net habe.

Ich suche im InnernDer schaffenden Kräfte Wirken,Der schaffenden Mächte Leben.Es sagt mirDer Erde SchweremachtDurch meiner Füße Wort,Es sagt mir Der Lüfte FormgewaltDurch meiner Hände Singen,Es sagt mirDes Himmels LichteskraftDurch meines Hauptes Sinnen,Wie die Welt im MenschenSpricht, singt, sinnt.

Haben Sie solch eine Meditation gemacht, dann werden Sie sehen, dass Sie das von sich sagen können: Sie sind wie aus dem Wel-tenschlaf ins Himmlische der Eurythmie aufgewacht . Sie werden immer, wie wenn Sie von der Nacht in den Tag hinein aufwachen, hineinkommen ins Eurythmische, wenn sie diese Stimmung in sich erwecken» (kursiv von der Autorin).124

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In der Eurythmie kennen wir weiter sechs eurythmische Gestalt-Meditationen, die man sicher als «esoterisches Mittel» bezeichnen kann und die, richtig geübt, meditativen Charakter haben. Seit der ersten Welt-Heileurythmie-Konferenz 2008 lebt der dort gefasste Impuls, dass jeder Heileurythmist zu Beginn seines therapeuti-schen Tages, eine/seine eurythmische Meditation im Bewusstsein der ganzen weltweiten Berufsgemeinschaft ausführt. So wandert mit dem Sonnengang um die Erde jeden Tag eine die Welt umhül-lende eurythmisch-meditative Bewegung. Das ist inzwischen zu einer real erlebbaren Ätherhülle geworden.

Das sind die in ihrer Urform im Stehen auszuführenden Übun-gen:

IAOSM-HM

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Fünfstern (Standhaft stelle ich mich ins Dasein)Licht strömt aufwärts, Schwere lastet abwärtsIch denke die Rede Halleluja TAO

Im Toneurythmiekurs beschreibt Rudolf Steiner: «Dann werden Sie sehen, dass Sie in dem TAO ein wunderbares Mittel haben, die innere Leiblichkeit geschmeidig, innerlich biegsam, künstle-risch gestaltbar für die Eurythmie zu machen … Sie werden sehen, wenn Sie das ausführen, dass Ihnen das eine innere Kraft gibt, die Sie auf alles Eurythmisieren übertragen können . Es ist dieses ein esoterisches Mittel . Und dieses zu machen bedeutet Meditation in der Eurythmie» (kursiv von der Autorin).125

Im Rahmen seiner Vorträge über die alchimistisch-rosen-kreuzerischen Prinzipien spricht Rudolf Steiner in einem ande-ren Zusammenhang darüber, wie die Kräfte der oberen Organi-sation (Licht) und der unteren (Schwere) symbolisch dargestellt werden in zwei Dreiecken, die sich zwar harmonisch durchdrin-gen, jedoch nicht vermischen. Wir kennen dies als eine der sechs Gestalt-Meditationen in der Eurythmie: «Licht strömt aufwärts – Schwere lastet abwärts» .126

In der letzten Meditation des Weihnachtskurses für die Jungme-diziner geht es um den täglichen Kampf zwischen Krankheit und Gesundheit, zwischen Materie mit ihrer «Schweremacht» und Geist mit seiner «Leuchtekraft». Wir werden durch diese Medi-tation geführt zu einem Verständnis eines innermenschlichen Vor-gangs.

«Nun, diese Dinge alle mit dem nötigen moralischen Impuls zu denken, durchzuempfinden, durchzufühlen und dann mit dem, was Ihr da gefühlt habt, zu wollen, da lernt Ihr allmählich wirklich die Dinge und Vorgänge der Welt so anschauen, dass Ihr darauf kommt, wie man wiederum, wenn Leuchtekraft die Schweremacht erfasst hat, wegbringt die Leuchtekraft von der Schweremacht durch irgend etwas, was den ätherischen Leib vom astralischen Leib her unterstützt durch irgendeine äußere Sub-stanz oder durch einen Vorgang im Menschen. Sehet Ihr, wenn Ihr so etwas in Eurer Seele richtig durchempfindet, dann wer-

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det Ihr auch einen Blick bekommen für das Heilende der Heil-eurythmie. Denn das Heilende der Heileurythmie ist im Grunde genommen, ich möchte sagen dasjenige, was beim Heilen ganz besonders auf die kosmischen Kräfte rechnet. Wenn Ihr konso-nantische heileurythmische Übungen macht, so seid Ihr drinnen in den Mondenkräften.

Wenn Ihr vokalische heileurythmische Kräfte entwickelt, so seid Ihr in den Saturnkräften drinnen . Und der Mensch fühlt sich direkt durch diese zwei Arten von Kräften beim Heileurythmisie-ren in den Kosmos ein» (kursiv von der Autorin).127

Schau in deiner Seele LeuchtekraftFühl in deinem Körper SchweremachtIn der Leuchtekraft Strahlet Geistes-IchIn der Schweremacht Kraftet Gottes-GeistDoch darf nicht LeuchtekraftErgreifen SchweremachtUnd auch nicht SchweremachtDurchdringen LeuchtekraftDenn fasset Leuchtekraft Die SchweremachtUnd dringet Schweremacht In LeuchtekraftSo binden in Welten-Irre Seele und KörperIn Verderbnis sich.

Rudolf Steiner 128

Als allgemeinen Heilbedarf des heutigen Menschen nennt Rudolf Steiner die Wiedererlangung eines spirituellen Weltbildes, das den Materialismus überwinden kann. Nur so können karmische Kon-

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flikte aus früheren Inkarnationen sich moralisch ausleben, anstatt sich in der Krankheit zu somatisieren.

Die erste Meditation des Osterkurses für die Jungmediziner ruft uns auf zum Schauen des ganzen Werdeganges des Menschen im heutigen Kosmos.129

Nur der physische Leib selbst gehört der Erde an und wird von ihr angezogen. Der Ätherleib wirkt ganz aus dem Kosmos heraus und gestaltet den physischen Leib mit seinen peripherisch-ansaugenden Kräften.

Es wird heute vergessen, «dass die Menschengestaltung durch-aus hergeleitet werden muss aus demjenigen, was die Erkenntnis des Sternenhimmels, aber qualitativ angesehen, seinem inneren Wesen nach angesehen, gibt» (kursiv von der Autorin).130

Will man den Menschen verstehen, «[…] so muss man ins kos-mische Weltenall hinausschauen».131

Schau, was kosmisch sich fügt,Du empfindest Menschengestaltung.

Schau, was luftig dich bewegt,Du erlebest Menschenbeseelung.

Schau, was irdisch sich wandelt,Du erfassest Menschendurchgeistung.132

Diese, den Jungmedizinern gegebene Meditation hat eine innere Beziehung zum tiefsten Anliegen der Heileurythmie – verstanden als irdisch-kosmisches Arzneimittel.

Nur durch das fortwährende Bemühen, jeden Laut immer wie-der neu an die qualitativen Tierkreis- und Planetenkräfte anzu-schließen, kann das Heilende der Heil-Eurythmie in ihrer vollen Wirksamkeit offenbar werden.

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Und nicht zuletzt sei auf die Grundsteinmeditation an dieser Stelle hingewiesen, die Rudolf Steiner zur Pflege und Gesundung der spirituellen Gemeinschaftsbildung innerhalb der Anthro-posophischen Gesellschaft allen Mitgliedern «ins Herz» gelegt hat.

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Menschenseele!Du lebest in den Gliedern,Die dich durch die RaumesweltIn das Geistesmeereswesen tragen:Übe Geist-ErinnernIn Seelentiefen,Wo in waltendemWeltenschöpfer-SeinDas eigne IchIm Gottes-Ich Erweset;Und du wirst wahrhaft lebenIm Menschen-Welten-Wesen.

Denn es waltet der Vater-Geist der HöhenIn den Weltentiefen Sein-erzeugend:Ihr Kräfte-Geister,Lasset aus den Höhen erklingen,Was in den Tiefen das Echo findet;Dieses spricht:Aus dem Göttlichen weset die Menschheit.Das hören die Geister in Ost, West, Nord, Süd:Menschen mögen es hören.

Menschenseele!Du lebest in dem Herzens-Lungen-Schlage,Der dich durch den ZeitenrhythmusIn’s eigne Seelenwesensfühlen leitet:Übe Geist-BesinnenIm Seelengleichgewichte,Wo die wogendenWelten-Werde-TatenDas eigne IchDem Welten-IchVereinen;Und du wirst wahrhaft fühlenIm Menschen-Seelen-Wirken.

Denn es waltet der Christus-Wille im UmkreisIn den Weltenrhythmen Seelen-begnadend:

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Ihr Lichtes-Geister,Lasset vom Osten befeuern,Was durch den Westen sich formet.Dieses spricht:In dem Christus wird Leben der Tod.Das hören die Geister in Ost, West, Nord, Süd:Menschen mögen es hören.

Menschenseele!Du lebest im ruhenden Haupte,Das dir aus EwigkeitsgründenDie Weltgedanken erschließet:Übe Geist-ErschauenIn Gedanken-Ruhe,Wo die ew’gen GötterzieleWelten-Wesens-LichtDem eignen IchZu freiem WollenSchenken;Und du wirst wahrhaft denkenIn Menschen-Geistes-Gründen.

Denn es walten des Geistes WeltgedankenIm Weltenwesen Licht-erflehend:Ihr Seelen-Geister,Lasset aus den Tiefen erbitten,Was in den Höhen erhöret wird:Dieses spricht:In des Geistes Weltgedanken erwachet die Seele.Das hören die Geister in Ost, West, Nord, Süd:Menschen mögen es hören.

In der Zeiten WendeTrat das Welten-Geistes-LichtIn den irdischen Wesensstrom;Nacht-Dunkel Hatte ausgewaltet;Taghelles LichtErstrahlte in Menschenseelen;Licht,

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Das erwärmetDie armen Hirtenherzen;Licht,Das erleuchtetDie weisen Königshäupter.

Göttliches Licht,Christus-SonneErwärmeUnsere Herzen;ErleuchteUnsere Häupter;

Dass gut werde,Was wirAus Herzen gründen,Was wirAus HäupternZielvoll führen wollen.

Rudolf Steiner 133

Anthroposophische Kunsttherapie

Kirstin Kaiser, Therapeutische Sprach -gestalterin und Kunsttherapeutin ED Internationale Koordination Kunsttherapiekirstinkaiser@bluewin.chwww.icaat-medsektion.netwww.medsektion-goetheanum.org

Welchen Beitrag leistet die anthroposophische Kunsttherapie im System der Anthroposophischen Medizin?

In den Künsten finden sich auch die im Menschen als Einseitigkei-ten in der Krankheit wirkenden Gesetzmäßigkeiten wieder. Far-

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ben, Formen, Töne und Klänge werden in der Therapie zu Kunst-werken nach- und neugeschaffen und wirken auf Leib, Seele und Geist zurück. Im künstlerischen Tun können die Patienten/innen schöpferisch und umgestaltend in die Krankheitsprozesse eingrei-fen. Diesen aktiven Weg der bewussten Mitgestaltung am eigenen Schicksal anzuregen und zu begleiten ist die therapeutische Auf-gabe. Dabei gibt jede Kunst ihren eignen menschenkundlich dif-ferenzierten Beitrag. Weltweit sind ca. 1500 anthroposophische Kunsttherapeuten tätig.

Aus- und Weiterbildungen in anthroposophischer Kunsttherapie

Anthroposophische Kunsttherapeuten werden an staatlich aner-kannten Hochschulen und an privatrechtlich berufsqualifizieren-den Ausbildungen und Weiterbildungen ausgebildet.

Einer Anerkennung als Anthroposophische/r Kunsttherapeut/in durch die Medizinische Sektion geht ein Anerkennungsprozess der Ausbildung voraus.

Wie ist die Internationale Koordination der Kunsttherapie organisiert?

Der Koordinationsbereich «Anthroposophische Kunsttherapie» wird von einem Kunsttherapeuten repräsentiert, der in engem Kontakt mit verschiedenen Arbeitsgremien zusammenarbeitet und von diesen in seiner Aufgabe bestätigt wird. Diese Arbeitsgremien bestehen für die Bereiche: Berufsverbände, Ausbildung, Tagungs-organisation, Öffentlichkeitsarbeit, Forschung und die Vertretung in IKAM. Für die Fachbereiche Malen, Plastizieren, Musik und «Therapeutische Sprachgestaltung» gibt es Repräsentanten, die ihren Bereich verantwortlich koordinieren. Das Organigramm mit den Namen der Ansprechpartner findet sich auf der Website www.icaat-medsektion.net.

Die Vorstände der nationalen Berufsverbände (DAKART) tref-fen sich zwei Mal jährlich zu einem intensiven Austausch. So wur-den z. B. ein internationales Berufsbild und Ethikrichtlinien ver-fasst. Einmal jährlich treffen sich die Vertreter der Berufsverbände mit den Mitgliedern der Europäischen Akademie für Anthropo-

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sophische Kunsttherapie, um Ausbildungen und Berufsverbände aufeinander abzustimmen. Im September 2012 wurden mit den Berufsverbandsvorständen der Heileurythmie die Internatio-nal Federation of Anthroposophic Arts and Eurythmy Therapy (IFAAET) gegründet. Zweck dieser Gemeinschaft ist

• die Vertretung der nationalen anthroposophischen Kunstthe-rapie- und Heileurythmie-Verbände auf internationaler Ebene.

• Förderung der Entwicklung von anthroposophischen Kunst-therapien und Heileurythmie in Ländern, in denen kein Berufs-verband vorhanden ist und gegenseitige Hilfeleistung und Unterstützung fehlt.

• Weiterentwicklung der internationalen öffentlich-rechtlichen Grundlagen der anthroposophischen Kunsttherapien und der Heileurythmie gemeinsam mit der Medizinischen Sektion.

Tagungen

Jährlich finden am Goetheanum in Dornach / Schweiz interna-tionale Arbeitstage für anthroposophische Kunsttherapie und eine Arbeitstagung zur Sprachgestaltung statt. Die Arbeitsgrup-pen werden von einem/einer Kunsttherapeuten/in und einem/einer Arzt/Ärztin in Zusammenarbeit geleitet und ermöglichen so den interdisziplinären Austausch. Die Tagungsvorträge werden zusammengefasst und veröffentlicht.

Öffentlichkeitsarbeit

Auf der Website www.icaat-medsektion.net wird über die Koordi-nationstätigkeit, die Ausbildungsstätten, Berufsverbände, Litera-tur und vieles mehr informiert.

Darüber hinaus werden Bücher zur anthroposophischen Kunsttherapie neu aufgelegt, Tagungsdokumentationen herausge-geben und Poster und Flyer zu den Kunsttherapien und spezifi-schen Indikationen erstellt.

Des Weiteren wird eine auf drei Bände angelegte Übersicht über sämtliche Äußerungen Rudolf Steiners zur medizinischen Menschenkunde die Sprache betreffend erarbeitet. Der erste Band mit Suchergebnissen und Inhaltsangaben liegt als Print-on-

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Demand vor. Der zweite Band wird alle relevanten Originalzitate als Quellenmaterial enthalten. Der dritte Band wird eine Synopsis dieser Aussagen enthalten.

Wissenschaftliche Forschung

Die Kunsttherapien also müssen ihre Leistungsfähigkeit, ihren Forschungsstand sowie ihre Positionierung innerhalb der medizi-nischen Leitlinien darstellen. Hier genügt der breite Erfahrungs-hintergrund einzelner Therapiemaßnahmen nicht, vielmehr ist die wissenschaftliche Evidenz für die Kostenträger entscheidend. Des-halb werden im Medizinsystem mittelfristig nur die künstlerischen Therapien mit evidenzbasierten Wirksamkeits- und Wirkungs-nachweisen eine relevante Rolle spielen können!

Die Ressourcen reichen bisher nicht aus, um den Anforderun-gen an wissenschaftliche Evidenz auf akademischem Niveau zu genügen. Ein aktuell vordringliches Ziel ist es daher, neue struktu-relle, personelle und finanzielle Einrichtungen zu schaffen, um den Anforderungen genügen zu können.

Markenschutz

Anthroposophische Kunsttherapeuten werden sich in Zukunft nach den Qualitätskriterien der Marke AnthroMed® zertifizieren können.

Finanzen

Die Koordination der anthroposophischen Kunsttherapie wird durch die Medizinische Sektion, individuelle Beiträge von Kunst-therapeuten, Beiträge der nationalen Verbände und Ausbildungs-stätten, Einnahmen aus Zertifizierungen und Akkreditierungen finanziert. Die Projektfinanzierung erfolgt durch Spenden. Es wird angestrebt, dass die Koordinationsstelle durch Beiträge der Kunsttherapeuten finanziert wird. Ohne ehrenamtliche Mitarbeit in der Koordination der Ausbildungen und Berufsverbände, der Forschung und der Tagungsvorbereitung wäre die Koordination kaum arbeitsfähig.

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Wie wird der Nachwuchs in der anthroposophischen Kunsttherapie gefordert? Welche Ausbildungs-, Fort- und Weiterbildungsorte gibt es?

Die Aus- und Weiterbildungen der Kunsttherapie gliedern sich in drei Bereiche: staatlich anerkannte Hochschulen, privatrechtliche berufsqualifizierende Ausbildungen und Weiterbildungen.

a) Drei staatlich anerkannte Hochschulen in Deutschland und Holland, in denen Studiengänge für anthroposophische Kunst-therapie angeboten werden, sind in einer Arbeitsgruppe (Anthro-posophische Kunsttherapie in Hochschulen mit staatlicher Aner-kennung, AKHsA) zusammengeschlossen, um im Hinblick auf Lehrinhalte für anthroposophische Kunsttherapie, berufliche Anerkennungsfragen und über gemeinsame Forschungsprojekte zu kooperieren. Einige Hochschulen sind Mitglied in der Europä-ischen Akademie.

b) Die Europäische Akademie (EA) für Anthroposophische Kunsttherapien ist ein Zusammenschluss von privatrechtlichen Ausbildungen und Hochschulen, welche die Akkreditierungen für Ausbildungen und Weiterbildungen zum / zur «Anthroposophi-schen Kunsttherapeuten /Anthroposophischen Kunsttherapeutin» innerhalb der Medizinischen Sektion übernimmt. Die Ausbil-dungsleiter der Mitgliederschulen treffen sich zwei Mal jährlich, um an gemeinsamen Entwicklungsfragen zu arbeiten und den Akkreditierungsprozess zu optimieren und durchzuführen.

Nachdem im Rahmen der Medizinischen Sektion der Akkre-ditierungsprozess interdisziplinär aufeinander abgestimmt wurde, werden Audits von einem ausgebildeten interdisziplinären Audi-torenteam durchgeführt.

Einmal jährlich findet eine internationale Ausbildungsleiter-Konferenz am Goetheanum statt.

Wie wird die spirituelle Substanz in der anthroposophischen Kunsttherapie gepflegt?

Der Umgang mit Meditationen im Bereich der anthroposophi-schen Kunsttherapie wird sehr individuell gelebt. In diesem Zusammenhang soll deshalb beispielhaft auf einige der Wege hin-gewiesen werden. Die Meditation «Schau in deiner Seele Leuch-

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tekraft» inspiriert viele Kollegen, indem sie die Erkenntnis um das Kräftespiel von Materie/Schweremacht und Geist/Leuchte-kraft vertieft. Der meditative Umgang mit dem Wesen der Kunst und den künstlerischen Mitteln ist für unseren Beruf ein täglich bewusst zu übender und wird durch Meditationstexte von Rudolf Steiner ergänzt, die er für die verschiedenen Künste gab.

Gedanken zum Spruch Rudolf Steiners «Schau in deiner Seele Leuchtekraft» aus dem Blickwinkel der Therapeutischen Sprachgestaltung

Dietrich von Bonin

Schau in deiner Seele LeuchtekraftFühl in deinem Körper SchweremachtIn der Leuchtekraft Strahlet Geistes-IchIn der Schweremacht Kraftet Gottes-GeistDoch darf nicht LeuchtekraftErgreifen SchweremachtUnd auch nicht SchweremachtDurchdringen LeuchtekraftDenn fasset Leuchtekraft Die SchweremachtUnd dringet Schweremacht In LeuchtekraftSo binden in Welten-Irre Seele und KörperIn Verderbnis sich.

Rudolf Steiner 134

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Der Spruch enthält drei Strophen von jeweils vier Zeilen. Die erste Strophe folgt metrisch dem Trochäus (-v-). Die beiden Wörter «Leuchtekraft» und «Schweremacht» stehen eingerückt auf einer neuen Zeile und schwingen dadurch, für sich genommen, beide im Amphimacer (-v-), was im innerlich meditativen Sprechen Gewicht bekommt. Die letzten beiden Zeilen der Strophe sind in Hauptzeile und eingerückter Zeile metrisch genau symmetrisch gehalten.

Die zweite Strophe führt den radikalen Wechsel vom fallen-den zum steigenden Rhythmus, einem Jambus (v-), herbei, der bis zum Schluss des Spruches führen wird (mit Ausnahme der letz-ten Zeile). Haupt- und Nebenzeile sind metrisch polar aufgebaut: «Doch darf nicht (v-v) / Leuchtekraft (-v-). Unser rhythmisches Empfinden fühlt sich – kongruent mit dem warnenden Inhalt – am Gegensatz aufgeweckt.

In der letzten Strophe setzt sich der Jambus fort. Die ersten bei-den Zeilen führen durch ihre Gliederung von drei Versfüßen in der Haupt- und zwei Versfüßen in der Nebenzeile mit einer gewissen Unerbittlichkeit auf die in den folgenden letzten Zeilen formulierte Konsequenz hin: «Denn fasset Leuchtekraft / die Schweremacht (v-v-v- / v-v-). Hier, in den letzten beiden Zeilen, wird der vor-her klar rhythmisch-metrisch gelenkte innere Willensstrom durch metrische Unregelmäßigkeit wie aufgerüttelt – so auch durch das Metrum «Welten-Irre» vermittelnd.

Beim Beschäftigen mit der Meditation entwickelt sich durch äußeres und später inneres Sprechen am Metrum und Rhythmus ein intensives Gefühls- und Willensverhältnis zum Text. Weitere Fragen und Entdeckungen schließen sich an: Zwei Welten müs-sen getrennt gehalten werden. Die eine soll erschaut, die andere gefühlt werden. Unser Therapeuten-Bewusstsein mag eine dritte Entität als Mitte zunächst vermissen. Indem Rhythmus jedoch die freie Verbindung zwischen Polen in der Zeit darstellt, löst sich das Rätsel auf. Nur zwischen klar getrennten Gegensätzen kann es zum vermittelnden Schwingen kommen, zur Bildung des Inter-esses als immerfort zu gebärende rhythmische Mitte. Jeder Über-griff aus einer Richtung in die andere («fasset», «dringet») bringt den Rhythmus sogleich zum Erliegen. Das weltgerechte Verhältnis zum eigenen Leib soll ein fühlendes, zur eigenen Seele ein in-sich-schauendes werden. Im Erleben taucht hier die Frage auf, ob die-

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ses Verhältnis zum eigenen Wesen auch in Bezug auf die thera-peutische Haltung gegenüber dem Patienten gilt oder ob dort eine andere Gesetzmäßigkeit waltet. Ist es nicht Aufgabe des therapeu-tisch Tätigen, im anderen Menschen die Schweremacht klar zu «erschauen» und mit der Leuchtekraft diagnostischer Erkenntnis zu erhellen? Entsprechend wäre ein Fühlen der leiblichen Schwe-remacht des Patienten durch den Therapeuten gleichbedeutend mit einem unberechtigten Übergriff. Sind wir nicht ebenso auf-gerufen, gerade für das Seelen-Geistige des andern empathisches Mit-Fühlen zu entwickeln und so wirksame Liebeskräfte zu schen-ken? Beschränken wir uns als Therapeuten auf ein diagnostisches Schauen der anderen Seelen-Geistigkeit, werden sich Ratsuchende leicht «professionell missachtet» vorkommen.

So scheint sich die in den Aufforderungen «schau» und «fühl» enthaltene Geste gegenüber dem Patienten jeweils eher auf den umgekehrten Wesensteil zu richten. Für den therapeutischen Sprachgestalter liegt der Leib der Sprache als Laute vor, die durch die Logoskräfte den menschlichen Körper erbildeten und im Spre-chen sich diesem entringen, um dem Träger dienend als Sprachleib zur Verfügung zu stehen. Zu ihnen als dem Leib der Sprache sol-len wir ein fühlendes Verhältnis gewinnen, wie es Rudolf Steiner exemplarisch bei den Anweisungen zu den ersten fünf Artikulati-onsübungen anregt: «Lernen Sie jeden Laut erfühlen, werden Sie sich Ihrer Sprachwerkzeuge bewusst.»

Leuchtekräftig tritt uns andererseits der Textinhalt entgegen, der dem individuellen Seelen-Geistigen des Dichters entspringt. Er entspricht auf dem Gebiet der Sprache der «Seele Leuchte-kraft». Diesen individuellen Inhalt zu erschauen, wird uns zu ihm in das richtige Verhältnis setzen und ermöglichen, ihm in der Rezitation eine wesensentsprechende Gestalt zu geben. Fühlen wir dagegen den Textinhalt zu persönlich, wie das einer natür-lichen ersten Stufe der Aneignung entspricht, so kann die Rezita-tion, und insbesondere die Vermittlung des Inhaltes an Patienten, durch persönliches Genießen oder Ablehnen getrübt, Wirrnis erzeugen.

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Meditativer Umgang mit von Rudolf Steiner gegebenen Sprüchen für die Sprachgestaltung

Dietmar Ziegler

Du findest dich selbst:Suchend in Weltenfernen,Strebend nach Weltenhöhen.Kämpfend in Weltentiefen.

Rudolf Steiner 135

In diesem, als Atemübung gegebenen, Spruch wird das Ich über die drei Sprachansätze fühlend, denkend und wollend ergriffen.

Sie soll nach Rudolf Steiner sprachlich so geübt werden, dass dabei tief in die Vokale und in die Konsonantenverbindungen hineingegangen wird und der Atemstrom die Sprache draußen in der Luft allmählich trägt. Der Verstand wird zunächst nur dazu gebraucht, um ihn geschickt herauszuhalten, d. h. er muss sich selbst überwinden.

Drei Ich-Weltbegegnungsräume werden angezeigt und dazu jeweils eine bestimmte Seelentätigkeit aufgerufen.

Suchend im Umkreis der Welt: jede Begegnung mit einem Men-schen oder einem Etwas braucht Offenheit, Bereitschaft, Hingabe an das andere, soll sie fruchtbar werden für das Ziel dieses Weges: das Einwachsen des Ich in den Seelenleib.

Strebend mit der Kraft der Begeisterung in die Höhen der Weltgedanken, wie der Adler ins Licht, braucht die freie Lebens-bildekraft den Mut, der, ganz auf sich allein gestellt, nicht zaghaft wird. Das Ich ist dann gestärkt, um kämpfend und ringend für den Menschen in der physischen Welt tätig zu werden.

Sprachlich soll der erste Satz wirksam gesprochen werden, aber aus gereifter innerer Kraft. Die beiden Kürzen, die jeweils mit einem D beginnen, helfen dabei. Der Doppelpunkt am Ende weckt Erwartung. Dann eine Atemumstellung vor der zweiten Zeile; vokalisch strömt die Seele hinaus, sich weitend in den Umkreis, die Konsonanten unterstützen sie nur, ohne zu stören. Vier diffe-renzierte E-Laute am Ende der Zeile helfen die Begegnung mit der Welt zu fühlen. Wichtig ist das Loslassen vor der dritten Zeile. Jetzt

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streckt sich der Atem und greift hinauf, konzentriert und kraftvoll im Konsonanten. Die Vokale werden leuchtend und gefasst.

Danach braucht es einen Moment der Ruhe, um bewusst die Tiefen einzuatmen. In der letzten Zeile geht es ganz mit der Wil-lenswärme in das Runden und Biegen der Konsonanten, denn durch Taten der Liebe wird das Ich Wirklichkeit.

Aus der meditativen Praxis der Maltherapie

Anita Kapfhammer, Rico Queisser

In der Finsternis finde ich Gottes-Sein

2 Im Rosenrot fühl ich des Lebens Quell

3 Im Ätherblau ruht des Geistes Sehnsucht

4 Im Lebensgrün atmet alles Lebens Atem

5In Goldesgelb leuchtet des Denkens Klarheit

6 In Feuersrot wurzelt des Willens Stärke

7 Im Sonnenweiß offenbart sich meines Wesens Kern.

Rudolf Steiner 136

Dieser Spruch Rudolf Steiners kann zu Beginn der maltherapeuti-schen Arbeit, am Anfang der Therapiestunde, gesprochen werden. Auch Patienten fühlen sich durch diese Farbenmeditation ange-sprochen und können einen Bezug zu sich selbst finden. Der Farb-spruch ist sehr freilassend und doch von höchster Konzentration. Er baut eine schöne Brücke zwischen dem Alltag und der sich öff-nenden Farbenwelt. Der Spruch führt in das Erleben der wesens-gemäßen Farbentätigkeit. Die Farbe lebt sich schon im Wort als Medikament dar, was sich anschließend im Farbenreiben und vor allem im Malprozess selbst noch intensiviert.

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Durch Rudolf Steiner wissen wir, dass Farbe die Seele der Natur und des ganzen Kosmos ist und der Mensch durch sein Ich, das in der Seele lebt, sich aus diesem flutenden wogenden Farben-meer erheben und seine Seele somit zur Bewusstseinsseele gestalten kann. Durch einen malerischen Schulungsweg (jede Kunsttherapie ist auch ein Schulungsweg) erfährt die Seele im höchsten Sinne eine Kultivierung und Läuterung, um freier Diener des mensch-lichen ICH zu werden und um zunehmend ordnend und gestal-tend in den ätherisch-physischen Organismus einzugreifen.

Das Malen im künstlerischen Ringen ist im Sinne Schillers bereits Meditation.137 Aber als eine meditative Vertiefung in der Maltherapie bietet sich die Farbmeditation nach Rose Maria Pütz an.138 Die als therapeutisch entwickelte Methode dient ebenso als Schulungsweg. Mittels einer hochverdünnten Aquarell- oder Pflanzenfarbe, die in mehreren Lasuren malend entwickelt wird, und einer Atmosphäre der Ruhe und Konzentration kann eine tiefe Besinnung auf die Farbe geschehen. In unvoreingenommener Haltung kann so durch Wahrnehmen und inneres Lauschen eine nachhaltige Resonanz zur jeweiligen Wesenheit der Farbe erzeugt werden, die Erkenntnisgewinn und eine Schulung des Sich-Öff-nens und Empfindens ermöglicht.

Meditationen für die anthroposophische Musiktherapie

Viola Heckel und Marlise Maurer

Zugang zu dem Spruch Rudolf Steiners «Schau in deiner Seele Leuchtekraft» aus der Sichtweise des anthroposophischen Musiktherapeuten

Schau in deiner Seele LeuchtekraftFühl in deinem Körper SchweremachtIn der Leuchtekraft Strahlet Geistes-Ich,In der Schweremacht

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Kraftet Gottes-GeistDoch darf nicht Leuchtekraft Ergreifen SchweremachtUnd auch nicht Schweremacht Durchdringen LeuchtekraftDenn fasset Leuchtekraft Die SchweremachtUnd dringet Schweremacht In LeuchtekraftSo binden in Welten-Irre Seele und KörperIn Verderbnis sich.

Rudolf Steiner 139

Richte ich meine Aufmerksamkeit auf den rhythmischen Klang der Meditationsworte, werde ich einer Dynamik gewahr, die mit der inhaltlichen Aussage korrespondiert: Der Pendelschlag zwi-schen Leuchtekraft und Schweremacht beschleunigt sich mit der Folge einer Erlebnissteigerung, die die Gefahr der Durchdringung dieser beiden Kräfte zum Ausdruck bringt. Durch die rhythmi-sche Qualität auf der sprachlich-musikalischen Ebene erreicht der Spruch nicht nur den Verstand, sondern ermöglicht ein Verstehen, das von der Gefühlsebene mitgetragen ist.

Mit der Hinwendung zur Leuchtekraft wie auch zur Schwe-remacht bewegt sich meine innere Tätigkeit in entgegengesetzten Richtungen durch eine Mitte, die ständig neu errungen wird. Diese Mitte trägt intervallischen Charakter. In der Musik ruft das unhörbare Intervall das eigentliche musikalische Erlebnis hervor, das von Rudolf Steiner als ein reines Äthererlebnis beschrieben wird. «Die Musik wird umso beseelter, je mehr Sie das Nichthör-bare in ihr zur Geltung bringen können.»140

Leuchtekraft und Schweremacht offenbaren sich auch im Pro-zess der Tonbildung. Ein Ton berührt umso mehr, je stärker er von der Leuchtekraft der Seele durchstrahlt ist. Zugleich muss jeder

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Ton gut im Körper verankert sein, durch die Schweremacht erkraf-tet. Die Meditation weckt das tiefere Verständnis des Zusammen-spiels von Seele und Körper, von oberer und unterer Organisation.

Klangmeditation in der Musiktherapie

In der anthroposophischen Musiktherapie wird mit einer ganz eigenen Art der Meditation, nämlich der klingenden Meditation, umgegangen. Sie ist Inspirationsquelle und «tägliches Brot» glei-chermaßen. Dazu wird in einen Ton, in ein Intervall, in eine Ton-folge, in eine Skala hinein gelauscht und sich bemüht, den Ton, das Intervall, die Tonfolge, die Skala in ihrer Wesensartigkeit zu erfassen. Erst wenn sich das Intervall auf diese Weise offenbart, kann es als wirksames «Medikament» in der Musiktherapie ange-wendet werden. Die Stille ist Voraussetzung für dieses Lauschen, innere wie äußere Stille. Es ist Stille, die wir benötigen für jede Art der Meditation, der Versenkung in sich selbst.

Meditatives Arbeiten für den Plastiker

Elke Dominik

Neben dem täglichen künstlerisch-meditativen Arbeiten mit den von Rudolf Steiner gegebenen plastischen und plastisch-architek-tonischen Formen kann ein begleitendes Üben der Meditationen «Wachsen und Welken»141 und die «Samenkorn-Meditation»142 für den Plastiker hilfreich sein. Das Erfassen der Prozesse des Lebendigen wird durch die Konzentration auf rein innere Vor-gänge verstärkt. Es bilden sich Organe für ein Wahrnehmen der «Werde-Kräfte». Für ein Schaffen im plastischen Bereich mit den Impulsen Rudolf Steiners ist das Zusammenwirken mit den Kräf-ten des Lebendigen eine Grundvoraussetzung.

Meditation zu «Wachsen und Welken»:

«Der Anfang muss damit gemacht werden, die Aufmerksamkeit der Seele auf gewisse Vorgänge in der uns umgebenden Welt zu

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lenken. Solche Vorgänge sind das sprießende, wachsende und gedeihende Leben einerseits und alle Erscheinungen, die mit Ver-blühen, Verwelken, Absterben zusammenhängen, andererseits. Überall, wohin der Mensch die Augen wendet, sind solche Vor-gänge gleichzeitig vorhanden. Und überall rufen sie naturgemäß auch in dem Menschen Gefühle und Gedanken hervor. Aber nicht genug gibt sich, unter gewöhnlichen Verhältnissen, der Mensch diesen Gefühlen und Gedanken hin. Dazu eilt er viel zu rasch von einem Eindruck zum anderen. Es handelt sich darum, dass er intensiv die Aufmerksamkeit ganz bewusst auf diese Tatsachen lenke. Er muss, wo er Blühen und Gedeihen einer ganz bestimmten Art wahrnimmt, alles andere aus seiner Seele verbannen und sich kurze Zeit ganz allein diesem einen Eindrucke überlassen. Er wird sich bald überzeugen, dass ein Gefühl, das in einem solchen Falle durch seine Seele früher nur durchgehuscht ist, anschwillt, dass es eine kräftige und energische Form annimmt. Diese Gefühls-form muss er dann ruhig in sich nachklingen lassen. Er muss dabei ganz still in seinem Innern werden. Er muss sich abschlie-ßen von der übrigen Außenwelt und ganz allein dem folgen, was seine Seele zu der Tatsache des Blühens und Gedeihens sagt. Dabei soll man nur ja nicht glauben, dass man weit kommt, wenn man seine Sinne etwa stumpf macht gegen die Welt. Erst schaue man so lebhaft, so genau, als es nur irgend möglich ist, die Dinge an. Dann erst gebe man sich dem in der Seele auflebenden Gefühle, dem aufsteigenden Gedanken hin. Worauf es ankommt, ist, dass man auf beides, im völligen inneren Gleichgewicht, die Aufmerksamkeit richte. Findet man die nötige Ruhe und gibt man sich dem hin, was in der Seele auflebt, dann wird man, nach entsprechender Zeit, das Folgende erleben. Man wird neue Arten von Gefühlen und Gedanken in seinem Innern aufsteigen sehen, die man vorher nicht gekannt hat. Je öfter man in einer solchen Weise die Aufmerksamkeit auf etwas Wachsendes, Blühendes und Gedeihendes und damit abwechselnd auf etwas Welkes, Abster-bendes lenkt, desto lebhafter werden diese Gefühle werden. Und aus den Gefühlen und Gedanken, die so entstehen, bauen sich die Hellseherorgane ebenso auf, wie sich durch Naturkräfte aus belebtem Stoffe Augen und Ohren des physischen Körpers auf-bauen. Eine ganz bestimmte Gefühlsform knüpft sich an das Wachsen und Werden; eine andere ganz bestimmte an das Ver-

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welken und Absterben. Aber nur dann, wenn die Pflege dieser Gefühle auf die beschriebene Art angestrebt wird. Es ist möglich, annähernd richtig zu beschreiben, wie diese Gefühle sind. Eine vollständige Vorstellung kann sich davon jeder selbst verschaffen, indem er diese inneren Erlebnisse durchmacht. Wer oft die Auf-merksamkeit auf den Vorgang des Werdens, des Gedeihens, des Blühens gelenkt hat, der wird etwas fühlen, was der Empfindung bei einem Sonnenaufgang entfernt ähnlich ist. Und aus dem Vor-gang des Welkens, Absterbens wird sich ihm ein Erlebnis erge-ben, das in ebensolcher Art mit dem langsamen Aufsteigen des Mondes im Gesichtskreis zu vergleichen ist. Diese beiden Gefühle sind zwei Kräfte, die bei gehöriger Pflege, bei immer lebhafter werdender Ausbildung zu den bedeutsamsten geistigen Wirkun-gen führen.»

Die «Samenkorn-Meditation»:

«Man lege ein kleines Samenkorn einer Pflanze vor sich hin. Es kommt darauf an, sich vor diesem unscheinbaren Ding die rech-ten Gedanken intensiv zu machen und durch diese Gedanken gewisse Gefühle zu entwickeln. Zuerst mache man sich klar, was man wirklich mit Augen sieht. Man beschreibe für sich Form, Farbe und alle sonstigen Eigenschaften des Samens. Dann über-lege man folgendes. Aus diesem Samenkorn wird eine vielgestal-tige Pflanze entstehen, wenn es in die Erde gepflanzt wird. Man vergegenwärtige sich diese Pflanze. Man baue sie sich in der Phan-tasie auf. Und dann denke man: Was ich mir jetzt in meiner Phan-tasie vorstelle, das werden die Kräfte der Erde und des Lichtes später wirklich aus dem Samenkorn hervorlocken. Wenn ich ein künstlich geformtes Ding vor mir hätte, das ganz täuschend dem Samenkorn nachgeahmt wäre, so dass es meine Augen nicht von einem wahren unterscheiden könnten, so würde keine Kraft der Erde und des Lichtes aus diesem eine Pflanze hervorlocken. Wer sich diesen Gedanken ganz klar macht, wer ihn innerlich erlebt, der wird sich auch den folgenden mit dem richtigen Gefühle bil-den können. Er wird sich sagen: in dem Samenkorn ruht schon auf verborgene Art – als Kraft der ganzen Pflanze – das, was später aus ihm herauswächst. In der künstlichen Nachahmung

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ruht diese Kraft nicht. Und doch sind für meine Augen beide gleich. In dem wirklichen Samenkorn ist also etwas unsichtbar enthalten, was in der Nachahmung nicht ist. Auf dieses Unsicht-bare lenke man nun Gefühl und Gedanken.143 Man stelle sich vor: dieses Unsichtbare wird sich später in die sichtbare Pflanze verwandeln, die ich in Gestalt und Farbe vor mir haben werde. Man hänge dem Gedanken nach: das Unsichtbare wird sichtbar werden. Könnte ich nicht denken, so könnte sich mir auch nicht schon jetzt ankündigen, was erst später sichtbar werden wird. Besonders deutlich sei es betont: Was man da denkt, muss man auch intensiv fühlen. Man muss in Ruhe, ohne alle störenden Beimischungen anderer Gedanken, den einen oben angedeute-ten in sich erleben. Und man muss sich Zeit lassen, so dass sich der Gedanke und das Gefühl, das sich an ihn knüpft, gleichsam in die Seele einbohren. – Bringt man das in der rechten Weise zustande, dann wird man nach einiger Zeit – vielleicht erst nach vielen Versuchen – eine Kraft in sich verspüren. Und diese Kraft wird eine neue Anschauung erschaffen. Das Samenkorn wird wie in einer kleinen Lichtwolke eingeschlossen erscheinen. Es wird auf sinnlich-geistige Weise als eine Art Flamme empfunden wer-den. Gegenüber der Mitte dieser Flamme empfindet man so, wie man beim Eindruck der Farbe Lila empfindet; gegenüber dem Rande, wie man der Farbe Bläulich gegenüber empfindet. – Da erscheint das, was man vorher nicht gesehen hat und was die Kraft des Gedankens und der Gefühle geschaffen hat, die man in sich erregt hat. Was sinnlich unsichtbar war, die Pflanze, die erst später sichtbar werden wird, das offenbart sich da auf geistig-sichtbare Art.»

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Anthroposophische Körpertherapie

Elma Th. Pressel, Heilpraktikerin, Körper-therapeutinInternationale Koordination Anthropo-sophische Kö[email protected]

Welchen Beitrag leistet die anthroposophische Körpertherapie im System der Anthroposophischen Medizin?

Anthroposophische Körpertherapie beinhaltet eine Vielzahl an unterschiedlichen therapeutischen Methoden, die mittels Bewe-gung oder Berührung direkt am Leiblichen des Menschen anset-zen.

Die Erweiterung von etablierten medizinisch-therapeutischen Konzepten auf Grundlage anthroposophischer Menschenerkennt-nis sowie das Ausarbeiten von therapeutischen Impulsen, die auf Rudolf Steiner und Dr. med. Ita Wegman zurückzuführen sind, bilden die gemeinsame Grundlage.

Ihr Tätigkeitsfeld umfasst alle Gesellschaftsschichten und Altersstufen und ist in allen medizinischen Bereichen zu finden, stationär und ambulant, in der Akutmedizin wie in der Versor-gung chronisch Erkrankter, im Reha-Bereich genauso wie in der freien Praxis.

Im Sinne der Salutogenese leisten die Methoden der anthro-posophischen Körpertherapie zudem einen wesentlichen Beitrag in Form von Gesundheitserziehung, Stressbewältigung und Pro-phylaxe.

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Welche Methoden gibt es? Wie viele anthroposophische Körpertherapeuten sind weltweit tätig?

Folgende Methoden halten sich zum Zeitpunkt der Neuauflage dieses Buches im Zusammenhang:

• Hydrotherapie und äußere Anwendungen: Das Öldispersions-bad nach W. Junge und weitere (Rhythmische Bäder nach Dr. med. Ita Wegman, Schnabelbad, Brandungsbad nach Liske-Usbeck), Wickel und Auflagen.

• Massagen: Die Rhythmische Massage nach Dr. med. Ita Weg-man und die Massage nach Dr. med. Simeon Pressel.

• Bewegungstherapien: Bothmergymnastik, Lohelandgymnastik und Spacial Dynamics®.

Weitere werden hinzukommen.Zudem gibt es eine nicht unbeträchtliche Anzahl an Thera-

peutInnen, die ihre Tätigkeit in enge Beziehung setzen zur an thro-posophisch-medizinischen Bewegung, ohne mit einer der oben genannten Methoden zu arbeiten. Mehrere Arbeits- und Initiativ-kreise existieren.

In der Rhythmischen Massage und Physiotherapie waren 2012 weltweit fast 800 qualifizierte TherapeutInnen tätig, davon über 600 innerhalb Europas.

Für die anderen Methoden ist eine genaue Gesamtzahl schwer zu schätzen, da aufgrund der derzeit noch sehr unterschiedlich gehandhabten Ausbildungssituation bislang keine vergleichbaren Kriterien angelegt werden können.

Es besteht ein Beziehungsnetz unter den TherapeutInnen, die weltweit verstreut oft einzeln arbeiten und sich mit der Medizini-schen Sektion verbunden fühlen.

Wie ist der Zusammenschluss der Methoden der anthroposophischen Körpertherapie organisiert? Wie wird er finanziert?

Die einzelnen Methoden sind in eigenständigen Berufsverbänden organisiert.

Aus dem Impuls, ein gemeinsames Dach für die unterschied-

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lichen körpertherapeutischen Methoden zu bilden, wurde 2011 die «Internationale Gesellschaft für Anthroposophische Körper-therapie» IAABT (International Association for Anthroposophi-cal Body Therapy) gegründet.

Sie fördert die Aus- und Weiterbildung medizinischer Körper-therapeutInnen, die ihre Arbeit durch die Methoden der anthro-posophischen Geisteswissenschaft erweitern wollen.

Die IAABT setzt sich für Therapiefreiheit und Pluralismus in der Medizin ein und unterstützt national und international die rechtliche Sicherung der unterschiedlichen körpertherapeutischen Methoden.

Vertreter der einzelnen Methoden haben hier die Möglichkeit, in Kontakt mit anderen Methoden zu treten, sich aktiv einzubrin-gen und die Interessen ihrer eigenen Berufsgruppe zu vermitteln.

Finanzierung

Das angelegte Finanzkonzept basiert auf Einsicht und dem Willen des Einzelnen und der Verbände. Es beinhaltet, dass international jeder Therapeut, jede Therapeutin den nationalen Geldwert einer Therapiestunde als jährlichen Solidarbeitrag der IAABT und der Koordination in der Medizinischen Sektion zur Verfügung stellt. Dies soll eine Grundlage bilden, dass das Berufsfeld und seine Koordination sich in Zukunft unabhängig von der Medizinischen Sektion finanzieren können.

Wie werden die in diesem Buch beschriebenen Arbeitsweisen und Verantwortungsstrukturen in der anthroposophischen Körpertherapie praktiziert?

Die Arbeitsweise innerhalb der Körpertherapie basiert auf der Initiativkraft der einzelnen Methoden und von deren Vertretern. Diese Vertreter stehen in besonderer Weise in der in diesem Buch genannten spirituellen Verantwortung und sind Bindeglieder für eine Gemeinschaftsbildung. Diese wird durch die Koordination/IKAM begleitet und von der IAABT maßgeblich getragen.

«Heilsam ist nur, wenn im Spiegel der Menschenseele sich bil-det die ganze Gemeinschaft; und in der Gemeinschaft lebet der Einzelseele Kraft.»144

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Wie wird der Nachwuchs in der anthroposophischen Körpertherapie gefördert? Welche Aus- und Weiterbildungsorte gibt es?

Am Goetheanum finden im zweijährigen Rhythmus international ausgerichtete Fachtagungen zur anthroposophischen Körperthe-rapie statt (vormals «Internationale Konferenz für Physiothera-pie»). Sie sind ein wesentliches Kernstück der fachlichen Zusam-menarbeit und des Austauschs aller körpertherapeutisch Tätigen aus den verschiedenen Fachbereichen weltweit. Hier bietet sich für neu Hinzukommende eine gute Gelegenheit, sich zu orientieren. Für die einzelnen Methoden gibt es unterschiedliche Aus- bzw. Weiterbildungsstätten. Das Internationale Forum für Ausbildende in Rhythmischer Massage (IFRMTT – International Forum for Rhythmical Massage Therapy Training) trifft sich jährlich vor der Jahreskonferenz der Medizinischen Sektion, um an den Grundla-gen der Methode zu arbeiten.

Auf universitärem Niveau gibt es in Österreich die Möglich-keit, durch die Zusammenarbeit der Ita-Wegman-Akademie Graz (Rhythmische Massage) mit dem Interuniversitären Kolleg Seg-gau/Graz für therapeutisch-medizinische Fachkräfte, einen Mas-ter-Studiengang für komplementäre, psychosoziale und integra-tive Gesundheitswissenschaften auf anthroposophischer Basis zu belegen.

An der Cusanus-Hochschule in Bernkastel-Kues in Deutsch-land beginnt im Herbst 2014 zum ersten Mal ein berufsbegleiten-der Bachelorstudiengang im Fachbereich Therapiewissenschaften mit Rhythmischer Massage und Öldispersionsbad, weitere kör-pertherapeutische Methoden sollen hinzukommen.

Wie wird die spirituelle Substanz in der anthroposophischen Körpertherapie gepflegt?

Ecce homo

In dem HerzenWebet Fühlen,

In dem HaupteLeuchtet Denken,

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In den GliedernKraftet Wollen.

Webendes Leuchten,Kraftendes Weben,Leuchtendes Kraften:Das ist – der Mensch.

Rudolf Steiner 145

So vielfältig wie die Berufsgruppe sich im Handeln betätigt, so vielfältig ist auch der Umgang der einzelnen TherapeutInnen mit den verschiedenen Meditationen. Die Wärmemeditation146 ver-bindet uns mit allen medizinischen Berufsgruppen und die Medi-tation «Schau in deiner Seele Leuchtekraft»147 mit den Heileu-rythmistInnen und KunsttherapeutInnen. Ein tragendes Element bildet der Grundsteinspruch.

Folgende Meditation «Was ich spreche von meinem physi-schen Leib aus ist Schein …» gab Rudolf Steiner an Ita Wegman im Oktober 1923 nach der Tagung in Penmaenmawr, Wales:

Was ich spreche von meinem physischen Leib aus ist Schein – Ich muss sprechen von meinem Ätherleib aus, zu dringen in die wahre Wirklichkeit:

1. Ihr Geister unter der Erde drücket auf meine Fußsohlen. Ich schreite über euch hinweg. 2. Ihr Geister der Feuchtigkeit streichelt meine Haut. Ich drücke euch nach allen Seiten. 3. Ihr Geister der Luft füllet mein Inneres an. Ich verbinde mich mit euch. 4. Ihr Geister der Wärme beseelt mein Inneres. Ich lebe in euch. 5. Ihr Geister des Lichtes durchgeistet mein Inneres. Ich denke mit euch. 6. Ihr Geister der (chemischen) Kräfte lähmet meine Kräfte. Ich will euch überwinden. 7. Ihr Geister des Lebens tötet mein Leben. Ich erwarte euch im Tode.

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So bin ich, dies sagend, im Ätherleibe. Und ihr könnt kommen: Farben, Töne, Worteder ätherischen Welt.148

Obwohl in erster Linie an die EurythmistInnen gerichtet, wird folgender Spruch auch in unserer Berufsgruppe als Bereicherung erlebt und gepflegt:

Ich suche im Innern

Der schaffenden Kräfte Wirken, Der schaffenden Mächte Leben. Es sagt mir Der Erde Schweremacht Durch meiner Füße Wort, Es sagt mir Der Lüfte Formgewalt Durch meiner Hände Singen, Es sagt mir Des Himmels Lichteskraft Durch meines Hauptes Sinnen, Wie die Welt im Menschen Spricht, singt, sinnt.

Rudolf Steiner 149

Weiter werden die Meditationen des Samariterkurses gepflegt (siehe Seite 126 f.). Die beiden mantrischen Sprüche «Quelle Blut …»150 und «So lang du den Schmerz erfühlest…»151 verbinden uns mit der Berufsgruppe der Pflege und sind auch für einige Thera-peutInnen wichtiger Bestandteil der esoterischen Vertiefung im Umgang mit Wunden und Schmerz.

Zur Entwicklung einer achtsamen und ruhevollen geistverbun-denen Haltung beim Behandeln kann der folgende Spruch Rudolf Steiners hilfreich sein, der ganz in das Ausbilden des Willens und damit zum Heilermut führt:

Ich trage Ruhe in mir, Ich trage in mir selbst

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Die Kräfte, die mich stärken. Ich will mich erfüllen Mit dieser Kräfte Wärme, Ich will mich durchdringen Mit meines Willens Macht. Und fühlen will ich Wie Ruhe sich ergießt Durch all mein Sein, Wenn ich mich stärke, Die Ruhe als Kraft In mir zu finden Durch meines Strebens Macht.

Rudolf Steiner 152

Heilermut und Heilerwille werden auch in dem folgenden Text besonders angesprochen, der die «irdische» Herangehensweise der körpertherapeutischen Arbeit besonders würdigt und gleich-zeitig die Verbindung zum Geistigen betont, die unser therapeuti-sches Tun innerhalb der Anthroposophischen Medizin prägt:

Suchet das wirklich praktische materielle Leben,Aber suchet es so, dass es euch nicht betäubt über den Geist, der in ihm wirksam ist.

Suchet den Geist,Aber suchet ihn nicht in übersinnlicher Wollust, aus übersinnlichem Egoismus,Sondern suchet ihn,Wie ihr ihn selbstlos im praktischen Leben, in der materiellen Welt anwenden wollt.

Wendet an den alten Grundsatz:«Geist ist niemals ohne Materie, Materie niemals ohne Geist» in der Art, dass ihr sagt:Wir wollen alles Materielle im Lichte des Geistes tun,Und wir wollen das Licht des Geistes so suchen, Dass es uns Wärme entwickele für unser praktisches Tun.

Der Geist, der von uns in die Materie geführt wird,

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Die Materie, die von uns bearbeitet wird bis zu ihrer Offenbarung,Durch die sie den Geist aus sich selber heraustreibt;Die Materie, die von uns den Geist offenbart erhält,Der Geist, der von uns an die Materie herangetrieben wird,Die bilden dasjenige lebendige Sein,Welches die Menschheit zum wirklichen Fortschritt bringen kann,Zu demjenigen Fortschritt, der von den Besten in den tiefsten Untergründen der Gegenwartsseelen nur ersehnt werden kann.

Rudolf Steiner 153

Anthroposophische Hebammen

Christiane Hinderlich

Seit 2014 besteht ein Zusammenschluss anthroposophischer Heb-ammen, der mit einer Koordinatorin in IKAM vertreten ist. Der Verein setzt sich für eine anthroposophisch erweiterte Geburts-hilfe und Hebammentätigkeit ein, um eine ganzheitliche Betreu-ung in Schwangerschaft, Geburt und bis zum Ende des ersten Lebensjahres im Sinne der Anthroposophie zu unterstützen. Hier-für will diese Gruppe:

• Konferenzen zum beruflichen Austausch unter Hebammen zu fachlich-medizinischen und geistigen Themen und zu anthro-posophischen Gesichtspunkten der Hebammentätigkeit veran-stalten,

• Räume für Begegnungen zum fachlichen Austausch und zur Weiterbildung zwischen Hebammen und z. B. Gynäkologen, Pädiatern und Pflegenden schaffen,

• Tagungen zu Inhalten anthroposophisch erweiterter Hebam-menkunde unterstützen und organisieren,

• ein zeitgemäßes Weiterbildungsangebot für eine anthroposo-phisch erweiterte Hebammenkunde aufbauen,

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• Zertifizierung für Hebammen auf dem Gebiet der anthropo-sophisch erweiterten Hebammentätigkeit und Geburtshilfe als Maßnahme der Qualitätssicherung entwickeln,

• anthroposophisch erweiterte Betreuungskonzepte und Thera-pieformen in der Geburtshilfe voranbringen,

• ganzheitliche Versorgungskonzepte der Geburtshilfe unter Ein-beziehung anthroposophischer Heilmittel entwickeln,

• wissenschaftliche Forschung zur Evaluierung und wissen-schaftlichen Vertiefung von Themen anthroposophisch erwei-terter Geburtshilfe und Hebammentätigkeit unterstützen,

• Öffentlichkeitsarbeit für die Verbreitung des Wissens um die anthroposophisch erweiterte Geburtshilfe und Hebammen-kunde betreiben.

Internationale Koordination Anthroposophische Heilpraktiker

Alexander Schadow, Heilpraktiker für Psychotherapie Internationale Koordination Anthropo-sophische HeilkundeBerufsverband für Anthroposophische Heilpraktiker (AGAHP) [email protected] www.agahp.de

«Wir sind Anthroposophen und wir sind Heilpraktiker» war das Motto von Heilpraktikern um das Ehepaar Knur, die sich 1978 in den Räumen der WALA zu einer informellen Arbeitsgemeinschaft zusammenfanden. 1992 wurde die AGAHP e.V. als Berufsverband der Heilpraktiker zusammen mit der Leiterin der Medizinischen Sektion, Dr. med. Michaela Glöckler, gegründet. Seitdem sind die Anthroposophischen Heilpraktiker als Berufsgruppe in der Medi-zinischen Sektion vertreten.

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Zusammenarbeit mit Behörden

2008 erkannte das Bundesgesundheitsministerium die AGAHP als Repräsentant der Anthroposophischen Heilpraktiker an. Seither ist damit das Vorschlagsrecht für die Besetzung der Arzneimittel-kommission C des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizin-produkte / BfArM verbunden: In der Arzneimittelkommission C vertreten Markus Pütter und Elisabeth Oelmaier die Anthropo-sophischen Heilpraktiker. 2011 wurde durch die Mitgliedschaft bei der Europäischen Interessenvertretung für Naturheilkunde /ANME ein auf Englisch formuliertes Berufsbild des Anthroposo-phischen Heilpraktikers für das von der EU initiierte Projekt Cam-brella eingereicht, damit ist diese Berufsgruppe auch in Europa präsent.

Anthroposophische Heilkunde

Erste IKAM-Berufsgruppenkoordinatorin für Anthroposophische Heilkunde wurde Renate Künne. Ihr folgte 2014 ihr bisheriger Vertreter als Berufsgruppenkoordinator, Alexander Schadow.

Der Begriff «Anthroposophische Heilkunde» als Bezeich-nung der Tätigkeit des Anthroposophischen Heilpraktikers geht auf eine Vereinbarung zwischen Werner Schmötzer als erstem Geschäftsführenden Vorstand der AGAHP zurück, den Vertre-tern der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland /GAÄD und der Medizinischen Sektion. Zugleich wurde die Ver-einbarung getroffen, dass die Tätigkeitsbezeichnung «Anthropo-sophische Medizin» dem Arzt vorbehalten ist.

Zur internationalen Berufsgruppe Anthroposophischer Heil-kunde zählen auch Gruppierungen von naturheilkundlich Täti-gen, die anthroposophisch arbeiten wollen und den Kontakt mit dem Goetheanum suchen.

Qualifikation und Zertifizierung

Die Qualifikation in Anthroposophischer Heilkunde erfolgt durch die von der AGAHP akkreditierten Dozenten für Anthroposo-phische Heilkunde (AGAHP)®, insbesondere in den Fächern: Berufskunde und Berufsesoterik des Anthroposophischen Heil-

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praktikers. Die Pflege, Weiterentwicklung und Weitergabe dieser Kernkompetenzen ist die besondere Aufgabe der Verbandschule ANTHROPOS-SOPHIA. Die Anthroposophische Heilkunde als Tätigkeit der Anthroposophischen Heilpraktiker kann von der AGAHP zertifiziert werden.

AGAHP-Handbuch, Leitbild und Berufsbild des Anthropo-sophischen Heilpraktikers sowie die Satzung der AGAHP siehe unter der Homepage: www.agahp.de.

Meditatives Leben

Der Weg zum Beruf des Heilpraktikers ist ein sehr individueller, von biographischen Besonderheiten geprägter Weg. Die auf per-sönlicher Initiative beruhende karmische Begegnung zwischen Patient und Heilpraktiker sehen wir als ein wesentliches Element des Heilungsprozesses an.

Die Pflege des anthroposophischen Schulungsweges verbun-den mit der Einsicht in den karmischen Ursprung des eigenen Hei-lerwillens ist daher auch den Heilpraktikern ein zentrales Anliegen und ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung. Traditionell wird bei jeder Zusammenkunft anthroposophischer Heilpraktiker zunächst der Wochenspruch verlesen, oft auch – um ein erdum-spannendes Bewusstsein zu entwickeln – zusammen mit dem ent-sprechenden Spruch für die Südhalbkugel.

Bei jeder Tagung der Berufsgruppe und der Arbeitsgemein-schaft Anthroposophischer Heilpraktiker /AGAHP findet immer auch eine Zusammenkunft der Klassenmitglieder statt, bei der die berufsgruppenspezifische Esoterik gepflegt wird.

Ein allgemeines Heilpraktikermantram gibt es nicht. Ich möchte aber auf zwei Mantren hinweisen, die in Heilpraktiker-kreisen von großer Bedeutung sind und von zahlreichen Kollegen meditiert werden. Zum einen das im Pastoral-Medizinischen Kurs gegebene Mantram: «Ich werde gehen den Weg …»

Ich werde gehen den Weg, Der die Elemente in Geschehen löst

Und mich führt nach unten zum Vater Der die Krankheit schickt zum Ausgleich des Karma

Und mich führt nach oben zum Geiste

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Der die Seele in Irrtum zum Erwerb der Freiheit leitet Christus führt nach unten und nach oben

Harmonisch Geistesmensch in Erdenmenschen zeugend.

Rudolf Steiner 154

Da der Beruf des Heilpraktikers von jeher auch eine spirituell-seel-sorgerische Komponente hat, fühlen sich viele Kollegen hiervon angesprochen.

Zum anderen ist es die Wärmemeditation (siehe Seite 112 f.), die von vielen Heilpraktikern gepflegt wird. Dabei ist uns wich-tig, uns dadurch aus dem eigenen Ich-Bewusstsein heraus mit allen anderen anthroposophisch-medizinischen Berufsgruppen verbunden zu fühlen.

Koordination Ernährungsfragen

Dr. sc. agr. Petra KühneKoordination Ernährungsfragenwww.ak-ernaehrung.de

Welchen Beitrag leistet die Ernährungsforschung im System der Anthroposophischen Medizin?

Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil der Prävention sowie in der Therapie (Diäten). Dabei ist die Bedeutung der Ernährung erst wieder erkannt worden. Gab es bis Mitte des 20. Jahrhun-derts viele Diäten und Ernährungstherapien, so verdrängten neue Erkenntnisse über ihre geringe Wirkung («Schonkost»), aber auch Medikamente, die Bestehenden. In den letzten Jahrzehnten wurde

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dann die präventive Bedeutung der Ernährung verstärkt erkannt (z. B. Fettauswahl für Herz und Kreislaufgesundheit, krebsvorbeu-gende Lebensmittel, Bedeutung der Ballaststoffe). Ebenso entwi-ckelten sich neue Ernährungsempfehlungen z. B. für Diabetiker Typ 2, Rheuma und so weiter.

Die anthroposophische Ernährung basiert auf Empfehlungen für eine biologisch-dynamische Anbauqualität, dem anthroposo-phischen Welt- und Naturverständnis und damit einem bestimm-ten Qualitätsverständnis. Allerdings gibt es keine festen Vorschrif-ten, sondern es handelt sich um eine individuelle Ernährung, die Verantwortung des Einzelnen erfordert. Die anthroposophische Ernährungsbewegung setzt sich aus Ernährungsberatern, Köchen in verschiedenen Institutionen und wenigen Ernährungsforschern zusammen.

Ist der Zusammenschluss organisiert? Wie wird er finanziert?

Einen Zusammenschluss gibt es bisher nur in Form einzelner Gruppierungen vor allem in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden sowie einem Sektionskreis der Freien Hochschule am Goetheanum als Gemeinschaft der Medizinischen und Land-wirtschaftlichen Sektion sowie dem Arbeitskreis für Ernährungs-forschung in Bad Vilbel. Eine gemeinsame Finanzierung gibt es noch nicht, die teilnehmenden Menschen kommen für ihre Kos-ten selbst auf.

Wie wird der Nachwuchs gefördert? Welche Ausbildungs-, Fort- und Weiterbildungsorte gibt es?

Der Arbeitskreis für Ernährungsforschung (AKE) bietet seit 2007 eine berufsbegleitende Fortbildung zur anthroposophischen Ernährung in Frankfurt a. M. an. In den Niederlanden gibt es Kurse für anthroposophische Ernährungsberater, in der Schweiz für Menschen, die in der Gemeinschaftsverpflegung tätig sind.

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Internationale Koordination Ärzteausbildungen

Dr. med. Jan FeldmannInternationale Koordination Anthropo-sophische Ä[email protected]@akademie-havelhoehe.de

Organisationsform des Berufsfeldes

Anthroposophische Ärzteausbildungen gibt es mittlerweile in über 20 Ländern der ganzen Welt. In der überwiegenden Zahl sind sie aus nationalen Initiativen in den jeweiligen Ländern entstanden, die meisten davon als mehrjährige Ausbildungen, deren erfolgrei-cher Abschluss zur Anerkennung zum Anthroposophischen Arzt führt.

Einmal jährlich findet während der Internationalen Jahres-konferenz am Goetheanum eine Zusammenkunft der Lehrtätigen und Ausbildungsverantwortlichen aus vielen Ländern statt. Ziel dieser Ausbildertagung ist es, Qualität und Professionalisierung der Ausbilder und der Ausbildungen zu entwickeln und zu för-dern. Tagungsthemen sind Methodik, Didaktik und Inhalte der anthroposophischen Lehre in der Medizin. Durch Gruppenarbeit, Vorlesung, Patientendemonstration, interaktives Lehren und Ler-nen, interkollegiale Fallberatung, Akkreditierungsprozesse und Evaluation wird das Lehren in der Anthroposophischen Medizin professionalisiert. Ausbilder und diejenigen Ärzte, die Ausbilder werden wollen, können an diesem «Teaching the Teacher»-Pro-gramm teilnehmen.

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Aufgaben des Koordinators

Koordination des Berufsfeldes, Förderung von Initiativen, Gemeinschaftsbildung der in den Ausbildungen tätigen Ärzte, Evaluation der Ausbildungen, Mitarbeit in der Internationalen Koordination Anthroposophische Medizin (IKAM).

Langfristige Ziele

Aus-, Fort- und Weiterbildung• Etablierung von Weiterbildungsangeboten in allen Ländern

mit anthroposophischer Ärzteausbildung• Entwicklung weiterer Bildungsstandards• Zusammenarbeit und Vernetzung mit übrigen anthroposophi-

schen Therapierichtungen.Qualität• Akkreditierung von Ausbildungsinitiativen in allen Ländern

mit anthroposophischer Ärzteausbildung• Weiterentwicklung von Kompetenzprofilen (Zertifizierungen).Projekte• Erarbeitung von Literatur zur Methodik und Didaktik für die

Lehre in der Anthroposophischen Medizin• Entwicklung einer Akkreditierungsprozedur.

Internationale Koordination Anthroposophische Fachärzte

Dr. med. Marion DebusInternationale Koordination Anthropo-sophische Fachä[email protected]

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Das Koordinationsgebiet «Fachärzte» dient der Stärkung und Förderung des Facharztimpulses in unserer medizinischen Bewe-gung. Der gesamte anthroposophische Klinikimpuls und viele weitere Aspekte, die Zukunft der AM in einem Umfeld zunehmen-der Spezialisierung und Subspezialisierung betreffend, sind damit verbunden.

Facharbeitsgruppen

Facharztspezifische Arbeitsgruppen, sog. Facharbeitsgruppen, sind derzeit schwerpunktmäßig in Deutschland vertreten, mit ein-zelnen Teilnehmern aus anderen europäischen Ländern. Es existie-ren Arbeitsgruppen für Neurologie, Pädiatrie, Schulärzte, Derma-tologie, Kardiologie, Gynäkologie, Gastroenterologie, Pneumolo-gie, Orthopädie, HNO, Zahnmedizin sowie eine «Medizinisch-Pharmazeutische Arbeitsgruppe zum Verständnis von Heilmitteln bei seelischen Erkrankungen». In einigen Gruppen sind auch Therapeuten und Pharmazeuten sowie interessierte Allgemeinme-diziner und Medizinstudenten fest mit eingebunden, andere legen Wert darauf, dass nur Fachärzte teilnehmen.

Viele Gruppen, die sich in der Regel zwei Mal jährlich tref-fen, sind sehr aktiv mit der Entwicklung neuer Behandlungskon-zepte, Buch- und Zeitschriftenpublikationen, Organisation von Facharztweiterbildungen im Rahmen der GAÄD und der Medi-zinischen Sektion oder von Schwerpunkttagungen, z. B. der Jah-reskonferenz der Medizinischen Sektion durch die Kardiologen 2013 und der Ostertagung der GAÄD 2015 durch die Neurolo-gen.

Die Gruppen sind individuell gewachsene Strukturen, die zwar weitgehend offen für neue Teilnehmer, aber zurzeit noch nicht allgemein einsehbar sind hinsichtlich Ansprechpartnern, Arbeitsweise, Teilnahmebedingungen sowie Zeit und Ort der Treffen. Dies wurde von den einzelnen Arbeitsgruppen erfragt und wird demnächst auf den Websites von GAÄD und Medizini-scher Sektion – dort auch in englischer Übersetzung – sowie im «Merkurstab» veröffentlicht werden. So soll der Zugang zu den Arbeitsgruppen für Interessierte – auch international – erleichtert bzw. Interesse geweckt werden. Eine Facharztrubrik im «Merkur-stab» wird ein Forum bieten, in kurzer Form von den wichtigsten

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Fragen oder Arbeitsergebnissen der jeweiligen Facharbeitsgrup-pen zu berichten.

Förderung neuer Facharbeitsgruppen

In einigen sehr wichtigen Fachgebieten haben sich derzeit noch keine Arbeitsgruppen zusammengefunden, z. B. Anästhesie, Chi-rurgie, Urologie, Radiologie/Strahlentherapie. Andere Gruppen haben sich nach z.T. langjähriger Arbeit aus verschiedenen Grün-den aufgelöst, z. B. Augenheilkunde. Im Falle der Facharbeitsgrup-pen Pädiatrie, Gynäkologie und Onkologie ging die Arbeit weitge-hend in der Vorbereitung entsprechender GAÄD-Weiterbildungen auf und findet nur noch in diesem Rahmen statt. Hier sollen in Zukunft entsprechend interessierte Ärzte zusammengebracht bzw. ruhende Arbeitsgruppen neu impulsiert werden.

Als ein erster Schritt gründete sich im Oktober 2014 die Fach-arbeitsgruppe Orthopädie nach langjähriger Pause neu und wird sich nun zweimal jährlich in Berlin am Gemeinschaftskranken-haus Havelhöhe treffen. Auch eine Arbeitsgruppe Palliativmedizin wird demnächst zum ersten Mal zusammenkommen.

Nachwuchsförderung

Im Rahmen des Akademietags der GAÄD am 14. Mai 2015 in Kassel zum Thema «Verbesserung der Weiterbildung in Anthro-posophischen Kliniken und Praxen» wird es auch eine Arbeits-gruppe zum Thema Facharztausbildung geben, um mit jungen Assistenten über Fragen und Wünsche hinsichtlich einer mög-lichen Fach arztausbildung ins Gespräch zu kommen.

Inhaltliche Förderung des Anthromedics-Projektes durch die Facharbeitsgruppen

Fachgebietsbezogene und krankheitsspezifische Einführungstexte im Rahmen des geplanten Online-Lehrbuchteils werden durch Vertreter der entsprechenden Facharztgruppen erstellt und damit gewissermaßen als Resultat der Facharztgruppenarbeit zur Inter-nationalisierung dieses Impulses beitragen.

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Anthroposophische Zahnärzte

Rudolf Völker

Die Arbeitsgemeinschaft Anthroposophischer Zahnärzte wurde 1957 durch einen kleinen Kreis begeisterter und tatkräftiger Kollegen um Hermann Lauffer, Wolfram Kern und Erich Liehr begründet, die diesen Impuls dann auch bis zur Jahrtausendwende hindurch wesentlich mittrugen. In dieser Zeit wurden neben der Grundlagen-schaffenden und tutorialen Tätigkeit in regionalen Arbeitsgruppen, mit monatlichen oder vierteljährlichen Zusam-menkünften, verschiedene gemeinschaftliche Unternehmungen durchgeführt wie die eher familiären Tagungen im Kloster Bern-stein, die Jahrestagungen in der Filderklinik, Fachtagungen bei der WALA und WELEDA, Johanni-Tagungen an wechselnden Orten.

Weitere Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaft, die neben der Stuttgarter Gründungsgruppe auch regionale Ableger in Olden-burg, Holland und Leipzig hatte, waren die Zusammenarbeit mit Heileurythmisten (u. a. war z. B. Hermann Lauffer langjährig als Dozent in der Heileurythmie-Ausbildung in Stuttgart und Ham-burg tätig), Ernährungswissenschaftlern (Dr. Renzenbrink, Dr. Kühne), Logopäden (Dr. Padovan) und Ärzten (Eingliederung der Arbeitsgemeinschaft als Facharztgruppe der GAÄD). Bereits vor der Wiedervereinigung gab es über 30 Jahre lang Kontakte der Stuttgarter Gruppe zu den Kollegen in der damaligen DDR mit jährlichen Zusammenkünften und sachlich-fachlich-instrumentel-ler Unterstützung.

In der ersten Zeit der damaligen Reformuniversität Witten führten die Kollegen Lauffer, Liehr, Runte und Schwerdtfeger in Zusammenarbeit mit Prof. Rotgans Einführungskurse in die Anthroposophische Zahnheilkunde durch und besichtigten mit den Studenten die Filderklinik, die Firmen Wala und Weleda. Eine Heilmittel-Liste, das bis heute immer wieder neu bearbeitete «Zahnärztliche Kompendium», entstand innerhalb von fünf Jah-ren kontinuierlicher Arbeit in Wochenendtreffen und jährlichen, jeweils einwöchigen Klausurtagungen. Michael Striebel stellte das erste fertige Exemplar 1985 auf einer Tagung in Dornach vor, spä-

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ter wurde die Arbeit hauptsächlich durch unseren Kollegen Tho-mas Höhnle weiterbetreut.

Ab 1985 wurde eine internationale Zahnärztetagung dann in zweijährlichem Turnus in Dornach durchgeführt. Dieser Impuls wurde ab 2007 unter der Gesamtleitung von Wolfgang Gül-denstern durch die gemeinschaftliche Erarbeitung eines Curricu-lums für die Ausbildung von Zahnärzten und Zahnmedizinstu-denten in der Anthroposophischen Medizin abgelöst, das von 2010 bis 2013 in sechs Abschnitten in Kassel, Filderstadt, Ber-lin-Havelhöhe und Dornach mit über 60 Teilnehmern aus sieben Ländern stattfand und am 12. Mai 2012 mit der Zertifizierung von zwölf neuen Absolventen der «Internen Anerkennung für die Anthroposophische Zahnmedizin» erfolgreich einen Grundstein für das Weiterbestehen der Gemeinschaft legen konnte.

Dieser Impuls wird fortgesetzt, sodass eine kontinuierliche Weiterbildung gewährleistet werden kann, neue Kollegen durch eine Neuauflage des Curriculums erreicht werden können, die internationale Zusammenarbeit, z. B. mit den französischen, hol-ländischen, italienischen und den südamerikanischen Kollegen intensiviert wird – und auch die Zusammenarbeit mit den ärzt-lichen Kollegen weiter ausgebaut werden kann.

Sinnspruch der Arbeitsgemeinschaft Anthroposophischer Zahnärzte

Der Zahnschmelz ist die am meisten physisch gewordene Sub-stanz, die der menschliche Organismus in seiner Erdenentwick-lung bildet. Die ihn bildenden Zellen, die Adamantoblasten, ster-ben nach der Vollendung ihrer Aufgabe ab und stellen ihre Kräfte der Denktätigkeit zur Verfügung. Insofern bildet die Tätigkeit am Zahnorgan eine Sonderstellung innerhalb der Medizin, da wir Zahnärzte bei Verletzung des Zahnorgans zumeist gezwungen sind, alloplastische Werkstoffe einzusetzen: Wenn die Möglichkei-ten der Vorbeugung (Eigenverantwortung in Diätetik und Pflege, entsprechende Bewusstseins-Bildung in allen Lebensaltern, kon-servierend-prophylaktische Zahnreinigung und Medikationen) nicht ausreichend erkannt und erfolgreich umgesetzt wurden, ist eine wirkliche Heilung (restitutio ad integrum) in der Behandlung der Zahnhartsubstanzen nicht mehr zu erzielen.

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Gerade vor diesem Hintergrund – und dem auch daraus oft resultierenden Unwohlsein der Patienten, die sich mit der Unum-kehrbarkeit der physischen Wege konfrontiert sehen – ist uns Zahnärzten die Einheit unserer vordergründig wesentlich im Phy-sischen wirkenden Tätigkeit mit den geistigen Zusammenhängen immer ein Anliegen gewesen. Zu Beginn und am Ende unserer Zusammenkünfte steht daher ein Satz aus den «Wahrspruchwor-ten» Rudolf Steiners, der den engen und untrennbaren Zusam-menhang von Materie und Geist in allen Lebenslagen besonders intensiv meditiert und unser Aufgefordertsein zum Handeln vor den allgegenwärtigen spirituellen Hintergründen reflektiert:

Suchet das wirklich praktische materielle Leben,Aber suchet es so, dass es euch nicht betäubt über den Geist, der in ihm wirksam ist.Suchet den Geist,Aber suchet ihn nicht in übersinnlicher Wollust, aus übersinnlichem Egoismus,Sondern suchet ihn,Wie ihr ihn selbstlos im praktischen Leben, in der materiellen Welt anwenden wollt.

Wendet an den alten Grundsatz:«Geist ist niemals ohne Materie, Materie niemals ohne Geist» in der Art, dass ihr sagt:Wir wollen alles Materielle im Lichte des Geistes tun,Und wir wollen das Licht des Geistes so suchen, Dass es uns Wärme entwickele für unser praktisches Tun.

Der Geist, der von uns in die Materie geführt wird,Die Materie, die von uns bearbeitet wird bis zu ihrer Offenbarung,Durch die sie den Geist aus sich selber heraustreibt;Die Materie, die von uns den Geist offenbart erhält,Der Geist, der von uns an die Materie herangetrieben wird,Die bilden dasjenige lebendige Sein,Welches die Menschheit zum wirklichen Fortschritt bringen kann,

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Zu demjenigen Fortschritt, der von den Besten in den tiefsten Untergründen der Gegenwartsseelen nur ersehnt werden kann.

Rudolf Steiner 155

Arbeitsgruppe der nationalen Verbände und Gesamt-Repräsentanzen für Anthroposophische Medizin – Group of National Coordinators for Anthroposophic Medicine / GNCAM

Dr. med. Stefan GeiderRepresentative of GNCAM, Medical Section Coordinator [email protected]

Landesvertretung der anthroposophisch-medizinischen Bewegung

Es gibt einige Länder, in denen es eine Gesamtvertretung für Anthroposophische Medizin gibt. Denn es spiegelt sich in einem Land im Kleinen wider, was weltweit überregional zu leisten ist: Wahrnehmung und Weiterentwicklung der Belange der Anthropo-sophischen Medizin.Diese Vertretungen gibt es in folgenden Ländern:Chile: Asociación de Medicina Antroposófica de ChileDeutschland: Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland / DAMiD, www.damid.deNeuseeland: New Zealand Association of Anthroposophic Doc-tors (NZAAD), www.anthroposophy.org.nzNiederlande: Antroposofischer Verein in den Niederlanden,

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Medizinische Sektion in den Niederlanden, www.antroposofie.nl/hogeschool/gezondheidszorg/Schweden: LAOM – Läkarföreningen för Antroposofisk Orien-terad MedicinUngarn: Dr. med. Henrik Szöke United Kingdom: Anthroposophic Medical Association, Dr. med. Stefan Geider USA: Physicians Association for Anthroposophic Medicine, www.paam.net

Arbeitsform

Seit 2009 treffen sich die Delegierten dieser Landesvertretun-gen während der Jahreskonferenz der Medizinischen Sektion, um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Anliegen und Arbeitsziele zu beraten.

Projekte

Bereitstellung der Übersetzungen ins Englische von «Individual Paediatrics» von Georg Soldner und Rudolf Steiners medizini-schen Vorträgen. Das erste Projekt war eine Neuübersetzung und das zweite hatte das Ziel, die Reihe zu komplettieren und vor-herige Übersetzungen zu verbessern. Weitere Übersetzungen sind in Planung, insbesondere im Hinblick auf das Anthromedics- Projekt.

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Internationale Koordination für Alterskultur und Altenpflege

Sabine Ringer, Leitung Haus Morgenstern, StuttgartInternationale Koordination für Alterskultur und Altenpflegesabine.ringer@haus-morgenstern.dewww.haus-morgenstern.de

Ein neues Koordinationsfeld stellt sich vor

Das Nikodemus Werk e.V. gründete sich 1977 als «Werk» aus der Bewegung für religiöse Erneuerung «Die Christengemeinschaft» und der Anthroposophie. Das «Werk» hat derzeit über 30 Mit-gliedseinrichtungen in Deutschland, deren Mitarbeiter zum Ziel haben, den geistigen Impuls einer anthroposophisch erweiter-ten Altenpflege in den Alltag umzusetzen und weiter zu vertie-fen (www.nikodemuswerk.de). Inzwischen verstehen wir uns als internationaler Fachverband für anthroposophische Alterskultur.

Es gibt bisher einzelne persönliche Verbindungen ins europäi-sche Ausland und nach Asien.

Das Nikodemuswerk versteht sich auch als Forum:

• der gegenseitigen Beratung und Unterstützung• zum Auf- und Ausbau von Netzwerken für eine zukünftige

Alterskultur• zur Entwicklung zeitgemäßer, spirituell erweiterter Arbeits-,

Lebens- und Lernformen• zur Beratung von Qualitätsfragen• des Mitwirkens an der Erforschung und Beantwortung der

Menschheitsfragen unserer Gegenwart, insbesondere zum Sinn von Krankheit, hohem Alter, Sterben und Tod.

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Es gibt zwei Regionalgruppen, Süd und Nord, in Deutschland, die unsere halbjährlichen Treffen im Frühjahr und Herbst tragen. Regelmäßig finden Fachtagungen zu Themen wie Ernährung, Haustechnik, Betreuung und Qualitätssicherung für die Mitar-beitenden statt, auf denen die Alltagsaufgaben inhaltlich vertieft werden.

Es gibt inzwischen drei Fachschulen für anthroposophisch orientierte Altenpflege (Frankfurt, Dortmund, Stuttgart – siehe auch unter: www.fachseminar-altenpflege.de/links).

Im Zuge der Gesetzgebung für die Altenpflege wurde ein eige-nes Qualitätssiegel entwickelt.

In den Mitgliederversammlungen können wir miteinander unseren Impuls stärken und uns über die Quellen, die wir uns erschlossen haben, austauschen. Die Realisierung der geistigen Impulse aus Anthroposophie und Christengemeinschaft ist so viel-fältig wie die Menschen, die damit arbeiten. Jede Einrichtung ist hier frei und kann sich zur Teilnahme, z. B. an der Erlangung des Nikodemus-Qualitätssiegels, entscheiden. Dies hat zur Folge, dass jede Einrichtung wirklich individuell ist und Anthroposophie und/oder Die Christengemeinschaft das verbindende Element bilden. Der Vorstand arbeitet nach Beauftragung durch die Mitgliederver-sammlung, es gibt «Eigner» für die einzelnen Aufgaben.

Aktuell sind dies folgende Projekte:

• die Verbindung des NW-Siegels mit AnthroMed® wird geprüft• Beratung und Begleitung von Einrichtungen in Krisensituatio-

nen• Vertretung im «Paritätischen», im DAMiD (www.damid.de)

und bei Anthropoi• Gründung einer unternehmerisch tätigen Gesellschaft• Entwicklung eines Eigentümerkonzepts für treuhänderisch

verwaltete GmbH-Anteile• Gründung eines Sozialfonds für Gesundheitsförderung der

Mitarbeitenden• Sozialpolitische Lobbyarbeit zur Reformierung der PTV (Pfle-

genoten)• Nachwuchssicherung von Fach- und Führungskräften• Beratung neuer Initiativen

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Um diese Aufgaben zu bewältigen, wurden 2012 die bisher ehren-amtlich tätigen Vorstände mit Teildeputaten ausgestattet. Im Rah-men der Mitgliederversammlung 2014 wurde die Entwicklung des «Werkes» anhand der Siebener-Rhythmen erarbeitet, in der Herbstsitzung wurden aktuelle Gesetzesentwicklungen diskutiert.

Grundverständnis

Nach unserem Grundverständnis kommt dem hohen Lebensal-ter, als «neuer» biographischer Lebensphase, ein tiefer Sinn zu: Das hohe Alter fordert die Menschen nicht allein dazu heraus, ihr hinter ihnen liegendes Leben zu bewältigen, sondern auch ihre bleibenden geistigen Qualitäten – die Früchte ihres Lebens – her-auszuarbeiten. Gerade durch die Mühen des Alters bilden sich wesentliche Fähigkeiten für die Zukunft. Diese Entwicklung wol-len wir durch die Gestaltung eines Lebensumfeldes begleiten, in dem die Individualität im Vordergrund steht. Altern verstehen wir angesichts abnehmender Körperkräfte und der daraus erwachsen-den seelischen Krisen als intensiven Entwicklungsvorgang, der für den alten Menschen und die ganze Gesellschaft von Wert ist.

Der alte Mensch nimmt seine, in der Pflegebedürftigkeit neu erworbenen Fähigkeiten über die Schwelle des Todes in die geis-tige Welt mit. Im anthroposophischen Welt- und Menschenver-ständnis bilden sie damit die Grundlage für ein erneutes Leben auf der Erde.

Welches sind die drängendsten Probleme, an denen das Nikodemuswerk arbeitet?

Das Ringen um eine Führungsstruktur, die das Individuelle einer Einrichtung zum Ausdruck bringen kann und dennoch den frei-willigen Impuls beinhaltet, sich auf geistiger Ebene zu finden. Die Mitgliederzahl stagniert jedoch seit Jahren. In einigen Einrichtun-gen sind Übergangs- und Nachfolgefragen zu lösen, Identitätsfra-gen des Werkes, Vertrauensbildung untereinander, Professionali-sierung mit freigestelltem Geschäftsführer wird erprobt. Was hält uns als NW zusammen: Wir ringen immer um eine gemeinsame Identität.

Die Mitarbeiter-Gewinnung für das Arbeitsfeld Altenpflege ist

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aktuell und in den kommenden Jahren eine Aufgabe, die bewältigt werden muss, wenn man die demographische Entwicklung ernst nimmt. Der Beruf der Altenpfleger/innen ist weltweit einzigartig und deckt sich in der Ausgestaltung mit den Anliegen des Niko-demuswerkes. Mitgestaltung bei der Verbesserung der Rahmen-bedingungen (Pflegeschlüssel, Bezahlung, Anerkennung …) und Vermittlung der spirituellen Dimension dieses Berufes kann und muss durch Anthroposophie geleistet werden.

Mit welchen Strukturen wird an diesen Problemen gearbeitet?

Die Regionalgruppen können sich gegenseitig vertieften Einblick geben und sich beraten und stützen. Es finden kollegiale Begeg-nungen im Rahmen von Audits statt. Persönliche Begegnungen sind die Grundlage für Vertrauensbildung.

Bisher konnten wir ein alternatives Prüfverfahren entwickeln, das Eigenverantwortung und Beteiligungsformen der Einrichtun-gen statt Kontrollfragen aufzeigt. Wir sehen in den Prüf-Anforde-rungen der Behörden auch ein bewusstseinsbildendes Element für unsere Arbeit.

Das Nikodemuswerk möchte aktiv eine «Alterskultur» mitge-stalten, indem es beim Erforschen und Beantworten der großen Menschheitsfragen unserer Gegenwart mitwirkt, beispielsweise: Welchen Sinn hat Krankheit, Sterben und Tod im hohen Alter?

Es müssen zeitgemäße Sozial- und Führungsstrukturen in den Einrichtungen der Altenhilfe entwickelt werden, sodass die Mög-lichkeit entsteht, «dass ein jeder freiwillig tut, wozu er berufen ist nach dem Maß seiner Fähigkeiten und Kräfte».156

Aus unserem Leitbild: «Das Nikodemus-Werk bildet ein Gefäß, das geistige Impulse in sich aufnimmt und aus dem heraus dem einzelnen Mitglied Kraft zufließen kann, die es für seine All-tagsbewältigung und eigene Weiterentwicklung braucht.» Die Anbindung an die Medizinische Sektion wird seit vielen Jahren gewünscht, es sind die grundlegenden Fragen der Alterskultur zu bearbeiten. Wir würden uns sehr über Kontakte von Einrichtun-gen aus dem In- und Ausland freuen, damit dieses Koordinations-feld innerhalb der Sektion gut verankert wird.

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European Federation of Patients’ Associations for Anthroposophic Medicine (EFPAM)

René de WinterPräsident und Koordinator der European Federation of Patients’ Associations for Anthroposophic [email protected]

Dr. med. Stefan Schmidt-Troschke gesundheit aktiv Internationale Koordination Patienten-organisationen www.gesundheit-aktiv.de

Seit wann besteht EFPAM? Wie viele Mitgliedsverbände hat der Patientendachverband? Wie ist er organisiert?

EFPAM wurde am 3. Oktober 2000 nach langjähriger Vorberei-tung in Dornach gegründet. Momentan hat EFPAM 15 Vollmit-glieder (nationale Patientenverbände), davon zwölf in EU-Län-dern (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Niederlande, Österreich, Rumänien, Schweden, Spanien, Vereinigtes Königreich) und drei in Nicht-EU-Ländern (Island, Norwegen, Schweiz).

EFPAM ist ein Verein nach elsässischem Recht, mit Vereinssitz in Strasbourg/FR. Höchstes Gremium ist die Generalversamm-lung; der Vorstand wird jährlich von den Mitgliedern gewählt.

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Mitglieder / Members:

• Österreich: Verein für ein anthroposophisch erweitertes Heil-wesen e.V.

• Belgium: VITA é SANA Vereniging voor Antroposofische Gezondheidszorg vzw / Association pour les Soins de Santé Anthroposophique asbl

• Denmark: Foreningen till støtte for Antroposofisk Læge-Kunst (FALK)

• Finland: Antroposofisen lääketieteen yhdistys ry. (ALY)• France : Association de Patients de la Médecine anthroposo-

phique (APMA)• Deutschland: Gesundheit aktiv, anthroposophische Heilkunst

e.V.• Iceland: Grös og listir – Félag um mannspekilækningar• Italy: Associazione Italiana dei Pazienti della Medicina Antro-

posofica (AIPMA)• Netherlands: Antroposana, patiëntenvereniging voor antro-

posofische gezondheidszorg• Norway: Foreningen for Antroposofisk Lege Kunst (FALK)• Romania: antrosana Romania• Spain : anthrosana en España – Asociacíon de patientes para

un sistema sanitario ampliado antroposóficamente• Sweden: Föreningen för Antroposofisk Läkekonst (FALK)• Schweiz: anthrosana, Verein für anthroposophisch erweiter-

tes Heilwesen• United Kingdom: Patients and Friends of Anthroposophical

Medicine (PAFAM)

Associated member

• Canada: Association de Patients de la Médecine anthroposo-phique au Québec (APMAQ)

Welche Aufgaben hat EFPAM? / What is the mission of EFPAM?

Our mission statement is:• to support citizens to increase awareness and responsibility for

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quality of life and health care through advocating self-determi-nation, freedom of therapy choice and pluralism in medicine

• by cooperating with other organizations in the field of plura-lism in medicine and representing the national associations of patients who use Anthroposophic Medicine in Europe, make their interests known to the authorities

• based on the respect of the dignity of man, fundamental human rights and responsibility for nature

• contributing to enable good health for all European citizens.

Ziele / Aims:

• To represent the views and interests of people who want to use Anthroposophic Medicine in all its forms, besides or instead of other forms of medicine, in particular in the light of the indivi-dual right to self-determination.

• To act as interlocutor for European, international and national institutions and to ascertain that policy makers within these institutions are kept well-informed of the wishes and needs of users of Anthroposophic Medicine.

• To promote the development and the cultural and legal recog-nition of Anthroposophic Medicine in all its forms.

• To promote the recognition and inclusion of the rights of users of Anthroposophic Medicine in all its forms in present and future national and international law.

• To promote and sustain the inclusion of all forms of Anthro-posophic Medicine in the various national and private health insurance schemes, on the basis of equality of all citizens.

• To promote patients’ awareness and responsibility for the pre-servation and promotion of their own health.

• To encourage research into Anthroposophic Medicine with all appropriate means.

• To promote knowledge of Anthroposophic Medicine and con-tribute towards its preventive and curative applications.

Mit welchen Strukturen wird an diesen Aufgaben gearbeitet?

• Kooperation mit anthroposophischen Organisationen und Ein - richtungen im Gesundheitsbereich wie auch mit CAM-Orga-

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nisationen, Bildung von Allianzen, Netzwerkarbeit, Beobach-tung der europäischen Gesundheitspolitik, besonders im Hin-blick auf die Anwendbarkeit zur Registrierung Anthroposo-phischer Medizinprodukte (AMPs) und die Verfügbarkeit von AMPs innerhalb der EU.

• Kooperation mit der Anthroposophic Medical Products – European Policy Working Group (AMP-EPWG) für den Erhalt der AMPs.

• Kooperation im EUROCAM: Streben nach gesetzlicher Aner-kennung der Anthroposophischen Medizin und ihrer Heilmit-tel in Europa, zusammen mit anderen komplementärmedizini-schen Richtungen.

Koordination Öffentlichkeitsarbeit

Heike Sommer M. A.Koordination Öffentlichkeitsarbeitheike.sommer@medsektion-goetheanum.chwww.medsektion-goetheanum.org

Sich im Zusammenhang halten und voneinander lernen

Die anthroposophisch-medizinische Bewegung entwickelt sich seit vielen Jahrzehnten kontinuierlich zu einem international koope-rierenden Netzwerk, dessen Mitarbeiter in über 64 Ländern tätig sind. Öffentlichkeitsarbeit bedarf daher einer internationalen und regionalen Ausprägung. Auf politischer Ebene kommt hinzu, dass in den Ländern, aber auch in Europa, der Einsatz für Methoden-pluralismus, Therapiefreiheit und Patientenkompetenz immer noch großer Unterstützung bedarf.

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Informationen bündeln und verteilen

Im Fokus steht dabei das gemeinsame Anliegen des fachlichen Austausches und des Informierens, aber auch die Bekanntheit der Anthroposophischen Medizin als integratives Therapiesystem in der Öffentlichkeit zu steigern, ihr Profil zu schärfen. Blickt doch die Anthroposophische Medizin auf eine jahrzehntelang gewach-sene europäische Tradition mit bewährten Therapien und Arznei-mitteln zurück. Im Praktischen bedeutet dies für die Öffentlich-keitsarbeit zum einen, die Erreichbarkeit der Arbeitsunterlagen zu gewährleisten, und zum anderen, Netzwerkarbeit zu leisten. Das geschieht über folgende Kanäle:

• Webseite: Die fünfsprachige Webseite wird konstant weiterent-wickelt, um die Informationen international allen Interessier-ten zugänglich zu machen.

• Social-Media: Um die jüngeren Generationen anzusprechen, stehen die Basisinformationen auf den gängigen sozialen Netz-werken wie Facebook, Twitter und Google + zur Verfügung, dort besteht die Möglichkeit zu Dialog und Austausch.

• Mailings, Rundbriefe: Für rasche internationale Kommunika-tion und gezieltes Informieren zu aktuellen Veranstaltungen, besonderen Ereignissen und relevanten AM-politischen Inhal-ten.

• E-Bücher: Der Printbereich ist im Wandel, den Anschluss daran möchten wir beibehalten. Ferner haben wir einen klaren Bedarf ermittelt und wollen unsere wichtigsten Publikationen und Neuerscheinungen auf diese Art für unsere internationale Arbeits- und Mitgliedergemeinschaft kostengünstig und rasch verfügbar halten.

Weitere Ziele

Die Koordinationsstelle bietet zudem PR-Beratungen, das Erstel-len von PR- und Multimediakonzepten, die Koordination von AM-Informationsmaterialien und die Weiterentwicklung unserer internationalen Onlinepräsenz, auch in Form von neuen Web-seiten oder solchen, die sich durch Relaunch den neuen Gege-benheiten der technischen Möglichkeiten angepasst haben. Die

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Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit dieser Koordinationstätig-keit liegt darin, dass die Gesamtbewegung mit ihrem Angebot in der Öffentlichkeit sichtbarer wird, die sich den aktuellen Bedin-gungen der Gesellschaft rasch und rechtzeitig anpassen, auf ihre Bedürfnisse reagieren kann.

Gemeinsames Arbeiten an einem «Brevier»

Michaela Glöckler

Das Brevier als ständiger Begleiter für den inneren Weg ist inte-graler Bestandteil des Priesterberufs. Den Ärzten empfiehlt Steiner die meditative Arbeit im Kursus für die jungen Mediziner «nach Möglichkeit und Bedarf». So ist die Frage nach einem verbind-lichen Brevier ebenso berechtigt wie die nach einzelnen Meditati-onen zur Stärkung von Aufmerksamkeit und Mitgefühl auf dem therapeutischen Weg. Auch ist es eine lohnende Frage, ob Aufbau und Anordnung der medizinischen Meditationen nicht auch tiefe Bezüge zu den Jahreszeiten beinhalten, in denen sie den Ärzten, Pflegenden und Heilpädagogen durch Steiner gegeben wurden:

Beginnend mit der Wärmemeditation im Herbst 1923 (siehe Seite 112 f.), von der wir sicher sind, dass sie zu diesem Zeitpunkt von den Medizinstudenten und jungen Ärzten, die sie bekom-men hatten, bearbeitet wurde, geht der medizinische Weg über die Raphael-Imagination157 zu den die Weihnachtstagung am Goetheanum vorbereitenden Vorträgen über Mysteriengestaltun-gen158, die auch die Veröffentlichung der medizinischen Myste-rien beinhalten und in deren Kontext Ita Wegman eine spezielle Meditation für die Krankenpflege von Steiner erbittet. Es folgt die Weihnachtstagung mit der Neubegründung der Freien Hoch-schule für Geisteswissenschaft als Mysterienschule und der von Rudolf Steiner und Ita Wegman betreuten Medizinischen Sektion. In dem Grundsteinspruch für die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft steht die heilende Aufgabe der Anthroposophie für das Kulturleben der Menschen im Allgemeinen im Mittelpunkt. Die Meditation mündet in das Gedenken des Weihnachtsgesche-hens an der Zeitenwende (siehe Seite 159 ff.).

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Parallel zum Osterkurs für die Jungmediziner hält Rudolf Steiner für die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft Vorträge über Rosenkreuzertum und modernes Einweihungs-prinzip und die Vorträge: «Das Osterfest als ein Stück Mysterien-geschichte der Menschheit»159. In beiden parallel gehaltenen Vor-tragszyklen kommt Wesentlichstes einer spirituellen Heilkunde zur Sprache und zeigt, wie eng verbunden der medizinische Weg mit dem allgemein anthroposophischen ist im Hinblick auf den therapeutischen Auftrag. Zwischen Pfingsten und Johanni wird dann in Koberwitz der Landwirtschaftliche Kurs160 zur Heilung der Erde gehalten und direkt nach Johanni der Heilpädagogische Kurs für Ärzte und Heilpädagogen in Dornach, gefolgt vom Pas-toral-Medizinischen Kurs im September 1924161. Damit rundet sich das «Medizinische Jahr». All diese Vorträge enthalten unent-behrliches Gut für Anregung und Wegleitung der berufsspezi-fischen spirituellen Entwicklung. Dieses auszuarbeiten, ist eine noch zu realisierende Aufgabe.

Parallel zu der Niederschrift der Michael-Briefe und dem Per-sephone-Mysterium wird gemeinsam mit Ita Wegman das Buch-manuskript «Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst» fertiggestellt. Damit ist auch das «System der Anthroposophischen Medizin» skizziert, das weiter auszuarbeiten noch vielen Ärztege-nerationen obliegt.

Im Folgenden werden in einer Art «Wochenbrevier» die zen-tralen Meditationen für Ärzte in den Kontext der medizinisch-therapeutischen Arbeit insgesamt gestellt. Dafür wurde eine Anordnung gewählt, die seit den Jahreskonferenzen am Goethe-anum 1998 bis 2004, wo durchgehend auch Themen meditativer Schulung Inhalt waren, immer wieder von einzelnen Mitarbeitern aufgegriffen worden ist.

Sie bietet die Möglichkeit, sich mit klarer Regelmäßigkeit im Wochenrhythmus die zentralen Arbeitsimpulse der anthroposo-phisch-medizinischen Bewegung und der in ihr tätigen Berufs-gruppen zu vergegenwärtigen. Dabei sind auch die Qualitäten der einzelnen Wochentage hilfreich, diese Arbeit immer wieder neu zu beleben.

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Sonntag / Sonne

Der von Rudolf Steiner gewiesene meditative Weg auf medizini-schem Gebiet beginnt mit der sogenannten Wärmemeditation.

Steiner übergab sie einer Studentengruppe – den «Jungmedizi-nern» –, die ihn nach dem «Moralisch-Liebevollen» in der Medi-zin gefragt hatten (vgl. Seite 112 f.). Sie beginnt mit der Frage: Wie finde ich das Gute? Die Frage nach gutem Behandeln und Behan-delt-Werden, nach dem guten Arzt, der guten Arzt / Patienten-Beziehung ist der Nerv jeder «guten» Medizin. Durch die Wär-memeditation lernt der Arzt seinen eigenen Ätherleib differenziert kennen und seine moralischen Kräfte zu verstärken. Diese Medi-tation dient auch der interdisziplinären Zusammenarbeit und ver-mittelt die Wärme, von der die anthroposophisch-medizinische Bewegung lebt. Im Verfolgen dieser Frage führt die Meditation zur Vergegenwärtigung der vier Quellorte ätherischer Kräfte:

Der Wärmeäther kraftet im Zwischenmenschlichen, im Wär-mezentrum der Menschheit, in der Christus-Wesenheit, die alles vermittelt und durchdringt. Der Lichtäther erstrahlt vom Herzen aus, der Klangäther vom Unterleib / Stoffwechselgebiet her, wäh-rend der Lebensäther sich in der Lebens- und Denktätigkeit des Kopfes regt. Moralische Ideale sind es, die uns erwärmen, erleuch-ten, die Arbeit inspirieren und beleben. Neue Ätherkräfte gilt es zur heilenden, kulturschaffenden Wirksamkeit zu bringen.

Diese Meditation hat sich durch die Jahrzehnte hin überall da beheimatet, wo Anthroposophische Medizin und Heilpädagogik aus dem spirituellen Impuls heraus ergriffen und ausgeübt wor-den sind. So kann sie heute als geistiger Wurzelgrund für For-schung und Praxis der Anthroposophischen Medizin angesehen und erlebt werden. Wer diese Meditation für sich selbst aufgreifen möchte, möge sie sich von einem anthroposophischen Arzt, der mit ihr arbeitet, erläutern lassen und sie – so wie sonst auch medi-tatives Gut – für sich persönlich aufschreiben.

So wie die Sonne das Zentrum von Wärme und Licht, aber auch die Quelle aller Lebenstätigkeit auf der Erde ist, so vermittelt die Wärmemeditation den Weg zum Erleben der Seelen- und Geis-tessonne, so wie dies für die therapeutische Arbeit orientierend ist.

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Die Wärmemeditation

Vorbereitung: Wie finde ich das Gute?

1. Kann ich das Gute denken?

Ich kann das Gute nicht denken.Denken versorgt mein Ätherleib.Mein Ätherleib wirkt in der Flüssigkeit meines Leibes.Also in der Flüssigkeit des Leibes finde ich das Gute nicht.

2. Kann ich das Gute fühlen?

Ich kann das Gute zwar fühlen; aber es ist durch mich nicht da, wenn ich es nur fühle.Fühlen versorgt mein astralischer Leib.Mein astralischer Leib wirkt in dem Luftförmigen meines Leibes.Also in dem Luftförmigen meines Leibes finde ich das durch mich existierende Gute nicht.

3. Kann ich das Gute wollen?

Ich kann das Gute wollen.Wollen versorgt mein Ich.Mein Ich wirkt in dem Wärmeäther meines Leibes.Also in der Wärme kann ich das Gute physisch verwirklichen.

Ich fühle meine Menschheit in meiner Wärme

1. Ich fühle Licht in meiner Wärme.(Achtgeben, dass diese Lichtempfindung auftritt in der Gegend, wo das physische Herz ist)

2. Ich fühle tönend die Weltsubstanz in meiner Wärme. (Achtgeben, dass die eigentümliche Ton-Empfindung vom Unterleib nach dem Kopfe, aber mit Ausbreitung im ganzen Leibe geht)

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3. Ich fühle in meinem Kopfe sich regend das Weltenleben in mei-ner Wärme.

(Achtgeben, dass die eigentümliche Lebensempfindung vom Kopfe nach dem ganzen Körper sich verbreitet)

Rudolf Steiner 162

Montag / Mond

Der Mond steht mit Erde und Sonne in einem besonders abge-stimmten Verhältnis, wodurch beispielsweise die Sonnen- und Mondfinsternisse entstehen. Die Mondenkräfte rhythmisieren alles Regenerationsgeschehen und die Fruchtbarkeit in der Natur. Auch der Mensch behält zeitlebens den 25-Stunden-Rhythmus des täglichen Mondumlaufes um die Erde im Hintergrund seiner zir-kadianen Biorhythmik, die erst im Laufe der Kindheit am äußeren Zeitgeber Sonne erworben wird. Die erste Meditation aus dem Weihnachtskurs für die Jungmediziner führt ein in das Erleben der heilenden Naturgeistigkeit. Diese Meditation verbindet insbeson-dere Ärzte und Pharmazeuten in der inneren Arbeit.

Ihr heilenden Geister Ihr verbindet euch Dem Sulphursegen Des Ätherduftes;

Ihr belebet euchIm Aufstreben MerkursDem TautropfenDes WachsendenDes Werdenden.

Ihr machet Halt In dem Erdensalze Das die Wurzel Im Boden ernährt. –

Ich will mein Seelenwissen Verbinden dem Feuer Des Blütenduftes;

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Ich will mein SeelenlebenErregen am glitzernden Tropfen Des Blättermorgens;

Ich will mein SeelenseinErstarken an dem Salzerhärtenden Mit dem die ErdeSorgsam die Wurzel pflegt. –

Rudolf Steiner 163

Dienstag / Mars

Der zweijährige Umlaufrhythmus des Mars hat die Besonderheit eines großen makrokosmischen Atemzuges, in dem der Mars ein-mal weit in den obersonnigen Bereich zwischen die Planetoiden und den Jupiter wandert, um sich anschließend der Erde so weit zu nähern, dass er untersonnig in den Planetensphärenraum zwi-schen Venus und Merkur eintritt. Dieser Dynamik entspricht der durch das rhythmische System vermittelte Kampf zwischen Licht und Schwere, wie ihn Rudolf Steiner in der letzten Meditation des Weihnachtskurses für die Jungmediziner darstellt. Hier geht es um den täglichen Kampf zwischen Krankheit und Gesundheit, zwischen Materie mit ihrer «Schweremacht» und Geist mit sei-ner «Leuchtekraft». Wir werden durch diese Meditation geführt zu einem Verstehen des jeweiligen Heilwertes einer Substanz oder eines innermenschlichen Vorgangs. Diese Übung wird von Rudolf Steiner auch in besondere Nähe zur Heileurythmie gerückt. Sie inspiriert aber auch die anderen Kunsttherapien, die heilend in diesem Kräftespiel darinnen stehen.

Schau in deiner Seele LeuchtekraftFühl in deinem Körper SchweremachtIn der Leuchtekraft Strahlet Geistes-IchIn der Schweremacht Kraftet Gottes-GeistDoch darf nicht

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Leuchtekraft Ergreifen Schweremacht Und auch nicht Schweremacht Durchdringen LeuchtekraftDenn fasset Leuchtekraft Die SchweremachtUnd dringet Schweremacht In LeuchtekraftSo binden in Welten-Irre Seele und KörperIn Verderbnis sich.

Rudolf Steiner 164

Mittwoch / Merkur

Der Merkur beschreibt in seinem Umlauf um die Sonne von der Erde aus gesehen das berühmte Hexagramm, die heilende, har-monisierende Figurendynamik, die wir aus der hermetischen Tra-dition als das Zeichen des Hermes Trismegistos kennen und in der jüdischen Tradition als das Siegel Salomos.

Rudolf Steiner spricht darüber im Rahmen seiner Vorträge über die alchimistisch-rosenkreuzerischen Prinzipien. Die Kräfte der oberen Organisation (Licht) und der unteren (Schwere) wer-den symbolisch dargestellt in zwei Dreiecken, die sich zwar har-monisch durchdringen, aber nicht vermischen.165

Diese Prinzipien haben wir bereits in der vorangegangenen Übung von Leuchtekraft und Schweremacht kennengelernt. Hier handelt es sich jedoch nicht um den Kampfaspekt wie dort, son-dern um den heilenden, ausgleichenden Merkuraspekt dieser Kräftepolarität. Dieses allumfassende, integrierende Heilprinzip schildert Rudolf Steiner im Osterkurs für die Jungmediziner.

Fühle in des Fiebers MaßDes Saturn GeistesgabeFühle in des Pulses ZahlDer Sonne Seelenkraft

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Fühle in des Stoffs GewichtDes Mondes Formenmacht:Dann schauest du in deinem HeilerwillenAuch des Erdenmenschen Heilbedarf.

Rudolf Steiner 166

Alle Kräfte der vier Entwicklungsstadien der Erde selbst und ihrer Geschöpfe, vom großen Wärme-Weltenkörper angefangen, dessen Radius von der heutigen Erde zum heutigen Saturn reichte, werden in ihrem Bezug zum Menschen heute auf der Erde aufge-zeigt.167 Dabei wird deutlich, dass das Ringen um Gleichgewicht und Gesundheit nicht nur dem einzelnen Menschen zum Heil ist. «Heilbedarf» ordnet auch die im Zeitverlauf waltenden Kräfte der Evolution der Erde mit ihren Geschöpfen im Kosmos. Der Mensch selbst kann sich als ordnendes, heilendes Wesen im Wel-tenlauf empfinden lernen.

Diese Meditation verbindet die ärztliche Arbeit insbesondere mit der Krankenpflege – derjenigen Berufsgruppe, für die Fieber-messen, Pulszählen und Gewichtskontrolle zur Alltagsroutine gehören. Rudolf Steiner nennt als allgemeinen Heilbedarf des heu-tigen Menschen die Wiedererlangung eines spirituellen Weltbildes, das den Materialismus überwinden kann. Dann können karmi-sche Konflikte aus früheren Inkarnationen sich moralisch aus - leben, anstatt sich in der Krankheit somatisieren zu müssen.

Donnerstag / Jupiter

Jupiter ist der Planet der Reifung, der Weisheit und der damit ver-bundenen Schmerzen. Während die Sonne einmal durch den Tier-kreis wandert, verweilt Jupiter in nur einem Tierkreiszeichen. Wie der Mondumlauf zur Sonne, so verhält sich der Sonnenumlauf zum Jupiter. Das Geheimnis der Zwölf, des Jahreslaufes, des Sich-Abrundens und Vollendens gehört in seine Kraftkonstitution. Die erste Meditation des Osterkurses für die Jungmediziner168 ruft uns auf zum Schauen des ganzen Werdeganges des Menschen im heutigen Kosmos. In der Wegleitung durch diese Meditation fin-den sich alle heilenden Berufsgruppen zusammen, die mit wis-senschaftlichem Interesse an Gesundheit und Krankheit heran-

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gehen und anthroposophische Forschung betreiben. Denn hierzu braucht es ein durchgreifendes Verständnis vom Menschen und seines Zusammenhanges mit der Kräfte-Konfiguration des Kos-mos. Nur der physische Leib selbst gehört der Erde an und wird von ihr angezogen. Der Ätherleib wirkt ganz aus dem Kosmos heraus und gestaltet den physischen Leib mit seinen peripherisch-ansaugenden Kräften. Im Zentrum dieser Gestaltbildung steht der Mond, dessen Formkraft durch die anderen Planeten und ins-besondere Fixsternbilder je nach Konstellation modifiziert wird: «Und ehe nicht wiederum eingeführt wird in unsere medizinische Wissenschaft Astronomie, aber in dem Sinne, wie ich es jetzt aus-einandergesetzt habe, werden wir nicht weiterkommen. Eigent-lich sagen die meisten Dinge, die da ausgesprochen werden, auch nichts Besonderes. Man jongliert von einem zum andern, nicht wahr, dadurch, dass man die Dinge, die auftreten im Menschen, entweder den äußeren irdischen Verhältnissen zuschreibt oder der Vererbung. Aber wenn Sie das im Einzelnen anschauen, kommt dabei gar nichts heraus, weil vergessen wird, dass die Menschen-gestaltung durchaus hergeleitet werden muss aus demjenigen, was die Erkenntnis des Sternenhimmels, aber qualitativ angesehen, seinem inneren Wesen nach angesehen, gibt. Aber das Wichtigste bei dieser Menschengestaltung ist der Mond.»169

Der Mond wirkt überall mit, die anderen Planeten unterstüt-zen seinen Einfluss.

«Schau, was kosmisch sich fügt,Du empfindest Menschengestaltung.»

So wie der Mond primär mit der Gestalt des Menschen zusam-menhängt, so die Sonne mit der Seelenbefähigung, der Beseelung.

«Schau, was luftig dich bewegt, Du erlebest Menschenbeseelung.»

Im Zusammenhang mit dem Saturn kann die Fähigkeit zur Durch-geistung des Menschen erfasst werden:

«Schau, was irdisch sich wandelt,Du erfassest Menschendurchgeistung.»170

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Freitag / Venus

Die Venus beschreibt in acht Jahren am Himmel ihr harmonisches «Pentagramma Veneris». Es ist dies das Zeichen des aufrechten Menschen, das Pentagramm. Alle körperlichen, seelischen und geistigen Kräfte wirken so zusammen, dass die aufrechte, liebe-volle menschliche Wesensäußerung in jedem Lebensalter mög-lich ist. Im letzten Vortrag des Osterkurses für die Jungmedizi-ner171 führt Rudolf Steiner eine Meditation ein, welche die Arzt /Therapeuten-Patientenbeziehung betrifft und Grundlage ist für jedes therapeutische Gespräch bis hin zu den spezifischen The-rapieformen der Biographiearbeit, der Psychotherapie und der pastoral-medizinischen Beratung. Jede therapeutisch orientierte Begegnung zwischen Menschen braucht den Blick auf das Leben als Ganzes mit seinen Krankheitsneigungen und Heilungschan-cen. Es geht um ein regelrechtes Erarbeiten von Imagination und Inspiration in Bezug auf den Ätherleib und Astralleib des Kran-ken. Die Kräfte des Ätherleibes besorgen die Leibbildung von der Embryonalentwicklung an bis ins höchste Alter. Sie in der eigenen Seele prozessual nachzubilden, ist Aufgabe des Therapeuten und erzieht zum imaginativen Schauen des Ätherleibes. Die Kräfte des Astralleibes hingegen rufen das Altern hervor mit ihrem diffe-renzierenden Klanggefüge, ihrer trockenen, luftigen Natur und wirken von der Zukunft herein bis zum Geburtsmoment. Werden sie lebendig in ihrer Wirksamkeit nachempfunden, so führt dies zum inspirativen Erfassen des Astralleibes:

Schiebe die Frühzeit In des Kindes AlterUnd des Kindes Alter In die Jugend Zeit.Dir erscheint verdichtet Menschenäthersein Hinter Körperwesen –

Schiebe die AltersdichteIn die MenschenreifezeitUnd das reife AlterIn das Jugendleben.

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Dir ertönt in WeltenklängenMenschenseelenwirkenAus dem Ätherleben.

Rudolf Steiner 172

«Sie sehen aus dem, was ich Ihnen da sage, auch, dass man die Anleitung zur Meditation nicht als Befehl ausgibt, sondern sie begründet auf dasjenige, was man einsehen kann. Der in der richtigen Weise zur Meditation Angeleitete, der wird nicht so autoritativ behandelt, wie es einstmals im alten Orient war, wo ja sowohl das Erziehen und Entwickeln der Kinder wie des Alters auf ganz andern Unterlagen ruhte als bei uns. Wer also bei uns Meditationen empfohlen bekommt, bekommt sie so, dass er einsieht, was er mit sich macht. Nicht wahr, im Orient hatte das Kind die Anleitung seines Dadas. Das bedeutete, dass durch die Art und Weise, wie der Betreffende lebte, das Kind erzogen und unterrichtet wurde. Mehr lernte es nicht, als es gewisser-maßen absah dem Dada. Der erwachsene Mensch hatte seinen Guru, wenn er weiterkommen wollte. Da war er angewiesen dar-auf, dass der Guru keine andere Regel angab als die: So ist es – man soll es eben probieren. Das ist der Unterschied. Was wir in unserer abendländischen Zivilisation haben, ist, dass überall an des Menschen Freiheit appelliert wird, dass der Mensch weiß, was er macht. Und man kann auch einsehen, wie das inspirierte Erkennen zustande kommt, wenn man mit dem gesunden Men-schenverstand begriffen hat, wie die physische Erkrankung und die geistige Erkrankung wirken, und wenn man das alles zusam-menhält, was ich Ihnen heute gesagt habe. Denn diese Dinge sind gerade mit dem gesunden Menschenverstand zu begreifen. Geht man weiter, um zu begreifen, was man machen soll in der inneren Meditation, dann ist man mit dem gesunden Menschen-verstand bis an die Grenze dessen gekommen, was man erreicht. Der gesunde Menschenverstand kann alles erreichen, was von der Anthroposophie ausgeht.»173

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Samstag / Saturn

Im Pastoral-Medizinischen Kurs fasste Rudolf Steiner den medi-tativen Arztweg in dessen Beziehung zum inneren Weg des Pries-ters zusammen. Das daraus entspringende pastoral-medizinische Mantram schließt das ärztlich-priesterliche Tun an die dreifaltige Gottheit an. Christus führt hier als «Verus Mercurius» nach unten in das Reich der Elemente und des Todes zum göttlichen Vater und nach oben zum Heiligen Geist, um den Menschen auf ihren Irrtumswegen zur Freiheit zu verhelfen. Schuld und Schicksal, Erkenntnis und Verwandlung werden in ihrer Wechselbedingtheit durchschaubar und offenbaren die Quellen von Krankheit und Heilung:

Ich werde gehen den Weg,Der die Elemente in Geschehen löstUnd mich führt nach unten zum VaterDer die Krankheit schickt zum Ausgleich des KarmaUnd mich führt nach oben zum GeisteDer die Seele in Irrtum zum Erwerb der Freiheit leitetChristus führt nach unten und nach obenHarmonisch Geistesmensch in Erdenmenschen zeugend.

Rudolf Steiner 174

Erarbeitung einer therapeutisch-pädagogischen Haltung

Rudolf Steiner hat in den meditativen Weg für die Mediziner und Therapeuten auch den Lehrer / Pädagogen mit einbezogen. Er nannte die Erziehung ein «leises Heilen», das heißt die konse-quente Förderung einer gesunden Entwicklung. So gesehen gehö-ren Pädagogik und Heilpädagogik als Instrumente der Prävention und des Entwicklungsverständnisses auch zum Aufgabenfeld des Arztes, der Pflegenden und Therapeuten. Denn hier geht es vor allem um die Gesinnung, die jede menschliche und insbesondere pädagogisch-therapeutische Begegnung prägt. Mysterienwissen aus Zeiten, in denen der Priester-, Arzt- und Lehrer-Beruf noch in einer Hand waren, kann dann neu verstanden werden, so wie es Steiner in den Worten zusammenfasst:

221

Es war in alten Zeiten,Da lebte in der Eingeweihten SeelenKraftvoll der Gedanke, dass krankVon Natur ein jeglicher Mensch sei.Und Erziehen ward angesehenGleich dem Heilprozess,Der dem Kinde mit dem ReifenDie Gesundheit zugleich erbrachteFür des Lebens vollendetes Menschsein.

Rudolf Steiner 175

Dieser Spruch klingt zusammen mit der zentralen Meditation aus dem Heilpädagogischen Kurs, die Steiner als sogenannte Punkt-Kreis-Meditation eingeführt hat.176 Diese Übung ist zugleich der beste Schutz, um die ahrimanisch inspirierte, unbewusst im Wollen lebende Eitelkeit zu überwinden, die einer therapeutisch wirksamen Haltung entgegenwirkt: «Eitelkeit ist auf dem Grunde der Jugendbewegung überall vorhanden, weniger vorhanden aus irgendeiner Ungezogenheit als vielmehr aus jenem Grunde, wel-cher das wohl notwendig macht: weil gerade, weil das Wollen notwendig macht eine starke Entfaltung innerer Fähigkeiten, ein-fach durch ahrimanische Einflüsse die Eitelkeit in einem hohen Maße heraufdämmert [...]. Daher die Erscheinung, die so häufig eintritt: das allgemeine Reden von Missionen, von großen Aufga-ben, und die geringe Neigung, auf die speziellen kleinen Dinge, die man dazu braucht, einzugehen.»177

222

Entwicklungsschritte der Medizinischen Sektion am Goetheanum im Werdegang der Anthroposophischen Medizin – in Etappen von je 12 Jahren

Michaela Glöckler

1924

Inauguration und Aufgabenstellung der «Erarbeitung des medizinischen Systems der Anthroposophie» durch Rudolf Stei-ner und Ita Wegman auf der Weihnachts-tagung 1923/24.

Nach Steiners Tod erschütterten sozi-ale Konflikte und Belastungsproben die weitere Entwicklung der Anthroposophi-schen Medizin.

Leitung der Medizinischen Sektion von 1924 bis 1935:Ita Wegman. Verbot der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland in der Folge des Hitler-Regimes.

Leitung ad interim von 1935 bis 1955 durch das Kollegium:Friedrich Husemann, Walter Bopp, Hans Zbinden, Richard Schubert

1936

Peripherisierung und Ausbreitung der Anthroposophischen Medizin in Europa.

Reisetätigkeit Ita Wegmans und klini-sche Arbeit in Arlesheim und Ascona.

Rudolf Steiner1861 – 1925

Ita Wegman 1876 – 1943

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1948

Soziale Integrationsbestrebungen ver-schiedener Initiativen und Gruppen, um die Zusammenarbeit innerhalb der An throposophischen Gesellschaft wieder herzustellen.

Leitung der Medizinischen Sektion von 1955 bis 1963 ad interim durch das Kol-legium:Hans Bleiker, Margarete Kirchner-Bock-holt, Madeleine van Deventer, Gerhard Schmidt

1960

Neue Identitätsbildung in der Anthroposophischen Gesellschaft: der Arzt und Generalsekretär von Holland, Willem Zeylmans van Emmichhoven, schließt sich mit seiner Landesgesellschaft, ohne Bedingungen zu stellen, wieder an die Allgemeine Anthro-posophische Gesellschaft /AAG an mit der Begründung: «weil wir es wollen». Es beginnt die Zusammenarbeit innerhalb der anthroposophisch-medizinischen Berufsbewegungen sowie die Neuformierung des «ärztlichen Kerns» der Medizinischen Sektion.

Leitung der Medizinischen Sektion von 1963 bis 1969:Margarete Kirchner-BockholtKollegium: Hans Bleiker, Madeleine van Deventer, Walter Holtzapfel

Leitung der Medizinischen Sektion von 1969 bis 1977:Walter HoltzapfelKollegium: Georg Gräflin, Hellmut Klimm, Herbert Sieweke

Margarete Kirchner-Bockholt1894 – 1973

Walter Holtzapfel1912 – 1994

224

1972

Institutionalisierung und rechtliche Sicherung der Anthroposo-phischen Medizin in Deutschland: Gründungen von Gemein-schaftskrankenhäusern und Forschungseinrichtungen. Jürgen Schürholz wird Leiter der neu begründeten Kommission C des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte / BfArM für den humanmedizinischen Bereich der anthroposophischen Therapierichtung.

Leitung der Medizinischen Sektion von 1977 bis 1986:Friedrich Lorenz Kollegium: Walter Holtzapfel, Hellmut Klimm, Herbert Sieweke

1984

Wissenschaftliche Legitimierung und Dokumentierung der Anth-roposophischen Medizin in Deutschland und der Schweiz.

Leitung der Medizinischen Sektion von 1986 bis 1987 ad interim:Manfred Schmidt-BrabantDas Kollegium der Medizinischen Sektion wird vom Vorstand der AAG verabschiedet.

Leitung der Medizinischen Sektion ab 1988: Michaela Glöckler

An die Stelle eines mehr repräsentativ täti-gen Sektionskollegiums tritt der systema-tische Aufbau einer internationalen Koor-dination und operativ tätigen Repräsen-tanz der anthroposophisch-medizinischen Bewegung mit ihren verschiedenen Berufs-gruppen und Tätigkeitsbereichen.

Friedrich Lorenz1911 – 1987

Michaela Glöckler

225

1996

Globalisierung der Anthroposophischen Medizin, EU- und welt-weite Legitimierungsprozesse gewinnen existenzielle Bedeutung. Erstellung der ersten Pharmakopöe anthroposophischer Arznei-mittel in Form des Anthroposophisch-Pharmazeutischen Codex /APC durch ein internationales Expertengremium.

Grundlegende Standortbestimmung im Jahr 2000. Auf einer «10-Jahres-Konferenz» beraten die Repräsentanten der Anthro-posophischen Medizin aus allen Gebieten den Handlungsbedarf für die kommenden zehn Jahre, insbesondere im Hinblick auf For-schung und Ausbildung, zu erstellende repräsentative Bücher in den fachärztlichen Bereichen und notwendige Übersetzungen in andere Sprachen. Oft angemahnte Ideen zu umfassender Öffent-lichkeitsarbeit gewinnen Gestalt, gut vernetzte Websites und iden-titätsstiftende Informationsbroschüren werden geplant und auf den Weg gebracht. Die Internationale Koordination Anthropo-sophische Medizin / IKAM wird als fähiges Leitungsgremium der anthroposophisch-medizinischen Bewegung sichtbar.

Die von Jürgen Schürholz – Mitbegründer der Filderklinik und maßgeblicher Unterstützer und Begleiter der Entwicklungen in der Medizinischen Sektion – und Annette Bopp, Medizinjournalis-tin, konzipierten «blauen Broschüren» zur Anthroposophischen Medizin, ihren Arzneimitteln und Therapien setzen Maßstäbe – ebenso wie die neue Zeitschrift «Medizin Individuell», heraus-gegeben für die Kliniken vom Gemeinschaftskrankenhaus in Her-decke.

Die Fachzeitschrift der Anthroposophischen Medizin «Der Merkurstab» bekommt ein neues Format und Layout, themen-bezogene Sonderhefte werden publiziert und auch ins Englische übersetzt.

226

2008 – 2020

Akademisierung und Popularisierung der Anthroposophischen Medizin als einer «Medizin mit Herz».

Realisierung des gemeinsam mit der Software AG Stiftung konzipierten «Masterplans» für Anthroposophische Medizin, der die Förderung und Einrichtung von Lehrstühlen für Anthro-posophische Medizin an Universitäten intendiert. Publikation des von Georg Soldner und Mitarbeitern koordinierten «Vademecum Anthroposophische Arzneimittel», das in der Folge auch in engli-scher, französischer und italienischer Sprache erscheint – weitere Sprachen in Vorbereitung. Damit ist eine gemeinsame Forschungs-basis für den Praxisalltag geschaffen: Anthroposophische Ärzte können ihr eigenes Tun jetzt am internationalen Stand der von 141 Ärzten aus 15 Ländern hier niedergelegten ärztlichen Erfahrung messen und vernetzen sich zu kontinuierlicher Weiterentwicklung der Anthroposophischen Medizin. Matthias Girke konzipiert das Projekt «Anthromedics», durch das eine deutsch-englische internationale Plattform für Anthroposophische Medizin entstehen soll, die alle wesentlichen Publikationen der Anthroposophischen Medizin für den praxisbezogenen Gebrauch im Internet zugänglich macht und verfügbar hält.

Die Öffentlichkeitsarbeit strahlt aus, die Websites werden professionalisiert, es entsteht CIMA, die erste sprachbezo-gene, länderübergreifende Website für die Anthroposophische Medizin in der spa-nisch sprechenden Welt, die fachbezogene Website «Die Mistel in der Krebstherapie» in deutscher und englischer Sprache, die Patientenverbände kooperieren verstärkt und sind medial präsent.

Ab 2016 vorgesehene Übergabe der Lei-tungsaufgaben der Medizinischen Sektion an Matthias Girke und seinen Stellvertre-ter Georg Soldner.

Matthias Girke

Georg Soldner

227

Literatur

Brüderlin, Markus, Gross, Ulrike (Hg.): Rudolf Steiner und die Kunst der Gegenwart. Ausstellungs-Katalog, Wolfsburg, Stuttgart 2010.

De la Houssaye, E., Heine, R. (Hg.): Beiträge zur Entwicklung der Anthroposophischen Pflege 1991 – 2003; Persephone im Verlag am Goetheanum, Dornach 2006.

Domeyer, M.: Das meditative Element im Heilpädagogischen Kurs Rudolf Steiners. Meinem Freund Kurt Vierl (18. 8. 1924 – 26. 12. 2006) gewidmet. In: Seelenpflege in Heilpädagogik und Sozialthera-pie, Jg. 26 (2007), H. 4, S. 4 – 18.

Glöckler, M.: Gibt es eine Prävention der Krebserkrankung? Themen-heft Onkologie. Der Merkurstab 4: S. 416 – 420, 2009.

Kiersch, J.: Zur Entwicklung der Freien Hochschule für Geisteswissen-schaft. Die erste Klasse. Verlag am Goetheanum, Dornach 2005, S. 50 ff., S. 201 ff., S. 288 ff.

König, K.: Vorträge zum Heilpädagogischen Kurs Rudolf Steiners. Ver-lag Freies Geistesleben, Stuttgart 2000.

Kries, Mateo, Vegesack, Alexander von (Hg.): Rudolf Steiner – Die Alchemie des Alltags. Ausstellungs-Katalog, Wolfsburg, Ausstel-lungs-Katalog, Wolfsburg, Stuttgart 2010.

Kühl, J., Plato, B. von, Zimmermann, H. (Hg.): Freie Hochschule für Geisteswissenschaft Goetheanum – Zur Orientierung und Einfüh-rung. Verlag am Goetheanum, Dornach 2008.

Löffler, F.: Zur Punkt-Kreis-Meditation. In: Girke, Hermann: Franz Löffler. Ein Leben für Anthroposophie und heilende Erziehung im Zeitenschicksal. Verlag am Goetheanum, Dornach 1995.

Müller-Wiedemann, H.: Menschenbild und Menschenbildung. Auf-sätze und Vorträge zur Heilpädagogik, Menschenkunde und zum sozialen Leben. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1994.

Plato, B. von: Anthroposophie im 20. Jahrhundert. Verlag am Goethe-anum, Dornach 2003.

Selg, P.: Die Briefkorrespondenz der «jungen Mediziner». Eine dokumentarische Studie zur Rezeption von Rudolf Steiners «Jungmediziner»-Kursen. Natura-Verlag, Dornach 2005.

Selg, P.: Die Medizin muss Ernst machen mit dem geistigen Leben. Ver-lag am Goetheanum, Dornach 2006.

228

Selg, P.: Die Wärmemeditation. Geschichtlicher Hintergrund und ide-elle Beziehungen. Verlag am Goetheanum, Dornach 2005.

Selg, P.: Helene von Grunelius und Rudolf Steiners Kurse für junge Mediziner. Eine biographische Studie. Verlag am Goetheanum, Dornach 2003.

Smit, J.: Meditation und Christuserfahrung – Wege zur Verwandlung des eigenen Lebens. Freies Geistesleben, Stuttgart 2008.

Steiner, R.: Die Philosophie der Freiheit – Grundzüge einer modernen Weltanschauung (GA 4). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1995.

Steiner, R.: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992.

Steiner, R.: Die Geheimwissenschaft im Umriss (GA 13). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1989.

Steiner, R.: Vier Mysteriendramen (GA 14). Rudolf Steiner Verlag, Dor-nach 1989.

Steiner, R.: Anthroposophische Leitsätze (GA 26). Rudolf Steiner Ver-lag, Dornach 1998.

Steiner, R., Wegman, I.: Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen (GA 27). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1991.

Steiner, R.: Wahrspruchworte (GA 40). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1996.

Steiner, R.: Entwicklungsgeschichtliche Unterlagen zur Bildung ei -nes sozialen Urteils (GA 185 a). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2004.

Steiner, R.: Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädago-gischer Fragen (GA 192). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1991.

Steiner, R.: Die Brücke zwischen der Weltgeistigkeit und dem Physi-schen des Menschen. Die Suche nach der neuen Isis, der göttlichen Sophia (GA 202). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1993.

Steiner, R.: Das Miterleben des Jahreslaufes in vier kosmischen Imaginatio nen (GA 229). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999.

Steiner, R.: Mysteriengestaltungen (GA 232). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1998.

Steiner, R.: Die Weltgeschichte in anthroposophischer Beleuchtung und als Grundlage der Erkenntnis des Menschengeistes (GA 233). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1991.

Steiner, R.: Mysterienstätten des Mittelalters (GA 233 a). Rudolf Stei-ner Verlag, Dornach 1991.

229

Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994.

Steiner, R.: Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft (GA 260 a). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1987.

Steiner, R.: Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 – 1924, Briefe, Rundbriefe, Dokumente und Vorträge (GA 264). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1996.

Steiner, R.: Zur Geschichte und aus den Inhalten der erkenntniskulti-schen Abteilung der Esoterischen Schule von 1904 bis 1914 (GA 265). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1987.

Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999.

Steiner, R.: Eurythmie. Die Offenbarung der sprechenden Seele (GA 277). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999.

Steiner, R.: Eurythmie als sichtbarer Gesang (GA 278). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2001.

Steiner, R.: Eurythmie als sichtbare Sprache (GA 279). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1990.

Steiner, R.: Wege zu einem neuen Baustil (GA 286). Rudolf Steiner Ver-lag, Dornach 1982.

Steiner, R.: Geisteswissenschaft und Medizin (GA 312). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999.

Steiner, R.: Geisteswissenschaftliche Gesichtspunkte zur Therapie (GA 313). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2001.

Steiner, R.: Physiologisch-Therapeutisches auf Grundlage der Geistes-wissenschaft (GA 314). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1989.

Steiner, R.: Heileurythmie (GA 315). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2003.

Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008.

Steiner, R.: Heilpädagogischer Kurs (GA 317). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1995.

Steiner, R.: Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern – Pasto-ral-Medizinischer Kurs (GA 318). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994.

Steiner, R.: Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin (GA 319). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994.

230

Steiner, R.: Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft (GA 327). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999.

Steiner, R.: Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus (GA 334). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1983.

Steiner, R.: Die Krisis der Gegenwart und der Weg zu gesundem Denken (GA 335). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2005.

Steiner, R.: Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis (GA 337 b). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999.

Steiner, R.: Das Geheimnis der Wunde – Aufzeichnungen zum Sama-riterkurs (Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Heft 108). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992.

Vademecum Anthroposophische Arzneimittel (Hg.: Gesellschaft Anth-roposophischer Ärzte in Deutschland, Medizinische Sektion am Goetheanum): Supplement Merkurstab 2008, Filderstadt 2008.

Vademecum of Anthroposophic Medicines (Published by: Medical Section of the School of Spiritual Science, International Federation of Anthroposophical Medical Associations [IVAA], Association of Anthroposophic Physicians in Germany [GAÄD]). Supplement: Der Merkurstab. Journal of Anthroposophic Medicine. Volume 62, 2009.

Wiesberger, H.: Rudolf Steiners esoterische Lehrtätigkeit. Rudolf Stei-ner Verlag, Dornach 1997.

Zeylmans van Emmichoven, J. E.: Wer war Ita Wegman (Band 1). Edi-tion Georgenberg, Heidelberg 1999. Rudolf Steiners Zusammenar-beit mit Ita Wegman. Verlag am Goetheanum, Dornach 32013.

Zeylmans van Emmichoven, J. E.: Die Erkraftung des Herzens. Eine Mysterienschulung der Gegenwart. Hg. von Cordula Zeylmans van Emmichoven, Verlag des Ita Wegman Instituts, Arlesheim 2009.

Zuck, R.: Das Recht der Anthroposophischen Medizin. Nomos, Baden-Baden 2007.

231

Zur FinanZierung der MediZinischen sektion

Die Bereitstellung der Mittel, welche die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft und mit ihr die Medizinische Sektion braucht, ist heute eine existenzielle Herausforderung. Dies umso mehr, als grundsätzlich für Leistungen der Anthroposophischen Medizin kaum ein ausreichender finanzieller Ausgleich geschaffen wird und somit zwar geringe Überschüsse, aber selten Überflüsse ent-stehen.

Ein freiwilliger und regelmäßiger finanzieller Beitrag der Mitarbeiter der anthroposophisch-medizinischen Bewegung zur Sicherstellung der Arbeit der Sektionsleitung und ihres engsten Mitarbeiterkreises wäre ein erster notwendiger Schritt für eine nachhaltige Sicherung der weltweiten ideellen Impulsierung, sozi-alen Vernetzung und öffentlichen Repräsentanz der Anthroposo-phischen Medizin.

Michaela Glöckler wandte sich im Sommer 2014 mit folgen-dem Rundbrief an die Mitarbeiter der anthroposophisch-medi-zinischen Bewegung. Als Internationaler Koordinationskreis (IKAM) unterstützen wir diesen Impuls nachdrücklich.

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rundbrieF der MediZinischen sektion, soMMer 2014

Dass gut werdeWas wir aus Herzen gründen,aus Häuptern zielvollführen wollen. Rudolf Steiner

Liebe Freunde,

dieser Rundbrief ist den Finanzen der Medizinischen Sektion am Goetheanum gewidmet, die in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden ist. Sie wurde an Weihnachten 1923 im Rahmen der Hochschule begründet. Ihren esoterischen Inhalt erhielt sie durch die Jung-medizinerkurse, den landwirtschaftlichen und heilpädagogischen Kurs, die Rudolf Steiner 1924 hielt, sowie die Veranlagung einer spirituellen Ärzte-Gemeinschaft während des pastoralmedizini-schen Kurses im September 1924. Steiners Idee war, dass die Mitgliedschaft der Anthroposophi-schen Gesellschaft zunehmend in der Lage sein würde, die Hoch-schule zu finanzieren. Grund dafür war, dass nur so ein echt freies Geistesleben zu garantieren ist. Denn wenn Sponsoren, Stiftungen und Firmen Gelder zuwenden, haben sie begreiflicherweise auch das Interesse, mit diesem Geld gezielt Projekte und Tätigkeiten zu fördern, die auf ihrer eigenen Denk- und Arbeitslinie liegen. Demgegenüber sollte die Hochschule mit ihren Sektionen frei sein zu forschen, auch Initiativen zu ergreifen, deren Sinnhaftigkeit vielleicht erst nach Jahren sichtbar wird. Sie sollte die Möglich-keit haben, Zeit und Kraft zu investieren, damit Menschen sich begegnen, soziale Zusammenhänge gepflegt und Initiativen und Menschen weltweit wahrgenommen werden können, die Anthroposophie verwirklichen wollen – oft unter nicht einfachen Bedingungen. Das sollte umsetzbar sein, auch wenn es nicht möglich ist, immer und für alles vorher oder nachher den Preis auszuhandeln. Diese geniale Idee Rudolf Steiners bedarf in der Gegenwart einer Metamorphose, da die Mitgliedschaft der Anthroposophi-schen Gesellschaft derzeit nicht wächst und wir sehr dankbar sind, dass sie es dennoch schafft, den Goetheanum-Betrieb sowie

233

den Bau selbst und sein Gelände mit seinem besonderen Pflanzen- und Insektenreichtum zu pflegen und zu erhalten. Es braucht also einen verbindlichen Menschen- und Institu-tionenkreis, der für die verschiedenen Sektionen der Hochschule die Geldmittel zusagen kann, die benötigt werden, damit diese arbeitsfähig sind. Für die Medizinische Sektion bedeutet das, dass das Gehalt des Sektionsleiters, seine Assistenz, eine 50 % Sekre-tariatsstelle und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie die dafür anfallenden Büro- und Nebenkosten sichergestellt werden müssten. Dieser administrative Sockel sollte etwa ein Drittel des Jahresbudgets umfassen. Dies ist im Vergleich zu anderen Non-profit-Einrichtungen, Verbänden und Hochschulen wenig, würde aber den Sektionen ihre Existenz und Arbeitsfähigkeit sichern. Alles weitere an Forschungstätigkeit, Aus- und Weiterbildungen, Tagungen und Veranstaltungen sowie anderen Projekten könnte dann als gewinnbringende Eigenleistung der jeweiligen Sektion selbst oder mit der Hilfe von Projektfinanzierungen seitens Stif-tungen und Sponsorengeldern erfolgen. Derzeit ist es so, dass neben der kostenfreien Nutzung der Sektionsräumlichkeiten nur 5 % des Jahresbudgets der Medizini-schen Sektion durch die Anthroposophische Gesellschaft sicher-gestellt sind. Das bedeutet im Konkreten, dass ich als Sektions-leiterin für einen Teil meines Gehaltes selber sorgen muss durch Vortragshonorare etc. und dass die Sicherstellung der Gehälter der Sektions-Mitarbeiter jedes Jahr eine echte unternehmerische Herausforderung ist. Das ist aber kein gesunder Zustand. Daher haben wir in den letzten Jahren immer wieder Anstrengungen unternommen, die Sektionsarbeit auf ein gesunderes finanzielles Fundament zu stellen. So wurde z. B. erwogen, die Medizinische Sektion wie einen Dachverband mit festen Mitgliedsbeiträgen, Mitgliederversammlung, Rechenschaftsbericht etc. zu orga-nisieren. Schnell wurde aber klar, dass durch demokratische Usancen das freie Geistesleben ebenso gefährdet wäre, wie durch die oben erwähnte Interessensbindung an Sponsoren oder Firmen. In dieser Lage hatte ich am Rande einer IPMT-Weiterbil-dungswoche für Anthroposophische Medizin ein Gespräch mit Harald Matthes, leitender Arzt am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe/Berlin und Mitglied im Verwaltungsrat der Weleda.

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Er begriff die Handlungsnotwendigkeit nicht nur sehr schnell, sondern bot auch an, mit AM-Institutionen und -Verbänden Gespräche zu führen, ob sie bereit sind, eine freie regelmäßige Unterstützungszusage für den administrativen Sockel der Medizi-nischen Sektion zu leisten. Dies ist nun auf gutem Wege, für 2014 erstmals realisiert zu werden, wofür wir außerordentlich dankbar sind. Die bisherigen Zusagen reichen aber noch nicht aus, das erfor-derliche Drittel des Sektionshaushaltes zu decken. Daher komme ich heute mit der großen Bitte zu Ihnen/Euch allen, ob es nicht möglich ist, einen «freiwilligen Mitarbeiterbeitrag» im Jahr an die Medizinische Sektion zu entrichten, der z. B. dem Honorar für eine Patientenstunde entsprechen könnte. Von den etwa 20 000 Mitarbeitern und Freunden weltweit tun dies pro Jahr bereits knapp 100. Jeder Einzelne zählt, der sich hier engagiert! Über folgenden Link kann der Unterstützungswille sofort umge-setzt werden: http://www.medsektion-goetheanum.org/projekte/jetztspenden/. Wenn uns die Realisierung dieses finanziellen Fun-daments gelingt, so wäre die Medizinische Sektion definitiv aus ihrer Pionierphase heraus und könnte sich in gesunder Weise ins 21. Jahrhundert hinein entwickeln. Sie wird als freier geistiger Begegnungs- und Arbeitsraum mehr denn je gebraucht. Sie hat keine Eigeninteressen, kein «Land», keine «Macht» – dadurch wird sie auch leicht vergessen. Mit ihr geht aber alles, was wir für die AM weltweit tun, auf geheimnisvolle Weise «leichter», sozusagen «geistgetragen». Denn sie pflegt den spirituellen Zusammenhang mit dem Ursprung der Anthroposophischen Medizin, sie versucht mit ihrer über Jahrzehnte entwickelten Übersicht und Kompetenz zu helfen, wo es gebraucht wird, und möchte ein lebendiges Zeugnis sein für Rudolf Steiners soziales Wirken und seine Möglichkeiten, spirituelle und selbstlos tätige freie Arbeits-Gemeinschaften zu stiften. Und wir alle dürfen dabei mithelfen und uns als ein Teil des Ganzen fühlen. In diesem Sinne grüße ich heute nicht nur herzlich, sondern auch sehr hoffnungsvoll – auch im Namen von Stefan Lang-hammer, der für das Finanzmanagement der Sektion zuständig ist.

Ihre / EureMichaela Glöckler

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Für Spenden aus der Schweiz:Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, Medizinische Sektion,Raiffeisenbank Dornach, Konto 10060.56Clearing: 80939, Postkonto 40-9606-4IBAN: CH36 8093 9000 0010 0605 6BIC: RAIFCH22

Für Spenden aus Deutschland oder anderen Ländern:Medizinische Sektion bei der Förderstiftung AM,Volksbank Dreiländereck, Konto 970760BLZ: 683 900 00IBAN: DE92 6839 0000 0000 9707 60BIC: VOLODE66

Unsere Anschrift:Medizinische Sektion am GoetheanumPostfach4143 Dornach 1, Schweiz Fon +41-61-706 42 90 Fax +41-61-706 42 91 sekretariat@medsektion-goetheanum.chwww.medsektion-goetheanum.org

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anMerkungen

1 Steiner, M.: Vorwort zur 1. Auflage 1944. In: Steiner, R.: Die Weih-nachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 13 ff.

2 Kühl, J., Plato, B. von, Zimmermann, H. (Hg.): Freie Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum – Zur Orientierung und Einfüh-rung. Verlag am Goetheanum, Dornach 2008.

3 Siehe auch: The System of Anthroposophic Medicine: https://www.ivaa.info/fileadmin/editor/file/The_system_of_Anthroposophic_Medi-cine_2014.pdf und Publikationen zur Anthroposophischen Medizin: http://www.medsektion-goetheanum.org/home/publikationen/.

4 Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 142, Fortsetzung der Gründungsversamm-lung, Dornach, 28.12.1923.

5 Ebd. S. 20. 6 Zuck, R.: Das Recht der Anthroposophischen Medizin. Nomos Verlag,

Baden-Baden 2012. 7 Steiner, R.: Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik

(GA 293). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992, Erster Vortrag vom 21. August 1919.

8 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 102, Siebenter Vortrag, 8. Januar 1924.

9 Siehe Steiner, R.: Esoterische Unterweisungen für die erste Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum (GA 270 I-IV). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008.

10 Aus den Inhalten der esoterischen Stunden. Gedächtnisaufzeichnungen von Teilnehmern und Meditationstexte nach Niederschriften Rudolf Steiners. Band III: 1913 und 1914, 1920 – 1923 (GA 266 c). Rudolf Stei-ner Verlag, Dornach 1998, S. 436.

11 Siehe Anmerkung 5, Eröffnungsvortrag vom 24. Dezember 1923, S. 35. 12 Steiner, R.: Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen

Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft (GA 260 a). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1987, S. 131 ff., Nachrichten-blatt, 3. Februar 1924.

13 Steiner, R.: Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung (GA 9). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1978, S. 176.

14 Steiner, R.: Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogi-scher Fragen (GA 192). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1991, S. 61 ff. Dritter Vortrag, Stuttgart, 1. Mai 1919.

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15 Siehe auch Smit, J.: Meditation und Christuserfahrung – Wege zur Verwandlung des eigenen Lebens. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2008.

16 Steiner, R.: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992, S. 75 ff.

17 Steiner, R.: Die Philosophie der Freiheit – Grundzüge einer moder-nen Weltanschauung (GA 4). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1995, S. 145 ff.

18 Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 113, Fortsetzung der Gründungsversamm-lung, Dornach, 27. Dezember 1923.

19 Siehe vorhergehende Anmerkung, S. 48 ff. Statutenvorschlag, Dornach, 24. Dezember 1923.

20 Ebd. S. 43.21 Ebd. S. 161.22 Siehe Manuskriptdruck der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft.

Goetheanum, Dornach 2002, S. 29, S. 37, S. 47.23 Ebd. S. 40, S. 28, S. 34, S. 64.24 Ebd. S. 62.25 Steiner, R.: Briefe an die Mitglieder 1924. Rudolf Steiner Verlag, Dor-

nach 1987. 26 Ebd., Vortrag vom 5. September 1924.27 Persönlich übergeben, gedruckte Quelle nicht bekannt.28 Steiner, R.: Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin (GA

319), Vortrag vom 28. August 1923. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1982.

29 Ebd., Vortrag vom 9. Januar 1924.30 Zeylmans van Emmichoven, J. E.: Wer war Ita Wegman. Band 2. Na-

tura Verlag, Arlesheim 2000, S. 216 – 217 und Glöckler, M.: Medizin an der Schwelle, Verlag am Goetheanum, Dornach 1993, S. 48 f.

31 Aus: Glöckler, M.: Zur Erneuerung des Mysterienwesens. In: Glöckler, M. (Hg.): Medizin an der Schwelle. Verlag am Goetheanum, Dornach 1992, S. 48 ff.

32 Selg, P.: Die Briefkorrespondenz der «jungen Mediziner». Eine doku-mentarische Studie zur Rezeption von Rudolf Steiners «Jungmediziner»-Kurs. Verlag am Goetheanum, Dornach 2005.

33 Steiner, R.: Ansprache an die Mediziner vom 18. September 1924. In: Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern. Pastoral-Medizinischer Kurs (GA 318). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 164 ff.

34 Steiner, R.: Es sprach Merkur-Raphael. In: Mantrische Sprüche (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 309.

35 Wiesberger, H.: Rudolf Steiners esoterische Lehrtätigkeit. Rudolf Steiner

238

Verlag, Dornach 1997, S. 23, S. 306 und Kiersch, J.: Zur Ent wicklung der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Die erste Klasse. Verlag am Goetheanum, Dornach 2005, S. 50 ff., S. 201 ff., S. 288 ff.

36 Steiner, R.: Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 – 1924, Briefe, Rundbriefe, Dokumente und Vorträge (GA 264). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1996, S. 421 ff. Ansprache, Berlin, 15. Dezember 1911.

37 von Plato, B. (Hg.): Anthroposophie im 20. Jahrhundert. Verlag am Goetheanum. Dornach 2003, S. 1009 ff. und Sease, V.: Rudolf Steiners Versuch einer Stiftung für theosophische Art und Kunst – 15. Dezember 1911. Verlag am Goetheanum, Dornach 2011.

38 Steiner, R.: Vier Mysteriendramen (GA 14). Rudolf Steiner Verlag, Dor-nach 1989.

39 Steiner, R.: Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft (GA 260 a). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1987, S. 25 ff. Briefe an die Mit-glieder.

40 Siehe auch Steiner, R.: Esoterische Betrachtungen karmischer Zusam-menhänge (GA 237). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1991, S. 120 ff., Vortrag vom 1. August 1924.

41 Steiner, R.: Geisteswissenschaft, Evangelium und Menschheitszukunft. In: Die Apokalypse des Johannes (GA 104). Rudolf Steiner Verlag, Dor-nach 2006.

42 Steiner, R.: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992, S. 75 ff.

43 Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 278, Vortrag und Abschiedsworte von Rudolf Steiner, Dornach, 1. Januar 1924.

44 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008. Sieben-ter Vortrag, Dornach, 8. Januar 1924, S. 103 ff.

45 Dargestellt am Beispiel der Krebserkrankung in Glöckler, M.: Gibt es eine Prävention der Krebserkrankung? Themenheft Onkologie. Der Merkurstab 4: S. 416 – 420, 2009.

46 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268).Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 304, Notizbuch, Januar 1924.

47 Siehe auch Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland, Me-dizinische Sektion am Goetheanum (Hg.): Vademecum Anthroposophi-sche Arzneimittel. Supplement Merkurstab, Filderstadt 32013.

48 Walter Holtzapfel, Leiter der Medizinischen Sektion von 1969 bis 1977, hat diesen Ansatz in seinem Buch: Auf dem Wege zum Hygienischen Okkultismus, Verlag am Goetheanum, Dornach 2008, weiter ausgear-beitet.

239

49 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 223, 1. Rundbrief für Ärzte, 11. März 1924. – Siehe auch Glöckler, M. (Hg.): Das Schulkind – gemeinsame Aufgaben von Arzt und Lehrer. Verlag am Goetheanum, Dornach 1998 und Glöckler, M.; Langhammer, S.; Wie-chert, C. (Hg.): Gesundheit durch Erziehung. Medizinische Sektion am Goetheanum, Dornach 2006.

50 Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 287, Dankesworte aus dem Mitgliederkreise und abschließende Worte Rudolf Steiners, Dornach, 1. Januar 1924.

51 Galater 2,20, zit. nach Luther.52 Besonders eindrucksvoll zeigen Steiners Einfluss auf die Kunst die Aus-

stellungen in Wolfsburg und Stuttgart 2010: Siehe Brüderlin, M.; Gross, U. (Hg.): Rudolf Steiner und die Kunst der Gegenwart. Ausstellungs-Katalog, Wolfsburg, Stuttgart 2010 und Kries, M.; von Vegesack, A. (Hg.): Rudolf Steiner – Die Alchemie des Alltags. Ausstellungs-Katalog, Wolfsburg, Stuttgart 2010.

53 Steiner, R.: Wege zu einem neuen Baustil (GA 286). Rudolf Steiner Ver-lag, Dornach 1982, S. 74, Zweiter Vortrag, Dornach, 17. Juni 1914.

54 Steiner, R.: Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis (GA 337 b). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 242, Zweiter Frage-abend, Dornach, 12. Oktober 1920.

55 Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 36, Eröffnungsvortrag, 24. Dezember 1923.

56 Ebd. S. 284, Vortrag und Abschiedsworte Rudolf Steiners. Dornach, 1. Januar 1924.

57 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 220, Fünfter Vortrag, 25. April 1924.

58 Siehe auch Furst, B.: The Heart and Circulation. An Integrative Model. Springer, London 2014.

59 Luzifer/Diabolos und Ahriman/Satanas sind die beiden dämonischen Gestalten, die Goethe unter dem Namen Mephisto in Faust 1 und 2 auf die Bühne brachte. Rudolf Steiner hat dies in seinen vier Mysteriendra-men getan.

60 Steiner, R.: Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus (GA 334). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1983, S. 242, Erster Vortrag, Basel, 4. Mai 1920.

61 Steiner, R.: Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis (GA 337 b). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 52, Dritter Diskus-sionsabend, Dornach, 9. August 1920.

62 Steiner, R.: Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen

240

Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft (GA 260 a). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1987, S. 123, Die Freie Hoch-schule für Geisteswissenschaft innerhalb der Konstitution der Anthro-posophischen Gesellschaft, Ihre Gliederung in Sektionen, Dornach, 30. Januar 1924.

63 Siehe Steiner, R.: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992.

64 Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 48 ff. Eröffnungsvortrag, Dornach, 24. De-zember 1923.

65 Ebd. S. 49, § 2 der AG-Statuten.66 Steiner, R.: Die Geheimwissenschaft im Umriss (GA 13). Rudolf Steiner

Verlag, Dornach 1989, S. 314/15.67 Ebd. S. 396.68 Steiner, R.: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10).

Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992, S. 215.69 Ebd. S. 214.70 Steiner, R.: Kosmische und menschliche Geschichte (GA 171). Rudolf

Steiner Verlag, Dornach 1984, S. 137.71 Steiner, R.: Die Geheimwissenschaft im Umriss (GA 13). Rudolf Steiner

Verlag, Dornach 1989, S. 406 f.72 Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen

Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 48 ff. Eröffnungsvortrag, Dornach, 24. De-zember 1923.

73 Klett, M.: Zur Aufgabe der Sektionen der Freien Hochschule für Geis-teswissenschaft am Goetheanum. Sektion für Landwirtschaft, Dornach 2014.

74 Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 80.

75 Ebd. S. 140 und S. 161. 76 Eine Auswahl aus dem Werk: Friedrich Glasl: Konfliktmanagement. Ein

Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. Haupt-Verlag, Bern 2009. Ders., Konfliktfähigkeit statt Streitlust oder Konfliktscheu, Verlag am Goetheanum, Dornach 2010. Ders., Das Unternehmen der Zukunft. Moralische Intuition in der Gestaltung von Organisationen. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1999. Ders., Konflikt, Krise, Ka-tharsis, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2008.

77 Steiner, R.: Die Philosophie der Freiheit (GA 4). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1995, S. 158.

78 Vgl. auch S. 50 f., wo bereits auf das Individualitätsprinzip Bezug ge-nommen wurde und von der Goetheanum-Leitung die Rede war.

241

79 Vgl. S. 49.80 Steiner, R.: Heilpädagogischer Kurs (GA 317). Rudolf Steiner Verlag,

Dornach 1995, S. 187.81 Siehe auf S. 60. 82 Vgl. Steiner, R.: Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammen-

hänge. Dritter Band. Die karmischen Zusammenhänge der anthropo-sophischen Bewegung (GA 237). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1991, Vortrag vom 8. Juli 1924.

83 Steiner, R.: Die Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923/1924 (GA 260). 26. 12. 1923. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994.

84 Steiner, R.: Geisteswissenschaft und Medizin (GA 312). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999. Ders.: Geisteswissenschaftliche Gesichtspunkte zur Therapie (GA 313). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2011. Ders.: Physiologisch-Therapeutisches auf Grundlage der Geisteswissenschaft (GA 314). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1989. Ders.: Meditative Be-trachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008.

85 Steiner, R.: Wahrspruchworte (GA 40). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1981, S. 116.

86 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008.

87 Ebd. 88 Ebd. S. 69 – 70.89 Ebd. S. 128 – 129.90 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Ru-

dolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 296 ff. An Helene von Grunelius für die Ärzte, Herbst 1923.

91 Ebd. S. 27.92 Ebd.93 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung

der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 70 f., Vierter Vortrag, 5. Januar 1924. Siehe den Text des Mantrams auch in GA 268.

94 Neumann, M.; Edelhäuser, F., Tauschel, D. et al.: Empathy Decline and Its Reasons: A Systematic Review of Studies With Medical Students and Residents. Academic Medicine 86: p. 996 – 1009, 2011.

95 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertie-fung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 70.

96 Ebd. S. 138, Achter Vortrag, Dornach, 9. Januar 1924.97 Ebd. S. 129.98 Ebd. S. 133.99 Ebd. S. 223, 1. Rundbrief für Ärzte, 11. März 1924.

242

100 Ebd. S. 223.101 Ebd. S. 172.102 Ebd.103 Ebd. S. 173.104 Ebd. S. 200 ff., Vierter Vortrag, Dornach, 24. April 1924.105 Ebd. S. 173.106 Ebd. S. 200.107 Ebd. S. 213 f.108 Ebd. S. 213.109 Ebd. S. 214.110 Steiner, R.: Faksimile in de la Houssaye, E.; Heine, R.: Beiträge zur

Entwicklung der Anthroposophischen Pflege; Persephone, Dornach 2005.

111 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 115.

112 Ebd.113 Ebd. S. 195114 Ebd. S. 196.115 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung

der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 200, Vierter Vortrag, Dornach, 24. April 1924.

116 Reiner, J. (Hg.): In der Nacht sind wir zwei Menschen. Arbeitsein-blicke in die anthroposophische Psychotherapie. Verlag Freies Geistes-leben, Stuttgart 2012.

117 Ebd., Johannes Reiner im Vorwort.118 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268).

Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 306.119 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung

der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 138.120 Steiner, R.: Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern. Pas-

toral-Medizinischer Kurs (GA 318). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 163.

121 Steiner, R.: Seelenübungen mit Wort- und Sinnbild-Meditationen (GA 267). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2001, S. 213.

122 Steiner, R.: Heilpädagogischer Kurs (GA 317). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1995.

123 Steiner, R.: Eurythmie als sichtbare Sprache (GA 279). 14. Vortrag vom 11. Juli 1924. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1990.

124 Ebd. S. 238.125 Steiner, R.: Eurythmie als sichtbarer Gesang (GA 278). Rudolf Steiner

Verlag, Dornach 2001, S. 83.126 Steiner, R.: Mysterienstätten des Mittelalters. Rosenkreuzertum und

modernes Einweihungsprinzip (GA 233 a). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1991, S. 71.

243

127 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 133.

128 Ebd., Weihnachtskurs, 8. Vortrag vom 9. Januar 1924.129 Ebd., Osterkurs, 2. Vortrag vom 22. April 1924.130 Ebd., 3. Vortrag vom 23. April 1924.131 Ebd.132 Ebd., siehe vollständiges Mantram auf S. 173.133 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268).

Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 268 ff.134 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung

der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 138, Achter Vortrag, Dornach, 9. Januar 1924.

135 Steiner, R.: Methodik und Wesen der Sprachgestaltung. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1983, S. 21.

136 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 34, Entwurf, Notizbuch 1908.

137 Schiller, F.: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen, 1793 bis 1794.

138 Pütz, R. M.: Farbmeditation – Untersuchung von potenzierten Verfah-ren meditativer Malabläufe mit Pflanzenfarben als Basiserarbeitung für maltherapeutische Maßnahmen. Bertelsmann Verlag, Bielefeld 1991.

139 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 138.

140 Steiner, R.: Eurythmie als sichtbarer Gesang (GA 278). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2001, S. 49, Dritter Vortrag, Dornach, 21. Februar 1924.

141 Steiner, R.: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992, S. 43 ff.

142 Ebd. S. 60 ff.143 Wer da einwenden wollte, dass bei einer genaueren mikroskopischen

Untersuchung sich ja doch die Nachahmung von dem wirklichen Sa-menkorn unterscheide, der zeigte nur, dass er nicht erfasst hat, worauf es ankommt. Es handelt sich nicht darum, was man genau wirklich in sinnenfälliger Weise vor sich hat, sondern darum, dass man daran seelisch-geistige Kräfte entwickele.

144 Aus: Steiner, R.; Maryon, E.: Briefwechsel – Briefe – Sprüche – Skizzen 1912 – 1924 (GA 263/1). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1990.

145 Steiner, R.: Wahrspruchworte (GA 40). Rudolf Steiner Nachlassver-waltung, Dornach 1981, S. 140. Für die eurythmische Kunst gegeben, Stuttgart, Weihnachten 1919.

146 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 296 ff. An Helene von Gru-nelius für die Ärzte, Herbst 1923.

244

147 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 138, 8. Vortrag, 9. Januar 1924.

148 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 97.

149 Steiner, R.: Eurythmie als sichtbare Sprache (GA 279), S. 238, 14. Vor-trag, Dornach, 11. Juli 1924.

150 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 195.

151 Ebd.152 Ebd. S. 179.153 R. Steiner: Wahrspruchworte (GA 40), Rudolf Steiner Nachlassver-

waltung, Dornach 1981, S. 116 f., Vortrag vom 24. September 1919, für Helene Röchlin.

154 Steiner, R.: Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern. Pas-toral-Medizinischer Kurs (GA 318). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 163.

155 Steiner, R.: Wahrspruchworte (GA 40). Rudolf Steiner Verlag, Dor-nach 1981, S. 116 f.

156 Steiner, R.: Geisteswissenschaft und soziale Frage. In: Lucifer – Gnosis (GA 34). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1987.

157 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 309.

158 Steiner, R.: Mysteriengestaltungen (GA 232). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1987.

159 Steiner, R.: Das Osterfest als ein Stück Mysteriengeschichte der Menschheit (GA 233 a). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1991.

160 Steiner, R.: Landwirtschaftlicher Kurs (GA 327). Rudolf Steiner Ver-lag, Dornach 1999.

161 Steiner, R.: Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern. Pasto-ral-Medizinischer Kurs (GA 318). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994.

162 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 296.

163 Ebd. S. 299.164 Ebd. S. 303.165 Steiner, R.: Mysterienstätten des Mittelalters. Rosenkreuzertum und

modernes Einweihungsprinzip (GA 233 a). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1991, S. 71.

166 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 303.

167 Vgl. auch Steiner, R.: Die Geheimwissenschaft im Umriss (GA 13). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1989.

168 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008.

245

169 Ebd. S. 177.170 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268).

Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 305.171 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertie -

fung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 208 ff.

172 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 306.

173 Steiner, R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst (GA 316). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2008, S. 217.

174 Steiner, R.: Mantrische Sprüche. Seelenübungen Band II (GA 268). Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, S. 317.

175 Ebd. S. 304.176 Steiner, R.: Heilpädagogischer Kurs (GA 317). Rudolf Steiner Verlag,

Dornach 1995, S. 154.177 Ebd. S. 153.

246

biLdnachweis

Mit freundlicher Genehmigung der Rudolf Steiner Nachlassver-waltung Abb. Seite 30 (Skizze zur Hochschule) und Seite 148 (Wandtafelzeichnung Punkt-Umkreis-Meditation),

des Verlags am Goethe anum Abb. Seite 46 (Menschheitsrepräsen-tant)

und des Ita Wegman Archivs Abb. Seite 222 (Foto Ita Wegman).

Die Bildrechte der übrigen Abbildungen liegen bei der Medizini-schen Sektion am Goetheanum.