7
Herzoy, Chlorverbindzingen in toasseriger Auflosung. 133 aufbewahrt war, zeigte beim Verdunnen mit Wasser eine stark saure Reaction. Die Farbe des Saftes war nicht die vorschriftsmassige und die wasserige Losung setzte bald gelbe Flocken ab. Es lasst sich nun leicht erklaren, woher die veran- derte Farbe des Saftes unter jenen Umstanden komme. Man kann ihn leicht wieder in den besten Zustand da- durch versetzen, dass man denselben mehrmals aufkochen lasst, um die vorhandene Essigsaure zu verjagen, und dann wieder elwas Kalisalz hinzufiigt, bis die vorschrifismassige Farbe _wieder hervortritt. In dem Safte findet sich frei- lich etwas essigsaures Kali, dessen Gegenwart aber der Wirkung dieses Arzneimittels keinen Eintrag thun diirfte, zumal die Menge desselben nur sehr gering sein musste. Giebt es keine Erfahrungen, woraus wir mit grosserer Bestimmtheit schliessen konnen, dass die Chlorverbindungen in wasserjger Auf- liisung als solche verbleiben 'c von Dr. C. Herzog. (Auszug aus einern Vorlrage, gehalten zu Rostock bei der General- Versamrnlung des Apotheker - Vereins.) Obwohl ich mir nicht verhehle, dass ich mich in Beantwortung dieser Frage auf einern etwas schlupfrigen Wege befinde, so bitte ich doch um die Erlaubniss, rneine Ansichten und Erfahrungen hieriiber auch einem grossern Public0 zur geneigten Wiirdigung vorzulegen. Als eine nicht mehr bestrittene Thatsache steht es fest, dass Chlorsilber, einfach Chlorquecksilber, Chlorblei und mehrere andere in festem oder trocknem Zustande vorkommende Chlorverbindungen weder Wasserstoff, noch Sauerstoff enthalten. Anderv verhalt es sich aber mit den in Wasser ge- losten Substanzen, die nach der Ansicht Vieler sich nur

Giebt es keine Erfahrungen, woraus wir mit grösserer Bestimmtheit schliessen können, dass die Chlorverbindungen in wässeriger Auflösung als solche verbleiben?

Embed Size (px)

Citation preview

Herzoy, Chlorverbindzingen in toasseriger Auflosung. 133

aufbewahrt war, zeigte beim Verdunnen mit Wasser eine stark saure Reaction. Die Farbe des Saftes war nicht die vorschriftsmassige und die wasserige Losung setzte bald gelbe Flocken ab.

Es lasst sich nun leicht erklaren, woher die veran- derte Farbe des Saftes unter jenen Umstanden komme. Man kann ihn leicht wieder in den besten Zustand da- durch versetzen, dass man denselben mehrmals aufkochen lasst, um die vorhandene Essigsaure zu verjagen, und dann wieder elwas Kalisalz hinzufiigt, bis die vorschrifismassige Farbe _wieder hervortritt. In dem Safte findet sich frei- lich etwas essigsaures Kali, dessen Gegenwart aber der Wirkung dieses Arzneimittels keinen Eintrag thun diirfte, zumal die Menge desselben nur sehr gering sein musste.

Giebt es keine Erfahrungen, woraus wir mit grosserer Bestimmtheit schliessen konnen, dass die Chlorverbindungen in wasserjger Auf- liisung als solche verbleiben 'c

von Dr. C. Herzog .

(Auszug aus einern Vorlrage, gehalten zu Rostock bei der General- Versamrnlung des Apotheker - Vereins.)

Obwohl ich mir nicht verhehle, dass ich mich in Beantwortung dieser Frage auf einern etwas schlupfrigen Wege befinde, so bitte ich doch um die Erlaubniss, rneine Ansichten und Erfahrungen hieriiber auch einem grossern Public0 zur geneigten Wiirdigung vorzulegen.

Als eine nicht mehr bestrittene Thatsache steht es fest, dass Chlorsilber, einfach Chlorquecksilber, Chlorblei und mehrere andere in festem oder trocknem Zustande vorkommende Chlorverbindungen weder Wasserstoff, noch Sauerstoff enthalten.

Anderv verhalt es sich aber mit den in Wasser ge- losten Substanzen, die nach der Ansicht Vieler sich nur

134 Herzog,

als Chlorvcrbindungen in dcr Lusutiy befinden ; riach der Meinung Anderer das Wasser zersetzen und nun salz- saure Oxyde bilden.

Dicjenigen, welche alle Chlorverhindungen auch in tler Auflosung als solche betrachtcn, ziehcn ihre Schlusse :IUS der Analogie der mil Sctiiirfc analysirten unloslichen Chlorvcrbindungen, und der aus Plussigkeiten unter gun- stigen Verhaltnisscn sich abscheidenden, vollig Wasser- sloff- und Sauerstoffleeren Chlormetall e, wie z: B. des Chlornatriums, indem' sie dann hiervon weiter auf die Constitution der Jod-, Broni-, Schwefel etc. -Verbindungen scliliessen.

Diejenigen, welche gern der salzsauren Theorie hul- tligen, stutzen sich auf Anomalien, die ihnen aus der An- rlahmc der erstcrcn Betrachtungsweise hcrvorzugehen scheinen, und nclimen daher bei Liisung der Chlormetalle i n Wasser cine Zcrsetzung dcs letzleren an, indem sie sagen: Der Wasserstoff trill an tlas Chlor und der Sauer- stoff an das Metall, iind in dem Falle, wo nach dem Ver- tlunsten ein vollig wasserfreies Salz resultirt, hat sich wieder Wasserstoff und Sauersloff zu Wasser, welches entweicht, verbunden.

Professor 11. R o s e (Yogy. Anal. 55, p. 533) nimmt an, dass das Verhalten der C hlormetalle verschieden sei, und zwar, wenn das Metall mit Sauerstoff einc Basis zu bilden vermoge (Alkalimetalle, Queclisilber etc.) sich das Chlormetall als solches lose; wenn die Oxyde (Silicium, Titan, Zinn, Arsen, Antimon, Wismuth) dagegen mehr einen sauren Cliarakter haben, sich salzsaure Salze erzeugen. - Die Auflosung der ersteren erfolgc meistens unter Kalte- erzeugung, die der letzteren immer unter Warmeentwick- lung, und liessen sich mit einigen Ausnahmen, die beiden Classbn von Chlormetallen hiedurch unterscheiden.

Man sieht aber auch bei dieser interessanten Erkla- rung, dass hier einigc Ausnahmen zugelassen werden mussen, z. B. beim Chlorcalcium, welches Professor R 0 s e ehenfalls zu dcnen rechnct, die durch Was'ser nicht ver- anclert werdcn, obgleich es sich bedeutend erhitzt. Die

Chlorverbindungen an ioiisseriger Au flosung. 136

letztere Erscheinung erklart dersclbe durch eine Aufnahtne von Krystallwasser.

Wie sich aus dem Vorhergehenden ergiebt, so ist es also fast unmoglich, einen directen Beweis fur die eine oder andere Behauplung zu liefern, und kann eb nur darauf ankommen, durch Experimcnte die grosstmoglich- sten Wahrschcinlichkeitsgriinde fur die eine oder andere Ansicht aufmlinden.

Nacli meiner Ueberzeugung habcn wir zunachst in dem mck~llischen Quecksilber ein Mittel, die Existenz der Chlorverbindungen in Auflosung, wolil mchr als wahr- scheinlich zu machen.

Bringt man narnlich zu aufloslichen Metallchloriden Quecksilber, und schuttelt die Losung nur ein paar Male, so wird, wenn uberhaupl eine niedriyere Chlorstufe sich bilden kann, bei A1 I en sofort cinfach Chlorquecksilber, gcbildet und in der Flussigkeit hlcibt das Chlorur des entsprechenden IGrpers. 1st das Chlorur, wie z. B. beini Kupfer, fast ~unloslich, so fall1 der grijsstc Theil aiigen- blicklich mit heraus.

Salzsiiure wirkt gar niclit auf das Quecksilber, der sich inomentan bildende Calomel ist nur Quecksilber- chlorur. Das Quecksilber vermag schon bei gewohnlicher Ternperalur, sowohl auf nassem, als auf trocltneni Wege die Zerselzung de r ,Chloride hervorzurufen. Zum Chlor hat dasselbe einc grosscre Verwandtschaft, als zum Sauer- stoff. Da musstcn wir uns doch Gewalt anthun, wenn wir diese Erscheinung mit .der salzsauren Theorie zusam- menbringen wollten. Damit das Quecksilber sich mit Chlor verbande, wurde ein Theil des salzsauren Metall- oxydes zersetzt, indem ein Theil Wasserstoff eines Theils Salzsaure’ sich- mit einem Theile SauerstolT eines Theiles des Metalloxydes zu Wasser verbande, und das so frej werdende Chlor mit dem Quecksilber Calomel bildete; gleichzeitig blieben dann bei den liislichen Verbindungen in der Flussigkeit, salzsauies Metalloxydul.

Wie sollen wir uns ferner die Auflosung des Queck- silberchJorurs in Chlorwasser erklaren, wenn wir den

Wie sollen wir dieses erklaren?

1 36 Herzog,

Sublimat als salzsaures Quecksilberoxyd in der Losung betrachten? Sol1 das Chlor bei Gegenwart van Calomel zersetzend auf das Wasser wirken, und so die Bildung vop Salzsaure und Quecksilberoxyd veranlassen 1 Dass man annehmen sollte, es bildete sich in der Flussigkeit erst Quecksilberchlorid und dann salzsaures Quecksil ber- oxyd, wird man nicht verlangen.

Betrachten wir einmal das Chlor als einen einfachen Kijrper, so konnen wir ihm auch die Eigenschaften eines solchen und namcntlich der verwandten Korper, wie z. B. des Sauerstoffs zugestehen. Bei der Auflosung von Kali in Wasser denken wir nicht an die Zersetzung des Was- sers, obgleich eine betrachtliche Hitze entsteht.

Das Freiwerden von. Warme-beim Zusammenbringen eines Korpers rnit Wasser zeigt uns zwar immer eine chemische Verbindung an, die aber durchaus nicht von einer Zersetzung der Korper begleitet zu sein braucht.

Man kann ferner wohl nicht behaupten, dass wegen grosserer Verwand tschaft des Sauerstoffs zu andern Kor- pern die Chlorverbindungen bei ihrer Losung in Wasser zersdzt wurden; da es Thatsaehe ist, dass dasChlor fast gegen alle Metalle grossere Verwandtschaft zeigt, als der Sauerstoff. Nicht nur, dass sich die Metalle schon bei Sewohnlicher Temperatur mit Chlor vereinigen, sondern auch die Sauerstoffverbindungen werden durch Einwirkung von Chlorgas bei niederer Temperatur viel leichter zer- setzt, als dieses umgekehrt mit den Chlorverbindungen durch Sauerstoffgas der Fall ist.

Man kann selbst nicht annehmen, dass durch die gleichzeitig auftretende Verwandtschaft des Chlors zum Wasserstoff das Wasser disponirt werde, den Sauerstoff an das Metall und den Wayerstoff an das Chlor abzu- treien ; da der Wasserstoff zum Sauerstoff im Allgemeinen d n e viel grossere Verwandtschaft zeigt, als zum Chlor. So wirkt z. B. nicht einmal das vom Wasser absorbirie Chlorgas beim Abschluss des Lichts zersetzend auf das Wasser, Sollte da das schon mit einem Metall innig ver- bundene Chlor pradisponirend wirken konnen?

Chlorverbanclungen in wiisseriger Aufliisting. 137

Dass ein Paar Chlorverbindungen durch das Wasser zersetzt werden und in dem Niederschlage neben Chlorur oder Chlorid auch Oxyd enthalten ist, diirfte wohl nicht als Gegenbeweis dienen; denn das Chlor kann nicht gegen alle Metalle eine gleich grosseverwandtschaft hahen, und es mussen, wenn bei Gegenwart von Wasser die Verbindun- gen nicht existiren konnen, nach der Trennung der Be- standtheile andere Affinitaten auftreten.

Bringen wir Bleioxyd, Silberoxyd, Quecksilberoxydul u. S.W. mit Salzsaurein Berubrung, so sehen wir augenblick- lich sich eine Chlorverbindung und Wasser erzeugen ; warum sollen wir nicht unter gleichzeitiger Berucksichti- gung des eben Angefuhrten hei allen Oxyden ohne Aus- nahme einen gleichen Vorgang annehmen, mag das Chlor- metall in Wasser loslich sein oder nicht? - Das Ammo- niumoxyd macht nur in sofern eine Ausnahme, als das Radical noch ganz prohlematisch und ausserdem ein zu- sammengesetztes ist.

Was nun nochmals meine Versuche anbetrifft, so sind dieselben mit den Chloriden des Quecksilbers, Kupfers, Kobalts, Nickels, Eisens, Mangans, Urans, Cers, Antimons, Zinks und Zinns angestellt, indem jedesmal das entspre- chende Oxyd in Salzsaure gelost und dann mit etwas reinem metallischem Quecksilber geschuttelt wiirde.

Das Zinnchlorid wurde, wie wohl zu erwarten war, nicht zersetzt, denn das Chlor hat zum Zinn cine starkere Verwandtschaft, als zum Quecksilbcr. - Das Zinkchlorid veranderte sich ebenso wenig, weil sich keine niedrigere 'Chlorstufe bilden konnte. Alle ubrigen Chloride gingen aber in Chloriire iiber, unter Bildung von Calomel.

Besonders interessant war mir hiebei die Zersetzung des Nickelchlorids (Chlorurs?), wodurch die Existenz einer niedrigeren Chlorstufe, mithin auch eine entsprechende Sauerstoff - Verbindung sich herausstellte, woruber ich anderweitige Versuche anzustellen beabsichtige.

Nach der Auflosung des Manganoxyds und der anti- monigen Antimonsaure in Salzsaure, welches in der Kalk geschah, uberzeugte ich mich erst, ob dieselbe auch keine

Arch. d. Pliarm. XCIX. Bds. 2. Hft. 10

138 Eieraog,

Spur von freiem Chlor enthielt, wodurch die Bildung von Quecksilberchlorur herbeisefiihrt werden konnte. D a dieses nicht vorhanden war, wurde die Fliissigkeit mit Quecksilber geschijttelt und gab dieselben Resultale wie die iibrigen. - Antimonchloriir (Rutyrum antimanJ wird dagegen durch Quecksilber gar nicht verandert.

Na ch s ch r i f t. Durch die Verzogerung der Einsen- dung obiger Mittheilungen bin ich im Stande, noch auf eine interessante Abhandlung ,,iiber die Einwirkung des Wassers auf Chlormetalle" vom Prof. H. R ose aufmerksam zu machen, welche mir in diesen Tagen in E r d m a n n 's Journal, Bd. 38. p. 498 zu Gesicht gekommen ist. Derselbe sagt darin, dass die Chlormetalle, deren entsprechende Oxyde Basen und nicht Sauren bilden, in ihrer Auflosung in Wasser nicht so vollkommen alle Eigenschafien der wasserigen Auflosungen der ihnen entsprechenden Sauer- stoffsalze theilen, wie man es allgemein annimmt. Als Beispiel wird angefuhrt, wie das schwefelsaure und sal- petersaure Quecksilberoxyd dwrch Wasser sich zersetzt, und theils ein basisches Salz, theils nur Quecksilberoxyd gefallt wird, wogegen dieses durchaus nicht beim Queck- silberchlorid der Fall ist. - Aehnlich dem Wasser ver- hallen sich andere schwache Basen, z. B. das Bicarbonat des Kalis und Natrons frillt erstere rothbraun und letzteres gar nicht. Analog verhalt sich auch kohlensaure Baryt- erde und Iialkerde. - Eisenvitriol reducirt nur das Quecksilber aus den Oxydlosungen, nicht aus der Chlorid- losung, wesshalb man letzteres wohl nicht als eine Oxyd- verbindung betrachten konne. - Oxalsaure, zweifach oxalsaures Kali und phosphorsaures Natron konuen eine Quecksilberchloridlosung nicht zersetzen, wohl aber leicht &e Liisung des salpetersauren Oxyds. - Aehnlich ver- halten sich auch, namentlich gegen Eisenvitriol, das Queck- silberchlorur, Silberchlorid, Palladiumchlorur, Platinchlorid in Vergleich 2u ihren Oxydsalzen.

Obgleich durch diese Versudie des beriihmten Che- mikers die Chlortheorie wieder eine neue Sliitze gewon-

Chlorverbiridungen in wasseriger Auflbsung. 11 39

nen hat, mochte ich rnir doch die Bemerkung erlauben, dass gerade durch diese interessanten Beobachtungen wohl ein Riickschluss auf alle Chlorverbindunsen ohne Aus- nahme rnoglich ware; denn die Ausnahmen, welche Prof. R o s e in sofern macht, als er sagt, dass die mit Chlor vetbundenen Metalle, deren Oxyde vorzugsweisc, Sauren bilden, mit Wasser in Beriihrung, salzsaure Oxyde crzeu- gen, durften wohl nicht scharf begrenzt sein. Das Zinn- chiorid verhalt sich z. B. gegen Wasser fast ganz wie das Quecksilberchlorid , und seine Oxydverbindungen ebenfalls wie die Quecksilberoxydsalze. Dass das Anti- monchlorid sich wie alle iibrigen Chloride gegen metalli- sches Quecksilbcr verhalt, mochte doch auch daraaf hindeuten, dass dasselbe eine gleiche Zusammenselzung hesitzt. - Ueber die Darstdlung, die Eigenschaften und das

Atomgewicht des Corydalins ; yon

Chr. Ruicltoldt.

Das Corydalin, welches in den Wurzelknollen der Fumaria bulbosa @. cava Linn., Corydalis tubevosa de Can- dolle enthalten ist, gehort unstreitig zu der Classe von Arzneirhitteln, deren Werlh in medicinischer Hinsicht noch hicht hinlanglich getvurdist worden ist. Dieses Alkaloid wurde bekanntlich im Jahre 1826 von H. W a c k en r o d e r *) ih den Wurzelknoilen der genannten Pflanze aufgefunclen. bi'e Gewinnung desselben kann in tnehrfacher Weise vor- genommen werden.

Die erste Method& ist die, dass man die t roche, grob- lich zerkleinerte ws~llkzel mit Weingeist extrahirt, den wein- seistigefi Aoszug abdatnpft clnd dann den extractartigen

*) Ejuawd. Commentatio de Anthelmidhicis vegni uegefaLilir etc. praeaio re5io ornata. Goltingcce 1826. p. 33.; und kastner's &cl& f. d . ges . lV&Wiehrc. B . 8. h. 4. p. 4i7.

10 *