2
210 Ich weiss nicht, welcher Umstand L i e b e r m e n n bewogen hat, eine Vermuthung, die sich mir beim Studium der Rhamnetin-Literatur aufdrangte, die ich aber, durch meine eigenen Versuche veranlaast, ausdriicklich fallen gelassen habe, so hinzustellen, als hatte ich sie nicht nur angenommen, sondern geradezu ale durch eben diese Ver- sachsresultate bewiesen angesehen. 60. Clemens Winkler: Germanium, Ge, ein neues, nicht- metallisches Element. (Eingegangen am 8. Febrnar: mitgeth. in der Sitzung von Hm. A. Pinner.) Im Sommer des Jahres 1885 zeigte sich auf ))Himmelsfiirst Fund- grubea bei Freiberg ein reiches Silbrrerz von ungewiihnlichem An- sehen, in welclieni A. Weis bach eine neue Mineralspecies erkannte, die er ))Argyroditc( benannte. Th. Richter unterwarf das Mineral einer vorlaufigen Untersuchung ror dem Liithrohre uiid fand darin ale Hauptbestandtheile Schwefel und Silber, aufserdem aber constatirte er das Vorhandensein einer geringen Menge Quecksilber, was insofern auffallend und interessant ist, als dieses Metal1 sichoauf den Freiberger Erzgangen bisher noch niemals gezeigt hat. Bei der von mir rorgenonimenen Analyse des Minerals ergab sich, dass der gedachte Quecksilbergehalt nicht mehr als 0.21 pCt. betragt; ausserdeni wurden im Argyrodit, je nach der Reinheit des angewandten Materials, 75 bis 75 pCt. Silber und 17 bis 18 pCt. Schwefel, sowie sehr geringe Mengen Eisen und Spuren ron Arsen gefunden. So oft und so sorgfgltig aber die Analyse auch durch- gefiihrt werden mochte, inimer schloss sie mit einem etwa 6 bis 7 pCt. betragenden Verluste ab, ohne dass es nach dem ublichen Gange der qualitativen Untersuchung miiglich gewesen wilre, den fehlenden Kijrper zu entdecken. Nach mehrwiichentlichem, miihevollem Suchen kann ich heute mit Bestimmtheit aussprechen, dass der Argyrodit ein neues, dem Antimon sehr iihnliches, aber von diesem doeh scharf unterschiedenes Element enthiilt, welchem der Kame ,Germ aniumu beigelegt werden moge. Die Ausfindigmachung desselben brachte nun deshalb grosse Schwierig- keiten und peinigende Zweifel mit sich, weil die den Argyrodit be- gleitenden Mineralien Arsen und Antimon enthielten, die bei ihrer Aehnlichkeit mit dem Germanium und beim vollstiindigen Mange1 an scharfen Trennungsmethoden iiberaus stijrend wirkten.

Germanium, Ge, ein neues, nichtmetallisches Element

Embed Size (px)

Citation preview

210

Ich weiss nicht, welcher Umstand L i e b e r m e n n bewogen hat, eine Vermuthung, die sich mir beim Studium der Rhamnetin-Literatur aufdrangte, die ich aber, durch meine eigenen Versuche veranlaast, ausdriicklich fallen gelassen habe, so hinzustellen, als hatte ich sie nicht nur angenommen, sondern geradezu ale durch eben diese Ver- sachsresultate bewiesen angesehen.

60. C l e m e n s Winkler : Germanium, Ge, ein neues, nicht- metallisches Element.

(Eingegangen am 8. Febrnar: mitgeth. in der Sitzung von Hm. A. Pinner.)

Im Sommer des Jahres 1885 zeigte sich auf ))Himmelsfiirst Fund- grubea bei Freiberg ein reiches Silbrrerz von ungewiihnlichem An- sehen, in welclieni A. W e i s b a c h eine neue Mineralspecies erkannte, die er ))Argyrodi tc( benannte. T h . R i c h t e r unterwarf das Mineral einer vorlaufigen Untersuchung ror dem Liithrohre uiid fand darin ale Hauptbestandtheile Schwefel und Silber, aufserdem aber constatirte er das Vorhandensein einer geringen Menge Quecksilber, was insofern auffallend und interessant ist, als dieses Metal1 sichoauf den Freiberger Erzgangen bisher noch niemals gezeigt hat.

Bei der von mir rorgenonimenen Analyse des Minerals ergab sich, dass der gedachte Quecksilbergehalt nicht mehr als 0.21 pCt. betragt; ausserdeni wurden im Argyrodit, j e nach der Reinheit des angewandten Materials, 75 bis 75 pCt. Silber und 17 bis 18 pCt. Schwefel, sowie sehr geringe Mengen Eisen und Spuren ron Arsen gefunden. So oft und so sorgfgltig aber die Analyse auch durch- gefiihrt werden mochte, inimer schloss sie mit einem etwa 6 bis 7 pCt. betragenden Verluste ab , ohne dass es nach dem ublichen Gange der qualitativen Untersuchung miiglich gewesen wilre, den fehlenden Kijrper zu entdecken.

Nach mehrwiichentlichem, miihevollem Suchen kann ich heute mit Bestimmtheit aussprechen, dass der Argyrodit ein neues, dem Antimon sehr iihnliches, aber von diesem doeh scharf unterschiedenes Element enthiilt, welchem der Kame , G e r m aniumu beigelegt werden moge. Die Ausfindigmachung desselben brachte nun deshalb grosse Schwierig- keiten und peinigende Zweifel mit sich, weil die den Argyrodit be- gleitenden Mineralien Arsen und Antimon enthielten, die bei ihrer Aehnlichkeit mit dem Germanium und beim vollstiindigen Mange1 an scharfen Trennungsmethoden iiberaus stijrend wirkten.

211

Eingehendere Mittheilungen in baldige Aussicht stellend, be- schriinke ich mich heute darauf, iiber das neue Element Folgendes bekannt zu geben:

D e r Argyrodit liefert beim Erhitzen unter Luftabschluss, am beaten im Wakerstoffstrome, ein schwarzes, krystallinisches, ziemlich leicht fluchtiges und zu braunrothen Tropfen schmelzbares Sublimat, welches ausser wenig Schwefelquecksilber haoptslchlich Germanium- sulfid enthalt. Germaniumsulfid ist eine Sulfosiiure; es lost sich leicht in Schwefelammonium und erscheint bei seiner Wiederabscheidung durch Salzslure als ein in reinem Zustande schneeweisser, in Ammo- niak sofort liislicher Niederschlag, der bei Gegenwart von Arsen oder Antimon mehr oder minder g d b g e a r b t erscheint.

Beim Erhitzen im Luftstrome oder beim E r w f m e n mit Salpeter- same geht das Germaniumsulfid in ein weisses , bei Rothgliihhitze nicht fliichtiges, in Kalilauge losliches Oxyd iiber; die alkalische Lii- sung giebt nach dem Ansauern rnit Schwefelwasserstoff die charakte- ristische, weisse Fallung. Starke Verdunnung rerhindert oder ver- zogert die Austllung.

Oxyd wie Sulfid sind, ereteres leicht, letzteres seiner Fliichtigkeit halber schwieriger, reducirbar durch Wasserstoff. Daa Element be- sitzt, iihnlich dem Arsen, graue Farbe und mhssigen Glanz, ist aber erst bei voller Rothgliihhitze fliichtig und entschieden schwieriger rer- dampFbar als Antimon. Es legt sich bei der Verfliichtigung in kleinen, im Ansehen an abgedunstetes J o d erinnernden Krystallen an die Glas- wandung a n , welche keine Schmelzbarkeit bemerken lassen und rnit Antimon gar nicht verwechselt werden kijnnen.

Erhitzt man das Germanium oder seiu Sulfid in einem Strome von Chlorgas, so bildet sich ein weisses, leicht verdampfbares Chlorid, welches fliichtiger ist als Antimonchlorid, und dessen whsserige Liisung nach dem Aiisauern rnit Schwefelwasserstoff weiss gefallt wird.

Die Bestimmung des Atomgewichtes des Germanium8 sol1 sofort, wenn auch zunachst nur mit annlhernder Genauigkeit, vorgenommen werden; sie wird zeigen, ob, wie zu vermuthen steht, das neue Ele- ment berufen ist, die zwischen dem Antimon und dem Wismuth be- findliche Lucke im periodischen System auszufirllen.

Laboratorium der Konigl. Bergakademie. *' 6. Februar 1886.

F r e i b e r g , S a c h s e n .