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Kräuter

Bei der vielseitigen Ver-wendung des Fenchelsoder “finocchio” sindbis heute die Italienerdie wahren Meister

geblieben: Vor allem in derToskana wird das Gewürz in raf-finierter Kombination mit ande-ren aromatischen Kräutern zumFüllen von Spanferkeln undKaninchen, oder als Zutat zueiner ihrer schmackhaftestenSalamis, der „Finocchiona“ ver-wendet. Schon die alten Römerbenutzten die Samen der im Mit-telmeerraum beheimateten Stau-de zu fast allen Gerichten: vomEssig bis zum Brot und von ein-gemachten Oliven bis hin zuFleischbrühen und Wildbret. Vie-le Menschen kennen das typischeFenchel-Aroma auch aus Ver-dauungsschnäpsen wie zum Bei-spiel den französischen Pernot.

Älteste Nachrichten über die Ver-wendung des Fenchels stammenaus dem Zweistromland aus derZeit um 3000 vor Christus. Diegroßen Ärzte der Antike Hippo-krates und Dioskurides benutz-ten die Pflanze unter anderemals Mittel zur Förderung der Mut-termilch. Viele ihrer Zeitgenos-sen hielten sie außerdem für einAphrodisiakum. Den Römern istes wohl zu verdanken, dass diebis zu zwei Meter hohe Staudeauch nördlich der Alpen bekanntwurde. Sie nannten sie „Foeni-culum“, wahrscheinlich weil ihrgetrocknetes Kraut wie Heu(lateinisch: foenum) aussieht undbrachten das im Juli / August gelbblühende Doldengewächs mitden fein gefiederten, Dill-ähnli-chen Blättern um die Zeiten-wende mit nach Mitteleuropa. Botaniker gliedern die Art „Foe-niculum vulgare“ heute in drei

Gartenfenchel - Foeniculum vulgare

Kräuter

Varietäten: Wild- oder Bitterfen-chel, Süßer-, Römischer- oderGewürzfenchel und Gemüse-oder Zwiebelfenchel. BeimGemüsefenchel werden die basa-len Blattscheiden fleischig und esbildet sich die wohlschmeckendeKnolle, aus der sich herrlichknackige Salate und leckeresGemüse zubereiten lassen. Alledrei Sorten werden heute übe-rall in Südeuropa, in Ägypten,Teilen Südamerikas und in Asienostwärts bis nach China sowie seiteinigen Jahren auch in den kli-matisch geeigneten GebietenMitteleuropas angebaut.

Die ätherische Öle im FenchelDie aromatischen, Kümmel ähn-lichen Spaltfrüchte des Fenchelsreifen im September/Oktober.Verantwortlich für ihre medizi-nische Wirksamkeit sind dieintensiv duftenden ätherischenÖle, die aus den Drüsengängen,den so genannten Ölstriemen derSamenschale beim Zerreibenoder Anstoßen frei werden.

Von diesem ätherischen Fen-chelöl wissen Pharmazeuten heu-te, dass es bei Mensch und Tierdas Abhusten von Schleim in denAtemwegen erleichtert, Blähun-gen vertreibt und den Magen-Darm-Trakt beruhigt. Bei stillen-den Müttern und säugenden Stu-ten soll es außerdem dieMilchbildung verbessern. Für densüßlichen, anisartigen Geschmack

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des Fenchels ist das im ätheri-schen Öl des Fenchels zu 50 - 70% vorkommende trans-Anetholverantwortlich. Ihm wird dieschleim- und krampflösende Wir-kung zugeschrieben. Das bitterschmeckende und kampherartigriechende Fenchon gibt dem Fen-chel die typische Note. Fenchonist im ätherischen Öl bis zu 15%enthalten und wirkt wachstums-hemmend auf Bakterien und Pil-ze. Ferner sind in den Früchtenfettes Öl, Phenole, Cumarine, Fla-vonoide und antioxidativ wir-kende Verbindungen enthalten.

Fenchel im FutterFenchelfrüchte in Futtermi-schungen regen bereits beim Zer-kauen durch die frei werdendenAromen die Speichelbildung an,so dass das Immunsystem Krank-heitskeime bereits auf der feuch-ten Maulschleimhaut besserbekämpfen kann.

Bei leichten, krampfartigenMagen-Darm-Beschwerden undBlähungen fördert Fenchel dieMagen- und Darmbewegungund wirkt krampflösend auf dieglatte Magen- und Darm-Mus-kulatur. Die innerliche Wirkungdes Fenchels als Futterbeimi-schung kann mit einer Massagedes Bauches mit einer Ölmi-schung unterstützt werden. Dazubenutzt man für Pferde 100 mleines Trägeröls, dem je fünfzehnTropfen ätherischen Fenchel-,

Kümmel- und Anisöls beige-mischt wurden. Entsprechendgeringer dosierte Zubereitungenkennen Eltern als “Windsalben”oder “Windöle”, mit denen sieihre Säuglinge von plagendenBlähungen erlösen können.

Fenchel zu InhalierenAuch zur Behandlung von Hustenoder Verschleimung der Atem-wege bei Mensch und Tier eig-nen sich fenchelölhaltige Einrei-bung oder Inhalationen. ZumInhalieren gibt man für Pferde je

Balsam für Magen, Darm und Bronchien

Fenchelsamen

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fünf Tropfen ätherisches Fenchel-und Eukalyptusöl auf drei Esslöf-fel grobes Salz, verrührt dieseMischung in zwei Liter heißemWasser und lässt die Tiere zwei-mal täglich fünf bis zehn Minu-ten inhalieren. Wichtig ist hier-bei darauf zu achten, die Augendes Tieres etwa mit einem Hand-tuch vor den reizenden Dämpfenzu schützen.

Die fenchelölhaltigen Dämpfewirken in den Atemwegen zwei-fach: Zum einen wird die Bewe-gung der Flimmerhärchen in denAtemwegen angeregt und zumanderen wird der Flüssigkeitsfilmverdünnt, auf dem der zäheSchleim abtransportiert wird. Diesüßlich, anisartig riechendeEssenz kann darüber hinaus sogarKrankheitserreger in den Atem-wegen abtöten.

Fenchel zum Einreiben Zum Einreiben des Hals- undBrustbereichs kann man täglichein- bis zweimal je 2 bis 3 Teelöf-fel eines Hustenbalsams benut-zen. Hierzu verrührt man fürerwachsene Pferde je 15 TropfenFenchel-, Anis-, Eukalyptus- undFichtennadel-Öl sowie fünf Trop-fen Pfefferminz-Öl sorgfältig inzehn Esslöffel Basisfett (z.B. Vase-line oder Melkfett).

Fenchelöl zum EinnehmenAls eines der wenigen ätheri-schen Öle kann man Fenchelölauch innerlich, allerdings nurstark verdünnt in Form von Fen-chelhonig oder einer Fenchel-Ölmischung, geben. Hierzu wer-den für Tiere mit einem Gewichtvon 400 - 500 kg 10 bis 20 Trop-fen ätherischen Fenchelöls miteinem Esslöffel Honig oder Son-nenblumenöl vermischt und demFutter beigemischt (bei geringe-rem Tiergewicht geringer dosie-ren).

Fenchel in der HausapothekeDa keine Nebenwirkungen zubefürchten sind, greifen auchEltern hustengeplagter Klein-kinder gern auf angenehmschmeckende Fencheltees oderFenchelhonig zurück. JungenMüttern, deren Baby wegenBlähungen nachts kein Auge zubekommen, wurde durch Fen-cheltee schon oft zum wohlver-dienten Schlaf geholfen. Zu die-sem Zweck sind fertige Zuberei-tungen aus der Apotheke zuempfehlen, bei denen man sichauf die richtige Dosierung derhochwirksamen Essenzen verlas-sen kann.

Dr. Christina Paulson

Fenchel in der Blüte


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