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Gabriele Bobka Bodenseeforum 2017 Die Rahmenbedingungen der Immobilienbewertung Ȩndern sich hȨufig. Fachliche Weiterbildung zȨhlt daher zu den Pflichtaufgaben von SachverstȨndigen. Das diesjȨhrige Bodenseeforum des Instituts fɒr SachverstȨndigenwesen (IfS) brachte die Teilnehmer auf den neuesten Stand des SachverstȨndigenrechts, gab Handlungsempfehlungen fɒr die Bewertung unterschiedlicher Immobilienarten, befasste sich mit den Besonderheiten bei steuerlichen Bewertungen und beleuchtete die Problematik negativer Liegen- schaftszinssȨtze. „Die Regierungskoalition hatte sich im Koalitionsvertrag fɒr die 18. Legis- laturperiode die GewȨhrleistung der NeutralitȨt gerichtlich beigezogener SachverstȨndiger sowie die Verbes- serung der QualitȨt von Gutachten zum Ziel gesetzt. Durch grçßere Transparenz im gerichtlichen Aus- wahlverfahren sollten das Vertrauen in die UnabhȨngigkeit und Neutrali- tȨt der SachverstȨndigen erhçht und sichergestellt werden, dass die Ge- richte qualifizierte SachverstȨndige ernennen“, erlȨuterte Bernhard Flo- ter, GeschȨftsfɒhrer des Instituts fɒr SachverstȨndigenwesen. Weiterhin sollte die Verfahrensdauer durch Fris- tenvorgaben und regelmȨßige Ver- hȨngung eines Ordnungsgeldes bei Fristenɒberschreitung verkɒrzt wer- den. Mit dem Mitte Oktober 2016 in Kraft getretenen Gesetz zur Ɛnde- rung des SachverstȨndigenrechts und zur weiteren Ɛnderung des Gesetzes ɒber das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der frei- willigen Gerichtsbarkeit sei ein Teil der Ziele umgesetzt worden. Den Parteien stɒnde nunmehr die Mçg- lichkeit der Anhçrung vor der Be- auftragung des SachverstȨndigen zu. Der SachverstȨndige mɒsse unver- zɒglich Interessenkonflikte und Ver- zçgerungen prɒfen und mitteilen. Die Fristsetzung zur Erstattung von SachverstȨndigengutachten sei nun obligatorisch. Der SachverstȨndige mɒsse das Gericht unverzɒglich be- nachrichtigen und um einen lȨngeren Bearbeitungszeitraum ersuchen. Hal- te er die festgesetzte Frist nicht ein, kçnnten Ordnungsgelder bis zu 3.000 E festgesetzt werden. Die No- vellierung des Justizvergɒtungs- und EntschȨdigungsgesetzes (JVEG) stehe in den Startlçchern. Im MȨrz 2017 habe das Bundesministerium der Jus- tiz und fɒr Verbraucherschutz den VerbȨnden und Organisationen mit- geteilt, dass beabsichtigt sei, die auf dem freien Markt gezahlten Honorar- sȨtze fɒr SachverstȨndige im Wege einer Marktanalyse durch ein unab- hȨngiges Forschungsinstitut empi- risch untersuchen zu lassen. Ziel sei es, die Marktbezogenheit der Hono- rare nach dem JVEG auch kɒnftig gewȨhrleisten zu kçnnen. „Erfah- rungsgemȨß dauert ein solcher An- passungsprozess. Ich gehe daher da- von aus, dass die Novellierung erst 2020 erfolgen wird“, so Floters Prog- nose. Immobilienbewertung 4.0 „Trotz aller Digitalisierung und Auto- matisierung wird es in der Grund- stɒcksbewertung zahlreiche Bereiche geben, in denen der Sachverstand des SachverstȨndigen weiter unab- dingbar ist“, stellte Brigitte Adam, GeschȨftsfɒhrende Gesellschafterin der SachverstȨndigengesellschaft ENA Experts Real Estate Valuation und Leiterin der gif-Kompetenzgruppe Marktwertermittlung, fest. Die Digi- talisierung trete vor allem in Form von Automatisierung, Big und Smart Data, Internet of Things, Deep Lear- ning und der Nutzung von Clouds als Daten- und SpeicherrȨume zuta- ge. Als bereits realisierte Tools der Digitalisierung stellte Adam das Buil- ding Information Modeling (BIM) und Smart Home vor. Es zeichne sich zudem ein Trend zur Smart City ab. Auch in der Immobilienbranche gebe es zahlreiche Start-Ups, die Dienst- leistung und Digitalisierung verein- ten. In der Pipeline befȨnden sich Projekte wie die automatisierte Ge- nerierung von Smart Data aus Da- tenbanken. Als Beispiele nannte Adam BIIS Research 4.0 und vdp Research. Auf dem Vormarsch sei zudem das Georeferencing, mit dem sich z.B. Bodenrichtwerte und Grundbuchauszɒge digital abfragen und in die Gutachten einspielen lie- ßen. Die wirtschaftlichen Ziele des .................................................................................................... WERTERMITTLUNG 10 6/2017 Der Immobilienbewerter

Gabriele Bobka Bodenseeforum 2017 - Reguvis · 2018. 1. 4. · Betreten von Grundstcken, Wohnungen, anderen Objek-ten und der Einsatz von Foto-, Videokameras, Videodrohnen „Der

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Gabriele Bobka

Bodenseeforum 2017Die Rahmenbedingungen der Immobilienbewertung �ndern sich h�ufig. Fachliche Weiterbildung z�hltdaher zu den Pflichtaufgaben von Sachverst�ndigen. Das diesj�hrige Bodenseeforum des Instituts f�rSachverst�ndigenwesen (IfS) brachte die Teilnehmer auf den neuesten Stand des Sachverst�ndigenrechts,gab Handlungsempfehlungen f�r die Bewertung unterschiedlicher Immobilienarten, befasste sich mitden Besonderheiten bei steuerlichen Bewertungen und beleuchtete die Problematik negativer Liegen-schaftszinss�tze.

„Die Regierungskoalition hatte sichim Koalitionsvertrag f�r die 18. Legis-laturperiode die Gew�hrleistung derNeutralit�t gerichtlich beigezogenerSachverst�ndiger sowie die Verbes-serung der Qualit�t von Gutachtenzum Ziel gesetzt. Durch grçßereTransparenz im gerichtlichen Aus-wahlverfahren sollten das Vertrauenin die Unabh�ngigkeit und Neutrali-t�t der Sachverst�ndigen erhçht undsichergestellt werden, dass die Ge-richte qualifizierte Sachverst�ndigeernennen“, erl�uterte Bernhard Flo-ter, Gesch�ftsf�hrer des Instituts f�rSachverst�ndigenwesen. Weiterhinsollte die Verfahrensdauer durch Fris-tenvorgaben und regelm�ßige Ver-h�ngung eines Ordnungsgeldes beiFristen�berschreitung verk�rzt wer-den. Mit dem Mitte Oktober 2016 inKraft getretenen Gesetz zur �nde-rung des Sachverst�ndigenrechts undzur weiteren �nderung des Gesetzes�ber das Verfahren in Familiensachenund in den Angelegenheiten der frei-willigen Gerichtsbarkeit sei ein Teil

der Ziele umgesetzt worden. DenParteien st�nde nunmehr die Mçg-lichkeit der Anhçrung vor der Be-auftragung des Sachverst�ndigen zu.Der Sachverst�ndige m�sse unver-z�glich Interessenkonflikte und Ver-zçgerungen pr�fen und mitteilen.Die Fristsetzung zur Erstattung vonSachverst�ndigengutachten sei nunobligatorisch. Der Sachverst�ndigem�sse das Gericht unverz�glich be-nachrichtigen und um einen l�ngerenBearbeitungszeitraum ersuchen. Hal-te er die festgesetzte Frist nicht ein,kçnnten Ordnungsgelder bis zu3.000 E festgesetzt werden. Die No-vellierung des Justizverg�tungs- undEntsch�digungsgesetzes (JVEG) stehein den Startlçchern. Im M�rz 2017habe das Bundesministerium der Jus-tiz und f�r Verbraucherschutz denVerb�nden und Organisationen mit-geteilt, dass beabsichtigt sei, die aufdem freien Markt gezahlten Honorar-s�tze f�r Sachverst�ndige im Wegeeiner Marktanalyse durch ein unab-h�ngiges Forschungsinstitut empi-

risch untersuchen zu lassen. Ziel seies, die Marktbezogenheit der Hono-rare nach dem JVEG auch k�nftiggew�hrleisten zu kçnnen. „Erfah-rungsgem�ß dauert ein solcher An-passungsprozess. Ich gehe daher da-von aus, dass die Novellierung erst2020 erfolgen wird“, so Floters Prog-nose.

Immobilienbewertung 4.0

„Trotz aller Digitalisierung und Auto-matisierung wird es in der Grund-st�cksbewertung zahlreiche Bereichegeben, in denen der Sachverstanddes Sachverst�ndigen weiter unab-dingbar ist“, stellte Brigitte Adam,Gesch�ftsf�hrende Gesellschafterinder Sachverst�ndigengesellschaft ENAExperts Real Estate Valuation undLeiterin der gif-KompetenzgruppeMarktwertermittlung, fest. Die Digi-talisierung trete vor allem in Formvon Automatisierung, Big und SmartData, Internet of Things, Deep Lear-ning und der Nutzung von Cloudsals Daten- und Speicherr�ume zuta-ge. Als bereits realisierte Tools derDigitalisierung stellte Adam das Buil-ding Information Modeling (BIM)und Smart Home vor. Es zeichne sichzudem ein Trend zur Smart City ab.Auch in der Immobilienbranche gebees zahlreiche Start-Ups, die Dienst-leistung und Digitalisierung verein-ten. In der Pipeline bef�nden sichProjekte wie die automatisierte Ge-nerierung von Smart Data aus Da-tenbanken. Als Beispiele nannteAdam BIIS Research 4.0 und vdpResearch. Auf dem Vormarsch seizudem das Georeferencing, mitdem sich z.B. Bodenrichtwerte undGrundbuchausz�ge digital abfragenund in die Gutachten einspielen lie-ßen. Die wirtschaftlichen Ziele des

....................................................................................................WERTERMITTLUNG

10 6/2017 • Der Immobilienbewerter

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Einsatzes von Digitalisierung umfass-ten die Steigerung der Prozessquali-t�t, die Erhçhung der Datenqualit�tund die Verbesserung des Wissens-managements. Aktuell arbeite dieKompetenzgruppe Marktwertermitt-lung der Gesellschaft f�r immobili-enwirtschaftliche Forschung (gif) anBest-Practice-Standards f�r Markt-wertgutachten. Die entstehendenEmpfehlungen sollten bestehende be-rufsrechtliche Regelungen erg�nzenund die besonderen Kernkompeten-zen der Gutachter aufzeigen. Diesesehe die Gruppe in der Marktkom-petenz, dem Marktverst�ndnis, demMarktgesp�r, der Methodenkom-petenz, der Fachkompetenz und derSozialkompetenz. Die Empfehlungenrichteten sich an qualifizierte Gut-achter, deren Auftraggeber, Behçr-den, Institutionen und interessierteDritte.

Betreten von Grundst�cken,Wohnungen, anderen Objek-ten und der Einsatz von Foto-,Videokameras, Videodrohnen

„Der Betrieb von Drohnen wurde mitder am 7.4.2017 in Kraft getretenenDrohnenverordnung neu geregelt“,f�hrte Rechtanwalt Uwe Aderholdvon der Berliner Kanzlei Aderhold &Hach Rechtsanw�lte, aus. Die Verord-nung solle die Sicherheit im Luftraumerhçhen und die Privatsph�re bessersch�tzen. Der Einsatz von Drohnenkçnne mit Grundrechten, wie der Un-verletzlichkeit der Wohnung oderdem Persçnlichkeitsrecht, kollidieren.So begehe jemand gem. § 123 StGBHausfriedensbruch, wenn er „in dieWohnung, in die Gesch�ftsr�umeoder in das befriedete Besitztum ei-nes anderen“ widerrechtlich eindrin-ge. Ein �ußerlich erkennbarer Hinweisauf die Befriedung des Besitztumsstellten zusammenh�ngende Schutz-wehren, wie Mauern, Hecken, Dr�hteund Z�une, dar. Es sei nicht erforder-lich, dass eine vollst�ndige Abschlie-ßung oder wesentliche Erschwerungdes Zugangs vorliege. Eine weitereStraftat liege gem. § 201a StGB beieiner Verletzung des hçchstpersçnli-chen Lebensbereichs durch Bildauf-nahmen vor. Das Fotografieren einesGeb�udes von der Straße aus sei da-gegen im Rahmen der Panorama-

freiheit zul�ssig. „Videodrohnen sindheute auch f�r wenig Geld verf�gbarund werden technisch immer bes-ser“, so Aderhold. Allerdings handlees sich hierbei nicht um ungef�hr-liches Spielzeug, sondern um unbe-mannte Flugkçrper, die zu Verletzun-gen und Sch�den f�hren oder auchzu Straftaten genutzt werden kçnn-ten. Der Einsatz von Videodrohnensei rechtlich vielschichtig und ber�hredie unterschiedlichsten Rechtsgebiete.Videodrohnen d�rften nur innerhalbder Sichtweite der steuernden Personbetrieben werden. Spezielle Flugver-botszonen g�lten f�r Kontrollzonenvon Flugpl�tzen, Industrieanlagen,Menschenansammlungen, Ungl�cks-orte oder Katastrophengebiete. DieFlughçhenbegrenzung f�r genehmi-gungsfreie Fl�ge von unbemanntenFlugmodellen liege gem. § 21 Droh-nenverordnung bei 100 m. Zu-dem gelte es, landesspezifische Son-derregelungen zu beachten. DieDrohnenverordnung sehe f�r alleFlugmodelle und unbemannten Luft-fahrtsysteme ab einer Startmasse vonmehr als 0,25 kg eine Kennzeich-nungspflicht vor, um im Schadensfallschnell den Halter feststellen zu kçn-nen. Die Kennzeichnung erfolge mit-tels Plakette mit Namen und Adressedes Eigent�mers. F�r den Betriebvon Flugmodellen und unbemanntenLuftfahrtsystemen ab 2 kg sei einKenntnisnachweis erforderlich. DerNachweis erfolge entweder durch ei-ne g�ltige Pilotenlizenz oder eine Be-scheinigung nach Pr�fung durch einevom Luftfahrt-Bundesamt anerkannteStelle. F�r den Betrieb von Flugmo-dellen und unbemannten Luftfahrts-ystemen unterhalb einer Gesamtmas-se von 5 kg sei grunds�tzlich keineErlaubnis erforderlich. Der Betriebdurch Behçrden sei generell erlaub-nisfrei, wenn dieser zur Erf�llung ih-rer Aufgaben stattfinde, ebenso derBetrieb durch Organisationen mit Si-cherheitsaufgaben. F�r den Betriebvon Flugmodellen und unbemanntenLuftfahrtsystemen �ber 5 kg und f�rden Betrieb bei Nacht sei eine Erlaub-nis erforderlich. Diese werde von denLandesluftfahrtbehçrden erteilt. EinBetriebsverbot gelte f�r unbemannteLuftfahrtsysteme �ber Wohngrund-st�cken, wenn die Startmasse desGer�ts mehr als 0,25 kg betrage oderdas Ger�t oder seine Ausr�stung in

der Lage seien, optische, akustischeoder Funksignale zu empfangen, zu�bertragen oder aufzuzeichnen. Aus-nahmen g�lten nur in F�llen, in de-nen der durch den Betrieb �ber demjeweiligen Wohngrundst�ck in seinenRechten Betroffene dem �berflugausdr�cklich zustimme, Luftaufnah-men von Objekten in bewohntemGebiet seien mçglich, allerdingsbençtige der Pilot hierzu eine all-gemeine oder eine Einzel-Aufstiegs-genehmigung. Aufnahmen von Vi-deodrohnen g�ben nicht die Ansichtvon çffentlichen Wegen, Straßenoder Pl�tzen ausgehend wieder undseien daher nicht von der Panorama-freiheit gedeckt.

....................................................................................................WERTERMITTLUNG

Der Immobilienbewerter • 6/2017 11

Den kompletten Artikel finden

Sie in der Ausgabe 6/2017 des

Immobilienbewerters.