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WIR GEMEINDEBRIEF 4/2016 REFORMATIONS- JAHR 2017: TERMINE KOSMOS ASIEN: LEBENDIGE ÖKUMENE IN CHINA AUS UNSERER GEMEINDE: EBENEZER BLINDENSCHULE

GEMEINDEBRIEF 4/2016 WIR · setzung der Pfarrerstelle in 2017 wird sich der GKR in naher Zukunft auch wieder darum bemühen, eine Wohnung für einen Pfarrer/In zu mieten. Der GKR

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WIRG E M E I N D E B R I E F 4 / 2 0 1 6

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Liebe Leser,

wir freuen uns, dass Sie die neueste Ausgabe un-seres Gemeindemagazines in den Händen halten. Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich et-liche der Beiträge in diesem Heft noch gar nicht gelesen. Für ein klassisches „Editorial“ wäre das natürlich vollkommen unmöglich. Aber im Falle unserer Deutschen Evangelischen Gemeinde in Hongkong sagt es auch viel über uns aus: Denn hier funktioniert sehr vieles auch ohne den Pfar-rer. Unser Redaktionsteam hat sich wieder große Mühe mit diesem Heft gegeben, und auch ande-res in unserer Gemeinde „läuft einfach“. Wir sind eine sehr lebendige Gemeinde – und das werden Sie sicher beim Durchblättern und Lesen ein we-nig spüren.

Für mich als Vertretungspfarrer im zweiten Jahr zeigt sich das auch an unseren Gottesdiensten. Seit dem Umzug auf den Peak nach der Sommer-pause gab es keinen Gottesdienst, bei dem wir nicht noch Stühle dazustellen mussten – auch wenn wir optimistisch bestuhlt hatten.

Und so sollte es natürlich auch sein. Unsere Mitte ist und bleibt der Gottesdienst. Das ist zwar heut-zutage – nicht nur wegen der ausgesprochen vielen sonntäglichen Alternativangebote in die-ser hyperaktiven Stadt – oft schwer vermittelbar, aber so ein „altmodisches“ Zentrum der Gemein-de ist unverzichtbar. Hier – nicht nur hier, aber eben besonders hier – treffen wir uns und den-ken darüber nach, was Glaube im 21. Jahrhundert für Konsequenzen hat. Wir feiern einen Gott, von dem wir glauben, dass er zeitlos liebevoll seinen

Geschöpfen zugewandt ist und ganz zeitgemäße Ideen für gelingendes Leben hat.

Und dass das dann Konsequenzen hat, versteht sich von selbst. Glaube verändert uns und zeigt sich unter anderem im Engagement für unsere Umwelt. In den Beiträgen über die Ebenezer Blin-denschule und Obdachlose in Hongkong kann das sicher erkannt werden.

In etwa zeitgleich mit dieser Ausgabe beginnt auch ein neues Kirchenjahr. Deshalb haben wir meine Adventspredigt vom letzten Jahr mit hineinge-nommen und schauen auf die Dinge, die da ver-mutlich so kommen werden in diesem neuen Jahr. Werden wir die Pfarrstelle besetzen können und wie feiern wir das große Reformationsjubiläum?

Schön, dass mein lieber katholischer Kollege in die-ser Ausgabe über die Reformation geschrieben hat, während ein Artikel von mir im Gemeindebrief der Schwestergemeinde erscheint. Ökumene funktio-niert gut in Hongkong, und ich freue mich schon auf die gemeinsamen Gottesdienste im neuen Kirchenjahr, auf die ökumenische Feier am Heilig-abend und vielleicht auch wieder am Karfreitag – um nur die beiden größten zu nennen.

Ich wünsche Ihnen einen Advent voller Segen und frohe Weihnachten. Viel Spaß beim Lesen unseres Gemeindebriefes,

Ihr Jan Martin Depner

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03.12. N I K O L A U S

„Von drauß vom Meere komm ich her…!“ Ökumenische Veranstaltung der beiden deutschen Gemeinden in Hong-kong für Familien mit Andacht und Musik. Wenn alle brav waren, dann kommt er vielleicht selbst: der Nikolaus!

Samstag, 03.12.2016, ab 15:00 UhrRosary Hill School, 41B Stubbs Road, HK IslandAnmeldungen unter [email protected]

24.12. H E I L I G A B E N D„Stille Nacht, heilige Nacht…“ Ökumenischer Gottes-dienst der beiden deutschen Gemeinden in Hongkong mit Bach-Chor und anschließendem Sektumtrunk.

Samstag, 24.12.2016, 15:00-16:00 UhrSt. Joseph Church, Garden Road, Admiralty

31.12. J A H R E S W E C H S E L - A N D A C H T

„…in Deine Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt!“ Andacht zum Jahreswechsel für alle, die dem Trubel etwas entgehen und im kleinen Kreis besinnlich das neue Jahr begehen wollen.

Samstag, 31.12.2016, 17:00-18:00 Uhr5 Hang Lok Lane, Harmony Lodge 20, Tai Wai, Shatin, N.T.Anmeldungen bitte an: Pfarrer Jan Depner ([email protected])

25.02.K I N D E R B I B E L - E R L E B N I S T A G

„Einfach Spitze, dass Ihr da seid!“ Ökumenische Veran-staltung der beiden deutschen Gemeinden in Hongkong für Kinder von 4 bis 11 Jahren, ein kleines Theaterstück zu einem biblischen Thema, Spiel, Spaß und Basteln in drei Altersgruppen, Musik und vieles mehr.

Samstag, 25.02.2017, 9:45-12:30 Uhr GSIS Pok Fu Lam, 162 Pok Fu Lam Road Anmeldungen bitte an: [email protected]

03.03. W E L T G E B E T S T A G

Termin zum Vormerken: Freitag, 03.03.2017

Weitere Informationen zu Ort und Uhrzeit werden demnächst auf unserer Website bekanntgegeben.

K I R C H E N - M I T M A C H - T I P P S A U S D E M G E M E I N D E K I R C H E N R A T

Kurz informiert

Es gibt Neuigkeiten zur Pfarrstellenvakanz: Ver-treter des Gemeindekirchenrates haben sich am Sonntag, den 13. November, mit der für die Aus-landsgemeinden zuständigen Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Claudia Ostarek, getroffen, die für eine interna-tionale Konferenz einige Tage in Hongkong war. Nach Aussage von Claudia Ostarek hat sich leider ein Kandidat aus dem Bewerbungsverfahren für die Pfarrstelle zurückgezogen. Außerdem wird auf Grund der Vakanz die Gemeinde im kommen-den Jahr einen reduzierten Bewilligungsbescheid zur finanziellen Unterstützung von der EKD erhalten.

Aber es gibt einen weiteren Bewerber. Der GKR wird diesen nach der offiziellen Bekanntgabe durch die EKD zu einer Vorstellung in Hongkong einladen; der Vorstellungsgottesdienst wird aller Voraussicht am 15. Januar 2017 stattfinden. Ein „Steckbrief“ des Bewerbers wird in einem der Wochengrüße zuvor erscheinen. Der GKR hofft, dass die Gemeinde zahlreich zum Vorstellungs-gottesdienst kommen wird und auf ein erfolgrei-ches Bewerbungsverfahren.

Sollte es nicht dazu kommen, hat die EKD in Aussicht gestellt, dass bis zu einer weiteren Aus-schreibungsrunde ein Ruhestandspfarrer/In nach Hongkong kommen könnte. Diese Pfarrerinnen und Pfarrer befinden sich im Ruhestand, kön-nen aber für einen begrenzten Zeitraum in Aus-landsgemeinden eingesetzt werden, wenn keine hauptamtlichen Pfarrer und Pfarrerinnen durch die Evangelische Kirche in Deutschland entsandt werden können. In der Voraussicht einer Neube-setzung der Pfarrerstelle in 2017 wird sich der GKR in naher Zukunft auch wieder darum bemühen, eine Wohnung für einen Pfarrer/In zu mieten.

Der GKR wünscht allen einen guten Rutsch in das neue Jahr und freut sich auf die kommenden Ver-änderungen im Jahr 2017 in unserer Gemeinde! Für Fragen und Anregungen wenden Sie sich bit-te an uns!

Termine Gottesdienste

Die Gottesdienste finden, wenn nicht anders angemerkt, in den Räumen der Grundschule der GSIS statt.

German Swiss International School – Peak Campus, 11 Guildford Road, The Peak, Hongkong

Sonntag, 4. Dezember 2016, 10:30 UhrGottesdienst mit KindergottesdienstGSIS am Peak im ehemaligen Old Gym im Upper Building

Samstag, 24. Dezember 2016, 15:00 - 16:00 UhrHeiligabend-Gottesdienst mit dem Bach-Choranschließend Sektumtrunk, St. Joseph in der Garden Road 37 oberhalb der Tram

Sonntag, 15.01.2017, 10:30 Uhr - 11:30 Uhrvoraussichtlicher Vorstellungsgottesdienst des Pfarrkandidaten

Sonntag, 22.01.2017, 10:30 Uhr - 11:30 UhrGottesdienst mit Kindergottesdienst

Sonntag, 12.02.2017, 10:30 Uhr - 11:30 UhrGottesdienst mit Kindergottesdienst

Sonntag, 19.02.2017, 10:30 Uhr - 11:30 UhrGottesdienst mit Kindergottesdienst

Weitere Termine und aktuelle Informatio-nen können auf unserer Internetseite einge-sehen werden: www.egdshk.org

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in Hongkong

Diejenigen, die Hektik und/oder Routine des Alltags einmal hinter sich lassen möchten, ha-ben vom 16. bis 17. Dezember die Gelegenheit zu einem Besinnungswochenende. Das Retreat findet im Honeyville Canossian Retreat House in Pok Fu Lam statt (Freitag/Samstag, Beginn und Ende jeweils 18 Uhr); geleitet wird die Ver-anstaltung vom deutschen katholischen Pfarrer Lothar Vierhock und Ordensschwester Franca. Möglich ist auch ein Tagesretreat am Sams-tag (Beginn: 9 Uhr). Kosten: 500 HK$ (inklusive Verpflegung und Übernachtung, 400 HK$ fürs Tagesretreat). Weitere Infos und Anmeldungen bei Annette Frömel ([email protected]).

Wer selbst in subtropischen Gefilden nicht auf den Tannenbaum verzichten möchte, bekommt diesen Wunsch auch in Hongkong erfüllt. Es gibt eine Reihe von Anbietern, die Tannenbäume hierher verschiffen, etwa Xmastreeonline, der verspricht, seine Bäume von umweltfreundlichen Farmen in den USA zu beziehen (xmastreeonline.hk), Sophie‘s (www.sophieshk.com) oder Angelo Chinese (www.anglochinese.com). Ein lokaler Anbieter ist das (große) Gartencenter Wah King Garden in Sai Kung (www.wahking-garden.com).

Last but not least: Wie in jeder Großstadt blinkt es auch in Hongkong weihnachtlich in und vor Shoppingmalls und an den Hochhausfassaden. Einfach mal, wenn es dunkel ist, durch Central oder Causeway Bay laufen (oder die Star Ferry hinüber nach Kowloon nehmen) und dem Lich-terspektakel zuschauen!

Stefanie Ball

Der Hongkonger Bach-Chor lädt am 5. Dezember (Montag) in die Hongkong City Hall Concert Hall zu einem Konzert ein („The Martyrdom of Saint Cecilia“). Nähere Informationen auf der Website des Chors: www.bachchoir.org.hk

Ein (fast) richtiger Weihnachtsmarkt findet an gleich zwei Wochenenden am 10. und 11. sowie 17. und 18. Dezember auf der Stanley Plaza statt (12 bis 20 Uhr). Offizieller Name: Stanley Plaza Enchanted Christmas Market. Glühwein und Bratwürste schmecken auch bei sommerlichen Temperaturen; außerdem gibt es in den Holzbüd-chen noch anderes und manch Weihnachtliches zu entdecken. Achtung: Wegen des großen An-drangs sollten Besucher am besten mit dem Bus nach Stanley kommen!

Auf der Suche nach Geschenken könnte man im Conrad Hotel (Pacific Place, Grand Ballroom) vor-beischauen, dort findet jedes Jahr die Conrad Fair statt (8. und 14. Dezember jeweils von 10 bis 20 Uhr, www.prestigefairs.hk)

Weihnachten ist ja bekanntlich immer schnel-ler da als man denkt. In Hongkong kommt erschwerend hinzu, dass die äußeren Bedin-gungen so gar nicht der Vorweihnachtszeit entsprechen: keine kürzer werdenden Tage, keine kahlen Bäume, keine Notwendigkeit, Handschuhe und Schal aus den hinteren Win-keln des Kleiderschrankes hervorzuholen. So muss ein Blick in den Kalender genügen, und der beweist: Lange ist es nicht mehr hin bis zum Heiligen Abend. Auch WIR haben einen Blick in den Kalender geworfen und ein paar Termine zusammengetragen, die vielleicht bei der vor-weihnachtlichen Stimmung nachhelfen.

Dichtes Gedränge beim Weihnachts-markt in Stanley im vergangenen Jahr

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ALL China mindestens 2,6 Millionen Obdachlose. In

Hongkong haben 1600 Menschen kein Zuhause, hinzu kommen rund 200.000, die in winzigen, fensterlosen Apartments, auf Häuserdächern oder in käfigartigen Verschlägen ihr Leben fris-ten. „Die Wohnverhältnisse in solchen Einhei-ten sind so rau, dass manche, die einen Job und ein geringes Einkommen haben, es vorziehen, auf der Straße zu leben“, sagt Ng Wai-tung von der Society for Community Organisation SoCO. Die SoCO drängt die Hongkonger Regierung seit Jahren, Übergangslösungen etwa in Hos-tels anzubieten. In einer neuen Fotoserie hat sie das Leben in Käfigen und Boxen dokumentiert (www.soco.org.hk).

Grund für die prekäre Wohnsituation in Hong-kong und anderen asiatischen Mega-Metropolen sind die explodierenden Mietpreise. Gleichzeitig reicht der soziale Wohnungsbau nicht aus. Laut einer Studie der Bank UBS kostet eine unmöblier-te 3-Zimmer-Wohnung in Hongkong 3900 Euro im Monat – das ist genauso viel wie in New York City, wo die Menschen im Schnitt aber doppelt so viel verdienen. Die Warteliste für eine Sozialwoh-nung in Hongkong ist lang, im Schnitt dauert es vier Jahre, ehe eine frei wird.

Statt Geschichten über sie zu erzählen, hat eine Hongkonger Initiative nun Obdachlosen eine Ka-mera gegeben. Sie sollten ihre Version ihres Le-bens zeigen. Die Ergebnisse sind auf der Website www.ourcitymystory.com zu sehen. „Jeder geht anders mit seiner Situation um“, erzählt eine der Initiatorinnen, Stephanie Lau Chi-woon. In den allermeisten Fällen aber hätten die Menschen eine „sehr positive Einstellung“ gehabt. Jason erzählt, er gehe jeden Tag in die Bücherei, um zu lesen. Von seinem ersparten Geld habe er sich ei-nen Block gekauft, um all das, was er gelernt hat, aufzuschreiben. Julia hat ein Ziel: Sie will Geld sparen, um eines Tages in ihre Heimat Thailand zurückkehren zu können. Und Simon spricht von einem glücklichen Tag, wenn die Katze, die ihm zugelaufen ist, mit ihm spielt.

Stefanie Ball

Zuflucht McDonald’s

Es war im Oktober vor einem Jahr, als eine Frau in einem McDonald’s in Kowloon starb. Unbemerkt inmitten des Kommen und Gehen der Kunden. Erst am nächsten Tag, 24 Stunden nachdem sie die Filiale betreten hatte, bemerkte eine Kundin die reglose Gestalt auf dem Stuhl und alarmier-te einen Mitarbeiter. Das Entsetzen war groß, die Frau, so sollte sich herausstellen, war obdachlos, das Fastfood-Restaurant ihr Zuhause. Und nun war sie hier auch gestorben.

Die Geschichte schaffte es schnell in internationa-le Medien. Die McRefugees – wie die Menschen oft genannt werden, die in Fastfoodketten in

Hongkong und anderen asiatischen Metropolen ihre Nächte und manchmal auch Tage verbrin-gen – rückten (für kurze Zeit) in den Mittelpunkt. „McDonald‘s heißt jeden willkommen, seine Re-staurants jederzeit zu besuchen“, lässt sich eine Sprecherin für McDonald‘s nach dem traurigen Vorfall in Hongkong zitieren. Um eine angeneh-me Atmosphäre zu schaffen, würden Kunden auch nicht gestört.

Das Phänomen der McRefugees tauchte erst-mals vor zehn Jahren in Japan auf; das erste Foto schlafender Männer in einer Fastfood-Filiale ent-stand 2007 in Hongkong. Damals hatte der US-

Konzern begonnen, einen Teil seiner McDonald’s in China und Hongkong auf 24-Stunden-Betrieb um-zustellen. Die McRefugees ließen da nicht lange auf sich warten. Studenten der Universität Hongkong haben sie einmal in einer Nacht gezählt: Sie ka-men in 70 Filialen auf 57 McRefugees.

Obdachlosigkeit ist in Asi-en ein Tabuthema. Eine offizielle Statistik existiert nicht. Laut einer Schät-zung von 2011 gibt es in

Die wohl bekannteste Geschichte über die verzweifelte Suche zweier Eltern nach einer Bleibe ist die von Maria und Josef vor 2016 Jahren. Sie endet schließlich in einem Stall. Immerhin. Flucht, Vertreibung und die manchmal tägliche Suche nach einer Unterkunft ist für viele Menschen auch heute noch Realität. Zum Beispiel für die Obdachlosen in Hongkong.

W E I T E R G E D A C H T

Ein McDonald’s in Wan Chai dient Obdachlosen als Schlafstätte

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51 an der Ebenezer Schule an weiterführende Regel-schulen gewechselt haben. Darüber hinaus gibt es das „Ebenezer Child Care Center“, eine Betreu-ungseinrichtung für Kinder im Kindergartenalter mit 35 bis 40 Jungen und Mädchen, von denen ei-nige auch im Internat wohnen, sowie die „Ebenezer New Hope School“ mit ebenfalls angeschlossenem Internat. Hier werden rund 60 blinde und sehbe-hinderte Kinder, die noch weitere Einschränkungen haben, betreut. Dazu kommt ein Senioren- und Pflegeheim, in dem 38 Senioren leben.

Mit einem Budget von über 100 Millionen HK$ im Jahr wird Ebenezer hauptsächlich über Zuwen-dungen des Hongkonger Education Bureaus und des Social Welfare Departments finanziert. Etwa zehn Prozent werden durch Spenden abgedeckt. Von der Hildesheimer Blindenmission ist Ebene-zer seit 1962 finanziell unabhängig. Es gibt aber weiterhin freundschaftliche Kontakte zwischen Hongkong und Hildesheim: Der Ebenezer Schul-chor hat im Jahr 2015 Deutschland im Rahmen des 125-jährigen Bestehens der Hildesheimer Blindenmission besucht, und eine Abiturientin aus Hildesheim absolviert zurzeit ein Praktikum an der Schule in Hongkong. Die Hildesheimer kümmern sich zudem um die Schülerseelsor-ge und den Religionsunterricht in Hongkong. „Es gibt ein Religious Committee, eine freiwilli-ge Leistung der Schule, dessen Einrichtung auf die kürzlich verstorbene Diakonisse Schwester Maria zurückgeht, die bis 1995 an der Schule in Hongkong war. Dieses Komitee kümmert sich um regelmäßige Andachten in der Schule und um die ‘nachgehende Seelsorge’, das heißt den

Besuch ehemaliger Schülerinnen und Schüler, um ihnen die Integration in den Alltag nach Be-endigung der Schulzeit zu erleichtern. Auch für den Religionsunterricht in der Schule und die Durchführung von (Weihnachts-)Feiern ist das Religious Committee zuständig“, erzählt Pastor Frank Ewert, Vorsitzender und Geschäftsführer der Hildesheimer Blindenmission. Zurzeit werde außerdem gemeinsam daran gearbeitet, die Wei-terbildung von Blindenpädagogen aus dem asia-tischen Raum an der Ebenezer Schule personell und finanziell zu ermöglichen und sucht dafür Partner und Spenden.

Einziger Wermutstropfen in der Erfolgsgeschich-te: Die Zukunft des Ebenezer Schulgeländes – und damit auch die Nutzung der Räume für die evan-gelische Gemeinde – ist seit Jahren ungewiss. Die Hongkonger Baufirma Hang Lung Properties würde auf dem Campus gerne Luxuswohnungen bauen. Das ist aber erst möglich, wenn ein pas-sendes Ausweichgelände für die Schule gefun-den ist. Sehr wahrscheinlich in Kowloon oder den New Territories, wo auch die allermeisten Schüler wohnen. Bislang, so steht es im Jahresbericht von Ebenezer, ist die Suche jedoch „ohne signifikante Fortschritte“ verlaufen. Andrea Haunert

Die Ebenezer School and Home for the Visu-ally Impaired und Hildesheimer Blindenmissi-on freut sich über Spenden; mit dem Geld wer-den Blinden- und Sehbehinderten-Projekte in Hongkong und ganz Asien unterstützt. Mehr Informationen über Arbeit und Projekte fin-den sich auf den Internetseiten http://www.ebenezer.org.hk und http://www.h-bm.de.

Spendenkonto Ebenezer School and Home for the Visually ImpairedHSBC Bank, HSBC Account No. 045-162682-001

Spendenkonto Hildesheimer BlindenmissionSparkasse Hildesheim, Konto 47 111, BLZ 259 501 30, SWIFT-BIC: NOLADE21HIK , IBAN: DE94 2595 0130 0000 0471 11

Eine enge Freundschaft mit dem „Stein der Hilfe“

Begonnen hat alles mit Luise Cooper, einer nie-dersächsischen Pfarrerstochter mit englischen Wurzeln. Sie wurde 1884 von der Berliner Mission nach Hongkong entsandt, um als Missionarin im „Findelheim Bethesda“ zu arbeiten. Im Übrigen war der damalige Hausvater des Kinderheims, Pastor Klitzke, Initiator einer ersten informellen deutschsprachigen Gemeinde in Hongkong. We-

gen einer schweren Krankheit blieb Luise Cooper nur zwei Jahre in Hongkong. Die Stadt und Chi-na ließen sie jedoch nicht mehr los, so dass sie 1890 schließlich die Hildesheimer Blindenmis-sion gründete, damals noch mit dem Ziel, blin-den Mädchen in China zu helfen. Die erste nach Hongkong entsandte Missionarin aus Hildesheim war 1896 die Johanniterschwester Martha Postler. Ein Jahr später mietete die Hildesheimer Blinden-mission ein Haus für fünf blinde Mädchen. 1902 wurde dann das erste kleine eigene Blindenheim in Kowloon gebaut, und 1914 kam die Ebenezer Schule auf dem heutigen Gelände in Pok Fu Lam dazu. Nach dem ersten Weltkrieg wurde das Kow-looner Gelände gegen eine Entschädigung an die Kolonialregierung zurückgegeben.

Bis heute sind „alle Aktivitäten von Ebenezer im christlichen Glauben begründet“, wie die Schule in ihrem Jahresbericht betont. Die „Ebenezer School and Home for the Visually Impaired“, wie sie offizi-ell heißt, ist heute mit etwa 270 Mitarbeitern und über 350 freiwilligen Helfern die einzige Schule in Hongkong, die eine Grund- und Sekundarschul-ausbildung für blinde und sehbehinderte Kinder und Jugendliche anbietet. Zurzeit werden rund 60 Schüler bis zur Sekundarstufe 3 unterrichtet, von denen viele im eigenen Internat wohnen. Au-ßerdem unterstützt die Schule mehr als 200 seh-behinderte Schüler an Schulen in ganz Hongkong, die zum Teil nach abgeschlossener Schulbildung

Ebenezer – das ist der „Stein der Hilfe“ aus dem 1. Buch Samuel im Alten Testament. Im nächsten Jahr begeht dieser „Stein“ ein run-des Jubiläum: Die Ebenezer Blindenschule in Hongkong feiert ihr 120-jähriges Bestehen. Mindestens genauso lange bestehen die Kontakte der Schule nach Deutschland und zur Gemeinde deutschsprachiger Christen in Hongkong: So tritt jedes Jahr im Erntedank-gottesdienst der Evangelischen Gemeinde der seit 1988 bestehende „Cantata Chor“ auf, in dem ehemalige Schüler der Ebenezer Blin-denschule singen. Die Gemeinde sammelt in ihrer sonntäglichen Kollekte regelmäßig Geld für Ebenezer. Die ökumenische Kantorei probt in den Räumen der Blindenschule in Pok Fu Lam. Und jedes Jahr finden dort auch die Basare der Kirche statt.

A U S U N S E R E R G E M E I N D E

Luise Cooper, Gründerin der Ebenezer Schule

Weihnachten im Blindenheim in Hongkong um 1900

Schüler des Ebenezer Schulchors beim Jubilä-um der Hildesheimer Blindenmission

Ebenezer Ehemaligen Chor „Cantata“ beim Erntedankgottestdienst 2016

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Jahr. Wenn wir uns über Missstände Gedanken machen wollen, dann doch bitte das ganze Jahr über. Wer etwas ändern will, hat dafür 364 Tage Zeit, wer helfen will, kann dies tun, in Obdach-losenunterkünften, in Waisenheimen, in Flücht-lingslagern, in der Lokalpolitik. Wem dafür die Zeit fehlt, der spendet eben Geld. Gibt ja auch eine Spendenquittung dafür. Aber auf die Weih-nachtsgans zu verzichten und ansonsten wei-terzumachen und zu ignorieren wie bisher hilft niemandem!

WIR: Wie gefällt Ihnen Weihnachten in Hongkong?

Weihnachtsmann: Dazu fehlt mir die Zeit, um darüber nachzudenken. Im Übrigen wäre das ein tolles Geschenk für mich: etwas mehr Zeit vor Weihnachten. Aber das ist natürlich utopisch. Also zu Ihrer Frage: Ich denke, man kann es sich überall schön machen. Viel wichtiger ist doch, dass wir mit denjenigen zusammen sind, die uns wichtig sind, unsere Familie und unsere Freunde. Und dass wir uns Zeit nehmen. Fürs Zusammen-sein, fürs Durchatmen, fürs Nachdenken. Es gibt ein Wort, das fast nur im Zusammenhang mit dem Weihnachtsfest verwendet wird, und das ist „besinnlich“. So sollte Weihnachten wenigstens ein bisschen sein: nachdenklich, geruhsam, be-schaulich.

WIR: Herr Weihnachtsmann, wir bedanken uns für das Gespräch. Und vergessen Sie Ihre Jacke nicht. Sie müssen ja heute noch nach Deutschland, da dürfte es etwas kälter sein als hier...

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WIR: ...und so weiter und so weiter...die Geschich-te ist bekannt. Warum sind die Kirchen trotzdem voll an Weihnachten? Neuigkeiten gibt es ja nicht zu verkünden, wie gesagt, die Geschichte kennen wir alle...

Weihnachtsmann: Das wiederum müssen Sie den Pastor fragen. Warum er seine Kirche sonst nicht so voll kriegt. Also ich würde mal sagen, es liegt unter anderem an der Feierlichkeit. Die Menschen lieben die feierliche Stimmung, den Duft der Tannennadeln, die vielen Kerzen, und es ist ja auch ein schönes Ereignis: die Geburt eines Kindes. Das passiert auch nicht mehr alle Tage, dass Kinder geboren werden. Und selbst wenn die Geschichte alt ist, ist sie deshalb nicht veraltet. Im Gegenteil: Viele Menschen suchen auch heu-te ein Zuhause und finden keines, zum Beispiel die Obdachlosen, die auf der Straße leben, oder die Flüchtlinge, die keiner bei sich aufnehmen will...sagen Sie, darf ich mal kurz meine Jacke ausziehen?

WIR: Natürlich. Ein Thema, das an Weihnachten im-mer kontrovers diskutiert wird, ist das der Geschen-ke. Müssen Geschenke sein? Weihnachten ein Fest des Konsums – darf das sein?

Weihnachtsmann: Darüber lässt sich streiten. Und klar, manchmal würde ein bisschen weni-ger auch gut tun. Aber, meine Güte, genauso gut könnte man fragen, was ist falsch an Geschenken? Weihnachten ist auch ein Fest der Liebe – warum nicht die Liebe in Form eines schönen und durch-dachten Geschenks überreichen? Solange es kei-ne Berge sind, hinter denen der Anlass des Festes vollends in den Hintergrund tritt, finde ich das in Ordnung.

WIR: Und was ist mit den ganzen Kriegen, dem Hun-ger auf der Welt – kann einem da die Weihnachts-gans überhaupt schmecken?

Weihnachtsmann: Hören Sie, ich lasse mir das Weihnachtsfest jetzt nicht von irgendwelchen Gutmenschen vermiesen. Wir retten die Welt nicht ausgerechnet am Heiligen Abend. Letztlich ist der 24. Dezember dann auch nur ein Tag im

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WIR: Herr Weihnachtsmann, schön, dass Sie etwas Zeit gefunden haben für ein Gespräch. Für Sie sind die Wochen vor Weihnachten immer besonders hek-tisch, oder?

Weihnachtsmann: Ähh, was... hektisch? Ja, hek-tisch...Echt heiß heute (fächert sich mit dem WIR-Magazin Luft zu). Dieser Samtanzug, dieser Bart...

WIR: Bärte sind ja gerade angesagt.

Weihnachtsmann: Aber nicht in diesen Breiten-geraden und in dieser Länge. Im nächsten Jahr schneide ich mir den Bart ab, gibt ja viele Barber-Läden hier.

WIR: Abschneiden??? Aber was werden die Kinder dazu sagen? Die kennen Sie doch nur mit Bart.

Weihnachtsmann: Die Kinder? Stimmt auch wieder. Corporate Identity sagt man dazu wohl auf neudeutsch, der weiße Bart, der rote An-zug sind mein Erkennungsmerkmal. Sagen Sie – haben meine Rentiere schon etwas zu trinken bekommen?

WIR: Die sind gut versorgt. Die toben sich gerade am Strand aus. Repulse Bay. Sagen Sie, wie erklären Sie sich, dass das Weihnachtsfest so angesagt ist?

Weihnachtsmann: Da müssen sie den Herrn Je-sus fragen. Ich meine, der wurde vor 2000 Jahren geboren und hat den ganzen Zinnober angezet-telt. Die Krippe, das Kind in Windeln gewickelt, die Hirten, der Stern, die Weisen aus dem Mor-genland...

Deutschsprachige Katholische Gemeinde Hongkong

Gottesdienste i.d.R. jeden Samstag um 17 Uhr, in der Kapelle der Rosaryhill School, 3/F,

41B Stubbs Road

Parkplätze sind ausreichend vorhanden, Bus 15.

Kontakt: Pfarrer Lothar Vierhock [email protected]

www.dkhk.org

Er ist eine prominente Figur des Weihnachtsfestes: der Weihnachtsmann. Jeder kennt ihn, jeder liebt ihn – und WIR haben mit ihm gesprochen.

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Eine Adventspredigt des letzten Jahres: Römer 13, 8-12

heftig Licht sein und lieben, weil Jesus jeden Au-genblick wiederkommt...

Oh. Hier irrt der Autor. Das war ja wohl ein Griff ins Klo. Jesus ist nicht wieder gekommen. War die ganze Sache ein Irrtum? Ich denke nicht. Und eines muss ich uns heute schon noch sagen, bevor es rich-tig losgeht: Noch nie in der Geschichte der Mensch-heit war die Wiederkunft Jesu, die zweite Ankunft des Heilands so nahe wie in diesem Augenblick! Und darum geht es im zweiten Hauptteil.

(4) Aber nun ans Eingemachte. Wir Christen müssen das Gesetz befolgen. Und das besteht darin, dass wir den Nächsten lieben wie uns selbst. Da gibt es keinen Spielraum für Diskussionen. Auch wenn wir uns eigentlich lieber die mit der Frage beschäftig-ten, was der Unterschied von Weihnachtsliedern und Adventsliedern ist und ob Christen mit der fal-schen Liturgie eigentlich unter Umständen auch in den Himmel kommen können ist der Auftrag an uns klar und radikal: lieben. Punkt. Ohne Einschränkung.

Es gibt Menschen, die meinen, dass das für Homo-sexuelle oder Moslems oder Chinesen natürlich nur eingeschränkt gilt. Aber die müssen wir leider fra-gen, welchen Teil von „den Nächsten“ sie nicht ver-standen haben. Jesus macht keine Einschränkung. Paulus hier auch nicht. An anderen Stellen theolo-gisiert er dann zwar gelegentlich über Sünde und Unglaube, aber an der Radikalität unserer Berufung ändert das nichts.

Wir haben keine Wahl. Unser Lebensstil muss un-konventionell sein. Die Waffen des Lichts anzule-gen – wie Paulus hier schreibt – ist und bleibt eine radikale Sache.

Ich habe mir überlegt, ob ich das Wort „radikal“ in diesen Tagen wieder lösche. Aber eigentlich meine ich das so! Radikal lieben, radikal... von der Wurzel her. Auch den Feind, auch den, der mir Probleme macht, auch den, den ich nicht ertragen will. Liebe, radikale Liebe ... das ist übrigens das genaue Gegenteil von Fundamentalismus. Keine enges schwarz-weiß-Denken, kein: „ich = richtig, du =

falsch“. Gottes Gesetz wäre erfüllt, wenn ich wirklich jedem anderen mit Liebe begegnete. Das ist radikal! Und das können natürlich auch nicht... das schaffen doch nur die wenigsten, wenn überhaupt. Oder geht es doch?

Gemeinde hat Experimentiercharakter. Unter an-derem ist Gemeinde dafür da, bereits Dinge auszu-probieren, auf die wir eigentlich noch warten. Diese komische Zwischensituation des Advent beschreibt unser ganzes Leben als Christen: Wir folgen als Sün-der einem sündlosen, als ziemliche Versager, was Liebe angeht, einem, der es perfekt konnte. Und darum können wir schon anfangen hier und heute über unseren Schatten zu springen.

Jesus und Paulus haben die Idee, dass wir sofort damit anfangen können, unkonventionell zu leben. Kirche soll weniger auf den gesunden Menschen-verstand hören als bereit zu sein schon mal etwas auszuprobieren. Diese Liebe nämlich, für die wir eigentlich perfekter sein müssten als wir das sind. Eine Art Adventsexistenz eben: Leben im Wissen, was auf uns zukommt. Leben im Licht, das unter uns schon leuchtet.

Christen sind ganz menschlich und normal. Kein bisschen besser, als die Menschen um sie herum. An Streitereien innerhalb der Gemeinde merken wir das deutlich. Aber dann erleben wir zum Glück auch immer wieder, dass unter uns ein neuer, unkonven-tioneller Lebensstil angefangen hat. Wir sind Exper-ten für Versöhnung. Und das nicht, weil wir so toll wären, sondern weil wir einem folgen, der uns das vorgemacht hat und der uns dabei hilft zu lieben...

(5) Und diese unkonventionelle Art zu leben, die empfehle ich wärmstens, auch wenn Paulus sich ge-waltig geirrt hat, was Jesu zweite Ankunft angeht: Paulus Vorschlag so zu leben, als käme er in den nächsten Tagen, ist vielleicht gar keine so schlechte Idee! Wie wäre das, wenn wir ernsthaft damit rech-neten, Jesus käme demnächst, also sehr sehr bald? Und dass wir uns riesig darauf freuten!? Das könnte unsere Sicht auf das Leben ganz schön verändern, oder?

dienst-Feiern und Glauben auch sparen. Sein Licht scheint schon in der Dunkelheit der Welt.

Advent ist also eine seltsame Vorbereitungszeit auf Weihnachten, in der wir manchmal so tun, als wäre Jesus noch gar nicht geboren und manchmal so, als sei er gar nicht richtig hier... Alles klar?

(2) Dann kann ich ja zur zweiten Einleitung kom-men. Unser Predigttext im Römerbrief steht im Zusammenhang dessen was Theologen: „Die Pra-xis der Liebe als Erfüllung des Gesetztes“ nennen. Paulus argumentiert hier, wie Jesus das auch getan hatte, dass von uns Christen zu erwarten ist, dass wir das Gesetz erfüllen. Und zwar dadurch, dass wir den anderen lieben wie uns selbst. Das sind wir der Welt schuldig. Sonst nix. Theologen sind sich unei-nig darüber, ob das hier auch meint, man solle keine Schulden haben. Auf jeden Fall aber ist klar: Wir sind frei, aber in der Freiheit doch an Gottes altes Gebot gebunden den anderen und sich selbst zu lieben.

(3) Und dann – das ist schon die letzte Einleitung – sagt Paulus noch warum das so ist. Warum sol-len wir uns an das Gesetz halten, warum lieben? Erstens: „because we can“ und zweitens: weil Jesus ganz bald kommt.Wir sollen lieben – sagt Paulus – einfach weil wir es können. Er nennt es hier auch „die Waffen des Lichtes anlegen“. Und das geht nur, weil das Licht schon in die Welt gekommen ist! Der Morgenstern leuchtet seit Weihnachten vor 2000 Jahren. Jesus ist – zugegeben noch ganz schön verborgen – hier mitten unter uns. Wir könnten vielleicht nicht lieben aber dadurch dass wir durch Jesus vor Gott gerecht sind können wir es!

Um diesen Lebensstil geht es jetzt gleich im ersten Hauptteil. Und zweitens sagt Paulus, wir sollen so

Was habe ich heute vor? Erstens: eine etwas lang-weilige aber notwendige Einleitung, wie man denn diese Sache mit dem Advent verstehen muss. Zwei-tens eine noch langweiligere zweite Einleitung über den Aufbau unseres Predigttextes. Das wird immerhin schön kurz. Und drittens die dritte Ein-leitung mit der Frage nach dem „warum?“ . Da hört es hoffentlich auf langweilig zu sein. Und nachdem dann noch etwas kommen sollte, wenn man lauter Einleitungen verfasst, plane ich zwei Hauptteile, nämlich: Viertens: Ein unkonventioneller Lebensstil und fünftens: Mystik in Hongkong.

(1) Wer weiß, in welche Richtung wir im Advent schauen? [...] Genau! Wir schauen nach vorn, in die Zukunft, aber wir schauen auch zurück in die Ver-gangenheit, um mit den Menschen damals in die Zukunft zu schauen, die für uns inzwischen Vergan-genheit ist, die allerdings unser Jetzt und unsere Zukunft bestimmt. Alles klar?

Ich habe ja versprochen, dass das etwas langweilig wird. Aber es ist ja so: Im Advent schauen wir nach vorn, auf die Ankunft („advenire“) des Messias, des Christus, des Retters (alles dasselbe Wort). Wir schauen mit den Propheten des Alten Testamentes nach vorn, was für uns allerdings rund 2000 Jahre zurück bedeutet. Und dann schauen wir auch in un-serer Zukunft. Wir glauben, dass Jesus wiederkom-men wird. Wir glauben, dass er der Retter, der Messi-as, der Christus ist, auf den die Menschen sehnlichst gewartet hatten. Und wir glauben, dass sein erster Advent in mancher Hinsicht ziemlich verborgen war, während seine zweite Ankunft spektakulär und für alle Welt sichtbar sein wird.

Und schließlich glauben wir auch noch, dass er schon hier ist, sonst könnten wir uns dieses Gottes-

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Ich glaube, wir würden unwichtige Dinge viel leich-teren Herzens ignorieren.

Der, auf den ich mich freue, der Retter, mein Heiland kommt. Ich bin ganz aufgeregt. Da kann ich jetzt keine Zeit mehr für den jahrelangen Streit mit dem Onkel verschwenden. Da kann ich auch mal darauf verzichten, Recht zu behalten – ist doch wichtiger, Liebe und Freundlichkeit um mich herum zu ver-breiten, oder? Und vor allem: schöner!

In der Kirchengeschichte nennt man Menschen, die so leben auch Mystiker. Ein Mystiker ist einer, der hinter die Dinge schaut. Einer, der das ganze Leben im Blick hat – das „big picture“ – und der gleichzeitig die Spuren Gottes überall – auch im Kleinsten – ent-deckt. Einer der nicht zwischen Glaube und Alltag trennt. Einer der die Bibel als Ganzes ernst nimmt, und nicht mit einzelnen Versen herumschmeißt, der ihre Widersprüche nicht verdrängt und keine Angst vor Experimenten hat.

In der Geschichte der Kirche waren Mystiker oft Frauen. Immer aber waren und sind es Menschen, die sich bei Gott geborgen wissen, die an seine Lie-be glaubten und darum ziemlich frei und weit und angenehm wurden. Mönche sind oft so frei und weit und Mystiker anderer Religionen auch.

Solchen seltsamen Menschen – sie wurden mir in den letzten Jahren immer lieber – empfinden das, was Paulus hier fordert vermutlich nicht als Last sondern eher als logisch. Andere radikal zu lieben, na klar, wie sollte ich sonst leben? Ein ganzes Leben diese adventlichen Grundspannung auszuhalten: das ist nicht leicht aber irre spannend!Und befreiend!

Wirklich befreiend, die beste Therapie für die Seele die es gibt.

Was bei Jesu Liebesgebot gern übersehen wird, ist der zweite Teil: „...wie dich selbst!“ Gerade für Men-schen im 21. Jahrhundert muss es hier beginnen: Selbstliebe zu üben.

Ich will der konfuzianischen Kultur um uns herum nicht Unrecht tun. Vieles ist da sehr edel und gut. Aber diese Mischung die wir da täglich in Hongkong erleben, diese übertriebene Konsumorientierung, kombiniert mit Leistungsdruck und Selbstkontrol-le: Das ist Stress pur. Es ist oft das Gegenteil dessen, was Gott – unser Hersteller – für gesund hält.

Selbstliebe heißt: Ich muss mich nicht beweisen. Ich muss nichts leisten. Ich bin geliebt. Punkt. Keine Einschränkung!! Dass ich dann gelegentlich auch auf meine Wunden und Dunkelheiten schauen muss, klar. Keine Frage. Aber das Wichtigste für die Seele ist:

Ich bin geliebt. Meine Sünden spielen in der Pers-pektive der Ewigkeit keine Rolle. Der, der da kommt und auf den ich mich freue, von dem haben schon die Propheten gesagt, dass er Erlösung bringen wird. Der, der da kommt und auf den ich mich freue, der hat das Thema meiner Schuld vor 2000 Jahren endgültig erledigt. Tief durchatmen: Hallelujah, ich darf mich lieben. Ich sollte mich lieben, denn Gott liebt mich und das ist die eine Hälfte seines Geset-zes. Und wenn ich das schaffe, dann geht die zweite Hälfte auch: den anderen zu lieben.

Klingt das mystisch? Ich finde schon. Ich entdecke da ganz viel verborgene Schönheit. Wenn Paulus sagt: legt an die Waffen des Lichts, dann ruft er uns auf die Taschenlampen anzuknipsen und in jedes Dunkel hineinzuleuchten und da dann auch Schö-nes zu entdecken.

Wenn ich eine adventliche Hausaufgabe geben dürfte, dann wäre die dieses:Versucht den Hongkonger Lebensstil zu durch-leuchten, versucht – überall – Spuren Gottes zu ent-decken. Versucht Licht in Situationen zu bringen, die im Dunkeln liegen. Liebt radikal – vor allem: Euch selbst.

Ich wünsche uns allen einen hellen, einen strahlen-den, einen mystischen, einen radikal liebevollen Advent. Amen

Jan Depner

HERZLICHER DANK!Der Druck des Gemeindebriefes wurde finanziert durch

Bayern Gourmet Food, Relo Smart, Schmidt Marketing, The Swiss Chalet, King Ludwig German RestaurantWir danken der Firma Panalpina für den Versand.

IMPRESSUM: WIR – Gemeindebrief der Evangelischen Gemeinde Deutscher Sprache in Hongkong

Herausgeber: Evangelische Gemeinde Redaktion: Martin Lachmann Layout + Titelfoto: Conny Schmitz Auflage: 1100 Stück Druck: Wilde-Forte Intern ational Co.

Email: [email protected] | www.egdshk.org

Liebe Leser,

WIR ist ein gemeinschaftliches Projekt unserer Gemeinde. Alle sind herzlich eingeladen mitzu-arbeiten, Feedback zu geben und Vorschläge zu machen. Wir freuen uns auf Ihre/Eure Mitarbeit!

Anfragen sowie Rückmeldungen bitte per Email an: [email protected]

Das WIR-Team besteht derzeit aus fünf Personen mit unterschiedlichem beruflichen Hinter-grund:

Martin Lachmann Öffentlichkeitsarbeit

Conny Schmitz Grafikdesignerin

Martin Keil Unternehmer

Stefanie Ball Asien-Korrespondentin für deutsche Medien

Andrea Haunert Chemikerin

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W E R W I R S I N D U N D W A S W I R W O L L E N

Die Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache in Hongkong (EGDSHK) wurde 1965 als Initiati-ve der deutschsprachigen Kaufmannschaft in Hongkong und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gegründet. Ihr Auftrag ist es, deutschsprachigen Christen eine geistliche Heimat und Gemeinschaft zu bieten. Besonders in der Fremde kann der Glaube in der vertrau-ten Sprache und Form sowie das Erleben christ-licher Gemeinschaft ein Kontinuum und Halt sein. In Gruppen und Veranstaltungen bieten wir die Möglichkeit, sich mit Glaubensfragen auseinanderzusetzen. Das Zentrum bildet dabei unser Gottesdienst. An den Wendepunkten des Lebens feiern wir Taufe, Konfirmation, Trauung und Beerdigung. In der Seelsorge hat der Pfarrer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte, die das Leben im Ausland mit sich bringen kann.

A N W E N S I E S I C H W E N D E N K Ö N N E N

Pfarrer Jan Martin Depner, [email protected], Tel.: 6125 4735

Frank Ulrich Gast, [email protected]

Stefan Göhmann, Stv. [email protected]

Martin Keil, Schriftführer, [email protected]

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Sophie [email protected]

Martin [email protected]

W I E S I E U N S I N H O N G K O N G P E R P O S T E R R E I C H E N

EGDSHK, 5 Hang Lok Lane, Harmony Lodge No. 20, Tai Wai, Shatin, NT, Hongkong

W O W I R I N H O N G K O N G T Ä T I G S I N D

GSIS, 11 Guildford Road, The Peak: Gottesdienste

GSIS Pok Fu Lam, 162 Pok Fu Lam Road: Familienveranstaltungen wie Kinder-Bibel- Erlebnis-Tage

Ebenezer Blindenschule Pok Fu Lam, 131 Pokfulam Road: Ökumenische Kantorei-Proben und Basar der evangelischen Gemeinde

Chinese Rhenish Church, 10 Lai Yin Lane, Tung Lo Wan Road, MTR Tin Hau, Exit B: Purzeltreff

W E L C H E A N D E R E N M E D I E N W I R N U T Z E N

Internetseiten unter www.egdshk.org zur aktuellen Übersicht unserer Gottesdienste, Ansprechpartner, Ange- bote, Selbstvorstellung, Historie, Medien (online), Meldungen und Veranstaltungen

E-Mail-Wochengruß mit Gedanken zur Wochenlosung und Zusam-menfassung der aktuellen Veranstaltungen, bei Interesse bitte an [email protected] mailen

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Ich bitte um eine Spendenbescheinigung für Hongkong / für Deutschland

Ich stimme zu / wir stimmen zu, dass mein Name / unsere Namen als neues Mitglied / neue Mitglieder im nächsten Gemeindebrief veröffentlicht wird / werden (nichtzutreffendes bitte streichen).

Hongkong, den .................................................. Unterschrift: ........................................................

W I E W I R U N S F I N A N Z I E R E N :

Die EGDSHK ist ein selbständiger in Hongkong eingetragener Verein. Unsere Gemeinde lebt vom ideellen und finanziellen Engagement ihrer Mitglieder. Als Auslandsgemeinde bekommen für den Aufenthalt eines aus Deutschland entsand-ten Pfarrers einen Zuschuss von der EKD. Den Großteil des Haushaltes müssen wir aber durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Einnahmen aus Veranstaltungen wie Bazaaren selbst abdecken. Der von der Gemeindeversammlung festgelegte Jahresbeitrag für Familien liegt derzeit bei 8000 HK$. Der Gemeindekirchenrat (GKR) kann jedoch eine Vergünstigung oder sogar Befreiung be-schließen. An finanziellen Problemen soll eine Mitgliedschaft keinesfalls scheitern. Melden Sie sich bei uns. Wir freuen uns auf Sie!

Mitgliedsbeiträge und Spenden für die Gemein-de können in Hongkong bzw. in Deutschland von der Steuer abgesetzt werden. Eine Spendenbe-scheinigung wird nach der Buchung zugesandt. Schecks in Hongkong bitte ausstellen auf:

„EVANGELISCHE GEMEINDE“ und Zusendung an unsere Postanschrift: EGDSHK, 5 Hang Lok Lane, Harmony Lodge No. 20, Tai Wai, Shatin, NT, Hongkong

Wir haben auch ein Konto in Deutschland: Kasse der EKD Hannover, Kto-Nr. 660000, bei der Ev. Kreditgenossenschaft, BLZ 52060410. Verwendungszweck (bitte unbedingt angeben!): „Spende für Gemeinde Hongkong, zug. 52.5420.06“

I N E I G E N E R S A C H E

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besuchte eine kirchliche De-legation Shanghai. Der be-auftragte Bischof des Spren-gels Hamburg-Lübeck, Karl-Heinrich Melzer, hielt in diesem reformatorisch in-spirierten Gottesdienst die Predigt. „Als ökumenische Gemeinde setzten wir durch unsere Anwesenheit ein Zei-chen für den Geist ökume-nischer Verständigung zum Beginn des Gedenkjahres an den 500. Jahrestag der Re-formation“, erklärt Annette Mehldorn.

Das Reformationsjubiläum wirft auch ansons-ten ökumenische Strahlen voraus: In einer ge-meinsamen Erklärung haben sich die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangeli-schen Kirche in Deutschland zum Reformations-gedenken geäußert. Papst Franziskus empfing eine ökumenische Pilgergruppe in Rom und hob dabei die Bedeutung des gemeinsamen Weges in Jesus Christus hervor. Vertreter/innen der ka-tholischen und evangelischen Kirchenleitungen Deutschlands waren auf einer gemeinsamen Pil-gerreise im Heiligen Land unterwegs, und Papst Franziskus hat den Reformationstag gemeinsam mit Abgesandten des Lutherischen Weltbundes bei einem ökumenischen Gottesdienst in Lund/Schweden begangen.

Die Predigt von Bischof Melzer steht zweisprachig (中文 – Deutsch) zum Download zur Verfügung. Sie finden diese auf der Webseite der Shanghaier Gemeinde oder direkt als PDF über den Barcode.http://www.dcgs.net/gemeindeleben/chin-deut-%C3%B6kumenischer-gottesdienst/

Martin Lachmann und Annette Mehldorn

C H I N E S I S C H - D E U T S C H E R Ö K U M E N I S C H E R G O T T E S D I E N S T

Am Sonntag, dem 23. Oktober, um 10 Uhr war in der Mu’en Kirche am People’s Square Gelegen-heit, zum ersten Mal Worte aus der neuen revi-dierten Lutherübersetzung der Bibel zu hören.

Am 19. Oktober wur-de die neue Jubi-läumsausgabe der Lutherbibel auf der Buchmesse in Frankfurt vorgestellt. Sie wurde eigens zur 500. Wieder-kehr des Reformations- tages in Auftrag gege-ben. An diesen Sonn- tagen wird diese Bibel in vielen Gottesdiensten zum ersten Mal zum Einsatz kommen.

Pfarrerin Jiang von der Mu-en Gemeinde leitete den Gottesdienst, in dem Michael Bauer, katholi-scher Pfarrer der DCGS, aus der neuen revidierten Lutherübersetzung las. Der Chor der DCGS war mit den Liedern „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ und „Verleih uns Frieden gnädiglich“ von Martin Luther beteiligt. Im Rahmen des 30. Jubiläums der Städtepartnerschaft Shanghai-Hamburg

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Lebendige Ökumene in China

„Dennoch gibt es in unserer Gemeinde ein relativ normales und öffentliches Gemeindeleben“, er-klärt Annette Mehldorn, die evangelische Pastorin der deutschsprachigen christlichen Gemeinde Shanghai (DCGS). Der Unterschied bestehe darin, dass es keinen wirksamen Rechtsakt zur Gemein-degründung gab und dass christliche Gemeinde, wie auch bei vielen nicht-registrierten chinesi-schen christlichen Gemeinden, in einem rechtli-chen Graubereich stattfindet. Der Pfarrer und die Pfarrerin sind offiziell nicht als Gemeindepfarrer, sondern als professionelle Seelsorger angestellt.

Warum Pfarrerin und Pfarrer? Warum betreuen gleich zwei Geistliche die deutsche Gemeinde? Das liegt an einer weiteren Besonderheit der Shanghai-er Gemeinde. Sie ist eine ökumenische Gemeinde, in der sich beide christlichen Konfessionen wie-derfinden und die sowohl von einem katholischen Pfarrer als auch von einer evangelischen Pfarrerin betreut werden. Im 500. Jubiläumsjahr der Refor-mation ist es interessant und oftmals auch über-raschend, wie Kirche, Gemeinde und Ökumene außerhalb unseres „normalen“ Verständnisses und gerade auch in China gelebt werden.

Was alles möglich ist, wenn man gute Beziehun-gen zueinander und miteinander pflegt und ge-meinsam an einem Strang zieht, konnte man im Oktober in der Mu-en Kirche in Shanghai erleben.

Da predigte bei einem gemeinsamen deutsch-chinesischen Gottesdienst der Shanghaier Ge-meinde ein deutscher Bischof vor mehr als 1000 Kirchenbesuchern.

Hongkong ist nicht die einzige Stadt in China, die eine deutsche Kirchengemeinde hat. Sowohl in Shanghai als auch in Peking gibt es deutschsprachige Kirchengemeinden mit Pfarrerin und Pfarrer. Religionen wie das Christentum sind in Festland China reglementiert. Nur sehr wenige Auslandsgemeinden auf dem Festland schaffen es überhaupt, von den Behörden offiziell aner-kannt zu werden. Gemeinsame Gottesdienste mit einheimischen chinesischen Kirchen finden normalerweise nicht statt. Mehr als 1000 Menschen besuchten den deutsch-chinesischen

Gottesdienst in der Mu’en Kirche

Eine Bischofsdelegation besucht Gemeinden in Shanghai

Der beauftragte Bischof predigt auf deutsch mit chinesischer Übersetzung

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R E F O R M A T I O N S J A H R 2 0 1 7

Die Kirche dem Willen Jesu entsprechend gestalten

ne einer ökumenischen Verständigung waren das Zweite Vatikanische Konzil mit dem Ökumenis-musdekret „Unitatis redintegratio“ vom 21. No-vember 1964 und die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre vom 31. Oktober 1999. Letz-tere beschrieb das gemeinsame Fundament eines nicht mehr kirchentrennenden Verständnisses zur Rechtfertigung. In diesem wichtigen Dokument werden freilich auch die noch unterschiedlichen theologischen Aspekte zum Thema beschrieben. Leider entwickelte dieses Schreiben kaum Wir-kungsgeschichte, vielleicht wurde es zu wenig publik gemacht, vielleicht war ihm der geistesge-schichtliche Background abhanden gekommen. Martin Luther peinigte doch die Frage: „Wie kriege ich einen gnädigen Gott?“ Und für ihn stand fest: „Einen gnädigen Gott gewinne ich nicht durch gute Werke und nicht durch Ablässe. Es ist allein die Gnade Gottes, die mich rettet (rechtfertigt).“

Können wir heute dieses Ringen Luthers um ei-nen gnädigen Gott auch nur ansatzweise ver-stehen? Viele Christgläubige haben eine ganz eigene Vorstellung von Gott. Sie ist gut, wenn sie Ausdruck einer persönlichen Beziehung zum lebensspendenden Gott ist. Kritisch wird es dann, wenn das eigene Bild von Gott absolut gesetzt und er in einen Rahmen eigenen Denkens einge-mauert wird; kritisch ist es auch, wenn die Vorstel-lung eines Gottes quält, der dem Menschen „die Luft zum Atmen nimmt“.

Wie lässt sich unsere Vorstellung von Gott klären, hinterfragen, „reinigen“? Dieser Gott soll unser

„Die Entstehung einer eigenen lutherischen Kir-che ist nicht der Erfolg, sondern das Scheitern der Reformation.“ Dieser Satz eines prominenten evangelischen Theologen (Pannenberg) ist wie ein Paukenschlag, wenn es um das Feiern eines bedeutenden Jubiläums geht. Doch zahlreiche Biographien evangelischer wie katholischer Au-toren der letzten Jahre über das Leben von Mar-tin Luther bestätigen diesen Satz. Martin Luther wollte keine neue Kirche gründen, sondern ver-suchte – fast händeringend – seine Kirche zu er-neuern, bis es nicht mehr möglich war. Ihm wurde der Bann angezeigt. Am 10. Dezember 1520 ver-brannte er in Wittenberg sowohl die Androhungs-bulle des Papstes, genannt „Exurge Domine“, als auch das kirchliche Gesetzbuch. Daraufhin wurde er exkommuniziert (Bulle „Decet Romanum Pon-tificem“), und der endgültige Bruch mit Rom war im Jahr 1521 besiegelt. Luthers Projekt, seine Kir-che zu erneuern, war gescheitert.

Heute nun dürfen wir dankbar sein, dass nach fast 450 Jahren „Eiszeit“ zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche große Fortschritte in der Ökumene erreicht sind. Große Meilenstei-

In einem Gastbeitrag spricht Lothar Vierhock, Pfarrer der deutschspra-chigen katholischen Gemeinde in Hongkong, über das kommende Reformationsjubiläum. Nachdem in den letzten WIR-Ausgaben be-reits der evangelische Pfarrer und die evangelische Reformations-

botschafterin Dr. Margot Kässmann zu Wort kamen, erläutert uns Lothar Vierhock seine Sichtweise auf Reformation und Ökumene.

ganz persönlicher sein, aber eben nicht nach un-serem Maß. Im Reformationsjahr 2017 wird das „Christus-Fest“ in ökumenischer Eintracht mit verschiedenen Feiern und Aktionen begangen, wie es in einem gegenseitigen Briefaustausch zwischen dem Ratsvorsitzenden der EKD und dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonfe-renz vereinbart ist. Hier werden sich mannigfache Möglichkeiten bieten, individuell und gemein-sam, im Bibel-Teilen und in Glaubensgesprächen, in gemeinsamen Andachten und Gottesdiensten Christus und seinem Wort näher zu kommen und Ihn, der die Botschaft Gottes selbst ist, tiefer kennenzulernen und Ihm zu begegnen. Und wir werden im gegenseitigen ökumenischen Lernen noch mehr das schätzen, was Kardinal Walter Kasper beschrieben hat: „Beide Kirchen verste-hen sich heute als ecclesia semper renovanda et reformanda: ‚Die Kirche muss sich immer erneu-ern und reformieren.‘ Auf diese Weise haben die Katholiken von den Evangelischen die Bedeu-tung des Wortes Gotts und der Bibel gelernt, die Evangelischen die Bedeutung der sakramentalen Symbolik und der Liturgie.“ (W. Kasper 2016)

Christus sprengt jegliche Art von Konfessiona-lismus. Denn „er ist Mitte, Anfang und Ziel aller Wirklichkeit.“ (Eph. 1, 10; Kol. 1, 15-20). Diese pauli-nische Aussage enthaelt auch eine ethische Impli-kation und entfaltet einen dreifachen Dienst als eine Kirche für unsere Welt.

Unser missionarischer Auftrag beinhaltet nicht nur eine weltweite, sondern auch eine zutiefst in-nerkirchliche Dimension der Einigkeit.

Unser diakonischer Auftrag richtet unseren Blick auf die Armen, Schwachen und Ausgegrenzten unserer Gesellschaft. All unser Reden über Gott, seine Liebe und Barmherzigkeit würde hohl und leer sein, wenn sich unser Glaube nicht auch im konkreten sozialen Verhalten widerspiegeln wür-de. Unser gesellschaftlicher Auftrag bietet eine reichhaltige Palette an Möglichkeiten politischer Arbeit für das Wohl unserer Gesellschaft wie welt-weit. Es ist unsere Mitarbeit in allen Bereichen des

Lebens gefragt, die dem Wohl von Mensch und Schöpfung dienen.Wir werden in unseren Gemeinden und auch ge-meinsam überlegen, (ob und) wie wir dieses Jahr „500 Jahre Reformation 1517-2017“ nutzen kön-nen, um unsere Christusliebe zu vertiefen, uns ge-genseitig in Glaube, Hoffnung, Liebe zu stärken. Es bietet uns ebenfalls die Chance, die Einheit der Kirche zu fördern und damit auch der ursprüng-lichen Intention Luthers nachzukommen, seine Reformen doch noch zu einem Erfolg zu bringen und die Kirche dem Willen Jesu entsprechend zu gestalten. So können wir geeint und gestärkt, unseren Mitmenschen einladend vermitteln, wer der frohmachende Grund unseres Lebens ist.

Lothar Vierhock

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Zur Gemeindefinanzierung veranstaltet die Gemeinde jährlich Fundraising-Aktionen, bei denen wir auf Spenden angewiesen sind. Für 2016 bedanken wir uns herzlich bei allen Spendern der Tombola:

Yeh Shen Ltd. mit Weinen vom „Weingut Keil“, „Casadei Wine Group“ mit Weinen aus der Toskana, Mercedes Benz Hong Kong Ltd., Commerzbank AG, DZ BANK AG, Medisana Ltd, Island Shangri-La, Interconti Grand Stanford, Taste Matters Food Delivery Service, Dickie Toys HK Ltd., Schmidt Vinothek for wine, Schmidt Marketing for Artisan&Artist, King Ludwig Restaurant, Fam. Stefan und Inge Herzog mit Dine Athome, Swiss Chalet Restaurant, Jebsen Ltd., Tutima Ltd.

Wir bedanken uns bei allen Spendern des Basars:

Tchibo, Familie Isler, Seidensticker, Marco Polo, Salt & Pepper, Dickie Toys HK Ltd., Fashion Point, German Deco, Swiss Chalet, World Winner Promotion

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T E R M I N E 5 0 0 J A H R E R E F O R M A T I O N

14. Januar Erste Aufführung des Pop-Oratoriums in Hannover (weitere Infos www.luther-oratori-um.de)

11. März Versöhnungsgottesdienst „healing me-mories“ in Hildesheim

12. April: Eröffnung der Sonderausstellung „Der Luthereffekt. 500 Jahre Protestantismus in der Welt“ im Deutschen Historischen Museum in Ber-lin (www.3xhammer.de)

4. Mai: Eröffnung der Sonderausstellung „Luther und die Deutschen“ auf der Wartburg in Eisenach (www.3xhammer.de)

13. Mai: Eröffnung der Sonderausstellung „95 Menschen – 95 Schätze“ in der Lutherstadt Wittenberg (www.3xhammer.de)

18. Mai: Eröffnung der Sonderausstellung „Luther und die Avantgarde“ im Alten Gefängnis in Wittenberg, in der St. Matthäuskirche in Berlin und in der Karlskirche in Kassel, internationale Künstler setzen sich mit Gedanken der Reforma-tion auseinander (luther-avantgarde.de)

20. Mai: Eröffnung der Weltausstellung Reforma-tion „Tore der Freiheit“ im Wallgraben von Witten-berg (r2017.org/weltausstellung-reformation)

24. bis 28. Mai: 36. Deutscher Evangelischer Kirchentag Berlin – Wittenberg mit der Losung „Du siehst mich“ (www.kirchentag.de)

27. und 28. Mai: Festwochenende mit dem Fest-gottesdienst zum Reformationsjubiläum vor den Toren Wittenbergs (r2017.org/festwochenende)

31. Mai bis 10. September bzw. in den Sommer- ferien: Konfi-Camps für Konfirmanden/Innen, Ju-gend-Camps während der Sommerferien sowie das Bundeslager der Pfadfinder/Innen (r2017.org/konfi-und-jugendcamps)

31. Oktober: Einmalig Feiertag in ganz Deutsch-land (Gottesdienst mit Festakt in Wittenberg)

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