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144 DIBt Mitteilungen 5/2009 DOI: 10.1002/dibt.200930038 Berichte Reaktive Brandschutzbeschichtungen sind Beschichtungen für den baulichen Brandschutz, die bei Temperaturbeanspru- chung im Brandfall wirksam werden und dabei eine wärme- dämmende Wirkung entwickeln. Diese Brandschutzsysteme, die in der Regel aus der Grundierung für den Korrosions- schutz, der reaktiven Komponente und einem schützenden Deckanstrich bestehen, werden auf Stahlbauteilen zur Erhö- hung der Feuerwiderstandsdauer aufgebracht. Reaktive Brandschutzbeschichtungen sind nicht geregelte Bauprodukte bzw. Bauarten, für deren Anwendung es in Deutschland einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung auf Grund- lage der Zulassungsgrundsätze für reaktive Brandschutz- systeme auf Stahlbauteilen, Fassung November 1997 oder – einer europäischen technischen Zulassung (E uropean T echnical A pproval) auf Grundlage der Leitlinien für euro- päische technische Zulassungen ETAG 018 Teile 1 und 2 1 in Verbindung mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zu- lassung 2 oder einer Zustimmung im Einzelfall bedarf. Grundlage für die Klassifizierung in den europäischen tech- nischen Zulassungen ist DIN EN 13501-2 in Verbindung mit DIN V ENV 13381-4, Fassung Juli 2002. Die Vornorm ent- hält Festlegungen zur Durchführung der Prüfungen und vier verschiedene Beurteilungsverfahren: Analyse mit Differentialgleichung (variabler λ-Ansatz) Analyse mit Differentialgleichung (konstanter λ-Ansatz) numerische Regressionsanalyse und graphisches Verfahren. In Vorbereitung auf die Veröffentlichung der Leitlinie für europäi- sche technische Zulassungen ETAG 018 Teil 2 musste geklärt werden, ob durch Anwendung der Vornorm das vorhandene Si- cherheitsniveau erhalten bleibt. Im Rahmen eines Forschungs- vorhabens konnte dieses nachgewiesen werden. Die praktische Anwendung der Vornorm hat jedoch gezeigt, dass die ermittelten Schichtdicken für reaktive Brandschutz- systeme in Teilbereichen deutlich auf der sicheren Seite lie- gende Ergebnisse zeigen. So begann man zunächst im Rah- men von EGOLF 3 mit einer nur die reaktiven Brandschutzsys- teme betreffenden Überarbeitung der Vornorm. Diese Aufgabe wurde im Weiteren durch die Task Group 5 von CEN/TC127/WG1 „Fire Safety in Buildings – Structural and Separating Elements“ übernommen. Der Anwendungsbe- reich wurde dazu aufgesplittet in prEN 13381-4 Passive Ummantelungen von Stahlbautei- len und prEN 13381-8 Reaktive Ummantelungen von Stahlbautei- len. Um auch für prEN 13381-8 eine Abschätzung über die Aus- wirkungen auf das vorhandene deutsche Sicherheitsniveau zu erhalten, wurden Forschungsvorhaben bei der Bundes- anstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und der TU Braunschweig, Materialprüfanstalt für das Bauwesen durchgeführt. Deren Ergebnisse sind eingeflossen in die sehr umfangreiche deutsche Stellungnahme zum Normentwurf. In den Einwendungsverhandlungen konnten die deutschen Ex- perten weit reichende Änderungen erzielen, so dass das vor- handene deutsche Sicherheitsniveau erhalten bleibt. In Kürze wird prEN 13381-8 in die formelle Abstimmung (formal vote) gehen. Es handelt sich bei dieser Version, wie oben geschildert, um eine durchgehend neu überarbeitete Fassung, deren wichtigste Änderungen im Vergleich zur ENV 13381-4 im Folgenden stichwortartig aufgezählt werden: Änderung der Anzahl der Brandprüfungen an kurzen Stüt- zenabschnitten, Verringerung der Anzahl an Thermoelementen, Änderung der Akzeptabilitätskriterien, Änderung des Korrekturverfahrens und der Systematik der Auswertung, – Variabilität bei der Auswahl der Bemessungstemperatu- ren, Beschränkung der Extrapolationsmöglichkeiten, Aktualisierung der Auswertungsverfahren. Geändertes Prüf- und Beurteilungsverfahren für reaktive Brandschutzbeschichtungen nach ETAG 018-2 Was unterscheidet prEN 13381-8 von ENV 13381-4? R. Müller V. Stopp M. Korzen P. Proschek 3 European Group of Organisations for Fire Testing, Inspection and Certification 1 Bundesanzeiger, Jg. 59, Nr. 68a, 11.04.2007 2 Gemäß Bauregelliste B Teil 1, lfd. Nrn. 2.11.6.1.2 und 3.11.6.1.2, Anlagen 06, 07 und 2/1 muss der Nachweis der gesundheitlichen Unbedenklichkeit, der Umweltverträglichkeit und des Feuerwiderstan- des unter Schwelbrandbeanspruchung zusätzlich durch eine allge- meine bauaufsichtliche Zulassung geführt werden.

Geändertes Prüf- und Beurteilungsverfahren für reaktive Brandschutzbeschichtungen nach ETAG 018-2 : Was unterscheidet prEN 13381-8 von ENV 13381-4?

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144 DIBt Mitteilungen 5/2009

DOI: 10.1002/dibt.200930038

Berichte

Reaktive Brandschutzbeschichtungen sind Beschichtungen fürden baulichen Brandschutz, die bei Temperaturbeanspru-chung im Brandfall wirksam werden und dabei eine wärme-dämmende Wirkung entwickeln. Diese Brandschutzsysteme,die in der Regel aus der Grundierung für den Korrosions-schutz, der reaktiven Komponente und einem schützendenDeckanstrich bestehen, werden auf Stahlbauteilen zur Erhö-hung der Feuerwiderstandsdauer aufgebracht.

Reaktive Brandschutzbeschichtungen sind nicht geregelteBauprodukte bzw. Bauarten, für deren Anwendung es inDeutschland– einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung auf Grund-

lage der Zulassungsgrundsätze für reaktive Brandschutz-systeme auf Stahlbauteilen, Fassung November 1997oder

– einer europäischen technischen Zulassung (EuropeanTechnical Approval) auf Grundlage der Leitlinien für euro-päische technische Zulassungen ETAG 018 Teile 1 und 21

in Verbindung mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zu-lassung2 oder

– einer Zustimmung im Einzelfall bedarf.

Grundlage für die Klassifizierung in den europäischen tech-nischen Zulassungen ist DIN EN 13501-2 in Verbindung mit DIN V ENV 13381-4, Fassung Juli 2002. Die Vornorm ent-hält Festlegungen zur Durchführung der Prüfungen und vierverschiedene Beurteilungsverfahren:– Analyse mit Differentialgleichung (variabler λ-Ansatz)– Analyse mit Differentialgleichung (konstanter λ-Ansatz)– numerische Regressionsanalyse und – graphisches Verfahren.

In Vorbereitung auf die Veröffentlichung der Leitlinie für europäi-sche technische Zulassungen ETAG 018 Teil 2 musste geklärtwerden, ob durch Anwendung der Vornorm das vorhandene Si-cherheitsniveau erhalten bleibt. Im Rahmen eines Forschungs-vorhabens konnte dieses nachgewiesen werden.

Die praktische Anwendung der Vornorm hat jedoch gezeigt,dass die ermittelten Schichtdicken für reaktive Brandschutz-systeme in Teilbereichen deutlich auf der sicheren Seite lie-gende Ergebnisse zeigen. So begann man zunächst im Rah-men von EGOLF3 mit einer nur die reaktiven Brandschutzsys-teme betreffenden Überarbeitung der Vornorm. DieseAufgabe wurde im Weiteren durch die Task Group 5 vonCEN/TC127/WG1 „Fire Safety in Buildings – Structural andSeparating Elements“ übernommen. Der Anwendungsbe-reich wurde dazu aufgesplittet in – prEN 13381-4 Passive Ummantelungen von Stahlbautei-

len und – prEN 13381-8 Reaktive Ummantelungen von Stahlbautei-

len.

Um auch für prEN 13381-8 eine Abschätzung über die Aus-wirkungen auf das vorhandene deutsche Sicherheitsniveauzu erhalten, wurden Forschungsvorhaben bei der Bundes-anstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und derTU Braunschweig, Materialprüfanstalt für das Bauwesendurchgeführt. Deren Ergebnisse sind eingeflossen in die sehrumfangreiche deutsche Stellungnahme zum Normentwurf. Inden Einwendungsverhandlungen konnten die deutschen Ex-perten weit reichende Änderungen erzielen, so dass das vor-handene deutsche Sicherheitsniveau erhalten bleibt.

In Kürze wird prEN 13381-8 in die formelle Abstimmung(formal vote) gehen. Es handelt sich bei dieser Version, wieoben geschildert, um eine durchgehend neu überarbeiteteFassung, deren wichtigste Änderungen im Vergleich zur ENV13381-4 im Folgenden stichwortartig aufgezählt werden:– Änderung der Anzahl der Brandprüfungen an kurzen Stüt-

zenabschnitten,– Verringerung der Anzahl an Thermoelementen,– Änderung der Akzeptabilitätskriterien,– Änderung des Korrekturverfahrens und der Systematik der

Auswertung,– Variabilität bei der Auswahl der Bemessungstemperatu-

ren,– Beschränkung der Extrapolationsmöglichkeiten,– Aktualisierung der Auswertungsverfahren.

Geändertes Prüf- und Beurteilungsverfahren für reaktive Brandschutzbeschichtungen nach ETAG 018-2Was unterscheidet prEN 13381-8 von ENV 13381-4?

R. MüllerV. StoppM. KorzenP. Proschek

3 European Group of Organisations for Fire Testing, Inspection andCertification

1 Bundesanzeiger, Jg. 59, Nr. 68a, 11.04.2007 2 Gemäß Bauregelliste B Teil 1, lfd. Nrn. 2.11.6.1.2 und 3.11.6.1.2,

Anlagen 06, 07 und 2/1 muss der Nachweis der gesundheitlichenUnbedenklichkeit, der Umweltverträglichkeit und des Feuerwiderstan-des unter Schwelbrandbeanspruchung zusätzlich durch eine allge-meine bauaufsichtliche Zulassung geführt werden.

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145DIBt Mitteilungen 5/2009

R. Müller, V. Stopp, M. Korzen, P. Proschek – Geändertes Prüf- und Beurteilungsverfahren für reaktive Brandschutzbeschichtungen nach ETAG 018-2

Anzahl der Brandprüfungen an kurzen Stützenabschnitten

Nach ENV 13381-4 ist die Anzahl der zu prüfenden kurzenStützenabschnitte abhängig von der Auswertungsmethode.Für das grafische Verfahren sind Brandprüfungen an mindes-tens 18 kurzen Stützenabschnitten Voraussetzung, währendfür die Differentialgleichungsverfahren und die numerischeRegressionsanalyse Brandprüfungen an 10 kurzen Stützen-abschnitten ausreichen (siehe Tabelle 1). Unabhängig da-von, für welche Stahlbauteile eine Bewertung des reaktivenBrandschutzsystems vorgenommen werden soll, sind nachENV 13381-4 immer Brandprüfungen an kurzen Stützenab-schnitten vorzunehmen, auch für den Fall, dass die Auswer-tung nur für Stahlträger vorgenommen werden soll.

Nach prEN 13381-8 werden– bei einer Auswertung nur für Stahlträger nur kurze Stahl-

trägerabschnitte,– bei einer Auswertung nur für Stahlstützen nur kurze Stahl-

stützenabschnitte und– bei einer gemeinsamen Auswertung von Stahlträgern und

Stahlstützen neben kurzen Stahlträgern auch kurze Stahl-stützen

einer Brandprüfung unterzogen.

Nach prEN 13381-8 ist die Anzahl der zu prüfenden kurzenStützen- bzw. Trägerabschnitte für alle Auswertungsverfahrengleich. In Tabelle 6.6.1 der prEN 13381-8 sind für verschie-dene Bauteile die einzelnen Prüfprogramme festgelegt. Für I- bzw. H-Profile sind nach prEN 13381-8 im Vergleich zuENV 13381-4 statt bisher 10 mindestens 13 kurze Stützen-bzw. Trägerabschnitte einer Brandprüfung zu unterziehen.Die Bewertung von Hohlprofilen wird nicht mehr mit Hilfe vonkurzen I- bzw. H-Stützenabschnitten durchgeführt. Dafür sindnun auch mindestens 6 kurze Stützenabschnitte mit Hohlpro-filen zu prüfen (siehe Tabelle 1).

Die Stützen- bzw. Trägerabschnitte mit I- bzw. H-Profil sind– für 4 verschiedene Profilfaktoren– jeweils mit mindestens 3 verschiedenen Trockenschichtdi-

cken,– jedoch einmal mit mindestens 4 verschiedenen Trocken-

schichtdickenzu prüfen. Insgesamt ergeben sich so n = (4 × 3) + 1 = 13Stützen- bzw. Trägerabschnitte.

Für den speziellen Fall einer Auswertung mit dem grafischenVerfahren und der Bewertung eines Dickschichtsystems mit ei-nem Unterschied zwischen minimaler und maximaler Tro-

ckenschichtdicke größer als 5 mm sind Stützen- bzw. Träger-abschnitte als I- bzw. H-Profil mit– mindestens 6 verschiedenen Trockenschichtdicken– jeweils auf mindestens 3 verschiedenen Profilen,– jedoch einmal auf mindestens 4 verschiedenen Profileneiner Brandprüfung zu unterziehen. Insgesamt ergeben sichso n = (6 × 3) + 1 = 19 Stützen- bzw. Trägerabschnitte.

Für Hohlprofile sind Brandprüfungen an kurzen Stahlbautei-len– mit 3 verschiedenen Profilfaktoren– jeweils mit mindestens 2 verschiedenen Trockenschicht-

dickenauszuführen. Dadurch ergeben sich n = 3 × 2 = 6 zu prü-fende Stahlbauteile mit Hohlprofil.

Insgesamt gibt es 15 verschiedene Prüfprogramme und darü-ber hinaus 4 Prüfprogramme mit der zusätzlichen Bezeich-nung „A“, die hauptsächlich zur Übertragung von Daten die-nen, die nach ENV 13381-4 gewonnen wurden.

Anzahl der Thermoelemente

In Tabelle 2 ist die Anzahl der nach ENV 13381-4 und dernach prEN 13381-8 geforderten Thermoelemente für offeneProfile gegenübergestellt. Es ist ersichtlich, dass die Anzahlder Thermoelemente in prEN 13381-8 deutlich gegenüberENV 13381-4 gekürzt wurde. In Tabelle 3 sind die erforder-lichen Thermoelemente für Hohlprofile zusammengestellt. Da

Tabelle 1: Anzahl der zu prüfenden kurzen Stützen- bzw. Trä-gerabschnitte

ENV 13381-4 prEN 13381-8

Abhängig vom Abhängig vom PrüfprogrammAuswertungsverfahren

– Grafisches Verfahren: 18 – I- bzw. – Bestimmung konstantes λ H-Profile: mindestens13

und variables λ mit einer – Hohlprofile: mindestens 6Differentialgleichung: 10

– Regressionsanalyse: 10

Tabelle 2: Zusammenstellung der benötigten Thermoelementefür offene Stahlprofile nach ENV 13381-4 und prEN 13381-8

Bauteil ENV 13381-4 prEN 13381-8Offene Profile (I und H) Anzahl Thermoelemente

Belasteter Stahlträger 31 17

Unbelasteter 12 9Referenzstahlträger

2 m hohe Stahlstütze 30 15

Belastete Stahlstütze 30 15

Kurze Stahlstützenabschnitte 10 9

Kurze Stahlträgerabschnitte – 9

Tabelle 3: Zusammenstellung der benötigten Thermoelemente fürgeschlossene Stahlprofile nach ENV 13381-4 und prEN 13381-8

Bauteil ENV 13381-4 prEN 13381-8Geschlossene Profile

Anzahl Thermoelemente(Hohlprofile)

Belasteter Stahlträger – 11

Unbelasteter – 9Referenzstahlträger

2 m hohe Stahlstütze 24 12

Belastete Stahlstütze – 12

Kurze Stahlstützenabschnitte – 8

Kurze Stahlträgerabschnitte – 9

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R. Müller, V. Stopp, M. Korzen, P. Proschek – Geändertes Prüf- und Beurteilungsverfahren für reaktive Brandschutzbeschichtungen nach ETAG 018-2

nach ENV 13381-4 die Bewertung der thermischen Leis-tungsfähigkeit von Hohlprofilen lediglich die Brandprüfungan zwei 2 m hohen Hohlstützen zur Berechnung der Korrek-turfaktoren erfordert, für die Auswertung sonst aber nur aufdie kurzen Stützenabschnitte mit offenem Profil zurückgegrif-fen wird, sind viele der Brandprüfungen an den in Tabelle 3aufgelisteten Bauteilen in ENV 13381-4 nicht enthalten.

Änderung der Akzeptabilitätskriterien

Bei der Änderung der Akzeptabilitätskriterien wurde im We-sentlichen die Gewichtung der prozentualen Abweichungenmodifiziert. Die in ENV 13381-4, Kapitel 13.6.1, angege-benen Akzeptabilitätskriterien lauten wie folgt:

a) Die vorhergesagte Zeit bis zum Erreichen einer vorgege-benen Bemessungstemperatur darf um nicht mehr als 30 %über der gemessenen und eventuell zur Berücksichtigungder Haftfähigkeit infolge einer Temperaturkorrektur modifi-zierten Zeit bis zum Erreichen der gleichen Bemessungs-temperatur liegen.

b) Der Mittelwert aller entsprechend a) definierten prozen-tualen Abweichungen muss kleiner als 0 sein.

c) Maximal 20 % der entsprechend a) definierten prozentua-len Abweichungen darf größer als 0 sein.

Zur Veranschaulichung der Kriterien a) und c) sind in Abbil-dung 1 beispielsweise für 10 Wertepaare die vorhergesag-ten Zeiten bis zum Erreichen einer vorgegebenen Bemes-sungstemperatur in Abhängigkeit der gemessenen und even-tuell zur Berücksichtigung der Haftfähigkeit korrigiertenZeiten bis zum Erreichen der gleichen Bemessungstemperaturaufgetragen. Kriterium a) wird durch die rote Linie repräsen-tiert, oberhalb derer keine Punkte liegen dürfen. Kriterium c)besagt, dass in dem Bereich zwischen der roten und derblauen Linie nur 20 % aller Werte liegen dürfen. Die rest-lichen Punkte müssen unterhalb der blauen Linie liegen.

Nach prEN 13381-8 wurde für Kriterium a) der Prozent-satz, um den ein vorhergesagter Wert über dem beobachtetenWert liegen darf, von 30 auf 15 reduziert. Kriterium b) blieb unverändert. Bei Kriterium c) dürfen nach prEN 13381-8nun 30 % der prozentualen Abweichungen größer als 0 sein.

Die in prEN 13381-8, Kapitel 13.5.1, angegebenen Akzep-tabilitätskriterien ergeben sich dann wie folgt:

a) Die vorhergesagte Zeit bis zum Erreichen einer vorgege-benen Bemessungstemperatur darf um nicht mehr als 15 %über der gemessenen und eventuell zur Berücksichtigungder Haftfähigkeit korrigierten Zeit bis zum Erreichen dergleichen Bemessungstemperatur liegen.

b) Der Mittelwert aller entsprechend a) definierten prozen-tualen Abweichungen muss kleiner als 0 sein.

c) Maximal 30 % der entsprechend a) definierten prozentua-len Abweichungen darf größer als 0 sein.

In Abbildung 2 sind zur Veranschaulichung der Kriterien a)und c) ebenfalls die vorhergesagten Zeiten bis zum Erreicheneiner vorgegebenen Bemessungstemperatur in Abhängigkeitder gemessenen und eventuell zur Berücksichtigung der Haft-fähigkeit korrigierten Zeiten bis zum Erreichen der gleichenBemessungstemperatur aufgetragen. Die rote Linie, oberhalbderer keine Punkte liegen dürfen, repräsentiert Kriterium a)und ist jetzt durch den auf 15 % reduzierten Satz viel näheran die blaue Linie gerückt. In dem Bereich zwischen der ro-ten und der blauen Linie, festgelegt durch Kriterium c), dürfenjetzt immerhin 30 % aller Werte liegen, der Rest der Punktemuss unterhalb der blauen Linie liegen.

Änderung des Korrekturverfahrens und der Systematikder Auswertung

Das Korrekturverfahren in prEN 13381-8 wurde gegenüberENV 13381-4 grundlegend verändert. In ENV 13381-4 ba-siert das Korrekturverfahren auf einer Korrektur der Tempera-turen mit Korrekturfaktoren größer Eins. In prEN 13381-8werden dagegen die Zeiten bis zum Erreichen vorgegebenerBemessungstemperaturen korrigiert, was wesentlich einfa-cher ist. Die Korrekturfaktoren haben dann Werte kleinerEins. Die Korrektur basiert jedoch weiterhin auf den charak-teristischen Temperaturen.

Für die Bewertung der thermischen Leistungsfähigkeit reakti-ver Brandschutzsysteme gibt es entsprechend ENV 13381-4die Möglichkeit,

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 20 40 60 80 100 120 140 160tmess

tschätz

min

min

20 %

y = 1,3 x

y = x

80 %

ENV 13381-4

Abbildung 1: Veranschaulichung der Akzeptabilitätskriterien a)und c) von ENV 13381-4

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 20 40 60 80 100 120 140 160tmess

tschätz

min

min

30 %

y = 1,15 x

y = x

70 %

prEN 13381-8

Abbildung 2: Veranschaulichung der Akzeptabilitätskriterien a)und c) von prEN 13381-8

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R. Müller, V. Stopp, M. Korzen, P. Proschek – Geändertes Prüf- und Beurteilungsverfahren für reaktive Brandschutzbeschichtungen nach ETAG 018-2

– eine Auswertung nur für die Applikation auf Stahlträgernoder

– eine gemeinsame Auswertung für die Applikation sowohlauf Stahlträgern als auch auf Stahlstützen

vorzunehmen.

Für die Bewertung der thermischen Leistungsfähigkeit reaktiverBrandschutzsysteme entsprechend prEN 13381-8 sind lediglich– eine Auswertung nur für die Applikation auf Stahlträgern

oder– eine Auswertung nur für die Applikation auf Stahlstützenvorgesehen. Eine gemeinsame Auswertung für die Applika-tion auf Stahlträgern und Stahlstützen ist explizit nicht er-wähnt, könnte jedoch dann erfolgen, wenn sich in beidenFällen die gleichen Korrekturfaktoren ergeben.

Die Vorgehensweise für die Berechnung der Korrekturfakto-ren lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Fall1: Bei einer Auswertung nur für die Applikation auf Stahl-trägern entsprechend ENV 13381-4• Berechnung von kd,LB,min = θLB,min / θUB,min,c• Berechnung von kd,LB,max = θLB,max / θUB,max,c• kd,min = kd,LB,min• kd,max = kd,LB,max• Wenn kd,min = kd,max dann Verwendung von

kd = kd,min = kd,max• Wenn kd,min � kd,max dann Interpolation zwischen

kd,min und kd,max

Fall 2: Bei einer Auswertung nur für die Applikation auf Stahl-trägern entsprechend prEN 13381-8• Berechnung von kLB,min = tLB,min / tRB,min,c• Berechnung von kLB,max = tLB,max / tRB,max,c• kmin = kLB,min• kmax = kLB,max• Wenn kmin = kmax dann Verwendung von

k = kmin = kmax• Wenn kmin � kmax dann Interpolation zwischen

kmin und kmax

Fall 3: Bei einer Auswertung nur für die Applikation auf Stahl-stützen entsprechend prEN 13381-8• Berechnung von kLC,min = tLC,min / tRC,min,c• Berechnung von kLC,max = tLC,max / tRC,max,c• kmin = kLC,min• kmax = kLC,max• Wenn kmin = kmax dann Verwendung von

k = kmin = kmax• Wenn kmin ≠ kmax dann Interpolation zwischen

kmin und kmax

Fall 4: Bei einer gemeinsamen Auswertung für die Applika-tion sowohl auf Stahlträgern als auch auf Stahlstützen ent-sprechend ENV 13381-4• Berechnung von kd,LB,min = θLB,min / θUB,min,c• Berechnung von kd,LB,max = θLB,max / θUB,max,c• Berechnung von kd,TC,max = θTC,max / θSC,max,c• kd,min = kd,LB,min• kd,max = max (kd,LB,max, kd,TC,max)• Wenn kd,min = kd,max dann Verwendung von

kd = kd,min = kd,max

• Wenn kd,min � kd,max dann Interpolation zwischen kd,min und kd,max

Fall 5: Bei einer Auswertung nur für die Applikation auf Stahl-stützen entsprechend prEN 13381-8 bei Vorliegen von nachENV 13381-4 gewonnenen Daten (Korrektur entsprechendReihe d) der Tabelle D.1 in Anhang D)• Berechnung von kLB,min = tLB,min / tUB,min,c• Berechnung von kLB,max = tLB,max / tUB,max,c• Berechnung von kTC,max = tTC,max / tSC,max,c• kmin = kLB,min• kmax = min (kLB,max, kTC,max)• Wenn kmin = kmax dann Verwendung von

k = kmin = kmax• Wenn kmin � kmax dann Interpolation zwischen

kmin und kmax

mit folgenden Abkürzungen:LB belasteter Stahlträger (loaded beam)UB unbelasteter Stahlträger (unloaded beam)RB entsprechender kurzer unbelasteter Stahlträger

(reference beam)TC 2 m hohe unbelastete Stahlstütze (tall column)SC kurze unbelastete Stahlstütze (short column)LC belastete Stahlstütze (loaded column)RC entsprechende kurze unbelastete Stahlstütze (reference

column)

Die Vorgehensweisen bei den Fällen 1 und 2 entsprechen sichebenso wie die Vorgehensweisen bei den Fällen 4 und 5.

Auswahlmöglichkeiten für die Bemessungstemperaturen

Die für die Auswertung zu verwendenden Bemessungstempe-raturen sind nach ENV 13381-4 auf den Bereich von 350 °Cin Schritten von 50 °C bis zu einer maximalen Temperaturfestgelegt. Lediglich die Obergrenze des auszuwertendenBereichs ist frei wählbar, die bis maximal 750 °C reichenkann.

Nach prEN 13381-8 ist in Kapitel 13.5.1 vorgesehen, dassaus dem insgesamt zugelassenen Bereich der Bemessungs-temperaturen von 350 °C bis 750 °C ein beliebiger Teilbe-reich mit mindestens 3 zusammenhängenden Bemessungs-temperaturen im Abstand von jeweils 50 °C ausgewählt wer-den darf. Dadurch ist es möglich, die oftmals nichtlinearenVerläufe im unteren Bereich von 350 °C bis 400 °C und imoberen Bereich von 700 °C bis 750 °C auszuschließen.

Beschränkung der Extrapolationsmöglichkeiten

Die Extrapolationsmöglichkeiten sind nach ENV 13381-4 ab-hängig vom angewandten Auswertungsverfahren. Für dasgrafische Verfahren ist keine Extrapolation vorgesehen. Beider Bestimmung variabler Wärmeleitfähigkeiten mit Hilfe vonDifferentialgleichungen ist bei den erforderlichen Mindesttro-ckenschichtdicken sogar eine Extrapolation von ± 20 % er-laubt, während bei den beiden anderen Verfahren nur eineExtrapolation von ± 5 % gestattet ist (siehe Tabelle 4).

Bei den beiden Methoden mit Lösung von Differentialglei-chungen (variable und konstante Wärmeleitfähigkeiten) kann

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148 DIBt Mitteilungen 5/2009

R. Müller, V. Stopp, M. Korzen, P. Proschek – Geändertes Prüf- und Beurteilungsverfahren für reaktive Brandschutzbeschichtungen nach ETAG 018-2

der zulässige Bereich der Profilfaktoren nach unten um 20 %und nach oben sogar um 50 % erweitert werden, währendbei der Regressionsanalyse dieser Bereich nur um ± 10 % ex-trapoliert werden darf. Auch der Bereich der Bemessungs-temperaturen darf abhängig vom Auswertungsverfahrennach oben extrapoliert werden.

Die Extrapolationsmöglichkeiten sind nach prEN 13381-8für alle vier Auswertungsverfahren gleich. Für die Bemes-sungstemperaturen ist keine Extrapolation vorgesehen. An-sonsten werden die Extrapolationsmöglichkeiten nur nachden für Stahlträger und Stahlstützen erlaubten Optionen un-terschieden.

Für Stahlträger ist generell eine Extrapolation des zulässigenBereichs für die erforderlichen Mindesttrockenschichtdickenum ± 5 %, bezogen auf die Schichtdicken der 2 belastetenStahlträger, erlaubt. Für Stahlstützen darf der Bereich der er-forderlichen Mindestschichtdicken nach oben um 5 %, bezo-gen auf die maximale Schichtdicke einer belasteten Stahl-stütze oder einer 2 m hohen unbelasteten Stahlstütze, erwei-tert werden. Nach unten darf dieser Bereich um 5 %,bezogen entweder auf die minimale Schichtdicke einer be-lasteten Stahlstütze oder auf die minimale Schichtdicke einerkurzen unbelasteten Stahlstütze, ausgedehnt werden (sieheTabelle 4).

Für Stahlträger darf der Bereich der zulässigen Profilfaktorennach oben um 10 %, bezogen auf alle untersuchten Stahl-profile, vergrößert werden. Nach unten darf dieser Bereichebenfalls um 10 %, bezogen auf den kleinsten Profilfaktor al-ler Profile, die mit der minimal zulässigen Trockenschichtdi-cke beschichtet waren, erweitert werden. Für Stahlstützen istnach oben eine Extrapolation um 10 %, bezogen auf dengrößten Profilfaktor bei einer Stütze, möglich. Nach untendarf der Bereich der Profilfaktoren um 10 %, bezogen aufden kleinsten Profilfaktor aller Stahlstützen, die mit der mini-mal zulässigen Trockenschichtdicke bekleidet waren, ausge-dehnt werden.

Aktualisierung der Auswertungsverfahren

In prEN 13381-8 wurde ein neues grafisches Verfahren ein-gebracht, das jetzt gleichberechtigt neben den drei numeri-schen Auswertungsverfahren rangiert. Der Aufwand für dasgrafische Verfahren ist nicht unerheblich und nahezu mit demder Regressionsanalyse vergleichbar. Die Regressionsana-lyse erfuhr als einziges Auswertungsverfahren keinerlei Än-derung. Alle anderen Auswertungsverfahren wurden aktuali-

siert. Bei dem Verfahren zur Bestimmung einer variablenWärmeleitfähigkeit mit Lösung einer Differentialgleichung istnach prEN 13381-8 die Schichtdickenabhängigkeit derWärmeleitfähigkeit mit zu berücksichtigen.

Zusammenfassende Betrachtung

Die überarbeitete Vornorm prEN 13381-8 zur Bewertung derthermischen Leistungsfähigkeit reaktiver Brandschutzsystemeunterscheidet sich in vielen Punkten grundlegend von der bis-her auch für reaktive Brandschutzsysteme gültigen ENV13381-4. Die Zahl der Brandprüfungen musste erhöht wer-den, um das grafische Verfahren gleichrangig zu den ande-ren Auswertungsverfahren behandeln zu können. Dem stehteine Reduktion der Anzahl der Thermoelemente gegenüber.Das Korrekturverfahren zur Berücksichtigung der Haftfähig-keit wurde vereinfacht. Die Änderung der Akzeptabilitätskri-terien und die flexiblere Auswahl des Bereichs der Bemes-sungstemperaturen tragen in einem vertretbaren Rahmendazu bei, dass sich günstigere Mindesttrockenschichtdickenals bisher ergeben können. Die Beschränkung der Extrapola-tionsmöglichkeiten gewährleistet eine solide Basis der Ergeb-nisse.

Literatur

ETAG 018 Leitlinie für europäische technische Zulassungen fürBrandschutzprodukte, Teil 1: Allgemeines, Ausgabe November2004

ETAG 018 Leitlinie für europäische technische Zulassungen fürBrandschutzprodukte, Teil 2: Reaktive Brandschutzbeschichtun-gen auf Stahlbauteilen, Ausgabe Juni 2006

ENV 13381-4:2002-6Test methods for determining the contribution to the fire resi-stance of structural members. Part 4: Applied protection to steelmembers. June 2002

prEN 13381-8:2009-4Test methods for determining the contribution to the fire resi-stance of structural members. Part 8: Applied reactive protec-tion to steel members. April 2009

DIN EN 13501-2:2008-1Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihremBrandverhalten – Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissenaus Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungs-anlagen

Verfasser: Dr.-Ing. Renate Müller und Dr.-Ing. Manfred Korzen, BAM; Viola Stopp und Peter Proschek, DIBt

Tabelle 4: Zusammenstellung der Extrapolationsmöglichkeiten für die erforderlichen Mindesttrockenschichtdicken nach ENV 13381-4 und prEN 13381-8

ENV 13381-4 prEN 13381-8

Abhängig vom Auswertungsverfahren Abhängig vom Stahlbauteil

Grafisches Verfahren ± 0 % Stahlträger – 5 % von dLB,max

Regressionsanalyse ± 5 % Stahlträger – 5 % von dLB,min

Bestimmung konstantes λ mit Differentialgleichung ± 5 % Stahlstützen – 5 % von dLC,max oder dTC,max

Bestimmung variables λ mit Differentialgleichung ± 20 % Stahlstützen – 5 % von dLC,min