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Gemälde Denkmalpflege in Niederösterreich Band 34

Gemälde - Lower Austria · 2020-01-27 · Manfred Koller Zur Gemälderestaurierung in Niederösterreich in Geschichte und Gegenwart 6 ... dass vor dem 19. Jahrhunderts die mei-sten

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Denkmalpflege in Niederösterreich

Band 34

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Einer glücklichen Fügung des Schicksals ist es zu verdanken, dass unsere Heimatso reich an wertvollen Kunst- und Kulturdenkmälern ist. Dies ist ein besondererSchatz, den es ohne Wenn und Aber zu bewahren gilt. Auch für künftige Gene-rationen muss dieses kulturelle Erbe erhalten bleiben. Ein dementsprechend hoherStellenwert kommt daher der Pflege unserer Schätze und Denkmäler zu.

In diese Pflege werden vom Land Niederösterreich Jahr für Jahr rund fünfMillionen Euro investiert. Dazu kommen Beiträge des Bundes, der jeweiligenEigentümer und diverser Sponsoren. Zuletzt wurden in diesem Rahmen beispiels-weise Renovierungen am Stift Herzogenburg oder an den Kirchen Scheibbs,Wiener Neustadt und der Basilika Maria Taferl durchgeführt. Mit der BadenerSynagoge wurde erst jüngst ein ganz spezielles und bedeutendes Kulturdenkmalrevitalisiert und in der Folge vor wenigen Wochen auch wieder eröffnet.

Die Investitionen im Bereich der Denkmalpflege kommen aber nicht nur denKulturgütern selbst, sondern auch der Wirtschaft zugute und schaffen außerdemArbeitsplätze. Zudem haben unsere Kunst- und Kulturschätze eine große Bedeut-ung für den niederösterreichischen Tourismus – durch sie wird unser Land einzig-artig und unverwechselbar.

Der Band 34 der Broschüre „Denkmalpflege in Niederösterreich“, dessenSchwerpunkt auf Gemälden liegt, führt einmal mehr die Bedeutung unserer kultu-rellen Schätze vor Augen. Ich danke der Kultur- und Wissenschaftsabteilung desLandes sowie generell allen am Zustandekommen dieses Druckwerks Beteiligtenherzlich für ihre Mühen. Den Leserinnen und Lesern wünsche ich, dass dieseBroschüre ihnen viele interessante Eindrücke und neues Wissen vermittelt.

Die vorliegende Broschüre ist die letzte, an der Hofrat Dr. Gottfried Stangler aktivmitgearbeitet hat. Niederösterreich hat mit Dr. Stangler einen überaus seriösen undkompetenten Menschen verloren, der seine Fähigkeiten immer in den Dienst desLandes gestellt und großartige Kulturarbeit für Niederösterreich geleistet hat.

Vorwort

Dr. Erwin PröllLandeshauptmann von Niederösterreich

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Bilder entstehen im Kopf, heißt es - wo wir doch gewohnt sind, dass sie an der Wandhängen.

In einer Welt wie heute, wo wir mit Bildern überschüttet werden und uns oft nurnoch nach Leere sehnen, wo alle Inhalte über Bilder transportiert werden, wo ohnemedial vermittelbare Bilder, so genannte Images nichts mehr läuft, scheint das „klassi-sche Gemälde“ nur mehr Werte am Kunstmarkt erzielen zu können. Auf der anderenSeite zeigen die Besucherzahlen in den Museen das große Interesse von Bürgern undTouristen an diesen Kunstwerken. Und zu guter Letzt sind diese Gemälde fast nie fürdas Museum entstanden, sondern waren meist Teil der Architektur, als Altarbild, alsaufgeklebtes Deckengemälde, als integriertes Wandbild usw., sind also aus der heutigenPräsentation heraus in ihrer ursprünglichen Situation kaum mehr verständlich.

In diesem inhaltlichen Spannungsfeld gelegen bedeutet die Erhaltung vonGemälden eine große Herausforderung. Die unterschiedlichen technologischenAnforderungen bei Restaurierungen, Fragen zur Rahmung, oder zu vorhandenenÜbermalungen, Probleme der klimatisch richtigen Hängung in Museen, Zusammen-gehörigkeiten bei geschlossenen Sammlungen sind einige der individuell zu bewerten-den Themen. Wir möchten ihnen mit diesem Heft einen kleinen Einblick in diese sehrkomplexe Materie geben; für die Arbeit der Restauratoren sind Gemälde, ob alte odermoderne, ein unendliches Thema geworden.

Mit großer Trauer vermelden wir den Tod von HR Dr. Gottfried Stangler, der in derKulturabteilung des Landes NÖ für die großen Ausstellungen und für die Denkmal-pflege zuständig war. Sein grenzenloses Engagement hat vieles ermöglicht und seinePersönlichkeit war Garant für offene Prozesse und Qualität.

Der Verlust eines Freundes, eines Mentors, eines Menschen, der mit viel Herzund Verstand über Jahre die Broschürenreihe zur Denkmalpflege in Niederösterreichmit uns gestaltet hat ist ein schmerzlicher. Seinem Platz in unserem Team folgt einegroße Leere, die in seinem Sinne zu füllen unsere Aufgabe für die nächste Zeit seinwird.

Gerhard Lindner

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Editorial

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Gemälde

Manfred KollerZur Gemälderestaurierung in Niederösterreich in Geschichte und Gegenwart 6

Michael ViglBeurteilungskriterien und Methodenwahl zur Gemälderestaurierung in der Denkmalpflege 12

Theobald WirthBild und Rahmen als Einheit 15

Maria RanacherDas optimale Gebäudeklima für Museen und Denkmalpflege 17

Sàrolta SchredlInventarisation und Dokumentation als Basis der Museumsarbeit 20

Martin MayrhoferDie Stiftsgalerie Seitenstetten 23

Werner KitlitschkaDie „Sammlung Essl“ in Klosterneuburg 25

Christa ScheiblauerDie Gemälderestaurierung im NÖ Landesmuseum 27

Literaturhinweise 28

Buchbesprechung 29

Mitteilungen des Bundesdenkmalamteszur Konservierung und Restaurierung 29

Restaurierbeispiele

Johann KronbichlerDie Restaurierung von zwei Altargemäldendes Kremser Schmidt in der Pfarr- und Wallfahrtskirche von Maria Taferl 30

Hiltigund SchreiberRestaurierung des Hochaltargemäldes Maria Himmelfahrt von Johann Georg Schmidt in der Pfarrkirche Straning 32

Blick über die GrenzenDenkmalpflege International

Peter BaxaRenata Glaser-OpitzováViktor Ferus

Die Kirche der hl. Margit von Antiochien in Kopcany 34

Aktuelles Fachthema

Andreas LebschikMaria Taferl braucht unsere Hilfe!Die Innenrestaurierung der Wallfahrts-kirche Maria Taferl 37

Aktuelles aus der Denkmalpflege in Niederösterreich 38

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eines Kunstwerks durch den Künstler undreicht über alle früher unterlassenen Schutz-maßnahmen und mehr oder minder positivenRestauriereingriffe bis in unsere Gegenwart.Nicht nur in Österreich sind erst in jüngsterZeit Studien zur Restauriergeschichte mitBezug auf die Erhaltungsaufgaben in derGegenwart erschienen.

Als Staffeleibilder entstandene Gemäldesind zwar bereits aus der Antike bekannt, abererst seit dem 13. Jahrhundert mit Werken inÖsterreich fassbar. Zudem darf man nicht ver-gessen, dass vor dem 19. Jahrhunderts die mei-sten Bilder als Raumausstattungen mit be-stimmten Funktionen im Zusammenhang vonkirchlichen oder profanen Innendekorationenentstanden sind. Erst mit dem seit dem 17. Jahr-hundert in Europa zunehmenden Sammlungs-wesen und mit der Gründung von Galerien undMuseen im 18. und 19. Jahrhundert wurdenviele Gemälde aus ihrem ursprünglichen Ver-band gerissen und museal isoliert: Gemälde zuGemälden, Skulpturen zu Skulpturen und soweiter. Aber auch die in historischen Raumaus-stattungen noch vorhandenen Gemälde werdenbis heute häufig nur aus der Gemäldeperspek-tive betrachtet und ihr historischer und physi-scher Zusammenhang mit der betreffendenWand oder Decke oder dem jeweiligen Altarwird gerne übersehen.

Dabei bieten in der Denkmalpflege alle,oft seit Jahrhunderten am Ort ihrer Entstehungbefindlichen Gemälde verschiedenster Größendie besondere Möglichkeit ihre Wirkung undFunktion noch in den historischen Räumen zuerfahren. Aus technischer Sicht gehört dazu dieErforschung aller historischen Schutzmaßnahm-en zum Klimaschutz der Rückseiten, zu denhistorischen Spann- und Zierrahmen, zu den

Quantität und Qualität als HerausforderungDie Gemälderestaurierung stellt in der prakti-schen Denkmalpflege eine nach ihrem Unfangund hinsichtlich des Qualitätsanspruches für dieoft bedeutenden Kunstwerte bis heute unter-schätzte Aufgabe dar.

Eine grobe Statistik kommt auf etwa30.000 größere Altargemälde (meist auf Lein-wand) aus dem 17. bis 19. Jahrhundert für ganzÖsterreich. Allein in Niederösterreich stehen900 Pfarrkirchen, 180 Filialkirchen und etwa500 Kapellen mit einem nach Umfang undQualität unterschiedlichen Gemäldebestand.Wenn man nur für jede Pfarrkirche in Nieder-österreich drei Altargemälde und 14 Kreuzweg-stationen zählt, ergibt dies mindestens 15.300Gemälde, eine Zahl, die man für alle übrigenSakralbilder in den Kirchen und Kapellen sicherverdoppeln kann. Zu diesen rund 30.000Kirchengemälden kommen noch diejenigen inden 165 Klöstern und Stiften des Landes, diezum Teil auch bedeutende museale Galerienbesitzen wie Klosterneuburg, Göttweig, Melkoder Seitenstetten.

Noch schwieriger fassbar ist der profaneGemäldebestand in den 350 Burgen undSchlössern Niederösterreichs, der sich ebenso inGemälde, die zur Bauausstattung gehören (Fest-säle, Schlosskapellen), und in profane Gemälde-sammlungen (Porträts, topographische Ansicht-en, sonstige) gliedert. Der Gesamtbestand anhistorischen Gemälden in Niederösterreichaußerhalb der Museen kann wohl auf 50 bis60.000 Einzelgemälde geschätzt werden.

Es hat lange gedauert, bis die Restaurie-rungen früherer Jahrhunderte als wichtigeGrundlage für alle Maßnahmen in Gegenwartund Zukunft erkannt worden sind. Denn derAlterungsprozess beginnt mit der Fertigstellung

Manfred Koller

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Zur Gemälderestaurierung in Niederösterreichin Geschichte und Gegenwart

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• Übertragung (Auswechslung des Bildträgers Holz oder Leinwand) auf einen neuen Träger (zunächst vorwiegend von Holz auf Leinwand)seit etwa 1700 in Italien und ab 1750 auch inFrankreich (verstärkt um 1800 für den napo-leonischen Bilderraub).

Das 17. und 18. JahrhundertGroßgemälde mit Ölmalerei auf textilen Bild-trägern kamen nördlich der Alpen erst in derzweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Ver-wendung. Ihr Aufschwung folgt der Erfindungdes Spinnrades um 1530 in Deutschland undder dadurch rationalisierten Textilproduktion.Textile Großgemälde kommen in Österreicherst ab 1600 vor in Graz (Pietro de Pomis) undOberösterreich (Steyr). Mit der leichterenTransportmöglichkeit von gerollten Gemäldenauf Leinwand nehmen auch europaweite Fern-bestellungen für Ausstattungsbilder zu, derenformatgenaue Einpassung und Montage vonlokalen Kräften vor Ort erfolgte. Dabei kamennicht selten Größenänderungen wegen nichtpassender Formate vor. Ein seltener Fall der

Spannmethoden, zur Konstruktion von Holz-tafeln oder zur Webtechnik von Bildleinwändenin allen Größen, ferner zur Grundierung undBemalung. Seltener kommen Gemälde aufMetallen (Zinn, Kupfer), auf Steinplatten undauch auf Stuckmarmor (Scagliola) vor. Dazukommen die an vielen Werken ablesbaren altenRestauriermaßnahmen. Denn die meistenBarockmaler seit dem 17. Jahrhundert warengleichsam im Nebenberuf als Bilderrestauratorentätig und erst im Laufe des 18. und 19. Jahrhun-derts hat sich daraus ein eigener Spezialberufentwickelt.

Die Methoden der historischen Gemälde-pflege betreffen seit damals folgende Maßnahmenzur Behebung der verschiedenen Alterungs-probleme:• Reinigen, Retuschieren, Nachfirnissen der

Oberflächen• Imprägnierung abgebauter Grundier- und

Malschichtsysteme von vorne und hinten• Doublierung des textilen Bildträgers auf ein

zweites Trägersystem aus Textil oder Holz seit dem 17. Jahrhundert

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Dürnkrut, Schlosskapelle,Stuckdecke von 1633 mitMarouflagebildern zeigtwährend der Abnahmevon der Decke 1996streifenförmige Original-klebung.

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sein. Die erste „Rentoilage“ in der königlichenGemäldesammlung in Paris ist für 1688 überlie-fert. Diese Verstärkung brüchiger Malgewebedurch Unterkleben mit einem zweiten Textilwar aber um 1700 auch schon in Süddeutsch-land bekannt, wie die Erklärung einer Kleister-doublierung bei Kunckel 1707 beweist. DieAuswechslung des originalen Bildträgers Holzoder Leinwand ("Übertragung") kam in Italienund Frankreich im 18. Jahrhundert auf.

Die technisch ausführlichste Beschreibungeiner Kleisterdoublierung im späten 18. Jahrhun-dert gibt der Kremser Schmidt in einem Briefvom 30. Jänner 1783 an seinen Schüler FranzÖsterreicher in Iglau: „… Was die zersprungenenBilder betrifft, zieht man eine ungebleichte, nichtgar zu grobe Leinwand, so groß als das Bild ist,auf einen Blindrahmen fest auf, überstreicht solcheLeinwand mit Kleister oder Papp, wie auch rück-wärts das zersprungene Bild, legt solches dann aufdie Leinwand und spannt es auch mit Nägel fest,als dann legt man das Bild umgekehrt auf einenglatten Tisch oder Stein und reibt rückwärts miteinem Lauffer oder Reibstein, dass die zwei Lein-wanden, die alte und die neue recht zusammenge-preßt werden. Das macht sodann, dass die Risseglatt (werden) und wiederum in das Bild hinein-drücken.“

In Paris hat der mit dem Aufbau der Res-taurierung für das neue Zentralmuseum (Louvre)durch die Revolutionsregierung beauftragteJean-Baptiste Pierre le Brun drei Doublierartenauch preislich klassifiziert: die normale Leim-Kleisterdoublierung, die Bleiweiß-Leinöl-Doublierung mit dem doppelten und die Über-tragung auf neuen Bildträger mit dem dreifa-chen Preis der Kleisterdoublierung.

Für die Behandlung trüb gewordener Farb-und Firnisschichten waren im 18. JahrhundertImprägnierungen mit heiß gemachten Ölenüblich (in Italien „Beverone“, in St. Florian,OÖ, 1740 „Tingierung“ genannt). Durch dieseÖlungen dunkeln aber die Farbschichten mitder Zeit stark nach und werden die Bildlein-wände spröde und brüchig. Diese Erkenntnishatte bereits der Kremser Schmidt, der 1774 ineinem Brief an den Abt von Spital am Phyrn,

„Marouflage“ genannten direkten Klebung aufLeinwandbildern auf Decken oder Wände fin-det sich in der Kapelle von Schloss Dürnkrut,Niederösterreich, von 1633.

Gegen 1700 waren diese textilen Altarge-mälde bereits hundert und mehr Jahre alt undzeigten dementsprechende Alterserscheinungen.Dabei störte zunächst die trüb gewordene undnachgedunkelte Malerei, die zur Reinigung undneuem Firnisauftrag führte, wie sie für den bür-gerlichen Kunstmarkt in Holland schon vor1600 belegt sind und danach immer häufigerwerden. Die „Doublierung“ scheint um 1650auch in den Niederlanden erfunden worden zu

Brief des Kremser Schmidt1774 an den Abt vonSpital am Phyrn: gegenÖlanstrich, für Zugscheibenund hölzernes Tafelwerkals Klimaschutz

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OÖ, für seine Altargemälde als bestes Mittelgegen feuchte Wände und Altarnischen rücksei-tigen Bretterschutz („hölzernes Taferlwerk“) undLüftungslöcher („Zuchscheiben“) empfohlenhat: „…. denn die Luft ist das Beste gegen Fäulnisund Vermorschen“ und so werden „die Bilderviele Jahre lang erhalten“. Dagegen sei „das Ölden Farben höchst schädlich und würden alleFarben absterben“.

Das 19. JahrhundertDie Umwälzungen der Zeit um 1800 in Europa(Kunstraub Napoleons, Klosteraufhebungen,Gründung von Landes- und Nationalmuseen)brachten eine Hochkonjunktur für Restaurie-rungen vor allem an Gemälden mit sich. Dieserkennt man auch an den zahlreichen Publika-tionen, die in der ersten Hälfte des 19. Jahr-hunderts in Italien, Frankreich, England undDeutschland erschienen sind. In Österreichwaren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundertsdie Erfahrungen von Pietro Edwards in Venedigund sicher auch die Schriften von Koester 1827und Lucanus 1828 bekannt.

Niederranna, Hochaltar-bild, hl. Margarethe vonFranz Xaver Gürtler1775, Ausschnitt imZustand vor Konservie-rung 1998 mit dunkel-braunen Resten am unte-ren Rand der Farbschollen(alte Regeneration mitTingierung oderCopaiva-Balsam)

Originaler Rückseiten-verschlag des frei-stehenden Hoch-altarbildes, nachReparatur (rechts)

Im „Laboratorium“, das Joseph Rebell 1825 inder kaiserlichen Gemäldegalerie im Belvedere inWien eingerichtet hat, befand sich ein großerTisch zum Ab- und Aufziehen der Gemälde.Das „Aufziehen“ der Leinwandbilder auf neueLeinwand wurde von Rebell - ebenso wie dasParkettieren der Holztafeln - gleichsam prophy-laktisch in großer Zahl durchgeführt. DieseAutomatik hat, nach Rebells Tod 1828, seinNachfolger Johann Peter Krafft, ein konservato-risch sehr modern eingestellter Künstler, aberwieder eingestellt. Auf Krafft folgten alsDirektoren Erasmus und dann Eduard Engerth;beide haben von 1856 bis 1897 diese vorsichtigkonservative Erhaltungspraxis fortgesetzt, dieneuen Methoden des Münchner HygienikersMax Pettenkofer zur ”Regeneration“ der Ölge-mälde abgelehnt und die Tradition der Kleister-doublierung beibehalten. Die gleiche Einstellungvermittelte wohl auch die 1868 im oberenBelvedere eingerichtete und von Custos CarlSchellein geleitete „k. k. Restaurierschule“. Nurvon Kustos Eduard Gerisch an der Gemälde-galerie der Wiener Kunstakademie, wo er von

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Zusammensetzung (mit Anteilen von Leim,Venezianerterpentin, Kolophonium, Leinöl etc.)bisher noch wenig untersucht sind. Sprödigkeitund Geruch machen aber hohe Harzanteile inder Art von Kolophonium wahrscheinlich. Abden 1870er Jahren wurde in Wien eine ausFachleuten der kaiserlichen Galerie, der Zentral-kommission und des Altertumsvereins für Wienund Niederösterreich zusammengesetzte Kom-mission als beratendes Gremium in Restaurier-fragen ins Leben gerufen. Denn seit dem Patentdes Münchner Hygienikers Max Pettenkofer aufsein Regenerationsverfahren durch Alkohol-dämpfe und Copaivabalsam 1866 hat man inganz Europa die traditionellen Methoden inFrage gestellt und, auch mit ersten chemischenUntersuchungen, vielfach neu experimentiert.

Immer mehr setzte nun die k. k. Zentral-kommission besser qualifizierte Restauratorenaus Wien gegen lokale Restaurierdilettantendurch. Sie war auch um Verbreitung von Rat-schlägen bemüht, so für die Absicherung locke-rer Farben durch Kaschieren mit Musselin oderOrgantin und Honigleim. Die von Alois Riegl1903 erstmals publizierte Wertordnung histori-scher Denkmale (Vergangenheits- und Gegen-wartswerte) wurde nach 1900 verstärkt auch indie Restaurierpraxis umgesetzt.

Für Niederösterreich ist das PasqualinoVeneto zugeschriebene Renaissancetafelbild in

1908-1915 auch den Restaurierkurs der Akade-mie geleitet hat, wird berichtet, dass er nebenKleister- ab 1896 auch Wachsdoublierungendurchgeführt hat.

In den Bundesländern waren für Kirchen-bilder zumeist regionale Maler und nachGründung der k. k. Zentralkommission 1850immer mehr auch Wiener Spezialisten alsRestauratoren tätig. Das ehem. Hochaltarbildder Stephanusmarter, für die Pfarrkirche Badenbei Wien von Paul Troger 1745 gemalt (600 x300 cm), wurde 1837 „vom k. k. Accad. Hs.Mahler und Gemählde Restaurator Joseph Salomonwegen schwerer Schäden auf neue Leinwand auf-gespannt und für 158 Gulden meisterlich wieder-hergestellt.“ Diese (Kleister-Harz?) Doublierungauf mittlere Leinwand (9x9 Fäden/cm2) ist bisheute auf dem originalen Spannrahmen intaktund musste 1963 und 2004 nur bildseitig bear-beitet werden.

Die Denkmalpflegereform um 1900Erst in ihrer reformierten Phase ab 1872 (1. internationaler Kongress für Kunstgeschichtein Wien) hat sich die k. k. Zentralkommissionfür die Erforschung und Erhaltung der Bau-denkmale intensiver auch für die Kunstdenk-male eingesetzt, wie Berichte in ihren Mitteil-ungen zeigen. In der Regel herrschen Kleister-doublierungen auf Leinwand vor, deren genaue

Baden, Pfarrkirche, ehem.Hochaltarbild von PaulTroger 1745 (6 x 3 m),mit Doublierung von1837, nach Restaurierung-en 1963 und 2004/05(links)

Dasselbe, Detail,Probeabnahme der zweirezenten gegilbtenFirnislagen 2004(Mitte)

Dasselbe, Detail, nachRestaurierung 2004(rechts)

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Pöbring durch eine Rückseitenaufschrift für denWiener Restaurator Hermann Ritschl 1911belegt (Restaurierbuch Nr. 4514!), das 1966vom Autor nachbehandelt wurde. Im gleichenJahr 1911 hat in Waidhofen an der Ybbs derRestaurator Prof. Josef Forsthuber in vorbildli-cher Weise die Zustände und Maßnahmen fürdas Altarbild des hl. Lambert in der Pfarrkirchegenau beschrieben und auch fotografisch doku-mentiert. Nach seinem Bericht war auf demBilde außer der Hauptfigur nichts zu erkennen,da der Firnis fast total blind und weiß gewor-den war. Auf eine Abnahme der Übermalungenhat Forsthuber bewusst verzichtet und zurAufhellung eine Regeneration nach Pettenkofervorgenommen, deren Wirkung 90 Jahre späternicht mehr erkennbar war.

Das 20. JahrhundertBis zum Ende des 1. Weltkrieges funktioniertedas von der Zentralkommission in allen Kron-ländern der Monarchie aufgebaute Korrespon-dentennetz mit Fach- und Restauratorenaus-tausch. Wirtschaftskrise und Stagnation vor1938 waren aber einer aktiven Restaurierungs-politik hinderlich. Immerhin wurde der Res-taurierkurs an der Akademiegalerie in Wien(Eduard Gerisch 1908-1915) durch SerafinMaurer (1917-1932) fortgesetzt und leiteteRobert Eigenberger 1934 eine Fachschule undvon 1939 bis 1965 eine Meisterschule für Kon-servierung und Technologie auf der Kunstaka-demie am Schillerplatz in Wien. Hier wurdenvorwiegend Restauratoren für Gemälde undpolychrome Skulpturen herangebildet undregelmäßig Gutachten und Hilfen auch für dieDenkmalpflege geleistet. 1939 wurden erstmalsAmtswerkstätten der Denkmalpflege in Wiengegründet. Unter Josef Zykan als Werkstätten-leiter führte Oskar Lautischar das Gemälde-atelier, in dem allein von 1946 bis 1955 über800, teilweise schwer kriegsgeschädigte Gemäldeunter schwierigen Umständen bearbeitet wurden.Etliche Doublierungen der nicht selten durchLuftdruck und Bergungsumstände zerfetztenBarockgemälde in der traditionellen Methodemit Kleister und Harzzusätzen auf Leinwand

haben sich bis heute gut gehalten. Beispiele dafürsind das Hochaltarbild von Johann GeorgSchmidt in der Stiftskirche von Klosterneuburg(554 x 316 cm) oder das Hochaltarbild (327 x169 cm) aus Gnadendorf, NÖ, in dessen Mitteeine Granate explodiert ist.

Erst um 1960 hat man wegen der (ausheutiger Sicht bedauerlichen) Neuorientierungan Instituten in Holland und England dieschimmelempfindlichen Kleisterdoublierungendurch solche mit Wachs-Kolophonium (mitHeizpressen) abgelöst. Nach 1970 führte dieKritik an der Wachs-Harzmethode zum Über-gang auf das chemisch neutrale Lascaux-Klebe-wachs und Glasfasergewebe aus gleichfallsSchweizer Erzeugung.

Nach 1980 haben die Wiener Amtswerk-stätten stufenweise Doublierungen reduziert,zugleich mit der verstärkten Erhaltung ursprüng-licher Blindrahmen und barocker Klimaschutz-systeme. (Abb. 12) Der Einsatz der Restaurier-klassen auf beiden Wiener Kunstuniversitätenhat seit 1990 die richtige Pflege nichtmusealerGemäldesammlungen vorangetrieben (z.B. inStift Seitenstetten, Schloss Greillenstein). FürGegenwart und Zukunft gilt der „minimalerestauratorische Eingriff“ als Ideal. Dazu gehörtaber auch das fünfjährige professionelle Restau-rierstudium nach internationalen Standards alsfachliche Vorraussetzung. Denn zu Gemälde-restauratoren, die diesen Namen verdienen,gehören heute profunde Kenntnisse der histori-schen Maltechniken und der Schadensdiagnostikzur Entwicklung maßgeschneiderter Restaurier-konzepte. Dazu kommen Wissen und Praxis dervorbeugenden Konservierung am Aufstellungs-ort (preventive conservation) als Vorraussetzungfür die Verlangsamung aller Alterungsvorgängeund damit Vermeidung von unnötigen oderübertriebenen „Restaurierungen der Restaurier-ungen“ als Selbstzweck.

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jeweiligen Erhaltungszustand und Schadensbe-fund ab. Sie sollen immer auf die minimaleIntervention am Kunstwerk selbst ausgerichtetsein und von Maßnahmen zur Reduzierung derbisherigen Schadensfaktoren begleitet werden.Für Gemälde auf ihren unterschiedlichen Bild-trägern: Holztafeln, Metallplatten oder anderenstarren Gründen sowie die weitaus überwiegen-de Gemäldegruppe mit textilem Bildträger sinddie jeweiligen Schadensformen materialspezi-fisch zu prüfen und ist diesen entsprechend vor-zugehen. Für die textilen Bildträger, meistensLeinwand über hölzernen Spannrahmen (mitinteressanten Tischlerkonstruktionen) gespannt,gelten die im Folgenden kurz charakterisiertenVarianten zur jeweils in Frage kommendenRestauriermethodik.

Im Unterschied zum kontrollierten Ambiente ingut geführten Museen stehen Kunstwerke inhistorischen Räumen noch in kirchlicherFunktion als Altar-, Andachts- oder Fastenbilderbis zu Gemäldefahnen oder als Ausstattungs-bilder historischer Räume an Wänden oderDecken. Einerseits wirken historische Bauwerkezumeist als natürliche Klimaspeicher, zum ande-ren bilden aber Feuchteschäden infolge vernach-lässigter Baupflege, direkte Sonnenbestrahlung,Kerzenruss oder unkontrollierte Heizung zusätz-liche Gefährdungen, die als Schadensursachevor der eigentlichen Gemälderestaurierungbehoben werden müssen.

Vorwiegend nach dem Billigstprinzip aus-gerichtete Restaurierwettbewerbe stellen fürGemälde eine akute Gefahr dar und erweisensich letztlich, für nachfolgende Generationen,meist als unökonomisch. Falsch gewählte oderunterlassene Maßnahmen führen zu irreversi-blen Veränderungen und Langzeitschäden, diezur Verfremdung der Gemälde beitragen. Erstwenn am Original und in seinem Umfeld genaugeprüft ist, welche Art und welcher Umfangvon Maßnahmen zur Konservierung und Res-taurierung nötig ist, kann man seriös Aufwandund Kosten kalkulieren. Denn die möglichenRestaurierschritte hängen ausschließlich vom

Michael Vigl

Beurteilungskriterien und Methodenwahl zurGemälderestaurierung in der Denkmalpflege

Bundesdenkmalamt,Restaurierwerkstätten,Atelier für Großgemälde

Farbfestigung ohneAbspannen mitParzialniederdrucktisch

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vermeiden. Um bei der Abnahme krepierteroder erheblich gegilbter, sekundärer Firnis-schichten ein Eindringen von Firnisharz in dieGemäldeleinwand (und die damit verbundeneschädliche „Verharzung“ der Bildleinwand) zuvermeiden hat sich rückseitiges Einstreichen mitdem flüchtigen Festigungsmittel Cyklododekanbewährt.

Als passive Schutzmaßnahmen sind einKanten- und vor allem ein Rückseitenschutz jenach Bedarf und Lage vorzusehen (Hinterspan-nung mit Gewebe, eingesetzte bespannte Rähm-chen, Verbretterung der Rahmenrückseite oderder Wandnische).

2. Belassung oder Abnahme alterDoublierungenJede noch funktionsfähige ältere Restaurierunghat die Probe der Zeit bestanden und solltedaher nicht unnötig verändert oder aufgegebenwerden. Manchmal sind auch kleine Verbesse-rungen für längeren Weiterbestand ausreichend.Wenn jedoch der originale Bildträger noch aus-reichend stabil ist und eine vorhandene Doublie-rung bereits Schwächen zeigt, ist es sinnvolldiese vorsichtig zu entfernen und weiter nachdem Prinzip des minimalen Eingriffs vorzuge-hen. Auch hier sind die passiven Schutzmaß-nahmen als vorbeugende Hilfe unerlässlich.

3. Neue oder wiederholte Doublierung Bei stark abgebauten Bildleinwänden, groß-flächigen Rissbildern und bei mit der Bildgrößezunehmendem Eigengewicht und Zugspannung-en bildet eine reversibel ausgeführte Hinter-klebung mit einem zweiten Gewebe die nötigeStabilität. Je nach Empfindlichkeit von Malereiund Bildträger ist dabei zwischen wässrigen,kalten Klebemethoden (Kleister, Acryl), solchenmit Wärmeeinsatz (BEVA 371) oder mitLösungsmittelaktivierung zu wählen. Gewebe-struktur, Bildnähte, das Relief des Farbauftragesund ein normales Rissbild der Farbschichtenmüssen bei allen damit verbundenen Manipula-tionen geschont werden. Unabhängig davonsind aber zuvor alle am originalen Bild erforder-lichen Konservierungsschritte durchzuführen.

1. Der minimale Eingriff an undoubliertenGemäldenDie Entwicklung der Rissverklebung stellt inder Konservierung von Leinwandgemäldeneinen Wendepunkt dar, der ausgehend vom par-tiellen oder ganzflächigen Hinterkleben vonschadhaften Gemäldeleinwänden - Doublierung- hin zur partiellen Riss- und Fadenverklebungführte. Die Umsetzung und Adaption dieser ankleinformatigen Museumsbildern entwickeltenMinimalintervention auf die großformatigenGemälde in nicht musealen Umfeld wurdeschrittweise erarbeitet, da jegliche Vergleichsbei-spiele fehlten.

Bei Gemälden ohne Doublierung mit altemSpannrahmen, originaler Aufspannung undwenig abgebautem Bildträger wird auf das Ab-spannen ganz oder teilweise verzichtet. Gebroche-ne Blindrahmenteile können mit modifiziertenSchraubzwingen auch ohne Abspannen verleimtwerden. Geweberisse lassen sich auch im verti-kalen Zustand durch Dehnen und Einwebenwieder spannungsfrei schließen, Festigungenvon Grundierung und Farbschichten sind meistnur partiell nötig. Lose Schollen können miteinem mobilen Partialunterdruck-Gerät oderauf dem Unterdrucktisch sanft niedergelegt wer-den. Wenn die Spannränder zu kurz, zu schad-haft oder stark abgebaut sind, werden neueTextilstreifen mit im Klebebereich gezogenenSchussfäden angesetzt. Das Belassen alter stabi-ler Firnisse und qualitätvoller älterer Kittungenund Retuschen, aber auch die Abnahme vonÜbermalungen auf die schonendste Weise sollein Anquellen der alten Farbschichten möglichst

Krems, Piaristenkirche,Seitenaltar mit Gemäldenvon J.M.Schmidt,während Bildmontagenach neuer Bretterver-schalung der Altarnischeals Klimaschutz

Rückseitiges Einweben inoffene Risse ohne Abspannen

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lungen, deren Notwendigkeit immer kritisch zu hinterfragen ist. Besonders negativ wirkt sich hierbei künstlich aufgebauter Zeitdruck aus.

• Unter schlechten Bedingungen oder bei nichteindeutig lösbaren Problemen ist ein Verzicht auf heutige Maßnahmen die sicherste Lösung – vielleicht verbessern sich Chancen und Kenntnisse in der Zukunft.

• Zuviel Geld und gute Atelierbedingungen können die Bereitschaft zu größeren, oft gänzlich vermeidbaren Maßnahmen fördern.

• Die Möglichkeiten von Pflege- und Restau-riermaßnahmen im historischen Umfeld vor Ort sind gegen Aufwand und Risken eines Ortswechsels (Transportrisken, Klimawechsel)abzuwägen.

• Viele frühere Maßnahmen (Imprägnierungen,Doublierungen) sind bloß als Reaktionen auf negative Umfeldbedingungen erfolgt, anstatt dass man die Schadensursachen beseitigt hätte.

• Kurzfristig geplante, riskante Restauriermaß-nahmen sollen häufig Bilder „fit“ für Aus-stellungen machen.

• Die Verhältnismäßigkeit des Schadens und der zur Konservierung der Substanz (von Bildträger und Malschicht) und zur Restau-rierung der Darstellung (Wiederherstellung künstlerischer Wirkungen) geplanten Maß-nahmen ist sorgfältig zu prüfen.

• Regelmäßige Kontrolle und Pflege verhindert neue Schäden und wiederholte Restaurie-rungen (Wartungsverträge).

• Gesamtrestaurierungen bergen die Gefahr, dieProblematik des Einzelobjektes nicht zu erkennen.

• Verzicht auf Restaurieren spart viel mehr Kosten als billiges Restaurieren mit falschen Methoden.

Auch wenn eine ältere Doublierung deutlicheNachteile für das geschwächte Original zeigt(z.B. schlechte Ausführung, Schädlingsbefall,Haftungsverlust) wird die Entscheidung für ihreErneuerung nach den vorgenannten Kriterienausfallen.

Ebenso verlängern in diesen Fällen passiveSchutzmaßnahmen (Ausschalten von schädli-chen Licht- und Wärmequellen, Kältebrückenoder Mauer- sowie Kondensfeuchtigkeit)wesentlich die Haltbarkeit der gesetzten Maß-nahmen.

4. Allgemeine Erkenntnisse aus dem Bereichder aktuellen Gemälderestaurierung• Anlässe für Restaurierungen sind oft nicht

nur Altersschäden, sondern auch äußere Motive wie z. B. Kirchenfeste oder Ausstel-

Ebergassing, Schloss,Hauptsaal, Decken-gemälde von M. A.Franceschini: Zustandmit schweren Dach-feuchteschäden, nachAbnahme durch Laien invier Teile zerschnitten

Ebergassing, Schloss,Deckengemälde von M. A. Franceschini, nachKonservierung undDoublierung beimAufspannen vor Ort,1998

Informationen zu Restauriergeschichte, Restauriermethoden und zu freiberuflichenGemälderestaurator(inn)en in Österreich:

Bundesdenkmalamt-Restaurierwerkstätten Kunstdenkmale Arsenal 15/4, 1030 Wien, Tel. +43 (0) 1/798 21 46, Fax. + 49, [email protected], www.bda.atÖsterreichischer Restauratorenverband ÖRVPF 576, 1011 Wien, [email protected], www.oerv.atÖsterreichische Sektion des International Institute for ConservationArsenal 15/4, 1030 Wien, Tel. +43 (0) 1/798 21 46, [email protected]

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zunächst nach stilistischen Kriterien, anschließ-end und schließlich nach Regionen nach demTypus des Rahmens. Grundsätzlich unterscheidenkann man zwischen zwei Typen von Rahmen,den prächtigen vergoldeten, oft geschnitztenRahmen und den monochrom gefassten, wieetwa den schwarzen oder braunen österreichi-schen Barockrahmen.

Im Gegensatz zu den Kunstwerken, die derRahmen umschließt und die meist einem Künst-ler oder einer Schule von der Kunstgeschichtezugeordnet werden können, ist der Rahmen fastimmer ein anonymes kunsthandwerkliches Pro-dukt. Bei vielen Kunstwerken ist im Laufe derJahre der originale Rahmen nicht mehr erhaltengeblieben und somit sind zwei wichtige Voraus-setzungen für die Einheit zwischen Bild undRahmen verloren gegangen: Es ist dies die Fein-abstimmung in der Farbigkeit der Oberflächedes Rahmens mit dem Bild und zum anderen dieProportionsverhältnisse zwischen Bild undRahmen. Bedauerlicherweise werden häufigBilder immer noch nicht mit ihrem Rahmeninventarisiert und publiziert und und derRahmen in der Forschung meist negiert. Wechseltein Bild den Besitzer so erhält es meist einenneuen Rahmen, der der Ästhetik des Besitzersentspricht und oft dem Kunstwerk nicht gerechtwird. Unzählige Originalrahmen gingen in denMuseen verloren, als man sich dazu entschied,Einheitsrahmen für die Sammlungen anzuferti-gen. So etwa in Paris, wo Comte d’ Angiviller,der Gemäldeverwalter Ludwigs XVI. denRahmenbauer Buteaux mit dem Entwurf einesEinheitsrahmens für alle königlichen Gemäldebeauftragte und somit dieser Mode vieleOriginalrahmen weichen mussten. In Berlinwurden unter Friedrich von Schinkel viele derGemälde mit einem Einheitsrahmen versehen,die schließlich dann unter Wilhelm von Bodewieder entfernt und durch historisierendeRahmen ersetzt wurden. In den Jahren ab 1910kaufte Bode historische Rahmen und ließ, wennkeine historischen aufzutreiben waren, neueRahmen nach historischen Vorbildern anfertigen.Ich möchte hier Bode zitieren, da er in seinerAussage das wesentliche herausstellt: „Da die

Ernst Gombrich beschreibt wie der Rahmenden elementaren Ordnungssinn der visuellenWahrnehmung befriedigt und dass ohne eineForm der Rahmung eine bewusste Wahrnehmungnicht möglich ist. So war etwa für Vincent vanGogh ein ungerahmtes Bild immer ein Bild im"Rohzustand". Edgar Degas verkaufte seineBilder nur in den von ihm ausgewählten Rahmenund fürchtete stets, dass diese von den Besitzernausgetauscht werden könnten.

Bereits lange vor der Entwicklung des klas-sischen Bildrahmens, so wie wir ihn heute ver-stehen, wurden Mosaiken und Fresken, die ansich keinen Rahmen um des Schutzes willenbenötigen, aus ästhetischen Gründen mit einemdekorativen Rahmenwerk versehen, um ihreBedeutung hervorzuheben. Die frühestenRahmen stammen aus dem 13. und 14. Jahr-hundert. Sie ahmen in ihren Maßwerkschnitze-reien die Fassaden gotischer Kathedralen nachund dienten als Rahmen von Altarbildern,wobei hier meist noch der Rahmen und dasGemälde in derselben Werkstatt als Einheitgefertigt wurden und häufig Bild und Rahmenaus einem Werkstück entstanden. In der Zeitder Renaissance kam es dann zu einer Spaltungzwischen den Künstlern der Tafelbilder und denKunsthandwerkern, wie Möbelbauern, Bild-hauern und Vergoldern, welche die Rahmenentwarfen und fertigten.

Die Einordnung und Erforschung derRahmen nach kunsthistorischen Gesichtspunktenist teilweise noch sehr unterschiedlich; so werdenRahmen einerseits nach Regionen und Kunst-landschaften eingeordnet, andererseits ordnetman sie nach den Kriterien: ArchitektonischeRahmen, Leistenrahmen und Ornamentrahmen.Oder aber man ordnet sie chronologisch nachStilepochen. Ideal wäre wohl eine Einordnung

Theobald Wirth

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Bild und Rahmen als Einheit

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Einen weltweit neuen Standard setzt derzeit dieWiener Albertina bei der Rahmung der Meister-grafiken, da man diese nicht wie in anderengrafische Sammlungen mit einfachen Zeich-nungsrahmen ausstattet, sondern auf historisie-rende, eine Einheit von Bild und Rahmen bil-dende Rahmungen setzt. Man folgt hier demIdeal Wilhelm von Bodes, indem man versucht,für die Zeichnungen passende historischeRahmen zu finden. Da dies jedoch häufig nichtmöglich ist, werden historisierende Rahmen vonqualifizierten internationalen Rahmenmanu-fakturen angefertigt, die genau auf die zu rah-menden Blätter abgestimmt sind. Hierbei wirdauch größter Wert auf die konservierende Ein-rahmung gesetzt, indem sämtliche Blätter mitspeziellen entspiegelten und die schädliche UV-Strahlung absorbierenden Museumsgläsern ver-glast werden. Bei den Passepartouts werden nurhochqualitative Papiere verwendet, die dieinternationalen DIN und ISO Normen erfüllen.Als Beispiele, wo Bild und Rahmen eine Einheitbilden, möchte ich hier eine ZeichnungMichelangelos erwähnen, die mit einem gra-vierten Renaissanceplattenrahmen versehenwurde, oder eine Zeichnung Rembrandts, dieeinen der Zeit entsprechenden Rumpelholz-rahmen erhielt.

Wiederauffindung des Originalrahmens nur einunerhörter Zufall ist, kann es nur die Aufgabesein, Rahmen zu finden, die in jeder Beziehungzum Bilde möglichst passen. Natürlich nichtnur in den Maßen; der Rahmen muss vor allemnach Zeit und Ort dem Bilde entsprechen, ermuss in den Profilen, Verhältnissen, in Farbe,Gold und Ton zu dem Gemälde stimmen, esrichtig abschließen und seine Wirkung nochheben". Bodes Ziel war es, für die GemäldeRahmen zu finden, wie sie der Künstler entwor-fen hätte oder gedacht haben würde, musstejedoch resignierend feststellen, dass er diesesanspruchsvolle Ziel nie erreichen würde. Aberauch viele Gemälde der Dresdner Galerie erhiel-ten ihren typischen Dresdner Rahmen undnicht zuletzt die Kaiserliche Gemäldegalerie imOberen Belvedere zeichnete sich durch Einheits-rahmen aus. Erst im späten 19. Jahrhundert, beider Übersiedlung der Gemälde in das NeueHaus am Ring wurden wieder viele Stil-Rahmen,die jetzt die Bilder des Museums zieren, ange-schafft. Auch heute noch werden häufig Origi-nalrahmen, die der Künstler für sein Bild anfer-tigen ließ und die er genau auf das Kunstwerkabstimmte, vor allem im Handel durch neueersetzt, die der Ästhetik des Kunden entspre-chen, wodurch aber die ursprüngliche Einheitvon Bild und Rahmen verloren geht.

Michelangelo, ToterChristus, um 1530-1535(Albertina Wien, Inv.-Nr.: 103)(links)

Rembrandt, Sitzendejunge Frau, ihr Kind aufden Knien, ca. 1635 (Albertina Wien, Inv.-Nr.: 17555) (rechts)

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Das optimale Gebäudeklima für Museen und Denkmalpflege

Heizen etwa durch die Niedertemperatur-Sockelheizleiste vor der Wand, oder 2 Tempe-rierrohre in der Wand, oder die selten ange-wandte Vorsatzschale, war technisch einfachund zugleich wirksam für die Entwicklungkonstanten Museumsklimas. Die Hüllflächen-temperierung stand daher auch 1989/90 imKunsthistorischen Museum zur Diskussion, im Hinblick auf die Klimasanierung in der Ge-mäldegalerie, zumal hier höchstes Interesse aneiner konservatorisch hochwertigen Klimati-sierung bestand. Allerdings wurde 1992 dieZweikammer-Vorsatzschale zur Temperierungder kondensat-gefährdeten Außenwände nichtrealisiert, wohl aber wurden die Gemälde alsFolge der Klimadiskussion auf Distanz gehängt,was zur Vermeidung von Kapillarkondensationan den Gemälden (Kalte-Wand-Problematik)beiträgt, die Thermik im Raum aber nichtunterbindet.

Die erste Museumssanierung nach derneuen Methode in Niederösterreich wurde inPurgstall an der Erlauf realisiert. Andere Pro-jekte und Realisierungen folgten, doch hörte dieDiskussion um die Grundlagenforschung unddie Energieeinsparung nicht auf. So wurde dasEU- Klima-Forschungsprojekt „Prevent“ vonÖsterreich initiiert, das mit Partnern in Deutsch-land, Schweden, Slowenien und Österreich zwi-schen 1995-2004 jene erforderliche Grundlagen-forschung geleistet hat, deren Ergebnisse nunals Handbuch „Klima in Museen und histori-schen Gebäuden – Die Temperierung“ vorliegen.

Mit diesem neuen Denk- und Praxisansatzist bewiesen, dass 1) der Problemkreis falschen Heizens und Staub-umwälzung ausschaltbar und ersetzbar ist und 2) der Problemkreis Kondensation und Schimmeldauerhaft unterbunden werden kann!

„Das Klima im Museum ist für das zu erhalten-de Kulturgut und das Gebäude dann optimal,wenn die konservatorischen Eckwerte eingehal-ten und ein homogenes, konstantes Gebäude-klima entwickelt werden kann, wenn der Klima-verlauf konstant entlang der mittleren Tages-,Monats- und Jahrestemperatur gleitet und diegefürchteten Begleiterscheinungen wie technik-bedingte Kurzzeitschwankungen und die Ge-sundheitsbelastung der Atemluft durch krank-heitserregende Partikel unterbleiben“.

Es ist wahr, daß die bisherige konventio-nelle Heizungs- und Klimatechnik in denMuseen immer wieder die gleichen Mängel wieKurzzeitschwankungen, Unter- oder Überschrei-tung der konservatorischen Grenzwerte von18°C und 45% RF im Winter und 24° und60% RF im Sommer, Konvektion und Staub-umwälzung, Kondensation und Schimmelbefallproduziert. Dadurch kam und kommt es zu denvon Restauratorinnen und Restauratoren einge-mahnten Schäden an Museumsobjekten: Farb-hochstellungen, Deformationen, Risse, Ver-staubung, Insekten und Schimmelbefall. Dieunreflektierte Klimapraxis ist also nicht nurschädlich, sondern auch teuer, was Folgekostenund den Energieverbrauch betrifft.

So ist die eingangs formulierte konservato-risch-hygienische Forderung an das Museums-klima keineswegs überzogen, vielmehr fußt sieauf Forschung und Entwicklung, mit der vor 30 Jahren eine Trendumkehr in der Klimatisie-rungspraxis begann. Als die Versuche derMuseumsberatungsstelle für die NichtstaatlichenMuseen in Bayern gelungen waren, Wärmeanalog dem römischen Hypocaustum und inverschiedenen Varianten an den Gebäudehüll-flächen der Wände anzubieten, verschwandendie Folgen falschen Heizens. Temperieren statt

Maria Ranacher

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überschritten werden. Die Temperatur soll imJahresgang innerhalb der mittleren Monats-temperatur zwischen 18°C im Winter und max.24°C im Sommer gleiten. Die Klimaentwicklungmuß kurzzeitschwankungsfrei, konstant undhomogen sein. Mikroklima und Makroklimasollten harmonisch aufeinander abgestimmtsein, damit es nicht zu Kondensation, Luftzugund Konvektion kommt. Prinzipielle Voraus-setzung ist die isotherme Gebäudehülle, d. h.die thermisch stabilisierte, temperierte Bauhülle.

2) Kondensatfreiheit und Bioresistenz - nur dietrockene Bauhülle ist bioresistent

Bioresistenz: Laut neuen polarographischenForschungen ist die Widerstandsfähigkeit gegenBefall und Wachstum von Schimmelpilzen undBakterien von der elektrischen Ladung vonBausubstanz, Wandausstattung oder Objektabhängig. Nur trockene Bausubstanz ist positivgeladen und hat daher eine gute Bioresistenz.Kältere Bauflächen im Gebäude sind immer einProblem, weil hier permanent wärmere Luftabkühlt und kondensiert. Holzobjekte auf kaltemSteinboden oder Gemälde an kalten Wändenbleiben durch Kondensation und Schimmelpilz-sporen gefährdet (Kalte-Wand-Problematik).Die trockene und kondensatfreie Bauhülle istund bleibt der beste Schutz vor Besiedelungdurch Mikroorganismen, weil z. B. Schimmel-sporen unter 55 % relativer Feuchte inaktivbleiben und sich nicht vermehren.

3) Wärme- und Wasserdampfspeicherkapazität der Bauhülle - entscheidend für das Museumsklima

Museumsbau und Ausstattung sollen über einegute Wärme- und Feuchtespeicherfähigkeit ver-fügen. Am besten geeignet sind keramischeZiegel, weil Ziegelbauten gegenüber Beton eine20-fach höhere Kapillarität haben und daher beiKlimaänderungen (z. B. Wetterumschwung) mithoher Kapazität reagieren können. Ein Ziegel-bau kann bekanntlich im Sommer kühlen undim Winter wärmen. Der Wert von Ziegelbauten

3) fördert die Strahlungswärme der temperiertenBauhülle die Gesundheit und es ist entscheidend,dass die Atemluft als Heizmedium missbrauchtund belastet wird. Die bauteilgebundene Tempe-rierung an den Außenwänden dient zugleich alsGebäudeheizung. 4) gelingt das Trockenlegen und die Trocken-haltung feuchter Mauern effizient. So zumBeispiel wurde der Mauerverfall im Lapidariumder extrem feuchten Karthause Mauerbachgestoppt und die Salzflecken, die jede feuchteMauer verraten, sind verschwunden. Aus Anlassder Hochwässer ist zu betonen, daß die thermi-sche Methode die Trocknung der überflutetenGebäude schneller vor sich geht, weil die tem-perierte Sockelgeschoßzone Wasser verdrängtund Folgeschäden vorbaut (Regensburg, Salz-stadel). 5) bringt die Temperierung einen Energie-Ein-sparungseffekt von 29 %! Anhand zweierPavillons gleicher Bauart und gleicher Situationin Schloss Salsta, Schweden gelang der ein-drucksvolle Vergleich zwischen konventionellerBeheizung und Temperierung. Die Jahresenergie-menge des konventionell beheizten Gebäudesbetrug genau 20 188 Kilowattstunden (kWh),das temperierte Gebäude kam auf genau 14 326kWh. Womit auch die vorteilhafte Energie-bilanz der Temperierung bewiesen ist!

Vorgaben zum optimalen MuseumsklimaIm Gegensatz zu den für das ganze Jahr postu-lierten „Idealklimawerten“ von 21°C und 50 %RF im 20. Jahrhundert bezieht die neue Klima-tisierungstheorie das saisonale Gleiten desMuseumsklimas entlang der mittleren Monats-temperatur sowie folgende bauphysikalische,hygienische und gesundheitliche Aspekte mit ein.

1) Grenzwerte/Eckdaten und Klimaverlauf

Das „optimale Museumsklima“ geht von denkonservatorischen Eckwerten 45 % - 60 % rela-tive Feuchtigkeit im Winter, d. h. 45 % RF darf,soll es nicht zu Schäden kommen, nicht unter-schritten werden, im Sommer darf der Eckwertvon 60 % RF wegen der Schimmelgefahr nicht

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für Gesundheit und Wohlbefinden ist aus biolo-gischen und bauphysikalischen Gründen nichthoch genug einzuschätzen: Ziegel geben diegespeicherte Wärme als Strahlungswärme - bio-logisch gesehen die gesündeste Wärme - wiederab und unterstützen mit ihrer Speicherkapazitätdas Nachführen von Wärme an der Wand. Fehlt entsprechendes Ziegelmaterial in der Bau-hülle, so muß das Speicherdefizit im Innerenmit klimaspeicherndem Material (Holz, geeig-neten Textilfasern) als Unterstützung für dasRaumklima kompensiert werden. Das leider oftverwendete Glasfasermaterial ist nicht nurgesundheitsschädlich, es ist auch konservato-risch nicht geeignet, weil Glasfasern Wärmeund Feuchtigkeit nicht speichern können.

4) Thermostabilität - die temperierte Bauhülle als Voraussetzung für ein homogenes Klima

Die Umsetzung der Forderung einer homoge-nen Temperatur- und Wasserdampfverteilungund das Halten der kondensatfreien Bauhülleüber die Sommerzeit hinaus, kann nur durchdas Nachführen von Wärme über die Temper-ierung der Gebäudehüllflächen erreicht werden.Wenn wir nicht von der Idee isothermer Ver-hältnisse im Gebäude, als wichtigster Prämissefür ein homogenes Klima ausgehen, dann kön-nen selbst die genauesten Klimavorgaben nichterfüllt werden. Denn erst mit der kondensat-freien, temperierten Bauhülle sind die Grund-voraussetzungen für eine stabile und homogeneKlimaentwicklung geschaffen. Bei stark durch-feuchteten und salzgeschädigten Erdgeschoß-zonen ist die thermische Bausanierung zurTrockenlegung und zur Trockenhaltung sehr gutgeeignet, weil Wasser verdrängt wird und dieSalzwanderung zum Stillstand kommt. Tempe-rierte, dem Hochwasser exponierte Bautenhaben geringere Schäden und trocknen vielschneller ab (Salzstadel von Regensburg).

5) Gesundheit durch reine Atemluft – Luftreinheit, Luftreinigung von Staub und biologischen Partikeln

Bei gleichen Oberflächentemperaturen an derGebäudehülle und Innen gibt es keine Luft-bewegung oder Staubumwälzung. Die Atemluftbleibt daher unangetastet! Zur Schimmelver-meidung ist die Einhaltung des oberen Klima-Grenzwertes von 60 % relativer Feuchte wich-tig. Statt Kondensation ist die trockene, kon-densatfreie Bauhülle der beste Schutz vor Be-siedelung und Wachstum von Schimmelsporen.Gesundheitsgefährdende Partikel wie Allergenemüssen zu 99 % mittels Hepa - Filtern aus derAtemluft ausgefiltert werden. Reine Luft ist fürdie Risikogruppe der Schimmelpilz-Allergiker,Kinder und werdende Mütter gesundheitsent-scheidend, aber auch für Mitarbeiter undBesucher eine Wohltat.

Realisierte BeispieleIn Europa gibt es zahlreiche Beispiele konserva-torisch einwandfrei gerüsteter Museen undDepots. Allein in Österreich zählen das neueMuseum Carolino Augusteum in Salzburg, dasGemälde- und Textildepot des KunsthistorischenMuseums und die ebenerdigen Schauräume inSchloss Schönbrunn zu den Vorzeigeobjekten.Eine Zahl, die Gott sei Dank im Steigen ist.

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Inventarisation und Dokumentation alsBasis der Museumsarbeit

Sàrolta Schredl Die Inventarisation, die Erfassung aller Objekteeiner Sammlung und deren wissenschaftlicheBearbeitung ist Grundlagenarbeit. Als Sammel-becken aller Informationen zu einem einzelnenObjekt bietet das Inventar die Grundlage fürOrdnungs-, Dokumentations- und Präsentati-onskonzepte. Es stellt die grundlegende Voraus-setzung für die Erstellung von Bestandskatalog-en und Museumsführern dar und dient somitdem Festhalten und der Weitergabe von Kennt-nissen. Darüber hinaus gibt das Inventar Aus-kunft über die materielle Beschaffenheit undden Erhaltungszustand des Sammelgutes.Konservatorische und restauratorische Maß-nahmen spiegeln sich in den Inventaren wieder.Aber auch in organisatorischen und verwaltungs-technischen Belangen ist ein bestehendesInventar unabdingbar, da es neben dem Ein-gangsbuch, das der interne Nachweis desSammelbestandes ist, alle Angaben zur Stand-ortbestimmung, sowie befristete Änderungen imRahmen des Leihverkehrs des Ausstellungs-wesens aufzeigt. Im Bereich der Sicherheit istdas Inventar unabdingbares Hilfsmittel im Fallevon Verlusten und Ausgangspunkt für die Fest-stellung von Schäden.

Die konkrete Arbeit zur Fixierung vonInformationen über die einzelnen Sammel-objekte in Form eines Inventars setzt ein inhalt-liches Konzept voraus: Welche Daten sollenwofür festgehalten werden? Die Zielsetzungenkönnen unterschiedlich sein. In musealenInstitutionen handelt es sich primär um dieNutzbarmachung der Sammelobjekte im Sinneder klassischen museumsspezifischen Aufgaben-stellungen, dem „Sammeln“, dem „Vermitteln“und dem „Erforschen“.

Angesichts der Tatsache, dass es inNiederösterreich derzeit rund 700 öffentlich

zugängliche Museen und Sammlungen miteinem geschätzten Bestand von mindestens 10Millionen Objekten gibt wird klar, dass es sichbei der Aufgabe der Inventarisation dieser Füllevon Zeugnissen um ein Jahrhundertwerk han-delt. Darüber hinaus ist die Inventarisation beiSammlungen, ebenso wie die Sammeltätigkeit,nie abgeschlossen, sondern bleibt entsprechenddem Zuwachs der Bestände und unter Berück-sichtigung neuer wissenschaftlicher Erkennt-nisse eine der ständigen Pflichten der Museenbzw. des Sammlers.

Speziell das Land Niederösterreich legtgroßen Wert auf die wissenschaftliche Erfassungder musealen Sammlungsbestände des Landes.Seit Beginn der 90er Jahre setzte Dr. AndreasKusternig Maßstäbe zu einer systematischenEDV gestützten Inventarisierung, die eine qua-lifizierte Erfassung der Museumsbestände zumZiele hatte. Seit 1998/99 wird die Betreuungder Regionalmuseen und ihrer Sammlungen imLand Niederösterreich von der VolkskulturNiederösterreich Betriebs GesmbH. wahrgenommen und von Frau Mag. Ulrike Vitovecbetreut. Die Geschäftsführung liegt in denHänden von Dorothea Draxler und Dr. EdgarNiemeczek.

Neben der Wartung eines Museumsver-zeichnisses im Internet (www.noemuseen.at),einer Museumsdatenbank und eines Archivs,sowie die verwaltungstechnische Abwicklungder Museumsförderung des Landes, bildet dieBeratungstätigkeit für eine Inventarisierungmittels EDV einen weiteren Aufgabenschwer-punkt. Das von Joanneum Research in Grazentwickelte Programm IMDAS-Pro zählt in-zwischen zu den häufigsten verwendetenProgrammen in den NiederösterreichischenMuseen. Der 9. Niederöstereichische

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und eine wissenschaftliche Kurzerfassung. DieseArt der Inventarisation dient als Basis für einespätere ausführlichere Erfassung. Sie bietet denVorteil, dass innerhalb relativ kurzer Zeit derMuseumsbestand in seinen Kerndaten greifbarist. Ein EDVgestütztes Inventar ermöglicht nundas schnelle Abfragen der Bestände nach allenmöglichen Gesichtspunkten (z. B. Standort-bestimmung, Nachweis des rechtmäßigenEigentums). Die Daten werden nur einmalerhoben und stehen dann für diverse Operati-onen zur Verfügung. Die Digitalisierungsiniti-ative wurde in mehreren Etappen, nach ver-schiedenen Objektgruppen, durchgeführt.Parallel zu diesen Bestrebungen erfolgte dieAufarbeitung der Sammlungsgeschichte. DieDepoträume wurden zum Teil verlagert. EinGroßteil der Sammlungen ist nun konservato-risch einwandfrei im neu adaptierten Depot (u. a.auf beweglichen Zugregalen mit einem vomMuseum erstellten Anforderungsprofil) imKellergeschoß des Stadtmuseums untergebracht.Zurzeit werden die restlichen Etappen derInventarisierung durchgeführt. Eine solcheInventarisation ist ein Beweis dafür, dass derMuseumsträger, die Stadtgemeinde Klosterneu-burg, seine Verantwortung für die Erhaltungder Bestände, die über ihren kulturgeschichtli-chen Dokumentationswert hinaus auch einenzu bewahrenden materiellen Wert darstellen, inangemessener Weise wahrnimmt.

Werden die Sammelbestände der Regional-museen, unter professioneller Anleitung, seitJahren aufgearbeitet und inventarisiert, so sinddiejenigen der Stifte und Klöster Niederöster-reichs von diesem Leitziel mitunter noch weitentfernt (wie etwa die Sammelbestände desNeuklosters in Wiener Neustadt oder dieSammlungen des Stiftes Lilienfeld).

Die schlichte Form des Eingangsbuches,das lediglich chronologisch den Zugang oderden Abgang von Objekten in der Sammlungnachweist, ist im Neukloster in Wr. Neustadtvertreten. Entsprechend der kulturellen Bedeu-tungsperspektive des historischen Werdegangsdes Neuklosters ist auch der Stellenwert derKunstsammlung zu bewerten, die sowohl hoch-

Museumstag, der am 28. März 2004 in Hornstattfand, befasste sich mit der Thematik desInventarisierens von Sammelbeständen (EDV-Inventarisierung in den Regionalmuseen).

Eine wesentliche Aufgabe der Museen istes, die vorhandene Sammlung zu bewahren undmöglichst ungeschmälert und schadensfreikünftigen Generationen zu überliefern.

Als Beispiel für eine fachgerechte und vor-bildlich durchgeführte Inventarisierung desbeweglichen kulturellen Erbes (z. B. des Graphik-bestandes) sei das Inventarisierungsprojekt desStadtmuseums Klosterneuburg angeführt. DasZiel des Projektes war die vollständige Inventa-risierung der Sammelbestände, der Weg von derkonventionellen Inventarisierung mittels Kartei-karten bis zur Verwendung eines EDV-Inventa-risierungsprogrammes (IMDAS-Pro), das auchdie Einbindung einer Bilddokumentation bein-haltet. Die Aufarbeitung der Sammlung ergabdie wechselbezügliche Wirkung zwischen Inven-tarisation und der Geschichte des Sammelns.Ausgehend von der Objektbezeichnung mit ent-sprechender Inventarnummer (Identifikation)erfolgten die Grunddatenerfassung (u. a. Datenwie Material und Technik, Maßangaben, Datie-rung und Herstellungsort, Erwerbungsart etc.)

Klosterneuburg,Stadtmuseum, Depot

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einer strukturierenden Gruppierung des Materi-als der umfangreichen, kulturhistorisch vielfälti-gen Sammlungen zu schaffen. Die Sammelbe-stände des Neuklosters z. B. verstehen sich alsParallelen zur Geschichte des Sammelnsschlechthin, in der die eher universalistischangelegten Sammlungen wie die ehemaligen„Kunst- und Wunderkammern“ als Mikrokos-men entstanden.

Zukünftiges Ziel wäre eine von der histori-schen Form der Sammlungsverzeichnisse ausge-hende, konsequent durchgeführte Inventarisie-rung des beweglichen Kulturgutes mit Hilfe vonneuen Informations- und Kommunikations-technologien.

rangige Kunstwerke als auch „Curiosa“ imSinne einer „Kunst- und Wunderkammer“, wiesie seit der frühen Neuzeit traditionell gewordensind, birgt. Es kommt jedoch nicht nur dielokalhistorische Komponente deutlich zumTragen – es finden sich sogar einzelne Bildwerke,die noch von der früheren Widmung als Domi-nikanerklosterkirche zeugen, wie beispielsweisedie hochrangige Steinskulptur einer weiblichenHeiligen aus der Erbauungszeit der Kloster-kirche um 1300 (!) – sondern vor allem auchder Wandel in der Tendenz von musealerTätigkeit. Als Äquivalent zur vollkommen er-haltenen spätbarocken Bibliothek mit Beständenvom beginnenden Spätmittelalter bis zur Auf-klärung stehen die seit der Übernahme durchHeiligenkreuz als Musealbestände erworbeneBuchmalereien aus der Spätphase der altnieder-ländischen Schule (Hennegau). Von überregio-nalem Interesse ist ein hochgotisches Elfenbein-Relief und ein Hans Holbein dem Älteren zuge-schriebenes Tafelbild mit Stifterdarstellungen.

Das Bemühen der Museumsabteilung imBundesdenkmalamt um eine fachgerecht durch-geführte Inventarisierung und Dokumentationder Sammlungen geht auf das Jahr 2001 zurück.Prinzipiell geht es um die Sicherstellung derOriginalsubstanz:

Ein zeitgenössisches Inventar hätte hiernicht nur den Charakter eines Bestandsverzeich-nisses, sondern bedingte auch die Erfassung dernach den jeweiligen Gattungen gesondertenBestände, im Sinne einer geordneten Übersicht.Im genannten Fall wäre damit die Grundlage zu

Perchtoldsdorf,Hugo Wolf Museum

Wiener Neustadt,Neukloster

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Grafenstein, Schlachtenbilder von AugustQuerfurt … Schon zwei Jahre vorher wurde derZwölf-Monate-Zyklus des italienischen Barock-malers Bassano erworben und im Jahre 1761nach den Notata privata von P. Joseph Schau-kegl die „Graf Fuegerische Bildergallerie per1050 Gulden ex commissione D. D. Abbatiserkaufet“, darunter viele wertvolle Italiener: einBild, das Michelangelo zugeschrieben wurde,vor allem die vier Gemälde AlessandroMagnascos, die sich bei der Ausstellung inseiner Heimatstadt Genua 1949 als dessenHauptwerke und gewiss auch als die wertvollstenBilder der Seitenstettner Gemäldegalerie erwie-sen haben. Alle aus diesen Nachlässen ersteiger-ten Bilder sind schriftlich fein säuberlich sogarmit Angaben der erzielten Preise angegeben,aber fast ausschließlich ohne Nennung derKünstlernamen, nur nach der Themenbehand-lung bezeichnet, z. B. zwei der Magnasco-Bilderals „Zwey Capuciner Stückl“, wodurch die Zu-weisung nicht in allen Fällen zweifelsfrei gesche-hen kann. Diese vielen Bilder hat Abt DominikGussmann – wohl nach Beratung und Empfehl-ung P. Joseph Schaukegls, der 1752/53 in Wienprivate Kunststudien betrieben, die Pläne fürden Meierhofbau, aber auch für die Einrichtungdes Mineralienkabinetts und der Kunstkammergeschaffen hat – angekauft. Dazu kamen Werkeder in der Stiftskirche, im Klostergebäude undauf dem Sonntagberg tätigen Künstler undmancher ihrer Zeitgenossen, wie ChristophMatthäus Degenhardt, Wolf Nikolaus Turmannund Johann Carl von Reselfeldt sowie DanielGran, Paul Troger, Martino und BartolomeoAltomonte, vor allem aber zahlreiche GemäldeMartin Johann Schmidts aus all seinenSchaffensperioden. Der kunstsinnige AbtDominik und sein hochbegabter Berater P. JosephSchaukegl investierten die in diesen Jahrenreichlichen Einkünfte aus den Kupferbergbau-und Verarbeitungsbetrieben in Radmer undReichraming in den Ankauf von Büchern,wissenschaftlichen Geräten und Kunstwerken.

Als daher 1819 Abt Kolumban Zehetner,unterstützt vom Wiener Maler Kilian Herrlein,die Bildergalerie in acht Räumen über der

Die Stiftsgalerie Seitenstetten, die umfangreich-ste unter den Klostergalerien Österreichs, istmit ihren Gemälden, Zeichnungen, Radierungenund Kupferstichen, Plastiken und liturgischenGeräten wohl der kostbarste Schatz, den dasStift Seitenstetten behütet, betreut und plan-mäßig erweitert. Die früher auf drei Räumebeschränkte Galerie präsentiert ihre Schätze seit1998 auf einer Fläche von ca. 3500 m2 in Teilendes ersten und zweiten Stockwerks im West-und Nordtrakt des Stiftes.

Schon im Jahrhundert vor der offiziellenGründung der Galerie unter Abt KolumbanZehetner im Jahre 1819 wurden Bilder gesam-melt. Gewiss wurden zunächst Gemälde inAuftrag gegeben, um Festsäle auszuschmückenbzw. deren Bedeutung durch entsprechendeBildthematik zu prägen. So schuf MartinJohann Schmidt die Ölbilder für das Gäste-speisezimmer (den heutigen Maturasaal) in denfünfziger und für das Sommerrefektorium inden sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts alsgeschlossene Zyklen. Auch die Bilderfolge des„Verlorenen Sohnes“ sowie die Gemälde „Jesusund Nikodemus“ und „Der zwölfjährige Jesusim Tempel“ (1735) von Paul Troger waren wohlursprünglich für die Ausstattung des Promul-gationssaals vorgesehen, bevor sie, da der Saalzunächst nicht gebraucht und daher nicht fertiggestellt wurde, als Kernstücke einer Gemälde-galerie reserviert wurden.

Nicht nur zum Ausschmücken der vielenRäume des Stiftes, sondern gewiss auch imHinblick auf die spätere Einrichtung einerGemäldegalerie wurden am 22. April 1758 dieBilder der Freifrau von Ruessenstein um 500Gulden angekauft, darunter Jagdstücke, Still-leben, unter anderen manche von Werner Tamm,Landschaften des Malers Hans Graf, genannt

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Die Stiftsgalerie Seitenstetten

Martin Mayrhofer

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Martin Johann Schmidt (gen. KremserSchmidt), „Christi Urlaub“, Öl aufWeißblech (38 x 29,5 cm), 1770

Edda Wotawa, „Sitzende“, Öl aufLeinwand (125,3 x 100,5 cm), 1993

Als im Jahre 1931 in den Räumen oberhalb derWinterabtei des Juvenat eingerichtet wurde,wanderte die Bildergalerie in drei Räume desGästetraktes, wo naturgemäß nur mehr ein rela-tiv kleiner Teil der Bilder ausgestellt werdenkonnte, allerdings die bedeutendsten Werke derspäten Gotik bis zu denen der Barock-Zeit. DerGroßteil der Bilder lagerte im Depot.

Der erste Akt zur Neugestaltung der Galeriewar im Jahre 1985 die Schaffung eines neuenDepotraumes mit Klimatisierung und Alarm-sicherung, das neue Zuhause der heutigenStudiensammlung. Als zweiter Akt darf die Er-weiterung der Bildergalerie durch die Abteilungder "Alten Meister" (1989) auf den gesamtenehemaligen Gästetrakt (zwischen Promulgations-saal und Abteistiege) angesehen werden.Schließlich wurde 1997/98 in Räumlichkeitendes 2. Stockwerks die Abteilung „Kunst von derAntike bis zur Gegenwart“ eröffnet. Aus demAusstellungsprogramm: repräsentative antikeAusgrabungsgegenstände aus Mauer beiAmstetten, eine gotische Altarrückwand inornamentaler Gestaltung mit dazugehörigenTafeln, Christusdarstellungen, Architekturmalerei,Stillleben und Landschaften, Genrebilder undSchlachtendarstellungen (z. B. MatthäusKhobaldts „Wiener Türkenbelagerung“). – Werke von Künstlern dreier Jahrhunderte,einige seien genannt: Honoré Daumier, JakobEs, Peter Fendi, Melchior Fritsch, Josef Führich,Philipp Ferdinand und Johann HeinrichHamilton, Johann Jakob Hartmann, KätheKollwitz, Alfred Kubin, Leopold Kuppelwieser,August Anton Querfurt, Joachim Sandrart,Franz Schmid, Julius Schnorr von Carolsfeld,August Anton Stern, Franz Werner Tamm,Hans Thoma, Ottavio Vaninni.

In sieben Räumen werden Werke zeit-genössischer Künstler gezeigt, von denen vielein Seitenstetten unter dem Leitgedanken „Wegezum Kunstwerk“ in den neunziger Jahren ausge-stellt haben.

Winterabtei einrichtete und offiziell eröffnete,braucht er kaum neue Gemälde zu erwerben,sondern lediglich zusammenzutragen, was imHause verstreut war. Er tat dies gewiss ausRepräsentationsgründen, einem Bedürfnis derZeit folgend, als „im Geiste der Romantik eineerste Welle von Besichtigungsreisenden überunser Land“ schwappte (P. Benedikt Wagner,Stift Seitenstetten und seine Kunstschätze, St.Pölten-Wien 1988, S. 105), vor allem aber ausdidaktischen Erwägungen, um nach der Gründ-ung des Gymnasiums (1814) eine Sammlungwertvoller Lehrstücke für Schulzwecke zu haben.Viele Patres haben sich im folgenden Jahrhun-dert kunsthistorisch durch Anlegen von Kata-logen, oft auch zugleich durch eigene künstleri-sche Arbeiten verdient gemacht; genannt seienP. Paulus von Rath, der später Kustos derMetternichschen Sammlungen war, P. ThaddäusRudolf, P. Ulrich Allmayr, P. Otto Fehringerund P. Benedikt Wagner, aber auch die kunst-ausübenden Patres Engelbert Huber, KonradSandböck, Urban Putz, Ludwig Debois, AntonUnterhofer und Martin Mayrhofer. Ihre schöp-ferischen Arbeiten sind ebenfalls in der Galeriedokumentiert.

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Klosterneuburg,Sammlung Essl, Großer Saal mit Werkenvon Gilbert & George

Die „Sammlung Essl“ in Klosterneuburg

Innerhalb weniger Jahrzehnte haben Agnes undKarlheinz Essl eine in ganz Österreich einzig-artige Sammlung zeitgenössischer bildenderKunst geschaffen. Mit ihren derzeit über 5.000Werken ermöglicht die Kollektion höchst infor-mative Orientierungen hinsichtlich des Kunst-geschehens in der zweiten Hälfte des 20. und zuBeginn des 21. Jahrhunderts. Seit den 90erJahren des vergangenen Saeculums ist die ur-sprünglich Österreich-orientierte Sammlungs-tätigkeit betont international ausgerichtet undverfolgt eine beachtlich große Bandbreite.

Als einige der wesentlichsten Schwerpunkteder nunmehrigen Essl-Stiftung können „Infor-mel“, „Wiener Aktionismus“, realistischeTendenzen der 70er sowie die „Neue Malerei“der 80er Jahre gelten. Ebenso wird der schwieri-gen Herausforderung Rechnung getragen, denStil- und Medien-Pluralismus der Gegenwart inHauptbeispielen zu präsentieren. Besondersattraktiv ist der nirgendwo sonst mit annäherndvergleichbarer Konsequenz unternommeneVersuch, die österreichische Malerei seit 1945als Herzstück der Sammlung ausführlich zudokumentieren und in internationale Kontexteeinzufügen.

Die Vielfalt an Werken und Künstlernamen istbeeindruckend und reicht unter anderem vonGeorg Baselitz, Günter Brus, Valie Export, SamFrancis über Maria Lassnig, Markus Lüpertz biszu Hermann Nitsch, Arnulf Rainer und AntoniTàpies. Weiter setzen Arbeiten von SiegfriedAnzinger, Per Kirkeby, Peter Kogler, ElkeKrystufek, Gerhard Richter und Sean Scullymarkante Akzente. Schließlich wird die Samm-lung seit einigen Jahren durch Fotografie, Videound Skulptur erweitert, wofür beispielsweiseWerke von Jannis Kounellis, Shirin Neshat,Nam June Paik, Cindy Sherman und FranzWest zu nennen sind.

Das von Architekt Heinz Tesar entworfeneprivate Kunsthaus „Samlung Essl“ wurde imNovember 1999 eröffnet und umfasst 3.200 m2

Ausstellungsfläche, ein Atelier für Workshops,ein Café mit Terrasse, Bookshop, Bibliotheksowie Depots im Ausmaß von 2.500 m2.

Die Sammlungs- und Ausstellungsbesuchergelangen durch sieben Galerieräume in dieAusstellungshalle mit Rotunde und in den„Großen Saal“ im zweiten Geschoss. Tageslichtdurchflutet über zentrale Oberlichten Glas-wände hin zum begrünten Innenhof und mittelsbreiter Fensterbänder die einladend erscheinen-den und sehr vielfältig verwendbaren hellenRäumlichkeiten. Das Kunsthaus verbindetgroßzügige Konzeption mit angenehmer, gerade-zu intimer Atmosphäre und bietet überraschendungewohnte Werk- und Architekturperspektivensowie grandiose Ausblicke auf das AugustinerChorherrenstift und die liebenswürdige Kloster-neuburger Landschaft.

Permanente Präsentationen und jährlichmehrmals wechselnde Sonderausstellungenergänzen einander im Sinne von Synergien. Dietemporären Expositionen entwickeln sich einer-

Werner Kitlitschka

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seits aus den Inhalten der bereits vorhandenenBestände, andererseits ist hierfür die ständigedynamische Sammeltätigkeit von Karlheinz undAgnes Essl ein wesentlicher Impulsgeber. Immerwieder werden Gastkuratoren oder einzelneKünstler zur Entwicklung spezifischer Ausstel-lungskonzepte und Projekte eingeladen. ImRahmen der Reihe „Emerging Artists“ werdenregelmäßig in den Depots innovative Aussagenaus allen Medien der bildenden Kunst zurDiskussion gestellt. Das Depot fungiert hierbeials Projektraum für ambitionierte, junge undexperimentelle Kunst. Der Komponist KarlheinzEssl, ein Sohn des Sammlerpaares, etablierte imKunsthaus das inzwischen international angese-hene und in Österreich einzigartige „Forumneuer Musik“.

Abwechslungsreiche gehaltvolle Veranstalt-ungs- und Kunstvermittlungs-Programme inGestalt von Führungen, Kunstgesprächen,Workshops und Konzerten sollen dazu beitragen,persönliche Brücken künstlerischer Erfahrungzu den Besucherinnen und Besuchern zu schlagen

und so immer wieder neue Menschen, vor allemauch Kinder, mit zeitgenössischer Kunst bekanntzu machen.

Der Förderung junger Künstlerinnen undKünstler in den Nachbarländern Kroatien,Slowenien, Slowakei, Tschechien und Ungarndient der neu geschaffene „Essl Award“, dessenerste künstlerische Früchte vom 10. November2005 bis zum 15. Jänner 2006 in Klosterneu-burg zu sehen sein werden. Zweifellos ist indieser Privatstiftung ein wesentlicher Beitragzum kulturellen Aufbau eines gemeinsamenEuropa zu sehen.

Sammlung Essl Kunst der GegenwartAn der Donau – Au 1, 3400 KlosterneuburgInformation:Tel. 0800 232 800 www.sammlung-essl.at Öffnungszeiten:Di – So 10.00 – 19.00 UhrMi 10.00 – 21.00 Uhr

19.00 – 21.00 Uhr freier Eintritt

Klosterneuburg,Sammlung Essl,Skulpturengarten mitSkulptur „Hare Bell onPortland Stone“ vonBarry Flanagan (links oben und unten)

Kinderführung in derGalerie (rechts oben)

Ausstellung HermannNitsch (rechts unten)

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Derzeit beschäftigt die Restaurierwerkstatt desNÖ Landesmuseums (welche nicht nur für dieGemälde- sondern auch für die Skulpturen-,Grafik-, Foto-, Textil-, Karikatur- und kunstge-werbliche Sammlung zuständig ist) eine akade-mische Restauratorin, der drei angelernte Hand-werker zur Seite stehen.

Die Kunstsammlung des Landes Nieder-österreich umfasst derzeit etwa 6.000 Gemälde.Mehr als ein Sechstel davon dienen gegenwärtigzur Raumausstattung. 860 Bilder können überdie Artothek in Krems, dem Kunstverleih desLandes Niederösterreich, entliehen werden.

Mit rund 180 Gemälden aus den eigenenBeständen, werden gegenwärtig die Ausstellungs-räume im NÖ Landesmuseum bespielt. Durch-schnittlich sind jährlich etwa 100 Gemälde imIn- und Ausland „auf Reisen“ (2003 – 79 Ge-mälde, 2004 – 112 Gemälde, 2005 bis August –86 Gemälde).

Die restlichen Bilder befinden sich in denDepots in Krems, Hainburg und St. Pölten.Jeder Ortswechsel eines Kunstwerkes ist mitgroßem Risiko verbunden und muss seitens derRestauratorIn gut vorbereitet und überwachtwerden. Daher nimmt die Ausstellungs- undLeihverkehrsbetreuung einen großen Teil derArbeit in Anspruch.

Ein weiterer Schwerpunkt der Gemälde-restaurierung des NÖ Landesmuseums liegt inder präventiven Restaurierung. Darunter ver-steht man unter anderem das Handling vonKunstwerken, sämtliche Fragen um die Sicher-heit der Kunstwerke, Schaffung idealer Licht-bedingungen in den Ausstellungsräumen,Schädlings- (IPM = Integrated Pest Manage-ment) und Klimaüberwachung der Depots undAusstellungsräume etc..

Besonders erwähnenswert ist in diesemZusammenhang auch die regelmäßige „Bilder-pflege“. Im Zuge von Ausstellungen undLeihwesen werden alle Gemälde auf IhrenZustand kontrolliert und fotografisch wie auchschriftlich dokumentiert. Je nach Bedarf müssendie Bilder abgestaubt, die Aufhängungen undHalterungen überprüft und ggf. erneuert wer-den. Dieser regelmäßige „Objekt-Check“ wird

Rund sechzig Jahre nach Gründung der Kunst-sammlung des Landes Niederösterreich, wurdeder akademische Restaurator Wirkl. HofratMag. Felix Pischinger für die Betreuung derKunstwerke aufgenommen. Sein Spezialgebietwar die Restaurierung von Gemälden undSkulpturen. Unter seiner Ägide wurden zahl-reiche Werke alter Meister aus der Kunstsamm-lung restauriert. Neben diesen Einzelrestaurie-rungen fielen auch konservatorische und restau-ratorische Arbeiten bei den NÖ Landesausstel-lungen , den Ausstellungen auf der Schallaburg,im NÖ Landesmuseum (Wien, Herrengasse 9)und den zahlreichen Außenstellen des Landes-museums in seinen Zuständigkeitsbereich.

Nach seiner Pensionierung war die Restau-rierwerkstatt, bis knapp vor Eröffnung des neuenNÖ Landesmuseums in St. Pölten, einige Jahrenur mit seinem langjährigen MitarbeiterFriedbert Herndlhofer besetzt.

Christa Scheiblauer

Die Gemälderestaurierung im NÖ Landesmuseum

St. Pölten, NÖ Landesmuseum, Zustandskontrolle einesGemäldes

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auch die räumliche Distanz der für die Kunst-sammlung tätigen Mitarbeiter, einen idealenAblauf der täglichen Zusammenarbeit. Infolge-dessen befindet sich gerade ein Kunstdepot fürdie gesamte Kunstsammlung des Landes Nieder-österreich in St. Pölten in Planung. Das Gebäudesoll für alle Mitarbeiter der „Bestandsfunktion“des NÖ Landesmuseums sowie für die 40.000Kunstwerke eine adäquate Unterbringung bieten.

seit einigen Jahren auch geblockt mit denBeständen in den Depots durchgeführt. Seitherkonnten mehr als 2.000 Gemälde überprüftund gepflegt werden. Natürlich findet diesepräventive Maßnahme in adäquater Form auchbei den anderen Kunstsammlungen statt. Bei-spielsweise werden Grafiken gereinigt, vonschädlichen „Tixos“ befreit und in säurefreieMaterialien umgebettet, usw..

Umfassende Einzelrestaurierungen anGemälden werden je nach Bedarf (vor allem imZuge von Ausstellungen) vorgenommen. Eskönnen etwa zehn bis zwanzig Bilder pro Jahrrestauriert werden. Diese Arbeiten erfolgengrößtenteils in Zusammenarbeit mit freiberuf-lichen RestauratorInnen.

Da die Kunstsammlung des Landes Nieder-österreich jährlich wächst (im Gemäldebereichum etwa 50 bis 200 Gemälde) müssen auch dieDepotflächen erweitert werden. Derzeit erschwertvor allem die örtliche Streuung der Depots, aber

St. Pölten, NÖ Landesmuseun,Verpacken einer Grafik

AUSGEWÄHLTE FACHLITERATUR ZUR GEMÄLDEKONSERVIERUNG

Restaurierte Gemälde, Ausst. Katalog,Kunsthistorisches Museum Wien1996, 26-33.

Friedrich Lucanus, Anleitung zurRestauration alter Oelgemälde …,Halberstadt 1828. KommentierteNeuausgabe von Cornelia Weyer(Bücherei des Restaurators, Band 2,hg. von Ulrich Schießl), Stuttgart1996

Knut Nicolaus, Handbuch derGemäldekonservierung, Köln 1998

Christian Koester, Ueber Restau-ration alter Oelgemälde, Heidelberg1827 und 1830, hg. und kommentiertvon Thomas Rudi (Bücherei des Res-taurators, Band 5, hg. von UlrichSchießl), Leipzig 2001

Alice Hoppe-Harnoncourt,Geschichte der Restaurierung an derk. k. Gemäldegalerie, I. Teil: 1772-1828, in: Jahrbuch des Kunsthistori-schen Museums Wien, NF.Band 2,Wien 2001, 135-208

Manfred Koller, Barocke Altarbilder in Mitteleuropa: Technik, Schäden,Konservierung. In: A. Adelmann, Der Altar des 18. Jahrhunderts. Das Kunstwerk in seiner Bedeutungund als denkmalpflegerische Aufgabe.München 1978. S. 173-222

Ulrich Schießl (Hg.), Beiträge zurKonservierung textiler Bildträger.Vortragstexte der zweiten Fach- undFortbildungstagung der FachklasseKonservierung und Restaurierung ander Kunstgewerbeschule der StadtBern, 25. und 26. April 1983

Reclams Handbuch der künstleri-schen Techniken, Band 1 (Farbe, Buch-malerei, Gemälde), Stuttgart 1984

Ernst Rupert Feuchtmüller, Der Kremser Schmidt (1718-1801),Innsbruck-Wien 1989.

Manfred Koller, Die Geschichte derRestaurierung in Österreich, in:Geschichte der Restaurierung inEuropa I, Worms 1991, S. 65-83

Paul Ackroyd, The structural conserva-tion of canvas paintings: changes in atti-tude and practice since the early 1970s,in: Reviews in Conservation Bd. 3,London (IIC) 2002, S. 3-14

Restaurierung und Zeitgeist(Konservieren Restaurieren, Band 19,hg. vom Österreichischen Restaurato-renverband), Wien 2003 (oerv@1011Wien, Postf.576)

Manfred Koller, Ulrike Knall (Hg.),Großgemälde auf textilen Bildträgern.In: Restauratorenblätter, hg. von derÖsterr. Sektion des InternationalInstitute for Conservation (IIC) Bd.24/25, 2004/05 (22 Fachbeiträge)

Manfred Koller, Die Restaurierwerk-stätten des Bundesdenkmalamtes imWiederaufbau 1946-1955, in: Öster-reichische Zeitschrift für Kunst undDenkmalpflege 4/2004

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BUCHBESPRECHUNG

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Werner Kitlitschka

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antwortung bei Entscheidung undAnwendung in jedem Einzelfall.

Folgende Gruppen sind bereitserschienen:Gruppe 1 FassadenGruppe 2 SteinGruppe 10 Holz und FassungGruppe 11 Theorie/Literatur

Die nach 1950 von den Amtswerk-stätten begonnenen Merkblätter zurFragen der Restaurierung in Theorieund Praxis erscheinen ab Jänner2001 in neuer Bearbeitung. Siedienen zur Information, Orientie-rung und Fortbildung aller alsEigentümer, Bauplaner, Restau-ratoren und Denkmalpfleger in derDenkmalpflegepraxis beteiligtenPersonen. Alle Angaben sind alsRichtlinien, aber nicht als Allgemein-rezepte zu verstehen und ersetzenkeinesfalls die fachliche Eigenver-

Folgende Gruppen sind inAusarbeitung bzw. Planung:Gruppe 3 WandmalereiGruppe 4 Putz/StuckGruppe 5 Glas, Keramik, EmailGruppe 6 MetallGruppe 7 Holz, MöbelGruppe 8 Textilien, LederGruppe 9 GemäldeGruppe 12 Vorbeugende Baupflege

Bestellungen können an die folgende Mail-Adresse gerichtet werden:[email protected]

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Im Rahmen der gesamten Innen-restaurierung der Pfarr- und Wall-fahrtskirche von Maria Taferl bildenu. a. auch die Altargemälde einenwichtigen Bereich. Es handelt sichdabei zum einen um Werke vonJohann Georg Schmidt (1694 –1765), dem sog. Wiener Schmidt,von dem die Gemälde an denChorbogenaltären stammen undzum anderen von Martin Johann

Schmidt (1718 – 1801), dem sog.Kremser Schmidt, der die beidenAltargemälde der Querschiffaltäreschuf. Da es sich jeweils um Gegen-stücke handelt und sie auch imZuge früherer und der jüngstdurchgeführten Restaurierungenals zusammengehörige Paare be-handelt wurden, soll hier auch dieRestaurierung beider KremserSchmidt–Gemälde vorgestelltwerden.

Die Ausführung der Quer-schiffaltäre wurde im Zuge derAusstattung der Wallfahrtskirchemehrmals zurückgestellt, bis sieschließlich Mitte der 70er-Jahredes 18. Jahrhunderts errichtetwurden. Zur Ausführung kamdabei nicht mehr der sehr an-spruchsvolle Entwurf JakobSchletterers aus dem Jahre 1754,sondern ein Entwurf, der vermut-lich vom Salzburger SteinmetzJakob Mössl stammt, denn er lie-ferte sowohl den Marmor und erbesorgte auch die Aufrichtung desAltares. Die plastischen Gruppenstammen von Johann GeorgDorfmeister aus Wien und die bei-den Altargemälde von MartinJohann Schmidt aus Stein/Donau.

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Johann Kronbichler

Die Restaurierung von zwei Altargemälden des Kremser Schmidt in der Pfarr- undWallfahrtskirche von Maria Taferl

Maria Taferl, Kreuzigung Christi von M. J. Schmidt, am rechten Querschiffaltar, 1775

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den ist, die Kreuzigung Christilinks unten mit Martin Joh. SchmidtP. A° 1775“ und das Josefi-Altar-bild in der Mitte unten mit „MartinJoan. Schmidt A° 1775.“

Wie in der Pfarrchronik fest-gehalten ist, sind an den beidenKremser Schmidt-Gemäldenbereits früher Restaurierungendurchgeführt worden, 1833 vomHistorienmaler Franz Scheyrer ausWien, 1868 von Rudolf Geylingaus Wien, 1909 vom akademischenMaler Josef Schürrer aus Waidhofena. d. Ybbs und schließlich noch1947 von Frau Gretl Konhäuszer,wobei hier noch vermerkt wird,dass dies vor Ort geschehen ist;gemeint ist damit wohl, dass siedamals gar nicht aus dem Altargenommen wurden.

Seither sind wieder mehr als50 Jahre vergangen und es bestanderneut die Notwendigkeit, Konser-vierungs- und Restaurierungsmaß-nahmen zu treffen. Das geschah inden Jahren 2004/05 aus gegebe-nem Anlass der Gesamtinnenreno-vierung, die sich bis zum Abschlussnoch über mehrere Jahresetappenerstrecken wird. Die Bilder warenvor allem stark verschmutzt, zeig-ten Veränderungen im Bereich derFirnisschicht, störend in Erschein-ung tretende alte Kittungen undpartielle Übermalungen. Dieswaren die Hauptgründe für dieneuerliche restauratorische Inter-vention, die in Händen von FrauRest. Mag. Alicja Dabrowska ausSitzenberg-Reidling lag. Die groß-formatigen Bilder (jeweils 550 x

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Maria Taferl, Hl. Familie von M. J. Schmidt, auf linkem Querschiffaltar,1775

300 cm) wurden aus dem Altargenommen und in das Ateliergebracht. Das ermöglichte nichtnur eine entsprechend gründlicheReinigung der Maloberfläche, son-dern auch der Rückseiten sowieeine Kontrolle der bestehendenDoublierung. Beide Bilder warenan den Rändern mit großen Nägelndurch die Malschicht an die Altar-rückseite genagelt. Für eine ent-sprechend gute Hinterlüftung istauf beiden Altären im oberenBereich eine Wandnische ausgebil-det, die eine Art Kaminfunktionhat und die Gemälde gegenFeuchtigkeit und Kälte schützt.Die alten, aber nicht originalenSpannrahmen mussten durch neueKeilrahmen ersetzt werden,während sich die alten zweifachenDoublierungen als stabil genugerwiesen und belassen werdenkonnten; notwendig war jedochdas Ansetzen von Spannrändern.Der alte vergilbte Firnis und dieÜbermalungen wurden mit chemi-schen Mitteln abgenommen. Beibeiden Altargemälden konnte dieursprüngliche Transparenz undTiefenwirkung der von Natur ausdunkel gehaltenen Malerei KremserSchmidts wieder hergestellt werden.

Am 23. März des Jahres 1775bestätigte Schmidt, für die verfer-tigten zwei Altarblätter 1000 fl.erhalten zu haben: „Quittung prtausend Gulden, sage 1000 fl. wel-che ich endes unterschrieben, undgefertigter aus Handen (: titl :) IhroHochwürden Administr. zu MariaTaferl Franz Ignaz Grabner Vermögdenen in dasige Kürche gemahlenenSeitenaltar Blättern, nemblichen desHeilands am Kreutz und S. Josephvorstellend richtig, und zu dankhempfangen habe, bescheine actumStadt Stein den 23. Martij 1775 /Martin Schmid / Ignaz Gablhofer /Nahmens Unterschreiber / PassiertFranz Ignäty Grabner Administr.“Schmidt hat auch beide Bilder mitseiner Signatur versehen, die durchdie Reinigung wieder lesbar gewor-

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Hiltigund Schreiber

Restaurierung des Hochaltargemäldes MariaHimmelfahrt von Johann Georg Schmidt in der Pfarrkirche Straning

Nachdem die Vorgängerkirche zuklein geworden war und der Bau-zustand schlecht war wurde 1737bis 1752 unter Pfarrer LudwigTaucher die heutige Kirche errich-tet, die im Inneren durch stuckierteDecken, reich gegliederte Wand-flächen, sehr kräftig profilierte Ge-simse und eine kostbare Einrichtungeine besonders würdige Raumwirk-ung ausstrahlt.

Den Hochaltar schmückt dasBild Maria Himmelfahrt, inbarocker kirchlicher Tradition dasPatrozinium der Pfarrkirche dar-stellend. Johann Georg Schmidtschuf 1743 mit 49 Jahren diesesWerk. Das Gemälde hat ein Aus-maß von 576 mal 290 cm und istoben gerundet. Der Künstler malteauf einer Leinwand, die nur auseiner Bahn bestand auf einer rela-tiv dünnen roten Grundierung inÖltechnik, die er mehrschichtigaufbaute.

1832 errichtete man einenneuen Hochaltar mit einer etwaskleineren Altarnische. In diesewurde das Bild mit dem etwas zugroßen Spannrahmen hineinge-drückt. So entstanden im Laufeder Jahre zahlreiche Falten undUnebenheiten, zusätzlich mechani-sche Verletzungen der Leinwand,sowie zahlreiche Malverluste, dader Spannrahmen seine Aufgabenicht erfüllen konnte. Durch diese

Pfarrkirche Straning, Hochaltargemäldenach der Restaurierung

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Schadensbilder war es dringendnotwendig geworden, 1843 einekomplette Restaurierung durchzu-führen; dieses Restaurierdatumstand unter der Signatur: „1843renoviert“. Das Bild wurde vomSpannrahmen abgenommen. Esfolgte eine rotbraune Imprägnierungder Leinwandrückseite. Danachwurden Fehlstellen großzügig über-kittet und retuschiert oder farblicheErgänzungen direkt auf die Lein-wand gemalt. Zwei Löcher wurdenmit Leinwandstücken von der Vor-derseite geschlossen, Hintergründezum Teil großflächig übermalt.Danach wurde das Bild auf einenneu angefertigten Keilrahmen ge-spannt, mit Firnis versehen undwieder montiert.

1861 wurde der 1832 errich-tete Hochaltar abgetragen und einneuer Stuckmarmoraltar nach demVorbild der Wiener Universitäts-kirche gebaut und das altehrwürdi-ge Marienbild wieder in die Altar-nische eingesetzt. Vorher war dasBild gereinigt und kleine Schädengroßzügig behoben (übermalt)worden, danach brachte man inmehreren Schichten einen bräun-lich getönten Öl-Harzfirnis auf.

2003 ergab sich im Zuge derKirchenrestaurierung neuerlich dieNotwendigkeit der restauratori-schen Behandlung des Hochaltar-gemäldes. Der bestehende Spann-rahmen war zu groß. Aus diesemGrund sind wieder Unebenheitenund Falten entstanden, ebensozahlreiche kleinteilige Malschicht-verluste sowie Craquelesbildungen.Die Vorder- und Hinterseite desGemäldes war stark verschmutzt.Dazu kamen noch die optischeVeränderung des Sekundarfirnis,und die Farbveränderungen der

alten Retuschen und Übermalungen.Um eine optimale Restaurierungdurchführen zu können, wurde dasBild aus der Altarnische genom-men. Die Malschichten vor demTransport gesichert, das Bild abge-spannt und in die Werkstätte trans-portiert; sodann begannen dieRestaurierarbeiten. Nach Festigungder gefährdeten Stellen wurdenSeiten vom Oberflächenschmutzbefreit, dann folgten die Firnisab-nahme und die Freilegung auf dieoriginale Malschicht. Als nächsterArbeitsgang folgte die Festigungder Maloberfläche. Die störendenLeinwandausbesserungen wurdenentfernt und die Löcher fachmän-nisch geschlossen. Hierauf wurdendie Fehlstellen exakt gekittet undRetuschen gesetzt, sowie derSchlussfirnis aufgebracht. Um dieRückseite des Bildes zu schützen,wurde der neue Keilrahmen miteinem Jutegewebe bespannt unddas Bild wieder an seinem Platzmontiert.

Obwohl es das Ziel der Kirchen-innenrestaurierung war, das 1870bis 1898 geschaffene Raum-bild

anbewahren, wurde das Hoch-altarbild aus konservatorischenGründen auf die Originalschichtefreigelegt. Durch die Restaurie-rungen von 1842 und 1861 wurdenMaßnahmen gesetzt, welche dieOberfächenspannungen gefährlicheerhöhten; es war aus technologi-scher Sicht unbedingt notwendig,die originale Bildoberfläche freizu-legen und zu festigen. Die Haftungdes Malgrundes auf der Leinwandund der Farbschichten auf demMalgrund ist somit wiederherge-stellt. Durch diese Maßnahmenbekam das Gemälde seine ursprüng-liche Strahlkraft wieder zurück undsomit war es möglich, dieses wert-volle Bild für die nächsten Gene-rationen als Zeichen des Glaubensund als wertvolles Kulturgut zuerhalten. Die sensible Restaurier-arbeit hat auch all die anstehendentechnischen Probleme in hervor-ragender Weise berücksichtigt.

Die Restaurierarbeiten wur-den durch die akademischeRestauratorin Mag. AlicjaDabrowska durchgeführt.

Hochaltargemälde bei der Restaurierung

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Der Ort Kopcany liegt an derWestgrenze der SlowakischenRepublik, in der Gemeinde Skalica,als Teil des Marchlandes, nördlichvom Dreiländereck Slowakei-Tschechien (Mähren) – Österreich.Das ganze Gebiet, genannt Záhorie,hat zum größten Teil Flachland-charakter, der durch den Strom desMarchflueßes durchdrungen undgeteilt wird und eine mehr natürli-che als kulturelle Grenze bildet.Vom geologischen Standpunkt aus,

ist das Gebiet ein Teil des WienerBeckens.

Eine der Zentren des groß-mährischen Reiches war die Sied-lung Burgwall bei Mikulcice, welchean der rechten Seite der March lag,direkt gegenüber des heutigen Be-zirks Kopcany, wo sich die kleineKirche der hl. Margit von Antio-chien bis heute befindet.

Ab dem Jahre 1954 werdenauf dem Gebiet von Burgwall beiMikulcice archäologische Forsch-ungen durchgeführt, die bemerkens-werte Erkenntnisse von europäi-schem Ausmaß hervorbrachten. Indieser Burgstätte wurden Grundrissemehrerer Kirchen (Kirche I. – XII.)entdeckt, die als Negativbilder vonGrundmauern oder Grundmauern-streifen erhalten sind .

Über die eigentliche Entwick-lung des Gebietes rund um diekleine Kirche in Kopcany imMittelalter zeugen die Archivalienaus dem Jahre 1392. Später, imJahre 1532 wurde der Ort Kopcany

Gesamtblick vom Südosten (Foto: V. Ferus)

Peter Baxa, Renata Glaser-Opitzová, Viktor Ferus

Die Kirche der hl. Margit von Antiochien in Kopcany

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der Grundmauern erhalten geblie-ben sind. Neben dem markantenUmbau des westlichen Teiles, demAuswechseln des Dachstuhls undder Dachdeckung, haben sich dieweiteren Änderungen (Gotik,Barock) hauptsächlich durch dieAdaptierung von Fensteröffnungenauf der Südwand, den Putzen, derAusmalungen und am Mobiliar derKirche bemerkbar gemacht. Zu-sammen mit den Umfassungs-mauern haben sich zwei ursprüng-liche, halbrunde Fensteröffnungenauf der Westwand, jede mit drei-eckigem Schlussstein, erhalten..

Die Kirche mit ihrem Grund-riss und erhaltenen Baudetailsgehört typologisch in die Gruppeder kleinen einschiffigen Kirchenmit Vorraum, rechteckigem Chor-schluss, wie sie hauptsächlich inMittel- und Westeuropa zwischendem 6. bis 10. Jahrhundert gebautwurden. Eigenart dieser Kirche in Kopcanyist der Vorraum (Narthex), der erstbei der archäologischen Grabungzum Vorschein gekommen ist. DerNarthex enthält einen vertieften,ausgemauerten, rechteckigenBereich, der heute als Grabstätteoder Taufbecken interpretiert wird.

Die archäologische Forschung imInneren der Kirche, die von 1998bis 2000 stattfand, hat eindeutigdie Zeit der Entstehung und dieursprünglichen Funktionen derkleinen Kirche genauer bestimmenkönnen. Im Zuge dieser Aus-grabungen wurden mehr als 70Gräber und ihre Teile aus der Zeit-spanne vom 11. bis zum 18. Jahr-hundert festgestellt und dokumen-tiert. Im Jahre 2003 führten dieArchäologen des Denkmalamtesder Slowakischen Republik dieerste Etappe der archäologischenUntersuchungen durch, die sichmit dem Exterieur der Kirche undder unmittelbaren Zone des um-liegenden Friedhofs beschäftigte.

Fenster aus der großmährischen Etappe.(Foto: V. Ferus)

Grab Nr. 3, Frau, Alter 20- 30 Jahre,Detail mit großmärischen Knöpfen (9. Jh.). (Foto: M. Cervenka)

Rekonstruktion der großmährischen Etappe(9. Jh.). Autoren: P. Baxa, V. Ferus.Zeichnung: Slowakische TechnischeUniversität Bratislava, Fakultät derArchitektur

als Besitz der Herren der nicht weitentfernten Burg Holíc erwähnt, zuwelcher der Ort bis zum Jahre1918 gehörte.

Westlich des Ortes Kopcany,an einer Sanddüne am linken Uferder March, liegt die Kirche der hl.Margit von Antiochien.In den Jahren 1994–98 wurde amGebäude und im Interieur derKirche eine bauhistorische undrestauratorische Forschung durch-geführt. Beide Untersuchungenhaben neue Erkenntnisse über dieEntwicklung dieses Sakralobjekteserbracht, welches bis zum Jahr1993 nur als eine Barockkapellebetrachtet wurde und bekannt war.Die Kirche selbst ist ein einschiffi-ger, rechteckiger Bau mit trapezför-migem Presbyterium (Chor) undkurzem Vorraum – Narthex. Diemaximalen Maße sind 11,8 m x5,3 m. In seiner ursprünglichenBausubstanz hatte sich die Kirchefast zur Gänze erhalten, außer demVorraum, von welchem nur Teile

Diese Etappe der Foschung wurdeim Zusammenhang mit der stati-schen Sicherung der Südwand derKirche realisiert und erforschte denRenaissance- und Barockhorizontder Bestattungen aus dem 15. bis17. Jahrhundert.

Die Fortsetzung der Ausgrab-ungen in der Saison 2004 hat Fundeans Licht gebracht, die eine genau-ere Datierung der Kirche ermög-lichten. Es wurden 47 Bestattung-

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Nach dem Abschluss der Forsch-ungsarbeiten und der Restaurierungder Bausubstanz wird die Kircheals einer der Hauptobjekte des inVorbereitung befindlichen, grenz-überschreitenden ArchäoparksMikulcice (Tschechische Republik)– Kopcany (Slowakische Republik)werden.

Archäologische Ausgrabungen bei derKirche

1. Objekt Nr. 2 (Grabkammer? Taufbecken?)

2. Die Grundmauern vom Narthex3. Grab Nr. 3

(Foto: P. Baxa)

en erforscht, von denen die dreiältesten neben menschlichenKnochenresten auch zwei vergolde-te Bronzeknöpfe, einen goldenenOhrring mit Öse und einen silber-nen Trommelohrring beinhalteten,die nach analogen Beispielen in das 9. Jahrhunderts datiert wurden, dasheißt in die Zeit des Großmährisch-en Reiches fallen. Die Lage derGräber in der unmittelbaren Näheder Fundamente der Südwand,sowie die Tatsache, dass das Ge-bäude keine der Grabstätten be-rührt, und dass in den Gräbernkleine Stückchen vom gleichenMauermörtel gefunden wordensind, welcher an den Außenwänd-en verwendet wurde, beweist ein-deutig die Datierung dieses Sakral-objektes ins 9. Jahrhundert!

Die Ergebnisse dieser Aus-grabungen wurden am 24. 08. 2004einer Fachkomission präsentiertund erläutert, welche die Befund-situation bestätigte. Die kleineKirche der hl. Margit von Antioch-ien in Kopcany kann man somitaus historischer Sicht als den XIII.Sakralbau der großmährischen Sied-lungsaglomeration Burgwall beiMikulcice bezeichnen. Es ist dereinzige in der Bausubstanz fastkomplett erhaltene großmährischeSakralbau und bietet so die Mög-lichkeit für Betrachtungen zurInterpretation und Rekonstruktionder anderen großmährischenKirchen.

Die Besonderheit dieses Sakralbauesliegt auch darin, daß er im Kontextder kulturellen Änderungen diesesTeil des Marchlandes die Transfor-mation und Existenz der histori-schen Siedlungsform nach demZerfall des großmährischen Reichesin der Zeitspanne vom 10. bis 13.Jahrhundert umfassend dokumen-tiert.

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Die Wallfahrtsbasilika Maria Taferlist das größte MarienheiligtumNiederösterreichs und soll einer, inmehreren Etappen zu erfolgendenInnenrestaurierung unterzogenwerden. Anlass für diese Maßnahmeist das im Jahr 2010 anstehenden350-Jahr-Jubiläum der Grundstein-legung der Basilika.

Gleichsam als Probefeld fürdie künftigen Restaurierungsab-schnitte wurde im Jahr 2004 mitdem östlichen Querhausarm be-gonnen, da hier die wesentlichenGewerke des Restaurierungsvor-habens aufscheinen. Dies sind dieRestaurierungsarbeiten am Decken-fresko, an den Seitenaltären, dieWandfärbelung und die Elektro-arbeiten. Zusätzlich wurde nochder Rohbau für eine Kerzenkapelleerrichtet, um das Kircheninnere inZukunft vor Verrußung zu schützen.

Im Frühjahr und Sommer2005 erfolgte die Restaurierungdes westlichen Querhausarmes unddie Fertigstellung der Kerzenkapelle.

Als weitere Bauetappen sindgeplant: 2006 die Restaurierungdes Presbyteriums und des Hoch-altares, 2007 Restaurierung derKuppel und der Kanzel, 2008 und2009 Restaurierung des Langhauses,der Orgel und diverser Nebenräume.

Der Bauherr ist die PfarreMaria Taferl, die Ausschreibungund die örtliche Bauaufsicht erfol-gen durch das Bauamt der DiözeseSt. Pölten in Zusammenarbeit mit

dem Bundesdenkmalamt und demAmt der NÖ Landesregierung.Zur Finanzierung dieses umfang-reichen Vorhabens wurde im Mai2004 ein Kuratorium gebildet demLandeshauptmann Dr. Erwin Pröllund Diözesanbischof von St. Pölten,DDr. Klaus Küng, vorstehen.Neben öffentlichen Förderungenvon Bund und Land NÖ und demZuschuss der Diözese St. Pöltensoll das Bauvorhaben durch Groß-und Privatspender finanziert wer-den. Auf Initiative von GD Mag.Erwin Hameseder (RaiffeisenHolding NÖ-Wien) wurde imApril 2005 der „Verein zur Erhalt-ung der Basilika Maria Taferl“gegründet. Der Verein bezwecktMittel aufzubringen, die aussch-ließlich der Erhaltung der BasilikaMaria Taferl dienen, sowie wissen-schaftliche Untersuchungen undForschungsprojekte zu finanzieren,um neue verbesserte Methoden fürdie Erhaltung der Basilika MariaTaferl zu entwickeln und dieÖffentlichkeit und Wissenschaftüber die Erhaltungsmaßnahmen zuinformieren. Mitglied des Vereinskann jede natürliche oder juristi-sche Person werden. Der Vereinhat seinen Sitz in Maria Taferl. Dieerste große Maßnahme des Vereinswar die am 25. September 2005erfolgte Donauwallfahrt nachMaria Taferl. Es ist geplant dieseDonauwallfahrt alljährlich im Maizu wiederholen.

Andreas Lebschik

Maria Taferl braucht unsere Hilfe!Die Innenrestaurierung der Wallfahrtskirche Maria Taferl

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Wallfahrtskirche Maria Taferl, Pieta im östlichen Querhaus

Wallfahrtskirche Maria Taferl,Südfassade und Pfarrhaus

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Auf den folgenden Seiten informieren wir Sie über die wichtigstenderzeit laufenden Restaurierungen und die anstehenden Problemeim Bereich der Denkmalpflege in Niederösterreich.

Beiträge von Dipl. Ing. Franz Beicht, Prof. Dr. Axel Hubmann, Dr. Wolfgang Huber, Ing. Mag. Margit Kohlert, Dipl. Ing. Oliver L. Schreiber, Ing. Bärbel Urban-Leschnig, Mag. Gorazd Zivkovic

Baden, Stadtpfarrkirche St. Stephan, InnenrestaurierungDie mächtige Stadtpfarrkirche St. Stephan, die ursprünglich dieNord-Ost-Ecke der seinerzeitigenStadtmauer einnahm, bedurftedringend der Innenrestaurierung.Der im Kern mittelalterliche Bauist wiederholt zerstört und immerwieder aufgebaut worden. Einenachhaltige Barockisierung fand1686-97 statt, und zwischen 1870-93 folgte eine umfangreiche Rego-tisierung. Später wurde die Kirchemehrmals restauriert, zuletzt1974/75.

Für die nunmehrigen Arbeiten,die 2 Jahre in Anspruch nahmen,

war eine grundlegende Befundungder Raumschale und der gesamtenAusstattung erforderlich. Auch derBereich des Volksaltares war neu zugestalten.

Da der Fußboden im Zugeder Arbeiten ebenfalls entferntwurde um eine Bodenheizung ein-zubauen, waren im südlichen Be-reich des Langhauses archäologischeVoruntersuchungen nötig. DieAußenmauern und die Pfeiler imLanghaus waren durch aufsteigen-de Feuchtigkeit so stark belastet,dass man sich zu einer Horizontal-isolierung entschloss.

Die Arbeiten erfolgten in zweiEtappen, beginnend mit Presbyte-rium und Apsis mit dem neogoti-schen Hochaltar, den Holzverkleid-ungen der Seitenoratorien, demChorgestühl und den mit Glas-malereien versehenen Fenstern.Der neue Fußboden wurde der Be-deutung der Kirche entsprechendaus Kelheimerplatten hergestellt.Unter der neugotischen Wandver-kleidung kam die ursprünglicheSchablonenmalerei, ein gemalterWandvorhang, zum Vorschein. Dasich die qualitätvolle Dekorationgut in den historischen Kontexteinfügte, restaurierte man sie undlässt sie auch künftig sichtbar.

Das ehemalige Hochaltarbildmit der Steinigung des hl. Stepha-nus schuf Paul Troger um 1745-50.Es wurde von den Werkstätten desBundesdenkmalamtes restauriert.

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Die 2. Arbeitsetappe betraf dasLanghaus. Neben den Maßnahmenan der Einrichtung standen hierbesonders Arbeiten an den Stein-teilen wie Pfeiler und Fensterrahm-ungen sowie die Trockenlegungs-maßnahmen an. Die Seitenaltäre,die Kanzel und die zahlreichenFiguren mit Inkarnat und Vergold-ung waren eine diffizile restaurato-rische Aufgabe, da Fehlstellen undschadhafte Partien zu ergänzenbeziehungsweise zu erneuern waren,dabei aber stets auf dieEinbindung in den Gesamtkontextzu achten war, da z. B. intaktePartien der Originalvergoldungennur gereinigt wurden. Die Bänkewurden wieder auf Holzpodestegesetzt, der Beichtstuhl und dieverbliebenen Wandvertäfelungenrestauriert. Durch die gemeinsame Endabstim-mung aller Arbeiten an Ort undStelle gelang es, ein den Alterswertrespektierendes, insgesamt stimmi-ges Restaurierergebnis zu erzielen.

Die Maßnahmen an denFenstern und die Horizontalisolie-rung verursachten zusätzlicheArbeiten an der Fassade. Die südli-che Langhauswand und die Gitterzwischen den Strebepfeilern wareninstand zu setzen. Eine spezielleHerausforderung stellte dabei dieErhaltung des sich an der Südwest-ecke empor rankenden „Trompeten-baumes“, einer in dieser Art sehrseltenen und erhaltenswertenPflanze, dar.

Im September 2005 wurdendie Arbeiten mit der Fertigstellungder Orgelrestaurierung abgeschlos-sen. Am 26. Oktober 2005 erfolgtdie Wiederbenediction der Stadt-pfarrkirche durch S.E. KardinalSchönborn. A.H.

Groß Siegharts, Schloss,Restaurierung des RittersaalesDas Schloss liegt auf einer Ge-ländestufe über der Stadt und imMittelpunkt des Bandlkramerlandls.Der mittelalterliche Kernbau wurdegegen Ende des 16. Jahrhundertsausgebaut. Eine wesentliche Aus-stattungsphase erfolgte 1710 bis1720 unter Johann Christoph

werden, dass der Saal in weitenBereichen mit manieristischen,figuralen Malereien versehen ist.Diese weisen ein mythologischesProgramm auf und dürften um1630 vermutlich von einem italie-nischen Künstler geschaffen wordensein. Zwischen den Fensterachsensind Säulenaedikulen mit Statuenallegorischen Inhalts angeordnet.Aufgrund des äußerst knappenBudgetrahmens wurde die Freileg-ung und Restaurierung auf einedieser Achsen und ein gegenüber-liegendes Motiv einer Türbekrön-ung beschränkt. Weiters erbrach-ten die denkmalgerechte Behand-lung der Türen und des Fußbodenssowie die Ausmalung in Kalktechnikein besonderes schönes Ergebnis.W.H.

Günselsdorf, Pfarrkirche hl. Georg, Außen- undInnenrestaurierungDie 1783 errichtete Pfarrkirchezeigt in ihrer Formensprache dietypischen Stilelemente der Über-gangszeit vom Barock zumJosephinismus. Im Zuge der

Ferdinand Graf Mallenthein, derauch den planmäßigen Ausbau desOrtes sowie dessen Entwicklung zueinem Zentrum der Textilerzeug-ung förderte. Aus dieser Periodestammen im Schloss die reichebarocke Stuckausstattung sowie diefiguralen und ornamentalen Wand-und Deckenmalereien. Seit 1891ist das Schloss Sitz der Gemeinde-verwaltung.Im Jahr 2005 wurde der so genannteRittersaal für Veranstaltungs- undAusstellungszwecke adaptiert.Vorgesehen war, eine Zwischenwandzu entfernen um den wohl propor-tionierten Saal wieder herzustellen,weiters die Infrastruktur zu erneu-ern, Böden und Türen zu sanierenund neu auszumalen. Wegen derEntdeckung von Wandmalereienmussten die Arbeiten vorerst unter-brochen werden.

Anhand restauratorischerUntersuchungen konnte festgestellt

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Innenrestaurierung von 1977 sinddie bauzeitliche Inneneinrichtungverändert, der Innenraum einheit-lich ausgemalt und die Altäre,Kanzel und weitere Einrichtungs-gegenstände überfasst worden. Dienunmehr nötige Gesamtrestaurie-rung gab die Gelegenheit, aufGrund von Befundungen denoriginalen Raumeindruck und dieAußenerscheinung wieder zugewinnen. Die in einem zarten,kühlen Grünton im Fondbereichgehaltene originale Ausmalung,Felderteilung mit gemalten Stuck-motiven, wurde ebenso wiederher-

16. Jahrhunderts ausgebaut underweitert. Die im Grundriss unre-gelmäßige Anlage ist um einendreiseitigen Innenhof gruppiertund vom vorgelagerten Meierhofsowie vom einstigen Grabensystemund einer Umfassungsmauer berg-seitig abgeschlossen. Nachdem inden 1990er Jahren die Ziegeldächerinstand gesetzt und die Innenhof-fassaden restauriert wurden, istnun in einem mehrjährigen Pro-gramm die Außensanierung vorge-sehen. 2004 wurde unter fachlicherBetreuung der Verputz des südwest-lichen Rundturmes des 13. Jahr-hundert restauriert. Der einlagige,dem Mauerverlauf angepasste Putzwar stark abgewittert; er wurde dermittelalterlichen Putztechnik ent-sprechend ergänzt.

Derzeit erfolgt die Instandsetz-ung der monumentalen Westfront.Im Zuge der Reinigungsarbeitenkonnte unter jüngeren Tünche-schichten die Jahreszahl „1595“,die den Umbau unter den Puch-heimern bestätigt, freigelegt werden.W.H.

Kilb, Pfarrkirche Hll. Simonund Judas, Turm- undFassadenrestaurierungIn einer ersten Restaurieretappewurden im Jahr 2004 Putzaus-besserungen und eine Neufärbe-lung des spätgotischen Turmes vor-

genommen. Das Hauptaugenmerklag auf der Behandlung der Stein-teile an der kreuzrippengewölbtenVorhalle und dem geschweiften,verzierten und 1762 bezeichnetenSteinhelm. Während in der Vor-halle insgesamt 8 Wappengrab-steine, die bisher als Bodenplattenin Verwendung standen, heraus-gelöst und durch neues Steinmate-rial ersetzt wurden und das über-kommene steinsichtige Erschein-

gestellt wie die Originalfassungender Ausstattung. Im Zuge der nöti-gen Putzinstandsetzung an denFassaden konnte die ursprünglicheStruktur und Farbgebung abgele-sen und wieder hergestellt werden.Die Arbeiten wurden im Sommer2005 abgeschlossen. A.H.

Karlstein, Schloss,AußensanierungDie Sanierung des hoch über einerThayaschleife gelegenen, imposan-ten Schlosses wird in mehrerenJahresetappen vorgenommen. Bereits 1112 urkundlich genanntund aus einer Spornburg hervorge-gangen wurde die Burganlage im15. und vor allem unter denPuchheimern im letzten Viertel des

ungsbild des Mauerwerks und derGewölberippen erhalten blieb, fielbei der Turmhaube die Entscheid-ung zu Gunsten einer Neufassungim Sinne des Barock. Letztlich solldiese Maßnahme auch einenSchutz für die in der Vergangen-heit immer wieder witterungsbe-dingt stark in Mitleidenschaftgezogene Helmkonstruktion dar-stellen. Mit der Sanierung derübrigen Fassaden wurde 2005 dieAußeninstandsetzung fertig ge-stellt. G.Z.

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dann im Atelier des Restauratorsgereinigt und gegen Algen- undFlechtenbewuchs behandelt. Jenach dem Grad der Salzbelastungwurde eine Salzreduktion entwederim zirkulierenden Wasserbad odermit Zellstoff-Bentonit Kompressenvorgenommen. Die Steinfestigungerfolgte mit Kieselsäureester. Eswurden Bruchstellen mit Epoxid-halz verklebt und armiert, Risseund Schollenbildungen mit hydrau-lischem Kalk hinterfüllt, Fehlstellenund Verfugungen mit Restaurier-mörtel ergänzt sowie größerefehlende Teile wie Hände, Finger,etc. in Sandstein nachgebildet. Aufeiner neuen, etwas höher gelegenenFundamentplatte stellte man danndie Säule mit einer Innenkonstruk-tion aus Magerbeton und einerzentralen Edelstahlarmierung wie-der auf. Abschließend wurde siemit Kalk geschlämmt und hydro-phobiert. Eine Abdeckung aus Blei-blech soll das besonders stark vor-springende Sockelgesims schützen. Heute präsentiert sich die Drei-faltigkeitssäule mit der neuen run-dum angelegten Pflasterung undden Stufen wieder in ihren ur-sprünglichen Proportionen und insaniertem Zustand. F.B.

Maissau, Znaimer Tor,Instandsetzung Das östliche Stadttor der ehemalsrundum befestigten Stadt Maissau,das so genannte Znaimertor, ist einzweigeschossiger Torbau mit ba-rockem Stadtwappen und mit Eck-quadern geschmückter Fassade.Immer wieder wurde die Bausub-stanz durch den starken Durch-zugsverkehr in Mitleidenschaft ge-zogen und beschädigt. Beim letztenZwischenfall streifte ein Lastkraft-

wagen die tonnengewölbte Durch-fahrt, wodurch Risse im Gewölbeauftraten und die Holzdecke im 1.Obergeschoß beschädigt wurde.Danach musste der Torbau durch-gehend statisch konsolidiert wer-den, indem man Eisenschließeneinzog. Weiters wurde die Fassadeinstand gesetzt, indem man dieabgewitterten und in einigenBereichen schadhaften Putze rei-nigte, ausbesserte und neu färbelte.Die Steinteile wie die schöne Re-liefkartusche und die Fensterrahm-ungen wurden restauriert, wie auchdie beiden Skulpturen Hl. Florianund Hl. Nepomuk, die das Stadt-tor flankieren. Nach Abschluss derArbeiten versetzte man entlang derbeiden Seiten des Stadttores Stein-poller, um neuerliche Beschädig-ungen der Bausubstanz durchSchwerfahrzeuge zu verhindern.

Heute sucht man nach einerneuen Nutzung für das Stadttor,das auch einmal eine Zeit lang alsRathaus von Maissau diente. So-bald eine neue Funktion für diekleinen, stimmungsvollen Innen-räume feststeht, sollen die Sanie-rungsmaßnahmen im Inneren inAngriff genommen werden. B.U.-L.

Kirchberg am Wagram,Marktplatz, Dreifaltigkeitssäule,Restaurierung

Die frühklassizistische Dreifaltig-keitssäule in Kirchberg am Wagrammit einer Höhe von ca. 8,3 m zeigtam Sockel das Jahr ihrer Entstehung1770. Sie stellt mit ihren markan-ten, künstlerisch aufwändigenZopfstilverzierungen ein besondersreizvolles Spätwerk dieser Art vonDenkmalen dar.

Zur Vorbereitung der Sanie-rung wurden die Schadensursachenund das Schadensbild genau unter-sucht. Der Ziegelkern war starkdurchfeuchtet. Außerdem war dieursprüngliche Stufenanlage durchdas Anwachsen des umgebendenPlatzniveaus eingegraben und nichtmehr sichtbar. Deshalb erachteteman eine Demontage des Monu-mentes als sinnvoll und für einenlangfristigen Restaurierungserfolgals notwendig. Die Säule wurde

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ein neuer Zugang zum südlichenHocheinstieg geschaffen. In derGestaltung des neuen Daches ori-entierte man sich bewusst nicht anhistorisierenden Beispielen, son-dern beschränkte sich auf die bau-technisch notwendige Aufgaben-stellung der langfristigen Bestands-sicherung. Die einzelnen Turmge-schosse dienen nunmehr im unterenBereich für Ausstellungszwecke.Die Geschichte der Bernstein-strasse, des Deutschen Ordenssowie die damit eng verknüpfteOrtsgeschichte Palterndorfs werdenerläutert, zusätzlich gibt es Raumfür Wechselausstellungen. Durchgeringfügige Erhöhung des neuenDachstuhles entstand im oberstenTurmgeschoss eine überdachteAussichtsplattform, die einen herr-lichen Panoramablick vom Stein-berg über das Zayatal bis zu denKleinen Karpaten in der Slowakeibietet.

2006 sollen die Außenfassadenund der noch vorhandene Innen-verputz des Wehrturms restauriertwerden, wobei der Beibehaltungseines Alterswertes samt den Wund-en seiner Vergangenheit höchstePriorität zukommen wird. O.L.S.

Primmersdorf, Schüttkasten,InstandsetzungIn den Jahren 2004/05 wurde derbarocke Schüttkasten von Primmers-

Palterndorf, Wehrturm,Sanierung

Mannersdorf an der March,Rochuskapelle,AußenrestaurierungDie weithin sichtbare Rochuska-pelle, auch „Wutzelburg“ genannt,ist ein frühbarocker Bau, welcherden im Norden des Ortes liegen-den Kellerberg bekrönt. Sie wurde1643-47 als Stiftung des FreiherrnRudolf von Teuffenbach errichtetund nach Erweiterung um einenursprünglich offenen Rundbogen-gang 1652 vollendet. Aufgrundihrer strategisch und topographischexponierten Lage wurden schonfrüh Reparaturen von Kriegsschädenund strukturelle Instandsetzungennotwendig, so in den Jahren 1840,1886, 1928/31 und 1976/77. Auf-grund von Mauerfeuchte war eineNeuverputzung geschädigterFassadenteile und Innenbereicheder Kapelle samt Färbelung not-wendig, ebenso die Restaurierungder Steinteile und Neudeckung desunteren Dachkranzes. Der hohenemotionalen und geschichtlichenWertigkeit des Objektes konntedurch die nunmehr abgeschlosseneSanierung entsprochen werden. O.L.S.

Der mächtige, im Zentrum Paltern-dorfs stehende Wehrturm war Teileiner ehemals mit Wall und Grabenumgebenen Wehranlage. Seine Ur-sprünge reichen wohl ins 12. Jahr-hundert zurück, ab Mitte des 13.Jahrhunderts gelangte er zu seinerheutigen Erscheinung. Er wurdeim Liechtensteiner Urbar von 1414erstmals urkundlich erwähnt (... soist daselb ein hof, do der turminlegt ...). Der in seiner Form nörd-lich der Donau heutzutage einzig-artige Wehrturm erfuhr im Laufeseiner Geschichte durch Kriegser-eignisse mehrfach Beschädigungen,zuletzt im Zuge der Kampfhand-lungen 1945. Nach einem Blitz-schlag verfiel er schließlich.

Durch die Initiative der Ge-meinde konnten nunmehr eineNutzung für das Objekt gefundenund die dringend notwendigenSicherungsarbeiten und Instand-setzungen durchgeführt werden.Die hölzernen Balkendecken dereinzelnen Geschosse wurden wiederhergestellt, statisch notwendigeVerschließungen angeordnet, sowie

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dorf einer umfassenden Sanierungunterzogen. Dieser barocke Zweck-bau gehört zur Anlage des an derThaya gelegenen Schlosses Prim-mersdorf und stellt ein bemerkens-wertes, weitgehend ungestört erhal-tenes Beispiel dieses vor allem imnördlichen Niederösterreich auftre-tenden Denkmaltypus dar.

Schloss und Herrschaft Prim-mersdorf waren von 1696 bis 1851im Eigentum des Stiftes Herzogen-burg, das das Schloss barock umge-stalten ließ. Damals wurde dieLandwirtschaft neu organisiert,und zur Lagerung der Ernte unddes Saatgutes errichtete man einenneuen gemauerten Speicher.

Dieser wird durch Lisenenund Ortsteinrahmung sowie durchdie der Lüftung dienenden Breit-fenster gegliedert. Die Schmalseitenwerden von zweifach abgesetztenVolutengiebeln mit Ovalluken undKugelaufsätzen bekrönt; zusätzli-cher Schmuck ist das steingrahmte,1706 bezeichnete Portal an derNordseite mit dem originalen Tür-blatt und der Wappenkartusche mitden Wappen des Propstes Maximi-lian Herbs und des Stiftes Herzo-genburg.

Nachdem 1993 der ehemaligeSpeicher umgebaut und als Veran-staltungs- und Ausstellungsraumadaptiert worden ist, erfolgte nundie Außensanierung mit der Er-neuerung der Dachdeckung undder Restaurierung der Naturputz-fassaden. Im Inneren wurden dieZiegel- und Holzböden der ein-drucksvollen, zweischiffigen Räumesaniert. Für die Funktion als Kul-tur- und Veranstaltungszentrumwaren kleinere Adaptierungen, wieder Einbau einer Bar im Erdge-schoss, das Herstellen eines behin-

rekonstruierte man die Entstehungs-geschichte und die Herkunft ein-zelner Ausstattungsteile. Danachlegte man das Restaurierziel fest,das die Wiedergewinnung desErscheinungsbildes der Zeit um1920 anstrebt.

Es waren umfangreiche Er-gänzungen von verloren gegange-nen Zierleisten erforderlich. Dieim Zuge einer späteren Ausbesse-rung aufgebrachten Bronzeanstriche,die bereits stark oxydiert waren,wurden abgenommen und die Zier-elemente in großem Ausmaß neumit Schlagmetall vergoldet. Nunpräsentiert sich der Speisesaal wie-der mit vollständigem Dekor in sei-ner ursprünglichen kühlen, lichtenFarbsprache. M.K.

Weitra, Haus Rathausplatz 30,FassadensanierungEin für die Denkmalpflege erfreu-liches Ergebnis erbrachte die jüngstabgeschlossene Sanierung der früh-barocken, in zeittypischen Formengeliederten Giebelfassade des hin-sichtlich seiner ungestörten histori-schen Bausubstanz und seiner früh-barocken Ausstattung bemerkens-

dertengerechten Zuganges und derAnbau einer architektonisch unter-geordneten Nassgruppe erforder-lich. W.H.

Sitzenberg, Schloss,Restaurierung des Speisesaales

Das Schloss Sitzenberg befindetsich heute im Besitz der RepublikÖsterreich und beherbergt dieHöhere Bundeslehranstalt fürLand- und Ernährungswissenschaft.Der Speisesaal des Schlosses, derwährend der Schulferien restauriertwurde, ist um 1920 neu gestaltetworden. Man hat damals Ausstat-tungsteile, unter anderem aus demabgetragenen Stadtpalais Liechten-stein in Wien - Herrengasse, ange-kauft und sie in ein neues Gesamt-konzept in klassizistischer Formen-sprache gestellt. Der Speisesaal istmit einer stukkierten Decke,Wandvertäfelungen, reich verzier-ten Türen und drei Supraporten-reliefs mit mythologischen Szenenausgestattet. In einer detailliertenrestauratorischen Voruntersuchung

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Feierliche Wiedereinweihung der Synagoge Baden

kralbauten in Österreich aus derZeit vor 1938, das in seiner Subs-tanz zur Gänze erhalten gebliebenist und in seiner ursprünglichenVerwendung auch als Synagogegenutzt wird. An dem bedeutendenEreignis nahmen auch zahlreicheehemalige Mitglieder der jüdischen

Am 15. September 2005 wurdenach 67 Jahren die in der Zeit desNationalsozialismus devastierteSynagoge Baden bei Wien imRahmen eines Festaktes wiederihrer ursprünglichen Bestimmungzugeführt. Die Synagoge ist damiteines von nur zwei jüdischen Sa-

den. Den Altbau sanierte manunter Erhalt der Außenerscheinung,der Kellergewölbe und des ba-rocken Dachstuhls. Dabei musstedie Dachkonstruktion verstärktwerden; die Tondachdeckung mitden Gaupen wurde bestandsgemäßerneuert. Für das heurige Jahr sinddie Fertigstellung mit der Färbe-lung und die Außenrestaurierungder Spitalskirche vorgesehen, wofürumfassende restauratorische Be-fundungen vorliegen. Heuer wirddas Spitalsgebäude gefärbelt unddie Spitalskirche außen entspre-chend der umfassenden restaurato-rischen Befunden saniert. W.H.

en des späten Jugend- und frühenHeimatstils, 1972 und in den 90erJahren kam es zum etappenweisenUmbau der Spitalstrakte. 2004/2005 wurde ein weiterer Zubau ander Klosterstraße errichtet und anden bestehenden Alttrakt angebun-

werten Weitraer Bürgerhauses. ImZuge der Instandsetzungsmaß-nahmen konnte festgestellt werden,dass sich unter den jüngeren Putz-überrieben die historischen Fassung-en weitgehend erhalten haben.Eine daraufhin vorgenommene res-tauratorische Untersuchung ergabFassadengestaltungen des späten16., des frühen und des späten 17.Jahrhunderts sowie mehrere Farb-fassungen vom 18. bis zum 20. Jahr-hundert. Da die Schicht des späten17. Jahrhunderts großteils und ineinem technisch stabilen Zustanderhalten war, bot sich deren Res-taurierung an, zumal dadurch dieälteren Fassungen gesichert undkonserviert werden konnten. NachAbnahme der späteren Überriebeund Farbfassungen wurde die frei-gelegte Oberfläche gereinigt undpartiell gefestigt. Nach dem Er-gänzen der Verputze mit ihrenGliederungselementen erfolgte diebefundgemäße Färbelung in Kalk-freskotechnik. W.H.

Zwettl, Bürgerspital,Instandsetzung und ErweiterungNachdem das vor der Stadtmauergelegene, von Leuthold von Kuen-ring um 1300 reich bestiftete ersteSpital samt der zugehörigen St. Martinskirche 1427 von denHussiten zerstört worden ist, er-folgte ein Neubau innerhalb derStadtmauer, der 1448 vollendetwurde. Die Spitalskirche wurde,nachdem sie einige Zeit als Magazingedient hat, 1835 wieder geweiht.Seit 1906 wird das im Spitalsarealuntergebrachte Fürsorge- undAltenheim von der Stiftung „Bürger-spitalsfonds“ erhalten. Renovie-rungen der Fassaden zur Kloster-straße hin erfolgten 1908 in Form-

Thomas E. Schärf

v.l.n.r.: Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg, Nationalratspräsident Dr. Andreas Kohl,MMag. Thomas E. Schärf, Präsident Dr. Ariel Muzicant, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, Bürgermeister Prof. August Breininger

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Gemeinde mit ihren Familien ausdem Ausland teil. Bis 1938 bildete die in den Jahren1872/73 errichtete Synagoge dasgeistige Zentrum der mit rund2.300 Mitgliedern drittgrößtenjüdischen Gemeinde Österreichs.Durch die Nationalsozialistenzweckentfremdet, war das 1955 invöllig desolatem Zustand restitu-ierte Gotteshaus jahrelang demVerfall preisgegeben. 1988 konntesein Abbruch buchstäblich in letz-ter Minute ver-hindert werden.Von April 2004 bis September2005 wurde das Gebäude schließ-lich mit einem Kostenaufwand von2,75 Mio. Euro wieder instandgesetzt. Die Hälfte der Renovie-rungskosten wurde vom LandNiederösterreich, je ein Viertel vonder Republik und der Stadtgemein-de Baden getragen.

Ausgehend von dem fast 60Jahre leer stehenden und entspre-chend devastierten Gebäude botensich für die Jüdische Gemeindezwei Varianten für die Sanierungan. Die erste Möglichkeit wäregewesen, die von den National-sozialisten 1942 vorgenommeneSchließung der Galerien und diedamit erreichte Schaffung von zweiunabhängigen Geschossen rück-gängig zu machen und ein Projekt,das rein auf die Wiederherstellungdes ursprünglichen Zustandesabzielt, zu verfolgen.

Die zweite Möglichkeit war,den Veränderungen der GemeindeRechnung zu tragen und ein Kon-zept umzusetzen, das der shoahbe-dingt leider deutlich geringerenAnzahl von GemeindemitgliedernRechnung trägt.

Eingedenk der laufenden Be-triebskosten wurde vorrangig aus

wirtschaftlichen Überlegungen diezweite Variante verfolgt und ver-sucht, durch einen möglichst be-hutsamen Eingriff in den Bestand,ein religiöses Zentrum im Erdge-schoss entstehen zu lassen, das denBedürfnissen unserer Gemeinde alsauch dem Stand der TechnikRechnung trägt.

Der ehemalige Männerbetsaaldes Tempelgebäudes – dessen mar-kantes Merkmal die sechs histori-schen gusseisernen Säulen bilden -wird heute wiederum als Synagogegenutzt. Dem Erfordernis derGeschlechtertrennung in orthodo-xen Synagogen Rechnung tragendwurde als Ersatz für die seinerzeitim Obergeschoss des Gebäudesuntergebrachte Damenabteilungnunmehr im hinteren Bereich eineFrauenempore ausgeführt. Formenvon Fenstern und Türen folgenebenso wie die Deckenmalereienden historischen Mustern. WoVeränderungen vorgenommenwurden, sind diese - wie etwa beimZugang zur Frauenempore - deut-lich erlebbar. Die Synagoge weistheute rund 75 Männer und 40Frauensitzplätze auf.

Wie vor der Devastierung desJahres 1938, so befindet sich imZentrum das Vorlesepult (hebr.:Bima), um das die Sitzplätze ange-ordnet sind. Der Schrein mit denThorarollen (hebr.: AharonHaKodesch) befindet sich exakt anseiner ursprünglichen Stelle, in derMitte der nach Osten gelegenenVorderwand. Der ihn schmückendebestickte Samtvorhang (Parochet)wurde gelegentlich der Wiederein-weihung vom Verfasser gespendetund in Israel gefertigt. An der lin-ken Seite des Schreins wurde -heute unsichtbar - am 5. Juli 2004

eine Grundsteinurkunde einge-mauert.

Bei der Wahl der Nutzung desersten Stockes, der ehemaligenFrauenabteilung, fiel die Ent-scheidung für einen multifunktio-nalen Veranstaltungsraum, der biszu 170 Personen Platz bietet undmit seinen umfangreichen Neben-räumen heute das Zentrum fürinterkulturelle Begegnung undVerständigung (ZIB) sowie dasBüro unserer Gemeinde beherbergt.Es sieht seinen wesentlichen Auf-trag und seine Verantwortungdarin, den kulturellen Austauschzwischen Menschen unterschiedli-cher Kulturen, Religionen, Lebens-weisen und nationaler Herkunft zufördern und versteht sich als Stätteder realen Begegnung, der Bild-ung, aber auch von Wissenschaftund Kultur, die durch ihr Angebotextremistischen Fundamentalismenentgegenwirkend einen Beitrag zurFörderung des friedlichen und tole-ranten Umgangs von Menschenleisten möchte.

Die für beide Nutzungsein-heiten d. h. Synagoge und Zen-trum für Interkulturelle Begeg-nung notwendigen Nebenräumewurden fast zur Gänze in dem demTempelgebäude links vor gelager-ten, neuen Zubau untergebracht.Für diesen wurde das Ziel verfolgt,dass er sich deutlich von der histo-rischen Substanz des Synagogen-gebäudes abheben soll. SeineNatursteinfassade bildet zugleichein Mahnmal. Dort eingraviert fin-den sich in hebräischen und latei-nischen Lettern die Namen alljener niederösterreichischenGemeinden, in denen sich 1938Synagogen oder öffentliche jüdischeBethäuser befanden.

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Völlig unerwartet ist am 22. Sep-tember 2005 der stellvertretendeLeiter der Abteilung Kultur undWissenschaft des Amtes der NÖLandesregierung, wirklicher HofratDr. Gottfried Stangler, im 58.Lebensjahr von uns gegangen. Diese Nachricht hat viele, die ihnkannten, mit ihm zusammenarbei-teten und ihn wertschätzten, tiefgetroffen.

Gottfried Stangler, geb. am4.6.1948, studierte Geschichte,Germanistik und Archäologie ander Universität Wien. Seine beruf-liche Karriere begann bereits 1974in der Abteilung Kultur undWissenschaft. Damals schon enga-gierte er sich in außerordentlicherWeise für die Positionierung derSchallaburg als internationalesAusstellungszentrum des LandesNiederösterreich sowie für dieLandesausstellungen. SeinemEngagement ist es zu verdanken,dass mittlerweile mehr als zehnMillionen Personen die Ausstellung-en auf Schloss Schallaburg und dieLandesausstellungen besuchten.Besonders die Entwicklung der

Landesausstellungen nicht nur zukulturpolitischen, sondern auchregionalpolitischen Höhepunktenunseres Landes war – trotz derständig steigenden Herausforde-rungen und der zunehmendenKonkurrenz im Ausstellungswesenallgemein – das Verdienst vonGottfried Stangler. Er wird daherzu Recht als „geistiger Vater derSchallaburg und der Landesaus-stellungen“ in die Geschichte desLandes NÖ eingehen.

Gottfried Stangler betreutedarüber hinaus mit großer Umsichtund mit hohem Qualitätsanspruchdas gesamte breite Spektrum desAusstellungs- und Musealwesens inNiederösterreich, der Kultur- undWissenschaftspreise, der Auslands-kultur sowie vieler anderer Kultur-projekte in unserem Land undsorgte für deren laufende Fortent-wicklung.

Seine Leidenschaft galt aberin besonderen auch der Denkmal-pflege in Niederösterreich. DieZeitschrift „Denkmalpflege inNiederösterreich“ trägt von allemAnfang an seine Handschrift.

Gottfried Stangler hat aufgrundseiner wissenschaftlichen Erfahr-ungen und seiner umfassendenKenntnisse des Denkmalschutzesin Niederösterreich und überNiederösterreichs Grenzen hinausdiese maßgeblich geprägt unddamit einer breiten Öffentlichkeitdas Thema Denkmalpflege nähergebracht. Es existiert in Nieder-österreich kein, Stift, kein Schloss,kein anderes denkmalgeschütztesObjekt, an dessen Revitalisierunger nicht mit gewirkt hat, ja sogardie zwei in Niederösterreichbefindlichen UNESCO – Welterbe-stätten Semmeringbahn undWachau verdanken zu einemgroßen Teil ihre Entstehung seinemEngagement.

Wir haben mit GottfriedStangler einen großartigenMenschen und eine herausragendePersönlichkeit verloren, die dasKulturgeschehen Niederösterreichsnachhaltig gestaltet und positivgeprägt hat. Viele von uns werdenihn als Freund und Mentor vermis-sen. Unser Mitgefühl gehört seinerFamilie.

Hofrat Dr. Gottfried Stangler1948 – 2005

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Wenn Sie die Broschüre der Reihe „Denkmalpflege in Niederösterreich“noch nicht regelmäßig erhalten haben und die kostenlose Zusendungwünschen, senden Sie uns bitte die Antwortkarte ausgefüllt zu.Verwenden Sie bitte die Antwortkarte auch für allfällige Mitteilungen,Anregungen und Adressänderungen. Falls die Karte schon von einemVor-Leser entnommen wurde, schreiben Sie bitte an:Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, Landhausplatz 1, 3109 St. Pöltenoder senden Sie uns ein E-mail an [email protected]. senden Sie uns ein Fax unter 02742/9005-13279

Band 1 Stift Dürnstein *2 Kleindenkmäler *3 Wachau *4 Industriedenkmäler *5 Gärten *6 Handwerk *7 Rückblicke – Ausblicke8 Sommerfrische *9 Denkmal im Ortsbild *10 Verkehrsbauten *11 Elementares und Anonymes *12 Burgen und Ruinen *13 Kulturstraßen *14 Zur Restaurierung 1. Teil *15 50 Jahre danach16 Zur Restaurierung 2. Teil *17 10 Jahre Denkmalpflege

in Niederösterreich18 Zur Restaurierung 3. Teil19 Umbauten, Zubauten *20 Leben im Denkmal21 Speicher, Schüttkästen22 Der Wienerwald *23 Die Via Sacra24 Blick über die Grenzen25 Die Bucklige Welt26 Die Wachau,

UNESCO Welt- und Naturerbe

27 Südliches Waldviertel28 Most- und Eisenstraße29 Semmering

UNESCO Weltkulturerbe30 St. Pölten

Landeshauptstadt- und Zentralraum

31 Waldviertel32 Archäologie33 Weinviertel

Die mit * versehenen Titel sindbereits vergriffen.Kein Nachdruck vorgesehen!

Nachbestellungen/BezugBisher sind erschienen:

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Impressum

Herausgeber und VerlegerAmt der NÖ LandesregierungAbteilung Kultur und WissenschaftLeiter: HR Dr. Joachim RösslLandhausplatz 1, 3109 St. Pölten

Broschü[email protected]. 02742/9005-13093Fax. 02742/9005-13279

RedaktionskomiteeEdith Bilek-CzernyHermann DikowitschMartin GrüneisAxel HubmannWerner KitlitschkaMargit KohlertPeter KönigAndreas LebschikGerhard LindnerChristine PennerstorferGottfried Stangler �

KoordinationGerhard Lindner, Architekturbüro in BadenEdith Bilek-Czerny

LayoutGeorg Lohmer, Wien

Hersteller Druckerei Berger, Horn

Erratum zu Band 33Der Artikel über die Restauratorentagung wurdevon Frau Mag. Silvia Miklin-Kniefaczverfasst.

LinieInformation über denkmalpflegerischeVorhaben im Land Niederösterreich, inZusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt,Landeskonservatorat für Niederösterreich.Namentlich gezeichnete Beiträge müssen nichtunbedingt die Meinung der Redaktion bzw. desHerausgebers darstellen.

St. Pölten, Dezember 2005

Autoren von Heft 34 „Gemälde“

Dr. Peter Baxa, Prom.hist. Renata Glaser-Opitzová, Dr. Viktor FerusDenkmalamt der Slowakei

Univ.-Doz. Dr. Werner KitlitschkaKlosterneuburg

Univ.-Doz. Mag. Dr. Manfred KollerBundesdenkmalamt, Leiter der Restaurier-werkstätten Kunstdenkmale

Dr. Johann KronbichlerLeiter des Diözesanmuseums St. Pölten

Mag. Andreas Lebschik Amt der NÖ Landesregierung, Abt. Kultur undWissenschaft

Mag. P. Martin Mayrhofer O.S.B.Kustos des Stiftes Seitenstetten

Mag. art. Maria RanacherKunsthistorisches Museum Wien, akadem. Restauratorin

Mag. Christa ScheiblauerAmt der NÖ Landesregierung, Abt. Kultur undWissenschaft

MMag. Thomas E. SchärfPräsident der Jüdischen Gemeinde Baden

Dr. Sàrolta Schredl Bundesdenkmalamt, Leiterin der Abt. fürMuseen, Bibliotheken

Dr. Hiltigund SchreiberKonservatorin der Erzdiözese Wien

Mag. art. Michael ViglBundesdenkmalamt, RestaurierwerkstättenKunstdenkmale, Amtsrestaurator für Gemälde

Mag. Theobald Wirth„Art & Frame“, Wien

Informationen zu den NÖ Museen im Internetunter www.noemuseen.at

Spenden

Gelegentlich erhalten wir eine Nachricht über die Bereitschaft zu einer Zahlung für die Denkmalpflegebroschüre. Hiezu dürfenwir feststellen, dass die Broschüre weiterhinkostenlos erhältlich ist. Spenden zurErhaltung bedeutender Denkmäler sindjedoch sehr willkommen, beispielsweise

Stift AltenburgSparkasse Horn - Ravelsbach - Kirchberg AG Treuhandkonto „Bundesdenkmalamt“Konto-Nr. 0000-076950BLZ: 20221

oder

Basilika Maria TaferlSpendenkonto „Verein zur Erhaltung derBasilika Maria Taferl“Kto-Nr.: 232 000 23200BLZ: 32000

AbbildungsnachweiseBDA, Archiv: S. 7, 8, 9 (links), 10, 22, 38,39, 40, 41, 42, 43; Mag. art. Michael Vigl,Wien: S. 9 (rechts), 12, 13, 14; AlbertinaWien, S. 16; Stadtgemeinde Klosterneuburg:S. 21; Stadtgemeinde Perchtoldsdorf: S. 22;Stift Seitenstetten: S. 24: Ingeborg Kitlitschka-Strempel, Klosterneuburg: S. 25, 26; NÖ Landesmuseum: S. 27, 28; Akad. Rest.Mag. Alicja Dabrowska: S. 30, 31, 32, 33; Christian Schüller: S. 37; NLK Reinberger: S. 44; NLK Pfeiffer: S. 46;

TitelbildGroßes BildPöbring, Pfarrkirche, Tafelbild von PasqualinoVeneto, restauriert 1911 durch HermannRitschl, während Nachrestaurierung 1966,Foto: BDA, ArchivKleine BilderDie Kirche der hl. Margit von Antiochien inKopcany, Foto: V. FerusKlosterneuburg, Sammlung Essl,Skulpturengarten mit Skulptur „Hare Bell onPortland Stone“ von Barry Flanagan, Foto: Ingeborg Kitlitschka-StrempelPfarrkirche Straning, Hochaltargemälde„Maria Himmelfahrt“ von Johann GeorgSchmidt, Foto: BDA