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«HOTELIER»-SERIE: E-MAIL AUS BRAUNWALD Generationenwechsel im legendären Vierstern-Hotel Belle- vue in Braunwald (Glarus), besser bekannt als «Märchen- hotel». Martin und Lydia Vogel haben sich am 1. Mai 2011 nach knapp 35 Jahren zurückgezogen und das Hotel (54 Zimmer und Suiten, 30 bis 35 Mitarbeitende) ihrem Sohn Patric (31) übergeben. Zusammen mit seiner Partnerin und künftigen Frau, Nadja Bänziger (33), führt er seit dem 1. Mai das Hotel im Glarner Linthal auf 1300 Meter Höhe. Wie schaffen die Vogels den Wechsel von der zweiten zur dritten Generation? «Hotelier» begleitet die Hotelierfami- lie aus dem Glarnerland bis Ende 2011 in der neuen Serie «E-Mail aus Braunwald». 78 06I2011 79 06I2011 Der 1. M ai, «Tag der Arbeit» – nicht für mich! Denn dieses Jahr fiel der Landsgemeinde-Sonntag und somit der wichtigste gesell- schaftliche Tag im Glarnerland auf dieses Datum. Gleichzeitig steht dieses Datum für einen historischen Tag in unserer Familie, denn es war der Startschuss der nächsten Vogel-Generation als Gast- geber. Mein Vater Martin feierte am 1. Mai seinen 62. Geburtstag und übergab mir die Schlüssel fürs Märchenhotel. Zudem war die- ser Tag auch noch der Start ins neue Geschäftsjahr unserer Gesell- schaft. Wir konnten also richtig feiern und anstossen auf diesen geschichtsträchtigen Moment, viele Glückwünsche entgegenneh- men und gespannt den Ratschlägen lauschen. Jeder grosse Wechsel ist jedoch auch mit einem Quäntchen Wehmut versehen. Sei dies für die abtretende Generation, die ihr Lebens- werk weitergeben darf, oder der nötige Respekt für die neue, pracht- volle Aufgabe der nächsten Generation. Unter anderem haben wir uns das persönliche Ziel gesetzt, dass wir nicht zu viel Kapazität und Zeit hinter den Kulissen verbringen, sondern auch echte Gast- geber an der Front sein möchten. Doch einfacher gesagt als getan, denn gleichzeitig sind wir es uns gewohnt, am Schreibtisch Kon- zepte und Ideen zu planen und entwickeln. Es macht Freude und ist aufregend, wenn man mit 31 Jahren bereits Hotelier und Jungunternehmer wird und sein berufliches Glück in den eigenen Händen trägt. Doch der Ursprung dieses Märchens ist bedeutsam. Täglich werden wir auf das spannende und tolle Erbe vom Märchenonkel in Braunwald angesprochen. Bestimmt wer- den wir stark verglichen mit meinen Eltern, was auch gut und ver- ständlich ist. Doch wie pflegte der französische Regisseur François Truffaut zu sagen: «Man kann niemanden überholen, wenn man in seine Fussstapfen tritt.» So sammelten wir auch auf unserer Weltreise manche Inspiration für unsere zukünftige Aufgabe als Hotelunternehmer. Dies sei am Bespiel vom «Begrüssungsgastgeber» (statt Zollbeamten) in Singa- pur dokumentiert. Hier ein kleiner Auszug: Der Einreiseprozess in ein Land stellt auch eine gewisse Hürde dar und symbolisiert eindrücklich die Gepflogenheiten und Standards, die hier vorherrschen. So werden beispielsweise in der Schweiz alle Einreisenden vom Zollmitarbeiter mit der klaren und straf- fen Frage «Händ Sie öpis z’verzollä?» begrüsst. Auch Singapur ist für seine Sauberkeit und Korrektheit bekannt. So vermuteten wir beim Zollbeamten die direkten und konkreten Fragen über unseren Aufenthalt und unser Gepäck. Doch weit gefehlt! Nach längerem Betrachten meines Passes gratulierte mir der Zoll- beamte zu meinem Geburtstag und schenkte mir einen Konsumationsgutschein im Wert von fünf Franken für die umliegenden Restaurants. Ich solle meinen Geburtstag geniessen, fügte er noch hinzu. Und dann war ich definitiv verdutzt. Ver- blüffungsmarketing «at its best» – und dies von einem «Zollbeamten» am Flughafen von Singa- pur! Können Sie sich so etwas in der Schweiz vor- stellen? Auch die Einreise in unserem heimischen Flughafen ist sympathisch, wenn man gleich nach dem Verlassen des Flugzeuges die «Schön sind Sie hier»-Plakate mit dem roten Balken sieht. Doch spätestens am Schalter des Schweizer Zollmit- arbeiters ist die Gastfreundschaft wieder ver- schwunden – Geburtstag hin oder her. Mit diesen prägenden Erinnerungen starten wir hier im Märchenhotel unsere Arbeit als neue Gastgeber – und möchten unseren Gästen so schöne Momente wie möglich bieten. Bis bald – in Braunwald! H Märchenhafte Grüsse SERIE GENERATIONENWECHSEL Das neue Gastgeberpaar in Braunwald: Patric Vogel und seine Lebenspartnerin Nadja. Das junge Hotelierpaar ist soeben von einer zehnwöchigen Weltreise zurückgekehrt. Bild: Patrick Erni GENERATIONENWECHSEL IM HOTEL BELLEVUE BRAUNWALD (TEIL 5) HISTORISCHER TAG IM MäRCHENHOTEL Jetzt führt die nächste Vogel-Generation das legendäre Märchenhotel in Braunwald (Glarus): Hotelier Martin Vogel hat die Schlüssel offizi- ell seinem Sohn Patric übergeben – am 1. Mai, dem Tag der Glarner Landsgemeinde. Hier das erste E-Mail von Jung-Hotelier Vogel aus Braunwald. Lieber «Hotelier» Patric Vogel, Hotelier Ein historischer Moment für die Hotelierfamilie Vogel in Braunwald: Senior Martin Vogel übergibt seinem Sohn Patric symbolisch den Schlüssel zum Märchenhotel. Bild: Foto-Studio Reinhard Fasching, Bregenz

Generationenwechsel im hotel Bellevue Braunwald (teil 5 ...Bild: Foto-Studio Reinhard Fasching, Bregenz. 07–08I2011 71 Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 6) Probezeit-Rabatt

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Page 1: Generationenwechsel im hotel Bellevue Braunwald (teil 5 ...Bild: Foto-Studio Reinhard Fasching, Bregenz. 07–08I2011 71 Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 6) Probezeit-Rabatt

«Hotelier»-Serie: e-Mail auS BraunwaldGenerationenwechsel im legendären Vierstern-Hotel Belle-vue in Braunwald (Glarus), besser bekannt als «Märchen-hotel». Martin und Lydia Vogel haben sich am 1. Mai 2011 nach knapp 35 Jahren zurückgezogen und das Hotel (54 Zimmer und Suiten, 30 bis 35 Mitarbeitende) ihrem Sohn Patric (31) übergeben. Zusammen mit seiner Partnerin und künftigen Frau, Nadja Bänziger (33), führt er seit dem 1. Mai das Hotel im Glarner Linthal auf 1300 Meter Höhe. Wie schaffen die Vogels den Wechsel von der zweiten zur dritten Generation? «Hotelier» begleitet die Hotelierfami-lie aus dem Glarnerland bis Ende 2011 in der neuen Serie «E-Mail aus Braunwald».

78 06I2011 7906I2011

Der 1. Mai, «Tag der Arbeit» – nicht für mich! Denn dieses Jahr

fiel der Landsgemeinde-Sonntag und somit der wichtigste gesell-

schaftliche Tag im Glarnerland auf dieses Datum. Gleichzeitig steht

dieses Datum für einen historischen Tag in unserer Familie, denn

es war der Startschuss der nächsten Vogel-Generation als Gast-

geber. Mein Vater Martin feierte am 1. Mai seinen 62. Geburtstag

und übergab mir die Schlüssel fürs Märchenhotel. Zudem war die-

ser Tag auch noch der Start ins neue Geschäftsjahr unserer Gesell-

schaft. Wir konnten also richtig feiern und anstossen auf diesen

geschichtsträchtigen Moment, viele Glückwünsche entgegenneh-

men und gespannt den Ratschlägen lauschen.

Jeder grosse Wechsel ist jedoch auch mit einem Quäntchen Wehmut

versehen. Sei dies für die abtretende Generation, die ihr Lebens-

werk weitergeben darf, oder der nötige Respekt für die neue, pracht-

volle Aufgabe der nächsten Generation. Unter anderem haben wir

uns das persönliche Ziel gesetzt, dass wir nicht zu viel Kapazität

und Zeit hinter den Kulissen verbringen, sondern auch echte Gast-

geber an der Front sein möchten. Doch einfacher gesagt als getan,

denn gleichzeitig sind wir es uns gewohnt, am Schreibtisch Kon-

zepte und Ideen zu planen und entwickeln.

Es macht Freude und ist aufregend, wenn man mit 31 Jahren bereits

Hotelier und Jungunternehmer wird und sein berufliches Glück in

den eigenen Händen trägt. Doch der Ursprung dieses Märchens ist

bedeutsam. Täglich werden wir auf das spannende und tolle Erbe

vom Märchenonkel in Braunwald angesprochen. Bestimmt wer-

den wir stark verglichen mit meinen Eltern, was auch gut und ver-

ständlich ist. Doch wie pflegte der französische Regisseur François

Truffaut zu sagen: «Man kann niemanden überholen, wenn man in

seine Fussstapfen tritt.»

So sammelten wir auch auf unserer Weltreise manche Inspiration

für unsere zukünftige Aufgabe als Hotelunternehmer. Dies sei am

Bespiel vom «Begrüssungsgastgeber» (statt Zollbeamten) in Singa-

pur dokumentiert. Hier ein kleiner Auszug:

Der Einreiseprozess in ein Land stellt auch eine gewisse Hürde dar

und symbolisiert eindrücklich die Gepflogenheiten und Standards,

die hier vorherrschen. So werden beispielsweise in der Schweiz

alle Einreisenden vom Zollmitarbeiter mit der klaren und straf-

fen Frage «Händ Sie öpis z’verzollä?» begrüsst. Auch Singapur ist

für seine Sauberkeit und Korrektheit bekannt. So vermuteten wir

beim Zollbeamten die direkten und konkreten Fragen über unseren

Aufenthalt und unser Gepäck. Doch weit gefehlt! Nach längerem

Betrachten meines Passes gratulierte mir der Zoll-

beamte zu meinem Geburtstag und schenkte mir

einen Konsumationsgutschein im Wert von fünf

Franken für die umliegenden Restaurants. Ich

solle meinen Geburtstag geniessen, fügte er noch

hinzu. Und dann war ich definitiv verdutzt. Ver-

blüffungsmarketing «at its best» – und dies von

einem «Zollbeamten» am Flughafen von Singa-

pur! Können Sie sich so etwas in der Schweiz vor-

stellen? Auch die Einreise in unserem heimischen

Flughafen ist sympathisch, wenn man gleich nach

dem Verlassen des Flugzeuges die «Schön sind Sie

hier»-Plakate mit dem roten Balken sieht. Doch

spätestens am Schalter des Schweizer Zollmit-

arbeiters ist die Gastfreundschaft wieder ver-

schwunden – Geburtstag hin oder her.

Mit diesen prägenden Erinnerungen starten wir

hier im Märchenhotel unsere Arbeit als neue

Gastgeber – und möchten unseren Gästen so

schöne Momente wie möglich bieten. Bis bald –

in Braunwald!

H

Märchenhafte Grüsse

Serie GenerationenwecHSel

Das neue Gastgeberpaar in Braunwald: Patric Vogel

und seine Lebenspartnerin Nadja. Das junge Hotelierpaar ist

soeben von einer zehnwöchigen Weltreise zurückgekehrt.

Bild: Patrick Erni

Generationenwechsel im hotel Bellevue Braunwald (teil 5)

HistoriscHer tag iM MärcHenHotel

Jetzt führt die nächste Vogel-Generation das legendäre Märchenhotel in Braunwald (Glarus): Hotelier Martin Vogel hat die Schlüssel offizi-ell seinem Sohn Patric übergeben – am 1. Mai, dem Tag der Glarner Landsgemeinde. Hier das erste E-Mail von Jung-Hotelier Vogel aus Braunwald.

Lieber «Hotelier»

Patric Vogel, Hotelier

Ein historischer Moment für die Hotelierfamilie Vogel in Braunwald: Senior Martin Vogel übergibt seinem Sohn Patric symbolisch den Schlüssel zum Märchenhotel. Bild: Foto-Studio Reinhard Fasching, Bregenz

Page 2: Generationenwechsel im hotel Bellevue Braunwald (teil 5 ...Bild: Foto-Studio Reinhard Fasching, Bregenz. 07–08I2011 71 Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 6) Probezeit-Rabatt

7107–08I2011

Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 6)

Probezeit-RabattAuch im Marketing haben wir die Startphase genutzt und unseren Gästen ein Midweek Spezial Package mit einem «Probezeit-Rabatt» von 30 Prozent angeboten. Weil wir neu sind, wollten wir unsere Gäste davon profitieren lassen und gaben ihnen 30 Prozent Rabatt auf ein Midweek Package für zwei Übernachtungen (die Wochen-enden waren ja glücklicherweise seit Wochen ausgebucht), inklu-sive konstruktives Verbesserungsfeedback an die neuen Gastgeber.Im Märchenhotel dürfen wir regelmässig drei Generationen Gäste begrüssen. Auch beim Eröffnungswochenende konnten wir dies erleben. Doch das Highlight war, als beim Check-out drei Enkel-kinder einer dieser «Bilderbuchfamilien» von Nadja und mir ein Autogramm verlangten. Dies sind Momente und Erlebnisse, wel-che den Beruf Gastgeber in einem Ferienhotel eben doch zu einem Traumberuf machen. H

Märchenhafte Grüsse

Serie GenerationenwechSel

Was für ein fulminanter Saisonstart für das neue Märchenhotel-Team! Am Eröffnungswochenende über den 1. Juni war gleichzei-tig Auffahrt und somit auch eine grosse Nachfrage nach Kurzfe-rien in den Bergen. Mit einem «Full House» haben wir gerechnet, doch als beim Check-in eine Familie zu viel erschien, war uns etwas mulmig zumute. Nur können in Braunwald die zu viel gebuchten Ankömmlinge nicht einfach ins nächstgelegene Hotel gebracht und womöglich als «Wiedergutmachung» ein Upgrade in ein teureres Hotel oder in eine Suite offeriert werden. Nachdem das Hotel Nie-derschlacht seit mehreren Jahren leer steht und das Hotel Alpen-blick nach dem Konkurs auch noch niederbrannte, ist das Märchen-hotel ziemlich auf sich selbst angewiesen.Also gab ’s nur eine Möglichkeit: Unsere Bekannten schliefen in unserer Privatwohnung im Hotel – und wir selber übernachteten auf einem Klappbett im Korridor unserer Wohnung. Was für ein Erlebnis zum Saisonstart – mit einer Auslastung von 104 Prozent!

Gugelhopf auf portugiesischIn der etwas ruhigeren Midweek-Periode starteten wir den selbst-kreierten Deutsch- und Heimatunterricht für unsere portugiesi-schen Mitarbeitenden. Zur ersten Lektion brachte unsere Dorfleh-rerin gleich den äusserst beliebten Gugelhopf von unserem Aus-flugsrestaurant Nussbüel mit. Es geht bei diesem Deutschunterricht vor allem darum, dass die fremdsprachigen Mitarbeiter unsere Tou-rismus-Angebote verstehen und dem Gast diese auch in eigenen Worten erklären können. Es ist keine klassische Deutschstunde, sondern vielmehr ein Austausch mit Spass und Rollenspiel. Den Gugelhopf gibt ’s in Portugal jedenfalls nicht oder noch nicht, am ehesten ist dieser mit «Torta marmore» zu vergleichen. Aber viel-leicht sind unsere portugiesischen Mitarbeitenden auch wegen die-ser Erfahrung wieder ausgezeichnet motiviert.

Die emotionalen Werte für einen GastgeberMeine Eltern pflegten immer wieder zu sagen: «Die Zufriedenheit unserer Stammgäste und die leuchtenden Augen der begeisterten Kinder sind wichtiger als der Discounted Cash Flow, denn dieser ist quasi eine Ableitung der begeisterten Kinderaugen.» Jetzt, wo wir die anreisenden Kinder mit eigenen neuen Ideen nicht nur emp-fangen, sondern teilweise auch verblüffen, wissen wir, was meine Eltern damit meinten.Der Kinder-Willkommensdrink «Sonnenaufgang» ist ein einhei-misches Elmer Citro mit Grenadinsirup. Und wenn die Kids ihr Glas auf die beleuchtete Kinder-Rezeptionstheke stellen, wechselt die Leuchtfarbe auf Rot. Willkommen im zauberhaften Märchenhotel! Den Erwachsenen servieren wir einen «Gespritzten Glarner», eine freche Kombination aus Cocktail mit Elmer Citro.Nach dem Trockenlegen eines kleinen Wasserschadens in einem Gästebadezimmer, trocknete meine zukünftige Frau Nadja auch noch die Tränen von zwei jungen österreichischen Praktikantin-nen, die Heimweh hatten, da die Schweiz für sie doch etwas Frem-des ist. Auch solche Momente gehören zu einer Probezeitphase im Hotel. Jetzt sind die beiden glücklicherweise wieder guten Mutes.

Patric Vogel, Hotelier

Das neue Gastgeberpaar in Braunwald: Patric Vogel und seine Lebenspartnerin Nadja. Bild: Patrick Erni

«hotelier»-Serie: e-Mail auS BraunwaldGenerationenwechsel im legendären Vierstern-Hotel Bellevue in Braunwald (Glarus), besser bekannt als «Märchenhotel». Martin und Lydia Vogel haben sich am 1. Mai 2011 nach knapp 35 Jahren zurückgezogen und das Hotel (54 Zimmer und Suiten, 30 bis 35 Mitarbeitende) ihrem Sohn Patric (31) über-geben. Zusammen mit seiner Partnerin und künftigen Frau, Nadja Bänzi-ger (33), führt er seit dem 1. Mai das Hotel im Glarner Linthal auf 1300 Meter Höhe. Wie schaffen die Vogels den Wechsel von der zweiten zur dritten Gene-ration? «Hotelier» begleitet die Hotelierfamilie aus dem Glarnerland bis Ende 2011 in der neuen Serie «E-Mail aus Braunwald».

Lieber «Hotelier»

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Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 7)

wandten gezeigt. Man erzählt ihnen vom «Märli-Zirkus» in den Ferien. Da spricht kein Mensch mehr vom schlechten Wetter!

Loslassen wollen und loslassen könnenMeine Eltern haben uns am 1. Mai die Schlüssel des Hotels überge-ben – und ab dem 1. Juni durften wir als Gastgeber die Gäste selber begrüssen, die Mitarbeitenden führen und die Verantwortung tra-gen. Gleichzeitig haben uns die Eltern einige Stunden pro Woche unterstützt, beraten und ausgeholfen. Doch loslassen wollen und loslassen können sind zwei Schritte im Generationenprozess, die in der richtigen Phase stattfinden sollten. Bei uns waren dies flies-sende Übergänge. Nachdem meine Eltern ihre zweiwöchige Wan-derung durch die Schweiz – von Braunwald zu Fuss an den Gen-fersee – durchgeführt haben, sind sie jetzt für fünf Wochen nach New Glarus («Americas Little Switzerland») verreist. Sie geniessen den dritten Lebensabschnitt in vollen Zügen!Die tollste Bestätigung für unseren Neustart im Märchenhotel gab uns eine Schweizer «Bilderbuch-Familie» mit vier Kindern aus dem Kanton Aargau. Nach ihrem ersten Aufenthalt im Märchen-hotel haben sie bei der Abreise gleich wieder ein Zimmer gebucht. Sie waren nur eine Woche später schon wieder Gäste bei uns. Dies nennt man «wiederkehrende Gäste». H

Märchenhafte Grüsse

Serie GenerationenwechSel

Ferien in der Schweiz – jetzt erst recht. Mit dieser Kampagne ver-sucht Schweiz Tourismus die Schweizer Gäste zu motivieren, im eigenen Land ihre Ferien zu verbringen. Vielleicht sind aus diesem Grund gerade jetzt fünf Familien aus dem Tourismuskanton Wal-lis bei uns in den Ferien. Auf jeden Fall macht es Freude, wenn wir Schweizer Gäste aus anderen Tourismusregionen für unser Pro-dukt begeistern können.Der Saisonstart ist trotz schwierigem Umfeld geglückt, die Hoch-saison-Monate Juli und August waren gut. Doch wie und wo ver-gleichen wir uns? Als Neustarter und Jung-Hoteliers sind die Ziele doch sehr ambitioniert. Seien dies die guten Zahlen vom Vorjahr, das uns gesetzte Budget oder vielleicht die allgemeine Tourismus-entwicklung. Euro- und Dollar-Schwäche verschärfen diese Frage-stellung. Die Frage nach Kosteneinsparung oder Angebotserweite-rung in der ersten Saison stellt sich – oder wäre das zu überstürzt? Hier helfen vor allem der gesunde Menschenverstand und ein emo-tionaler Bauchentscheid.

Mitarbeiter-Rekrutierung im BergdorfDie Mitarbeiter-Rekrutierung in der Hotellerie und der ganzen Tou-rismus-Branche ist intensiv und gewiss nicht einfach. Dies vor allem in einer kleinen Bergdestination wie Braunwald. Wenn es in Zürich, Luzern oder Zermatt als Herausforderung gilt, nachhaltig und erfolgreich Mitarbeiter zu engagieren und auch zu halten, dann ist dies in einer kleinen Bergdestination nochmals eine Stufe schwie-riger. Seit Saisoneröffnung suchen wir einen Commis de Cuisine oder Jungkoch. Diverse Rekrutierungskanäle haben wir aktiviert, über sieben Wochen hat unsere Suche gedauert. In der Überbrü-ckungsphase hat das bestehende Küchenteam einen Super-Einsatz geleistet und der Teamgeist ist gestiegen. Am Schweizer National-feiertag konnten wir dann unseren neuen Jung-Koch aus Deutsch-land begrüssen. Er hat sich also auf das spannende Abenteuer Mär-chenhotel im für ihn unbekannten Braunwald eingelassen. Und dies mit Freude und Begeisterung!

Wochenprogramm oder Kinder-Animation? Während der Schlechtwetterphase im Juli wurde uns bewusst, wie wichtig ein Inhouse-Animationsprogramm ist. Sei dies die Kinder-schatzsuche im ganzen Hotel mit grosser Schatztruhe oder die Aerobic-Lektion «Fit fürs Mami» am frühen Morgen mit Gastgebe-rin Nadja Bänziger. Bei allen Programmpunkten steht die Interak-tion mit den Gästen im Vordergrund. Am Mittwochabend «streikt» unser sechsköpfiges Serviceteam beim Dessertservice. Dann ste-cken wir kurzerhand 40 Kinder in Serviceuniformen – und schon haben wir eine neue, grosse Crew, die den Eltern das Dessert ser-viert. Auch das Wochen-Highlight «Märli-Zirkus» zeigt uns, dass ein Wochenprogramm zentral ist für die Gäste – und auch effekt-volles Marketing sein kann. Mit einfachen Mitteln und Bastelküns-ten werden aus liebenswürdigen Kindern gefährlich Raubtiere, lus-tige Clowns, eindrückliche Akrobaten oder Zauberer. Manege frei im Speisesaal! Die Eltern fotografieren und filmen, was das Zeug hält, und nach der Aufführung sind die Zirkus-Artisten die Stars im Hotel. Diese Fotos und Filme werden später Freunden und Ver-

Patric Vogel, Hotelier

Das neue Gastgeberpaar in Braunwald: Patric Vogel und seine Lebenspartnerin Nadja. Bild: Patrick Erni

«hotelier»-Serie: e-Mail auS BraunwaldGenerationenwechsel im legendären Vierstern-Hotel Bellevue in Braunwald (Glarus), besser bekannt als «Märchenhotel». Martin und Lydia Vogel haben sich am 1. Mai 2011 nach knapp 35 Jahren zurückgezogen und das Hotel (54 Zimmer und Suiten, 30 bis 35 Mitarbeitende) ihrem Sohn Patric (31) über-geben. Zusammen mit seiner Partnerin und künftigen Frau, Nadja Bänzi-ger (33), führt er seit dem 1. Mai das Hotel im Glarner Linthal auf 1300 Meter Höhe. Wie schaffen die Vogels den Wechsel von der zweiten zur dritten Gene-ration? «Hotelier» begleitet die Hotelierfamilie aus dem Glarnerland bis Ende 2011 in der neuen Serie «E-Mail aus Braunwald».

Lieber «Hotelier»

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Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 8)

Keine Flitterwochen gleich nach unserer Hochzeit, sondern zwei Tage später ging ’s an die Generalversammlung der «Kids Hotels» nach Gstaad. Mit vielen neuen Hotelier-Kollegen wurden gemein-same Marketingmassnahmen, Schwachstellen und Erfolgskon-zepte diskutiert und ausgetauscht. Solche Begegnungen und Austausche sind enorm wichtig und zusätzliche Motivatoren, «zuhause» wieder zwei Schritte vorwärts zu laufen. Wie heisst es doch so passend: «Nicht die grossen Fische fressen die kleinen, son-dern die schnellen die langsamen.» H

Märchenhafte Grüsse

Serie GenerationenwechSel

Ein Jungunternehmer und -hotelier wünscht sich vielleicht eine einfachere Start-Saison als den Sommer 2011. Aufgrund des ver-regneten Julis und des starken Frankens mussten wir uns grossen Herausforderungen stellen. Es waren Entscheidungen mit etwas Mut gefragt. Doch wie lautet das Sprichwort so schön: «Im kalten Wasser lernt man schwimmen.» Genau solche Herausforderungen, auch wenn sie nicht immer angenehm sind, machen diese Aufgabe zusätzlich spannend. Geplante Investitionen müssen erneut kalku-liert und evaluiert, Geldflüsse angepasst und Prioritäten neu gesetzt werden. Im operativen Geschäft müssen Prozesse angepasst und zusammengelegt und das Produkt optimiert werden – ohne quali-tative Abstriche. Ausgerechnet in einer Phase der Konsolidierung haben wir diesen Entwicklungsgang erfahren. Der September war ein sehr wechselhafter Monat, nicht nur an den Börsen ging es hoch und runter, auch wir im Märchenhotel hatten sehr intensive Phasen und dann wieder Rückgänge. An den Wochenenden im September hätten wir das Hotel gleich zweimal füllen können, nicht zuletzt dank vieler Familien- und Geburtstagsfeste, unter der Woche hin-gegen blieben viele Zimmer leer. Was für ein Jahr 2011! Nach einer zehnwöchigen Weltreise und der Geschäftsübernahme im Mai, war der grosse Höhepunkt der 3. September. Wir durften unsere eigene Hochzeit feiern – einmal nicht als Gastgeber und Koordinationsstelle für das Brautpaar, son-dern selber als Brautpaar den glücklichsten Tag erleben …In der Hotellerie ist es nicht immer einfach, die Grenze zwischen Privat- und Geschäftsleben sinnvoll zu ziehen und beide Aspekte korrekt zu bewerten. Doch hier war uns klar, dass jetzt nur die pri-vaten Interessen und Wünsche von Bedeutung sind. Doch auch feiern im eigenen Hotel setzt eine intensive Vorbereitung vor-aus. Unsere Mitarbeiter und Kader durften, oder mussten, diesen Anlass ohne unsere Mithilfe umsetzen und den ganzen «Karren» ziehen. Es war das erste Mal, dass unsere Mitarbeiter einen Anlass in dieser Grössenordnung ohne unsere Hilfe oder die Hilfe mei-ner Eltern vorbereiten und durchführen konnten. Das verursachte leider die eine oder andere schlaflose Nacht bei den verantwortli-chen Personen. Doch alles klappte bestens: ein wirklich gelunge-ner Anlass, von A bis Z märchenhaft umgesetzt! Unseren Mitarbei-tern gebührt ein riesiges Kompliment – und ein aufrichtiger Dank. Wir sind stolz auf sie!Als Geschenk unserer ehemaligen Chefs bekamen wir Karten für das Montreux Jazz Festival geschenkt. Da dieser Event immer in der Hochsaison stattfindet, möchten Jürg Schmid (Direktor Schweiz Tourismus ST), Thomas Winkler (ST), Nicole Diermeier (ST) und Fritz Erni (Direktor Montana Luzern), alle mit ihren Partnern/ -innen, das Märchenhotel für ein Wochenende führen, damit wir völlig entspannt nach Montreux fahren und dieses Geschenk ein-lösen können. Mit Jürg Schmid an der Hotelrezeption und Fritz Erni in der Küche kann eigentlich nichts schiefgehen – was für ein «Dream Team»! Wir freuen uns jetzt schon auf das Gaudi!

Patric Vogel, Hotelier

Der 3. September 2011 war ein grosser Tag im Leben von Patric und Nadja Vogel. Im Schloss Rapperswil wurde geheiratet – und im Märchenhotel gefeiert.

«hotelier»-Serie: e-Mail auS BraunwaldGenerationenwechsel im legendären Vierstern-Hotel Bellevue in Braunwald (Glarus), besser bekannt als «Märchenhotel». Martin und Lydia Vogel haben sich am 1. Mai 2011 nach knapp 35 Jahren zurückgezogen und das Hotel (54 Zimmer und Suiten, 30 bis 35 Mitarbeitende) ihrem Sohn Patric (31) über-geben. Zusammen mit seiner Frau Nadja (33) führt er seit dem 1. Mai das Hotel im Glarner Linthal auf 1300 Meter Höhe. Wie schaffen die Vogels den Wechsel von der zweiten zur dritten Generation? «Hotelier» begleitet die Hotelierfamilie aus dem Glarnerland bis Ende 2011 in der neuen Serie «E-Mail aus Braunwald».

Lieber «Hotelier»

Page 5: Generationenwechsel im hotel Bellevue Braunwald (teil 5 ...Bild: Foto-Studio Reinhard Fasching, Bregenz. 07–08I2011 71 Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 6) Probezeit-Rabatt

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Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 9)

dadurch entstehen (bei diesem tiefen Euro-Kurs sind die Anbieter aus den Nachbarländern oft attraktiver), den Hotels rückzuvergü-ten. Dies würde die Schweizer Wirtschaft und nicht nur die Touris-mus-Branche ankurbeln. «Es war einmal …» muss, wie wir aus dem Glarner Beispiel lernen, nicht nur der Anfang eines Märchens sein!Übrigens: Im kommenden Winter wetten wir mit unseren Gästen «Schnee oder Champagner». Das letztjährige Jammern über die prekären Schneeverhältnisse in den Schweizer Alpen hat uns auf die Idee gebracht: Das Märchenhotel in Braunwald verspricht min-destens 30 Zentimeter Naturschnee (die Höhe einer Flasche Cham-pagner) vom Dreikönigstag (6.1.12) bis Aschermittwoch (22.2.12), und wenn es weniger Schnee hat, spendieren wir unseren Gäs-ten jede Nacht eine Flasche Champagner … und dies gleich von der Edelmarke Taittinger. Ob Schnee, Champagner oder SGH und Innotour: Top, die Wette gilt! H

Märchenhafte Schnee-Grüsse

Serie GenerationenwechSel

Die erste Sommer- und Herbstsaison ist vorbei und wir dürfen auf eine grundsätzlich gute und erfolgreiche Startsaison zurück-blicken. Viele Ziele haben wir uns gesetzt, noch mehr kamen im Laufe der Saison hinzu, doch das Fazit für uns ist: «Der Take-off war erfolgreich». Indessen wirklich erfolgreich kann ein Hotel nur sein, wenn es langfristig richtig positioniert ist und nachhaltig Ersatzinvestitionen finanzieren kann. So machte sich der Jungho-telier Gedanken über Umbauten, Renovationen, Investitionen und deren Finanzierung. Hier ein kleiner Anstoss.Wie heisst es so schön im Märchen: Es war einmal … ein kleiner Bergkanton, der mit einem neuen kantonalen Tourismusgesetz für die Unterstützung und Finanzierung von Projekten und Bauvorha-ben etwas Mut bewies. Die besten und ideenreichsten Zugpferde wurden – falls sie erfolgreich operieren, ein klares Konzept verfol-gen und innovativ sind – mit «à-fonds-perdu» Investitionsbeiträgen unterstützt. Da staunten einige nationale Touristiker und Hoteliers, was dieser kleine Bergkanton für Wege beschreitet.… Und das Schönste an diesem Märchen: Es ist eine wahre Geschichte! Seit 2007 unterstützt das Glarner Tourismus-Ent-wicklungsgesetz Unternehmen mit «à-fonds-perdu» Beiträgen für nachhaltige Investitionen und Projekte.Im Herbst 2011 entschieden Bundesrat und Parlament in Bern, der Tourismusbranche unter die Arme zu greifen, und zwar mit einem Förderungsdarlehen von 100 Millionen Franken an die Schweize-rische Gesellschaft für Hotelkredit (SGH). Die SGH will zusam-men mit dem SECO rasch und umfassend handeln und erwähnt, dass der bis Ende 2015 nicht beanspruchte Teil des Darlehens an den Bund zurückfliesst. Gewisse Stimmen verlangen eine MwSt.-Reduktion (was wir uns auch vorstellen könnten). Falls das Dar-lehen von 100 Millionen tatsächlich bei der SGH zur Förderung der Beherbergungsbranche bleibt, müsste ein neuer und mutiger Ansatz gesucht werden. Ursprünglich waren Zinsvergünstigungen durch die SGH ein beliebtes Instrument. Da sich die Zinsen auf his-torisch tiefem Niveau befinden und bei den konventionellen Banken Libor-Finanzierungen im Bereich der Ein-Prozent-Grenze erhält-lich sind, muss ein neuer Anreiz für SGH-Finanzierungen gefun-den werden. Vielleicht wäre der kleine Bergkanton ein Ideengeber! Zum Beispiel könnte das nationale Tourismus-Förderprogramm Innotour, das bis jetzt explizit kooperationsfördernde und betriebs-übergreifende Projekte berücksichtigt, im Rahmen dieses För-derungsdarlehens von 100 Millionen Franken für Einzelbetriebe adaptiert werden und es könnten wirklich innovative und wegwei-sende Projekte mit «a-fonds-perdu» Beiträgen unterstützt werden.Eine weitere Möglichkeit wäre, wenn die SGH Hotels, die diesen Herbst Investitionen geplant haben, diese nun aber auf Grund der harten Wirtschaftsbedingungen nicht realisieren können (weniger Umsatz), mit zinslosen Darlehen finanziell unterstützt. Vielleicht wäre es auch eine Idee, die Hotels dazu zu motivieren, ihre Umbau-ten mit Schweizer Unternehmen zu tätigen und die Mehrkosten, die

Patric Vogel, Hotelier

Patric und Nadja Vogel, das junge Hotelierpaar im Märchenhotel Braunwald.

«hotelier»-Serie: e-Mail auS BraunwaldGenerationenwechsel im legendären Vierstern-Hotel Bellevue in Braunwald (Glarus), besser bekannt als «Märchenhotel». Martin und Lydia Vogel haben sich am 1. Mai 2011 nach knapp 35 Jahren zurückgezogen und das Hotel (54 Zimmer und Suiten, 30 bis 35 Mitarbeitende) ihrem Sohn Patric (31) über-geben. Zusammen mit seiner Frau Nadja (33) führt er seit dem 1. Mai das Hotel im Glarner Linthal auf 1300 Meter Höhe. Wie schaffen die Vogels den Wechsel von der zweiten zur dritten Generation? «Hotelier» begleitet die Hotelierfamilie aus dem Glarnerland bis Ende 2011 in der neuen Serie «E-Mail aus Braunwald».

Lieber «Hotelier»

Page 6: Generationenwechsel im hotel Bellevue Braunwald (teil 5 ...Bild: Foto-Studio Reinhard Fasching, Bregenz. 07–08I2011 71 Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 6) Probezeit-Rabatt

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Generationenwechsel im märchenhotel Braunwald (teil 10)

Doch seine ganze Kreativität bekommt der Lift, wenn er sich in Bewegung setzt. In jeder Etage strahlt der Aufzug in einer ande-ren Farbe, dezent aber doch erkennbar, ändert er seine Decken-farbe von Rot auf Orange, Gelb, usw. Für die Kinder ein Erlebnis, für uns Erwachsene auch.

Die Zunge kann lügen – der Körper nieAuch in der Zwischensaison findet die Zeit der grossen Rekrutie-rung statt. Dutzende von Vorstellungsgesprächen durften meine Frau und ich führen. Ein Interview ist uns besonders in Erinne-rung geblieben; wie aufrichtig und vorzüglich der Bewerber von sich gesprochen hat, seine Gesten und die Körpersprache waren jedoch nicht deckungsgleich mit seinen Worten. Wir hatten sehr viele Punkte und Themen angesprochen und diskutiert, alles immer bestens beantwortet, es waren keine Zweifel vorhanden. Doch am Ende des Gesprächs hatten wir ein ungutes Bauchgefühl, irgend-etwas war nicht ganz korrekt. Zwei Wochen später haben wir über Umwege erfahren, dass dieser Bewerber diverse Strafanzeigen hatte und ihm eine mögliche Haftstrafe bevorsteht.

Schweizer Gäste zu GastBevor wir uns in das Abenteuer der ersten Wintersaison stürzen, holten wir unsere Flitterwochen nach. Dabei machten wir erneut die eine oder andere interessante Entdeckung mit folgender Erkennt-nis: Bei uns werden Schweizer Gäste regelmässig als «Bünzli» oder «Nörgeler» betrachtet, im Ausland gelten Schweizer jedoch nicht selten als die angenehmsten und sympathischsten Gäste. Verhält sich der Gast so anders, wenn er Ferien in der Heimat macht, oder reisen nur die angenehmen Gäste ausserhalb der Schweiz? Es wäre doch spannend herauszufinden, ob der Schweizer im Ausland mit den gleich hohen Erwartungen in Urlaub fährt wie in seiner Hei-mat. So oder so, wir freuen uns auf unsere Schweizer Gäste!

Danke dem «Hotelier», dass wir im Jahr 2011 jeden Monat eine E-Mail mit unseren Eindrücken und Geschichten schreiben durf-ten. Mit einem grossen Rucksack an neuen Erfahrungen und viel Begeisterung freuen wir uns jetzt auf unsere erste Wintersaison. Bis bald, in Braunwald! H

Märchenhafte Grüsse

Serie GenerationenwechSel

Wir sind bereits in den Startlöchern für die nächste Saison – unsere zweite, allerdings unsere erste Wintersaison. Die Gedanken keh-ren einerseits zurück, andererseits voraus, auf die kommende Zeit.

Ein kleiner RückblickDas sich zu Ende neigende Jahr war für ein ganz besonderes, mit Höhepunkten und wichtigen Entscheidungen. Anfang Jahr absol-vierte meine Frau zwei Praktika im Hotel Valbella Inn und im Hof Weissbad. Nicht jeder Hotelier lässt sich gerne in seine Karten schauen und gibt sein Wissen offen an Dritte weiter. Genau des-wegen waren diese Einsätze so erfreulich und lehrreich – und auch auf diesem Wege möchten wir uns bei den Familien Vogt und Lien-hard und ihren Teams ganz herzlich bedanken.Im Februar schloss ich mein Engagement im Art Deco Hotel Mon-tana ab, wo ich bei Fritz Erni und seinem Team viel lernen und umsetzen durfte, worauf ich noch heute glücklich zurückschaue. Fritz ist und bleibt mein grosses Vorbild. Bevor wir das Märchen-hotel übernahmen, durften wir eine zehnwöchige Weltreise genies-sen. Auch in den abgelegensten Destinationen erlebten wir immer wieder kreative Umsetzungen von gelebter Gastfreundschaft. Am 1. Mai folgte dann die offizielle Schlüsselübergabe von mei-nen Eltern Lydia und Martin Vogel an uns und somit der Start-schuss für die neue Generation. Diese Übergangsphase hat, vor allem dank dem grosszügigen «Loslassen» der abtretenden Gene-ration, sehr gut geklappt. Es ist nicht selbstverständlich, dass zwei, die ein Leben lang ihr Herzblut in ein Unternehmen gesteckt haben, dieses mit so viel Bravour weitergeben können! Den schönsten Tag durften wir mit unserer Hochzeit Anfang September feiern, die uns mit unvergesslichen Eindrücken und Emotionen in Erinne-rung bleiben wird.

Schnee oder Champagner?Aber jetzt heisst es wieder: Denken, planen, organisieren und bestellen, denn schon bald beginnt die Wintersaison. Ist der Schnee bis zum jetzigen Zeitpunkt gekommen, oder müssen wir noch ban-gen? Getreu dem Aufruf diverser Touristiker und Vorzeige-Hote-liers haben wir unser Marketing und unsere PR ganz der Wette «Schnee oder Champagner» verschrieben. Bei weniger als 30 Zen-timeter Naturschnee vor dem Hotel im Januar 2012 gibt es eine Flasche Champagner pro Übernachtung und Zimmer. Für uns ein Wagnis und auch nicht ohne Risiko, doch etwas Mut ist jetzt gefragt.

Umbau HotelliftDas Märchenhotel besitzt bereits einen ganz speziellen und ein-zigartigen Aquarium-Lift mit fünf grossen Becken sowie einer grossen Anzahl Fische und sogar Rochen in der Unterwasserwelt. Durch den Umbau des zweiten Personenaufzugs werden auch bei unseren Stammgästen entsprechende Erwartungen geweckt. Mit dem neuen Regenbogen-Lift (ab 9. Dezember) hoffen wir, diese Erwartungen zu erfüllen. Realisiert wird dieser mit einer elegan-ten Zebrano-Holz-Verkleidung und dreiseitiger Spiegelwand sowie einem Bildschirm, der über die Aktivitäten im Hotel informiert.

Patric Vogel, Hotelier

Patric und Nadja Vogel, die jungen Gastgeber im Märchenhotel Braunwald.

Lieber «Hotelier»