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28.11.2012 1 Haupt- und Realschulabsolventen in die gymnasiale Oberstufe integrieren: Perspektiven aus Forschung und Praxis Dr. Grit im Brahm (Juniorprofessorin für Empirische Bildungsforschung & Unterrichtsentwicklung an der Ruhr-Universität Bochum)

G. im Brahm: Haupt- und Realschulabsolventen in die gymnasiale Oberstufe integrieren

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Vortrag von Jun.-Prof. Dr. Grit im Brahm auf der Expertenkonferenz „Bildungsübergänge gestalten“ am 15.11.12 in Bochum. Die Konferenz „Bildungsübergänge gestalten“ ist ein Projekt der Stiftung Mercator in Kooperation mit der Ruhr Universität Bochum. http://www.stiftung-mercator.de/themencluster/integration/expertenkonferenz-bildungsuebergaenge.html

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Haupt- und Realschulabsolventen in die gymnasiale Oberstufe integrieren: Perspektiven aus Forschung und Praxis Dr. Grit im Brahm (Juniorprofessorin für Empirische Bildungsforschung &

Unterrichtsentwicklung an der Ruhr-Universität Bochum)

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Agenda

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I. Blick auf das System: zum Erwerb der Allgemeinen

Hochschulreife und der Öffnung von Bildungswegen

II. Blick auf das Individuum: Bildungsentscheidungen

zum Übergang in die gymnasiale Oberstufe

III. Blick auf die Region und die Einzelschule:

• Zur quantitativen Bedeutung von „Aufsteigern“ für

die Einzelschule

• Ausgestaltung des Übergangs in die gymnasiale

Oberstufe

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I. Das Abitur als Ziel der gymnasialen Oberstufe wird attraktiver!

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• Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die in Deutschland die

Allgemeine Hochschulreife erwerben wächst stetig.

Sekretariat der Ständigen Kultusministerkonferenz: Schüler, Klassen, Lehrer und Absolventen der Schulen 2001 bis 2010. Bonn 2011, S. XVIII

• Dieser Trend ist trotz starker länderspezifischer Unterschiede stabil.

2000 2005 2010 % an der gleichaltrigen

Wohnbevölkerung

27,5% 28,8% 34,2%

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I. An welchen Schulformen wird die Allgemeine Hochschulreife erworben? Schuljahr 2010/11

78%

11%

6% 2% 3%

Gymnasium allgemein

Gymnasium beruflich

Integrierte Gesamtschulen

Berufsoberschulen

Sonstige

Absolventen mit Allgemeiner Hochschulreife nach Schulform 2010, eigene Berechnung nach: Sekretariat der Ständigen Kultusministerkonferenz: Schüler, Klassen, Lehrer und Absolventen der Schulen 2001 bis 2010. Bonn 2011, S. XVIII

Das allgemeinbildende Gymnasium ist der Königsweg!

Aber die quantitative Bedeutung von Fachgymnasien und Gesamtschulen nimmt zu.

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I. Strukturell vorgeformte Wege zum Abitur in ausgewählten Ländern der BRD

Mehrfach gegliederte Systeme:

A) Der Weg über das allgemeinbildende System (NRW):

Q2

G

esam

tsch

ule

Berufliches Gymnasium

Q1/Q2

Gym

nas

ium

EF/Q1

Jg. 10 / EF

Rea

lsch

ule

Klasse 9

Hau

pt-

/Mit

tels

chu

le

Klasse 8

Klasse 7

Klasse 6

Klasse 5

Klasse 4

Grundschule Klasse 3

Klasse 2

Klasse 1

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I. Strukturell vorgeformte Wege zum Abitur in ausgewählten Ländern der BRD

Mehrfach gegliederte Systeme:

A) Der Weg über die Beruflichen Gymnasien (BW):

Q2

G

esam

tsch

ule

Berufliches Gymnasium

Q1/Q2

Gym

nas

ium

EF/Q1

Jg. 10 / EF

Re

alsc

hu

le

Klasse 9

Hau

pt-

/Mit

tels

chu

le

Klasse 8

Klasse 7

Klasse 6

Klasse 5

Klasse 4

Grundschule Klasse 3

Klasse 2

Klasse 1

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I. Strukturell vorgeformte Wege zum Abitur in ausgewählten Ländern der BRD

Mehrfach gegliederte Systeme:

A) Der Weg über Übergangssysteme im allgemeinbildenden System

(BY):

Q2

Berufs-oberschulen

Q1/Q2

Gym

nas

ium

EF/Q1

Jg. 10 / EF

Rea

lsch

ule

Klasse 9

Hau

pt-

/Mit

tels

chu

le

Klasse 8

Klasse 7

Klasse 6

Klasse 5

Klasse 4

Klasse 3

Klasse 2

Klasse 1

Einführungs-

klassen

Voraussetzung für die Aufnahme in

eine Einführungsklasse ist ein

padagogisches Gutachten der

abgebenden Schule,

in dem die Eignung für den

Bildungsweg des Gymnasiums

uneingeschrankt bestatigt wird.

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I. Strukturell vorgeformte Wege zum Abitur: vollständige Öffnung zum Abitur im 2-Säulen-Modell

2-Säulen-Systeme:

D) Länder, die ausschließlich Schulformen mit Abituroption anbieten

Hamburg:

Stadtteilschule + Gymnasium

Bremen:

Oberschule + Gymnasium

Jg. 13

Stad

ttei

lsch

ule

(H

H)

O

ber

sch

ule

(H

B)

Jg. 12

Gym

nas

ium

Jg. 11

Jg. 10

Klasse 9

Klasse 8

Klasse 7

Klasse 6

Klasse 5

Klasse 4

Grundschule Klasse 3

Klasse 2

Klasse 1

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I. Woher kommen die Schüler, die in gymnasiale Oberstufen überwechseln? Schuljahr 2011/12

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Ein

führu

ngsphase d

er g

ym

nasia

len O

bers

tufe

G

ym

nasiu

m

Gesam

tschule

0,2% Hauptschule

0,5% Schulen mehreren Bildungsgängen

0,9% Integrierte Gesamtschule

93,4 % Gymnasium

4,4% Realschule

1,7% Schulen mehreren Bildungsgängen

4,5% Gymnasium

71,2% Integrierte Gesamtschulen

17,7% Realschule

2,8% Hauptschule

Schulischer Herkunft in der 11. Jg.-Stufe der gymnasialen Oberstufe BRD, eigene Berechnung nach Destatis: Fachserie 11, Reihe 1, 20011/12

G9: 10,6% „Umsteiger“

G8: 5,7% „Umsteiger“

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I. Die Öffnung der Bildungswege zum Abitur trägt zum Abbau sozialer Selektivität bei.

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• Revision der Grundschulempfehlung bzw.

der Schulformwahl im Anschluss

an die Grundschule

• Maaz (2010) belegt, dass von der Öffnung

der Wege zum Abitur (z.B. über Gesamtschulen und berufliche

Gymnasien) vor allem solche Schüler profitieren, die aus sozial

schwächeren Elternhäusern kommen.

• Sie weisen allerdings auch – in Abhängigkeit des vorangegangenen

Bildungswegs – schwächere kognitive Grundfähigkeiten auf.

Standardsicherung – Zentralabitur!

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II: Motive für den Wechsel in gymnasiale Oberstufen

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• Übergang in die gymnasiale Oberstufe wird betrachtet

als Ergebnis individueller Bildungsentscheidungen, die

im institutionellen Kontext des Bildungssystems

getroffen werden.

• Haupt- und Realschüler kalkulieren auf der Folie der systemischen

Möglichkeiten die angenommenen Kosten und den erhofften Nutzen

eines Übergangs in die gymnasiale Oberstufe (Boudon)

Warum?

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II. Auf welchen Nutzen hoffen SuS in gymnasialen Oberstufen?

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• Zentrales Übergangsmotiv in die gymnasiale Oberstufe ist die

Erwartung an eine optionsreiche berufliche Zukunftsgestaltung

(Bildungsaspiration)

• Plan A-Motive: (Befragung des HIS 2005)

„einen Schulabschluss zu erwerben, der alle Möglichkeiten offen lässt“ (ca. 75% der

Befragten)

„unerlässliche Voraussetzung für ein Studium“ (50%)

„günstige / sichere Arbeitsmarktchancen “ (50%)

• Plan-B-Motiv: Abitur als Alternative zum Ausbildungsplatz

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II. Bildungsumsteiger sind bereit, höhere „Kosten“ für den Übergang in die gymnasiale Oberstufe zu zahlen.

Wie leistungsmotiviert wechseln Bildungsumsteiger in die

gymnasiale Oberstufe? (Risiko-Wahl-Modell nach Atkinson)

Ergebnisse einer explorativen Befragung von SuS in der Einführungsphase

an Gesamtschulen und Gymnasien (N=517) zeigen statistisch bedeutsame

Unterschiede bezogen auf die motivationalen Zielorientierungen zwischen

grundständigen SuS und Bildungsaufsteigern.

Bildungsumsteiger (M=2,6) verfolgen Annäherungs-Leistungsziele signifikant stärker als grundständige

Oberstufenschüler (M=2,3), t (469.52) = 3.64, p=.001

„In der Schule geht es darum, mich nicht zu blamieren.“

Bildungsumsteiger (M=2,8) verfolgen Arbeitsvermeidungsziele signifikant weniger als grundständige

Oberstufenschüler (M=3,1), t (509.42) = -4.03, p=.001

„In der Schule geht es darum, nicht so schwer zu arbeiten.“

Bildungsumsteiger (M=1,68) verfolgen Lernziele signifikant weniger als grundständige

Oberstufenschüler (M=1,90), t (505.77) = 3.82, p=.001

„In der Schule geht es darum, dass das Gelernte mich einen Sinn gibt.“

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III. Ungleiche regionale Verteilung bei der Aufnahme von „Aufsteigern“, hier Beispiel Hauptschulaufsteiger

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Regionalverband Ruhr (Hrsg.): Bildungsbericht Ruhr 2012, S. 109

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III. Gestaltungsauftrag der Einzelschule bezogen auf die Integration von Bildungsumsteigern in die gymnasiale Oberstufe

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Mögliche Gestaltungsbereiche:

• Aufnahmekriterien

• Diagnostische Verfahren

• Kursbildung

• zusätzliche Förderangebote (z.B. Vertiefungskurse)

• Gestaltung des Anfangs („Teambuilding“)

• Gestaltung des Unterrichts