56
28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT Geburtshifliche und gynäkologische Notfälle PD Dr. Michael Bolz Universitätsfrauenklinik und Poliklinik am Klinikum Südstadt Rostock (Klinikdirektor Prof. Dr. med. B. Gerber)

Geburtshifliche und gynäkologische Notfälle · 28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT Geburtshifliche und gynäkologische Notfälle PD Dr. Michael Bolz Universitätsfrauenklinik

Embed Size (px)

Citation preview

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT

Geburtshifliche und gynäkologische

NotfällePD Dr. Michael Bolz

Universitätsfrauenklinik und Poliklinik am Klinikum Südstadt Rostock

(Klinikdirektor Prof. Dr. med. B. Gerber)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 2

Geburtshilflicher Notfall (1)

Achtung

2 Patienten !

Mutter

Kind

Häufig nur sehr geringes

Zeitfenster für

Entscheidungsfindung

Leben der Mutter geht

vor das Leben des Kindes !

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 3

Geburtshilflicher Notfall (1a)

geringe praktische Erfahrung für die meisten Notärzte

bei männlichen Kollegen häufig Angst vor Tabuzone des weiblichen Körpers

besondere Rücksicht auf Psyche der Patientin

i.d.R. keine vaginale Untersuchung durch Ungeübten (selten diagnostisch

verwertbar)

akute Erkrankungen in der Schwangerschaft (Fundus in Nabelhöhe in der

24.SSW, Beginn der fetalen Überlebensfähigkeit)

Anamnese: 1.Tag der LR, Zyklusdauer, Menstruationsdauer, Verhütungsmethode

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 4

Geburtshilflicher Notfall (2)

Präeklampsie / Eklampsie / HELLP

Plazenta prävia

Vorzeitige Lösung der richtig sitzenden Plazenta

Insertio velamentosa

Uterusruptur

Nabelschnurvorfall

Fruchtwasserembolie

(Plötzliche, un/beabsichtigte Haus)geburt

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 5

Präeklampsie (1)

Definition

Hypertensive Erkrankung in der Schwangerschaft

Erstmals nach 20. voll. SSW auftretender Hypertonus (> 140/90 mmHg) in

Kombination mit Proteinurie ...

Ödeme bedingt durch die Proteinurie

5-7 % aller Schwangeren betroffen

Chronische Hypertonie weltweit ca. 1-5 %

Anteil von 12-22 % ... 2./3. Stelle der Müttersterblichkeit weltweit

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 6

Präeklampsie (2)

Eiweißausscheidung abhängig vom diastolischen Blutdruck

Max 320 mg Eiweißausscheidung / 24h im letzten Trimenon

physiologisch

Leichte

Präeklampsie

Mittelschwere

Präeklampsie

Schwere

Präeklampsie

Blutdruck

(mmHg)

140-160/90-100

oder Anstieg

RR syst >/= 30

RR diast >/= 15

Ruhe-RR mind.

2x > 160/100 bis

180/110

Ruhe-RR

mehrfach

> 160/100

Proteinurie < 0,3 g/l / 24 h 0,3-3,0 g/l / 24h > 3,0 g/l / 24h

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 7

Präeklampsie (3)

Ursachen

Familiäre / Genetische Prädisposition (Risiko der Schwangeren bei betroffener Mutter 20-25 %, Schwester 35-40 %)

Alter

Adipositas

Mehrlinge (Kinderwunschbehandlung !)

Mutationen endotheliales NO-Synthase-Gen, Angiotensinogen-Gen

APC-Resistenz 16 % bei betroffenen Schwangeren, heterozygote Faktor-V-Leiden-Mutation

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 8

Präeklampsie (4)

Pathophysiologie

inadäquate Throphoblastinvasion mit konsekutiver generalisierter

Endotheldysfunktion

Prostacyclin vermindert (Vasodilatation und Hemmung der

Thrombozytenaggregation)

Thromboxan-A II erhöht (Vasokonstriktion und

Thrombozytenaggregation gefördert)

Endothelin / NO-System gestört (Vasokonstriktion vs. Vasodilatation)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 9

Präeklampsie (5)

Therapie

Antihypertensiva

1. Wahl: Methyl-Dopa, Dihydralazin

2. Wahl: ß-Blocker

Im Notfall: -Blocker

Kalziumantagonisten gut wirksam, keine Langzeitdaten

ASS 75-100 mg

ACE-Hemmer, Angiotensin-Receptor-Blocker sind kontraindiziert

Entbindung (cave: Frühgeburt !)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 10

Eklampsie (1)

Lebensbedrohliche Komplikation ! ... 0,03 – 0,1 %

meist peripartal bis erste Wochenbettstage

Hypertonie, Proteinurie

Zusätzlich Prodromi - zentralnervöse Symptome: Kopfschmerzen,

Ohrensausen, Schwindel, Sehstörungen, Augenflimmern,

Gesichtsfeldeinengung, epigastrische Schmerzen mit Übelkeit, Erbrechen,

motorische Unruhe, Hyperreflexie (gesteigerter Patellasehnenreflex)

Oligurie, Anurie

Lungenödem

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 11

Eklampsie (2)

Eklamptischer Anfall – starre Blickrichtung, weite Pupillen, Zuckungen

der Gesichtsmuskulatur

Generalisierte tonisch-klonische Krämpfe, Schaum vor Mund, Lippen-

/Zungenbiß, anschließend Koma); selten nur komatöses Krankheitsbild

Cave: bereits der 1. Anfall kann tödlich sein !

Mütterliche Letalität 2-5 %

Perinatale Mortalität ca. 20 %

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 12

Eklampsie (3)

DD:

- Epilepsie (Präeklampsiesymptomatik fehlt)

- Hirntumor

- Hirnblutung (SAB)

- Sinusvenenthrombose – sehr heftige plötzlich einsetzende

Kopfschmerzen

- Meningoencephalitis

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 13

Eklampsie (4)

Therapie

a) Verhinderung des eklamptischen Anfalls durch zentrale Dämpfung

- Ruhe bewahren !! – Patientin abschirmen, Gummikeil und Guedeltubus griffbereit, Seitenlagerung, großlumiger Zugang

- MgSO4 als Bolus 2-4 g über 15 Minuten iv., anschließend über Perfusor 2g/h (Mg-Konzentration im Serum 1,3 -4,0 mmol/l)

- Patellasehnenreflex beachten

- Urinausscheidung minimal 100 ml/4 h

- Antidot: Kalziumgluconat 10 %

- Diazepam 5-10 mg langsam iv.

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 14

Eklampsie (4a)

Therapie

Umgehende Verlegung bei drohender Eklampsie in Begleitung des

Arztes (!) in die Klinik, ggf. Hubschrauber

Vorinformation an die Klinik !

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 15

Eklampsie (5)

Therapie

b) Schonende Blutdrucksenkung

- Dihydralazin iv. 1,2 – 7,2 mg/h ... Wirkungseintritt nach 5 Minuten !

- Permanente RR-Kontrolle

- RR-Verminderung in 1. Stunde max. 20 % !, Ziel: 140/90

- Zu rasche RR-Senkung führt zur Minderperfusion der Plazenta und

damit fetalen Gefährdung !, kontinuierliche CTG-Kontrolle

- Alternativ (außerklinisch) Nifedipin 5 mg oral oder sublingual

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 16

Eklampsie (6)

Therapie

c) Bilanzierte Flüssigkeitszufuhr

- Stündliche Urinmessung

- Max. 500 ml HAES (Thrombozytenaggregationshemmer !) + 500 ml

Ringer-Lactat-Lösung

- Cave: Gefahr des Lungenödems (Proteinmangel) ... Puls-Oxymetrie,

Blutgasanalyse

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 17

Eklampsie (7)

Therapie

d) Korrektur von Hämostasestörungen

- Keine Gabe von niedermolekularem Heparin solange es blutet oder Blutungsgefahr besteht

- Eklampsie: Heparin wegen Gefahr intrakranieller Blutung kontraindiziert

- Fibrinogen < 120% ... Fresh frozen plasma

- Aktive Thromboseprophylaxe wenn Fibrinogen > 200 und Thrombozyten > 200 gpt/l

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 18

HELLP-Syndrom (1)

H ... Hemolysis

EL.. Elevated liver enzymes

LP.. Low platelet count

Hb-Abfall, LDH-Anstieg, Haptoglobinabfall

Transaminasenanstieg

Thrombozytopenie (< 100 Gpt/l)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 19

HELLP-Syndrom (2)

Schwere, lebensbedrohliche Verlaufsform einer Präeklampsie

In 15-20 % der Fälle keine Hypertonie

In 5-10 % der Fälle keine Proteinurie

1 auf 150-300 Geburten (Perinatalzentrum)

Median 34. SSW, 10-20 % post partum

Häufig Erstgebärende

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 20

HELLP-Syndrom (3)

Leitsymptom

Rechtsseitige Oberbauchbeschwerden, Schmerzen im Epigastrium

Deshalb: jede Schwangere mit rechtsseitigen Oberbauchschmerzen muß umgehend in der Frauenklinik vorgestellt werden !

Jeder Aufschub kann die Situation für die Schwangere entscheidend verschlechtern !

(DD: Cholzystolithiasis, Harnstauung, Appendizitis,

Intercostalneuralgie ...)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 21

HELLP-Syndrom (4)

Verlauf / Prognose

Nicht kalkulierbar

Foudroyante Verschlechterung innerhalb weniger Stunden mgl.

In 40% auch kurzfristige Besserung / Rückbildung

Mütterliche Letalität 3 %

Perinatale Mortalität 5-24 %

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 22

HELLP-Syndrom (5)

Komplikationen Mutter

- Vorzeitige Plazentalösung (15-20 %)

- Niereninsuffizienz (8 %)

- Lungenödeme 4,5 %)

- Intracerebrale Blutung (5-10 %)

- Leberruptur 1,5-2 %)

- DIC (4-38 %)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 23

HELLP-Syndrom (6)

Komplikationen Kind

- Vorzeitige Plazentalösung, IUFT, schwere Asphyxie

- Chronische Plazentainsuffizienz, IUGR

- Frühgeburtlichkeit

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 24

HELLP-Syndrom (7)

Wiederholungsrisiko ??

3-24 % ! in Folgeschwangerschaft

Nach schwerer Präeklampsie im II. Trimenon (sog. early onset

preeclampsia, vor 28. SSW) ... 65 %in Folgeschwangerschaft

Folgen

Nach Eklampsie ca. 24 % der Frauen mit persistierender Hypertonie

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 25

HELLP-Syndrom (8)

Therapie

Entbindung / Sectio caesarea; wenn mgl. fetale Lungenreifeinduktion (vor 34. SSW)

Intensivmedizinische Überwachung und Therapie für 24-48 h

Antihypertensive Therapie ausschleichen, Methyl-Dopa Mittel der Wahl

Stillen mgl.

6 Wochen p.p.internistisch/nephrologische Kontrolle; Beurteilung des Augenhintergrunds, 24-h-RR-Messung

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 26

Blutungen nach der 24. Schwangerschaftswoche

Ursachen

- Plazenta prävia

- Vorzeitige Lösung der richtig sitzenden Plazenta

- Insertio velamentosa

- Geburtsbeginn

- (Uterusruptur)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 27

Plazenta prävia (1)

Definition

- 0,2 – 0,5 % aller Geburten

- Abartige Insertion der Plazenta in den unteren Uterusanteilen

Formen

- Pl. prävia marginalis (ca. 50 %)

- Pl. prävia partialis (ca. 30 %)

- Pl. prävia totalis (ca. 20 %)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 28

Plazenta prävia (2)

Ursache

- Tiefe Einnistung der Blastozyste

- Häufiger bei Mehrgebärenden, älteren Schwangeren,

vorausgegangenen Uterus-Operationen (Abortcuerettage, Abruptio,

Sectio caesarea, Myomenukleation), Entzündungen

Symptome

- Blutung, rezidivierend – schmerzlos !

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 29

Plazenta prävia (3)

Komplikationen

- Mütterliche Mortalität < 1%

- Kindliche Mortalität 10-15 %, nach 36. SSW ca. 5 %

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 30

Vorzeitige Lösung der (richtig sitzenden) Plazenta (1)

Definition

- partielle oder vollständige Ablösung der Plazenta nach der 20. SSW

Häufigkeit

- 0,7 – 1,1 % aller Geburten (schwere Verläufe 0,2 – 0,5 %; leichte / asymptomatische 1 %)

Ursachen

- Meist unbekannt

- Häufiger bei Hydramnion, nach Geburt des I.Zwillings, äußere Wendung bei BEL, Zug an der zu kurzen Nabelschnur, vorzeitigem Blasensprung

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 31

Vorzeitige Lösung der (richtig sitzenden) Plazenta (2)

Symptome

- Plötzlich einsetzende, schmerzhafte Blutung

- Übergang in anhaltenden Dauerschmerz

- Dolenter Uterus

- Stadium 0 (leicht) – III (schwer ... Schock, Gerinnungsstörung, IUFT)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 32

Uterusruptur (1)

Definition

- Gefährlichste Weichteilverletzung des Uterus während der Schwangerschaft und unter der Geburt

Häufigkeit

- < 0,1 %, bei Z.n. Sectio caesarea 1-2 %

- Häufiger bei Mehrgebärenden

- Überdehnungsrupturen

(Strauß et al., Spez Notfallmed 2008; 3: 237-255)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 33

Uterusruptur (2)

Symptome

- Können unspezifisch sein

- Diffuse abdominale Beschwerden bis zu starkem (plötzlich)

einsetzendem Schmerzzustand

- Stärkere Blutungen in das Abdomen ...Kreislaufsymptomatik, Schock

- Fehlende KBW

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 34

Insertio velamentosa

Definition

- Pathologischer Ansatz der Nabelschnur, Gefäße verlaufen frei zwischen Amnion

und Chorion

Häufigkeit

- ca. 1 %

Klinik

- Abrupte Blutung bei Blasensprung

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 35

Pl. prävia, vorzeitige Plazentalösung, Uterusruptur, Insertio velamentosa

Pl.prävia Vorzeitige

Plazentalösung

Insertio

velamentosa

Uterusruptur

Schmerzfreie

Blutung

Schmerzhafte

Blutung, häufig

plötzlich

einsetzend,

Uterus dolent,

Keine KBW

Abruptes

Einsetzen der

Blutung nach

Blasensprung,

u.U: Wehen

Plötzlicher,

vernichtender

Schmerz,

Schock

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 36

Pl. prävia, vorzeitige Plazentalösung, Uterusruptur, Insertio velamentosa

Außerklinische Therapie im Notfall

- Keine vaginale Untersuchung – Blutung kann verstärkt werden

- Blick in den Mutterpaß, Befragung der Patientin

- Großlumiger Zugang, Infusion zur Kreislaufstabilisierung, 500 ml HAES 5%

- Verlegung (RTW, Notarzt) in Klinik, tel. Vorabinformation

- Evtl. Wehenhemmung (Fenoterol 25-50 µg / Bolus iv. – NW: maternale Tachykardie; alternativ 2 Hübe Asthmaspray; [1 doppelter Wodka])

Klinische Therapie im Notfall

- Entbindung

- Stabilisierung der Gerinnung

- Intensivmedizinische Überwachung

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 37

Nabelschnurvorfall

Definition

- Ein oder mehrere Nabelschnurschlingen sind nach dem Blasensprung vor dem Kopf (oder Steiß) des Kindes eingeklemmt

Häufigkeit

- 0,3 – 0,7 % (selten !)

Außerklinische Notfalltherapie

- Sofort Beckenhochlagerung oder Knie-Ellenbogenlage

- Iv.-Tokolyse mit Fenoterol 50 µg (Bolus)

- Eingehen mit der Hand vaginal, Kopf / Steiß hochschieben

- Niemals Reposition versuchen !

(Haas B et al., Geburtsh Perinatalmed 2009; 3: 105-117)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 38

Fruchtwasserembolie (1)

Definition

- Syn. Amnioninfusionssyndrom, Eindringen von Fruchtwasser in eröffnete uterine mütterliche Venen sub partu oder p.p.

Häufigkeit

- 1:30.000, foudrouyantes Ereignis selten, dann aber Letalität 80-90 %

Pathophysiologie

- Fruchtwasser, korpuskuläre Bestandteile verlegen pulmonale Mikrozirkulation, pulmonale Hypertonie ... Rechtsherzversagen ... Linksherzversagen ... Arterielle Hypotonie

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 39

Fruchtwasserembolie (2)

Klinik

- Schock

- Respiratorische Insuffizienz

- Gerinnungsstörung (Afibrinogenämie, Thrombozytopenie)

- DIC

Außerklinische Notfalltherapie

- bei klinischem Verdacht Intubation, Beatmung

- Infusion

- Notfallverlegung in die Klinik

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 40

Geburt (1)

In der Regel ungeplant, 0,25 % Hausgeburten (davon 0,1 % geplant !)

99 % aller Kinder in SL

Mehrgebärende, Frühgeburten, kleine Kinder, Zervixinsuffizienz

Starke Wehen, Preßdrang

Versuch der Wehenhemmung 25 g Fenoterol iv. (alternativ 2 Hübe

Berotec-Spray)

Linksseitenlage

Sauerstoffapplikation-Applikation

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 41

Geburt (2)

Saubere Unterlage, 2 sterile Klemmen, Absaugung, warmes Tuch

Kind abnabeln, abtrocken (cave: Verdunstungskälte) + Alufolie

Kind nur vorsichtig absaugen (cave: Vagusreflex ... Bradykardie)

Mutter und Kind in die Klinik, Plazenta nicht vergessen !

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 42

Gynäkologische Notfälle

Sexualdelikt

Abort

Extrauteringravidität

Akute Adnexitis

Adnextorsion

Zystenruptur

Postmenopauseblutung

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 43

Sexualdelikt (1)

Frauen nicht alleine lassen

behutsame Anamneseerhebung

Untersuchung der Genitalregion nur im Ausnahmefall (starke Blutung)

auf typische Symptome achten Hämatome an Oberschenkelinnenseite

Würgemale, Kratzspuren

eingedrungene Fremdkörper belassen

großzügige Analgesie und Sedierung

immer Vorstellung in einer Frauenklinik

Dokumentation ! --- niemals Interpretation !

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 44

Sexualdelikt (2)

Patientin nicht duschen oder waschen lassen

Kleidung und Wäsche asservieren

Patientin auf Möglichkeit einer Anzeige hinweisen

bei (Verdacht auf) Kindesmissbrauch Jugendamt einschalten

bei bewußtloser oder unzurechnungsfähiger Patientin selbst Anzeige erstatten

Patientin auf Notruf der Frauenhäuser hinweisen

gynäkologische Untersuchung immer durch Facharzt für Gynäkologie

Ggf. Rufbereitschaft der Rechtsmedizin konsultieren !

Rostock: 0172 / 9506148

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 45

Abort (1)

Definition:

- Vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft durch Ausstoßung einer

toten Frucht mit einem Geburtsgewicht < 500 g

Epidemiologie

- Häufigkeit 10-15 % bezogen auf alle Geburten, Wiederholungsrisiko

20%, ( bei habituelle Aborte > 30% !)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 46

Abort (2)

Einteilung:

- Spontanabort / artefizieller Abort (Abruptio - § 218) / krimineller Abort

- Frühestabort

- Frühabort bis 12. vollendete SSW

- Spätabort bis 22. SSW

- Febriler Abort

Ursachen

- Vielfältig ! – siehe Lehrbücher der Gynäkologie und Geburtshilfe

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 47

Abort (3)

Klinik

- Krampfartige Unterbauchschmerzen

- Blutungen, „Stückabgang“

- Evtl. Kreislaufdysregulation

Notfalltherapie

- Venöser Zugang

- Infusion

- Transport in Klinik

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 48

Extrauteringravidität (1)

Definition

- Entwicklung der Frucht

außerhalb des Cavum uteri

Häufigkeit:

- 1:30 bis 1:320 Geburten

Lokalisation:

- 95 % der Fälle Tubargravidität

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 49

Extrauteringravidität (2)

Klinik

- Stadium I symptomlos

- Stadium II symptomarmes Stadium, sekundäre Amenorrhoe 6-8 Wochen, Schmierblutung, uncharakteristische abdominale Schmerzen einseitig

- Stadium III peritonealer Schock bei Tubarabort oder Tubarruptur, Akutes Abdomen, Schmerzen, Abwehrspannung (peritoneale Reizung)

- Häufig plötzlicher Beginn

Notfalltherapie

- Venöser Zugang

- Kreislaufstabilisation (500 ml HAES, 500 ml Elektrolytlösung

- Transport in die Klinik (RTW !)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 50

Extrauteringravidität (3)

Tubarabort Tubarruptur

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 51

Extrauteringravidität (3)

Tubarabort Tubarruptur

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 52

28-jährige Nullipara, bekannte Aortenstenose II - III. Grades

Pat. bricht bewußtlos zusammen Information Rettungsdienst (Arztpraxis) bei Eintreffen des RTW: - Patientin ansprechbar; RR 110/70, HF 97/min

Notarzt: Flexüle, kristalloide Lösung

UFK: Ultraschall; OP-Indikation (RR 90/50), Transfusionsbereitschaft OP-Vorbereitung: RR nicht meßbar, HF 134/min Ileuseinleitung mit Ketamin, massive Volumensubstitution

Pelviskopie: ca. 3 l Blut im Bauch, Tubarruptur mit spritzender Blutung

trotz Volumentherapie keine Kreislaufstabilisierung (3l HAES, 2 l Jonosteril) nach Applikation von 4 TE EK und 800 ml FFP: RR 120/80 danach Oxygenierung eingeschränkt (Sa02 90 - 93%), Verlegung ITS: beginnendes Lungenödem, vorsichtige Katecholamintherapie nach 24 h Extubation, nach 48 h Verlegung UFK

Kasuistik Tubarruptur

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 53

Akute Adnexitis, Adnextorsion, Zystenruptur (1)

Akute Adnexitis Adnextorsion Zystenruptur

Ursache Meist bakteriell bedingte

Entzündung

Sog. Stieldrehung einer

Adnexe

Ruptur einer fkt. Zyste

des Ovars

Klinik Abdominale Schmerzen,

peritoneale Reizung, Fluor

vaginalis, Fieber

Akuter plötzlicher

Schmerzbeginn, häufig

bewegungabhängig,

Dauerschmerz, Übelkeit,

Erbrechen

Kreislaufdysregulation

Plötzlicher

Schmerzbeginn, meist

dann abklingend,

Übelkeit, Erbrechen,

Kreislaufdysregulation

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 54

Akute Adnexitis, Adnextorsion, Zystenruptur (2)

Notfalltherapie

- Venöser Zugang

- Indifferente Infusion

- Evtl. Spasmolytika

- Evtl. Analgetika

(aus: Atlas EndoGynTV) (aus: Stoff-Khalali, UFK Köln 2008)

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 55

Postmenopauseblutung

Definition:

- Vaginale Blutung 1 Jahr nach letzter spontaner Menstruation

Klinik

- Vaginale Blutung unterschiedlicher Intensität, Kreislaufdysregulation

Ursachen

- Karzinome (Endometrium, Vagina, Vulva, Harnblase, Rectum)

Notfalltherapie

- Venöser Zugang, indifferente Infusion, evtl. Scheidentamponade

- Verlegung in die Klinik

28.09.2016 UNIVERSITÄT ROSTOCK | MEDIZINISCHE FAKULTÄT 56

Vielen Dank für Ihre

Aufmerksamkeit !