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Anton ZEILINGER/ZEILINGER Anton Gesetze der Natur – Natur der Gesetze Institut für Experimentalphysik, Universität Wien und St. Chad‘s College, University of Durham oder St. Chad‘s College, University of Durham und Institut für Experimentalphysik, Universität Wien Wolfgang MANTL ist ein Mensch mit ungewöhnlich breitem Denken. Das Spek- trum seiner Interessens- und Wissensgebiete reicht weit über die Staats-, Rechts- und Politikwissenschaften hinaus. Als Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften nimmt er nicht nur an den Sitzungen seiner Klasse, der philoso- phisch-historischen, teil, sondern auch an den Sitzungen der mathematisch-natur- wissenschaftlichen Klasse, regelmäßiger als so manches Mitglied dieser Klasse. Be- scheiden in einer der letzten Reihen sitzend, beglückt er seine Sitznachbarn immer wieder durch treffendste Bemerkungen. Der Renaissancemensch Wolfgang MANTL wird hoffentlich Vergnügen finden an den hier wiedergegebenen losen Assoziationen eines Juristen und eines Physi- kers, die als Vater und Sohn, der eine in England, der andere in Wien, hier ein Pa- pier vorlegen, dessen ausschließliches Ziel eben dieses ist, Wolfgang MANTL zu seinem fünfundsechzigsten Geburtstag zu erfreuen. Als Stil des Artikels haben wir den Dialog gewählt. Allein schon dadurch möch- ten wir unterstreichen, dass wir keinerlei wissenschaftlichen Anspruch erheben möchten. Wir hoffen, dass der Artikel dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, sein Ziel erreicht. Vor dem Tor Spaziergänger aller Art ziehen hinaus, darunter der Physiker Albert, der Jurist Hans und ihr Freund Augustin. AUGUSTIN. Ein schönes Bild. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick.“ Ist das nicht wunderbar?

Gesetze der Natur – Natur der Gesetzespricht einer wichtigen Grundlage aller Naturgesetze, nämlich der, dass jede Be-hauptung, die wir aufstellen, letztlich in irgendeiner Form

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Page 1: Gesetze der Natur – Natur der Gesetzespricht einer wichtigen Grundlage aller Naturgesetze, nämlich der, dass jede Be-hauptung, die wir aufstellen, letztlich in irgendeiner Form

Anton ZEILINGER/ZEILINGER Anton

Gesetze der Natur – Natur der Gesetze

Institut für Experimentalphysik, Universität Wien und St. Chad‘s College,

University of Durham

oderSt. Chad‘s College, University of Durham und Institut für Experimentalphysik,

Universität Wien

Wolfgang MANTL ist ein Mensch mit ungewöhnlich breitem Denken. Das Spek-trum seiner Interessens- und Wissensgebiete reicht weit über die Staats-, Rechts-und Politikwissenschaften hinaus. Als Mitglied der Österreichischen Akademie derWissenschaften nimmt er nicht nur an den Sitzungen seiner Klasse, der philoso-phisch-historischen, teil, sondern auch an den Sitzungen der mathematisch-natur-wissenschaftlichen Klasse, regelmäßiger als so manches Mitglied dieser Klasse. Be-scheiden in einer der letzten Reihen sitzend, beglückt er seine Sitznachbarn immerwieder durch treffendste Bemerkungen.

Der Renaissancemensch Wolfgang MANTL wird hoffentlich Vergnügen findenan den hier wiedergegebenen losen Assoziationen eines Juristen und eines Physi-kers, die als Vater und Sohn, der eine in England, der andere in Wien, hier ein Pa-pier vorlegen, dessen ausschließliches Ziel eben dieses ist, Wolfgang MANTL zuseinem fünfundsechzigsten Geburtstag zu erfreuen.

Als Stil des Artikels haben wir den Dialog gewählt. Allein schon dadurch möch-ten wir unterstreichen, dass wir keinerlei wissenschaftlichen Anspruch erhebenmöchten. Wir hoffen, dass der Artikel dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, seinZiel erreicht.

Vor dem Tor

Spaziergänger aller Art ziehen hinaus, darunter der Physiker Albert,

der Jurist Hans und ihr Freund Augustin.

AUGUSTIN. Ein schönes Bild. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durchdes Frühlings holden, belebenden Blick.“ Ist das nicht wunderbar?

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ALBERT. Es ist wunderschön, aber mit einem holden, belebenden Blick hat dasnichts zu tun. Das kommt daher, dass die Erdachse schief steht und jetzt imFrühling mehr wärmendes Sonnenlicht auf die Wiesen und Felder trifft als imWinter.

HANS. Du hast vollkommen Recht, aber das andere Bild ist ja auch nicht falsch.Wenn es Augustin so sieht, dann hat das doch seine Berechtigung.

AUGUSTIN. Ja, und ich habe zumindest das Recht, dies auszusprechen.ALBERT. Das ist doch glatter Unsinn. Der Frühling hat keinen Blick. Das wider-

spricht doch den grundsätzlichen Vorstellungen über Naturgesetze.AUGUSTIN. Warum soll das einem Naturgesetz widersprechen? Welches Natur-

gesetz schreibt vor, dass die Achse der Erde schief steht?ALBERT. Das sagt natürlich kein Naturgesetz, aber was Du daherredest, wider-

spricht einer wichtigen Grundlage aller Naturgesetze, nämlich der, dass jede Be-hauptung, die wir aufstellen, letztlich in irgendeiner Form durch Beobachtungüberprüfbar sein muss. Und jetzt beweise mir einmal, dass der Frühling einenholden Blick hat.

AUGUSTIN. Aber das Recht habe ich doch, dies zu sagen.ALBERT. Ja, das Recht hast Du offenbar dazu, denn in Österreich geht „das

Recht vom Volke aus“ und da kann doch wohl so mancher Unsinn herauskom-men.

HANS. Gemach, gemach. Mein Vornamensvetter, der Vater des Bundesverfas-sungsgesetzes, Hans Kelsen, hat das selbst ein wenig relativiert. „Die Behaup-tung, dass [das] Recht vom Volke ausgehe, hat rein theoretischen Charakter,trifft übrigens, streng genommen, nicht zu, da das Recht nicht unmittelbar vom,Volk‘ ausgeht, sondern – von gewissen Ausnahmen abgesehen – durchBeschlüsse vom Parlament erzeugt wird.“ Kannst Du nachlesen in seinemBüchlein „Österreichisches Staatsrecht“ von 1923.

ALBERT. Das ist doch der reinste Zynismus.AUGUSTIN. Aber es stimmt. Ein Gesetz ist ja wirklich nichts anderes, als was von

diesen Typen im Parlament beschlossen wird, ob das jetzt vernünftig ist odernicht, spielt überhaupt keine Rolle.

ALBERT. Da sieht es bei Naturgesetzen eben viel besser aus.HANS. Wieso soll es bei denen besser aussehen? Die sind genauso von irgend-

welchen Menschen, von irgendwelchen Physikern, Chemikern, Biologen und soweiter produziert.

AUGUSTIN. Ja. Und Du kannst nicht einmal ein Naturgesetz angeben, nach demdie Erdachse unbedingt schief stehen muss.

ALBERT. Ja, aber Naturgesetze dürfen nie im Widerspruch zu einer Beobachtungoder einer Messung stehen. Wären sie das, sind sie sofort widerlegt.

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HANS. Aber deshalb wird ein Naturgesetz noch lange nicht aufgegeben, weil esder Beobachtung widerspricht. Ich dachte, ich hätte einmal gehört, dass die Re-lativitätstheorie Einsteins allen früheren Arten der Beschreibung von Bewe-gung widerspricht, und trotzdem verwenden wir nicht die Relativitätstheorie,wenn wir uns die Geschwindigkeit eines Autos ausrechnen.

ALBERT. Ja, dies ist eben, weil jedes Naturgesetz seinen Gültigkeitsbereich be-sitzt, und die klassische Physik, wenn wir damit die Physik vor Relativitätstheo-rie und Quantentheorie bezeichnen, also die Physik des neunzehnten Jahrhun-derts, ist heute noch richtig, weil wir nur Fälle betrachten, bei denen kleineBewegungen auftreten, die sehr schnell, also nahe der Lichtgeschwindigkeitsind.

AUGUSTIN. Haha. Also sind Deine famosen Naturgesetze keineswegs so objek-tiv und universell, wie Du immer tust.

ALBERT. Gemach, gemach. Die einfacheren Naturgesetze haben ihre Gültig-keitsbereiche, doch ganz wichtig ist, dass diese Gültigkeitsbereiche nicht eineFrage der Meinung sind, wie Dein Gerede vom holden Blick des Frühlings, son-dern man kann deren Kriterien ganz genau angeben.

HANS. Aha, offenbar gibt es bei den Naturgesetzen verschieden bedeutungsvolle,solche, die für einen gleichen, kleinen Bereich gelten, und solche, die umfas-sender gelten. Das gleiche gibt es ja auch bei staatlichen Gesetzen: Manche sindnur für bestimmte Bereiche und Personengruppen anzuwenden – wie zum Bei-spiel das Beamtenrecht – während andere, etwa das Allgemeine BürgerlicheGesetzbuch, für alle Personen gelten. Und dann gibt es natürlich die Bundes-verfassung, die sozusagen über allem anderen staatlichen Recht steht. Gibt esauch Naturgesetze, die ganz universell anzuwenden sind oder die über allen an-deren stehen?

ALBERT. Es gibt tatsächlich eine Hierarchie der Naturgesetze. Heute glauben wir,dass die tiefsten Gesetze Erhaltungssätze sind, die letztlich auf Symmetrienzurückzuführen sind.

HANS. Ich kann mich dunkel erinnern, einmal etwas von der Erhaltung derEnergie gehört zu haben.

ALBERT. Ja, der Satz von der Erhaltung der Energie ist eines der wichtigsten Na-turgesetze. Er sagt, dass Energie letztlich weder neu erzeugt werden, noch ver-schwinden kann.

AUGUSTIN. Und was hat das mit Symmetrie zu tun? Symmetrie ist ja offenbar,wenn rechts und links gleich sind.

ALBERT. Wenn wir in der Physik Symmetrien meinen, so sprechen wir von etwasviel Tieferem. Eine Symmetrie liegt zum Beispiel dann vor, wenn unsere natur-gesetzliche Beschreibung einer Situation unabhängig von der Zeit ist, einfach

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ausgedrückt, wenn etwa jetzt die gleichen Naturgesetze gelten wie in fünf Mi-nuten. Ist dies der Fall, so folgt daraus die Erhaltung der Energie.

HANS. Es ist offenbar ein sehr demokratisches Prinzip, dass die Naturgesetze zuallen Zeiten gleich sind. Gibt es so etwas Ähnliches auch zur Frage, ob sie an al-len Orten gleich sind?

ALBERT. Ja. Daraus folgt die Erhaltung des Impulses.HANS. Das erinnert mich jetzt aber wirklich an die Situation bei staatlichen Ge-

setzen. Auch hier haben wir ganz wichtige Grundsätze, wie zum Beispiel denGleichheitsgrundsatz. Dies ist ein Grundrecht, das wichtiger ist als alle einfa-chen Gesetze.

AUGUSTIN. Was soll hier heißen, wichtiger ist? Die Gesetze werden ja vom Par-lament beschlossen, und wer immer sie nicht einhält, hat mit Sanktionen zurechnen. Ist dem nicht so?

HANS. So einfach ist es nicht. Wenn ein einfaches Gesetz dem Gleichheitsgrund-satz widerspricht, so kann der Verfassungsgerichtshof die entsprechenden Be-stimmungen aufheben. Der Gleichheitsgrundsatz ist also stärker.

ALBERT. Das ist aber wirklich genau so wie bei den Naturgesetzen. Wenn ein ein-facheres, spezielleres Naturgesetz einem Erhaltungssatz widerspricht, so ist esautomatisch widerlegt. Dann ist es falsch.

AUGUSTIN. Bei den Gesetzen ist es offenbar nicht so. Hier gibt es scheinbarkeine falschen Gesetze. Wenn zum Beispiel eine Regierung in Österreich dienotwendige Mehrheit hat, wird offenbar ohne schlechtes Gewissen einfach einbereits als verfassungswidrig erkanntes Gesetz in eben diesen höheren Rang ge-schubst, damit es unantastbar wird. Diese Vorgangsweise hat uns einen Wust anGesetzen im Verfassungsrang produziert, die etwa so staatstragende Bereichewie Taxilenkerkonzessionen betreffen.

HANS. Aber der Verfassungsgerichtshof kann hier noch immer eingreifen. Erkönnte nämlich theoretisch sagen, dass diese Praxis der „Adelserhebung“ auf-gehobener Normen auf eine Gesamtänderung der Verfassung hinausläuft. Dieshat er zwar noch nicht getan, aber wer weiß, was in der Zukunft kommt?

ALBERT. Offenbar haben wir sowohl im Recht als auch bei Naturgesetzen Hier-archien.

AUGUSTIN. Wie hat der Springer-Vorstandsvorsitzende Günter Wille doch ge-meint?: „Hierarchie ist allenfalls ein notwendiges Ordnungsprinzip, sie mitWeisheit gleichzusetzen ist ein folgenschwerer Irrtum.“

ALBERT. Also auf die Idee, bei Gesetzen von Weisheit zu sprechen, wäre ich oh-nedies nicht gekommen. Dann schon eher bei Naturgesetzen.

HANS. Wieso bei Naturgesetzen? Wessen Weisheit sollte das denn sein?AUGUSTIN. Das ist doch klar. Wie immer man das nennen möchte. Aber ich

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gehe davon aus, dass die Welt von Gott geschaffen ist, also kommen die Gesetzevon Gott.

ALBERT. Ja, mein Namensvetter Einstein hat tatsächlich einmal gesagt, ihn in-teressiere, welche Gedanken Gott gehabt habe, als er die Welt geschaffen habe,und alles andere sei Detail.

AUGUSTIN. Und das heißt doch, die Naturgesetze kommen von Gott?ALBERT. Selbst wenn man der Ansicht ist, dass die Welt von Gott erschaffen wurde,

heißt das noch nicht unbedingt, die Naturgesetze kämen von Gott. Manche Phy-siker sehen die Naturgesetze nur als unsere Weise der Beschreibung der Welt.

HANS. Die Naturgesetze kommen doch offensichtlich genauso wenig unmittelbarvon Gott, wie das Recht unmittelbar vom Volk ausgeht. Das Naturgesetz wirdnatürlich vom einzelnen Wissenschaftler formuliert.

ALBERT. Ja, das führt zu einer der tiefsten Fragen: Gibt es andere mögliche na-turgesetzliche Beschreibungen der Phänomene als die, die wir derzeit in den Na-turwissenschaften verwenden? Es wäre spannend zu wissen, wie das Außerirdi-sche machen.

AUGUSTIN. Für mich als Laien sieht es so aus, dass es auch bei den Gesetzen ver-schiedenste mögliche Vorgangsweisen gibt. Es gibt ja Staaten, die nicht einmaleine Verfassung haben.

HANS. Ja, aber dafür können solche Länder auch skurrile Regeln haben, wie zumBeispiel in England die 23-Uhr-Regel, nach der man später keinen Alkoholmehr ausschenken darf. Was macht der Engländer? Anstatt das Gesetz aufzu-geben, lernt er, es zu umgehen. Um 22 Uhr 55 bestellt man schnell drei Bier, dieman dann in Ruhe später austrinken kann, so lange es der Hausherr halt zulässt.

AUGUSTIN. Erinnere mich dunkel, dass Mark Twain einmal treffend festgestellthatte, Gesetzeslücken ließen sich durch beständigen Gebrauch beträchtlich er-weitern. Daraus beziehe ich viele Anregungen.

ALBERT. Aber sie bleiben Lücken und sind damit ein unschönes Zeichen. AUGUSTIN. Was mich als normalen Bürger mehr interessiert: Welche anderen

Möglichkeiten hat man, um Schwierigkeiten, die man mit einem Gesetz hat, ausdem Weg zu gehen?

HANS. Unser lieber Goethe hat schon den Ratschlag gegeben: „Wer sich den Geset-zen nicht fügen lernt, muss die Gegend verlassen, wo sie gelten.“ Wenn sich also einEngländer nicht daran gewöhnen kann oder will, dass um 23 Uhr sämtliche Pubsschließen, muss er eben nebenan nach Schottland reisen, oder gleich nach Graz.

AUGUSTIN. Und wenn man sich einfach nicht daran hält, und eine Handlungsetzt, die einem Gesetz zuwiderläuft?

HANS. Dann gnade einem Gott – oder der Richter, je nachdem. ALBERT. Das geht oft viel leichter. Es hat mir schon oft geholfen, zu einem Poli-

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zisten, der mir ein Strafmandat anhängen wollte, freundlich zu sein und den reu-igen Sünder zu spielen. Vor kurzem bin da auf der Autobahn mit 170 in eine Ra-darfalle getappt und wie mich die Polizei aufgehalten hat, hab ich einfach …

HANS. Deine Gschichterln interessieren niemanden. Strafvermeidung durchSchauspielerei und Opportunismus, wie unappetitlich!

AUGUSTIN. Nur mit der Ruhe. Aber wie sieht es eigentlich aus mit Sanktionenbei Naturgesetzen?

ALBERT. Ein Naturgesetz kann man klarerweise nicht brechen, sondern höchs-tens eine Handlung setzen, die auf Ignoranz des Gesetzes zurückzuführen ist,und dann wird man auch entsprechend bestraft.

AUGUSTIN. Wer soll mich da bestrafen?ALBERT. Dann versuch doch einmal, das Gesetz der Schwerkraft zu ignorieren

und vom zehnten Stock eines Hochhauses aus dem Fenster zu treten.HANS. Ja, dann ist man offenbar ein hervorragender Kandidat für den Darwin-

Award, den man dafür erhält, wenn man seine eigenen Gene auf besondersdumme Weise dem allgemeinen Genpool entzieht.

AUGUSTIN. Naturgesetze wirken offenbar wie etwas Ewiges, während manstaatliche Gesetze doch ändern kann.

ALBERT. In Österreich liest man ja ununterbrochen von Novellen der Sozialver-sicherungsgesetze. Da hat der Gesetzgeber offenbar Pfusch gemacht.

HANS. So einfach kann man es sich nicht machen. Vielleicht haben sich die Interes-sen der Politik verändert, weshalb eine Änderung des Gesetzes beschlossen wird.

ALBERT. Oder die Autoren des Gesetzes besaßen ungenügende Weitsicht undhaben gewisse Möglichkeiten und Situationen einfach übersehen.

HANS. Das will ich natürlich niemandem unterstellen! Oft wird es wohl auch sosein, dass sich die Umstände so massiv ändern, dass eine Gesetzesänderung not-wendig ist. Aber soviel ich weiß, sind die Naturgesetze auch nicht unantastbar,sie werden doch auch geändert.

ALBERT. Ja, das ist ein ständiger dynamischer Vorgang. Jedes Naturgesetz gilt imPrinzip nur vorläufig, und Änderungen gibt es immer wieder, wenn etwas Neuesgefunden wird.

HANS. Genau wie bei Gesetzen.AUGUSTIN. Mir als bescheidenem Österreicher wird das einfach zuviel. Diese

doppelte Gesetzesflut von Seiten der Naturwissenschaft und von Seiten der Ju-risterei wird mir einfach zuviel. Ich bleibe weiterhin bei Goethe: „Wenn manalle Gesetze studieren sollte, so hätte man gar keine Zeit, sie zu übertreten.“Habt Ihr noch ein bisserl Zeit für ein Bier?

ALBERT und HANS (wie aus einem Munde). Superidee!!Sie gehen durch das Stadttor.

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Studien zu Politik und Verwaltung

Herausgegeben von

Christian Brünner · Wolfgang Mantl · Manfried Welan

Band 90/I

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Der Dank der Herausgeber und des Verlages gilt den Förderern dieses Werkes:

BundeskanzleramtBundesministerium für auswärtige Angelegenheiten

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und KulturBundesministerium für Gesundheit und Frauen

Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

Bundesministerium für Wirtschaft und ArbeitOesterreichische Nationalbank

Steiermärkische LandesregierungNiederösterreichische LandesregierungOberösterreichische Landesregierung

Vorarlberger LandesregierungStadt Graz

Erzdiözese SalzburgDiözese Graz-Seckau

Karl-Franzens-Universität GrazIndustriellenvereinigung ÖsterreichIndustriellenvereinigung Steiermark

Kammer für Arbeiter und Angestellte für SteiermarkPräsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs

Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft SteiermarkRaiffeisenlandesbank Steiermark

BÖHLER-UDDEHOLM AGGrazer Wechselseitige VersicherungPORR Technobau und Umwelt AGHonorarkonsul Mag. Rudi ROTH

Österreichische VolksparteiParlamentsklub der Österreichischen Volkspartei

Politische AkademieSteirische Volkspartei

Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek

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Soziokultureller Wandelim VerfassungsstaatPhänomene politischer Transformation

Herausgegeben von

Hedwig Kopetz, Joseph Marko und Klaus Poier

Gesamtredaktion:

Isabella M. Poier

Band 90/I:

Allgemeine Staats- und Verfassungslehre

Rechtswissenschaftliche Analysen

Politisches System in Theorie und Praxis

BÖHLAU VERLAG WIEN · KÖLN · GRAZ

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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 3-205-77211-3

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung,

des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege, der Wiedergabe

im Internet und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.

© 2004 by Böhlau Verlag Ges. m. b. H. und Co. KG., Wien · Köln · Graz

http://www.boehlau.at

Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlor- und säurefreiem Papier.

Druck: Berger, Horn

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Inhalt

BAND 1

I. ALLGEMEINE STAATS-UND VERFASSUNGSLEHRE

Ludwig ADAMOVICHBemerkungen zu Hans Kelsens Schrift „Was ist Gerechtigkeit?“ . . . . . . . . . . 3

Walter BERKADas liberale Grundprinzip des österreichischen Verfassungsrechts . . . . . . . 13

Bernd-Christian FUNK Autoritätsbezüge der Rechtswissenschaft und ihrer Lehre . . . . . . . . . . . . . . . 29

Christoph GRABENWARTERVerfassungsinterpretation, Verfassungswandel und Rechtsfortbildung . . . . 35

Meinrad HANDSTANGERZur Transformation der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Karl KORINEK/Brigitte GUTKNECHTChristliche Werte in der österreichischen Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Norbert LESERÜberlegungen zum freien Mandat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

Heinrich NEISSERDie Konventsidee im Lichte soziokulturellen Wandels . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Richard NOVAKDemokratisches Prinzip und Verfassungswandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

Martin PENNITZHominum causa omne ius constitutum.Zu Hermogenianus (1 iuris epitomarum) D. 1.5.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Peter PERNTHALERDer Kern und die Allotropien des Rechtsstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

Alois RIKLINDie Gewaltentrennungstheorie von Emmanuel Joseph Sieyes . . . . . . . . . . 159

Gerd ROELLECKEZur Semantik von Verfassungstexten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

Gerald STOURZH„Die Gleichheit alles dessen, was Menschenantlitz trägt“ . . . . . . . . . . . . . . 183

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Bruno WEBERSubsidiaritätsprinzip und Solidaritätsprinzip als Grundpfeiler bei der Organisation menschlichen Zusammenlebens . . . . . 197

II. RECHTSWISSENSCHAFTLICHE ANALYSEN

Heinz D. ANDERWALDPerspektiven zur Verwaltungsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Wolfgang BENEDEKDemokratisierung internationaler Wirtschaftsorganisationen am Beispiel der WTO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Bernhard EHRENZELLERSchweizer Bürger werden. Aktuelle Rechtsfragen des Einbürgerungsverfahrens in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

Eva GLAWISCHNIGParlamentarische Minderheitenrechte in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

Johannes HEINRICHWer anschafft, soll auch zahlen! Anmerkungen zum Wandel der Regeln über die Kostentragung im Bundesstaat und ein Vorschlag zur Reform des § 2 F-VG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

Gerhart HOLZINGERDer Verfassungsgerichtshof als Wahlgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

Brigitta LURGERDie Europäisierung des Vertragsrechts aus vertragstheoretischer und verfassungsrechtlicher Perspektive . . . . . . . 305

Joseph MARKODirekte Demokratie zwischen Parlamentarismusund Verfassungsautonomie. Anmerkungen zu den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofs zur Bürgermeisterdirektwahl und zur Vorarlberger Referendumsinitiative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

Dietmar PAUGERDie österreichische Daseinsvorsorge in der Liberalisierungsfalle . . . . . . . . 357

Willibald POSCHÜber die „Monopolisierung des Gerechten“ in Recht und Politik . . . . . . . 377

Bernhard RASCHAUERElektrizitätswirtschaft zwischen Politik und Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391

InhaltVIII

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Hans Georg RUPPEDie Rolle des österreichischen Parlaments bei der Personalsteuerreform des Jahres 1896 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

Michael SCHWEITZERObjektive Wirkung der Dienstleistungsfreiheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435

Bernd WIESERÄnderung des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates nur durch selbständigen Antrag von Abgeordneten – verfassungswidrig? . . . . 447

III. POLITISCHES SYSTEM IN THEORIE UND PRAXIS

Hans Herbert von ARNIMReform des Föderalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473

Magda BLECKMANNÖsterreichische Verfassungspolitik und die FPÖ.Von der Wahlrechtsreform 1970 zum Österreich-Konvent . . . . . . . . . . . . . . 479

Christian BRÜNNEREigenverantwortlichkeit als gesellschaftspolitisches Prinzip . . . . . . . . . . . . 489

Herbert DACHSDie Pensionsreform 2003 – ein Musterbeispiel für Konkurrenzdemokratie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523

Peter GERLICHPolitische Identitäten in der Zeitenwende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537

Herwig HÖSELEZeitzeichen demokratischer Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553

Andreas KHOL/Christoph KONRATHDer Österreich-Konvent.Ein Beitrag zum Wandel von Verfassungspolitik in Österreich . . . . . . . . . . 559

Waltraud KLASNICHeimat und Zukunftsregion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589

Hedwig KOPETZPromouvoir la participation des jeunes à la démocratie.Le rôle de la législation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597

Reinhold LOPATKA/Elmar PICHLWahlkämpfe in Transformation.Über die Amerikanisierung, Modernisierung, Professionalisierung und Hybridisierung von Wahlkämpfen – und ihre Grenzen . . . . . . . . . . . . . 611

Inhalt IX

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Siegfried NAGLGedanken zur Aufgabe des Kommunalpolitikers angesichts der Veränderungen im politischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623

Günther NENNINGDie Demokratie als Grenze des Staates – der Staat als Grenze der Demokratie. Thesen zum Weiterdenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633

Isabella M. POIERDas Wahlplakat als Kommunikationsforum im politischen Prozess.Wahlkampf mit Herz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637

Bernd SCHILCHERGlaube, Vernunft und Interesse. Plädoyer für einen pragmatischen Umgang mit Ideologien . . . . . . . . . . . . . 655

Andreas SCHNIDERNeue Formen der Bürgerpartizipation an politischen Entscheidungsprozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675

Hermann SCHÜTZENHÖFER„Gebt Gott, was Gott gehört!“ Zur laufenden Debatte einer Gottesanrufung in Österreichs Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683

Cornelio SOMMARUGAGlobalisierung der Verantwortung für menschliche Sicherheit . . . . . . . . . . 687

Fritz VERZETNITSCHPensionsreform 2003 – Reformpolitik im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 693

BAND 2

IV. HISTORISCH–POLITISCHE ENTWICKLUNG

Alfred ABLEITINGERGraz ist anders.Wahlen in der Steiermark zwischen 1956 und 1965 mit Blick auf die ÖVP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 703

Urs ALTERMATTÖsterreich und die Schweiz – Metamorphosen in den komplexen Nachbarschaftsbeziehungen . . . . . . . . 725

Angelo ARADiplomatische Aspekte des Ersten Weltkrieges: der Fall Österreich-Ungarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 741

InhaltX

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Karl Dietrich BRACHERDas deutsche Grundgesetz als Dokument historisch-politischer Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759

Ernst BRUCKMÜLLERNationsbildung und nationale Mythologie in Mitteleuropa.Staatlich-herrschaftliche Traditionen und nationale Mythen bei Österreichern, Ungarn und Tschechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779

Peter Claus HARTMANNPolitische Mitbestimmung und vorparlamentarische Formen im Heiligen Römischen Reich im 17. und 18. Jahrhundert . . . . . . 803

Heinz HÜRTENMöglichkeit und Sinn christlicher Parteien – eine unabgeschlossene Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 815

Grete KLINGENSTEINProfessor Sonnenfels darf nicht reisen.Beobachtungen zu den Anfängen der Wirtschafts-, Sozial- und Politikwissenschaften in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829

Helmut KONRADDie Zweite Republik am „Dritten Weg“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 843

Robert KRIECHBAUMERTransformationen der Erinnerung. Anmerkungen zur österreichischen Zeitgeschichtsforschung nach 1945 . . 857

Herbert MATIS/Gabriele MELISCHEK/Josef SEETHALERVersäumte Konsolidierung. Medien und politische Parteien in der Ersten Republik . . . . . . . . . . . . . . . . 881

Nicolette MOUTDer Löwe und die Ameisen. Der böhmische Aufstand (1618–1620) im europäischen Kontext . . . . . . . . 899

Jürgen NAUTZVom Konflikt zur Kooperation.Österreichische und deutsche Sozialpartnerschaft im Vergleich . . . . . . . . . 911

Anton PELINKAOpfer, Täter, Widerstand? Zur Komplexität des Österreich-Bildes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 949

Helmut WOHNOUTAnatomie einer Kanzlerdiktatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961

Inhalt XI

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V. EUROPÄISCHE INTEGRATION

Erhard BUSEKDie Transformation des Nationalstaates im Zuge von Europäisierung und Globalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 977

Christopher DREXLERDie Zukunft des Europäischen Sozialstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 983

Peter FISCHEREuropäischer Konvent und Verfassung für Europa: Phänomene politischer Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991

Oksana HOLOVKOSome Reflections on the Legal Dimension of the Co-operation between the European Union and Ukraine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1021

Hubert ISAKDie Europäische Union – Bedrohung oder Förderer der Kirchen und Religionsgemeinschaften und des religiösen Lebens ihrer Mitglieder?Zugleich ein Beitrag zur Debatte über die Verankerung eines Gottesbezuges in der Europäischen Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1035

Klaus POIERIn Search of the “Ideal” Electoral System for the European Union.Based on a Critique of the Recent Amendment to the “Act concerning the election of the representatives of the European Parliament by direct universal suffrage” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1059

Sonja PUNTSCHER RIEKMANNWas will Europa?Reflexionen über den Verfassungsprozess der Europäischen Union und ihre Rolle in der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1101

Reinhard RACK/Daniela FRAISSEuropa am Vorabend der Erweiterung – Wege zur europäischen Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1121

Dieter RÜCKLEZum Verhältnis von Staat und Bürger im Zeitalter der europäischen Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1139

Heinrich SCHNEIDERDie Europäische Integration als Transformationsprojekt.Ein Beitrag zum Phänomenbereich des gelenkten Wandelsin der Welt demokratischer Verfassungsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1151

InhaltXII

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Melanie A. SULLYFrom Vancouver to Vladivostock: the OSCE . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1175

Maria ZUBRYTSKAWhere We Are and Where We Are Going: Discourse on Europeaness in East-Central Europe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1183

VI. WISSENSCHAFT, GESELLSCHAFT UND WIRTSCHAFT

Siegfried J. BAUERSind wir allein? Über die mögliche Existenz von außerirdischem Leben . . . . . . . . . . . . . . . 1191

Willibald RIEDLERWeltraumwetter – ein neu definiertes Arbeitsgebiet der ESA . . . . . . . . . 1197

Anton ZEILINGER/ZEILINGER AntonGesetze der Natur – Natur der Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1217

Emil BRIXGeopolitik und Zivilgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1223

Igor KNEZDas „Lebensalter“ als Variable zur Rationierung von Leistungen im Gesundheitswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1237

Wolfgang BERGSDORFDie Universität Erfurt in der Informationsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 1247

Herbert MANGForschung im dritten Jahrtausend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1257

Heribert WULZDie unternehmerische Universität.Perspektiven der Universitätsreform in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1263

Martin BARTENSTEINÜber die Verfassung der Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1287

Ihor HRABYNSKYJUmweltqualitätsregulierung vor dem Hintergrundder Transformation des Wirtschaftssystems der Ukraine . . . . . . . . . . . . . . 1295

Maria SCHAUMAYERSouveränität – Währung – Identität durch Stabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1303

Inhalt XIII

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Gerald SCHÖPFERVon der Omnipotenz zur Ohnmacht?Anmerkungen zum historischen Wandel der nationalstaatlichen Wirtschaftspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1309

Michael STEINERTowards a Europe of Regions.Institutional challenges from an “Austrian“ perspective . . . . . . . . . . . . . . . 1323

VII. RELIGION UND KIRCHEN

Philipp HARNONCOURTVergeben statt Vergessen – Wege zur Versöhnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1345

Egon KAPELLARIDie Christen auf dem Bauplatz Europa. Die Erweiterung der EU und der Beitrag der Christen . . . . . . . . . . . . . . . 1353

Franz Kardinal KÖNIG †Der gemeinsame Auftrag der Kirchen in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1367

Johann Baptist METZPolitische Theologie, theologisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1373

Hermann MIKLASRechtfertigung und Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1381

Leopold NEUHOLDVeränderte und sozial verändernde Religion.Veränderungen der katholischen Soziallehre angesichts des Wertewandels der Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1403

Karl SCHWARZEin Signal für die übrigen Reformstaaten!? Anmerkungen zum Staatskirchenrecht und zu den Grundlagenverträgen der Slowakischen Republik mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . 1421

Hugo SCHWENDENWEINDas josephinische Erbe im österreichischen Staatskirchenrecht . . . . . . . . 1441

VIII. KULTURWISSENSCHAFTEN

Alois BRANDSTETTERPakt, Pacht und Pfacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1457

InhaltXIV

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William M. JOHNSTON“Cultural homeopathy” as a theological tactic. An essay on how the terms “modern”, “postmodern”, “postmodernist”, “counter-modern”, and “counter-modernist” pertain to contemporary thought . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1463

Otto KOLLERITSCH„Es ist genug“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1477

Claudio MAGRISKönnen Gesetze poetisch sein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1481

Jürgen MITTELSTRASSSprache und Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1485

Oswald PANAGLPolitische Semantik und lateinische Wortgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1495

Manfred PRISCHINGDie österreichische Moderne und die Ambivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1507

Wolf RAUCHDas Ende der Schriftkultur? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1531

Manfried WELANHeldenplatz, Heimat, Staatsidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1541

Patrick WERKNERKitsch und Gegenwartskunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1567

IX. KUNST

Richard KRIESCHE„Blutspur und Genspur“ (aus dem Projekt „Datenwerk: Mensch“), Videostill, 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1579

Adolf A. OSTERIDER„Oststeirische Landschaft“, Aquarell, 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1580

Epi SCHLÜSSELBERGER„Theater“, Aquarell, 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1581

Linde WABERAus dem Zyklus „Mein Garten“, Mischtechnik, 1991 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1582

Günter WALDORF„Landschaft mit 3 Objekten“, Öl auf Leinwand, 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1583

Inhalt XV

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Peter RAUCHNachwort des Verlages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1585

Publikationsverzeichnis o.Univ. Prof. Dr. Wolfgang Mantl . . . . . . . . . . . . . . . 1591Dissertantenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1609Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1611

InhaltXVI

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Vorwort

Alles Wissen geht aus einem Zweifel hervor

und endigt in einem Glauben.

Marie von Ebner-Eschenbach

„Der Rechts- und Sozialwissenschafter vermittelt der Gesellschaft in aller Regelnicht die großen Utopien und Visionen, aber er entfaltet die Tiefendimension einesRealitätssinnes, der eine kulturelle Leistung darstellt, gerade weil er sich nicht inden Status quo verliebt, sondern durch die Vielfalt seiner Perspektiven verengteSichtweisen aufbricht und buchstäblich Horizonte erweitert.“ Dieses Zitat aus derFeder Wolfgang MANTLs trifft wohl in aller Deutlichkeit gerade auf ihn selbst alseinen in Österreich unverwechselbaren Juristen-Politologen zu, der nunmehr sei-nen 65. Geburtstag feiert.

Wolfgang MANTL, am 18. März 1938 in Wien geboren, studierte nach Absol-vierung des Hietzinger humanistischen Gymnasiums (Matura mit Auszeichnung)an der Wiener Universität Rechtswissenschaften und wurde 1961 zum Doctor iurispromoviert. Studienaufenthalte führten ihn nach Cambridge, Den Haag, Dijon,Exeter und Grenoble. Ab 1962 Assistent für öffentliches Recht an der Hochschulefür Welthandel in Wien (heute Wirtschaftsuniversität), folgte er seinem geschätz-ten Lehrer Gustav E. KAFKA – der ihn über das öffentliche Recht hinaus auch indas „weite Land“ der geisteswissenschaftlichen Staatslehre und der sozialwissen-schaftlichen Politikwissenschaft einführte – 1965 nach Graz. Hier habilitierte sichMANTL 1974 – nach der internationalen Studentenbewegung der sechziger Jahreund der zur österreichischen Wahlkampfformel geronnenen Forderung nach „De-mokratisierung aller Lebensbereiche“ – mit einem umfassenden Werk zu „Reprä-sentation und Identität. Demokratie im Konflikt“ für Allgemeine Staatslehre,österreichisches Verfassungsrecht und Politikwissenschaft. „Nach der österreichi-schen Vernachlässigung staatstheoretischer und politikwissenschaftlicherForschung durch eine verengte Kelsen-Tradition“ , wie MANTL im Vorwort kon-statiert, kam in und mit dieser Schrift der spezifische Zuschnitt der Grazer Verbin-dung von Rechts- und Politikwissenschaft zum Vorschein, indem er sich dabei nichtnur mit älteren Autoren der Staatsrechtslehre wie Carl SCHMITT und GerhardLEIBHOLZ beschäftigte, sondern gerade auch mit neuen Formen der Partizipa-tion, den gerade im Entstehen begriffenen Bürgerinitiativen und dem Ausbau der

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Demokratie in Staat und Gesellschaft. MANTL legte mit dieser Arbeit – die An-sätze Gustav E. KAFKAs aufgreifend – den Grundstein für die Grazer Schule derJuristenpolitologie, die theoretisch-fundierte rechtswissenschaftliche Analysen,eingebettet in die historischen, sozio-politischen und sozio-kulturellen Rahmen-bedingungen des Rechts, mit weiterführenden und innovativen Ideen bis hin zurechtspolitischen Gestaltungsvorschlägen verbindet. Forschungs- und Gesprächs-partner sind daher stets einerseits Wissenschafter aus unterschiedlichsten Diszipli-nen – man denke etwa daran, dass MANTL den bedeutenden deutschen poli-tikwissenschaftlich ausgerichteten Historiker Karl Dietrich BRACHER und denbedeutenden österreichischen staatsrechtlich ausgerichteten Historiker GeraldSTOURZH auch stets als zwei seiner großen Lehrer bezeichnet – und andererseitsverschiedenste Akteure des politischen Systems, insbesondere Politiker, Verwal-tungspraktiker, Richter, Medienvertreter, Unternehmer und Lehrer. Immer suchteund fand Wolfgang MANTL intensiven Kontakt zu Kunst und Künstlern.

Nach einem internationalen Liberalismus-Seminar 1976, begann MANTLdurch den Anstoß von William JOHNSTONs „The Austrian Mind“ 1977 ein Kon-versatorium „Politisches Denken Österreichs im 20. Jahrhundert“ als „CollegiumPublicum“, das an die in den späten sechziger Jahren von Gustav E. KAFKA undAlexander NOVOTNY, dessen Schüler Alfred ABLEITINGER früh zu einem en-gen Freund MANTLs wurde, durchgeführten Seminare für Hörer aller Fakultätenzum Nationalsozialismus, Politischen Katholizismus sowie Sozialismus und Anar-chismus der Neuzeit anknüpfte und – im interdisziplinären Kontakt und Genera-tionenverbund – einen breiten Kreis von Professoren, Assistenten und Studentender Rechtswissenschaften, Philosophie und Geschichte anzog.

1979 wurde Wolfgang MANTL als unmittelbarer Nachfolger Ludwig K. ADA-MOVICHs, des späteren langjährigen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs,Ordinarius am damaligen Institut für Allgemeine Staatslehre und Verfassungs-recht. Schon 1980 folgte mit der 2. Auflage des mit Alfred KLOSE und ValentinZSIFKOVITS mitherausgegebenen Katholischen Soziallexikons ein erster Mei-lenstein seiner Herausgebertätigkeit, zugleich Ausdruck seiner tiefen Verwurze-lung im Katholizismus seit Kindestagen. Seit 1981 ist er zusammen mit seinenlangjährigen Freunden Christian BRÜNNER und Manfried WELAN Herausge-ber der „Studien zu Politik und Verwaltung“ im Böhlau Verlag, die auf bisher 85erschienene Bände angewachsen sind. Neben der „grauen Reihe“ („Forschungenaus Staat und Recht“) seines akademischen Lehrers Günther WINKLER, der ihmseinerzeit zur akademischen Tätigkeit geraten hatte, ist diese „weiße Reihe“ ausder Forschungslandschaft nicht mehr wegzudenken.

VorwortXVIII

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Neben der unermüdlichen Tätigkeit in Forschung und Lehre als den beidenSäulen der HUMBOLDTschen Universität war MANTLs Grazer Wirken auchvon Anfang an – wie schon angesprochen – durch Rechts- und Politikberatunggekennzeichnet. So prägte er maßgeblich die Arbeit eines universitären Experten-teams, auf das etwa die Verabschiedung des Landesrechnungshofverfassungsge-setzes 1982 und des Steiermärkischen Volksrechtegesetzes 1986 zurückgeht. Eszeichnete dabei den MANTLschen Zugang zur Rechts- und Politikberatung aus,den mühseligen, zeitraubenden und detailreichen Prozess der Gesetzwerdung alsExperte, der der Politik immer wieder Entscheidungsalternativen zur Verfügungstellt, zu begleiten. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Ausbau der Instru-mente der direkten Demokratie beschäftigte er sich auch intensiv mit den Erfah-rungen, die sich aus dem „Schweizer Modell“ ergeben, das sonst so sehr im Wind-schatten der Deutschland-fixierten Rechtsvergleichung steht. Die beiden von ihmmitherausgegebenen Bände „Verfassungspolitik. Dokumentation Steiermark“ so-wie „Nachdenken über Politik. Jenseits des Alltag und diesseits der Utopie“ wa-ren schließlich 1985 auch die literarischen Niederschläge, die er aus diesenBemühungen ziehen konnte.

Das ständige Ringen um Kultur, Wirtschaft und Politik im Wandel erfuhr mitdem „annus mirabilis“ 1989 eine neue Dimension. Der Zusammenbruch der kom-munistischen Systeme in Ostmitteleuropa und damit in Österreichs Nachbarstaa-ten führte die Steiermark plötzlich aus ihrer Randlage heraus mitten hinein insWeltgeschehen. In diesem – von MANTL so bezeichneten – „Zeitenbruch“ orga-nisierte er im Sommer 1990 im weststeirischen Stainz – im Schloss des „großen Re-formers und Notwenders Erzherzog Johann“ (Josef KRAINER) – aus Anlass des60. Geburtstages von und für Landeshauptmann Josef KRAINER ein Treffen eu-ropäischer Intellektueller und führender mitteleuropäischer Politiker. „Die neueArchitektur Europas“, so der Titel des 1991 erschienen Sammelbandes, wurde ihmnun auch die weiteren neunziger Jahre begleitendes Anliegen.

1992 schließlich konnte er – entgegen schon Mitte der achtziger Jahre auftre-tenden Unkenrufen nach einer Dritten Republik – mit dem zum Standardwerk ge-wordenen, mehr als tausendseitigen Opus magnum „Politik in Österreich. DieZweite Republik: Bestand und Wandel“ eine erste große Zwischensumme aus allseinen Forschungen zur Ideen- und Zeitgeschichte, den soziokulturellen Grund-mustern und politischen Konfigurationen Österreichs ziehen. „Die Eigenart diesesSammelbandes liegt in der Interdisziplinarität unter einem Dach, das man ‚Kul-turwissenschaften‘ nennen kann“, wie MANTL selbst im Vorwort schreibt. So wirddie „politische Kultur in den Blick genommen, die ‚vor‘ und ‚hinter‘ den Normenund Institutionen des politischen Systems steht“ und damit der empirischen Poli-

Vorwort XIX

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tikwissenschaft eine geistes-, kultur- und geschichtswissenschaftlich „unterlegte“Politikwissenschaft zur Seite gestellt, die seinen österreichischen und internatio-nalen Ruf ausmacht, wie Christian BRÜNNER aus Anlass seines 65. Geburtstagsin „Der Standard“ festhielt. Internationale und interdisziplinäre Symposien undTagungen zum „Liberalismus“ und zu „Gigatrends“, die auch in entsprechendeBuchprojekte mündeten, runden dieses Gesamtbild ab. Gerade bei den „Giga-trends“, 2003 erschienen, kommt MANTLs seismographisches Gespür für KON-DRATIEFFsche Wellen in der nationalen und internationalen Politik voll zumAusdruck. Aber das lässt ihn nicht auf den regionalen Kontext vergessen, so blieber stets weithin beachteter Analytiker und Berater der steirischen Politik, insbe-sondere der Landeshauptleute Josef KRAINER I, Josef KRAINER II und Wal-traud KLASNIC. Darüber hinaus engagierte er sich – mit vielen Weggefährten ka-tholischer Grundgesinnung, darunter etwa dem heutigen Landesrat HermannSCHÜTZENHÖFER – viele Jahre im Dr.-Karl-Kummer-Institut für Sozialpolitikund Sozialreform in der Steiermark. Seit 2001 gibt er mit Herwig HÖSELE, Rein-hold LOPATKA, Manfred PRISCHING, Bernd SCHILCHER und AndreasSCHNIDER das Steirische Jahrbuch für Politik heraus.

Im Sommersemester 1994 übte Wolfgang MANTL eine Gastprofessur für„Politikwissenschaft in mitteleuropäischer Perspektive“ an der von ihm so ge-schätzten „Aufklärungsuniversität“ Leiden aus. Aber seine internationalen Akti-vitäten spannen auch einen weiten Bogen in den Osten. So hält er seit 2000 jährli-che Gastvorlesungen für Politikwissenschaft in europäischer Perspektive an derIvan-Franko-Universität L’viv/Lemberg getreu seinem Motto „Nur in der Kons-tanz liegt die Anerkennung.“ Dazu kommen Gastvorlesungen an der UniversitätFribourg.

Seit 1993 Korrespondierendes, wurde er 1999 Wirkliches Mitglied der Öster-reichischen Akademie der Wissenschaften. Seine Mitgliedschaft in der Akademienimmt er seither mit großem Engagement wahr, sowohl in ihrer Ausprägung alsGelehrtengesellschaft als auch als Forschungsträgerorganisation, seinen vielfälti-gen geistes- und naturwissenschaftlichen Interessen in inter- und transdisziplinärerBegegnung nachspürend. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Tätigkeiten lag undliegt in Universitätsrecht und -politik. War er schon 1994 bis 2000 Stellvertreten-der Vorsitzender des österreichischen Universitätenkuratoriums gemäß UOG1993, wurde er 2003 zum Vorsitzenden des Österreichischen Wissenschaftsratesgemäß UG 2002 bestellt. Die Stellung der Universität im politischen System undim internationalen Wettbewerb ist MANTL ein besonderes Anliegen, das er öster-reichweit an führender Stelle mitzugestalten versteht. Es ist wohl müßig zu erwäh-

VorwortXX

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nen, dass er auch Mitglied der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer wieauch der Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft ist.

Die Einbettung von Leistung und Wettbewerb als „condition of excellence“ derUniversität in „einen stützenden Rahmen intakter Ehen und Familien“ ist beiWolfgang MANTL in besonders hohem Maße erfüllt. Seine Frau Maria und seinevier Kinder Leopold, Johannes, Josef und Anna sind ihm unerschöpfliche Quelleder Inspiration, Freude und Kraft.

Die Breite und Tiefe MANTLs als „homme de lettres“ wird aber nicht nurdurch seine Bücher, sondern auch durch seine zahlreichen wissenschaftlichen Auf-sätze, Essays, Lexikonartikel, Rezensionen und Diskussionsbeiträge erfassbar, diesein Schriftenverzeichnis auf 260 Positionen anwachsen ließen. Dies lässt sich nichterschöpfend darstellen, sondern nur pointillistisch illustrieren: Neben dem ihn seitder Habilitation immer wieder beschäftigenden und durch seine Rezeptionsge-schichte herausfordernden Staatsrechtslehrer Carl SCHMITT finden sich andereThemen, die sich wie ein roter Faden durch sein Oeuvre ziehen und sich zuArbeitsschwerpunkten verdichtet haben: Demokratietheorie und Gesetzgebungs-lehre; Parteienlehre sowie Entwicklungsanalyse politischer Ideen und Bewegun-gen bis hin zum islamischen Fundamentalismus; Modernisierungsforschung auf derGrundlage von Aufklärungswelt und Liberalismus; Europäische Integration, Mit-teleuropa, Föderalismus und Regionalismus; Verwaltungspolitologie mit New Pu-blic Management, Dezentralisierung und Deregulierung; Sprache und Politik, Re-ligion und Politik; Schul- und Universitätsrecht sowie Wissenschaft und Kunst inTheorie und Praxis und nicht zuletzt politische Bildung. So finden sich daher Titelwie „Beethovens ‚Fidelio’. Aufklärung, Bürgertum und Französische Revolution“im Programmheft „Fidelio“ der Wiener Staatsoper 1991 oder „Faszination Bil-dung: ein liberales Phänomen“ in der von ihm mitherausgegebenen Festschrift fürManfried WELAN 2002.

Aufbauend auf seiner humanistischen Erziehung am Gymnasium und das nochden „Globaljuristen“ mit universeller Ausbildung anstrebende Jusstudium, ist fürMANTL universitäre Lehre mehr als nur Wissensvermittlung. So soll, wie er all-gemeingültig formuliert hat, „das autonome Subjekt zur Mündigkeit gelangen, sollUrteilsvermögen und – noch schwieriger – Handlungsbereitschaft finden. Bil-dungsziele sind daher Denk- und Sprachkompetenz, überdies Entwicklung desCharakters und der Sozialität des Menschen (hierher gehört auch die Toleranz alsaktive Mitmenschlichkeit, die mehr ist als Indifferenz) und schließlich Lebens-freude.“ Doch ist dies nicht nur graue Theorie, sondern wird von ihm auch in dieLebenspraxis umgesetzt. Seine langjährigen Seminare aus Politikwissenschaft undAllgemeiner Staatslehre im Bildungshaus Retzhof bei Leibnitz sind für Genera-

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tionen von Studenten Erweckungserlebnis, in denen diese Denk- und Sprachkom-petenz in Referaten und Hausarbeiten, etwa über die Freiheit in Krähwinkel, ein-geübt wird, und die dann, nach einem langen, angestrengten Tag, am Abend mitanregenden Diskussionen bei Verhackertbrot und südsteirischem Welschrieslingausklingen können.

Wir drei Herausgeber, Joseph MARKO, Klaus POIER und Hedwig KOPETZ,verkörpern im jeweiligen Abstand von fast fünfzehn bzw. nicht ganz zehn Jahrenauch drei Generationen von Assistenten, die bei Wolfgang MANTL und der vonihm geführten Abteilung für Politikwissenschaft sowie Allgemeine Staats- und Ver-fassungslehre am Institut für Österreichisches, Europäisches und VergleichendesÖffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre jene Atmosphäreder Offenheit und Toleranz, Internationalität und Interdisziplinarität gefunden ha-ben, die uns zu seinen begeisterten Schülern werden ließ. Wir verdanken ihm fürunseren Beruf und unsere Berufung zur Wissenschaft unendlich vieles. Er hat unssehr gefordert, damit aber umso mehr gegeben. Er war in unzähligen Begegnun-gen stets ein druckreif formulierender, geistreich sprühender und inspirierenderGesprächspartner und – was unsere eigenen Projekte und Ambitionen betrifft – imbesten Sinne des Wortes „väterlicher“ Freund. Wir hoffen daher, mit dieser Fest-schrift den ihm gebührenden Dank und die Anerkennung erweisen zu können, diein der großen Zahl in- und ausländischer Kollegen und Freunde als Autoren zumAusdruck kommt.

Bewusst haben wir die Palette der Autoren und Themen sehr breit angelegt, wiees dem Arbeitsgebiet und Selbstverständnis des Jubilars entspricht. So kommenJuristen, Politologen, Historiker, Ökonomen und Theologen, Geistes-, Sozial- undKulturwissenschafter neben Naturwissenschaftern, wie auch Praktiker aus Staat,Politik, Verwaltung und Kirche zu Wort. Fünf Künstler haben Werke eigens fürdiesen Band dem Jubilar gewidmet. Die Auswahl und thematische Ausrichtungder einzelnen Beiträge war den Autorinnen und Autoren überlassen, doch habensich nach den Arbeitsschwerpunkten des Jubilars neun große Kapitel ergeben: All-gemeine Staats- und Verfassungslehre; Rechtswissenschaftliche Analysen; Politi-sches System in Theorie und Praxis; Historisch-politische Entwicklung; Europäi-sche Integration; Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft; Religion und Kirchen;Kulturwissenschaften und Kunst. Innerhalb der Kapitel wurden die Beiträge al-phabetisch gereiht, wobei in Kapitel VI nochmals zuvor eine thematische Bin-nengliederung erfolgte.

VorwortXXII

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Unser erster Dank gilt ganz besonders den – neben den Herausgebern – 115Autorinnen und Autoren, die sich bereit erklärt haben, an diesem Geburtstagsge-schenk für Wolfgang MANTL mitzuwirken. Wir danken aber auch allen Sponso-ren und Förderern, ohne die diese Festgabe nicht hätte erscheinen können (sieheauch Seite III). Dem Böhlau Verlag, repräsentiert durch Peter RAUCH, EvaREINHOLD-WEISZ, Ulrike DIETMAYER und die Herstellerin Bettina WA-RINGER, danken wir für die stete Unterstützung und Betreuung. Zu großemDank verpflichtet sind wir Isabella POIER für die umsichtige Gesamtredaktiondieses Werkes sowie Antonia JUSTIN, Arnold KAMMEL, Marianne PASTERK,Johannes SPANNRING und Maria THIERRICHTER für ihre wertvolle redak-tionelle Mithilfe. Herzlichst danken wir Maria MANTL, die uns in schwierigenSituationen mit großem Rat und unermüdlicher tatkräftiger Unterstützung zurSeite stand.

Verehrung ist Liebe zu jemandem,

den wir bewundern.

Baruch de Spinoza

Unseren Lehrer und Chef Wolfgang MANTL, der uns mit seiner schier ruhelosenErkenntnisfreude, seiner an jede Wurzel dringenden Präzision, seiner zukunfts-weisenden Innovationskraft als leuchtendes Vorbild vorangeht, verehren, schät-zen, bewundern wir von ganzem Herzen. Wir hoffen, ihm durch eigene Leistungenund Erfolge Freude und Genugtuung zu bereiten und ihm dadurch auch als wür-dige Schüler seine Motivation, Unterstützung und Fürsorge danken zu können. Mitdieser Festschrift gratulieren wir ihm nochmals sehr herzlich zu seinem 65. Ge-burtstag und wünschen ihm viele weitere im Kreise seiner Familie glückliche undvon wissenschaftlicher Erkenntnis erfüllte Jahre!

Graz, Ostern 2004

Hedwig Kopetz Joseph Marko Klaus Poier

Vorwort XXIII

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