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Arbeitsgemeinschaft Swissaid | Fastenopfer | Brot für alle | Helvetas | Caritas | Heks | www.alliancesud.ch Globalisierung und Nord / Süd-Politik NUMMER 51 | HERBST 2013 Es geht um Gerechtigkeit WTO: Ende des multilateralen Systems? Fairtrade: Seco-Gelder für Multis? Klima: Wer bezahlt wie viel?

Global + Nr. 51 | Herbst 2013, Alliance Sud

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Es geht um Gerechtigkeit. – Unter diesem Titel wurde die Herbstausgabe von Global+ publiziert. Themen sind die bevorstehende WTO-Ministerkonferenz in Bali, die Uno-Klimakonferenz in Warschau, der automatische Informationsaustausch, die Potentatengelder auf Schweizer Bankkonten und anderes mehr.

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Arbeitsgemeinschaft Swissaid | Fastenopfer | Brot für alle | Helvetas | Caritas | Heks | www.alliancesud.ch

Globalisierung und Nord / Süd-Politik

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2013

Immer wieder: Es geht um GerechtigkeitWTO: Ende des multilateralen Systems?

Fairtrade: Seco-Gelder für Multis?

Klima: Wer bezahlt wie viel?

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Kurz notiert

Beunruhigt über Südafrikapn. Im September besuchte Bundesrat Schneider-Ammann mit einer Gruppe von Unternehmern Südafrika. Sie kritisierten dabei u.a. den Plan der Regierung, den In-vestitionsschutz künftig auf eigene Gesetze statt auf bilaterale Abkommen abzustüt-zen. Laut Economiesuisse seien die Einwän-de zwar «auf Verständnis» gestossen, aber «bedauerlicherweise» habe «die Unsicher-heit über die künftige Entwicklung […] nicht beseitigt werden können». Südafrika will keine Investitionsschutzverträge mehr ab-schliessen, die den Investoren Klagerecht gegen den eigenen Staat ermöglichen. Eco-nomiesuisse beklagt zudem, dass Südafri-ka auch eine «erhebliche Schwächung» des Patentschutzes anstrebe. In beiden Fällen äussert sich das gesunde Bestreben von Ent-wicklungsländern, sich von Regeln zu lösen, die einseitig die stärksten Wirtschaftsnati-onen bevorzugen.

Burma: Markt und Menschenrechteme. Wer garantiert, dass Schweizer Investi-tionen in Myanmar die Menschen- und Um-weltrechte einhalten? Wie können Repu-tationsrisiken für die Schweiz verhindert werden? Beim Bau eines Staudamms mit Schweizer Beteiligung etwa wurden über

8000 Menschen ohne richtige Entschädi-gung zwangsumgesiedelt. Auf diese Frage dreier ParlamentarierInnen (Seydoux, Fiala, Sommaruga) in der Herbstsession hat Wirt-schaftsminister Schneider-Ammann geant-wortet: «Es wird nicht staatlich gelenkt, es wird nicht staatlich Einfluss genommen.» Was ein regelmässiges Reporting zu Um-welt- und Menschenrechtsfragen betrifft, wie es die USA von in Burma investierenden Firmen fordern, verweist der Bundesrat auf den rechtsvergleichenden Bericht, den der Natio nalrat aufgrund der Petition «Recht ohne Grenzen» verlangt hat. Er sollte im Dezember bereit sein.

Heisse Kartoffel ecopop-Initiative dh. Volksinitiativen sind nur dann gültig, wenn die Einheit der Materie gewahrt ist. Obwohl die ecopop-Initiative die Beschrän-kung der Einwanderung mit einer Zweck-bindung von Entwicklungshilfe verknüpft, hat der Bundesrat beschlossen, die Initiati-ve zu behandeln. Mit Spannung wird seine Botschaft erwartet, die bis zum 2. November vorliegen muss. Welche Kommission die Vorlage behandelt, ist ob dem thematischen Spagat noch offen. Der Nationalrat wird die Initiative voraussichtlich im Frühjahr 2014 diskutieren. Bis zum 2. Mai 2015 müssen die

Ratsdebatten abgeschlossen sein. Maximal zehn Monate später folgt die Abstimmung. Im Herbst 2015 sind eidgenössische Wahlen. In der Tat: eine heisse Kartoffel. Argumente gegen die Initiative hat Caritas im Positions-papier «Bevölkerungspolitik auf Irrwegen» zusammengestellt.

Altruistische Zürcher Gemeindendh. Auch einem geschenkten Gaul kann man ins Maul schauen. Zürcher Gemeinden, die vom innerkantonalen Finanzausgleich profitieren, wollen Teile des unerwarteten Geldsegens nach dem Börsengang von Glen-core an NGOs überweisen. Am 22. September sagten 52,8 Prozent der Stimmberechtigten von Hedingen Ja zur Initiative «Rohstoff-millionen – Hedingen handelt solidarisch». 110 000 Franken, rund 10 Prozent dessen, was Hedingen dank der Glencore-Steuer-millionen erhält, werden an Projekte von Heks, ASK und Helvetas im Kongo, in Kolum-bien und in Bolivien überwiesen. Ähnliche Vorstösse, die sich kritisch mit Glencore aus-einandersetzen, werden in den kommenden Wochen in den Gemeindeversammlungen der Säuliämter Gemeinden Hausen, Affol-tern a. A., Kappel, Obfelden und Mettmen-stetten behandelt. Glencore reagiert mit einer PR-Offensive in der Region.

Impressum

GLOBAL+erscheint viermal jährlich.

Herausgeberin:Alliance SudArbeitsgemeinschaft Swissaid | Fastenopfer | Brot für alle | Helvetas | Caritas | HeksMonbijoustrasse 31, Postfach 6735, 3001 Bern Tel. 031 390 93 30, Fax 031 390 93 31E-Mail: [email protected]

Redaktion:Daniel Hitzig (dh), Kathrin Spichiger (ks) Tel. 031 390 93 34/30

Bildredaktion: Nicole Aeby

Grafik: Clerici Partner Design, ZürichDruck: s+z: gutzumdruck, BrigAuflage: 2400Einzelpreis: Fr. 7.50Jahresabo: Fr. 30.–Förderabo: mind. Fr. 50.–Inseratepreise/Beilagen: auf AnfrageBildnachweis Titelseite: Biologisch produzierte Baumwolle vor der Entkernung in Kasrawad, Madhya Pradesh, Indien. © Jörg Böthling

Die nächste Ausgabe erscheint im Dezember 2013.

PräsidiumHugo Fasel, Direktor Caritas Schweiz

GeschäftsstellePeter Niggli (Geschäftsleiter)Kathrin Spichiger, Rosa Amelia FierroPostfach 6735, 3001 BernTel. 031 390 93 30Fax 031 390 93 31E-Mail: [email protected]

Entwicklungspolitik

– Entwicklungszusammenarbeit: Nina Schneider, Tel. 031 390 93 40

[email protected]– Handel / WTO:

Isolda Agazzi / Michel Egger Tel. 021 612 00 95 [email protected]

– Internat. Finanz- und Steuerpolitik Mark Herkenrath, Tel. 031 390 93 35 [email protected]

– Internat. Umwelt- und Klimapolitik Nicole Werner, Tel. 031 390 93 32 [email protected]

– Medien und Kommunikation Daniel Hitzig, Tel. 031 390 93 34 [email protected]

Dokumentationszentrum BernJris Bertschi / Emanuela Tognola / Renate ZimmermannTel. 031 390 93 [email protected]

Regionalstelle LausanneIsolda Agazzi / Michel Egger / Frédéric RussbachTel. 021 612 00 95 / Fax 021 612 00 [email protected]

Dokumentationszentrum LausanneNicolas Bugnon / Pierre Flatt / Amélie Vallotton Preisig Tel. 021 612 00 86, [email protected]

Regionalstelle LuganoLavinia Sommaruga / Silvia CartonTel. 091 967 33 66, Fax 091 966 02 [email protected]

Alliance Sud auf einen Blick

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Wer überwacht den China-Vertrag?Bei bilateralen Freihandelsabkommen wacht ein gemischter Ausschuss der beteiligten Staaten über ihre Einhaltung und behandelt allfällige Klagen. Das gilt auch für den China-Vertrag. Ist ein Streitfall nicht ein-vernehmlich lösbar, kann er an ein Schiedsgericht überwiesen werden. Würde dieses zugunsten der Schweiz entscheiden, China sich aber wei-gern, die strittigen Praktiken im Sinne des Schiedsurteils zu korrigieren, wäre die Schweiz berechtigt, gleichwertige Handelsvorteile für China auszusetzen, also Handelssanktionen zu verhängen.

Dem Streitschlichtungsverfahren unterliegen jedoch nur die Han-delsbestimmungen des China-Vertrags. Die Bestimmungen zu Umwelt und Nachhaltigkeit sind explizit ausgenommen. Für das parallel ausge-handelte Abkommen über Arbeitsrechte ist sogar nur ein dialogischer Konsultationsprozess vorgesehen. Kurz, der Vertrag mit China setzt hard law für den Kommerz, aber nur soft law für Umwelt-, Arbeits- und Menschenrechte. Natürlich hat die Schweiz nicht die Macht, China grif-figere Bestimmungen zu diktieren. Trotzdem fragt es sich, wozu das soft law im Abkommen gut sein soll. Soll es die schweizerische Opposition besänftigen? Oder will der Bundesrat damit Verbesserungen in China anstossen?

In der Entwicklungszusammenarbeit wird zur Förderung von Men-schenrechten oft eine Kombination von sogenanntem «politischem Dialog», der Stärkung von Basisbewegungen und der Herstellung von Öffentlichkeit benutzt. Die realistische Annahme dahinter: Menschen-rechte werden nicht von heute auf morgen respektiert, sondern im bes-ten Fall am Ende eines langen Prozesses von Auseinandersetzungen. Will der Bundesrat mit China einen solchen Prozess beginnen?

Im Mai 2011 sagte die damalige Aussenministerin Calmy-Rey der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, dass die Menschen-rechtsdialoge, darunter derjenige mit China, wenig bis nichts gebracht hätten. Künftig soll das Thema auf allen Stufen und möglichst in allen bilateralen Kontakten zur Sprache gebracht werden. Der letzte unbe-friedigende Menschenrechtsdialog mit China hatte kurz zuvor stattge-funden. Nun soll er im Zusammenhang mit dem China-Vertrag diesen Herbst reanimiert werden. Wie der Bundesrat diesmal verhindern will, dass der Dialog höfliches Geplauder bleibt, ist unklar. Besser wäre es, wenn die Schweiz Menschen- und Arbeitsrechte aktiv in den Gremien des Freihandelsvertrags pushen würde.

Dazu müsste sie überwachen können, wo Unternehmen oder staatliche Organe in China gegen das Abkommen verstossen. Für den Handelsteil ist das einfach: Die Unternehmen beider Seiten erfahren Verletzungen des Abkommens in ihrem alltäglichen Geschäft und kön-nen sie den Streitschlichtungsgremien unterbreiten. Ich fragte unseren Chefunterhändler, wie der Bundesrat die Einhaltung der Umwelt-, Men-schen- und Arbeitsrechtsbestimmungen zu überwachen gedenke. Seine erste Antwort: überhaupt nicht. Der Bund hat dazu keine Mittel. Seine zweite: Die NGOs sollen es tun.

So geht das nicht! Falls das Parlament nicht nur Feigenblätter ver-abschieden will, muss die Frage der Überwachung des China-Abkom-mens praktisch gelöst werden. Die staatlichen Organe dürfen sich nicht in Laisser-faire üben – und NGOs und Gewerkschaften müssen in geeig-neter Weise beigezogen werden.

Peter Niggli, Geschäftsleiter Alliance Sud

Aus dem Inhalt

Automatischer Informationsaustausch 4 Wieso ihn auch der Süden braucht

OECD-Leitsätze für Multis 5 Schweizer Neubeginn mit Fragezeichen

WTO-Ministerkonferenz in Bali 6 Hartes Ringen vorprogrammiert

Klima-Gipfel in Warschau 8 Zeit für ein Klima der Gerechtigkeit

Seco und Fairtrade 11 Nachhaltigkeit für den Massenmarkt

Rückgabe von gestohlenen Geldern 12 Kontroverse um Gesetzesentwurf

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Steuerflucht aus dem Süden

Automatischer Informationsaustausch, aber richtig

Am Gipfeltreffen der G-20 in St. Petersburg sprachen sich die führenden Industrie- und Schwellenländer einmal mehr klipp und klar für den automatischen Informationsaustausch aus. Sie wollen ihn spätestens Ende 2015 in die Praxis umgesetzt haben. Die OECD erhielt den Auftrag, dazu bis im kommenden Februar ein Rahmenabkommen auszuarbeiten und rasch die Ar-beiten an der nötigen technischen Infrastruktur abzuschliessen.

Ausserdem versprachen die Staatschefs der G-20 in ihrer Schlusserklärung, auch den Entwicklungsländern den Zugang zum automatischen Informationsaustausch zu ermöglichen. Sie gelobten, den einkommensschwächsten Ländern nötigen-falls Unterstützung beim Ausbau der entsprechenden Kapazi-

täten zu gewähren. Das Argument, ärmere Länder könnten mit der Auswertung ausländischer Bankdaten personell und technisch überfordert sein, dürfte deshalb bald nicht mehr greifen.

Bis der automatische Informationsaustausch Realität wer-den kann, gilt es allerdings noch eine Reihe von prinzipiellen Fragen zu klären. Die Schweiz, die sich in der OECD bereits aktiv an den laufenden Verhandlungen beteiligt, steht auf der Bremse und vertritt im Interesse ihres Finanzplatzes ein-mal mehr eine ausgesprochen konservative Position. Sie be-harrt bei der Einführung des automatischen Informationsaus-tauschs nicht nur auf möglichst strengen Auflagen in Sachen Datenschutz, sondern auch auf dem Prinzip der Wechselseitig-keit (Reziprozität).

Entwicklungsländer könnten aussen vor bleiben Sollte sich die Schweiz mit der Forderung nach strikter Rezip-rozität durchsetzen, wären die ärmsten Entwicklungsländer faktisch vom automatischen Informationsaustausch ausge-schlossen. Sie hätten dann nämlich nur Zugang zu ausländi-schen Bankdaten, wenn sie in der Lage wären, ihrerseits solche Daten zu liefern. Der aufwendige administrative Apparat, den

sie dafür aufbauen müssten, wäre aber in vielen Fällen schlicht zu teuer. Die Kosten könnten den Nutzen des automatischen Informationsaustauschs rasch einmal übersteigen.

Es fragt sich darum, ob das Prinzip der Wechselseitigkeit im Verkehr mit Entwicklungsländern überhaupt Sinn macht. Im Gegensatz zur Schweiz beherbergen die meisten dieser Länder kaum undeklarierte Auslandkonten. Weshalb also soll-ten sie dazu verpflichtet werden, ihre Bankdaten ins Ausland zu schicken? Sinnvoller wäre es, tatsächliche Steueroasen wür-den den Entwicklungsländern einen einseitigen Informations-transfer anbieten.

Was die Forderung nach einem strikten Datenschutz be-trifft, so herrscht in den allermeisten Ländern ein Steuerge-heimnis. Es besteht also kaum Grund anzunehmen, dass aus-ländische Bankdaten nicht vertraulich behandelt würden. Zudem hat die OECD bereits letztes Jahr einen Bericht über die wichtigsten Schutzmassnahmen erstellt. Sie ist nun daran, diejenigen Entwicklungsländer, die hier noch Nachholbedarf haben, bei der Einführung solcher Massnahmen zu unterstüt-zen. Die Schweiz sollte sich dringend an diesen Bestrebungen beteiligen.

. . . mehr zum Thema.

Eine umfassende Darstellung der Steueroasen dieser Welt liefert Nicholas Shaxson in sei - nem Buch «Schatzinseln. Wie Steueroasen die Demokratie untergraben». Ein besonderes Augenmerk legt der Autor auf die Transparenz der Finanzplätze. Er beleuchtet zudem den Finanzplatz Schweiz, der 2009 rund 2,1 Billionen Dollar auf Offshore-Konten beherbergte. Das Buch kann unter der Signatur Rb/72 im Doku-mentationszentrum von Alliance Sud aus- geliehen werden.

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Mark Herkenrath Der automatische Austausch von Steuerinformationen soll bald zum internationalen Standard werden. Die Schweiz verlangt aber möglichst restriktive Auflagen bei der Umsetzung. Zum eindeutigen Nach-teil der Entwicklungsländer.

«Die Schweiz steht auf der Bremse und vertritt im Interesse ihres Finanz-platzes einmal mehr eine aus- gesprochen konservative Position.»

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OECD-Leitsätze für multinationale Firmen

Mehr als eine Alibiübung?

Statt nur auf die Wirtschaftslobby wird im Bundeshaus jetzt auch auf NGOs und Gewerkschaften gehört.

Michel Egger Im August hat sich der «Beirat» zum ersten Mal getroffen. Er soll den Nationalen Kontaktpunkt bei der Umsetzung der OECD-Leitsätze für multinationale Firmen in der Schweiz begleiten. NGOs und Gewerk-schaften haben ihre Mitwirkung im Beirat von einer tatsächlichen Verbesserung des bisherigen Systems abhängig gemacht. Die ersten Fragen drehen sich um Transparenz und die Behandlung von Klagen.

Die Leitsätze der Organisation für wirtschaftliche Zusammen-arbeit und Entwicklung (OECD) sind freiwillige Empfehlungen für die Firmen in Sachen soziale und Umweltverantwortung. 43 Staaten haben sie übernommen, jeder setzt sie über einen sogenannten Nationalen Kontaktpunkt (NKP) in Kraft, der nach eigenem Gutdünken organisiert ist. Bei diesem Gremium können Klagen deponiert werden, falls Leitsätze von Firmen nicht eingehalten werden. In der Schweiz ist der NKP beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) angesiedelt.

Seit Jahren kritisieren NGOs, Gewerkschaften und Parla-mentarier diese Nähe des NKP zur Wirtschaft, denn sie wider-spricht dem in den Prinzipien festgelegten Kriterium der Un-abhängigkeit. Lange verhallte diese Kritik ungehört, wie die Antwort auf das Postulat von 2010 von Nationalrat Carlo Som-maruga (SP/GE) belegte: Der Bundesrat sah «keinen Hand-lungsbedarf, den Schweizer NKP zu reorganisieren». Begrün-det wurde das unter anderem mit «der geringen Anzahl be-handelter Fälle». Was vor allem belegt, dass es die NGOs für wenig aussichtsreich hielten, an den NKP zu gelangen.

Nachdem die 2011 revidierten Leitsätze umgesetzt werden sollten, kam etwas Bewegung in die Sache. Der Bundesrat be-schloss, dem NKP einen «Beirat» zur Seite zu stellen, dem vier-zehn Mitglieder aus Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften (Travail.Suisse, IndustriALL), NGOs (Alliance Sud, Arbeitsgrup-pe Schweiz-Kolumbien), Wissenschaft und Verwaltung ange-hören. Ziel des Seco ist, dass «die Arbeiten des NKP künftig bei den Interessengruppen breiter abgestützt werden». Als bera-tendes Organ mit beschränkten Kompetenzen entspricht der Beirat jedoch nicht den Erwartungen von NGOs und Gewerk-schaften. Diese wünschten sich einen echt unabhängigen Kon-taktpunkt, so wie es in den Niederlanden, in Norwegen und Dänemark der Fall ist – oder zumindest eine Aufsichtsfunkti-on und Rekursmöglichkeit, wie es sie in Grossbritannien gibt.

Wird der neu gebildete Beirat also mehr als eine Alibi-übung? Das zu beurteilen, ist es zu früh. Das Seco verspricht, sich für ein schlüssiges Instrument einzusetzen, was durch den Einsitz seiner Chefin, Marie-Gabrielle Ineichen, als Ko-Präsiden-tin im Beirat unterstrichen wird. Tatsache geworden ist die von den NGOs verlangte und zunächst zurückgewiesene Teilnahme von akademischen ExpertInnen, die im Streitfall zwischen Ver-

treterInnen der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft vermitteln können. In der konkreten Arbeit wird vieles von der Haltung der WirtschaftsvertreterInnen abhängen. Anders als NGOs und Ge-werkschaften können sie gut mit einem «passiven» NKP leben, wie ihn Bundesrat Schneider-Ammann vor dem Parlament (Frage 11.5095) gelobt hat. Die Wirtschaft hätte denn auch eine geringfügige Anpassung der Leitsätze einer echten Revision vorgezogen und gerne auf einen Beirat verzichtet.

Eine wichtige Frage für NGOs und Gewerkschaften be-trifft die Transparenz. Die Beratungen des Beirats sind nicht öffentlich, aber eine – vereinbart ist «substanzielle» – Zusam-menfassung wird nach jeder Sitzung auf der Website des Bei-rats veröffentlicht werden. Weil Klagen gegen Firmen nicht in seinem Kompetenzbereich liegen, wird sich der Beirat auf das Funktionieren des NKP konzentrieren. Ein zentraler Punkt ist dabei die Überarbeitung der NKP-Verfahrensanleitung, die im Herbst 2011 publiziert worden war, ohne dass die Zivilge-sellschaft vorgängig konsultiert wurde. Auch wenn sie gewis-se Verbesserungen enthält, wie die Möglichkeit, externe Medi-atoren anzurufen, so stellen sich zahlreiche Probleme in Bezug auf Neutralität, Transparenz, Teilnahme von Geschädigten aus dem Süden und die Rolle des NKP im Fall, dass eine Media- tion scheitert. Schwächen, die den Forderungen für die neuen Leitsätze widersprechen, wonach es die Aufgabe der NKP sei, «das Vertrauen zwischen den Sozialpartnern sowie der ande-ren Beteiligten» zu stärken.

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Foto: KEYSTONE/DPA/Roberto Pera

Industrielle Landwirtschaft wie in Nordamerika: Mähdrescher im Mato Grosso, Brasilien.

Die 159 WTO-Mitglieder reisen zwar fest entschlossen, aber oh-ne Illusionen nach Bali. Tatsächlich sind die Erfolgsaussichten dieser neunten Ministerrunde minim. Die Entwicklungsländer setzen sich für Fortschritte im Landwirtschaftsdossier und für die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) ein. Die Indus-trieländer wollen vor allem ein Abkommen über Handelser-

WTO-Ministerkonferenz in Bali

Ernährungssicherheit vs. Handelserleichterungen

leichterungen schliessen. Dermassen unterschiedliche Interes-sen unter einen Hut zu bringen, wird ein Balanceakt.

Ein erstes Verhandlungspaket betrifft die Landwirtschaft. Es schlägt einen Passus zur Ernährungssicherheit vor, der von den G-33 vorgeschlagen wird, einer von Indien angeführten Gruppe von 46 Entwicklungsländern. Es geht um eine Ände-

Isolda Agazzi Das multilaterale Handelssystem und das, was von der

Doha-Entwicklungsrunde noch übrig bleibt, zu retten: Das ist

die Aufgabe, die sich die Ministerkonferenz der Welthandelsorgani-

sation (WTO) vom 3. bis 6. Dezember in Bali stellt. Die Meinungen,

wie das zu bewerkstelligen sei, gehen aber weit auseinander.

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rung bestehender Subventionsregeln. Die Entwicklungsländer sollen Nahrungsmittelreserven bilden dürfen, indem sie ihren Landwirten Produkte abkaufen und später zu verbilligten Prei-sen auf den nationalen Markt bringen. Namentlich Indien setzt sich dafür ein, weil es ein Gesetz vorbereitet, wonach jede bedürftige Person pro Monat Anrecht auf 5 Kilo Getreide hat. Bezugsberechtigt wären zwei Drittel der Bevölkerung. Ein solches Programm würde wahrscheinlich die geltenden WTO-Regeln verletzen, Delhi müsste Sanktionen gewärtigen. Die Forderung wird unterstützt von Alliance Sud, Our World is Not for Sale (OWINFS) – ein internationales NGO-Netzwerk, bei dem Alliance Sud Mitglied ist – und den Ländern des Südens. Wobei einige kritisieren, dass sich nur grosse Schwel-lenländer die Finanzierung solcher Lager leisten könnten.

Schweiz mal verhandlungsbereit mal skeptischDie USA stellen sich klar gegen das Vorhaben, sie befürchten, dass derartige Lager auf den internationalen Märkten ver-ramscht werden und zu einer groben Wettbewerbsverzerrung führen könnten. Die EU und die Schweiz zeigen sich kritisch, sind aber diskussionsbereit. «Wir haben keine direkten Interes-sen in dieser Sache», erklärt Didier Chambovey, Leiter des Leis-tungsbereichs Welthandel im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), «es gibt tatsächlich Probleme mit der Nahrungsmittel-sicherheit, aber es gilt eine Formel zu finden, ohne WTO-Rege-lungen bezüglich interner Unterstützung der Landwirtschaft zu verletzen.»

Ein anderer Vorschlag kommt von Brasilien im Namen der G-20, der Gruppe der Agro-Exporteure der WTO. Sie verlangt, dass die industrialisierten Länder ihre Exportsubventionen für Agrarprodukte bis Ende 2013 halbieren, als ersten Schritt ihrer völligen Abschaffung, wie sie in Hongkong 2005 beschlossen worden ist. Davon ist man weit entfernt: In ihrer gemeinsa-men Agrarpolitik für die Jahre 2014–2020 budgetiert die EU immer noch 20 Milliarden Euro für Exportsubventionen.

Didier Chambovey bestätigt, dass die Schweiz keine land-wirtschaftlichen Grundprodukte mehr subventionieren will, doch sei man wegen des «Schokoladen-Gesetzes» direkt von diesem Vorschlag betroffen. Dieses Gesetz erlaubt, verarbei-tete Landwirtschaftserzeugnisse (Schokolade, Konfekt) für den Export zu subventionieren. Die «Mehrkosten», welche der Branche durch die Verwendung von Milch oder Getreide aus einheimischer Produktion entstehen (beides wäre zu Welt-marktpreisen billiger zu haben), werden durch die Exportsub-vention kompensiert. 115 Millionen Franken pro Jahr sind dafür budgetiert, obwohl dieser Betrag nie ganz ausgeschöpft wur-de. «Der brasilianische Vorschlag wird studiert, aber er hat in-sofern Haken, als er die anderen beiden Pfeiler von Exportsub-ventionen nicht abdeckt, die Hilfe an Staatsbetriebe und die Nahrungsmittelhilfe. Wir sind sehr skeptisch, genau wie die USA und die EU.» Alliance Sud findet den brasilianischen Vor-schlag richtig. Die Exportsubventionen schaden den Ländern des Südens ausserordentlich. Gegen die staatlich verbilligten Produkte aus Europa und den USA können afrikanische Bäue-rinnen und Bauern kaum konkurrieren.

Die Industrieländer wollen HandelserleichterungenDie Länder des Nordens wollen einen Vertrag über Handelser-leichterungen abschliessen, der Zollformalitäten vereinfachen

und beschleunigen soll. Die Entwicklungsländer sträuben sich dagegen, weil davon einseitig die Exporte der Industrieländer profitierten. Ein solcher Vertrag würde sie zu komplizierten und kostspieligen Massnahmen verpflichten, ohne Garantie, dafür technische und finanzielle Hilfe zu erhalten. Und: Sie müssten mit empfindlichen Einbussen auf ihren Staatseinnah-men rechnen. Alioune Nang, von Enda Tiers-Monde (Dakar): «Ein solcher Vertrag wäre sehr einseitig, denn er würde den [westlichen] Unternehmen und Exporteuren ermöglichen, na-tionale Massnahmen und Regeln einzuklagen, die ihm zuwi-derlaufen.» Im Gegenzug blieben die Hindernisse für die Län-der des Südens im Norden weiter bestehen: komplizierte Ursprungsregeln und exzessive Gesundheits- und Pflanzen-schutzauflagen. Der Widerstand der Entwicklungsländer ge-gen ein Handelserleichterungsabkommen könnte sich infolge der jüngsten Vorschläge aber abschwächen. Diese sehen eine Bekräftigung des Prinzips der besonderen und differenzierten Behandlung aller Entwicklungsländer vor und mehr Hilfe. Ein Kompromiss scheint für die Entwicklungsländer nicht ausge-schlossen, wenn ihnen die Industrieländer in Sachen Ernäh-rungssicherheit entgegenkommen.

Didier Chambovey bestätigt, dass die Handelserleichte-rungen für die Schweiz das Hauptdossier in Bali seien. Es ab-zuschliessen, werde jedoch schwierig, «selbst wenn den Ent-wicklungsländern bereits beträchtliche technische Unterstüt-zung gewährt wurde und der Vertrag das Prinzip akzeptiert, dass ein Land, das nicht imstande ist, ihn umzusetzen, das auch nicht tun muss, wenn es nicht die nötige Hilfe erhält». Alliance Sud und OWINFS finden, dass die Verhandlungen über dieses Abkommen abgebrochen werden sollen oder dass sei-ne Einhaltung für die Entwicklungsländer freiwillig sein soll.

Bedrohtes Massnahmenbündel für die Ärmsten

ia. Die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) haben eine Reihe von Massnahmen vorgeschlagen. Dazu gehört, 97 Prozent ihrer Produkte von Kontingenten und Zöllen auszunehmen, eine Vereinfachung der Ursprungsregeln, die Abschaffung von Exportsubventionen für Baumwolle und die Inkraft setzung der Ausnahmeregelung für Dienstleis-tungen, die an der Ministerkonferenz von 2011 vereinbart worden war. Diese Vorschläge stellen kein Problem dar, heisst es in Bern. Die Schweiz gewährt den LDC bereits jetzt zu 100 Prozent quoten- und zollfreien Marktzugang und wendet Ursprungsregeln an, die praktisch dem Vorschlag der LDC entsprechen. Auch wenn das Massnahmenbündel von NGOs und den Entwicklungsländern unterstützt werde, habe es «praktisch keine Chance», sagt ein Diplomat der LDC. Die Gründe: Der Widerstand der USA und Uneinigkeit unter den LDC. Gewisse Länder – namentlich Lesotho und Haiti – fürchten die Konkurrenz der Textilindustrie von Bangla-desch und Kambodscha.

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Tausende von Länderdelegierten aus aller Welt werden im No-vember nach Warschau fliegen. Sie alle gehen davon aus, dass ihre Flugzeuge unterwegs nicht abstürzen. Schliesslich setzt sich niemand in eine Passagiermaschine, die mit einer Wahr-scheinlichkeit von 50 Prozent vom Himmel fällt.

Hohe Risiken geht die internationale Politik dagegen in Sachen Klima ein: Das ursprüngliche Ziel der Klimakonven- tion, einen gefährlichen Klimawandel zu verhindern, wird – wenn alles so weitergeht wie bisher – mit mehr als 50 Prozent Wahrscheinlichkeit nicht eingehalten. Nur wenn die globalen CO2-Emissionen bis 2050 gegenüber 1990 auf die Hälfte ab-nehmen, kann die Erderwärmung mit mehr als 50 Prozent

Uno-Klimakonferenz in Warschau

Zeit für ein Klima der Gerechtigkeit

Wahrscheinlichkeit innerhalb der vereinbarten Zwei-Grad-Grenze gestoppt werden. Und damit – um im Bild zu bleiben – der Totalcrash des Klimas vermieden werden. Trotz des stei-genden Risikos von häufigeren und grösseren Klimakatastro-phen hat auch die Schweiz bisher keine Anstrengungen unter-nommen, ihre Klimaziele angemessen zu erhöhen.

Anderer Wind oder nur Bluff?Die Uno-Staaten haben vor zwei Jahren in Durban vereinbart, bis 2015 ein neues Klimaregime auszuhandeln, das für alle Län-der verbindliche Klimaziele festsetzt. 2020 soll dieser Vertrag in Kraft treten. Seit gut einem Jahr herrscht ein etwas anderer

Nicole Werner Mitte November findet zum 19. Mal die jährliche Klimakonferenz der Uno

statt. Seit gut einem Jahr herrscht ein anderer Wind in den Verhandlungen. Die

entscheidende Frage nach der gerechten Lastenverteilung unter den Staaten bleibt

jedoch weiterhin unbeantwortet. Die für 2015 angestrebte Einigung auf ein neues

Klimaregime droht daran zu scheitern.

Kunst am Uno-Gipfel: Mahnmal aus Plastik-flaschen am Rio+20-Gipfel (2012). Fo

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Wind in den Verhandlungen. Während sich in den vergange-nen 20 Jahren fast alle Staaten gegenseitig Nichtstun oder Zu-wenig-tun vorwarfen, um den Mangel an eigenem Handeln zu rechtfertigen, setzt eine Reihe von Staaten nun auf ein «Race to the top». Darunter auch die Schweiz. Durch Darlegen der nationalen Gegebenheiten sowie dem Postulieren natio-naler Klimaziele wollen sie positive Konkurrenz erzeugen und damit eine Trendwende herbeiführen.

Ob die Rechnung aufgeht, ist äusserst fraglich. Ein solches Modell soll berücksichtigen, dass in jedem Land besondere Voraussetzungen herrschen, die dessen Möglichkeiten für den Klimaschutz bestimmen. So könnte etwa ein Land wie die Schweiz mit vielen Bergen mehr Strom aus klimaneutra- ler Wasserkraft erzeugen als etwa Bangladesch. Allerdings, schränken hier VertreterInnen der Schweiz ein, sei das Potenzi-al weitgehend ausgeschöpft und damit ihr zusätzliches Klima-schutzpotenzial bei der Stromversorgung eingeschränkt res-pektive zu teuer in der Umsetzung. Für Solarenergie seien da-gegen sonnenreiche Staaten des Südens besser geeignet.

Die Schweiz könnte aufgrund ihres Reichtums mehr Geld für den internationalen grünen Klimafonds zur Finanzierung von Klimamassnahmen in Entwicklungsländern zur Verfü-gung stellen. Allerdings zeigt die offizielle Schweiz auch hier keine Ambitionen, über das hinauszugehen, was die weniger reichen europäischen Staaten tun: Sie finanziert Klimamass-nahmen in Entwicklungsländern aus dem Budget der Entwick-lungshilfe. Auch wenn es Synergien zwischen nachhaltiger Entwicklung und Klimamassnahmen (das heisst Klimaschutz und Anpassung) gibt, ist der Klimawandel zu einer zusätzli-chen Herausforderung für die meisten Entwicklungsländer ge-worden. Dazu braucht es entsprechend zusätzliche Finanzie-rung (s. Global+, Sommer 2013).

Prinzipien der KlimagerechtigkeitDer frische Wind in der Klimadebatte droht also schon vor War-schau zum lauen Lüftchen zu verkommen. Es sieht nach wie vor nicht danach aus, dass alle Länder ihren fairen Anteil an den Klimamassnahmen übernehmen. Das Climate Action Net-work (CAN), ein NGO-Netzwerk, dem auch Alliance Sud ange-hört, fordert darum einen «Referenzrahmen zur Klimagerech-tigkeit». Dieser baut auf drei grundlegenden – im Original auf Englisch formulierten – Prinzipien auf. Nicht selten sind es ge-wundene Formulierungen, die einen Eindruck von der Komple-xität des Themas geben, will man ihr – wie CAN – wirklich ge-recht werden.

1. Vorsorgeprinzip und angemessenes Handeln:Alle Staaten haben die gemeinsame Pflicht, angemessene Massnahmen durchzuführen, die einen gefährlichen Klima-wandel verhindern, sowie Massnahmen umzusetzen, welche die Anpassung an die unausweichlichen Folgen des Klimawan-dels ermöglichen. («Klimaanpassung» ist dabei der Kehrwert zu Angemessenheit: Je weniger angemessen die Klimaschutz-massnahmen sind, umso mehr und teurere Anpassungsmass-nahmen werden erforderlich.)

2. Gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortung: Wie stark ein Staat verpflichtet ist zu handeln und auch finan-zielle Unterstützung zu leisten, das hängt von den historischen

und aktuellen Emissionen dieses Staates ab. Von den Emissio-nen gestern und heute hängt auch das Recht eines Staates ab, Unterstützung zu erhalten. Und wer kann, muss auch zahlen.

3. Recht auf nachhaltige Entwicklung: Es umfasst das Recht aller Länder, ihre BürgerInnen sowohl aus der Armut zu befreien als auch, ihnen einen nachhaltigen und universellen Lebensstil zu ermöglichen. Nachhaltig ist er, wenn ihn auch die nachfolgenden Generationen geniessen können. Universell ist er, wenn er von allen Menschen der Welt gelebt werden kann.

CAN fordert die Einführung von messbaren Gerechtigkeits-indikatoren, welche diese Prinzipien widerspiegeln, um die Anstrengungen und Bedürfnisse aller Länder vergleichbar zu machen. Bevölkerungszahl, Bruttoinlandprodukt und Emis-sionsmenge sind genauso in die Bewertung der Ambitionen einzubeziehen wie das Pro-Kopf-Einkommen und die Pro-Kopf-Emissionen. Ebenso wäre die Verteilung von Einkommen und Emissionen innerhalb der Staaten bei der Beurteilung von Ent-wicklungsbedürfnissen zu berücksichtigen.

Mittels einer Reihe von aussagekräftigen Gerechtigkeits-indikatoren sollten alle Staaten transparent darlegen, welche Klimaziele sie in einem neuen Klimaregime übernehmen. Nur wenn die Ziele aller Länder ausreichend ambitioniert sind, das heisst angemessen genug, wird die angestrebte Halbierung der CO2-Emissionen bis 2050 gelingen. Und nur wenn die An-strengungen gerecht verteilt sind, besteht die Chance, dass alle Länder den neuen Klimavertrag ratifizieren werden.

Die Schweiz sollte daher die Einführung solcher Indikato-ren unterstützen. Will sie dazu beitragen, für alle Menschen das Risiko eines Klimacrashs zu minimieren, muss sie zudem noch vor 2015 einen «Security-Check» durchführen: Dabei wird sie feststellen, dass sie ihr Ziel der Emissionsreduktionen von 20 auf 40 Prozent hochschrauben und dem internationa-len grünen Klimafonds eine Finanzierungsspritze geben muss. Nur so kann ein kontrollierter Sinkflug zu einer sicheren Lan-dung unterhalb des Zwei-Grad-Ziels gelingen.

. . . mehr zum Thema.

Was wurde 1992 an der Uno-Konferenz in Rio beschlossen? Was genau verlangt das Kyoto-Pro-tokoll? Wofür stehen die Abkürzungen UNFCCC, IPCC? Was im Wortlaut fordern die NGOs im Climate Action Network? Antworten auf diese Fragen und Links zu den Akteuren der Klimapoli-tik bietet das E-Dossier «Klimawandel».

www.alliancesud.ch/de/dokumentation/e-dossiers/klimawandel

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Master of Advanced Studies in Entwicklung und Zusammenarbeit

für Hochschulabsolventen/innen aller FachrichtungenStudienzyklus 2014 – 2016

In einem 20-monatigen Studium werden Nachwuchskräfte für die Entwicklungszusammenarbeit ausgebildet.

StudiensemesterMultidisziplinäres Vollzeitstudium

Herbstsemester 2014September 2014 – Januar 2015

Projektassistenz in einem Entwicklungslandmit einer NRO, einer bilateralen odermultilateralen Organisation

Projekteinsatz 2015 8 – 10 Monate

Blockkurse zu Methoden und Politikfragen (30 Kurstage)

Weiterbildungssemester Frühjahrssemester 2016Februar – Juni 2016

Anmeldung 1. Januar – 28. Februar 2014 (ausschliesslich über die Website des

Zentrums für Weiterbildung der ETH Zürich: www.zfw.ethz.ch)

Auskunft www.nadel.ethz.ch

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GLOBAL+ HERBST 2013 11

Erste privat-öffentliche Handelspartnerschaft – mit einer niederländischen Stiftung

Nachhaltigkeit für den Massenmarkt

Nina Schneider Am 1. Mai 2013 gab der Bundesrat grünes Licht für einen Vierjahreskredit über 30 Millionen Franken für die strategische Partnerschaft zwischen dem Staatssekretari-at für Wirtschaft (Seco) und der holländischen Stiftung für nachhaltigen Handel (IDH)1. IDH will Grosskonzernen wie Nestlé, Adidas, Ikea, Cargill, Unilever u.a. bei der Umstel-lung auf sozial- und umweltverträglich produzierte Rohstoffe auf die Sprünge helfen.

Das Seco unterstützt zwar schon länger den Auf-bau von Handelsketten mit fair und biologisch pro-duzierter Baumwolle, Kaffee, Kakao, Holz oder Soja und engagiert sich auch bei der Entwicklung von Zertifizierungsstandards. Derart tief hat es in der Zusammenarbeit mit Schweizer NGOs und dem De-tailhandel aber nie in die Tasche gegriffen.

IDH animiert weltweit aktive Grosskonzerne, sich freiwillig Nachhaltigkeitsziele zu setzen, wie etwa die Verminderung des Pestizid- und Dünger-einsatzes oder den Schutz der Grundwasserspei-cher durch schonende Bewässerungsmethoden. Solche Programme werden mit bis zu 50 Prozent mit Entwicklungsgeldern gefördert. Ziel ist, mit «nachhaltigen» Produkten den Massenmarkt zu erobern, in Entwicklungsländern im grossen Stil ressourcenschonende Anbaumethoden zu fördern und so die extreme Armut von Kleinbauern zu be-kämpfen.

Ist auch Nachhaltigkeit drin, wo nachhaltig draufsteht? Laut Joost Oorthuizen, dem Geschäftsführer von IDH, wird der Begriff «Nachhaltigkeit» absichtlich nicht näher definiert. IDH biete Händlern, die der gesteigerten Nachfrage nach gerecht und umwelt-schonend produzierten Gütern nachkommen möchten, lediglich eine Plattform. Zu welchen Stan-dards sie sich gemeinsam verpflichten, dürfen sie selber entscheiden. Mindestkriterien für die Teil-nahme gibt es nicht. Statt die Latte zu hoch zu le-gen, sei es heute wichtiger, auch für schwarze Scha-fe den Zugang zur grünen Wiese zu öffnen.

Damit hat IDH schon mehrfach schlechte Pres-se gemacht. So prangerten holländische NGOs 2012 die Aktivitäten von Holzfirmen im Kongo an, die trotz Teilnahme im IDH-Programm in die illegale Holzwirtschaft verwickelt waren. Dieses Jahr schlug die Empörung hoch, als die Electronics-

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Gruppe von IDH ankündigte, Foxconn in ihre Arme zu schliessen. Als Zulieferfirma von Apple, Dell und HP hat sich Foxconn mit unmenschlichen Arbeits-bedingungen in China, geringen Löhnen und Suizi-den in ihren Firmen einen Namen gemacht. Bei der Wahl der Partner geht IDH also grosse Risiken ein, die als Imageschäden auch auf die finanzierenden Staaten oder implementierende NGOs zurückfal-len, wenn Fehlentwicklungen zu spät entdeckt bzw. nicht rasch behoben werden.

Alliance Sud begrüsst, dass das Seco eine NGO-Vertretung aus der Schweiz ins Impact Committee, eine Art Qualitäts-Überwachungsausschuss, ent-senden will. Damit soll die Erfahrung mit qualitativ hochstehenden Labeln in die IDH-Partnerschaft einfliessen und verhindern, dass «Greenwashing» betrieben wird und Produkte von pseudonachhalti-gen Dumpinglabels auf den Schweizer Markt ge-langen. Es gilt zu garantieren, dass das zusammen mit Produktionsgemeinschaften im Süden entwi-ckelte Know-how und die Sensibilisierung von Kon-sumentInnen für gerechte Handelsbeziehungen nicht aufs Spiel gesetzt werden. Begleitend wollen NGOs im engen Austausch mit der kritischen Öf-fentlichkeit in Europa und den Direktbetroffenen in den Rohstoffländern, IDH-Programme überwachen und mithelfen, neue Erkenntnisse für die Stärkung und Verbreitung von solidarischen und fairen Han-delsbeziehungen zu gewinnen.

1 www.idhsustainabletrade.com, IDH steht für Initiatief Duurzame Handel

Fliessband-Arbeiterin in der Foxconn-Niederlassung in Shenzen, Guangzhou, China.

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Das schmutzige Geld von Potentaten auf Schweizer Konten

Rückgabe von gestohlenen Geldern – wer soll sie erhalten?

Mark Herkenrath Die Schweiz will bei der Rückerstattung von gestohlenen Vermögen

erreichen, dass die Gelder in entwicklungspolitisch sinnvolle Projekte statt ins allgemeine

Staatsbudget fliessen. Damit macht sie sich bei den Regierungen der Herkunftsländer

unbeliebt. Zivilgesellschaftliche Kreise unterstützen das Schweizer Vorgehen.

Die Schweiz steht im Rest der Welt weiterhin im Ruf, ausländi-schen Kleptokraten und ihren Clans ein sicheres Versteck für gestohlene Vermögen zu bieten. Der wachsende internationa-le Druck auf den Schweizer Finanzplatz und die langjährige Kritik in- und ausländischer Nichtregierungsorganisationen zeigen aber allmählich Wirkung. Tatsächlich verfolgt der Bun-desrat bei der Sperrung und Rückgabe von Potentatengeldern seit einigen Jahren eine recht fortschrittliche Politik.

Als der Arabische Frühling Anfang 2011 in Tunesien und Ägypten zum Sturz der beiden Machthaber Ben Ali und Muba-rak führte, war die Schweiz weltweit das erste Land, das ver-dächtige Konten der beiden Diktatoren und ihres Umfelds vor-sorglich blockierte. Seither unterstützt sie die Herkunftsländer aktiv bei den komplizierten Rechtshilfeverfahren, die zur Ein-ziehung und Rückerstattung der gestohlenen Vermögen füh-ren sollen.

Eigentlich fehlt für diese fortschrittliche Praxis aber eine klare gesetzliche Grundlage. Bei der vorsorglichen Sperrung tunesischer und ägyptischer Konten musste sich der Bundes-rat auf einen Notrechtsartikel in der Verfassung berufen, und für die laufenden Unterstützungsmassnahmen zur Beschleu-nigung der Rechtshilfeverfahren gibt es keinen eindeutigen Gesetzesauftrag. Ein neues Bundesgesetz soll diese Lücke dar-um endlich schliessen. Das Aussendepartement hat dazu im Mai einen Entwurf vorgelegt, der nicht nur die aktuelle Praxis festschreibt, sondern sogar weitere Fortschritte bringen soll. Die Vernehmlassung1 zu diesem Gesetzesvorschlag ist Mitte September zu Ende gegangen.

Grosses ausländisches Interesse Der Schweizer Gesetzesentwurf ist im Ausland auf rege Auf-merksamkeit gestossen und war unter anderem Thema einer Expertenkonsultation bei der Uno in Genf. An einem internati-onalen Treffen in London, an dem Regierungsvertreter und zi-vilgesellschaftliche Organisationen den Umgang mit gestoh-lenen Vermögen aus Nordafrika diskutierten, stand er zwar

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Zine El Abidine Ben Ali. Der tunesische Ex-Präsident lebt in Saudi-Arabien.

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1 Die Vernehmlassung von Alliance Sud: www.alliancesud.ch/de/ep/internationale-finanzen/downloads/SRVG_Stellungnahme-AllianceSud-20130911.pdf

nicht offiziell auf der Agenda, war aber zentrales Thema aller Kaffeepausen.

Sowohl die Regierungen als auch die Nichtregierungsor-ganisationen der betroffenen Länder begrüssen das Schweizer Gesetzesvorhaben. Sie loben insbesondere auch die Absicht des Bundesrats, die Herkunftsländer gestohlener Gelder zu-künftig von sich aus mit Informationen über verdächtige Ver-mögen zu versorgen. Damit würde es ihnen die Schweiz deut-lich leichter machen, möglichst vollständige Rechtshilfege- suche einzureichen und die Strafverfolgung der gestürzten Diktatoren voranzutreiben.

Die Schweizer Banken und ihnen nahestehende bürgerli-che Parteien haben allerdings gegen die vorsorgliche Informa-tionsübermittlung vehementen Widerstand angekündigt. Ob es diese wichtige Neuerung durch die parlamentarische Bera-tung bis ins endgültige Gesetz schaffen wird, ist darum noch ungewiss.

Wohin mit dem Geld?In den Herkunftsländern der Potentatengelder sorgt dafür ein anderer Punkt für heisse Köpfe: die Frage, wer denn eigentlich von der Rückführung solcher Gelder profitieren soll. Aktuelle politische Praxis der Schweiz ist, dass sie über die Verwendung der restituierten Vermögen mitbestimmt und in Rückfüh-rungsverhandlungen darauf pocht, dass die Gelder in Projekte mit einem langfristigen Entwicklungsnutzen für die Bevölke-rung fliessen. Diese Praxis soll im neuen Potentatengelderge-setz ebenfalls verbindlich festgeschrieben werden. Die Regie-rungen der Herkunftsländer kritisieren diese Einmischung in interne Belange jedoch als schlicht unzumutbar.

Ein tunesischer Uno-Delegierter bringt diese Sicht auf den Punkt. Er betont, die Schweiz habe jahrzehntelang aus der Verwaltung ausländischer Diktatorengelder Profit geschlagen und darum auch kein moralisches Recht, die Rückerstattung der Vermögen an Bedingungen zu knüpfen. Sinnvoll wäre es, das Geld würde direkt ins Staatsbudget der Herkunftsländer fliessen und der allgemeinen Wirtschaftsförderung und dem Schuldenabbau dienen.

Die Sicht der ZivilgesellschaftZivilgesellschaftliche Organisationen der Herkunftsländer ver-treten eine radikal entgegengesetzte Position. Osama Diab von der Egyptian Initiative for Personal Rights in Kairo betont, dass die rund 700 Millionen US-Dollar des Mubarak-Clans, die zurzeit auf gesperrten Schweizer Konten liegen, im ägypti-schen Staatsbudget kaum Spuren hinterlassen würden: «Sie wären nach ein paar Wochen oder Monaten bereits wieder aufgebraucht, ohne dass die Bevölkerung davon einen spürba-ren Nutzen hätte. Schlimmstenfalls würden sie sogar dafür eingesetzt, illegitime Schulden des früheren Regimes zu be-gleichen.» Die Schweiz sollte seiner Meinung nach darum un-bedingt darauf beharren, dass rückerstattete Gelder einem entwicklungspolitisch sinnvollen Zweck dienen. Ein morali-sches Recht dazu habe die Schweiz zwar nur bedingt, dafür aber eine umso grössere Verantwortung.

Für Diab ist wichtig, dass Potentatengelder bei der Rück-führung nicht wieder in den Korruptionskreislauf geraten dür-fen oder dem Aufbau neuer repressiver Strukturen dienen: «Wenn sich die Schweiz redlich bemüht, dass die Gelder in

. . . mehr zum Thema.

Mit der Selbstverbrennung des tunesischen Gemüsehändlers Mohammed Bouazizi begann im Dezember 2010, was als «Arabischer Frühling» bezeichnet wird. Eine Protestbewegung, die zum Sturz von Regimes in Nordafrika und im Nahen Osten, aber auch zu Bürgerkrieg, Leid und Elend führte. Hintergründe zur politischen und sozialen Entwicklung liefert das E-Dossier «Arabischer Frühling», das die Ereignisse in der arabischen Welt besser zu verstehen hilft.

www.alliancesud.ch/de/dokumentation/e-dossiers/arabischer-fruehling

Die Rückführung von gestohlenen Vermögen und die Problematik von Potentatengeldern sind immer wieder Thema in der Tages- und Wochen-presse. Im Dokumentationszentrum von Alliance Sud wird sie täglich ausgewertet.

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echte Entwicklungsprojekte fliessen, die unabhängig über-wacht werden, hat das für unsere Bevölkerungen den grössten Nutzen.» Zentral sei aber auch, dass einheimische Nichtregie-rungsorganisationen bereits auf der Planungsstufe in diese Projekte einbezogen würden. Nur so könne die Rückführung gestohlener Gelder zum Aufbau einer starken unabhängigen Zivilgesellschaft beitragen.

Ein Einbezug der lokalen Zivilgesellschaft in die Rückfüh-rungsmodalitäten ist im Entwurf für das neue Schweizer Po-tentatengeldergesetz allerdings noch nicht ausdrücklich vor-gesehen. Alliance Sud hat in ihrer Vernehmlassungsantwort den Bundesrat deshalb aufgefordert, hier die nötigen Verbes-serungen vorzunehmen.

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Hosni Mubarak. Ägyptens Langzeit-Präsident steht unter Hausarrest.

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Karussell

— Antonio Hautle, seit 13 Jahren Direktor des Fastenopfers, wird neu Dienststellenlei-ter Soziales und Gesellschaft beim Kanton Luzern. Interimistisch wird die Leitung des Fastenopfers von Matthias Dörnenburg übernommen. Zur kath. Kirche des Kantons Waadt wechselt der bisherige Bereichsleiter Bildung Jean-Claude Huot. Seine Nach- folgerin ist Christelle Devanthéry-Babey. Johanne Risse hat die Programmverantwor-tung (PV) für Senegal und Burkina Faso an Vreni Jean-Richard übergeben, die zuvor beim Schw. Tropeninstitut tätig war. Nach-folger von Felix Wertli als PV Kenia und Ha-iti wird Benno Steffen, der u.a. für MSF und das SKH gearbeitet hat. Vom Save the Child-ren-Fundraising stösst Adrian Wismann zum Fastenopfer, wo er Davide Caenaro ablöst.— Bei Brot für alle kümmert sich Regula Reidhaar neu um das Fundraising bei Stif-tungen und Institutionen.— Walter Roder, bisher Helvetas-Pro-grammdirektor Bhutan, geht in Pension. Die bisherige Projektleiterin Afghanistan, Tania Rohrer, übernimmt die Leitung des Lan-desprogramms Guatemala. Benjamin Blu-menthal ist neuer Teamleiter Demokratie und Frieden. Daniel Valenghi, bisher Pro-grammdirektor Benin, wechselt zur Deza in

die Mongolei. Franziska Kristensen (bisher Vivamos Mejor) und Christiane Vögeli (bis-her Museum Rietberg) verstärken das Fund-raising-Team. Claire Fischer, bisher Medien-sprecherin für die italienische Schweiz, verlässt Helvetas.— Tina Goethe, bei Swissaid verantwort-lich für das Dossier Ernährungssouveränität, wechselt nach zehn Jahren zu Brot für alle. Dort wird sie für den Bereich Landwirtschaft und Klima zuständig sein.— Beim Heks ist neu Vincent Hug für Bangladesch zuständig. Die humanitäre Hil-fe in Indonesien wird neu von Annika Klotz betreut.— Bei Caritas wird Stefan Ege PV Haiti, er ersetzt Peter Eppler, der Delegierter in My-anmar und Kambodscha wird. Als PV um Haiti kümmert sich auch Robert Moosbrug-ger. Er ersetzt Karin Mathis, die, wie auch Vincent Schmitt, neu als Delegierte in Haiti arbeitet. Neuer Delegierter in Pakistan ist Erik-Jan Lode. Kathrin Wyss, bisher Dele-gierte in Ruanda und Uganda, ist die neue PV für die Region der Grossen Seen. Caritas verlassen haben die beiden Haiti-Delegier-ten Alexander Seifert und Fabienne Weibel sowie die PV Urs Schori (Bolivien und Nica-ragua) und Susanne Enz (Äthiopien).

— Beim SRK tritt Beat von Däniken, bis-her bei der Deza in Amman, die Nachfolge von Martin Fuhrer als neuer Departements-leiter Int. Zusammenarbeit an.— Adrian Maître, bisher Leiter der Sekti-on Qualitätssicherung in der Deza, wird stv. Leiter der Ostzusammenarbeit. Neuer Teamleiter Arabische Halbinsel und Europa im Bereich Humanitäre Hilfe wird André Marty, bisher Leiter Kommunikation. Bar-bara Affolter wechselt in die Abt. Südasien. Ihre Stelle in der Abt. Globalprogramm Mi-gration übernimmt Odile Rittener. Jean-Marc Clavel wird stv. Leiter der Sektion Eva-luation und Controlling, Felix Fellmann, bisher Kobü-Leiter in Ulan Bator, wird Pro-grammbeauftragter in der Sektion Global-programm Ernährungssicherheit. Andreas Huber, bisher Leiter des Kobüs Islamabad, wird Chef der Abteilung Afrika der Humani-tären Hilfe. Arno Wicki wird neu Leiter der Abt. Multilaterales der Humanitären Hilfe und SKH. Er löst Franklin Thévenaz ab, der in Pension geht. — Nach fast 40 Jahren wissenschaftlicher und praktischer Arbeit ist Klaus Leisinger als Präsident der Novartis Stiftung für nach-haltige Entwicklung zurückgetreten. Sein Nachfolger wird Andrin Oswald.

Mit acht griffigen Entwicklungszielen, den Millenniumszielen, markierte die Uno die Jahrtausendwende. Jetzt laufen die Diskus-sionen für die sogenannte Post-2015-Agen-da, in deren Zentrum nachhaltige Ent-wicklungsziele stehen. Alliance Sud hat in einem Positionspapier zusammengefasst, was es in Zukunft besser zu machen gilt und was wirksame nachhaltige Entwick-lung für die Schweiz bedeutet.

An der letztjährigen Rio+20-Konferenz be-schlossen die Regierungen, Ziele für nachhal-tige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) zu formulieren. Das heisst, dass sich nicht bloss Entwicklungs-, sondern auch Industrieländer bewegen müssen: Ohne sozi-ale, ökonomische und ökologische Dimensi-on ist globale Nachhaltigkeit nicht zu haben. Weil dieser Aspekt vernachlässigt wurde, fällt die Bilanz der Millenniumsziele (Millennium Development Goals, MDGs) durchzogen aus. Armutsbekämpfung als wichtigste Mess-

Neue Publikation von Alliance Sud

Post - 2015: Zeit für einen globalen Kurswechselgrösse hat ausgedient, in der Post-2015-Agen-da werden auch andere Parameter wie der ökologische Fussabdruck eine zentrale Rolle spielen müssen. Nur verbindliche Verpflich-tungen, etwa im Klimabereich, werden die strukturellen Voraussetzungen für tatsächli-che Nachhaltigkeit schaffen.

Die von Alliance Sud gemeinsam mit Fachleuten aus ihren Trägerorganisationen verfasste Broschüre schliesst mit dem Fazit: «Als global hoch aktives und vernetztes Land muss die Schweiz eine zukunftsfähige globa-le Entwicklung mitgestalten, wie sie mit der Post-2015-Agenda zur Diskussion steht und daraus innenpolitische Konsequenzen zie-hen. Sie täte gut daran, aus gegebenem An-lass eine politische Strategie zu entwerfen, welche die eigene nachhaltige Entwicklung konsequent in den Kontext einer global zu-kunftsfähigen Entwicklung stellt. Dies wür-de ihr erlauben, sich aktiv und frühzeitig mit den zunehmend miteinander verknüpften globalen Herausforderungen wie Umwelt-

und Klima-, Finanz- und Wirtschafts-, Res-sourcen- und Energie-, Armuts- und Hunger-krise auseinanderzusetzen. Blosses Reagieren reicht nicht.» dh.

«Schweizer Ziele für eine zukunftsfähige globale Entwicklung»; Positionspapier zur Post-2015-Ent-wicklungsagenda, Juni 2013.

Als Broschüre zu beziehen bei Alliance Sud oder als Download unter: www.alliancesud.ch/de/publi-kationen/buecher

SCHWEIZER ZIELE FÜR EINE ZUKUNFTSFÄHIGE GLOBALE ENTWICKLUNG«Die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) sollen für alle Länder Ziele und Herausforderungen formulieren – nicht, was die Reichen für die Armen tun sollten, sondern was alle Länder zusammen für das Wohlergehen dieser und kom-mender Generationen tun sollten.»

(Jeffrey Sachs, Sonderberater des Uno-Generalsekretärs Ban Ki-moon für die Millenniumsentwicklungsziele)

1 Von den Millenniumsentwicklungszielen zu Zielen für nachhaltige Entwicklung

2 Die Millenniumsentwicklungsziele: Eine durchzogene Bilanz

3 Ein sicherer und gerechter Lebensraum für alle Menschen

4 Anforderungen an ein Set von wirksamen Zielen für nachhaltige Entwicklung

5 Was wirksame SDGs für die Schweiz bedeuten

Inhalt

POSITIONSPAPIER ZUR POST-2015-ENTWICKLUNGSAGENDAJuni 2013

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Lesezeichen

Amazonien am Abgrund

Zeitschriften-Lese(n)

Das Dokumentationszentrum von Alliance Sud – wo Sie mit Ihrer Informations-suche richtig sind. Persönlich oder online.

Monbijoustrasse 31, 4. Stock 3011 Bern

Öffnungszeiten: 13.30–17.30 h (Mo – Fr)Telefon: +41 31 390 93 37

[email protected]

www.alliancesud.ch/dokumentationwww.facebook.com/AllianceSudDok www.twitter.com/dok_alliancesud

Von geplünderter Natur und «gutem Leben»Nach Jahrzehnten der Gewaltregimes bleibt die Lage in Lateinamerika auch mit den neuen Mitte-Links-Regierungen ange-spannt. Den Grund ortet «Politische Öko-logie», September 2013, darin, dass sie die exportorientierte Ausbeutung der natür-lichen Ressourcen unvermindert vorantrei-ben. Die AutorInnen zeichnen die sozialen und ökologischen Folgen dieses Neo-Ex-traktivismus in differenzierter Weise nach. Sie zeigen weiter auf, wie die Bevölke-rung politische und ökonomische Teil-

Amazonien ist Lebensraum für Hunderttau-sende von Tier- und Pflanzenarten, ist das grösste Flusssystem Südamerikas und reich an Rohstoffen. Ein Fünftel der ursprüng-lichen Waldfläche ist laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Ver-einten Nationen (FAO) seit 1960 aufgrund der zunehmenden Umweltverschmutzung, dem exzessiven Abbau natürlicher Ressour-cen und der Expansion der landwirtschaft-lichen Fläche verschwunden.

Peter Overbeck stellt seinem Buch «Be-drohtes Amazonien» einen einleitenden Ab-riss zur geopolitischen Entwicklung des Ama-zonas im 20. Jahrhundert voran, bevor er auf das Leben und den Kampf der Bevölkerung in der Region eingeht. Um den LeserInnen die Welt der KleinbäuerInnen näher zu bringen, führt Overbeck die Geschichte von Raimundo und seiner Familie ein. Sie steht beispielhaft für die Vertreibung der Bevölkerung, die skla-venähnlichen Arbeitsbedingungen in den Rodungsgebieten, der Umweltzerstörungen sowie den Widerstand gegen die Agrokon-zerne. Speziell am Buch sind die Illustratio-nen. Es sind Acrylbilder, die auf Fotos des Autors basieren.

> Im Dokumentationszentrum von Alliance Sud ausleihbar unter der Signatur: AM/br/60

Das Amazonas-Portalbietet Zahlen zum Regenwald, macht Anga-ben über die Lebensbedingungen der indi-genen Bevölkerung und deckt Gefahren auf, mit denen der Regenwald konfrontiert ist:http://amazonasportal.de/amazonien

Klima und der RegenwaldDas Dossier «Klimakreislauf» des WWF und die Website des Brasilien-Netzwerks infor-mieren anschaulich über Zusammenhänge und Auswirkungen menschlicher Eingriffe auf Wald und Klima:www.wwf.dewww.kooperation-brasilien.org

Rettet den RegenwaldDer Verein «Rettet den Regenwald» bündelt Aktuelles und informativ aufbereitete Hinter-gründe in seinen Themen-Dossiers. Lesens-wert auch das Magazin «Regenwald Report»:www.regenwald.org

UrgewaldDie NGO Urgewald setzt sich für Umwelt und Menschenrechte ein und hinterfragt die aktuelle Waldpolitik der Weltbank kritisch:www.urgewald.org

Verantwortlich für diese Seite: Dokumentationszentrum Bern

Bedrohtes Amazonien: Ein Leben gegen die Zerstörung des brasilianischen Urwalds. – Hamburg: Edition Nautilus, 2012, 127 S.

habe einfordert sowie nach Alternativen zum kapitalistischen Entwicklungsmodell sucht. Das Stichwort dazu: «Gutes Leben». www.politische-oekologie.de Zivilgesellschaftliche Sicht auf die TTIPTitelthema der August-Ausgabe 2013 von «GID : Gen-ethischer Informationsdienst» ist die geplante Freihandelszone zwischen der EU und den USA (TTIP, Transatlantic Trade and Investment Partnership). Die Beiträge diskutieren etwa, ob und warum die Landwirtschaft aus den Verhandlungen ausgeklammert gehört, benennen mög-liche Rückschritte bei errungenen Stan-dards, so in den Bereichen Umwelt und Agro-Gentechnik, und blicken auf die zivil-gesellschaftliche Kritik an der TTIP in den USA.www.gen-ethisches-netzwerk.de

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GLOBAL+ Postfach 6735 | 3001 BernTelefon 031 390 93 30E-Mail: [email protected]/alliancesud

www.alliancesud.ch

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Mindestens so viel kosten Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel jährlich allein in den Entwicklungsländern.

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Vom im 20. Jahr-hundert emittierten Kohlendioxid stam-men 58 Prozent aus den USA und Europa.

2020

Schon vor dem Jahr 2020 müssen die Emissionen erstmals zu sinken beginnen. Sonst steigen die Temperaturen um mehr als 2 Grad.

Zahlen und Fakten zum Klimawandel:

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Himmel und Hölle auf dem Marché Salomon in Port-au-Prince, Haiti. Die Nachfrage nach Holzkohle zum Kochen ist zwar gross, doch der Kohlehandel ist ein elendes Geschäft. Die en gros eingekaufte Holzkohle ist oft minderwertiger Qualität und muss sogar unter dem Einkaufspreis verkauft werden. Die Verkäufer sind froh, wenn der Erlös ausreicht, um ihre Familien mit Reis und Bohnen zu ernähren.

Der Fotograf Thomas Kern arbeitet unter anderem als Bildredaktor für swissinfo.ch.

Quellen: WWF, UNEP, Alliance Sud

Von Alliance Sud ins Bild gesetzt.