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FutterJournal 10 30 Kräuter B ei der vielseitigen Ver- wendung des Fenchels oder “finocchio” sind bis heute die Italiener die wahren Meister geblieben: Vor allem in der Toskana wird das Gewürz in raf- finierter Kombination mit ande- ren aromatischen Kräutern zum Füllen von Spanferkeln und Kaninchen, oder als Zutat zu einer ihrer schmackhaftesten Salamis, der „Finocchiona“ ver- wendet. Schon die alten Römer benutzten die Samen der im Mit- telmeerraum beheimateten Stau- de zu fast allen Gerichten: vom Essig bis zum Brot und von ein- gemachten Oliven bis hin zu Fleischbrühen und Wildbret. Vie- le Menschen kennen das typische Fenchel-Aroma auch aus Ver- dauungsschnäpsen wie zum Bei- spiel den französischen Pernot. Älteste Nachrichten über die Ver- wendung des Fenchels stammen aus dem Zweistromland aus der Zeit um 3000 vor Christus. Die großen Ärzte der Antike Hippo- krates und Dioskurides benutz- ten die Pflanze unter anderem als Mittel zur Förderung der Mut- termilch. Viele ihrer Zeitgenos- sen hielten sie außerdem für ein Aphrodisiakum. Den Römern ist es wohl zu verdanken, dass die bis zu zwei Meter hohe Staude auch nördlich der Alpen bekannt wurde. Sie nannten sie „Foeni- culum“, wahrscheinlich weil ihr getrocknetes Kraut wie Heu (lateinisch: foenum) aussieht und brachten das im Juli / August gelb blühende Doldengewächs mit den fein gefiederten, Dill-ähnli- chen Blättern um die Zeiten- wende mit nach Mitteleuropa. Botaniker gliedern die Art „Foe- niculum vulgare“ heute in drei Gartenfenchel - Foeniculum vulgare

Gartenfenchel - Foeniculum vulgare B€¦ · Gartenfenchel - Foeniculum vulgare. Kräuter Varietäten: Wild- oder Bitterfen-chel, Süßer-, Römischer- oder Gewürzfenchel und Gemüse-oder

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FutterJournal 10 30

Kräuter

Bei der vielseitigen Ver-wendung des Fenchelsoder “finocchio” sindbis heute die Italienerdie wahren Meister

geblieben: Vor allem in derToskana wird das Gewürz in raf-finierter Kombination mit ande-ren aromatischen Kräutern zumFüllen von Spanferkeln undKaninchen, oder als Zutat zueiner ihrer schmackhaftestenSalamis, der „Finocchiona“ ver-wendet. Schon die alten Römerbenutzten die Samen der im Mit-telmeerraum beheimateten Stau-de zu fast allen Gerichten: vomEssig bis zum Brot und von ein-gemachten Oliven bis hin zuFleischbrühen und Wildbret. Vie-le Menschen kennen das typischeFenchel-Aroma auch aus Ver-dauungsschnäpsen wie zum Bei-spiel den französischen Pernot.

Älteste Nachrichten über die Ver-wendung des Fenchels stammenaus dem Zweistromland aus derZeit um 3000 vor Christus. Diegroßen Ärzte der Antike Hippo-krates und Dioskurides benutz-ten die Pflanze unter anderemals Mittel zur Förderung der Mut-termilch. Viele ihrer Zeitgenos-sen hielten sie außerdem für einAphrodisiakum. Den Römern istes wohl zu verdanken, dass diebis zu zwei Meter hohe Staudeauch nördlich der Alpen bekanntwurde. Sie nannten sie „Foeni-culum“, wahrscheinlich weil ihrgetrocknetes Kraut wie Heu(lateinisch: foenum) aussieht undbrachten das im Juli / August gelbblühende Doldengewächs mitden fein gefiederten, Dill-ähnli-chen Blättern um die Zeiten-wende mit nach Mitteleuropa. Botaniker gliedern die Art „Foe-niculum vulgare“ heute in drei

Gartenfenchel - Foeniculum vulgare

Kräuter

Varietäten: Wild- oder Bitterfen-chel, Süßer-, Römischer- oderGewürzfenchel und Gemüse-oder Zwiebelfenchel. BeimGemüsefenchel werden die basa-len Blattscheiden fleischig und esbildet sich die wohlschmeckendeKnolle, aus der sich herrlichknackige Salate und leckeresGemüse zubereiten lassen. Alledrei Sorten werden heute übe-rall in Südeuropa, in Ägypten,Teilen Südamerikas und in Asienostwärts bis nach China sowie seiteinigen Jahren auch in den kli-matisch geeigneten GebietenMitteleuropas angebaut.

Die ätherische Öle im FenchelDie aromatischen, Kümmel ähn-lichen Spaltfrüchte des Fenchelsreifen im September/Oktober.Verantwortlich für ihre medizi-nische Wirksamkeit sind dieintensiv duftenden ätherischenÖle, die aus den Drüsengängen,den so genannten Ölstriemen derSamenschale beim Zerreibenoder Anstoßen frei werden.

Von diesem ätherischen Fen-chelöl wissen Pharmazeuten heu-te, dass es bei Mensch und Tierdas Abhusten von Schleim in denAtemwegen erleichtert, Blähun-gen vertreibt und den Magen-Darm-Trakt beruhigt. Bei stillen-den Müttern und säugenden Stu-ten soll es außerdem dieMilchbildung verbessern. Für densüßlichen, anisartigen Geschmack

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des Fenchels ist das im ätheri-schen Öl des Fenchels zu 50 - 70% vorkommende trans-Anetholverantwortlich. Ihm wird dieschleim- und krampflösende Wir-kung zugeschrieben. Das bitterschmeckende und kampherartigriechende Fenchon gibt dem Fen-chel die typische Note. Fenchonist im ätherischen Öl bis zu 15%enthalten und wirkt wachstums-hemmend auf Bakterien und Pil-ze. Ferner sind in den Früchtenfettes Öl, Phenole, Cumarine, Fla-vonoide und antioxidativ wir-kende Verbindungen enthalten.

Fenchel im FutterFenchelfrüchte in Futtermi-schungen regen bereits beim Zer-kauen durch die frei werdendenAromen die Speichelbildung an,so dass das Immunsystem Krank-heitskeime bereits auf der feuch-ten Maulschleimhaut besserbekämpfen kann.

Bei leichten, krampfartigenMagen-Darm-Beschwerden undBlähungen fördert Fenchel dieMagen- und Darmbewegungund wirkt krampflösend auf dieglatte Magen- und Darm-Mus-kulatur. Die innerliche Wirkungdes Fenchels als Futterbeimi-schung kann mit einer Massagedes Bauches mit einer Ölmi-schung unterstützt werden. Dazubenutzt man für Pferde 100 mleines Trägeröls, dem je fünfzehnTropfen ätherischen Fenchel-,

Kümmel- und Anisöls beige-mischt wurden. Entsprechendgeringer dosierte Zubereitungenkennen Eltern als “Windsalben”oder “Windöle”, mit denen sieihre Säuglinge von plagendenBlähungen erlösen können.

Fenchel zu InhalierenAuch zur Behandlung von Hustenoder Verschleimung der Atem-wege bei Mensch und Tier eig-nen sich fenchelölhaltige Einrei-bung oder Inhalationen. ZumInhalieren gibt man für Pferde je

Balsam für Magen, Darm und Bronchien

Fenchelsamen

Kräuter

FutterJournal 2/2002 32

fünf Tropfen ätherisches Fenchel-und Eukalyptusöl auf drei Esslöf-fel grobes Salz, verrührt dieseMischung in zwei Liter heißemWasser und lässt die Tiere zwei-mal täglich fünf bis zehn Minu-ten inhalieren. Wichtig ist hier-bei darauf zu achten, die Augendes Tieres etwa mit einem Hand-tuch vor den reizenden Dämpfenzu schützen.

Die fenchelölhaltigen Dämpfewirken in den Atemwegen zwei-fach: Zum einen wird die Bewe-gung der Flimmerhärchen in denAtemwegen angeregt und zumanderen wird der Flüssigkeitsfilmverdünnt, auf dem der zäheSchleim abtransportiert wird. Diesüßlich, anisartig riechendeEssenz kann darüber hinaus sogarKrankheitserreger in den Atem-wegen abtöten.

Fenchel zum Einreiben Zum Einreiben des Hals- undBrustbereichs kann man täglichein- bis zweimal je 2 bis 3 Teelöf-fel eines Hustenbalsams benut-zen. Hierzu verrührt man fürerwachsene Pferde je 15 TropfenFenchel-, Anis-, Eukalyptus- undFichtennadel-Öl sowie fünf Trop-fen Pfefferminz-Öl sorgfältig inzehn Esslöffel Basisfett (z.B. Vase-line oder Melkfett).

Fenchelöl zum EinnehmenAls eines der wenigen ätheri-schen Öle kann man Fenchelölauch innerlich, allerdings nurstark verdünnt in Form von Fen-chelhonig oder einer Fenchel-Ölmischung, geben. Hierzu wer-den für Tiere mit einem Gewichtvon 400 - 500 kg 10 bis 20 Trop-fen ätherischen Fenchelöls miteinem Esslöffel Honig oder Son-nenblumenöl vermischt und demFutter beigemischt (bei geringe-rem Tiergewicht geringer dosie-ren).

Fenchel in der HausapothekeDa keine Nebenwirkungen zubefürchten sind, greifen auchEltern hustengeplagter Klein-kinder gern auf angenehmschmeckende Fencheltees oderFenchelhonig zurück. JungenMüttern, deren Baby wegenBlähungen nachts kein Auge zubekommen, wurde durch Fen-cheltee schon oft zum wohlver-dienten Schlaf geholfen. Zu die-sem Zweck sind fertige Zuberei-tungen aus der Apotheke zuempfehlen, bei denen man sichauf die richtige Dosierung derhochwirksamen Essenzen verlas-sen kann.

Dr. Christina Paulson

Fenchel in der Blüte