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Themenwoche vom 2. bis 9. Juni 2018 Motorradfreizeit im Chiemgau in Schloß Hohenaschau „Griaß Eich“, so lautet nach einer Broschüre des Tourismusverbandes in Oberbayern die Begrüßung der Gäste. Weiter heißt es dort Aschau ist A Schau“, und wir hatten sogar Quartier im hochherrschaftlichen Schloss Hohenaschau. Im Innenhof des Schlosses begrüßte Tourguide Werner Uhde die Teilnehmer der Motorrad- tour bei schönem Wetter und angenehmer Temperatur. Diesmal waren es besonders viele Teilnehmer und die Summe des Alters ergab die geballte Lebenserfahrung von 1007 Jahren bei einem Durchschnittsalter von energiegeladenen 56 Jahren. Er stellte die Touren vor und präsentierte als besonderes Vorhaben einen Besuch bei der Firma Alpha-Technik in Stephanskirchen. Wer auch nur ein wenig in der Motorradsportszene beheimatet ist, kann dies richtig und wohlwollend einschätzen. Nach kleiner Aussprache und Vorstellung der Teilnehmer ging es hinab in den Ort zum Abendessen ins Restaurant Baumbach.

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Themenwoche vom 2. bis 9. Juni 2018

Motorradfreizeit im Chiemgau in Schloß Hohenaschau

„Griaß Eich“, so lautet nach einer Broschüre des Tourismusverbandes in Oberbayern

die Begrüßung der Gäste. Weiter heißt es dort „Aschau ist A Schau“, und wir hatten sogar Quartier im hochherrschaftlichen Schloss Hohenaschau.

Im Innenhof des Schlosses begrüßte Tourguide Werner Uhde die Teilnehmer der Motorrad-tour bei schönem Wetter und angenehmer Temperatur. Diesmal waren es besonders viele Teilnehmer und die Summe des Alters ergab die geballte Lebenserfahrung von 1007 Jahren bei einem Durchschnittsalter von energiegeladenen 56 Jahren. Er stellte die Touren vor und präsentierte als besonderes Vorhaben einen Besuch bei der Firma Alpha-Technik in Stephanskirchen. Wer auch nur ein wenig in der Motorradsportszene beheimatet ist, kann dies richtig und wohlwollend einschätzen. Nach kleiner Aussprache und Vorstellung der Teilnehmer ging es hinab in den Ort zum Abendessen ins Restaurant Baumbach.

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Der Sonntagmorgen zeigte sich von seiner besten Seite. Er begann mit einem opulenten Frühstück an gedeckter langer Tafel, wunderschön dekoriert mit frischen Blumen und brennenden Kerzen. Jeder weitere Aufenthaltstag begann für uns wie dieser Sonntag und schnell entstand zwischen dem Verwalterehepaar Uschi & Gerhard und den Teilnehmern eine herzliche und persönliche Beziehung.

Aus den Fenstern unserer Zimmer hatten wir wegen der landschaftlich erhöhten Position auf dem Schlossberg einen guten Blick in das Priental und die umliegenden Berge. So konnten schon vor dem Start der Touren schöne Erwartungen locken. Wie ein Diamant lag in der Ferne funkelnd der Chiemsee und wie in einer Metamorphose wurden aus zuvor noch ganz normalen Schlossbewohnern nun jeden Morgen behelmte Motorradfreaks. Der Zuweg vor dem Schloss diente den Motorrädern als Parkfläche. Bei Tourstart ging’s dann auf der schmalen Zufahrtstraße wie ein Hornissenschwarm summend und brummend hinab.

Die Einfahrrunde diente der Einstimmung aller Fahrer miteinander und der Beachtung der verkündeten Grundregeln untereinander. Also entsprechend dezent zogen wir zum Wendelstein, zwängten uns durch den Tatzelwurm und beachteten unisono am Sonntag die Regelvorgaben der Rennleitung am Sudelfeld und am Ursprungspass. In einem Almcafe bei Thierse mit ziemlich steiler Auffahrt genossen wir Kaffee und Kaltgetränke.

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Am Montagmorgen war unser erstes Vorhaben eine Schlossbesichtigung unter sachkundiger Führung unserer Schlossherren Uschi und Gerhard. Die Besichtigung der unterschiedlichen Räume mit Kachelöfen, Deckenstuck, Seidentapeten, Malereien und einer für heutige Verhältnisse ungewöhnlichen Größe ließ uns Staunen.

Die kulturhistorisch bedeutsame Tafelstube, das Prunktreppenhaus und die von italienischen Stuckateuren aus-gestatteten Preysingsäle waren eine Wucht.

Hochherrschaftlich sollte es weitergehen, denn das Ziel der anschließenden Tour lautete: Königssee bei Berchtesgaden. In südlicher Richtung durch‘s Priental bis zum Tankstopp nach 11 km in Österreich und dann stürzten wir uns die ersten Serpentinen hinab um auf der B172 Richtung Osten zu ziehen. In Schönau fanden wir das für uns passende Lokal mit Seeterrasse gegenüber den Bootsschuppen der Königsseeflotte.

Auf dem Rückweg wählten wir reizvolle kleine Landstraße durch das Biosphärenreservat Berchtesgaden. Von Ramsau nach Bischofswiesen führte diese Strecke, mit Viehgittern im Asphalt und den Kühen oder auch deren Hinterlassenschaften auf den Straßen. Der Eindruck war besonders nachhaltig, mit dem Duft frisch gemähten Grases in der Luft, den vielfältigen Grüntönen der Natur und dem makellosem Blau des Himmels darüber. Bei so einer Fahrt durch die Natur mit angepassten Straßenverläufen stellte sich leicht das Gefühl des unbeschwerten Genießens ein. Im Wald wurde dieser Genuss noch angereichert durch den Duft von Fichtennadeln, wie ein entspanntes Bad bereits vor der Ankunft.

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Weil es dort so schön war und wegen des anhaltend schönen Wetters machte Tourguide Werner den Fahrern den Mund wässrig für eine weitere Tour am nächsten Tag in diese Region. Die höchstgelegene Panoramastraße Deutschlands sollte das Ziel sein. Angereichert wurde diese Fahrt durch zwei kurze Stopps. Einmal bei der Brennerei Seibl in Waidring im Pillerseetal wo es die berühmte hochprozentige Marille gab. Zum zweiten bei der Fa. Josef Mack in St. Ulrich. Die dort hergestellten Cremes aus Latschenkiefern, Salbei und Murmeltierfett sind weit über die Grenzen hinaus bekannt. Im fragwürdigsten Fall können diese Cremes auch die Sitz- bank eines Motorrades geschmeidig halten, auf jeden Fall aber tun sie der Sitzfläche der Fahrer sehr gut.

Nun aber zur Panoramastraße, der Roßfeldstraße am Obersalzberg. Sie wurde während des dritten Reichs als Teil des östlichen Abschlusses der Deutschen Alpenstraße geplant. Die Scheitelstrecke verläuft auf österreichischem Staatsgebiet und weil eine überörtliche Bedeutung fehlte, wurde die Bundesprivatstraße erfunden und die Erhebung von Mautgebühren somit gerechtfertigt. Wie auch immer, für Motorradfahrer ist dieses super asphaltierte Geschlängel um die Berge ein grandioses Erlebnis.

Für eine quantifizierbare Aussage über Straßenverläufe reicht alleine die emotionale Beschreibung nicht. Dazu müssen nicht nur empirische Aussagen her sondern wissenschaftlich beleg- bare Beweise. Um diese zu führen, hat sich ein promovierter Quantenphysiker dieses Themas angenommen und Dr. Mark Hadley hat eine Formel mit Wurzelbehandlung erstellt. Für den Fahrspaß sind demnach eine Gerade notwendig um a) die Landschaft zu genießen und b) die Spannung zu erhalten, nämlich die auf Kurven.

Mit dieser Formel bohrt der Physiker die Proportion zwischen Geraden und Kurven heraus. Der beste Wert sei 10:1, 10 sec. auf der Geraden und 1 sec. in der Kurve. Leichte Proportionalverschiebungen kommen dann der einen oder der anderen Fraktion entgegen, den Kurvenjunkees oder den Autobahnbolzern. Von Annette Johann und Monika Schulz in Polo Motorrad Magazin 03/2017

Wir haben unsere Startgebühr entrichtet und innerhalb der Mautstellen „freies Fahren“ praktiziert, jeder innerhalb seiner persönlichen Grenzen. Im Berggasthof Ahornkaser haben wir uns wieder vereint, voller toller Eindrücke und mit vielen Emotionen. Für den Einen war es eher sanftes dahingleiten, für den Anderen eher druckvolles Fahren. Letztlich spielt es keine Rolle, wie schnell man ist, es gibt nämlich immer einen der schneller ist. Das haben schon die Cowboys im wilden Westen gewusst und das haben viele MotoGP-Rennfahrer erkennen müssen. Für uns war das Befahren dieser Straße einfach ein unvergessenes Erlebnis, das uns keiner mehr nehmen kann.

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Termin bei „alpha racing“ in Stephanskirchen stand für den nächsten Morgen im Plan. Unter Berücksichtigung der Anfahrstrecke waren wir etwas früher als gewöhnlich unterwegs, sollten aber keine Minute davon bereuen. Thema der Präsentation war „dguard“, das erste eCall- System für Motorräder. Der Geschäftsführer Frank Seiler präsentierte gekonnt fachkundig das Unfallerkennungssystem für Motorräder.

Bei der anschließenden Begehung der Werkshallen erweckten die Leistungsprüfstände und die Suspension-Corner mit allen „Geheimnissen“ dieser Branche unsere Auf-merksamkeit. Besonders im Bereich Leistungsreduzierungen und den entsprechenden Gutachten hat sich „alpha racing“ einen Namen gemacht. Die Renntrucks und auch der geländegängige Actros-Begleitwagen für die Dakarteilnahme waren hochinteressant. Nach einem zünftigen Mittagessen (Leberkäs mit Kartoffelsalat) verabschiedeten wir uns von Herrn Seiler und seiner Assistentin und machten uns wieder auf den Weg. An diesem Nachmittag übernahm Heinz die Streckenführung für eine kleine Tour über den Ursprungspass nach Österreich. Im Cafe Winklstüberl in Fischbachau genossen wir Kaffee und Kuchen. Das Motto dieser Gastronomie lautete: „Kuchenstücke unter 300 Gramm sind Kekse“ und entsprechend üppig waren die Stücke auch.

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Die Vielzahl der oberbayerischen Seen ist vermutlich noch niemals zusammenhängend angesteuert worden, es sind für eine Urlaubstour einfach zu viele. Im Alpenvorland gibt es etwa 300 Seen, die ihre Ursprünge zumeist in Gletschern der letzten Eiszeit haben. Es sind kleine, große, tiefe, flache und an heißen Sommertagen selten stille Seen. Auf unserer Seen-Tour haben wir uns einige dieser Gewässer angesehen.

Der umfänglich größte See ist mit ca. 80 qkm der Chiemsee und er ist der größte seiner Art in Bayern. Auf dem Chiemsee gibt es drei Inseln, zwei davon sind besonders erwähnenswert: Fraueninsel und Herreninsel, die dritte ist noch nichtmals bewohnt. Auf der kleineren Fraueninsel steht das Benediktinerinnenkloster Frauenwörth und auf der Herreninsel die barocke Pracht des prunkvollen und letzten Baues des bekannten Märchenkönigs Ludwig II. Nun waren wir schon 5 Tage im Chiemgau und hatten den Chiemsee noch nicht einmal angesteuert. Diese Scharte wollten wir nun ausbügeln und zogen auf der Ostseite am Seeufer entlang über Chieming bis hoch zum Kloster Seeon.

Bis zur Säkularisation war das Benediktinerkloster auch ein Ort der Gelehrsamkeit und der Kultur. Schon Haydn und Mozart verweilten oft und gerne im Kloster Seeon. Im Januar hatte hier noch die Klausurtagung der CSU stattgefunden und wir wollten wenigstens den Tagungsort in Augenschein nehmen.

Die Fortsetzung der Seenrunde führte uns durch Gstadt und Rimsting zum Simssee. Hier rückten uns aber heute bedrohliche Regenwolken auf den Pelz. Nach einer kurzen Kaffeepause in der Nähe von Bad Feilnbach beschlossen wir, weise wie die Eulen, Regenbekleidung überzuziehen und auf die Ansteuerung weiterer Seen zu verzichten. Auf dem wirklich schönsten Straßenabschnitt der B307 nach Bayrischzell, dem Sudelfeld, erwischte uns dann tatsächlich der Regen. Aber damit nicht genug, bei diesem Wetter gab es auch temporäre Ausfälle einiger Motorräder und nur das fröhlich gesummte Lied „ …hm, hm, hm, hm - Rosenheim“ ließ alles Unangenehme abperlen. Bis zum Abendessen waren wir alle auf eigener Achse wieder heil zu Hause angekommen und den Abend verbrachten wir, wie immer trocken, im Innenhof des Schlosses.

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Motorrad fahren ohne einmal Eis essen ist wie sündigen ohne Reue. Diese Woche hatte es sowieso in sich, sie war nicht nur Motorradfreizeit sondern auch Trainingscamp zur sportlichen Ertüchtigung. Jeder angetretene Gang zum Abendessen in die Niederungen des Prientals bedeutete anschließend einen fordernden Aufstieg zu den Höhen des Schlossberges. Weil außerdem schon aus Tradition ein dicker Eisbecher Bestandteil unserer Touren ist, wählten wir als Ziel des heutigen Tages die Eisdiele Dolomiti in Waging am See. Nicht nur die Fahrt dorthin hat sich gelohnt, sondern auch die Üppigkeit der Eisbecher war a Schau.

Über Traunstein näherten wir uns in Richtung Petting dem Waginger See auf schmalen Wirtschaftswegen, wo die gesamte Gruppe ohne andere Verkehrsteilnehmer, hinter- einander wie Perlen auf der Schnur fahren konnte. Ein schöner und bleibender Eindruck. Die Rückfahrt über Freilassing mit motion lotion aus Austria brachte uns dann zeitig am letzten Fahrtag zurück. Die Abschlußbesprechung fand wie das gesamte gesellschaftliche Leben der Motor-radgruppe wieder im Schlossinnenhof statt. Tourguide Werner spielte, dank Klaus‘ Musikanlage und Pavarottis „Nessun Dorma“ große Gefühle aus. Was gab es danach noch groß zu sagen? Ein Lob an alle Teilnehmer für ihr übersichtliches und kameradschaftliches Verhalten.

Ich lehne mich sicherlich nicht zu weit aus dem Fenster wenn ich behaupte, dass alle ihre Freude hatten und daher gilt abschließend wieder die Aussage

„Nach der Tour ist bereits vor der Tour“.

Werner Uhde