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1 Geschäftsprozessmanagement Prof. Dr. Alexander Roos V 1.4

GP Management Skript 05 - WiWi-TReFF · 4 Unternehmen in einer dynamischen Umwelt nicht die benötigte Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit bieten kann. Auch werden Abläufe,

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Geschäftsprozessmanagement

Prof. Dr. Alexander Roos V 1.4

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Inhalt

1. BEDEUTUNG UND ZIELE DES GESCHÄFTSPROZESSMANAGEMENTS...................... 3

1.1 VON DER FUNKTIONAL- ZUR PROZESSORGANISATION............................................................ 3 1.2 PROZESSORIENTIERTE ORGANISATIONSGESTALTUNG............................................................ 7

2 DARSTELLUNGSFORMEN BETRIEBLICHER ABLÄUFE................................................. 9

2.1 ÜBERBLICK ............................................................................................................................ 9 2.2 MODELLIERUNG................................................................................................................... 10 2.3 PROZESSORIENTIERTE ORGANISATIONSMODELLIERUNG ..................................................... 14 2.3.1 PROZESSMODELLIERUNG M IT EREIGNISORIENTIERTEN PROZESSKETTEN..................................14 2.3.2 VERWENDUNG VON REFERENZMODELLEN ZUR PROZESSMODELLIERUNG................................16 2.4 SIMULATION ........................................................................................................................ 19

3. MODELLIERUNGS- UND SIMULATIONSWERKZEUGE................................................ 21

3.1 WERKZEUGE ZUR COMPUTERGESTÜTZTEN

GESCHÄFTSPROZESSMODELLIERUNG UND –GESTALTUNG ......................................................... 21 3.2 VORTEILE RECHNERGESTÜTZTER WERKZEUGE................................................................... 22 3.3 SCHWÄCHEN RECHNERGESTÜTZTER WERKZEUGE............................................................... 24 3.4 AUSWAHLKRITERIEN ........................................................................................................... 25

4. GESCHÄFTSPROZESSANALYSE/-GESTALTUNG.......................................................... 26

4.1 GRÜNDE FÜR DIE DOKUMENTATION/ANALYSE VON PROZESSEN........................................... 26 4.2 EBENEN DER PROZESSBETRACHTUNG .................................................................................. 27 4.3 PHASEN DER PROZESSANALYSE/-GESTALTUNG..................................................................... 28 4.3.1 IDENTIFIKATION VON PROZESSEN .........................................................................................28 4.3.2 IST-ANALYSE ......................................................................................................................33 4.3.3 SOLLKONZEPTION................................................................................................................35

5. ÜBUNGSAUFGABE............................................................................................................. 38

6. TIPPS UND TRICKS............................................................................................................ 40

6.1 LOGIN .................................................................................................................................. 40 6.2 BENUTZUNG DER SOFTWARE................................................................................................ 40 6.3 MODELLIERUNGSPRAXIS ...................................................................................................... 40

7. LITERATUR........................................................................................................................ 43

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1. Bedeutung und Ziele des Geschäftsprozessmanagements

Fragen Das sollten Sie wissen: • Warum beschäftigt man sich überhaupt mit Geschäftsprozessen? • Was versteht man unter Prozessen und Prozessorientierung? • Welche nachteiligen Auswirkungen hat eine fehlende Prozessorientierung

auf eine Organisation? • Welche Typen von Geschäftsprozessen werden unterschieden?

Literatur Seidlmeier, H. [2002], Prozessmodellierung mit ARIS, Braunschweig Wiesbaden 2002 Griese, J.; Sieber, P. [2001], Betriebliche Geschäftsprozesse: Grundlagen, Beispiele, Konzepte Bern Stuttgart Wien 2001

know how

1.1 Von der Funktional- zur Prozessorganisation

In der Vergangenheit war das organisatorische Denken stark vom funktionsorientierten Denken des Taylorismus geprägt. Danach wurde eine Aufgabe in möglichst kleine Einzelaufgaben zerlegt und diese verschiedenen Mitarbeitern zur Erfüllung zugewiesen. Durch diese Arbeitsteilung und Spezialisierung sollte die Produktivität der Arbeitsorganisation erhöht werden. Im Vordergrund stand somit die Gestaltung der Aufbauorganisation, die Gestaltung der Ablauforganisation erfolgte nach erst im Nachhinein, d.h. die Prozesse wurden erst nachträglich in die bestehende Aufbauorganisation „hineinorganisiert“. Dieses hatte zur Folge, das stellen-/abteilungsübergreifende Abläufe nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Abb. 1.1: Gewachsene Abläufe

Erfahrungen mit der tayloristischen Arbeitsorganisation zeigten, dass sie mit ihren starren Abteilungsgrenzen und hierarchischen Abstimmungswegen den

Abteilung Einkauf Abteilung RechnungswesenSchnitt-stellen

Papier

Daten

Gewachsene Abläufe behindern die Kommunikation und führen zuReibungsverlusten an Schnittstellen.

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Unternehmen in einer dynamischen Umwelt nicht die benötigte Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit bieten kann. Auch werden Abläufe, die Abteilungsgrenzen überschreiten an vielen Stellen behindert oder sogar ganz unterbrochen. Diese Schwachstellen sind einerseits auf organisatorische, andererseits informationsverarbeitungsbedingte Mängel der traditionellen Funktionalorganisation zurückzuführen.

Die folgende Auflistung enthält sowohl organisatorische als auch informationsverarbeitungsbedingte Schwachstellen: • Begrenzte (langsame) Reaktionsfähigkeit: Lange Entscheidungswege

verändern (verfälschen?) Information und sind bei schnellen Umweltveränderungen kritisch1

• Großer Planungs-, Steuerungs-, Koordinations- und Kontrollaufwand in hierarchischer Aufbauorganisationen

• Mangelnde Transparenz (z.B. hinsichtlich Bearbeitungsstand von Prozessen)

• Medienbrüche (und dadurch bedingter Mehraufwand und Fehleranfällig-keit)

• Lange Durchlaufzeiten • Viele nicht-wertschöpfende Tätigkeiten, Wartezeiten, Transportzeiten,

wiederholte Einarbeitung in den selben Geschäftsprozess durch ver-schiedene Personen

• Abteilungsdenken statt Prozessverantwortung • Papierflut zur Datenübergabe zwischen Abteilungen • Data Hiding: Daten stehen nicht allen Abteilungen zur Verfügung,

Inoffizielle Informationsnetze (nur für Eingeweihte) • Hohe Bestände in produzierenden Unternehmen (schwerfällige Reaktion

auf Veränderung in Auftragslage, Produktspektrum etc.): Pufferlager zum Ausgleich von Unsicherheiten

Bei ihrer Suche nach organisatorischen Lösungen, die diese Mängel beheben und den Anforderungen des Wettbewerbs gewachsen sind, haben sich die Unternehmen immer mehr der Prozessorientierung zugewendet. An die Stelle der Funktionalorganisation tritt immer mehr die Prozessorganisation, die auf gezielt gestalteten und durch IT unterstützten Prozessen aufbaut.

Ein Prozess wird durch ein Ereignis, einen sogenannten Trigger, angestoßen, das ein zeitpunktbezogener Indikator für das Eintreten eines gewünschten Zustands ist (z.B. der Empfang eines definierten Vorproduktes oder ein Termin). In einem Prozess wird ein Objekt, das als Input in den Prozess eingeht, verschiedenen Aktivitäten durch einen oder mehrere Menschen/Maschinen unterworfen (Transformation), die es in einen bestimmten Zustand bringen, in dem es als Output den Prozess wieder verlässt. Ein Prozess kann somit über Input und Output beschrieben werden

1 vgl. auch Griese

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Abb. 1.2: Prozess (Quelle: Schwarzer, 1994, S. 34) In der Literatur finden sich zahlreiche andere Definitionen, z.B.: DIN-Norm 19222: “eine Gesamtheit von aufeinander einwirkenden Vorgängen in einem System, durch die Materie, Energie oder auch Information umgeformt, transportiert oder auch gespeichert wird”. v. Eiff : “Ein Geschäftsprozess ist ein am Kerngeschäft orientierter Arbeits-, Informations- und Entscheidungsprozess mit einem für den Unter-nehmenserfolg relevanten Resultat. Der Prozessoutput steht entweder in Verbindung mit einem konkreten Kundennutzen oder liefert einen nach-vollziehbaren Beitrag zu dem Zielsystem des Unternehmens insgesamt”. Hammer und Champy: “We define a business process as a collection of activities that takes one or more kinds of input and creates an output that is of value to the customer”.

Bei der Prozessbetrachtung werden in der Regel so genannte primäre (oder originäre) und sekundäre Prozesse unterschieden. Die folgende Tabelle zeigt Beispiele für diese Aufteilung.

InputInput OutputOutput

Trigger

Transformation

t 0t 0 t 1t 1Anfangs-zeitpunkt

End-zeitpunkt

A AA

AA A A1 2

3

45 6 7A A

A

AA A A1 2

3

45 6 7

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OriginäreGeschäftsprozesse

Sek

un

där

pro

zess

eAuftragsabwicklung oderKundenservice für Kundengruppe X

externer Kunde,meßbarer Output,

kundenspez. Ausprägung

Charakteristika BeispieleGeschäftsprozeßtyp

Entwicklungs-prozesse

Unterstützungs-prozesse

KulturwandelOrganisationsentwicklungPersonalentwicklung

Kostenverfolgung

ProduktentwicklungMarktentwicklung

interner Kunde in einem/mehreren Primärprozessen

oder einem/mehreren

anderenderivativen Prozessen

Hebel-prozesse

GelegenheitsprozesseProzeß ist Teil des Unternehmens

aus historischen o.ä. Gründen

CAD-Software-Entwicklung durch einen Autohersteller

Tab: 1.1: Primäre und Sekundäre Geschäftsprozesse (in Anlehnung an Griese/Sieber, 2001)

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1.2 Prozessorientierte Organisationsgestaltung

Bis Ende der 1980´er Jahre wurde Prozessen und ihrer gezielten Gestaltung (mit und ohne IT) nur wenig Beachtung geschenkt, da Verbesserungsbemühungen den Gedanken des Taylorismus folgend auf eine Optimierung der Einzelleistung gerichtet waren. Dadurch wurde zwar abteilungsbezogen oder funktionsbereichsweit (vertikal) optimiert, aber nicht unbedingt das Gesamtoptimum für einen Prozess, der Abteilungs-/ Bereichsgrenzen überschreitet erreicht.

Abb. 1.3: Neuausrichtung der Organisation (Quelle: In Anlehnung an Dernbach, 1989, S. 8) In prozessorientierten (horizontalen) Unternehmen wird die Aufgabenverteilung entlang der abteilungsübergreifenden Prozesse organisiert und gezielt gestaltet. Die prozessorientierte Organisation ist Aufbau- und Ablauforganisation und teilweise Managementkonzept. Zielsetzung der Gestaltung ist die konsequente Kundenorientierung sowie die Überwindung funktionsorientierter Organisationsstrukturen.

Vertrieb Produktion Material-wirtschaft

Produkt-entwicklung

Qualitäts-wesen

Personal-wesen

Finanz- undRechnungs-

wesen

Vertriebsabwicklung(Angebote, Auftrags-abwicklung, etc.)

Montage undFertigungsabwicklung

Produktentwicklung

Mittelfristiges Controlling,Budgetierung,mtl. Forecast,Management-Infos

... ... ...

Organisations-einheiten(Funktio-

nen)Geschäfts-vorfalltypen

ZukünftigesOrganisations-

prinzip:Optimierung der

Durchlaufzeitnach Geschäfts-

prozessen(Zeitvorsprung

erzielen)

ZukünftigesOrganisations-

prinzip:Optimierung der

Durchlaufzeitnach Geschäfts-

prozessen(Zeitvorsprung

erzielen)

Traditionelles Organisationsprinzip: Spezialisierung nach Funkti onen und Optimierung der Kapazitätsnutzung

Traditionelles Organisationsprinzip: Spezialisierung nach Funktionen und Optimierung der Kapazitätsnutzung

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Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel für eine geschäftsprozessorientierte Organisation.

Koordination, z.B. des Einkaufs; gemeinsame Gremien und DV-Systeme z.B. zurLieferantenauswahl sind wichtig

Leistungsaustausch setzt Leistungsverrechnung z.B. bei teuren Anlagen voraus, wenn eine Mehrfachbeschaffung Überkapazität bedeuten würde

Auftragsabwicklung Kundengruppe A

Leitung durchProzeß-beauftragten

Auftragsabwicklung Kundengruppe B

Leitung durchProzeß-beauftragten

Auftragsabwicklung Kundengruppe C

Leitung durchProzeß-beauftragten

Kundengruppe A Kundengruppe B Kundengruppe C

automatisierte Poststraße

Geschäftsführung

Abb. 1.4: Prozessorientierte Organisation

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2 Darstellungsformen betrieblicher Abläufe

Fragen Das sollten Sie wissen:

• Was ist ein Modell? • Worin unterscheiden sich Ist- und Soll-Modelle? • Wie läuft der Prozess der Modellierung? • Welche Möglichkeiten der Prozessmodellierung gibt es? • Was sind Referenzmodelle? • Welche Vor-/Nachteile hat die Verwendung von Referenzmodellen?

know how

2.1 Überblick

Für die Darstellung von betrieblichen Abläufen gibt es verschiedene Ansätze: Modellierung von Abläufen verbal

grafisch

normiert de facto frei gewählte Sinnbilder

DIN 66001 inform.-techn. Abläufe DIN 66261 Nassi/Shneiderman ISO 8790 Rechnerkonfig. UML

Petrinetze Information Control Network Refa Ablauf-darstellung

Tab. 2.1: Alternativen für die Darstellung von Prozessen Viele SW-Produkte ermöglichen die Abbildung von Abläufen im Zusammenhang mit IT-HW und SW, der Aufbauorganisation, der Datenmodellierung und Wissenskonstrukten (z.B. Wissenskategorien und Wissensdokumentation). Die Darstellungsformen sind zu unterschiedlichen Zwecken mit unterschiedlichen Schwerpunkten (SW-Modellierung, Erfassung von Aufbaustrukturen, Erstellung formal korrekter Modelle) entstanden.

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2.2 Modellierung2

In der Vergangenheit dominierte in der Betriebswirtschaftslehre ein Modellbegriff, der unter einem Modell primär eine Abbildung der Realität verstand, d.h. Modellierung wurde als Prozess zur Abbildung realer Systeme verstanden. Der Zweck dieser »Ist-Modelle« ist die Informationsgewinnung über ein spezifisches System in einem als statisch angenommenen Zustand (vgl. Abbildung 2.1).

Abb. 2.1: Modellierung als Abbildung realer Systeme (Quelle: Schwarzer/Krcmar, 2004)

Der Vorgang der Modellbildung und dabei auch die Abwägung des Zusammenhangs zwischen Organisation und Technologie hinsichtlich der abzubildenden Modellbestandteile führt demnach zu einer besseren gedanklichen Durchdringung der unterschiedlichen Aspekte.

Zu modellierender Teilder Realität

erstelltesModell

AbbildungsfähigkeitdesModellformalismus

Wahr-genommeneRealität des Modellierers

Abb. 2.2: Realität und Modell

In der jüngeren Zeit setzt sich jedoch die Einsicht durch, dass Modellierung eher eine aktive Konstruktionsleistung ist. Folgt man diesem »neuen« Verständnis von Modellierung, so ist die Unternehmensmodellierung als aktive Gestaltung des Unternehmens, d.h. seiner Organisation und seiner DV- 2 Dieses Kapitel entspricht in weiten Teilen dem Kapitel 4.1 des Buches Schwarzer/Krcmar, 2004.

Ausschnittaus der

realen Welt

Ausschnittaus der

realen Welt

Ist-Modell=

Abbild derrealen Welt

Ist-Modell=

Abbild derrealen Welt

(Ist-) Modellierung(Ist-) Modellierung

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Systeme, zu verstehen. Modelle in diesem Sinne stellen mögliche zukünftige Zustände dar, d.h. sie spiegeln potentielle Lösungsmöglichkeiten wider.

Diese »Soll-Modelle« können einerseits »auf der grünen Wiese«, d.h. ohne direkten Bezug zum heutigen realen Zustand entwickelt werden, andererseits können sie aus der Analyse eines Ist-Modells abgeleitet werden. Bei dieser neuen Vorgehensweise kann es einerseits zu einer evolutionären Weiterentwicklung mit nur inkrementellen Veränderungen, andererseits zu einer revolutionären Weiterentwicklung mit radikalen Veränderungen kommen (vgl. Abbildung 2.3).

Abb. 2.3: Modellierung als Abbildung zukünftiger Gestaltungsalternativen (Quelle: Schwarzer/Krcmar, 2004)

Aus diesen Überlegungen wird deutlich, dass das »neue« Modellierungsverständnis keineswegs den Gedanken des Modells als Abbild der Realität aufgibt. Ganz im Sinne der gestaltungsorientierten BWL tritt jedoch neben die Abbildung heutiger Realität die Abbildung (und damit erste Vorstellung) möglicher zukünftiger Realitäten.

Durch Konstruktionsleistungen, d.h. die Umsetzung der Modelle im Unternehmen wird die Realität verändert und eine neue Realität geschaffen. Diese kann wiederum Gegenstand der Modellierung sein, so dass sich ein Modellierungszyklus ergibt. Die folgende Abbildung fasst die Schritte der Modellierung zusammen.

Dieser Gedanke der gezielten Abbildung und Weiterentwicklung von organisatorischen Gestaltungsalternativen und Technologieeinsatz ist es, der die Unternehmen trotz angespannter Wettbewerbssituation umfangreiche Modellierungsvorhaben durchführen lässt. Für sie liegt in der Modellierung der Ausgangspunkt für Verbesserungen der Unternehmensgestaltung, die aufgrund der sich verändernden Wettbewerbsanforderungen unabdingbar erscheinen.

Soll-Modell=

zukünftigeMöglichkeit

Soll-Modell=

zukünftigeMöglichkeit

Ist-Modell=

Abbild derrealen Welt

Ist-Modell=

Abbild derrealen Welt

(Soll-) Modellierung(Soll-) Modellierung

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Abb. 2.4: Schritte der Modellierung (Schwarzer/Krcmar, 2004)

Vier Aspekte begründen das Interesse an der Modellierung:

• Modelle schaffen Transparenz über die Elemente und Beziehungen innerhalb eines Unternehmens.

• Modelle können zur Erklärung der Funktionsweise des Unternehmens herangezogen werden.

• Modelle erleichtern die Kommunikation im Unternehmen.

• Modelle können für die Darstellung und Analyse verschiedener (organisatorischer, technischer) Lösungen eingesetzt werden.

Aus Sicht der Wirtschaftsinformatik besitzt die Modellierung der Informationssysteme große Bedeutung. Wie alle Modelle sind auch Modelle von Informationssystemen (IS-Modelle) Verkürzungen der Realität, indem sie die reichhaltigen und konkreten Realitäten in abstrakte Sprachen abbilden. Bei der Modellierung ist somit festzulegen, hinsichtlich welcher Aspekte eine Abstraktion vorgenommen wird. Da die Auswahl der Elemente und Beziehungen nicht abschließend begründet werden kann, ist davon auszugehen, dass sie durch eine subjektive Vorstellung von Relevanz getroffen wird.

Bei den Informationssystemen lassen sich Modelle hinsichtlich folgender Aspekte unterscheiden:

• Funktionsmodelle, die beschreiben, welche Aufgaben in welcher Struktur von einem Informationssystem durchgeführt werden.

Modellierung

Konstruktion

aktive (Re-)Konstruktion

Phantasie

Ausschnitt ausder Realität

Ausschnitt ausder Realität

Realität schaffen /ändern

Realität schaffen /ändern

Soll-ModellSoll-

Modell

Ist-Modell

Ist-Modell

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• Datenmodelle, die beschreiben, welche Datenobjekte und welche Beziehungen zwischen den Datenobjekten von einem Informationssystem bearbeitet werden.

• Prozessorientierte Organisationsmodelle, die den Ablauf der Aktivitäten (Funktionen) zur Durchführung von Handlungen beschreiben. Dabei kann sowohl ein Kontrollfluss als auch der tatsächliche Lauf der realen Objekte (Dokumente, Produkte) modelliert werden.

• Objektorientierte Modelle, die versuchen, die datenorientierte sowie die funktionsorientierte Sicht zu verbinden und somit mit weniger unterschiedlichen Sichten auf die zu modellierende Realität auszukommen.

• Architekturmodelle, bei denen es darum geht, nicht nur Funktionen, Daten, Prozesse und Objekte zu modellieren, sondern einen umfassenden Überblick über das Informationssystem eines Unternehmens zu erhalten. Diese Überblicksfunktion ist vor allem angesichts des Umfangs und der daraus resultierenden Komplexität moderner Informationssysteme notwendig.

Darüber hinaus gibt es beispielsweise auch noch folgende Typen von Modellen:

• mathematische Modelle

• Simulationsmodelle

• Computermodelle (Dynamo, VR)

• Modell des Firmengebäudes

• Modellierung der Organisation.

Charakterisierung eines Modells

• bezüglich der Abbildungsgenauigkeit (isomorph vs. homomorph) • der Zustandsänderung (kontinuierlich vs. diskret), • der Abbildungsform (gegenständlich vs. symbolisch) • des Zwecks (Erklärungs-, Prognose-, Beschreibungsmodelle) • mentale - formale Modelle (Wählen zwischen Modellen, formale

Modelle als intersubjektive Kommunikationsgrundlage, Verdrängung weicher zugunsten harter Daten)

• Modellformalismus - Modell – Instanz. Der Flexibilität des Modells kommt in Bezug auf die Abstraktion von Konzepten und Eigenschaften von Realsystemen hohe Bedeutung zu, ebenso wie der Erfahrung des Modellierers.

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2.3 Prozessorientierte Organisationsmodellierung3

Speziell zur Modellierung betrieblicher Abläufe haben sich Vorgangskettendiagramme (VKD) und ereignisorientierte Prozessketten (EPK) durchgesetzt, die beide demselben Grundprinzip folgen, sich aber in der Strukturiertheit der grafischen Darstellung unterscheiden. Während EPK dem Modellierer völlige Freiheit in der Anordnung der Elemente gewähren, ist der Ersteller von VKDs an das Ausfüllen einer mehrspaltigen Tabelle gebunden, in der die Elemente in die entsprechenden Spalten eingeordnet werden müssen. Im Folgenden wird das Prinzip anhand der ereignisorientierte Prozessketten vorgestellt. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Referenzmodelle zur Prozessmodellierung heranzuziehen (vgl. Kapitel 2.3.2)

2.3.1 Prozessmodellierung mit ereignisorientierten Prozessketten

Ereignisorientierte Prozessketten (EPK) stellen die zeitlich-logischen Abhängigkeiten von Funktionen dar. Der Mechanismus, der eine Funktion auslöst, wird als Ereignis bezeichnet, wobei ein Ereignis als das Eingetretensein eines Zustandes definiert wird, der eine bestimmte Folge bewirkt. Die Folge ist die Ausführung einer Funktion, die wiederum einen neuen Zustand erzeugt. Die Modellierung mit EPK verbindet Funktionen mit Ereignissen, wobei sich diese Modellierungselemente abwechseln. Eine EPK beginnt und endet jedoch immer mit einem Ereignis. So wäre beispielsweise ein Startereignis »Auftrag ist eingetroffen« und die dadurch angestoßene Aktivität »Auftrag prüfen«. Der ganze Ablauf könnte dann mit dem Ereignis »Auftrag ist ausgeführt« enden. Erweiterte ereignisorientierte Prozessketten (eEPK) stellen zusätzliche Prozesselemente bereit, die für die Modellierung betrieblicher Abläufe wesentlich sind. Dazu gehören z.B. die Organisationseinheiten, die eine Funktion ausführen, die Input- und Outputdaten, die für die Ausführung einer Funktion benötigt werden, und Prozesswegweiser, die auf einen vor- und/oder nachgelagerten Prozess verweisen (vgl. Abbildung 2.5).

3 Dieses Kapitel entspricht dem Kapitel 4.4 im Buch Schwarzer/Krcmar, 2004.

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Abb. 2.5: Beispiele ereignisorientierter Prozessketten In der grafischen Repräsentation werden Ereignisse als Sechsecke und Funktionen als Rechtecke mit abgerundeten Ecken dargestellt, die durch eine gestrichelte Linie (Kontrollfluss) miteinander verbunden sind. Der Kontrollfluss kann durch logische Operatoren wie »und«, »oder« und »exklusives oder« geteilt und wieder zusammengeführt werden, was die Modellierung paralleler Abläufe und Verzweigungen erlaubt. Die ausführenden Organisations-einheiten werden als Ovale dargestellt und über eine Kante mit der Funktion verbunden. Die In-/Outputdaten werden als Rechtecke abgebildet. Sind unter dem Symbol einer Funktion noch die Ecken eines Ereignisses sichtbar, handelt es sich um das Symbol für einen Prozesswegweiser. Dieser verweist auf eine andere EPK, die an dieser Stelle anschließt. Abbildung 2.5 zeigt zwei Beispiele für sogenannte erweiterte ereignisorientierte Prozessketten für die Wareneingangsbearbeitung und die Fertigungsdurchführung. Die Wareneingangsbearbeitung enthält die Funktion »Ware prüfen«, in die Bestelldaten und Lieferscheindaten eingehen. Während der Ausführung der Funktion entsteht ein Prüfergebnis, das als Datum festgehalten wird. Die Funktion »Ware prüfen« wird von der Wareneingangsstelle ausgeführt. Dieses wird durch die Kante zwischen den Symbolen für die Funktion »Ware prüfen« und die organisatorische Einheit »Wareneingangsstelle« gezeigt, die folgende Bedeutungen haben kann: führt aus, ist zuständig, überwacht, u.ä. Mit dem sogenannten Prozesswegweiser wird auf einen vor- oder nachgelagerten Prozess verwiesen. Im Beispiel schließt sich an das Ereignis »Ware ist

EPK: Wareneingangsbearbeitung EPK: Fertigungsdurchführung

xor

Ware isteingetroffen

Bestellung

Lieferschein

Prüfergebnis

Warenein-gangsstelle

Ware istfreigegeben

Ware istgesperrt

Ware wurdeabgelehnt

Fertigungs-durchführung

Qualitäts-prüfung

Ware prüfen

Wareneingangs-bearbeitung

Ware istfreigegeben

Fertigungs-durchführung

Material isteingelagert

EPK: Wareneingangsbearbeitung EPK: Fertigungsdurchführung

xor

Ware isteingetroffen

Bestellung

Lieferschein

Prüfergebnis

Warenein-gangsstelle

Ware istfreigegeben

Ware istgesperrt

Ware wurdeabgelehnt

Fertigungs-durchführung

Qualitäts-prüfung

Ware prüfen

Wareneingangs-bearbeitung

Ware istfreigegeben

Fertigungs-durchführung

Material isteingelagert

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freigegeben« der Prozess »Fertigungsdurchführung« an, welcher in Abbildung 2.5 rechts gezeigt ist. Durch die Erweiterung der EPK werden die spezifischen Anforderungen an die Modellierung betrieblicher Informationssysteme abgedeckt: Der Kontrollfluss erlaubt die Abbildung des zeitlich- logischen Zusammenhangs der Funktionen, die relevanten Daten schaffen eine Verbindung zum Unternehmensdatenmodell, die organisatorischen Einheiten integrieren den Kontext der Aufbauorganisation und schließlich erlauben die Prozesswegweiser die Beschränkung der Prozesssicht auf den relevanten Abschnitt eines komplexen und umfangreichen betrieblichen Prozesses. In Verbindung mit Software-Werkzeugen kann die Prozessbewertung unterstützt werden, indem Funktionen mit Bearbeitungszeiten und Kostensätzen versehen und Kontrollflüsse mit Übertragungszeiten belegt werden. Dadurch ist eine rechnergestützte Analyse und Simulation des modellierten Prozesses möglich. Die Modellierung von Prozessen mit Hilfe von EPK ist dann geeignet, wenn die Prozessabläufe im voraus bekannt und deshalb planbar sind. In diesen Fällen können alle möglichen Prozessverläufe enumerativ dargestellt und durch Prozessverzweigungen angesteuert werden. Wenn jedoch der Ablauf der Aufgabenerfüllung beim Start des Prozesses noch unklar ist, weil keine vollständigen Informationen über die Aufgabenerfüllung und die Umweltbedingungen verfügbar sind, dann ist eine Prozessdarstellung mit EPK nicht möglich: Einerseits können die Funktionen noch nicht detailliert genug angegeben werden, andererseits würde eine vollständige Abbildung aller denkbaren Abläufe das Prozessmodell so expandieren, dass die Kosten zur Erstellung und Wartung des Modells erheblich ansteigen würden.

2.3.2 Verwendung von Referenzmodellen zur Prozessmodellierung

Die Erstellung von Prozessmodellen für ein Unternehmen oder Teilbereiche eines Unternehmens erfordert viel Zeit und Know-How bezüglich der Modellierungsmethodik. Eine kostenmäßige Bewertung des dazu notwendigen Ressourceneinsatzes macht schnell deutlich, dass die Eigenerstellung der Prozessmodelle gegenüber dem Zukauf fertiger Modelle unattraktiv erscheint. Fertige Modelle können als Referenzmodelle bezeichnet werden, wenn es einem Unternehmen in einem bestimmten situativen Umfeld möglich ist, auf diese Prozesse bezug zu nehmen, d.h. sie mit nur geringen Änderungen zu übernehmen. Referenzmodelle liegen für unterschiedliche situative Kontexte vor: Unter Betrachtung der Fertigungstechnologie wurden Referenzmodelle für Einzelfertiger, Serienfertiger oder für die Prozessindustrie entwickelt, wobei sich die unterschiedlichen Merkmale der Fertigungstechnologie in den Prozessabläufen und den auszuführenden Funktionen widerspiegeln. Daneben sind Referenzmodelle für unterschiedliche Branchen erhältlich, die

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deren Eigenschaften besonders berücksichtigen. Beispielsweise enthalten Referenzmodelle für die Elektroindustrie Funktionen und Daten, um variable Edelmetallpreise zu berücksichtigen; die pharmazeutische Industrie verwendet Funktionen zur Verwaltung unterschiedlicher Chargen eigener Produkte und Rohstoffe. Zur Berücksichtigung unterschiedlicher Organisationsformen befinden sich Referenzmodelle in der Entwicklung, die Prozesse zur Steuerung von Vertriebs- oder Projektorganisationen sowie zur Koordination von Netzwerkorganisationen oder global verteilten Teams vorschlagen. Besondere Beachtung findet die zunehmende Bereitstellung von Referenzmodellen durch Softwarehersteller. Solche Referenzmodelle sind vor dem Hintergrund des Einsatzes einer bestimmten (Standard-)Software zu sehen. Sie erfüllen zunächst eine Dokumentationsfunktion für den Interessenten oder Kunden. Vor dem Kauf kann er prüfen, ob die betrachtete Software seine Anforderungen hinsichtlich der Funktionalität und der Abläufe erfüllt; nach dem Kauf dient das Referenzmodell zur Schulung der Mitarbeiter und der Dokumentation der betrieblichen Abläufe, die durch die Software unterstützt wird. Die Unternehmen müssen sich entscheiden, wie solche softwarespezifischen Referenzmodelle bei der Einführung von Standardsoftware verwendet werden sollen. Unter der Annahme, dass die Einführung komplexer kaufmännischer Standardsoftware häufig von Reorganisationsmaßnahmen der betrieblichen Organisation begleitet wird, können zwei Alternativen unterschieden werden. Einerseits kann das Referenzmodell vollständig und ohne Änderung übernommen werden. Dies setzt voraus, dass das Referenzmodell so umfangreich ist, dass es auch spezialisierte Funktionalitäten des Unternehmens abdeckt. Ist dies nicht der Fall, verzichtet das Unternehmen auf die Unterstützung individueller Abläufe (z.B. in der Vertriebsorganisation) und ersetzt sie durch meist einfachere Standardabläufe. Andererseits kann das Unternehmen eigene Prozessmodelle entwickeln und diese mit dem Referenzmodell der Software vergleichen. Aus dem Modellvergleich ergibt sich der Anpassungsbedarf der Software, wenn das eigene Modell realisiert werden soll. Aufgrund hoher Kosten der Softwareänderung und einer i.d.R. geringen Bereitschaft von Softwareherstellern zur Änderung ihrer Standardabläufe, wird das Unternehmen auf die Änderung von nicht wettbewerbsrelevanten Prozessen verzichten und für wichtig erachtete Prozesse individuelle Anpassungen der Standardsoftware durchführen lassen. Referenzmodelle kommen in Prozess-Modellierungswerkzeugen zum Einsatz. Für die Prozessgestaltung sind Referenzmodelle in verschiedenster Weise ein Potential: • Referenzmodelle dienen der Dokumentation von Branchen know how. • Der Abgleich Ist-Zustand und Referenzmodell unterstützt die durchgängige

Geschäftsprozessoptimierung.

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• Referenzmodelle können zur schnellen Entwicklung von Workflow-Prozedurbeschreibungen und zur Steuerung von Workflow-Systemen zur Unterstützung neu gestalteter Prozesse eingesetzt werden.

• Die Einführung großer Standardsoftwarepakete zur Unterstützung neuer Prozesse wird durch die Ableitung von Konfigurationsanforderungen durch Referenzmodelle und das Aufzeigen von Machbarkeitsanforderungen in Geschäftsprozessmodellierungswerkzeugen gesenkt. Dies zeigt auch der Erfolg des ARIS-Tools-Einsatzes von der IDS-Prof. Scheer (bzw. des R/3-Analyzer) im SAP-Umfeld.

• Problematisch ist, dass Referenzmodelle häufig sehr allgemein gehalten sind. Referenzmodelle der ”besten” Unternehmen mit hohem Detaillie-rungsniveau würden die Kernkompetenzen dieser Unternehmen preis-geben und sind damit schwer am Markt erhältlich. Außerdem sind per-sönliche Konfliktsituationen etc. nicht sichtbar.

• Referenzmodelle sind sehr gut geeignet für den konzerninternen Vergleich und als Denkhilfe.

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2.4 Simulation

Die Simulation ergänzt statische Analyse- und Animationsmöglichkeiten von Modellierungswerkzeugen. Unter Simulation versteht man den Prozess der Bildung einer Prognose mit Hilfe des Experimentierens innerhalb der Modellebene, d.h. die Durchführung von „Versuchen“ in einem abstrakten Modell. Der Simulator wird dabei nicht als Dispositionsinstrument eingesetzt, sondern zur Förderung des Verständnisses für Systemverhalten z.B. hinsichtlich Warteschlangen, Entwicklung von Engpässen, Auslastung und Durchlaufzeiten. Ziel einer Simulation ist die Analyse des (zukünftigen) System-Verhaltens. Beispiele für Fragestellungen, deren Beantwortung durch den Simulations-einsatz bei der organisatorischen Gestaltung ermöglicht oder erleichtert werden kann, sind:

• Werden Engpasssituationen in einem Geschäftsprozess durch zusätzliches Personal nur verschoben oder aufgehoben?

• Wie verändern sich Durchlaufzeiten bei schwankendem Auftragsanfall?

• Wie verändert sich die Auslastung, wenn die Zuordnung von Tätigkeiten auf Personen nach veränderten Gesichtspunkten durchgeführt wird?

• Ist der Prozess richtig dimensioniert hinsichtlich der Kapazitätsauslastung?

Simulationen sind nie frei von Fehlern. Dabei können unterschiedliche Fehlerquellen auftreten:

Abb. 2.6 Fehlerquellen in Simulationen.

KomplexeRealität derGegenwart

KomplexeRealität derGegenwart

ZukünftigesSystem

ZukünftigesSystem

GegenwärtigesSystem

GegenwärtigesSystem

QuantitativesModell desgegenw. S.

QuantitativesModell desgegenw. S.

RechenverfahrenRechenverfahren

KomplexeRealität der

Zukunft

KomplexeRealität der

Zukunft

QuantitativesModell des

zukünftigen S.

QuantitativesModell des

zukünftigen S.

Vereinfachungs-fehler

Vereinfachungs-fehler

Verfahrens-fehler Rechen-

fehler

Interpretations-fehler

Interpretations-fehler

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Um das Modell einer Organisation für eine Simulation zu nutzen, müssen

verschiedene Voraussetzungen in dem Modell darstellbar sein: • die Häufigkeit von Prozessen, • die Verfügbarkeit von kapazitiven Einheiten, • Zeitdauer von Aktivitäten • die Regeln zur Modellzustandsänderung und • die Algorithmen zur Auswahl aus den gegebenen Zuordnungs-

möglichkeiten von Aktivitäten zu Ressourcen.

Grenzen der Simulation • Die Möglichkeiten der Simulation sind zum einen real begrenzt durch Zeit-,

Hardware und finanzielle Restriktionen sowie durch Akzeptanzprobleme.

• Bei der Abbildung von personenbezogenen (Leistungs-)Daten sind Daten-schutzaspekte und Mitbestimmungsaspekte zu beachten.

• Wahl des Aggregationsniveaus: Ein zu hohes Aggregationsniveau lässt nur triviale Aussagen zu, ein zu geringes Aggregationsniveau lässt das Ergebnis an Aussagekraft verlieren, weil es sich nicht mehr kausal nachvollziehen lässt.

• Die Theorie "chaotischer dynamischer Systeme" zeigt auch theoretische Grenzen für die Simulation aufgezeigt. Die Komplexität der Rückkopp-lungsbeziehungen und die Zahl der Einflussfaktoren in einem Betrieb lässt es plausibel erscheinen, dass eine "Berechenbarkeit der Zukunft" nur begrenzt möglich sein wird.

• Sehr hoher Aufwand zur Datengewinnung, um ein simulationsfähiges Modell zu erhalten. Bedingt durch die Komplexität vieler Simulatoren sind Modellersteller und Modellnutzer meist verschiedene Personen. Dadurch wächst die Gefahr, dass das Systemverhalten nicht verstanden wird, sondern es wird versucht, Werte aus Simulationsläufen als direkte dispositive Entscheidungsgrundlage zu nutzen.

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3. Modellierungs- und Simulationswerkzeuge

Fragen Das sollten Sie wissen: • Welche Arten von Software zur Analyse und Gestaltung von

Geschäftsprozessen gibt es? • Welche Vor-/Nachteile hat eine rechnergestützte Analyse/Dokumentation? • Was kann man rechnergestützt simulieren? • Welche Bedeutung hat der einer SW zu Grunde liegende Modell

formalismus für den Anwendungsnutzen? know how

3.1 Werkzeuge zur computergestützten Geschäftsprozessmodellierung und –gestaltung

Die Werkzeuge zur computerunterstützten Geschäftsprozessmodellierung können nach ihrer Funktionalität in verschiedene Gruppen unterteilt werden: • Die sogenannten "Flowcharter" wie z.B. Visio (gehört partiell in Kategorie 2)

oder iGrafx Flowcharter sind im wesentlichen Zeichenwerkzeuge, die den Benutzer bei der graphischen Darstellung durch Symbolbibliotheken (z.B. zur Darstellung von Symbolen nach REFA) und die einfache Gestaltung graphischer Verbindungen unterstützen. Diese Werkzeuge speichern lediglich graphische Informationen, verfügen also über kein eingebautes Datenhaltungssystem, in dem ein Modell repräsentiert ist. Dadurch sind auch keine werkzeuggestützten Analysen möglich. Die Vorteile dieser Werkzeuge liegen hauptsächlich darin, daß sie preiswert, flexibel und in der Bedienung sehr schnell zu erlernen sind.

22

Abb. 3.1: Screenshot Visio. • „Werkzeuge für das Geschäftsprozessmanagement“ mit vielfältigen

Funktionalitäten wie Analysemöglichkeiten auf Datenbankbasis und/oder Simulationsmöglichkeiten und/oder dedizierten Fähigkeiten zur Verwaltung einer hohen Modellvielfalt. Zu diesen Werkzeugen gehören z.B. Bonapart (ComPosition AG), Aeneis (IPRO), Adonis (BOC GmbH) sowie die Process Plattform (ARIS)(IDS Prof. Scheer). Diese Werkzeuge besitzen unter-schiedliche Stärken und Schwächen, verfügen aber alle über ausgeprägte Analysemöglichkeiten: die Schwerpunkte liegen teilweise auf der Simulation (z.B. Bonapart), auf der Verwaltung großer Modelldaten-bestände oder der Analyse von Kommunikationsbeziehungen.

• Die Organisationsmodellierungskomponenten von CASE-Tools, z.B. Objectory. CASE-Tools verfügen teilweise über Modellierungskomponenten für organisatorische Konstrukte, aus denen über mehrere Ableitungsstufen im Fall von Objectory z.B. Code-Elemente in Form von C++-Headers für eine objektorientierte Programmierung gewonnen werden können. Aller-dings zeigen praktische Erfahrungen, daß für die Gestaltung komplexer Geschäftsprozesse das zur Verfügung stehende Instrumentarium dieser Werkzeuge nicht ausreicht.

• Die Modellierungskomponenten von Work Flow Tools wie z.B. MQ Workflow (IBM) und Livelink. Die Ausrichtung dieser Werkzeuge, die Bestandteil von Workflow-Systemen sind, ist auf die Generierung von Programmcode für Work Flow Prozedurbeschreibungssprachen ausge-richtet. Daher sind diese Komponenten durch die den Werkzeugen zu Grunde liegende Beschreibungssprache limitiert.

3.2 Vorteile rechnergestützter Werkzeuge

Für die Geschäftsprozessanalyse können rechnergestützte Werkzeuge genutzt werden. Der Einsatz rechnergestützter Werkzeuge ermöglicht bei der Aufnahme von Prozessen und beim Prozess-Design je nach Werkzeug • die Dokumentation von Ist- und Soll-Prozessen sowie die Analyse von

Stärken und Schwächen (Versionsmanagement und verteilte Bearbeitung), z.B. hinsichtlich Zeiten und Kosten,

• das Vorhalten großer und konsistenter Datenbestände, • eine leichte Adaption der Modelle bei veränderten Umgebungsbedingungen

(die Prozessabläufe ”veralten” in der Realität sehr schnell), • die Verwaltung von Prozessmodellen in verschiedenen Versionen und auf

verschiedenen Aggregationsniveaus, • die Beurteilung durch statische und dynamische Auswertungen und die

Betrachtung aus verschiedenen Sichtweisen, auch bei komplexen Prozessen und Abhängigkeiten,

• die Ableitung des Prozess-Layouts, der zugehörigen Aufbaustrukturen, der Anforderungen an Benutzerumgebungen und an das verteilte Informations-

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system sowie die Ableitung der Kommunikations- und räumlichen Be-ziehungen sowie der Kosten,

• die Dokumentation der Prozesse z.B. auch für Zertifizierungsvorhaben, • u.U. die Nutzung der Modellinformationen zur Codegenerierung für

Workflowsysteme • eine einheitliche und formalisierte Dokumentation unterschiedlicher Sichten

mit Korrektheitsprüfung, • einen systematischen, zielgerichteten Modellierungsprozess, der sich aus

der häufig vorstrukturierten Vorgehensweise ergibt, • die Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte (organisatorische, strate-

gische, personelle, informationstechnische), • die Vergleichbarkeit und Wiederverwendbarkeit von Prozessmodellen • die graphische Darstellung der Prozesse, • die Weiterverarbeitung von Daten und Analyseergebnissen. In der Phase der Modellierung kann ein Organisationsanalysewerkzeug durch Korrektheitsprüfungen Unterstützung bieten. Korrektheitsprüfungen können auf verschiedenen Ebenen vorgenommen werden: • Syntaktische Übereinstimmung mit der Modellierungssprache: Die Über-

einstimmung kann bei graphisch-interaktiver Modellerstellung erzwungen werden. Es werden nur bestimmte graphische Elemente und Relationen für den Modellierer zugelassen.

• Semantische Korrektheit: Darunter sind Prüfungen zu verstehen wie z.B.

"hat jeder Subprozess genau eine Anfangs- und eine Endaktivität?". • Vollständigkeit des Modells: Während der Modellerstellung muß auch ein

unvollständiges Modell zugelassen werden. Daher muß diese Aufgabe und die Prüfung der semantischen Korrektheit von einem Programm-Modul explizit durch den Benutzer aufgerufen und am Ende der Modell-erstellung durchgeführt werden. Konsistenzfragen sind vor allem beim Löschen einzelner Elemente interessant: Das Löschen muß sich z.B. nicht nur auf das Modellelement, sondern auf alle zugehörigen Relationen beziehen, um ein in sich schlüssiges Modell nach dem Löschen zu erreichen.

• Zielkonformität: Diese kann nur vom Modellersteller selbst beurteilt

werden.

24

3.3 Schwächen rechnergestützter Werkzeuge

Der Einsatz rechnergestützter Werkzeuge bringt auch eine Reihe von Nachteilen mit sich: • ein hoher zeitlicher, finanzieller und personeller Aufwand bei der Erst-

anwendung (Schulungsbedarf), • die Schwierigkeit, qualitative Aspekte zu integrieren, • die Abhängigkeit von der Methode des Software-Anbieters, • die Gefahr, daß eine Simulation mit ungenauen Eingangswerten zu

Fehlinterpretationen (Scheingenauigkeit) führt, • die Datenbeschaffung für eine Simulation ist sehr aufwendig, • die Notwendigkeit einer guten Druckfunktionalität des Werkzeugs, da die

Informationserfassung und die Diskussion neuer Abläufe am besten auf dem Papier geschieht,

• die Schwierigkeit, Prozessinformationen aktuell zu halten (Intranet-Lösungen mit der Möglichkeit dezentraler Wartung von Prozessdaten sind hier ein möglicher Lösungsansatz),

• die Gefahr der Bürokratisierung bei der Organisationsgestaltung, der Erstellung von Zahlenfriedhöfen und der Verdrängung weicher Fakten,

• eine Verlangsamung des Organisationsprozesses durch die Generierung zu vieler Alternativen und ein zu hohes Anspruchsniveau bei der Gestaltung von Auswertungen (darüber hinaus kann der DV-Einsatz zwar zur Beschleunigung der Prozessanalyse dienen, aber sozio-kulturelle Veränderungen sind ein langsamer, schwer beschleunigbarer Prozess).

25

3.4 Auswahlkriterien

Wesentliche Kriterien zur Auswahl eines Werkzeugs sind

• die den Zielsetzungen entsprechende erforderliche Komplexität des organisatorischen Modellformalismus,

• die Flexibilität hinsichtlich der organisatorischen Vorgehensweise,

• die notwendigen Analysemöglichkeiten (keine, statische, dynamische),

• die Möglichkeit zu Konsistenz- und Plausibilitätsprüfungen,

• die Möglichkeiten der Benutzung im Netzwerk sowie die Einrichtung von Nutzern (Zugriffsschutz) und die Verwaltung unterschiedlicher Versionen von Prozessen,

• der Preis der Software,

• Zukunftssicherheit und Referenzen des Anbieters,

• die Qualität der Handbücher und der Hotline,

• Schnittstellen zur Datenaufnahme und -übergabe und • der Einlernaufwand, in dem sich auch die Qualität der Benutzeroberfläche

widerspiegelt.

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4. Geschäftsprozessanalyse/-gestaltung

Lernziele Das sollten Sie wissen:

• Warum dokumentiert man betriebliche Abläufe? • Welche Ebenen der Prozessbetrachtung gibt es? • Welche Phasen der Prozessanalyse gibt es? • Wie lässt sich die Durchlaufzeit eines Prozesses gliedern? • Was ist bei der Gestaltung von Abläufen zu beachten? • Wie kann man Ansätze für Schwachstellen finden?

know how

4.1 Gründe für die Dokumentation/Analyse von Prozessen

Ein Unternehmen kann sich aus verschiedenen Gründen entscheiden, seine Prozesse zu erheben und zu dokumentieren. Die folgende Aufstellung zeigt ausgewählte Gründe:

• Neugestaltung („auf der grünen Wiese“) • Radikale Veränderung (Business Reengineering) • Prozessverbesserung (kontinuierliche Verbesserung, KVP) • Verbesserung der Beherrschbarkeit • Zertifizierung • Prozesskostenrechnung • Gestaltung/Anpassung von Anwendungssystemen • Qualitätssicherung

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4.2 Ebenen der Prozessbetrachtung

Je nach Zielsetzung der Prozessuntersuchung können verschiedene Ebenen der Prozessbetrachtung/-modellierung unterschieden werden (vgl. Abb. 4.1). Diese unterscheiden sich hinsichtlich Detaillierungsgrad und Aussagekräftigkeit ganz erheblich.

Abb. 4.1: Ebenen der Prozessmodellierung

Dient der Schaf-fung von Trans-parenz innerhalb der Prozesse

Dient dem Über-blick über das Gesamtunter-nehmen

Abgebildet wer-den Einzelaktivitä-ten, IT-Systeme u.Org.-einheiten

Ermöglicht dieIdentifikation von org. und techn.Schwachstellen

Dient der Detail-analyse der Aktivi-täten und Res-sourcen

Abgebildet werden die Teil-prozesse und ihreSchnittstellen

Ermöglicht Aus-sagen über Teil-prozesse und Schnittstellen

Abgebildet werden die Prozesse und ihre Zuordnungzu Prozeßgruppen

Ermöglicht dieAussage, welche Prozesse über-haupt existieren

Gesamt-prozess-modell

Ebeneder Einzel-prozsse

Ebene derAktivitäten

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4.3 Phasen der Prozessanalyse/-gestaltung

Die Prozessanalyse/-gestaltung wird in verschiedene Phasen (vgl. Abb. 4.2) unterteilt, die in den folgenden Unterkapiteln kurz skizziert werden.

Abb. 4.2: Schritte der Prozessanalyse/-gestaltung

4.3.1 Identifikation von Prozessen

Die Schwierigkeit besteht in Unternehmen häufig darin, dass Prozesse fragmentiert, unsichtbar und/oder namenlos sind, und daher kaum zu erkennen sind. Im ersten Schritt geht es daher darum, die Prozesse zu identifizieren und zu dokumentieren:

Abb. 4.3: Identifikation der Prozesse. Nach der Identifikation der Prozesse erfolgt die Dokumentation. Hierzu stehen verschiedene Ansätze und Werkzeuge (vgl. Kapitel 2/3) zur Verfügung.

Abteilung Einkauf Abteilung Rechnungswesen

Bestell-abwicklung

Bedarfist einge-

treten

Materialist einge-

troffen

Rechnungs-prüfung

durchführen

Rechnungist OK

Zahlungs -verkehr

abwicklen

Rechnungist bezahlt

Hauptprozess Materialbeschaffung

Der erste Schritt identifiziert die Hauptprozesse und die dazu gehörigen Teilprozesse. Schnittstellen werden beschrieben.

Prozeß-identifi-kation

Ist-Erfas-sung

AnalyseSoll-Konzept

Imple-men-tierung

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Gesprächsleitfaden für die Durchführung der Prozesserfassungsgespräche:

1. Vorab den Gesprächspartnern die Ziele der Analyse bekannt geben.

2. Zwei Personen aus dem Projektteam reden immer mit 1-2 Personen aus dem Fachbereich. Die Auswahl der Ansprechpartner erfolgt je nach Aggregationsebene, Vorgesetzte sind zur Auswahl heranzuziehen, evtl. werden spätere ”Prozessverantwortliche” beteiligt. Weitere Gesprächs-partner ergeben sich meist aus dem Gespräch (”die Unterlagen gebe ich meistens an Mitarbeiter X weiter”).

3. Das Gespräch sollte sich an den Themenstellungen des Formularsatzes orientieren. Es ist notwendig, am Prozess festzuhalten und keine Arbeitsplatzbeschreibung zu erstellen.

4. Maximal drei Gespräche pro Tag führen, ein weiterer Arbeitstag ist zur Aufbereitung notwendig.

5. Für jeden betrachteten Prozessabschnitt sind zwei Gespräche notwendig: Beim zweiten Gespräch ist auf Grund der im ersten Gespräch ausgefüllten Formulare bei unklaren Punkten nachzufragen.

6. Probleme aufnehmen, aber niemals personenbezogen darstellen.

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Der folgende Formularsatz zeigt exemplarisch Unterlagen zur Erhebung von Prozessen:

Prozeßname:“Vaterprozeß“:Prozeßverantwortliche(r):

Beginn desProzesses:

Ende desProzesses:

Haupttätigkeiten

Lieferanten Kennzahlen Kunden

Blatt1Prozeßgesamtdarstellung

Datum:Rentenbearbeitung-HA 8 (nach bestehender Org .)

WiderspruchsbehandlungRentenermittlung (Alter, Erwerbsunfähigkeit/Berufsunfähigkeit, Hinterbliebene)RentenanpassungPrüfung der Ansprüche

BearbeitungsfristWarteschlangen ("1:1")FehlerfreiheitKosten / Antrag

RentenempfängerKlägerKrankenkassen(Versicherte) Antragsteller

Zahlungen über Postrentendienst

ArbeitsamtRZLSoz.-Med. BetreuungBehörde (Gesetzesänderung)AntragstellerWiderspruch-EinreichenderVDRVersicherungsämter

- Rentenbescheid / Zahlungsanweisung- Änderung der Zahlungsanweisung- Stop der Zahlungsanweisung- Ablehnung / Stattgeben des Widerspruchs

- Antragseingang in Folge eines Ereignisses (Tod eines Angehörigen,   Altersgrenze, verminderte Erwerbsfähigkeit)- Eingang eines Widerspruchs- Veränderungsaufforderung- Eintreten eines Prüftermins

12.12.96

Prozeßsegmente

Beteiligte Bereiche

Prozeßname: Datum: Blatt2Beteiligte Bereiche

Prozeßsegmente

Beteiligte Bereiche

Prozeßname: Datum: Blatt2Beteiligte Bereiche

Blatt 3Prozeßdarst.

Aufnahme durch:

Ansprechpartner (Name/Abteilung)

Prozeßname:Datum:

Anmerkungen:

Blatt 3Prozeßdarst.

Aufnahme durch:

Ansprechpartner (Name/Abteilung)

Prozeßname:Datum:

Anmerkungen:

Verbale Beschreibung:

Blatt5-Indikatoren Blatt 4verb. Beschr.

Prozeßname: Datum:

Verbale Beschreibung:

Blatt5-Indikatoren Blatt 4verb. Beschr.

Prozeßname: Datum:

MaßeinheitPriorisierte IndikatorenBeeinflußbarkeit

1.

1.nichtbeeinflußbar

beeinflußbar

2.

2.

3.

3.

Blatt5-Indikatoren Blatt5IndikatorenProzeßname: Datum:

MaßeinheitPriorisierte IndikatorenBeeinflußbarkeit

1.

1.nichtbeeinflußbar

beeinflußbar

2.

2.

3.

3.

Blatt5-Indikatoren Blatt5IndikatorenProzeßname: Datum:

Problemfelder:

Frequenz/Menge:

Blatt6Problemfelder

Prozeßname: Datum:

Prozeßsegment Durchlaufzeit (min/ max) Bearbeitungszeit (min/ max) Liegezeit (min/ max) Gründe

Problemfelder:

Frequenz/Menge:

Blatt6Problemfelder

Prozeßname: Datum:

Prozeßsegment Durchlaufzeit (min/max) Bearbeitungszeit (min/max) Liegezeit (min/max) Gründe

Abb. 4.5: Formular zur Prozesserhebung

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Prozess-Indikatoren Für die Prozesse müssen Erfolgsmaßstäbe (Beeinflussbarkeit, Maßeinheit) definiert werden, in denen sich die strategischen Zielsetzungen widerspiegeln. Beispiel:

Indikator Definition

Mittlere Durchlauf-zeit eines Vorfalls

Durchschnittliche Zeit zwischen Prozessauslösung durch den Kunden und Lieferung der Leistung an den Kunden

Termineinhaltungs-quote

Anteil der termingerecht gelieferten Leistungen an der Gesamtzahl der Leistungen

Fehlerquote Anteil der fehlerhaften Leistungen bezogen auf die Gesamtzahl der Leistungen des Unternehmens

Reklamationsquote %-Satz der vom Kunden beanstandeten Leistungen

Qualitätskosten in % der Gesamtkosten

Anteil bestimmter Qualitätskostenarten (Fehler- und Prüfkosten) an den Gesamtkosten

Kostenarten pro Vorfall

Direkte Kosten, z.B. Personal-, oder Informationskosten, die bei der Behandlung eines einzelnen Vorfalls, z.B. eines Auftrags oder einer Anfrage, entstehen

Mitarbeiter-produktivität

Deckungsbeitrag, den ein Mitarbeiter erwirtschaftet, Anzahl der Vorfälle, die er behandelt

Prozessvolumen Anzahl der behandelten Vorfälle

Sortimentsstruktur Anteil der verschiedenen Leistungsarten an der Gesamt-zahl der Leistungen (A, B, C-Artikel, verschiedene Distributionskanäle, Regionen, Produktgruppen)

Prozess-Zeiten

Zeiten Reduktionsansätze Durchlaufzeit (DLZ) Variante 1: inkl. Nacht, Feiertage, Wochenende, Urlaub DLZ Variante 2: AT oder Anwesenheit/ Verfügbarkeit

Reduktion z.B. durch Mehrschichtbetrieb, Überstunden, „Rund-um-die-Welt-Entwicklung“, Stv.-Funktion, allg. „Kapazitätserweiterung“

Ausführungszeit Reduktion durch Parallelisierung, Automation, Training, Eliminieren

Transportzeit Reduktion durch elektr.. Transport (EMail, Workflow) Just-in-Time-Problematik: Nähe der Zulieferer Verlagerung der Lagerproblematik „auf die Straße“,

Rüstzeit (mental/maschinell)

Anzahl von Unterbrechungen reduzieren (Lagerkosten vs. Rüstzeit)

Liegezeit Reduktion durch - Klarheit über Prozessschritte - Beseitigung personeller/maschineller Engpässe - bessere Verteilung der Arbeit

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Empirisch ist bezüglich der Zeiten zu beobachten • Der größte Zeitanteil ist sehr häufig die Liegezeit, nicht die Ausführungs-

zeit (Bearbeitungszeit eines Vorgangs 3-5%, Transportzeit 6-7%4). Das heißt, wenn durch elektronische Textverarbeitung die Ausführungszeit um 50% reduziert wird, sinkt der Personalbedarf im Textbüro, aber die DLZ sinkt i.d.R. nur sehr wenig, außer es hätte sich um einen Engpassbereich mit hohen Liegezeiten gehandelt.

• Qualität steigt häufig bei schnellen Prozessen: kein häufiges wieder-einarbeiten, kein vergessen des Vorgangs-Status, kein Erklärungsbedarf und keine Zusatzarbeiten wg. Verspätungen

• Lange Durchlaufzeiten sind in der Praxis mit vielen schwer bewertbaren Nachteilen verbunden, so dass der Reduktion von Zeiten sehr hohes Gewicht beigemessen wird.

Am Ende dieser Phase der Prozesserkennung/-identifikation müssen für jeden Prozess folgende Fragen beantwortet werden können: • Welche Prozesse gibt es überhaupt • Wie heißt der einzelne Prozess und was sind seine wesentlichen

Teilschritte? • Wer sind die (internen, externen) Kunden des Prozesses? • Wer sind die wesentlichen Beteiligten? • Was sind die wesentlichen Systeme / Anlagen, die im Prozess verwendet

werden? • Was ist der Input / Output des Prozesses? • Wer ist verantwortlich für den Prozess (bzw. könnte

Prozessverantwortlicher sein)? • Was ist der direkte Wertschöpfungsbeitrag? • Was gehört zu dem Prozess, um erfolgreich zu sein? • Wo liegen Schnittstellen? • Welche kritischen Erfolgsgrößen müssen im Teilprozess kontrolliert

werden?

4 vgl. dazu Riggert, W., S. 30

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4.3.2 Ist-Analyse

Die dokumentierten Prozesse, d.h. der dokumentierte Ist-Zustand, wird nun analysiert. Hierzu werden die erhobenen Informationen (z.B. Organigramme, DLZ-Analysen, Prozesskosten, von Mitarbeitern skizzierte Probleme, Prozessmodelle) nach verschiedenen Gesichts-punkten untersucht, mit der Zielsetzung Schwachstellen bzw. Ansatzpunkte für Besserungen zu identifizieren.

Abb. 4.5: Identifikation von Schwachstellen Ansatzpunkte für die Analyse können z.B. sein: • Identifikation von Mehrfacharbeiten • Häufige Stellen-/Abteilungswechsel im Ablauf • Liege-/Wartezeiten • Gesamtdurchlaufzeit • Medienbrüche (Mehrfacheingaben von Daten)

Abteilung Einkauf Abteilung Rechnungswesen

Auf der Ebene der Aktivitäten werden Schwachstellen identifiziert undAnsatzpunkte für Verbesserungen erarbeitet.

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Die Ist-Analyse ist nicht unumstritten. Im Folgenden werden Argumente für und dagegen aufgeführt:

Argumente für Ist-Analyse Argumente gegen Ist-Analyse

• Detailkenntnis hilfreich • Zeitbedarf/Aufwand hoch • Rechtliche/personelle Restriktionen

kennen • Ist-Modelle sind schnell

veraltet • Projekt ist ohne Ist-Analyse

„realitätsfern“ • Gefahr der „Betriebs-

blindheit“ wenn zu starr am Ist festgehalten wird

• Erhöhung der Akzeptanz durch Einbindung der Mitarbeiter

• Kenntnis des Ist-Zustands ist teilweise unbedingt erforderlich z.B. bei Migration von Altsystemen

Tab. 4.1: Argumente für/gegen Ist-Analyse

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4.3.3 Sollkonzeption

Bei der Gestaltung der Ablauforganisation, d.h. bei der Gliederung und Zuordnung der Aufgaben, werden die erfassten Ist-Prozesse analysiert und zur Gestaltung der neuen Prozesse herangezogen. Der Grad der Veränderungen bei den Abläufen ergibt sich aus den notwendigen Veränderungen hinsichtlich den Veränderungen in der Unternehmensumwelt. Bei der Gestaltung gibt es folgende Ansatzpunkte:

• Geschäftsprozesse werden ausgehend von Kundengruppen möglichst durchgängig gestaltet.

• Die Prozessabläufe sollen frei von historisch gewachsenen Ansprüchen und Schnittstellen sein und alle Aufgaben beinhalten, die für ein sinnvolles eigenverantwortliches Handeln notwendig sind.

• Prozesse können neu gestaltet werden durch die gedankliche Überprüfung der Arbeitsschritte auf deren Notwendigkeit und zeitlichen Bezug hin: bestehende Prozessschritte sind zu überprüfen bezüglich der Möglichkeit zu Parallelisieren, Wegzulassen und zu Automatisieren. Das Vorgehen folgt dem Leitsatz: ”Alles was der Kunde nicht honoriert, ist Verschwen-dung”.

• Prozessvereinfachung (”keep it simple”).

• Transport- und Liegezeiten sowie die Kapazitätsauslastung bieten Ansätze zur Neugestaltung. Der Einsatz von Simulationsinstrumenten ist dabei hilfreich, da z.B. statische Warteschlangenuntersuchungen u.U. dazu führen, daß Engpässe nur lokal abgebaut werden und in einen anderen Prozessabschnitt zu neuen Engpasssituationen führen. Das heißt, aus Sicht des Gesamtprozesses findet nur eine Verlagerung und keine Beseitigung der Engpasssituation statt.

• Es muss eine Durchsicht der Modellierungsergebnisse auf wertschöpfende Tätigkeiten erfolgen. Dabei sind semantische Auffälligkeiten zu beachten: z.B. weisen Formulierungen wie Eingabe, Konvertierung, Prüfung und Kontrolle auf mögliche Medienbrüche oder nicht wertschöpfende Tätig-keiten hin, die auf ihre Sinnhaftigkeit zu untersuchen sind.

• Die Neugestaltung sollte bei mengenmäßig häufigen oder personal-intensiven Prozesssegmenten ansetzen.

• Die Möglichkeit der Funktionsintegration durch den Einsatz von In-formationstechnik ist zu untersuchen.

• Welche Tätigkeiten können von anderen besser oder kostendeckend durchgeführt werden; d.h. sind bestimmte Tätigkeiten Outsourcing-Kandidaten oder Verlagerungskandidaten?

• Elemente der Qualitätsbeherrschung sind in den Prozess einzubauen.

• Vergleich mit Referenzprozessen

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Beispiel: Veränderung von Prozessen - Der Druckertreibersupport a) Der Originalprozess aus den 80er Jahren Nachteile: Lange DLZ, hohe Personalkosten Aufbauorganisation: Die MA gehören zum Vertrieb, mit Ausnahme des Versands

Kunde ruft an Sekretariatleitet anSachbearbeiter weiter

Sachbearbeiter B(zuständig Laser-drucker)wählt Diskette mitDruckertreiber aus

Sachbearbeiter C(zuständig Nadeldrucker)wählt Diskette mitDruckertreiber aus

Sachbearbeiter A(zuständig Tintenstrahl-drucker)wählt Diskette mitDruckertreiber aus

Versand schickt DisketteKunde

XOR

b) Verbesserter Prozess Veränderte Umweltsituation: keine Nadeldrucker mehr, Möglichkeit telefonischer Auswahlsysteme (call distribution)

Kunde ruft an Sekretariatleitet anSachbearbeiter weiter

Sachbearbeiter B(zuständig Laser-drucker)wählt Diskette mitDruckertreiber aus

Sachbearbeiter C(zuständig Nadeldrucker)wählt Diskette mitDruckertreiber aus

Sachbearbeiter A(zuständig Tintenstrahl-drucker)wählt Diskette mitDruckertreiber aus

Versand schickt DisketteKunde

XOR

rechner-gesteuerteTelefonanlageverteilt Anrufe

c) Radikale Veränderung Umweltsituation: Kunden haben praktisch alle Internetzugang

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Kunde wähltim InternetDrucker-treiber aus

Kunde erhältDruckertreiberdurchdownload

Treiber-DB mitInternet-Zugang

Abb. 4.6: Neugestaltung von Prozessen

Exkurs: Prozeßmanagement - Phasen bei IBM (vgl. Schmelzer,Sesselmann, S. 201 ff) Phase 0: Prozessarbeit aufnehmen - Prozess definieren - Verantwortliche benennen - Mitarbeiter ausbilden - Kundenanforderungen ermitteln Phase 1: Prozessablauf dokumentieren und freigeben - Bestandsaufnahme - Prozess freigeben und Umsetzung sicherstellen - Daten erfassen, auswerten, Ziele festlegen (Kosten, Kundenzufriedenheit, DLZ, Fehlerraten) Phase 2: Prozess lenken und verbessern - Verbesserungsprozess einführen - kontinuierliche Verbesserung durchführen Phase 3: Prozess wettbewerbsfähig gestalten - Benchmarking durchführen - Wettbewerbsfähigkeit nachweisen Phase 4: Prozess ist "world class" - Prozess ist vergleichbaren Prozessen im Wettbewerb überlegen

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5. Übungsaufgabe

Im Rahmen der Übung sollen (ausgewählte) Prozesse eines Online-Buchhandels wie beispielsweise Amazon in ARIS modelliert werden. Dazu sind folgende Teilaufgaben zu erfüllen:

1. Erstellen Sie ein Gesamtprozessmodell eines Online-Buchhandels. Überlegen Sie hierfür, welche Prozesse es in einem Online-Buchhandel gibt (berücksichtigen Sie dabei auch, welche Prozesse im „Hintergrund“ angebunden sein müssen wie beispielsweise Lagerhaltung, Buchhaltung,...) und wie Sie diese strukturieren können. Bilden Sie das Gesamtprozessmodell in ARIS in Form eines Funktionsbaumes ab.

2. Modellieren Sie den Prozess des Buchkaufens als eEPK (Auftragsabwicklung). Überdenken Sie den Prozess bzgl. Beherrschbarkeit und Fehlermöglichkeiten (z.B. Kunde ist bekannt; Kunde ist neu; Kunde ist bekannt, hat aber das Passwort vergessen; Kunden ist bekannt, aber schlechter Zahler; Kunde läßt Cookie zu oder nicht...). Beschreiben Sie den Prozess aus Sicht des Unternehmens, aber ausgehend vom Kunden. Achtung: Detail-Arbeitsanweisungen („tragen Sie immer den Namen der Abteilung ein“) oder DV-Verfahrensbeschreibungen („drücken Sie die Taste F5“) gehören nicht mehr zur Prozessdarstellung. Achten Sie auf ein einheitliches Aggregationsniveau. Bilden Sie gegebenenfalls Hierarchien.

3. Prüfen Sie, ob Ihre Prozessdarstellung mit folgenden Fällen klar kommt: 1. „Hallo Frau Schwarzer, schön, dass Sie da sind,...wenn Sie nicht

Frau Schwarzer sind, klicken Sie hier“ (one-click-buy ist aktiviert, ich bin Herr Maier und sitze am Rechner von Schwarzer)

2. Ich bestelle 2 Bücher, 1 Stunde später noch eines, heute abend storniere ich das erste Buch

3. Meine Adresse ist: Rue de la Loi 16, Brussels 4. Ich zahle mit Kreditkarte, per Rechnung, oder per Bankeinzug 5. Ich möchte das zweite bestellte Buch in Geschenkpapier verpackt,

zusammen mit einer CD 6. Ich habe einen fiktiven Kunden / bewußt eine falsche (aber

existierende) Bankverbindung eingegeben 7. Das zweite Buch der Bestellung ist nicht am Lager 8. Ich bin umgezogen 9. Meine Bank läßt keine Abbuchung zu (Konto überzogen) 10. Ich möchte den Bestellstatus wissen (order tracking) 11. Ich bin Firmenkunde / Bibliothek 12. Als Amazon möchte ich individuelle Empfehlungen für den Kunden

erstellen „folgende interessante Titel sind erschienen: ...“

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13. Wunschzettelfunktion 14. stornieren 15. Habe mein Passwort vergessen 16. Ich schicke an eine Geschenkadresse 17. Kunde ist als schlechter Zahler bekannt - Reaktion?

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6. Tipps und Tricks

6.1 Login

ARIS starten – ARIS Server auswählen

a) Datenbank auswählen

b) Filter auf Gesamtmethode setzen

c) neues Modell anlegen

6.2 Benutzung der Software

Bitte beachten:

a) Eine Verbindung zu einer URL oder einem Programm herstellen

§ Rechte Maustaste – Eigenschaften

§ eintragen unter Systemattribute - Verknüpfung

§ Ansehen: Rechte Maustaste – starten

§ Zeilenumbruch: strg + enter

b) „Kopieren“

§ Legen Sie ein Organigramm an.

§ Kopieren Sie ein Element und nutzen Sie es in der eEPK.

§ Bei Änderungen werden Sie feststellen, dass beide Elemente verändert sind.

c) Verfeinern des Modells

§ Legen Sie einen Prozesswegweiser an.

§ Verfeinern Sie, in dem Sie Rechte Maustaste „Hinterlegungen erzeugen“ wählen

§ Ansehen mit Doppelklick auf das kleine Icon neben dem Prozesswegweiser.

6.3 Modellierungspraxis

Hilfsmittel (wie z.B. im HdM-CSCW-Labor realisiert): - Plotter (A0-Ausdrucke) helfen bei der Visualisierung und Durchsprache

der IST-/Soll-Prozesse - Smart Boards zur computergestützten Gruppendiskussion - ARIS zur rechnergestützen Modellierung

• Vorgehensweise bei der ARIS-Modellierung: Im Rahmen eines Projektes

empfiehlt sich die Top-Down-Vorgehensweise, indem man zunächst die Top-Prozesse herausbildet und z.B. als Wertschöpfungskettendiagramm abbildet, sowie das Organigramm auf der Top-Ebene. Dann verfeinerte Modelle wie z.B. EPKs und eEPKs, mit ihnen kann man die einzelnen

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Funktionen des Funktionsbaums hinterlegen. Dadurch kann man unter-schiedliche Sichten und Aggregationsniveaus abbilden (um überhöhte Komplexität zu vermeiden), und von der Organisationsebene die IT-Ebenen ableiten (ER-Modell etc.).

• Komplexitätsreduktion durch einzelne "Sichten", die miteinander ver-bunden werden "Pointer".

• Strenge Abfolge Ereignis - Funktion bei ereignisgesteuerten Prozessketten

(EPK). • Unterscheidung:

- Ereignis = "Trigger" =passiv: Durch Kunden oder durch Datum/Uhrzeit ("button wurde vom Kunden gedrückt") oder aus vorangegangenen Funktionen folgend. - Funktion: "Wir tun etwas", aktiv

• Vorgänger- und Nachfolger Beziehungen: oder / XOR / und (kann wegge-lassen werden)

• Hinterlegung = Mit Hilfe einer Hinterlegung wird ein Objekt mit einem Modell verbunden. Damit erreicht man, dass ein Objekt durch ein detailliertes Modell beschrieben werden kann.

Folgende Probleme und Fragen treten bei der Modellierung der Ist-Abläufe typischerweise auf • Was sind Ereignisse, die eine Aktivität auslösen? Anders formuliert: Was

veranlasst den Mitarbeiter bzw. den Rechner zu handeln? Die Beschreibung wird durch folgende Beispiele erleichtert • Antragsmeldung ist eingegangen am <Datum> im <Ort>, • Datenmeldung ist eingegangen, • Statusmeldung ist verfügbar, • Daten sind verfügbar, • Vorliegen der Unterschrift/Erlaubnis/Entscheidung, • Eintritt von...in Folge von..., • Veränderungsmeldung (Archiv ist voll, Programm ist abgestürzt), • Auftragserteilung, • Negatives Ereignis (Datenübertragung hat nicht termingerecht

stattgefunden). • Das Aggregationsniveau wird bei der Erfassung uneinheitlich. Die Ge-

sprächsteilnehmer müssen bei der Erfassung darauf achten, ein einheitliches Aggregationsniveau beizubehalten.

• Häufig besteht ein unklares Prozessverständnis. Deshalb ist vor Gesprächsbeginn der Prozessbegriff zu erklären. Die Abgrenzung z.B. zum Geschäftsverteilungsplan in öffentlichen Verwaltungen muss deutlich werden.

• Die Möglichkeit der Parallelisierung von Abläufen wird oft nicht modelliert. Bei den Erfassungsgesprächen ist darauf zu achten, dass die

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unterschiedlichen Formen der Parallelität modelliert werden (die Bearbeitung ”muss” bzw. ”kann” parallel erfolgen).

• Die Datenerhebung für das Mengengerüst ist teilweise schwierig. Rationalisierungsvorteile sind aber abhängig vom Mengenvolumen; eine wenigstens annähernde Erfassung des Mengengerüsts ist daher absolut notwendig.

• Die logische Trennung von Projekt und Prozess muss eingehalten werden. Hier ist die logische Trennung z.B. in das Entwicklungsprojekt und den daraus entstehenden laufenden Prozess sowie die prozessuale Be-schreibung der Projektabwicklung hilfreich.

• Welche Prozesse hängen kausal zusammen? Wo besteht nur eine zeitliche Abfolge?

• Kurzbeschreibungen wählen, die hinreichend präzise sind: Kunde hat "Bestellbutton gedrückt" nicht "Bestellung"

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7. Literatur

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• Brecht, L.; Hess, T. [1995], State of the Art des Business Process Redesign: Darstellung und Vergleich bestehender Methoden, Wiesbaden 1995

• Dernbach, W.: Wettbewerbsvorteile durch strategische Neuorientierung der Führungsorganisation. In: Kompetenz, Nr. 7(1989), S. 4-15.

• Fuermann, T; Dammasch, C. [2002], Prozessmanagement, München Wien 2002

• Griese, J.; Sieber, P. [2001], Betriebliche Geschäftsprozesse: Grundlagen, Beispiele, Konzepte, Bern Stuttgart Wien 2001

• Krcmar, H. [2000], Informationsmanagement, Berlin Heidelberg 2000 • Scheer, A.-W. [1998], ARIS-Modellierungsmethoden, Metamodelle,

Anwendungen, Berlin Heidelberg u.a. 1998 • Scheer, A.W.: Referenzmodelle für industrielle Geschäftsprozesse • Schwarzer, B.: Prozessorientiertes Informationsmanagement in

multinationalen Unternehmen. Wiesbaden, 1994. • Schwarzer, B.; Krcmar, H.: Einführung in die Wirtschaftsinformatik. 3.

vollst. überarb. Auflage, 2004. • Weth, M.; Best, E. [2003], Geschäftsprozesse optimieren, Wiesbaden

2003 • Schmelzer, H.; Sesselmann, W. [2003], Geschäftsprozeßmanagement in

der Praxis, München Wien 2003 Artikel und Studien zum Online-Buchhandel • Willkommen im Club, in: 14.01 E-Business, S. 74-76, 2001 • Riehm, U.; Orwat, C. [2001], Online-Buchhandel in Deutschland,

Arbeitsbericht 192/Juni 2001, Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse, Forschungszentrum Karlsruhe