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Die Hauszeitung des SchillerGartens zu Dresden-Blasewitz 4. Jahrgang, 1. Ausgabe, Februar 2008 „Brüder, fliegt von euren Sitzen, wenn der volle Römer kreist. Lasst den Schaum zum Himmel spritzen: Dieses Glas dem guten Geist!“ „An die Freude“, Friedrich Schiller Editorial Vielleicht ist es ja der „Gute Geist“, den Friedrich Schiller im obigen Spruch bedichtet, der über oder vielleicht gar in dem Traditionsgasthaus an der Elbe schwebt. Gese- hen hat ihn noch keiner, wohl aber hat er offenbar so manchem Wirt in der 300- jährigen Geschichte des Hauses den Weg gewiesen und glanzvolle Zeiten er- möglicht. Wo er sich ausruh- te, als es mal nicht so gut lief für die Wirte, ist nicht be- kannt. Ganz gleich, Grund zum Feiern gab es jedenfalls zu allen Zeiten immer wie- der, Ende des vergangenen Jahres besonders, als ein neues historisches Buch über den SchillerGarten so- wie Blasewitz aus der Taufe gehoben wurde. Bei Buch- entstehung und –premiere hielt der „Gute Geist“ seine schützende Hand, nachzule- sen in dieser Ausgabe des Potz Blitz. Schiller allerdings scheint sich nicht so recht in der Gastronomie auszuken- nen – oder warum spritzt der (Bier-)Schaum bei ihm aus einem (Wein-) Römer? Adolf Rothermundt war ein Blasewitzer Kunstsammler, der Anfang des 20. Jahrhunderts eine große private Sammlung mit Bildern von Liebermann, Cézanne und Manet in seiner Villa zusammengetragen hatte. Lesen Sie mehr auf Seite 12. Inhalt In eigener Sache: Neues Buch vom SchillerGarten 3 Der besondere Gast: Jürgen Flückschuh . . . . . . . . . 5 Historie: Gastwirt Bruno Wendler . . . . . 6 Literatur: Schillersprüche im Alltag . . . . . 9 Blasewitz: Kunstsammler Rothermundt . 12 Zu Gast: Im Stadtarchiv Dresden . . . . 16 Loschwitz: Sternwarte Manfred v. Ardenne 18 Sächsische Küche: Die Kartoffelsuppe . . . . . . . . 21 Foto: Dörte Gerlach Eine neue Zeit- rechnung hat begonnen, lie- be Gäste: die der rauchfrei- en Gastrono- mie in Sach- sen. Die Zeit, in der man eine gute Zigarre nach dem Es- sen genießen konnte, gehört nun der Vergangenheit an. Ich selbst hätte mir eine weniger reglementierende Lösung wie zum Beispiel die Möglichkeit zum eigenver- antwortlichen Einrichten von Nichtraucher- und Rau- cherbereichen von unseren Politikern gewünscht. Ich denke, dass damit den Wün- schen aller Gäste hätten ent- sprochen werden können. Doch nun hat es uns der Gesetzgeber vorgeschrieben und wir müssen lernen, auch damit umzugehen. Adolf Rothermundt Foto: Archiv Foto: Ausstellungskatalog „Von Monet bis Mondrian“ Geistreiches und Historisches Ihr Gastwirt Frank Baumgürtel

Geistreiches und Historisches - Schillergarten...Impressum Herausgeber: SchillerGarten Dresden GmbH, Schillerplatz 9, 01309 Dresden Tel. 0351 / 811 99 0 • Fax 0351 / 811 99 23 •

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  • Die Hauszeitung des SchillerGartens zu Dresden-Blasewitz 4. Jahrgang, 1. Ausgabe, Februar 2008

    „Brüder, fliegt von euren Sitzen, wenn der volle

    Römer kreist. Lasst den Schaum zum Himmel

    spritzen: Dieses Glas dem guten Geist!“

    „An die Freude“, Friedrich Schiller

    Editorial

    Vielleicht ist es ja der „GuteGeist“, den Friedrich Schillerim obigen Spruch bedichtet,der über oder vielleicht garin dem Traditionsgasthausan der Elbe schwebt. Gese-hen hat ihn noch keiner,wohl aber hat er offenbar somanchem Wirt in der 300-jährigen Geschichte desHauses den Weg gewiesenund glanzvolle Zeiten er-möglicht. Wo er sich ausruh-te, als es mal nicht so gut lieffür die Wirte, ist nicht be-kannt. Ganz gleich, Grundzum Feiern gab es jedenfalls

    zu allen Zeiten immer wie-der, Ende des vergangenenJahres besonders, als einneues historisches Buchüber den SchillerGarten so-wie Blasewitz aus der Taufegehoben wurde. Bei Buch-entstehung und –premierehielt der „Gute Geist“ seineschützende Hand, nachzule-sen in dieser Ausgabe desPotz Blitz. Schiller allerdingsscheint sich nicht so recht inder Gastronomie auszuken-nen – oder warum spritztder (Bier-)Schaum bei ihmaus einem (Wein-) Römer?

    Adolf Rothermundt war einBlasewitzer Kunstsammler, derAnfang des 20. Jahrhundertseine große private Sammlungmit Bildern von Liebermann,Cézanne und Manet in seinerVilla zusammengetragen hatte.Lesen Sie mehr auf Seite 12.

    Inhalt

    In eigener Sache:Neues Buch vom SchillerGarten 3

    Der besondere Gast:Jürgen Flückschuh . . . . . . . . . 5

    Historie:Gastwirt Bruno Wendler . . . . . 6

    Literatur:Schillersprüche im Alltag . . . . . 9

    Blasewitz:Kunstsammler Rothermundt . 12

    Zu Gast:Im Stadtarchiv Dresden . . . . 16

    Loschwitz:Sternwarte Manfred v. Ardenne 18

    Sächsische Küche:Die Kartoffelsuppe . . . . . . . . 21

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    Eine neue Zeit-rechnung hatbegonnen, lie-be Gäste: dieder rauchfrei-en Gastrono-mie in Sach-sen. Die Zeit, in der man einegute Zigarre nach dem Es-sen genießen konnte, gehörtnun der Vergangenheit an.Ich selbst hätte mir eineweniger reglementierendeLösung wie zum Beispiel dieMöglichkeit zum eigenver-antwortlichen Einrichtenvon Nichtraucher- und Rau-cherbereichen von unserenPolitikern gewünscht. Ichdenke, dass damit den Wün-schen aller Gäste hätten ent-sprochen werden können.Doch nun hat es uns derGesetzgeber vorgeschriebenund wir müssen lernen,auch damit umzugehen.

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    Geistreiches und Historisches

    Ihr GastwirtFrank Baumgürtel

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  • Impressum

    Herausgeber: SchillerGarten Dresden GmbH, Schillerplatz 9, 01309 DresdenTel. 0351 / 811 99 0 • Fax 0351 / 811 99 23 • www.schillergarten.de Konzept, Gesamtherstellung & Verlag: 2dPROJECT, Enderstr. 59, 01277 Dresden Tel. 0351 / 250 76 70 • Fax 0351 / 250 76 80 • www.2dproject.de

    Redaktion: Verantw.: Daniella Fischer, Tel. 0351 / 250 76 [email protected] M. Bugnowski, Susanne Dagen, Matthias Griebel, Dagmar Möbius, Christian Mögel, Ingrid Wenzkat Fotos: Dörte Gerlach, Archiv SchillerGarten, Archiv Christian Mögel,Karlheinz Georgi, Ausstellungskatalog „Von Monet bis Mondrian“,Klassikstiftung Weimar/Olaf Mokansky, WikipediaSatz, Druckvorlagen, Produktionsleitung: Dörte GerlachLektorat: Rosemarie Knöfel

    Druck: addprint AG, Am Spitzberg 8a, 01728 Possendorfwww.addprint.deGedruckt auf chlorfrei gebleichtem Druckfix, ausgezeichnetmit dem „Blauen Umweltengel“

    Anzeigenleitung: Barbara Groß, Tel. 0177 / 705 58 [email protected] für Ausgabe 2/2008: 20.04.08Redaktionsschluss für Ausgabe 2/2008: 20.04.08Erscheinungstermin Ausgabe 2/2008: 10.05.08

    Nachdruck, Vervielfältigung, Verbreitung in elektronischen Medienvon Inhalten und Abbildungen nur mit schriftlicher Genehmigungdes Verlages. Anzeigen sind urheberrechtlich geschützt. Für unver-langt eingesandte Unterlagen übernimmt der Verlag keine Haftung.Zurücksendung erfolgt nicht. Der Verlag übernimmt keine Gewährfür die Richtigkeit der Angaben in den veröffentlichten Texten. AlleRechte vorbehalten.Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 01.02.2005.

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    SchillerGartendreidimensional

    Seit Ende vergangenen Jahres können Gäste des Schiller-Gartens auch virtuell durch das Haus spazieren. Auf derInternetseite des Traditionsrestaurants www.schillergarten.dekönnen unter der Rubrik „Rundgang“ insgesamt zehn ver-schiedene Punkte in Haus und Biergarten ausgewählt wer-den. An jedem dieser Punkte ist ein 360-Grad-Blick imRaum möglich. Dieser Service ist gerade auch fürOrtsunkundige wichtig, die sich auf diese Weise vorab überdie Räumlichkeiten des Gasthauses informieren können. Schillerstadt

    DresdenWie aus dem Informations-blatt „Dresdner Zahlen aktu-ell“ der Stadt Dresden zu ent-nehmen ist, ist Dresden einewahre „Schiller-Stadt“. Insge-samt gibt es zur Zeit 3.145benannte Brücken, Straßenund Plätze, jede dritte Straßeist nach einer historischenPerson benannt. Von den 104nach Personen benanntenStraßen kommen 60 Prozentaus Kunst, Literatur und Wis-senschaft. UnangefochtenerSpitzenreiter ist FriedrichSchiller: Er ist im Straßenver-zeichnis sechs Mal vertreten.

    Das Geheimnis um den Schä-del von Friedrich Schiller istnoch nicht gelöst. Seit übereinem Jahr laufen auf Ver-anlassung der Klassik Stif-tung Weimar DNA-Unter-suchungen am exhumiertenSchädel Friedrich Schillers,über dessen Authentizität bisheute ein Gelehrtenstreitherrscht. Wie die KlassikStiftung Weimar und dasMDR Landesfunkhaus Thü-ringen, was eine Dokumen-tation dazu senden wird, imHerbst 2007 bekannt gaben,werden weitere wissenschaft-liche Untersuchungen durch-geführt. An dem wissenschaftlich fun-dierten, interdisziplinären Pro-

    jekt sind namhafte Instituteund Wissenschaftler beteiligt.Es entsprang dem Wunschder Klassik Stiftung Weimar,die Authentizität der Reliktezweifelsfrei zu klären. DieStiftung stellte die in ihremBesitz befindlichen sterb-lichen Überreste, die Fried-rich Schiller zugeordnet wer-den, zur Verfügung: den sogenannten „Fürstengruft-Schädel“, den so genannten„Froriep-Schädel“, mutmaß-lich zu den beiden Schädelngehörige Skelette und dreiHaarlocken, die möglicher-weise von Schiller stammen.Eine Ausstrahlung des Filmesist nunmehr für Mai 2008vorgesehen.

    Mit einer Ausstellung von 68großformatigen Fotos „Zwi-schen Schankwirtschaft undBallsaal“ präsentiert dieSächsische Landesbibliothek– Staats- und Universitätsbi-bliothek bis zum 30. Juni 2008historische Motive sächsischerRestaurants, Schankwirtschaf-ten und Ballhäuser. Sie

    macht damit begehrte Post-kartenmotive von Innen- undAußenaufnahmen aus der imJahr 1997 übernommenenSammlung des Postkarten-verlages A. & R. Adam öffent-lich. Die Ausstellung ist mon-tags bis sonnabends von 8 bis24 Uhr an der Galerie im Lese-saal zu sehen.

    Ballhäuser, Biergärtenund Gaststätten

    Historische Fotos im Lesesaal der SLUB

    Der Friedrich-Schiller-Code –noch nicht geknackt!

    Oberelbemarathon 2008Zum 11. Mal findet am 27. April der Renta-Oberelbe-Marathon statt. Entlang des Elberadwegs begeben sich dieMarathonis vom Startpunkt in der Sächsischen Schweiz biszum Ziel im Heinz-Steyer-Stadion auf eine der landschaftlichreizvollsten Marathonstrecken. Bereits zu Jahresbeginn konn-ten die Veranstalter steigende Teilnehmerzahlen registrieren.Als einen vollen Erfolg wertete Organisationsleiter Uwe Sonn-tag die Präventionsaktion für einen gesunden Laufsport, diegemeinsam mit dem Uniklinikum Dresden ins Leben gerufenwurde. Gegen einen rabattierten Betrag können sich Läufereiner sportmedizinischen Untersuchung unterziehen. AufKilometer 35 der Marathonstrecke – am SchillerGarten –wird wieder eine Verpflegungsstation eingerichtet. DasTraditionsgasthaus ist wie in den letzten Jahren einer derHauptsponsoren.

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  • „Mein Schillergarten“ – An-spruch und Erfüllung fürviele Blasewitzer, Dresdnerüberhaupt und auch Gästeder Stadt. Jede Stätte, die derBegegnung dient, entwickeltihren eigenen Charakter, um-so mehr, wenn sie seit et-lichen Jahrhunderten fortbe-steht. Sie ist getränkt vonErlebnissen, überwiegend hei-ter-kulinarischen bis feucht-fröhlichen, wie es der Ortselbst verspricht: nämlich Gast-haus zu sein. Sie sammelt dieNamen interessanter Persön-lichkeiten, die hier verweilten,vermerkt glanzvolles Haus-halten der Wirte oder ihrklägliches Versagen, wird aberebenso betroffen von den Bit-ternissen der Zeitereignisse.– Und, ist sie so alt und an soprägender Stelle etabliert wieder SchillerGarten, dann ist siegeadelt durch Legenden. Diese Fülle von mehr oderminder vagen Einzelbildernzusammenzufassen, zu ordnenund interessant aufzuschrei-ben, übernahm DaniellaFischer im Auftrag des außer-ordentlich innovativen Schiller-Garten-Wirtes Frank Baum-gürtel sowie der Miteigen-tümer Steffen Brasche undThomas Jacob 2006. Gemein-sam mit Dörte Gerlach, dieIllustrationskonzept, Layout,Satz und Herstellung exzel-lent besorgte sowie einem aus-

    gezeichneten Team bis zur End-herstellung durch die DruckereiThieme, Meißen, konnte schonfür Oktober 2007 der Redak-tionsschluss festgelegt werden. Sie alle waren gekommen, alsbereits am 26. November einBand aus der Taufe gehobenwerden konnte, der weit mehrist als eine Huldigung an einesder ältesten Gasthäuser derStadt, sondern ein regional-geschichtliches Mosaik vonernst zu nehmendem Erkennt-niswert in optischer Vielfalt. Dank dieses Fundamentes er-hielt sein „Taufabend“ einenebenso festlichen wie anre-genden Charakter, bei dem derBlick aus dem Elbzimmer aufBrücke, Fluss und Loschwit-zer Ufer im Schein der Lichterund Dialoge zu Geschichteund Geschichten bildete, de-ren Wiederbelebung DaniellaFischer nun auch als Mode-ratorin, von einer Diaschaubegleitet, temperamentvoll ze-lebrierte. Als Matthias Griebel,unser aller Matz, mit Ein-blicken in das Kapitel „Dar-ben und Schlemmen von Bier-suppe bis Hummer“ ein Buffeteröffnete, mit dem die Schiller-Garten-Wirte ihre Gaumen-kompetenz schmackhaft de-monstrierten, war schlüssig be-wiesen: Der SchillerGarten –ein „Gasthaus voller Leben“.

    Ingrid Wenzkat

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    In eigener Sache

    „Mein Schillergarten“ –Ein Gasthaus voller Leben

    Buchpremiere im Traditionsgasthaus

    Buchpremiere: Steffen Brasche, Frank Baumgürtel, Daniella Fischer, Thomas Jacob und Dörte Gerlach (v.r.n.l.)

    Autorin Daniella Fischer während der Buchlesung

    Lesen, Blättern, Entdecken ...

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    Matthias (Matz) Griebel liest aus dem neuen Buch

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    Sie treffen sich aller zwei Mo-nate. Den gemeinsamen Abendbeginnen sie mit einem frischGezapften am langen Zinn-tresen im Schankraum. Ist esZeit, begeben sie sich in dasElbzimmer. Was dann ge-schieht, erfährt Potz Blitz nurdurch Hören-Sagen: Ein Pro-tokoll wird verlesen, Diskus-sionen werden geführt, Be-schlüsse gefasst. Getrunkenwird aus extra angefertigtenBierkrügen aus Meißner Por-zellan – namentlich gekenn-zeichnet, sonst in einem ver-schlossenen Glasregal ver-wahrt und von einem Krug-wart verwaltet. Der Vorsit-zende, sagt man, sei manch-mal ein Diktator, er leite dieVersammlung straff und ziel-führend. Beitreten kann manihrer Runde nicht, sie beru-fen ihre Mitglieder – und Gäs-te haben sie noch nie empfan-gen. Auch Frauen nicht. Sie be-sitzen eine strenge Satzung.„Sie“ – das sind derzeit 27

    hochkarätige Herren aus Wirt-schaft, Kultur und Politik. Sowie Schiller einst Weimar-scher Rat war, sind sie heutedie Räte des SchillerGartens.Sie sind der „Beirat desSchillerGartens zu Dresden-Blasewitz“.

    Nostalgie purWas wie ein Bericht über dieRituale eines alten Ritteror-dens klingt, ist in Wahrheiteine wohl einzigartige Ge-meinschaft. Sie hat nichts zutun mit elitärem Dünkeleiner höheren Gesellschafts-schicht, auch nichts miteinem „Aufsichtsrat“. Sie isteine nostalgische, liebenswer-te Vereinigung von wichtigenPersönlichkeiten, die Gast-wirt Frank Baumgürtel undseine Partner seit zehn Jah-ren um sich geschart haben.Entstanden aus dem „Braue-

    rei-Beirat“ des Waldschlöss-chens, das Frank Baumgürtelvor dem SchillerGarten be-trieb, ist die Gemeinschaft inden SchillerGarten gefolgt.Waren es zu Waldschlöss-chen-Zeiten vornehmlich so-ziale Projekte, die der Beirat

    aus seinen Mitgliedsbeiträgenförderte, sind es nun regionaleund kulturgeschichtliche Ak-tivitäten, die er unterstützt.Seit dem Einzug in das Tra-ditionsgasthaus am BlauenWunder steht Friedrich Schillerim Vordergrund. So wurdenzum Beispiel aus Mitteln desBeirates die Schiller-Gedenk-säule auf der Terrasse restau-riert sowie die Medaillons der„Gustel von Blasewitz“ undvon Schiller wiederherge-stellt. Und auf dem Protokollihrer geheimen, männlichenSitzungen stehen auch schonmal solche Augenzwinker-Punkte wie „Einrauchen ei-nes Aschenbechers“ oder„Bekömmlichkeits-Proben“.

    WertvollesZusammenwirken„Natürlich besteht zwischenden Mitgliedern ein Netz-werk“, erläutert der Vorsit-zende des Beirates, WolfgangZimmermann. „Aber das insolchen Vereinigungen häufigvordergründige ‚Geschäftemachen‘ ist hier nicht domi-

    nierend. Vielleicht sind vieleMitglieder daher auch so ent-spannt.“ Wolfgang Zimmer-mann, im Februar erneut –einstimmig! – für die nächs-ten zwei Jahre zum Vorsit-zenden gewählt, empfindetdas bewundernswerte Zusam-menwirken im Beirat als sehrwertvoll für sich und die Mit-

    glieder. Diese sehen sich alsRepräsentanten eines an Tra-dition reich gesegneten Gast-hauses – und diese Funktionnehmen sie ernst. Nicht nur,dass sie mit eigenen Geschäfts-partnern und Freunden inden SchillerGarten kommenund damit ein Stück Regio-nalgeschichte weitertragen.Sie sind auch angehalten,während ihrer Aufenthalteim Haus auf Qualität und

    Service zu achten. Auf gemein-samen Sonderveranstaltungenbesuchen sie Unternehmenoder kulturelle Einrichtungenund bewahren sich ihrenBlick über den Tellerrand derSchillerGarten-Gerichte undder eigenen Unternehmen.Einmal im Jahr veranstaltensie eine „Beirats-Ausfahrt“,waren schon in München,Prag, Marienbad, Wroclaw,Coburg, Görlitz/Bad Muskau,Quedlinburg/Wernigerodeund in Weimar. Der Earl of Chesterfield, einenglischer Staatsmann undSchriftsteller, prägte einst ei-nen weisen Satz: „Guter Ratist selten willkommen; amwenigsten bei denen, die ihnam nötigsten hätten.“ Gast-wirt Frank Baumgürtel hatteund hat – so attestiert ihmBeiratsmitglied Jürgen Flück-schuh, Vorstandsvorsitzenderder Ostsächsischen Sparkasse– im unternehmerischen Sin-ne einen „Rat“ oder einen„Beirat“ nie nötig. Aber diesist vielleicht der Grund, wa-rum ihm seine 27 „Beiräte“daher stets so willkommensind. Daniella Fischer

    Ein Rat für alle Fälle

    Mitglieder des Beirats des SchillerGartens zu Dresden-Blasewitz

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  • Herr Flückschuh, beginnenwir mit einem Gedankenexpe-riment. Können Sie sich eineWelt ohne Geld vorstellen?Es wird viel diskutiert, ob maneinmal ohne Bargeld lebenwird. Wir haben Kreditkarten,den Geldverkehr über Inter-net, vielleicht braucht maneines Tages kein Bargeld mehr.Aber eine Welt ohne eine Wert-einheit kann ich mir nichtvorstellen.Sie sind seit 1991 in Dresden.Was finden Sie hier lebenswert?Alles. Dresden ist eine wunder-schöne Stadt. Man muss inDeutschland lange suchen, soetwas zu finden. Viel schönerals hier kann man nicht leben. Welche Aufgaben haben Sie?Ich bin verantwortlich für Ko-ordination und Vertrieb undkümmere mich um den pri-vaten als auch den Firmen-kundenbereich. Wir haben ei-ne sehr gute Mannschaft mit750 Mitarbeitern und sind mitetwa 550.000 PrivatkundenMarktführer. Wie zufrieden sind Sie mit demvergangenen Geschäftsjahr?Wir sind sehr zufrieden.Trotz aller Schlagzeilen umdie Landesbank ist es für unsgut gelaufen. Wir haben un-sere Ziele sowohl auf Kunden-seite als auch bei der Verbes-serung innerer Strukturenerreicht. Sie erwähnen das Thema Lan-desbank. Sind die Sparkassenein Hort der Stabilität?Die Sparkasse ist seit 1821 einHort der Stabilität und wurdeaus dem Wunsch einer einfa-chen Dienstmagd heraus ge-gründet, ihre Spargroschen

    sicher verwahren zu wollen.Um 1860/70 begannen sichdann Banken zu gründen. Wirhaben den Kollegen also etwa50 Jahre Erfahrung voraus.Warum sollte man zur Spar-kasse kommen?Da sage ich nur: „Wenn’s umGeld geht – Sparkasse!“Auch Kreditinstitute suchennach Wegen, neue Kunden zugewinnen. Ist nicht alles schonerfunden?Es geht immer um Kunden-bindung. Über welche Ver-triebskanäle will ich Kundenbedienen? Gerade die Ent-wicklung im Internet hat völ-lig neue Wege gezeigt. Auchhier sind wir einer der größtenAnbieter mit über 140.000Kunden, die ihren Zahlungs-verkehr online abwickeln.Neu seit Januar 2007 ist un-ser Angebot „S-Mobil“. Siekönnen mit einem Mitarbei-ter einen Termin für zu Hausevereinbaren. Dieser Vertriebs-weg ergänzt unser stationäresKerngeschäft in den Filialenund den medialen Vertriebüber Internet.Auf ihrer Internetseite gibt esBereiche in tschechischer undpolnischer Sprache. Warum?Wir haben in den Grenzre-gionen nicht wenige Kundenaus den Nachbarländern. Undda wir Mitarbeiter haben, dietschechisch, polnisch oderauch russisch sprechen, nut-zen wir unseren strategischenVorteil und bieten unsereDienstleistung in der Mutter-sprache unserer Nachbarn an. Unabhängig vom Internet ge-ben Sie das Kundenmagazin„Canaletto“ heraus. Warum?

    Es ist für uns ein sehr wichti-ges Kundenbindungsinstru-ment. Wir wollen mit redak-tionellen Beiträgen Themenlinks und rechts unseres ei-gentlichen Finanzgeschäftesbeleuchten und über dieRegion berichten, in der wirleben und wo unsere Kundenzu Hause sind. So finden Siedarin kulturelle, sportlicheund regionale Themen. Die Ostsächsische Sparkasseist mit ihren Stiftungen einerder wichtigsten Förderer kul-tureller, sozialer und sport-licher Projekte.Hier, wo wir zu Hause undunsere Kunden sind, wolltenwir uns von Anbeginn für einlebenswertes Umfeld einsetzen.Wir können nicht nach Asienoder Amerika gehen, unserGeschäft ist regional. Dieswar die Gründungsidee derStiftungen. Wer kann eine Förderungerhalten?Man muss ein gutes, nachhal-tiges Projekt vorstellen unddie Gemeinnützigkeit nachwei-sen. Ein mit hochkarätigenFachleuten besetztes Kurato-rium entscheidet dann überdie Förderwürdigkeit. Sie sind seit 10 Jahren Bei-ratsmitglied im SchillerGarten.Was verbindet Sie mit den Ei-gentümern?

    Ich bin stolz auf diese langeZeit! Ich habe insbesonderevon Herrn Baumgürtels Pro-fessionalität eine ganz hoheMeinung. Er hat nach derWende eine der großen ost-deutschen Erfolgsgeschichtengeschrieben und ist in meinenAugen ein begnadeter Wirt.Was er anfasst, das gelingt.Dies ist mit hohem persönli-chem Einsatz verbunden, fürden man ihm nur Respektzollen kann. Ich mag Men-schen, die sich voll einsetzen.Dies kann man Herrn Baum-gürtel über all die Jahre atte-stieren. Ich will dazu nochsagen, dass er den Beirat vomersten Tag an zur Unterstüt-zung seines Geschäftes nursehr eingeschränkt nötighatte! Er ist eine schöne nos-talgische Geschichte, die vielSpaß macht. Trotz meinesvollen Terminkalenders ver-suche ich, regelmäßig an denBeiratssitzungen teilzunehmen,die immer schöne Abendemit interessanten, sympathi-schen Menschen sind. Manmuss doch auch Spaß haben,oder?

    Das Gespräch führteDaniella Fischer

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    Der besondere Gast

    Jürgen FlückschuhJürgen Flückschuh ist stellvertretender Vorstandsvorsitzenderder Ostsächsischen Sparkasse und seit zehn Jahren Mitglieddes Beirates des SchillerGartens zu Dresden-Blasewitz.

    Jürgen Flückschuh ist „Krugwart“

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  • Fast genau 100 Jahre ist esher, dass der SchillerGartenin die Hände des GastwirtesBruno Wendler überging. „Mitden bisherigen Betriebsver-hältnissen musste unbedingtgebrochen werden, weshalbeine kurze Schließung desEtablissements für richtigerachtet wurde“, schrieb die„Sächsische Dorfzeitung undElbgaupresse“ am 25. Januar1908. Welche „Betriebsver-hältnisse“ es waren, die denvormaligen Gastwirt WilliamWeise aus dem Hause trie-ben, bleibt ungenannt. Im-merhin war auch Weise eingestandener Wirt, der vordem SchillerGarten die Losch-witzhöhe betrieben hatte undvier Jahre lang Wirt imSchillerGarten war. Laut da-maligen Zeitungsberichtenhatte das Traditionsgasthausan der Elbe auch nicht durchdie 1893 in Betrieb gegange-ne Brücke an Wert verloren,was einen Niedergang des Ge-schäftes verursacht habenkönnte. „Viele Naturfreundeteilen die Ansicht nicht, dassdurch die Brücke das Etablis-sement an Wert verloren hat,sondern finden den Aufent-halt im Schillergarten, – derruhig und staubfrei liegt, –durch den stärkeren Verkehrzwischen Blasewitz und Losch-witz sowie den Betrieb derDrahtseil- und Schwebebahn,der sich von da großartig über-

    sehen lässt, nur noch interes-santer wie früher.“Nach vollständiger „Renova-tion“ sollte der SchillerGartennun jedenfalls laut Zeitungs-berichten an eine „andere,sehr tüchtige bewährte Kraft“übergehen und das beliebteEtablissement in einer Weisewiedereröffnet werden, die andie früheren besten Jahre er-innern sollte. Wie beliebt derSchillerGarten zu jener Zeit

    war, ließ sich daran erken-nen, dass wohl täglich Hun-derte von Besuchern wiederumkehren und „die beliebte,geschlossene Stätte verlassen“mussten. Eine damalige Groß-brauerei Dresdens, das „Hof-brauhaus“, deren vorzüglicheBiere sich wegen ihrerReinheit und Wohlbekömm-lichkeit besonderer Beliebt-

    heit im Publikum erfreuten,hatte die Verhandlungen über-nommen und den Schiller-Garten schließlich gepachtet.Sie scheute keine Mühe undKosten, das Haus instand zusetzen. Einige Wochen warenverschiedene Handwerker wieMaurer, Zimmerer, Maler undTapezierer zu Gange undmachten das Gasthaus „wie-der schmuck und sauber intadelloser Weise“. Aus diesenBerichten könnte man schlie-ßen, dass der vormalige Wirtwohl wenig für die Erhaltunggetan hat, doch dies bleibtSpekulation.

    NeueröffnungAm 28. Februar 1908 war esschließlich soweit: Der frischrenovierte SchillerGarten wur-de wiedereröffnet. Max BrunoWendler, der neue Gastwirt,hatte seine Gastronomie-Er-fahrungen unter anderem insieben Jahren als Oberkellner

    und Geschäftsführer bei Trai-teur Hoffmeister in der Wald-schlösschen-Terrasse (späterTivoli) erworben und sichvon der bewährten Hoffmeis-ter’schen Schule zu einemvollendeten Fachmann aus-bilden lassen. Die Pächterversprachen sich vom gutenRuf des Gastwirtes, dass „dasschöne Etablissement nun-

    mehr wieder seine frühereBeliebtheit erhalten wird undin dem sich jeder Besucherbei aufmerksamer, höflicherund vorzüglicher Bedienungwohl fühlt.“Wendler schien zunächst sei-nem Ruf zu genügen, an die„althistorischen Zeiten desVergnügungs-Etablissementsanzuknüpfen“. Er verspricht„Berühmten vorteilhaften Mit-tagstisch“, „Bestgepflegte Bie-re“, veranstaltet Mostfeste undFest-Diners zu Weihnachten,organisiert Walzer- und Ope-retten- sowie Kabarett-Aben-de. Auch ließ er von renom-mierten Militärkapellen Mili-tärkonzerte aufführen, dieGäste in Scharen anzogen, dasskaum mehr Platz war. Dabeiließ er den Garten mit hun-derten Lampions beleuchtenund garantierte auch nochbei voll besetztem Hause einevorzügliche Bedienung undtadellose Bewirtung. Der An-drang muss zuweilen so großgewesen sein, dass eine Zei-tung schrieb: „Jedenfallswaren alle Besucher des schö-nen Konzerts von dem Ge-botenen recht befriedigt unddie vielen, vielen Hunderte,welche vor dem Konzertgartenund auf der Elbbrücke als„Zaungäste“ Aufstellung ge-nommen hatten, sind auch aufihre Rechnung gekommen.“ Bruno Wendler führte denSchillerGarten knapp zwei Jah-re bis Ende Oktober 1909.Zum 1. November übernahmdas Wirtsehepaar Siegert dasTraditionsgasthaus. WelcheGründe es für Wendler gab,das offenbar gut laufendeGeschäft im SchillerGartenabzugeben, ist nicht bekannt.

    Daniella Fischer

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    Das Traditionsgasthaus an der Elbe hat eine lange Geschichte.Vieles ist bekannt, wie etwa der Aufenthalt Friedrich Schillers,anderes wird als Legende weitererzählt – und so manche Le-gende erwies sich als historisch belegbare Tatsache. Potz Blitzblättert im Geschichtsbuch des SchillerGartens und erzähltin loser Reiherfolge über Ereignisse, Begebenheiten und be-sondere Menschen.

    Geschichten aus dem SchillerGarten

    Wirtswechsel im SchillerGartenVor 100 Jahren übernahm Gastwirt Bruno Wendler

    Anzeige vom 28. Februar 1908

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    Heute würde man sie als die„Könige der Tanzpaläste“feiern – aber schon vor über40 Jahren begeisterten sie inden Dresdner Tanzetablisse-ments SchillerGarten, Luisen-hof, Carolaschlösschen undspäter in der Mazurka-Bardie tanzwilligen Dresdner.

    Brüder-Trio1959 gründeten die in Pirnageborenen Brüder Wolfgang,Peter und Klaus ihr Trio –benannt nicht nach dem Stoff,aus dem die Träume sind, son-dern nach dem ihrer Jacken:

    Pepita (schmunzelnd erin-nert sich Klaus: „Wir sahenaus wie Köche“). Ihren erstenVertrag bekamen sie 1959 inder Pirnaer „Serenade“ undes folgten Engagements imMeißener Burgkeller und imDresdner „Haus Altmarkt“.1965 war es dann soweit: DiePepitas wurden über vieleJahre hinweg die „Haus-kapelle“ des SchillerGartens.

    Gesangssätze stattWestimporteDie Besucherschlangen stan-den vom SchillerGarten bis

    zum „Goldbroiler“, dem legen-dären Restaurant, wo heutedie Speisegaststätte von Vita-nas ist. Für ein Sommerfestwurden sie extra aus dem Ur-laub in den SchillerGarten„beordert“ – natürlich kamensie und begeisterten wie im-mer ihr Publikum. Und dasvor allem mit ihrem ausge-zeichneten Satzgesang. DieEntwicklung der elektroni-schen Musikinstrumente warim Lande noch nicht recht inGang gekommen, die „Westim-porte“ waren teuer und so„haben wir etwas draus ge-

    macht, haben uns um einMikrofon gedrängt und habenSätze gesungen.“ Gesangs-sätze, die ihr Markenzeichenwurden und auch bei denBerufskollegen hohe Aner-kennung fanden. Vielleichterinnert sich der eine oderandere Leser und damaligerGast an die phänomenale Be-arbeitung des Welthits „WhiteChristmas“ durch den Dresd-ner Musiker Rolf Härting fürdas Pepita-Trio.Als im Mai 1972 die Nacht-tanzbar „Mazurka“ im „Inter-national“ auf der Prager Straßeeröffnet wurde, ergaben sichfür die Pepitas neue Auf-trittsmöglichkeiten und dielegendäre SchillerGarten-Zeitnäherte sich ihrem Ende.Durch den Tod seiner Musi-kerbrüder wurde 1986 ausdem Trio ein Duo und seit1998 bewahrt Klaus als Solistdas musikalische Erbe desPepita-Trios. „Es war einewunderschöne Zeit“ erinnerter sich – und wir denken,nicht nur für die Musikantendes Trios, sondern auch fürdie Besucher des Schiller-Gartens.

    Christian Mögel

    Markenzeichen: Satzgesang Das Pepitas-Trio

    Die legendäre Tanzkapelle Pepitas

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    Besonders Anfang der 1950erJahre war der SchillerGartenein Lokal in Dresden, in demgern und lange gefeiert wur-de (das ist er ja eigentlichauch heute noch!). GastwirtClaus Bongers scharte damalsMusiker um sich, belebte mitTanzabenden das Geschäftund ließ auch Außergewöhn-liches zu: Faschingsfeiern mitim Malsaal der Staatstheaterhergestellten Dekorationen!Unser Leser Dr. HansgeorgBedrich erinnert sich:

    „So wie die Kunststudenten inder Kunstgewerbeschule aufder Güntzstraße bzw. späterin der HfBK versuchten, Fa-sching unter besondere The-men zu stellen, so taten esauch die Studenten der 10. Se-mester Architektur der dama-ligen TH Dresden. Und dasgeschah im SchillerGarten. Icherinnere mich noch an zweiFaschingsfeiern der ‚Künstler’:‚Somnambula’ und ‚Cloaca’‚Maxima’. Die zugehörigenJahreszahlen sind mir entfal-

    len, es war aber Ende der1950er Jahre. Die Architek-ten, damals noch mit großerBeteiligung ihrer Professoren,feierten im SchillerGarten.Der Immatrikulationsjahr-gang 1951 feierte 1956 unterdem Motto ‚monoton’, wirwaren 1957 mit ‚Mobile’ undder Folgejahrgang 1958 mit‚Hazifa’ vertreten. Es spielteGünter Hörig mit seinem Sex-tett. Ich erinnere mich noch,als wir die zugehörige Deko-

    ration für dieRäume im Schil-lerGarten im Mal-saal der Staats-theater herstell-ten, im Schiller-Garten montier-ten und die Pre-miere dort fei-

    ern durften. Dann übernahmdas Wirtsehepaar die Dekokostenlos für ihre offiziellenFaschingsveranstaltungen.Schon damals galt: manusmanum lavat (lat., eine Handwäscht die andere, die Red.).Nichts kann ich dazu ausfüh-ren, wie lange diese relativjunge Tradition von den

    Architekten beibehalten wer-den konnte. Für uns standendie Diplomprüfungen und–arbeiten bald an und dannzerstreute sich die Truppe inalle Welt, der Kontakt riss ab,Hochschulreform und HOfolgten. Ich weiß nicht, wasblieb! Auf dem Bild ist deut-lich die Aufschrift Architek-tur auf der Schärpe zu erken-nen, die unser Lehrer, Profes-sor W. Rauda, 1958 trug.“

    Ihre Geschichte

    Fasching im SchillerGarten

    Faschingsfeier 1958: Prof. Rauda, Prof. Hentschel, Fam. Prof. Bauch (v.l.)

    Prof. Rauda trug die Schärpe mit der Aufschrift „Architektur“

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    Ohne es zu wissen, verwen-den wir in unserem Alltaghäufig Sprichwörter, derenSchöpfer Friedrich Schillerist. Johann Wolfgang vonGoethe stellte einmal fest:„Es ist bei Schillern jedesWort praktisch, und mankann ihn im Leben überallanwenden“. In dem vonFriedrich Maurer und HeinzRupp herausgegebenen Buch„Deutsche Wortgeschichte“wird Schillers anhaltenderEinfluss auf die täglicheSprache wie folgt beschrieben:„Schiller hat den Ausdrucks-bestand der auf ihn folgen-den Generationen in kenn-zeichnender Weise bestimmt,allerdings weniger durchWortneubildungen – … – alsvielmehr durch prägnanteGedankenformeln. Seineschöpferische Wirkung, seinproduktiver Anteil am deut-schen Ausdrucksgut liegenvor allem darin, daß seineFähigkeit, die eigenen Ge-danken in schlagkräftig-sen-tenziöser Weise auszuprägen,eine Reihe von höchst tref-fenden, ja zündenden Wen-

    dungen geschaffenhat, auf die unsereRede kaum noch ver-zichten kann.“ So füh-ren wir also häufig ei-nen großen Klassiker imMund! Nun ist es nicht so, dassSchiller diese Sprichwörterals solche erfunden hat. Das,was uns als geflügelte Wortein so mancher Situation überdie Lippen kommt und inden allgemeinen Sprachge-brauch übergegangen ist,entstammt seinen Gedichten,Bühnenstücken und Dramenund steht im Zusammen-hang mit der jeweiligenHandlung. Viele andere Re-densarten unserer täglichenSprache sind hingegen häu-fig sprachlicher Unfug, siekommen einem spanisch vor,man versteht nur Bahnhof,gibt aber seinen Senf dazuund manchmal wird der Hundin der Pfanne verrückt …

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    Die folgenden Sprüche stammen alleaus der Feder Friedrich Schillers:„Dem Manne kann geholfen werden“

    (Aus: Die Räuber)„Auf den Brettern, die die Welt bedeuten“(Aus: An die Freunde)„Daran erkenn ich meine Pappenheimer“

    (Aus: Wallensteins Tod)„Der Mohr hat seine Arbeit getan, der Mohrkann gehen.“(Aus: Die Verschwörung des Fiesko zu Genua)„Die Axt im Haus erspart den Zimmermann“(Aus: Wilhelm Tell)„Früh übt sich, was ein Meister werden will“(Aus: Wilhelm Tell)

    „Ich hab' hier bloß ein Amt und keine Meinung“ (Aus: Wallensteins Tod)

    „Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde der Dritte“

    (Aus: Die Bürgschaft)„Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens“

    (Aus: Die Jungfrau von Orléans)„Seid umschlungen, Millionen!“

    (Aus: Ode an die Freude)„Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren.“

    (Aus: Maria Stuart)„Was tun? spricht Zeus“

    (Aus: Die Teilung der Erde)„Wie kommt mir solcher Glanz in meine Hütte?“

    (Aus: Die Jungfrau von Orléans)„Wo rohe Kräfte sinnlos walten, da kann sich kein Gebild gestalten“

    (Aus: Das Lied von der Glocke)

    Donner und Doria!Schiller in unserer Alltagssprache

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  • Ein Buch zu schreiben, zugestalten, zu drucken undbuchbinderisch zu verarbei-ten, sind vier verschiedeneKünste. Nur wenn jede dieserKünste ihre ganze Kompe-tenz und Leidenschaft entfal-tet, hält der Leser ein vollen-detes Buch in der Hand. Erkann eintauchen in Ge-schichte und Geschichten,das schöne Papier des Buchesfühlen, aber auch innehaltenund mit einem Lesebänd-chen das Lesevergnügen aufeinen späteren Zeitpunkt ver-schieben. Wie viele Stundender Recherche, des Schrei-bens und Gestaltens des Bu-ches zu zählen sind, ist ge-nauso erstaunlich wie dieAnzahl der Hände, durch dieein Buch in der Herstellunggehen muss, bevor es zumVergnügen des Lesers vorihm liegt.

    Start im ComputerGeschrieben, korrigiert undgestaltet wurde das Schiller-Garten-Buch am Computer.Über 150 Bilder aus dem um-

    fangreichen Archiv wurdenKapitel für Kapitel zum Texthinzugefügt und zu Buchsei-ten gestaltet. Besonders diezahlreichen Fotomontagen,die historische Bilder mit heu-tigen Fotografien aus demSchillerGarten verbinden, wa-ren sehr aufwendig. Nicht zuvergessen an dieser Stellesind Lektorat und Korrek-torat. Der Lektor prüft in-haltliche Zusammenhänge imText, Jahreszahlen und stilis-tische Formen, während derKorrektor auf die Recht-schreibung achtet – kein ein-faches Unterfangen bei denvielen Reformen der letztenZeit.

    Vom Computer aufsPapierDie Druckerei Thieme inMeißen erhielt das fertig ge-staltete Buch nach der Ein-arbeitung aller Korrekturenauf elektronischem Weg übereine Datenleitung. Dieser„Transport“ dauerte etwavier Stunden. Eine Druckereidruckt auf große Druck-

    bögen, weswegen die Buch-seiten nach einem ausgeklü-gelten System in der Drucke-rei zunächst so angeordnetwerden müssen, dass sie nachFalzen und Beschneiden derDruckbögen die richtigeSeitenreihenfolge im Buchergeben. Dieser Vorgang wird„ausschießen“ genannt. Fürdie 128 Buchseiten desSchillerGarten-Buches wur-den insgesamt 31.250 BogenPapier bedruckt, was etwa2.270 Kilogramm Papiersind. Immer wieder prüftendie Drucker mit speziellenMessgeräten die Qualität desDruckes, achteten genau aufdie Farbhaltung. Knapp 20Stunden dauerte es, bis alleSeiten und der Umschlag desBuches fertig gedruckt warenund auf den Paletten trock-nen konnten.

    Sonderbehandlung fürden BuchumschlagBevor der Buchumschlag inder Buchbinderei auf Pappen

    aufgezogen werden konnte,die dann das „Hardcover“sind, musste er noch eineReise nach Leipzig antreten.Dort wurde er in einer Ver-edelungsfirma mit einer nur13 Mikrometer dünnen Foliekaschiert, die für sein mattesAussehen verantwortlich istund Schutz bietet. Schließlich kamen alle Buch-einzelteile in der Buchbin-derei zu Altenburg zusammen,einer historischen Buchbin-derei und Druckerei, in derschon Luther-Schriften ge-druckt und gebunden wurden.Da waren die gefalzten Druck-bögen aus Meißen angeliefertworden, aus Leipzig reiste daskaschierte Umschlagpapier an,hinzu kamen die Pappen fürden Umschlag, das Lesebänd-chen und das so genannte„Kapitalband“, das man sehenkann, wenn man das Buchvon oben oder unten am Buch-rücken betrachtet. Nun muss-te aus den Einzelteilen „nur“noch ein Buch werden.

    Die „Hochzeit“Das Faszinierende an einerBuchbinderei ist die vermeint-liche Diskrepanz zwischenden „groben“ Maschinen undden filigranen Schönheiten,die am Ende eines vielteiligenProduktionsprozesses einge-schweißt in Folie auf demTisch liegen. Buchumschlagund Buchinhalt („Buchblock“)gehen in der Buchbinderei

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    Wie das SchillerGarten-Buch entstand

    Druckbögen auf Paletten

    3.000 gedruckte Buchumschläge

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    zunächst getrennte Wege. Dieeinzelnen gefalteten Bögenmüssen richtig zusammen-getragen und miteinander ver-bunden werden. Das Schiller-Garten-Buch erhielt eine hoch-wertige „Fadenheftung“, beider die gefalzten Druckbö-gen sozusagen miteinander„vernäht“ wurden. Wennman das Buch vorsichtig auf-schlägt, kann man im Buch-

    rückenbereich die Fädensehen. Allein für die Faden-heftung der ganzen Auflagedes Buches waren etwa zehnStunden Maschinenarbeitnotwendig. Während der Buchblock ge-heftet wurde, kümmerten sichandere Buchbinder um denBuchumschlag. Sie zogen denkaschierten Umschlagdruckmit einer speziellen Maschine

    auf die Pappen auf, die diebeiden Buchdeckel bilden,fügten den „Schrenz“, denBuchrücken, und einen Fäl-zelstreifen ein. Nun warenBuchdeckel und Buchblockzu einem Ganzen zu „verhei-raten“ und das Lesebänd-chen einzubringen. Bevor dasfertige Buch zum Abschlussin eine schützende Folie ein-geschweißt wurde, hatte esinsgesamt zehn Maschinen-stationen passiert und wardurch viele Hände gegangen.

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    Daniella Fischer„Mein Schillergarten. Dresden-Blasewitzund sein historisches Gasthaus“ISBN: 978-3-00-021998-6, 24,90 Euro

    Aus dem InhaltSchiller in Blasewitz, sein Leben bei Kör-ner und die Geschichte der Gustel vonBlasewitzÜber das Haus und den Garten, An- undUmbauten und das alte KinoVon Wirten und Besitzern, von Matthäibis Frank BaumgürtelDarben und Schlemmen, sächsischeKüche und die Ideen der WirteFeiern und Tanzen, Musiker und Kapel-len, Schillerfeiern und Dixieland Der Schillergarten heute, das Haus undseine Besitzer

    Das neue Buch

    erhältlich im Schiller

    Garten

    oder im Buchhandel

    Fadengeheftete Buchblöcke

    Autorin Daniella Fischer (re.) mit Sonja Mühlhans (2.v.re.), Druckerei Thieme,in der Buchbinderei in Altenburg

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    Mit 50 Jahren und einem be-trächtlichen Vermögen jenseitsberuflicher Zwänge den eige-nen Interessen nachgehen –ein lebenswertes Ziel, heutewie auch schon in früherenZeiten. Adolf Rothermundt,Sohn eines Industriellen undlangjähriger Leiter des Handels-hauses A.W. Rothermundt inSt. Petersburg in Russland,hatte es Ende des 19. Jahr-hunderts erreicht. 20 Jahre war Adolf Rother-mundt im 1928 gegründetenFamilienunternehmen in lei-tenden Positionen. Er machtesein Vermögen mit dem Han-

    del überseeischer Tabake,später außerdem mit dem Im-und Export verschiedensterWaren. Während Rother-mundts Tätigkeit in Russlandstieg das Unternehmen in diehochprofitable Zuckerindus-trie in Südrussland ein, dieimmense Einnahmen garan-tierte. Trotzdem Rothermundtkein gebürtiger Dresdnerwar, ließ er sich hier nieder,wo seit 1858 seine Eltern leb-ten. Laut der „Familienchro-nik Rothermundt“ warenweitere Gründe für die Rück-kehr aus Russland das Klimain St. Petersburg, der Wunschnach Bewahrung der deut-schen Identität und die dro-hende Gefahr einer vom Staatgeförderten Russifizierung

    aller deutschstämmigen Bür-ger. Das „Jahrbuch der Millio-näre im Königreich Sachsenaus dem Jahr 1912“ schreibtRothermundt ein Vermögenvon 1,3 Millionen Mark zu.

    Einzug in BlasewitzAls er 1897 in die eigens fürihn gebaute luxuriöse Villain der heutigen Mendelssohn-alle in Blasewitz einzog, la-gen 20 glückliche Jahre vorihm. Jahre, in denen er sichseiner von russischen Tradi-tionen geprägten Großfamiliemit acht Kindern und vorallem seiner Kunstsammlungwidmen würde. Im Alterjedoch, mit über 70 Jahren,musste Rothermundt ertra-gen, wie sein Vermögen wie-der zerrann. Die politischenEreignisse 1917 in Russland,die Zerstörung des Rother-mundtschen Handelshauses1919 durch die Bolschewiki,der Verlust von Grundbesitzund anderer Vermögenswertesowie die gnadenlose Infla-tion in Deutschland 1923 mitbeispielloser Geldentwertungwaren immense Belastungen.Rothermundt konnte sie nurdurch den schrittweisen Ver-kauf seiner wertvollen Kunst-sammlung wenigstens teil-weise mindern. Bitter für ihn,aber auch bitter für dieSammlung, die in alle Weltverstreut wurde. Nur ein Bruch-teil blieb in der Gemälde-galerie in Dresden. Wann Adolf Rothermundtseine Sammlertätigkeit be-gann, ist nicht genau be-kannt, wahrscheinlich interes-sierte er sich schon in Russ-land für Kunst und Malerei.Doch erst nach dem Bezugseiner Blasewitzer Villa beganner mit intensiven Bemü-hungen, die Sammlung auszu-

    bauen und nahm Kontaktezu Kunsthändlern und Künst-lern auf. Einem Ausstellungs-katalog des „SächsischenKunstvereins“ über eine „Aus-stellung moderner Kunstwerkeaus Privatbesitz“ von 1907 istzu entnehmen, dass Bilder vonGustave Courbet, Vincent vanGogh und französische Im-pressionisten den Kern sei-ner anfänglichen Sammellei-denschaft bildeten. Gleich-zeitig lag der konzeptionelleSchwerpunkt auf Werkendeutscher Impressionisten, inderen Mittelpunkt Bilder vonMax Liebermann standen.Bis 1917 erwarb Rothermundt28 Gemälde Liebermannsund besaß damit neben derHamburger Kunsthalle die

    wohl umfassendste Lieber-mann-Sammlung. Insgesamtkonnten bislang 94 Gemäldeund Ölstudien als Rother-mundts Besitz nachgewiesenwerden. So besaß der Kunst-sammler Werke französischerImpressionisten, vier Bilder vonCézannes, ein Pastell von Degas,zwei Werke von Daumier,Manets „Dame in Rosa“ undRenoirs „Portrait de la Com-tesse de Pourtalès“. Im Erd-geschoss der Villa hatte daslebensgroße Bild Max Slevogts„Bildnis der Tänzerin Mariettadi Rigardo“ im „Musikzim-mer“ seinen Platz gefunden.Rothermundt, der aktiv amDresdner Kulturleben teil-nahm und die Dresdner Mu-

    sikszene genoss, veranstaltetehier Kammerkonzerte undhatte in der Halle im Erd-geschoss eigens dafür sogareine Orgel einbauen lassen.

    Vielfältige SammlungDer Besitz von Bildern weitererKünstler wie Adolph Menzel,Fritz von Uhde, Robert Sterloder Oskar Zwintscher lässterkennen, dass Adolf Rother-mundt offenbar nach ausge-prägtem persönlichem Ge-schmack sammelte und weni-ger nach kunsthistorisch de-finierten Gruppen. Neben sei-nen privaten Kunstaktivitä-ten war er Mitglied im Kunst-und im Dresdner Museums-verein sowie im Verein derDresdner Galeriefreunde, über-

    nahm allerdings keine füh-renden Ämter in diesen Orga-nisationen. Die Nachkommen Rother-mundts, der im Jahre 193084-jährig verstorben war,konnten die Villa mit ihrenhochwertigen Kunsttischler-arbeiten, den beeindrucken-den Deckengemälden und demwunderschönen Park nichthalten. Seit 1937 ist sie instädtischer Hand, seit 1947Heimat für hochbegabte Musik-schüler. Und die werden imFrühjahr nach der denkmal-gerechten Sanierung des Hau-ses auch wieder einziehen undKunstsinn, Kultur und Geistin diesem Hause weitertragen.

    Daniella Fischer

    Der KunstsammlerAdolf Rothermundt

    Adolf Rothermundt

    Galerie in Rothermundts Villa mit Werken von Max Liebermann, um 1911

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  • Wer heute zu Vermögen ge-kommen ist und dieses in ei-ner modernen High-Tech-Villaanlegen möchte, tut dies ger-ne in einem schlichten, un-auffälligen Stil. Am bestenim Verborgenen, weit ab undgeschützt vor den neugieri-gen Blicken Fremder.Vor über 100 Jahren sah diesin Dresden noch ganz andersaus. Wer Erfolg hatte, wolltedies auch zeigen, möglichstmit einer schlossartigen Villa. So auch Adolf Rothermundt,der sich 1897 an der ehema-ligen Deutsche-Kaiser-Allee 5,der heutigen Mendelssohn-Allee, seinen Altersruhesitzerrichten ließ.Als Architekt kam für ein sol-ches Bauwerk zu dieser Zeitund an diesem Ort eigentlichnur Karl Emil Scherz infra-ge. Dieser war nicht nur derangesagteste Baumeister vonBlasewitz, er war außerdem alsSchüler von Constantin Lipsiusan der Dresdner Kunstaka-demie ein Anhänger des His-torismus, einer Stilrichtungwelche sich durch ihre reicheund repräsentative Formen-sprache für eine Villa wie die-se geradezu aufdrängte. DassScherz zudem die Bauaus-führung seiner Projekte stetspersönlich überwachte, be-deutete für den Bauherrneinen großen Vorteil im Be-zug auf Qualität und Bau-fortschritt. Auch war dieWahl des Architekten in denGemeinderat von Blasewitz1897 dem Vorhaben sicher-lich nicht abträglich.Wie die Villa heute noch sehreindrucksvoll zeigt, konnteScherz aus dem Vollen schöp-fen. Die Baukosten betrugendamals 500.000 Reichsmark.Zum Vergleich: Der Blasewit-zer Gemeindevorstand Paulus

    verdiente 4.000 und ein Haus-mädchen gerade einmal 180Reichsmark. Im Jahr, ver-steht sich.Diese nicht nur damals im-mense Summe machte dieVilla Rothermundt zu einerder teuersten in ganz Blase-witz, was sich am Gebäudesehr gut ablesen lässt.

    Sandstein-Villamit GartenDer zweigeschossige Bau mitseinen rundbogigen Fensternwurde aus sächsischem Sand-stein errichtet. Zum Schmuckumlaufen Reliefs mit Wein-motiven Teile des Hauses,eine Sonnenuhr am Giebelrichtet sich zum parkähn-lichen Garten hin, der natür-lich ein solches Villenensem-ble erst komplettierte.Gestaltet wurde dieser vomköniglichen Gartenbaudirek-tor Max Bertram, welcherauch für den Waldpark inBlasewitz und den Bienert-Park in Dresden-Plauen ver-antwortlich zeichnete.Damit der Garten seiner Stel-lung auch gerecht werdenkonnte, wurde er durch eine

    geschwungene Freitreppe gutbegeh- und durch große Fens-ter im Erdgeschoss des Ge-bäudes erlebbar gemacht. Diereichen Formen der Fassadesetzen sich im Inneren erwar-tungsgemäß fort. Die nahezuim Originalzustand erhalteneInnenausstattung beeindrucktmit reichhaltigen Holzschnitze-reien, Wandvertäfelungen ausWurzelholz, Kunstschmiedear-beiten und üppigen Stuckde-korationen. In der Formen-sprache und Ornamentierung

    schimmert bereits der auf-kommende Jugendstil durch.Möglicherweise sind hierschon einige Einflüsse derScherz'schen Paris-Reise imJahr 1896 zu erkennen, wel-che sich besonders in seinenspäteren Kirchenbauten nie-derschlug.Dass die Villa auch sonst keinrückwärtsgewandter Bau war,zeigen ihre „verborgenen“Eigenschaften. Neben derkomfortablen Ausstattung,auf die Rothermundt großenWert legte, verfügte das Ge-bäude schon zur damaligenZeit über eine moderne Warm-wasserheizung und eine eige-ne elektrische Beleuchtungs-anlage.Zur Zeit wird das Ensemblefür 5,9 Millionen Euro denk-malgerecht umgebaut, derGarten nach altem Vorbildwiederhergestellt und dasGanze um einen Internats-neubau außerhalb des Ge-ländes ergänzt. So ist dieVilla für die nächsten 100Jahre sicher gut für ihreAufgabe als Musikgymna-sium gewappnet.

    Charles M. Bugnowski

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    Villa RothermundtEin Schloss für 500.000 Reichsmark

    Rothermundt Villa während der Sanierung im Januar 2008

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    Im Herbst vergangenen Jah-res wurde die bei einem Brand2004 schwer zerstörte Her-zogin Anna Amalia Biblio-thek in Weimar wiedereröff-net. Schon Schiller lieh sichdort Bücher aus, um seineWerke mit historischen Tat-sachen zu untersetzen, sichüber die Geschichte zu infor-mieren und anregen zu las-sen. Doch wer war die Her-zogin Anna Amalia, die Geis-tesgrößen wie Schiller undGoethe, Wieland und Herdernach Weimar zog?

    „Erhabenes verehrend,Schönes genießend, Guteswirkend“Sie war 16, als sie verheiratetwurde. Mit 18 hatte sie zweiKinder und war Witwe, wassie Zeit ihres Lebens blieb.Und mit dem Tod ihres Man-nes war sie, fast selbst nochein Kind und nicht mündig,Regentin des HerzogtumsSachsen-Weimar-Eisenach alsObervormund ihres einjähri-gen Sohnes Carl August, desspäteren Herzogs. Anna Amaliahatte im vergangenen Jahr ih-ren 200. Todestag. Die StadtWeimar feierte dies mit dem„Anna Amalia Jahr 2007“ so-wie einer umfangreichen Aus-stellung und krönte es mit derWiedereröffnung bei demverheerenden Brand schwergeschädigten Bibliothek (PotzBlitz 04/07 berichtete).

    Mit eigenen Augen sehenDie junge Mutter, die 18-jäh-rig Regierungsgeschäfte über-nimmt, schreibt 1772 in ihrerAutobiografie: „In meinem18. Jahr fing die größteEpoche meines Lebens an.Ich wurde zum zweiten MalMutter, wurde Witwe, wurdeVormundschaftsregentin. Dieschnellen Veränderungen,welche Schlag auf Schlag

    kamen, machten mir einensolchen Tumult in meinerSeele, dass ich nicht zu mirselber kommen konnte. EinZusammenfluss von Ideen, vonGefühlen, die alle unentwickeltwaren, kein Freund, dem ichmich aufschließen konnte. Ichfühlte meine Untüchtigkeit,und dennoch musste ich allesin mir selber finden.“ Und sie fand alles in sichselbst: „Alles mit eigenenAugen zu sehen, Ohren zuhören und einem jeden auf-merksames Gehör geben“,war ihre Maxime. Sie ver-suchte, das vom Siebenjäh-rigen Krieg schwer in Mitlei-denschaft gezogene Herzog-tum wirtschaftlich zu stabili-

    sieren, frühere Misswirtschaftenzu kompensieren und Wei-mar einen städtischen Cha-rakter zu geben. Sie ließStraßenlaternen aufstellenund Scheunen in der Stadtabreißen, suchte mit einerFreischule die Lebensum-stände ärmerer Menschen zubessern und eröffnete eineHebammenschule, um dieMütter- und Kindersterblich-keit zu senken. Der Ausbil-dung ihrer Söhne maß sieneben den Regierungsge-schäften immer höchste Prio-rität bei. Den 15-jährigenCarl August unterrichtete und

    erzog der Dichter ChristophMartin Wieland, der späterweitere Dichter und Philo-sophen anzog. Als sie nach17-jähriger Regierungszeit dieGeschäfte an den nun volljäh-rigen Sohn übergibt, über-nimmt dieser ein relativschuldenfreies und gut struk-turiertes Herzogtum.

    Förderung der KünsteTrotz der schwierigen finan-ziellen Lage des Staates för-derte Anna Amalia Künsteund Wissenschaften. Sie selbstspielte vier Instrumente, zeich-nete und übersetzte aus meh-reren Sprachen. Ab dem Jahr1761 ließ sie das „GrüneSchlösschen“ in Weimar zumBibliotheksgebäude umbau-en, in das 1766 die Biblio-

    thek aus dem Schloss einzog.Carl August wird späterGoethe als Direktor der Bib-liothek einsetzen, der auchgleichzeitig der eifrigste Leserwird, wie die Ausleihscheinebezeugen. Goethe und seinMinisterkollege Christian Gott-lob Voigt erlassen am 26. Feb-ruar 1798 die „Vorschrifft,nach welcher man sich beyhießiger Fürstl. Bibliothek,wenn Bücher ausgeliehen wer-den, zu richten hat“. Da wur-den die Öffnungszeiten derLeihstelle und die Leihfristfestgelegt, aber auch die Zu-lassung „junger Leute“.

    Nach Übernahme der Regent-schaft durch ihren Sohn bleibtAnna Amalia selbst mehr Zeitfür die schönen Künste und in-teressante Menschen. Die auf-geschlossene Dame schart inWeimar zur „Mittwochstafel“Goethe, Wieland und Herder,später auch Schiller sowieweitere Künstler und Gelehrteum sich und versammelt imSommersitz auf Schloss Tiefurtgesellige Runden, die späterals der „Weimarer Musenhof“in die Geschichte eingingen.Gemeinsam mit Goethe grün-dete Anna Amalia das Weima-rer Liebhabertheater und ging,um endlich einmal „sichselbst zu gehören“, 1788 fürzwei Jahre auf Italienreise.Wenige Monate nach derSchlacht von Jena und Auer-stedt im April 1807 verstarbAnna Amalia, deren letzte Le-bensjahre durch die Auswir-kungen der napoleonischenKriege überschattet waren.Auf eigenen Wunsch wurdesie in der Stadtkirche beige-setzt. Die Lebensleistung dieserungewöhnlichen Frau, die dieGrundlagen für die Heraus-bildung Weimars als geistigesund kulturelles Zentrum bil-deten, würdigt Goethe mitseiner Grabinschrift: „Erha-benes verehrend, Schönesgenießend, Gutes wirkend“.

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    Abendgesellschaft bei Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach,um 1795

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    Der Österreicher RobertSchneider ist vor allem durchseinen ersten Roman „SchlafesBruder“ bekannt, der auchin einer eindrucksvollen Inter-pretation von Joseph Vilsmaierverfilmt wurde. Kennenge-lernt habe ich ihn als Leserinund seit diesem Buch als Ver-ehrerin seiner Literatur vorungefähr 15 Jahren. Damalsnoch Lehrling einer kleinenBuchhandlung in Rostock,zogen mich seine Sprache,seine Bilder und die sinnli-che Darstellung von Musikganz in seinen Bann. Nunweiß man, dass der Erfolg desErstlingswerkes eines Autoren,ein weltweiter zumal, diesemnicht selten zu Kopf steigt.Kurzum: Schneider wurdefür seine nächsten Büchereine vom Feuilleton hämischrezensierte Diva. Zehn Jahresind vergangen, seitdemRobert Schneider zu seinerersten Lesung in Dresdenwar. Damals als ein schwerstangeschlagener Wirrkopf, derdie Welt um sich herum nichtmehr verstand. Dennoch, dieLeser blieben ihm die Treues-ten und nun hat er diesebelohnt!

    „Die Offenbarung“Ein neues Buch mit einemgänzlich neuen Ton stellte erim November in der Haupt-bibliothek der StädtischenBibliotheken Dresden vor:„Die Offenbarung“, erschie-nen im Aufbau-Verlag. Gleichnachdem ich es gelesenhatte, wusste ich, dass unsdiesmal ein gereifter und ge-festigter Autor erwarten wird.Das Grundthema auch dies-mal die Musik von JohannSebastian Bach, die Hand-lung verlagert nach Thürin-gen in die Wirren der Wende-

    zeit. Ein kluger und zugleichgefährlicher Schachzug, derihn als Nicht-Ostdeutschenangreifbar macht. Aber wieer es vermag, die Situationdieser Zeit, die Ängste undBesorgnisse zu beschreiben,ist liebevoll und zugleich aufdas Trefflichste recherchiert.Wie amüsant und auch bitterkommt Jakob Kemper alsder frustrierte Organist vonSt. Wenzel in Naumburg da-her – und wie viel gibtSchneider ihm seine Sprache,sein Erzählen um die eige-nen Erfahrungen. Mit Freu-de habe ich diesem so elo-quent und fabulierendenVorleser zugehört, der dieMeisterschaft von Ironie aufdas Glänzende versteht. Nunhaben sich auch die privatenVerhältnisse dahingehend ver-ändert, dass Robert Schneidermit seiner angenehmen Frauauf Reise war, die ihn, ohnezuviel zu verraten, als glü-hende Verehrerin auf einerLesung kennengelernt hat.Und die mit ihrem scharfzün-gigen Witz so manchen über-zähligen Satz aus dem Ma-nuskript rausstrich, versehenmit einem rotgeschriebenen„Raus!“. Eine vergnügliche

    Runde war es im Schiller-Garten, wo wir als Gästeauch zu mitternächtlicherStunde noch aufs Beste ver-sorgt wurden und die sächsi-sche Küche vor allem voll-mundiges Lob erhielt. Undeinstimmig stellten wir fest,dass der Humor der Österrei-cher und der Sachsen einganz verwandter ist. „Dres-den, ich komme wieder!“ –Robert Schneider, wir wartenauf Dich!

    Susanne Dagen

    Literat auf ReisenAutor Robert Schneider

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    Der Autor als pointierter Erzähler

    Robert Schneider im Gespräch mit dem Dresdner SchriftstellerkollegenMichael G. Fritz

    GlanzvolleBibliothek

    Momentaufnahmen nach demBrand, leere Räume, ver-brannte Regale – ein verletz-tes Gebäude, mancher Schät-ze für immer beraubt. Den-noch kein hoffnungsloser Fall,wie weitere Fotos zeigen. Lee-re Stühle vor einer Lesung inder Baustelle, Entlüftungs-rohre, Zeichnungen für eingeändertes Nutzungskonzept,der rekonstruierte Rokoko-saal. Neben vielen großfor-matigen Abbildungen sind esvor allem die Essays und Doku-mentationen, die das Buch sowertvoll machen: die „KleineBibliotheksgeschichte“ vonDirektor Michael Knoche, die„Baugeschichte vom Herzog-schloss des 16. Jahrhundertszur Großherzoglichen Bib-liothek 1849“ oder die um-fangreiche Beschreibung derGebäudesanierung nach demBrand. Das Autorenteam,das im Auftrag der KlassikStiftung Weimar diesen Bandzur Wiedereröffnung derHerzogin Anna Amalia Bi-bliothek im Oktober 2007verfasste, liefert dem Lesersowohl faktische, technischeDokumentationen als auchkulturhistorisch und emotio-nal wertvolle Artikel – einefaszinierende Mischung.

    184 Seiten, 240 Abb., 22x30 cmISBN 978-3-87527-114-0, 39,90 Euro

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    Im hellen Lesesaal herrschtkonzentrierte Ruhe. Fast alleArbeitsplätze sind belegt, mit-unter durchbricht das Klap-pern einer Laptop-Tastaturdie Stille. So manche alteAkte bringt mit ihrem typi-schen Geruch den „Hauchder Geschichte“ mit in denLesesaal. „Einen Archivarkönnen Sie blind in seinArchiv schicken. Er wird amGeruch erkennen, bei wel-chem Archivgut er sich befin-det“, beschreibt Archivdirek-tor Thomas Kübler seinenBeruf. Das Klischee vom zer-knitterten, sonnenlicht-ent-wöhnten und schweigsamenArchivar, der jeden bearg-wöhnt, dem er ein Archivgutzur Ansicht vorlegen muss,erfüllt er so ganz und garnicht. Keine Falte im schi-cken Anzug, mit akkurat sitzen-der Fliege, höchstlebendigund mitteilsam erklärt erschmunzelnd: „Dieser TypArchivar ist eine aussterben-de Spezies. Wir Archivaresind heute moderne Men-schen, bedienen uns elektro-nischer Hilfsmittel und zeit-gemäßer Archivsysteme.“ Sei-nem Engagement, seiner leb-

    haften Kommunikation undvielfältigen Präsenz ist es zuverdanken, dass das Stadtar-chiv als benutzbares Stadtge-dächtnis in der Öffentlichkeitwahrgenommen wird. Undsein Anzug bleibt nicht des-wegen so sauber, weil der Chefnie ins Magazin geht, son-dern weil es da nicht staubigist – vielmehr hell, sauber,klimatisiert. Noch ein Klischee,von dem wir uns verabschieden.

    Das StadtarchivAls studierter Historiker undArchivwissenschaftler istThomas Kübler seit 1994 derHerr über Dresdens Gedächt-nis. Mittlerweile 19 Kilometer

    Akten, Pläne und Risse,15.000 Karten, über 4.000Urkunden, Patientenakten ehe-maliger Polikliniken sowieSchul- und Klassenbücherlagern auf über 6.000 Qua-dratmetern in der altenHeeresbäckerei. Jeder, derein berechtigtes Interesse andiesem Archivgut glaubhaftmacht, darf das Archiv nut-zen. Mit keinem Geschichts-buch, keiner Internetseite,keinem Lexikon kann manauthentischeren Zugang zurVergangenheit finden als mitZeitdokumenten. Oftmals ent-wickelt sich lebendige Ge-schichte, erschließen sich Zeit-bilder, Biografien oder wer-den aus Legenden plötzlichhistorisch belegbare Tatsachen.Gänsehaut-Momente sind ga-rantiert, wenn nach langemSuchen eine Entdeckung ge-macht wird wie zum Beispielbeim neuen SchillerGarten-Buch. Die Akten des Geist-lichen Brückenamts von 1764gaben schließlich den Kauf-kontrakt der Mutter der„Gustel von Blasewitz“,Johanna Dorothea Segedin,preis, die das Gebäude desheutigen SchillerGartens er-warb. Langes Suchen bedeu-tet jedoch nicht Unordnungim Stadtarchiv. Vielmehr istes Ausdruck der Nichtgenormt-heit des Verwaltungswesensseit vielen hundert Jahren.Wer wo in welchen Akten

    etwas aufbewahrt hat, ist oftnicht klar. „Kein Findmittelist so gut wie ein guter Archi-var, der Mensch im Archiv istdurch nichts zu ersetzen“, fasstThomas Kübler zusammen.

    Papier ist PflichtWie gut es ist, dass Menschennicht alles wegwerfen, zeigtesich unter anderem beimBau der Frauenkirche. An-hand eines im Stadtarchivbewahrten originalen Rissesvon George Bähr konntenStatiker an den Geheimnis-sen des alten Baumeisterspartizipieren. Alte Baurech-nungen gaben Aufschluss da-rüber, welche Baustoffe ver-wendet und von wo sie bezo-gen wurden. Papier ist imÜbrigen noch heute Pflichtfür die Aufbewahrung, trotzallen Fortschritts mit neuenMedien. „Papier hat eine tau-sendjährige Geschichte“, er-läutert Thomas Kübler undöffnet eine Schublade mit sei-nem Lieblingsstück, dem „Ab-lassbrief für Gläubige derKreuzkirche aus dem Jahre1319“. „Elektronisches Spei-chern ist eine der großenHerausforderungen für Ar-chive. Schon heute sind Daten-speicherungen aus den 1970erJahren mitunter nicht mehrlesbar, ein Alptraum.“ Syste-matisch wird im StadtarchivArchivgut verfilmt und er-schlossen. Als das zweitgröß-te Stadtarchiv Deutschlandshat es mit etwa 70 Prozenteinen der höchsten Erschlie-ßungsgrade. Jährlich kommtetwa ein halber KilometerArchivgut hinzu, dennochmuss Thomas Kübler mitgeteilter Seele leben: Als His-toriker möchte er am liebs-ten alles aufheben, als Archi-var weiß er, dass er dies nichtkann – auch dann nicht, wenndas Stadtarchiv seinen ge-planten Erweiterungsbauerhält. Daniella Fischer

    Das Gedächtnis der StadtZu Gast im Stadtarchiv Dresden

    Archivdirektor Thomas Kübler

    Originaler Riss von George Bähr Ablassbrief für Gläubige derKreuzkirche aus dem Jahre 1319

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    Es ist früher Nachmittag, derVerkehr am Schillerplatz hältsich noch in Grenzen. GabrieleArnold ist gerade dabei, ihrSchaufenster von der Weih-nachts- auf die Winterdeko-ration umzugestalten. Auchhierbei ist sie kreativ: AusWeihnachtssternen werdenSchneekristalle, mit anderenMaterialien zaubert sie denfehlenden Winter in ihr Fens-ter. Hin und wieder bleibenLeute stehen, winken durchdie Scheibe, grüßen. GabrieleArnold ist bekannt am Schiller-platz, „alteingesessen“ wäreein klein wenig übertrieben –aber die elf Jahre, die sie ihrGeschäft hier am Platz alsAlleinkämpferin führt, sindschließlich kein Pappenstiel. Seit 20 Jahren ist sie schon

    selbstständig, was bedeutet,dass sie dies schon zu einerZeit war, in der Privatwirt-schaft nicht die Regel warund der, der sie betrieb, durch-aus kein einfaches Lebenhatte. Begonnen hat die gebo-rene Blasewitzerin am Poh-landplatz mit einem kleinenGeschäft, zog dann auf dieTolkewitzer Straße und 2004schließlich in ihren jetzigenLaden – der wirklich günsti-gen Mietbedingungen wegen,wie sie sagt. Sie liebt dasLeben am Schillerplatz undauch wenn es im Handel mitvielen Auf und Ab’s zu kämp-fen gilt, fallen ihr Opti-mismus und ihre positiveAusstrahlung sofort ins Auge.„Am Schillerplatz haben wirsehr individuelle Kundschaft“,

    erzählt sie, „der Verkauf läuftsehr personenbezogen undwir haben ein überaus treuesStammpublikum.“ Sie hatGeschenkartikel im Angebot,aber vor allem Edel-Erzgebirgewie Wendt&Kühn und Kunst-postkarten, die viele Leute alseine willkommene Alternativezur Massenware im Super-markt sehen. Mit klarerPhilosophie für ihren klei-nen Laden erweiterte sie ihrAngebot um selbst kreiertenSchmuck. Dafür kauft siegeeignetes Material ein, lässtsich von den verschiedenstenDingen inspirieren und bie-tet so völlig individuellenSchmuck aus echten Steinen,Perlen und Sterlingsilber zumVerkauf – echt einzigartige Ge-schenke. Die sind im Übrigennicht mehr nur am Schiller-platz zu haben, sondern auchim Maritim Hotel und dem-nächst im Hotelshop des HotelBellevue. Gabriele Arnold glaubt anden Aufwind am Schillerplatz.„Natürlich ist der Schiller-Garten ein Zugpferd, doch esgibt auch viele Händler, diesich mit großem Engagementbemühen, etwas zu bewegen“,erläutert sie. Sie hat Hoch-achtung vor denen, die etwasauf die Beine stellen und zollt

    dem Verein Brückenschlagihr Lob, in den sie großeHoffnung hat und weswegensie auch Mitglied gewordenist. „Früher haben die Privat-geschäfte gerade hier dochauch zusammengehalten“, er-innert sie an legendäre Zei-ten auf dem Schillerplatz.Auf dem ist der Verkehr in-zwischen stärker geworden –und eine Kundin bringt einenhoffnungslos scheinendenSchmuck-Notfall: die Lieb-lingskette, kaputt. Doch auchSchmuckreparatur ist ein Fallfür Gabriele Arnold – unddas weiß die Kundschaft zuschätzen.

    Daniella Fischer

    Nachbarn am Schillerplatz

    Geschenke Arnold

    Gabriele Arnold

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    Der Faszination eines klarenNachthimmels, an dem tau-sende Sterne funkeln und dieeigene Winzigkeit im großenKosmos erahnen lassen, kannsich kaum jemand entziehen.Freilich beschränkt sich beivielen die Kenntnis der Stern-bilder auf nur wenige wieden „Großen Wagen“ oderden „Orion“, doch schonGoethe dichtete: „Die Sterne,die begehrt man nicht, manfreut sich ihrer Pracht“.

    UmfangreicheRekonstruktionSeit Ende vergangenen Jah-res ist nun die Von ArdenneSternwarte auf der Plattleitewieder für Besucher zugäng-lich. Nach fast zehnjährigerSchließungszeit und einer um-fangreichen Rekonstruktionlädt sie wieder regelmäßig zurHimmelsbeobachtung ein. Et-wa 100.000 Euro investiertedie VON ARDENNE Anla-gentechnik in das Gebäudeund den alten Zeiss-Refrak-tor, von dem zwischen 1906und 1911 nur insgesamt sechsStück gebaut wurden. Die

    Ganggenauigkeit des mecha-nischen Stundenlaufwerks,mit dem das Fernrohr dieBewegung der Erde kompen-sierte, um das eingestellteHimmelsobjekt immer imFokus zu halten, war schon1956 exzellent. In jenem Jahrließ Manfred von Ardennedas Fernrohr in der von ihmerrichteten Sternwarte aufder Plattleite aufstellen. Un-zählige Dresdner und vorallem viele Schüler blicktenseither unter fachkundigerAnleitung durch dieses Fern-rohr und erlebten die faszi-nierende Welt der Astronomie.Nunmehr hat der Refraktoreine zeitgemäße elektroni-sche Schrittmotorsteuerungerhalten und wurde von derFirma -4H-Jena engineeringin Jena komplett restauriert.

    HobbyastronomManfred von ArdenneVon Ardenne selbst blieb Zeitseines Lebens Hobbyastronom,der sich als Schüler schonmit Brillengläsern, Kistenholzund Gardinenrohren eigenekleine Fernrohre gebaut hatte.

    Doch sein Inte-resse für die Ster-nenwelt hielt seinLeben lang an,wovon seine Stern-warten auf derPlattleite, amLoschwitzer Elb-hang und auchim Ostseebad He-ringsdorf zeugen.„Die Betrachtungvon Planeten,Kugelsternhau-fen und der grö-ßeren Nebelfleckein Teleskopendieser Abmessung ist einerder besten Wege, um demMenschen die gewaltigenMaßstäbe des Kosmos näher-zubringen und ihn innereBescheidenheit zu lehren“,schreibt der Professor in seinenErinnerungen. Details auf dem Mond, diesichelförmigen Phasen derVenus, der Mars oder die Ju-pitermonde sind mit einemFernrohr wie dem in der VonArdenne Sternwarte sehr wohlzu beobachten. Doch auchdas größte Fernrohr der Welt

    kann uns die Sterne nichtnäher bringen, sie bleibenLichtpunkte, derer man ineiner klaren Nacht etwa6.000 mit bloßem Augeerkennen kann.

    Die nächsten Veranstaltungenin der Sternwarte Manfredvon Ardenne sind am 14. und28. Februar sowie am 13.März, jeweils 18.30 und19.30 Uhr. Bitte melden Siesich unter Telefon0351/2637120 an.

    Daniella Fischer

    Mars regiert die StundeSternwarte Manfred von Ardenne wieder öffentlich

    Die Sternwarte Manfred von Ardenne

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    Im Klinikgelände auf derMalerstraße wandelten schonvor knapp 100 Jahren Patien-ten. Das damalige Dr. Weid-ner-Sanatorium war weit überSachsens Grenzen für seinenaturheilkundliche Orientie-rung und sein exklusives Am-biente berühmt. Prominentewie die Schauspieler GreteWeiser und Willy Fritsch, derKomponist Paul Lincke, derDichter Stephan Hermlin oderauch der Schriftsteller GerhardHauptmann weilten hier.Weil das Gebäudeensemblenach dem Zweiten Weltkriegals Armeelazarett fungierteund deshalb bis zur politischenWende militärisches Sperrge-biet war, ist es auch heutenoch vielen Einheimischenunbekannt. 1991 übernahmdie HUMAINE Kliniken-Ge-sellschaft das Klinikum vonder Bundeswehr, seit 2006gehört es zur HELIOS Unter-nehmensgruppe. Das Fach-krankenhaus verfügt über110 Betten für internistischeOnkologie und Palliativmedizinsowie eine stationäre Pflege-einrichtung mit 22 Betten.Auch eine Sozialstation, eine

    Strahlentherapiepraxis unddie Psychosomatische Abtei-lung der Uniklinik befindensich auf dem Territorium.

    Alte östliche HeilmethodeTCM letzte Hoffnung fürviele „Um unser Behandlungsange-bot zu erweitern, eröffnetenwir 2006 die Ambulanz fürTraditionelle Chinesische Me-dizin (TCM), die wir gemein-sam mit der Dresden Inter-national University betreiben“,erzählt Carsten Tietze, Ge-schäftsführer der Klinik. Je-der Interessierte kann einenTermin vereinbaren, die Kostenwerden jedoch in der Regelnicht von den Kassen über-nommen. Frau Chaolemen istvon Anfang an dabei und weiß:„Für viele Patienten sind wirdie letzte Hoffnung. Manchehaben eine lange Leidensge-schichte hinter sich.“ Die chi-nesische Ärztin studierte Tra-ditionelle Chinesische Medizinan der Universität Peking undarbeitete einige Jahre imKrankenhaus in der Heimat,bevor sie 2001 nach Deutsch-land kam und den Aufbau-

    studiengang Public Health ab-solvierte. Kollegen und Patien-ten dürfen sie mit ihrem Vor-namen rufen: Frau Chaolemen.„Mein Nachname ist für Deut-sche zu schwierig, deshalb istdas so in Ordnung“, lächeltsie. „Hoffentlich bleibt sie nochlange bei uns, denn wir schät-zen sie sehr und die Nach-frage nach TCM steigt ständig“,wünscht sich Carsten Tietze.

    TCM ist kein Allheilmittel „Traditionelle Chinesische Me-dizin ist aber kein Allheilmittel“,betont Fachärztin Chaolemen,„es empfiehlt sich, sie ergän-zend zur Schulmedizin anzu-wenden.“ Während sich diesevorwiegend darauf konzen-triert, wie und ob der mensch-liche Organismus funktioniert,ist TCM eine ganzheitlicheMedizin, die weit mehr kannals verschiedene körperlicheSymptome zu behandeln. Mitihrer Hilfe kann ein krank-machendes energetisches Un-gleichgewicht erkannt undein Patient entsprechend the-rapiert werden. Gesund ist,wenn Organe und Qi, die Le-

    bensenergie, vollkommen har-monieren – wenn Körper, Geistund Seele im Gleichgewichtsind.

    Ganzheitlich mit Beifuß-rauch, Nadelstichen undQi GongMenschen mit Allergien, Asth-ma, Schmerzen und Migräne,Erkrankungen des Bewegungs-apparates oder bei Stress undSuchtproblemen können bei-spielsweise von den Methodender Traditionellen ChinesischenMedizin profitieren. Die Be-handlung wird individuellabgestimmt. „Akupunktur,Schröpfen, spezielle Massagenoder Heilkräuter sind am be-kanntesten“, berichtet FrauChaolemen, „meist kombinie-ren wir verschiedene Anwen-dungen miteinander.“ Auchdie Moxibustion ist eine typi-sche TCM-Methode. Dabeiwerden bestimmte Akupunktur-punkte gereizt, indem eineangezündete, aus Beifuß be-stehende Moxa-Zigarre überdie Haut gehalten wird. Da-bei entsteht nicht nur Wärme,sondern es verbreitet sich einexotischer Geruch. „Bald star-tet auch ein Qi-Gong-Kurs“,kündigt Frau Chaolemen an.Damit das Qi wieder fließenkann.

    Dagmar Möbius

    Wo das „Qi“ wieder zum Fließen gebracht wirdWachwitzer Klinik-Ambulanz für Traditionelle Chinesische Medizin zunehmend gefragt

    Frau Chaolemen ist chinesische TCM-Ärztin, hier bei der Therapie mit einerelektronisch unterstützten Akupunktur

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    Chinesische Zeichen für Gesundheit

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    Sie stand auf der Kommodebei einer alten Bekannten –und Werner Vogel verliebtesich sofort in sie. In Bronzegegossen zeugt die Nasen-bären-Skulptur vom handwerk-lichen Können ihres Schöpfers,seiner Beobachtungsgabe undseinem Geschick, Bewegun-gen von Tieren realistisch inPlastiken festzuhalten. Inüber fünfjähriger Arbeit trugder mittlerweile 87-jährige A. Werner Vogel mit großerLeidenschaft alles zusammen,was er zu Otto Pilz (1876-1934) finden konnte, derüber drei Jahrzehnte sein Ate-lier in Blasewitz hatte und

    hier auch wohnte. Vogel nahmweltweit Kontakte mit Kunst-händlern und Galeristen auf,recherchierte in Archiven, Bi-bliotheken und im Internetund hat mittlerweile 20 Leitz-Ordner mit umfangreichemMaterial gefüllt.

    WerksverzeichnisRund 200 Arbeiten des Blase-witzer Bildhauers werden nunim Frühjahr erstmals in ei-nem Werkverzeichnis zusam-mengefasst der Öffentlichkeitpräsentiert. Werner Vogel kom-plettierte dieses Verzeichnismit dem Lebenslauf von Pilz,skizziert dessen vielfältige Be-ziehungen zu anderen Künst-lern und Architekten wieErich Hösel, dem ehemaligenVorsteher der Gestaltungsab-teilung der Meißner Porzellan-

    manufaktur, dem ArchitektenMartin Pietzsch oder Stadt-baurat Hans Erlwein. Span-nend wird es da, wo WernerVogel den Geschichten man-cher Skulpturen nachspürteund ihre verschlungenen Wegeauf dem internationalen Kunst-markt beschreibt. Das Buchwird etwa 200 Seiten umfassenund über 200 zum Teil farbi-ge Abbildungen enthalten.Die Nasenbären-Skulptur hatWerner Vogel mittlerweile sei-nem Enkel geschenkt, der dieLeidenschaft seines Großva-ters zu Otto Pilz längst teiltund ihn auf vielfältige Weiseunterstützt. Informationen über Otto Pilzkönnen noch in das Werk ein-fließen. Bitte senden Sie diesean die Redaktion Potz Blitz,Agentur 2dPROJECT, Ender-straße 59, 01277 Dresden

    Daniella Fischer

    Michael Ladewein (Hg.)Raffaels Sixtinische MadonnaPforte Verlag, 18 EuroUrsprünglich als Altarbild für eine Klos-terkirche in Piaczenza gemalt, gelangteRaffaels Bildnis 1754 nach Dresden undbeeinflusste in den folgenden Jahrhun-derten nicht nur Künstler und Gelehrte,sondern entfaltete auch eine ungeahntePopularität quer durch alle Schichtender Bevölkerung. Sie wurde Inspira-tionsquelle für Maler, Schriftsteller,Musiker und Philosophen. Dieser Bandbeinhaltet ausgewählte literarischeFundstücke und Bilddokumente undvermittelt somit die einzigartigeWirkungsweise eines Kunstwerkes.

    Jochen Knobloch / Matthias GetzschelIm Flug über DresdenHinstorff Verlag, 34,90 Euro, D/EDresden ist trotz all der Zerstörungen,die es erfahren musste, eine Stadt ge-blieben, die zu den herausragenden inDeutschland zählt. Wie kaum sonst kon-zentrieren sich auf kleinem Raum Bau-werke in großer Zahl und nur selten hatein Ort eine derart starke Ausstrahlungs-kraft gewinnen können. Dieser Band mitLuftbildern zeigt nicht nur die Höhe-punkte im Stadtzentrum, stimmungs-volle Aufnahmen von Blasewitz undLoschwitz, berühmte Bauwerke undSchlösser, bis hin zum Elbsandstein-gebirge.

    Verliebt in einen NasenbärenWerkverzeichnis des Blasewitzer

    Bildhauers Otto Pilz

    Buchempfehlung

    Natürlich hilft man gern, wenn diebeste Freundin fragt, ob man eineStunde lang auf ihr Kind aufpas-sen könne. Auch wenn der alteMann aus dem vierten Stock krankist, fasst man sich ein Herz undführt seinen Hund aus. Über diesekleinen Freundschaftsdienste freu-en sich alle – zumindest solangenichts passiert. Was aber, wennbeim Baby-Sitten ein Saft-Fleck aufdas teure Designer-Sofa kommtoder der Hund sich selbstständigmacht und den Postboten ins Beinbeißt? Nicht selten kommt es hierauch zwischen guten Nachbarnoder Freunden zum Streit, wer tat-sächlich Schuld an der Situation istund eventuelle Kosten bezahlen muss.

    Der Gesetzgeber gewährt dem Hel-fenden Schutz: Er muss Schädennicht bezahlen, die durch einenunentgeltlichen Gefälligkeitsdienstentstanden sind. Deshalb tritt auchdie private Haftpflichtversicherungdes Helfenden nicht ein. Die Kos-ten muss die Person tragen, dergeholfen wurde – wie bei einemselbstverursachten Schaden. DasProblem dabei: Was genau als Ge-

    fälligkeitsdienst gilt, ist Ausle-gungssache. Daher entscheidet inletzter Instanz ein Gericht darüber,ob es sich um einen Freundschafts-dienst handelt und wer entsprechendden Schaden zu begleichen hat.

    Auch bei FreundschaftsdienstenabgesichertUm den Ärger eines Streits zu ver-meiden, kann man das Risiko derGefälligkeitsschäden in die Haft-pflichtversicherung einschließen,empfiehlt Brigitte Augustin ausDresden. Die Versicherung über-nimmt dann die entstandenen Kos-ten. Wer eine neue Haftpflichtver-sicherung abschließt, sollte beimVertragsabschluss auch auf Folgen-des achten:

    • Ehe- oder Lebenspartner sowieKinder sollten in den Vertrag ein-geschlossen werden. Macht die Tochter beim Baby-Sitten etwaskaputt, übernimmt die Versiche--rung den Schaden. Sind dieKinder schon volljährig, bleibtder Versicherungsschutz nochbestehen, solange sie sich in derAusbildung befinden.

    • Die Haftpflichtversicherung soll-te auch dann helfen, wenn manselbst geschädigt wird: So bietenviele Haftpflichtversicherungenden Einschluss einer Forderungs-ausfalldeckung an. Hat der Scha-densverursacher keine Haftpflicht-versicherung und ist zahlungsun-fähig, so erhält der Geschädigtevon der eigenen VersicherungSchadenersatz.

    • Man sollte sich nach so genanntenKombiprodukten erkundigen, wiebeispielsweise MultiPlus von der

    Zurich Gruppe. Diese bietenneben der Haftpflichtversiche-rung auch Unfall-, Hausrat- undRechtsschutz in einem einzigenVertrag. Das ist einfacher zu ver-walten und spart zusätzlich Geld.

    Übrigens hilft die Haftpflichtver-sicherung auch dann, wenn dieSchadensforderungen unberech-tigt sind. In diesem Fall lehnt derVersicherer die Forderungen abund zieht bei Streitigkeiten aufeigene Kosten vor Gericht.

    Richtig versichert: damit aus Freundschaftsdiensten kein Desaster wird

    Natürlich hilft man gern, wenn die beste Freundinfragt, ob man eine Stunde lang auf ihr Kind auf-passen könne. Aber wer haftet, wenn einMißgeschick passiert?

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    Weitere Informationen:

    Zurich GruppeDeutschlandBrigitte AugustinGeneralagenturWachtelweg 2701237 Dresden

    Tel. 0 35 12 02 21 41Fax 0 35 12 50 03 85 Mobil 0 17 22 92 49 46

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    Dankenswerterweise wird invielen Wirtshäusern, wieauch im SchillerGarten,„Sächsische Kartoffelsuppe“angeboten, unter Suppenund mit Wiener Würstchen,ganz oder in Scheiben.

    Bei uns zu Hause, wir ließendas „sächsisch“ übrigensweg, war die Kartoffelsuppestets eine vollwertige Mahl-

    zeit. Und die ging so:

    Wir brauchten den wellen-förmigen Kartoffelstampfer(keine Quetsche, kein Pü-rierstab!), drei Töpfe und´nen Tiegel.

    Zuerst wurde Kasslerbrühegekocht (aus Kamm zu spä-terem Kaltaufschnitt oderKasslerrippchen). Im ande-ren Topf wurden die Kartof-feln gekocht, das Wasserweggegossen und die „Är-bern“ so gestampft, dassnoch kleine Brocken blie-ben. In Topf drei kochte dasGemüse: Zwiebel, Möhre,Porree, viel Sellerie undeventuell ein paar getro-cknete Pilze (Hallimasch)und wurde im eigenen

    Saft gestampft.Dann kam alles in dieBrühe. Dazu frisch gewieg-ter Liebstöckel, im Hand-ballen gerebelter Majoran,geschroteter Pfeffer (undwer mag, kann ein wenigKnoblauch zugeben). ImTiegel wurden Speckwürfelbraun ausgelassen und ohnedem Fett hinzugegeben.Zum Schluss wurde alleszusammen ganz kurz aufge-kocht und für jeden eineganze Bockwurst zum Ziehenhineingetan,

    ein Schweinsknacker istnoch herzhafter. Und des-halb lagen neben dem Tellernicht nur der Löffel, son-dern auch Messer undGabel. Es war eben ein rich-tiges Essen.

    Übrigens, wer den Majorannicht mag und lieber Peter-silie nimmt: Erst auf demTeller hinzufügen, nicht inden Topf! Dort könnte siesäuern, denn die Kartoffel-suppe schmeckt am näch-sten oder übernächsten Tag

    noch besser.Matz Griebel

    *sächsisch: Nichtbloß eine Suppe

    Klassisch elegant, eisblau undmit schmackhaftem Inhalt:Die Lichtenauer Gastro-nomieflaschen machen jedenTisch zu etwas Besonderem.Passend zum sommerlichenDurst bietet die LichtenauerMineralquellen GmbH nebenden 0,25 l und 0,75 l Gebindeneine neue exklusive Flaschen-größe für Lichtenauer Me-dium an: Das bekömmlicheMineralwasser ist ab sofort in der 0,5 l-Gourmetflascheerhältlich. Mit dieser mittle-

    ren Größe entspricht der säch-sische Brunnen den Wün-schen der Gastronomen. Denndie Gäste trinken, Dank deswachsenden Gesundheitsbe-wusstseins, auch unabhängigvom Durst immer größereMengen Mineralwasser. Dieneue Halbliter-Flasche bietetgenau das richtige Maß anErfrischung, nicht zu vielund nicht zu wenig – ebenLichtenauer Medium. Wa-rum ausgerechnet diesesMineralwasser im neuen

    Gourmetgebinde angebotenwird, liegt für Ralph Sander,Geschäftsführer der Lichte-nauer Mineralquellen GmbH,klar auf der Hand: „Lichte-nauer Medium ist mit seinemdezenten Kohlensäuregehaltein Wasser für alle Ge-schmäcker. Es zeichnet sichdurch das Mineral-Ideal, einembesonders ausgewogenen Ver-hältnis von Natrium und Mag-nesium aus, und ist der per-fekte Begleiter zu Brunch,Mittag- oder Abendessen.“

    Eisblau und gut gekühltLichtenauer Medium in neuer 0,5 l-Gastronomieflasche

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    Ni blos änne Subbe*Geheimniss der Sächsischen Küche

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    Karten spielen, Schnupf-tabak und edle Tropfen – waswäre ein Dichter ohne kleineLaster. Friedrich Schillerwar ein Weintrinker, mansagt allerdings, ein „gemä-ßigter“. Seine Mutterwar Gastwirtstochter,die Vorfahren warenWinzer, Schillers Vaterhatte sogar ein Buchüber den Weinbaugeschrieben.

    ReicheAuswahlDie Weinkarte im Schiller-Garten bietet neben vorzüg-lichen sächsischen Weinenauch andere deutsche sowieWeine aus allen wichtigenWeinländern wie Italien,Frankreich, Spanien, aberauch aus Chile, Argentinien,Südafrika und Australien an.Wer den Wein lieber nachder Rebsorte auswählt, findetim SchillerGarten bei Caber-net Sauvignon, Shiraz, Mer-lot, Grauburgunder oder Ries-ling mit Sicherheit einenTropfen, der ihm schmeckt.

    10 gute TippsMit einem Augenzwin-

    kern sollten Sie die fol-genden Punkte beider Weinbestellung in

    einem Restau-rant beherzi-gen und

    könnten da-mit sogar denEindruck einesWeinkenners er-

    wecken, auch wennSie’s nicht sind!1. Lassen Sie sich für

    Ihre Weinbestellung zuerstimmer eine Weinkarte vorle-gen und nehmen Sie sichZeit dafür. Sie sind schließ-lich im Lokal und nicht aufder Flucht!2. Sollte diese Weinkarte aus-schließlich aus einem Rot-wein und einem Weißweinbestehen, bestellen Sie ambesten ein Bier.3. Die Frage „Welcher Weinist am billigsten?“ sollte nichtIhre erste Frage an die Be-dienung sein. Billige Weinekönnen durchaus gut sein,

    aber wenn der Preis das ersteKriterium ist, kann schnellein bitterer Nachgeschmackentstehen.4. Nein, Sie können nicht erst alle Weine probieren bevorSie sich entscheiden.5. Jeder Wirt bietet gern offe-ne Weine an, denn an diesenverdient er mehr. Gibt eseinen Wein nicht „offen“, hatdies qualitative Gründe undist stets zum Vorteil des Gas-tes. Und Pssst! Schon nachwenigen Gläsern ist eine ganzeFlasche billiger. 6. Wird Ihnen nach dem Öff-nen der Flasche der Korkengereicht, sollten sie nichtdaran riechen, denn Korkriecht nach Kork. Wichtigerist es, ob der Korken intakt ist.Ist er „unten“ feucht, wurdeder Wein richtig gelagert.7. Ist der Wein schon ein paarJahre alt und richtig teuer, soab 100 Euro aufwärts, lohntes sich auf die Beschriftungdes Korkens zu achten. Wenndiese nicht zur Flasche pas-sen sollte, liegt der Verdachtnahe, dass der Weinhandeletwas „geschummelt“ hat. 8. Weine riechen nach vielenDingen, gelegentlich sogarnach Kuhdung. Dies bedeu-tet nicht, dass ein Weinschlecht ist. Riecht er nach

    Essig, nach Chemie odermuffigem Käse, sollte manallerdings vorsichtig sein.Schmeckt er dann auch nochbitter, ist die Chance groß,einen so genannten Kork-schmecker erwischt zu ha-ben. Solch einen Wein müs-sen Sie nicht trinken.9. Hat eine Flasche einenVerschluss aus Kunststoff,Glas oder gar einen „Schrau-ber“, will man Sie nichtübers Ohr hauen. Selbsthöherpreisige Weine habenheutzutage solche Verschlüs-se. Sie stehen den bestenNaturkorken in nichts nachund haben natürlich auchkeine Korkschmecker.10. Haben Sie plötzlich dasGefühl, neben dem Weinetwas „Kaffeesatz“ im Mundzu haben, könnte dies Wein-stein sein. Der ist weder einFehler des Weines noch einQualitätsmerkmal und hat fürden Menschen keine schäd-lichen Auswirkungen. Sollten Sie mit allen diesenPunkten nichts anfangenkönnen, dürfen Sie auch derBeratung durch die Bedie-nung vertrauen. Sie hat täg-lich mit Wein zu tun undmöchte, dass Sie gern wieder-kommen.

    Charles M. Bugnowski

    „Der Wein erfindet nichts,er schwatzt's nur aus“

    Gut zu wissen

    SchillerGarten-Buch:Ihre Meinung ist gefragt!

    Sie haben das neue Buch über den SchillerGarten undDresden-Blasewitz gelesen? Schreiben Sie uns IhreMeinung! Wie gefallen Ihnen dieses Buch und seineGestaltung? Gibt es Dinge, die Sie vermissen? Haben Sieeigene Erlebnisse im SchillerGarten, die auch andere inte-ressieren und in einer Nachauflage gedruckt werden könn-ten? Oder besitzen Sie alte Fotos, Eintritts-oder Speisekarten? Wir sind gespanntauf Ihre Reaktion!Schreiben Sie an denSchillergarten Dresden,Schillerplatz 9, 01309 Dresden

    ausgabe_01_2008.qxd 08.02.2008 09:08 Seite 22

  • Südtirol ist ein Land derGegensätze: Norden und Sü-den, Deutsch und Italienisch,schneebedeckte Berge undfruchtbare Täler, alpines undmediterranes Klima gehenhier eine einzigartige Sym-biose ein. Ein spannenderMikrokosmos, um Weine mitCharakter und Herkunft an-zubauen. Im südlichen TeilSüdtirols liegt das Überetsch.Eine sanfte, von eiszeitlichenGletschern geformte Hügel-landschaft, in die sich maleri-sche, alte Dörfer schmiegen.Aufgefädelt wie Perlen aneiner nicht enden wollenden„Rebschnur“. Eines der be-kanntesten Weindörfer derGegend ist Girlan. Dort hatdie Kellerei Schreckbichl denidealen Standort gefunden.Als Schnittpunkt und Schmelz-tiegel multikultureller Wein-tradition. Weinberge in denbesten Lagen des Überetschund des Südtiroler Unterlan-des, zwischen 250 und 550Höhenmetern gelegen, mitunterschiedlicher Bodenzu-sammensetzung, verschiede-

    nen Mikroklimata undReifephasen sind das natürli-che Potential der KellereiSchreckbichl. Hier ist es einLeichtes, für jede Rebsorteden richtigen Standort zufinden, damit sie ihre volleKraft und Frucht entfaltenkann. Im Schutz der Alpenund im Genuss von über1.800 Sonnenstunden, gutdurchlüftet von frischenGardasee-Winden, mit sehrwarmen Tagen und kühlenNächten während der Reife-zeit, liefern die vielfältigenLagen eine große Bandbreitean hochwertigem, vollreifemLesegut.

    Der WinzerNicht erst Erzherzog Sigis-mund, der im 15. Jahrhun-dert auf Schloss Sigmunds-kron residierte, schätzte denSchreckbichler Wein. Bereitsum 15 v. Chr. ließ sich einrömischer Siedler namensCornelius auf einem nahegelegenen Bichl (mundart-lich für Hügel) nieder undlegte mit seinem WeingutCornelianum – aus dem sich

    später der Name Girlanableitete – die Wurzeln derSchreckbichler Weinkultur.Tradition verpflichtet auchzu mutigen Entscheidungen.Im Jahr 1960 gründeten 28Weinbauern die Kellereige-nossenschaft Schreckbichl.Weitere Höfe in- und außer-halb von Girlan schlossensich an. Heute bewirtschaf-ten 290 Mitglieder über 300Hektar der besten Weinberg-lagen der Gegend. Viele inter-nationale Weinpreise sindBeweis für die hervorragendeArbeit um den Geschäfts-führer Luis Raifer.

    Der WeinChardonnay „Altkirch“Die Rebsorte „Chardonnay“stammt ursprünglich ausFrankreich und wird inSüdtirol seit etwa 100 Jahrenangebaut. Der vorgestellteWein stammt aus den Wein-bergen von Salurn und Um-gebung (südlich von Bozen).Der Wein präsentiert sich miteiner schönen hellgelblichenFarbe und grünen Nuancensowie einem sehr delikaten

    und edlen Duft. Im Mundkommen die typischen, exoti-schen Aromen wie Ananasund Mango.

    Die EmpfehlungDer trocken ausgebaute Weinmit delikater Säure empfiehltsich besonders zu gekochtemFisch, leicht gewürzten Ge-richten mit hellem Fleischwie Kalb und Schwein sowiePastagerichten mit hellenSoßen.

    Der „Weintipp“ wird präsentiert von KGS –Knüttels Getränkespezialitäten, demLieferanten des SchillerGartens.

    Der Weintipp

    Manfred Hempel, Fa. KGS

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    Die RegionItalien/Südtirol

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  • Wegen „Nächtigung im Frei-en“ wurde im Februar 1908der vielfach vorbestrafte undaus Sachsen ausgewieseneBummler Florian Ruprechtin einem Gartengrundstückin der damaligen Residenzstr.(heute Loschwitzer Str.) ver-haftet. Aufgespürt hatte ihnSchutzmann Dannhauer mitPolizeih